22,9 Meilltonen Mark hetragen, jetzt werde der Umsatz wesentlich geringer sein. Der Vertzag sei auf der gegenseitigen Meistbegünstigung auf— gebaut, die jedoch zu unseren Ungunsten und zu Siams Gunsten ver— schiedentlich durchbrochen werde, Für Niederlassung und Gewerbebetrleb enössen die Siamesen in Deutschland die Meistbegünstigung, die Deutschen n Siam seien schlechtweg den siamesischen Gesetzen, auch den in Zukunft ergehenden, unterworfen. Sie dürften auch feinen Grundbesitz er= werben, während das den Siamesen in Deutschland freistehe. Siam Li den deutschen Besitz liquidiert und weigere sich, ihn nach dem eispiel Amerikas und Japans herauszugeben. Von den hieraus er— (löften 11 Millionen Mark beanspruche es rund 4 Millionen für sich als Ersatz für siamesische Staats depots, die wir bei Kriegsausbruch beschlagnahmten. Diese Depots hätten jedoch in preußischen Konsols bestanden. so daß hier eine eigenartige 100 prozentige Aufwertung ein— trete. Den Rest übergebe Siam der Repyko. Das Auswärtige Amt habe sich damit einverstanden erklärt und bezahle somit Staatsschulden mit privatem Gelde. Den geschädigten Eigen⸗ Wmern seien zunächst 2 vom Tausend geboten worden, fetzt sollten sie insgesamt eine halbe Million erhalten. Der Frage der völlig ungenügenden Entschädigung der Auslandedeutschen müsse Aberhaupt Aufmerksamkeit zugewandt werden. In diesem Falle hätten die Geschädigten sich notgedrungen einverstanden erklärt, um über—⸗ haupt etwas zu erhalten und um ihre Geschäfte in Siam wieder auf⸗— nehmen zu können. Sie häten sogar um die Ratifikation des Ver⸗ trags. Das verdiene gewiß Berücksichtigung; aber es müsse betont werden, daß dieser Vertrag die deutsche Würde in jeder Weise bloß stelle, was durch keinerlei wirtschaftliche Vorteile wettgemacht werden könne, am wenigsten durch so geringfügige, wie sie in Siam zu er⸗ warten seien. Besonders bedauerlich sei, daß dieser Vertrag in seinem ern Charakter symptomgtisch fei. Es müsse vom Auswärtigen Amt gefordert werden, daß es derartige Verträge dem Reichstage nicht mehr vorlege. (Beifall rechts.) Abg. Dr. Haas (Dem.) wendet sich gegen die Aeußerung des Vorredners, daß der Vertrag dem Ansehen und der Würde des Deutschen Reichs widerspräche. Redner beantragt, den Außenminister tr Erwiderung auf diese Aeußerung herbeizurufen.
Abg. Hermann Müller (Soz.) unterstützt diesen Antrag.
Abg. Koch-Weser (Dem.) beantragt, die Beratung des Siame⸗ sischen Vertrags auf zwei Stunden auszusetzen bis der Außenminister anwesend sei. 2
Abg. Ku be (Nat, Soz) bezweifelt vor der Abstimmung über diesen Antrag die Beschlußfähigkeit des Hanses.
Präsident Löbe setzt die Entscheidung darüber eine Weile aus, bis sich der Saal mehr gefüllt hat. Da aber das Büro über die Beschlußfähigkeit zweifelhaft ist, wird, entsprechend der Geschäftsordnung, durch namentliche , . estgestellt, ob das Haus beschlußfähig ist. Es ergibt sich bei Anwesenheit von nur 212 Mitgliedern (zur Beschlußfähigkeit sind 247 er— forderlich Beschlußunfähigkeit. Der Präsident beraumt die nächste Sitzung zehn Minuten später an mit der Tagesordnung:
ortsetzung der Etatsberatung und zweite Lesung des Ab⸗ ommens mit Siem.
Schluß 2 Uhr.
18. Sitzung, 7. Februar 1925, Nachmittags 2 Uhr.
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 215 Uhr, mit der Mitteilung, daß der Minister des AÜeußern, Dr. Strese⸗ mann, der einer Kabinettssitzung beiwohnt, bereit ist, gegen 4 Uhr im Reichstag zu erscheinen.
Nachdem das deutsch⸗tschechoslowakische Abkom men vom 4. März 1924 über Erleichterungen im Grenzverkehr in dritter Lesung ohne Aussprache genehmigt ist, setzt das Haus die Beratung des Haushalts des Reichs arbeitsmini— steriums bei den dauernden Ausgaben für das „Inter— natione Arbeitsamt“ fort.
Abg. Rädel (Komm.): Die Parteien der Rechten wollten eine Rentenreform, die gleichbedeutend mit Rentendiebstahl sei. 300 000 Rentner würden keine Rente mehr erhalten, wie die Zahlung an erer 20 0½ ige Empfänger eingestellt würde, wenn es die Rechts—⸗ parteien wüaschten. (Hört! hört! bei den Kommunisten.) Das inter⸗ nationale Arbeitsamt lehnten die Kommunisten ab, weil es das Organ des kapitalistischen Völkerbundes sei.
Abg. Clara Bohm⸗Schuch (Soz) wünscht. Vorlage der Berichte der Gewerbeaufsichtsbeamten so rechtzeitig, daß die Gewerk—⸗ schasten dazu Stellung nehmen könnten. Die Zahl der Aufsichts⸗ beamten müßte so erhöht werden, daß wenigstens einmal im Jahre jedes gewerbliche Unternehmen gründlich geprüft werden könnte. Auch müßten aus den Kreisen der Arbeltnehmer selbst Aufsichtsbeamte herangebildet werden. Rednerin wendet sich dann gegen die schlechte Entlohnung, inshbesondere der Arbeitnehmerinnen, die die schwangeren Frauen zwinge, bis zum Tage ihrer Entbindung zu arbeiten. Das seien Zustände, die niemand verantworten könne. Sodann begründet die Rednerin die sozialdemokratischen Anträge, die sich namentlich auf den Schutz Jugendlicher und Kinder beziehen. Die Ferien für jugendliche Erwerbstätige müßten gesetzlich festgesetzt werden. Das sei für das deutsche Volt eine Zukunftsfrage.
Abg. Bisener (D. Nat) verlangt größeres Verständnis für die Bedürfnisse des Handwerks. An dem Wesen der Handwerkerlehre dürfe nicht gerüttelt werden. An sozialer Fürsorge für die Lehrlinge habe es das Handwerk nie fehlen lassen. (Widerspruch bei den Sozial⸗ demokraten.) , Einer gesetzlichen Neuregelung des Lehrlingswelens würden sich die Deutschnationalen nicht widersetzen, aber das Lehrling k dürfe nicht als gewerbliches Arbeitsverhältnis behandelt werden.
Abg. Sonner Gentr.) schließt sich dieser Auffassung an.
Abg. Schneider (Dem.) ist in vielen Punkten mit den beiden Vorrednern einverstanden, meint aber, daß jetzt schon leider von vielen Meistern das Lehrlingsverhältnis als gewerbliches Arbeitsverhältnis behandelt werde. Bel der kommenden geletzlichen Regelung müßten auch die besonderen Verhältnisse der Angestelltenlehre gebührend be⸗ rüchsichtigt werden. Eine Reform der Ausbildung des Nachwuchses sei dringend erforderlich
Abg. Beythin (D. Vp.) kestreitet enischieden, daß die Aus⸗ bildung des gewerblichen Nachwuchses sich verschlechtert habe. Die Ausbildung im Handwerk stehe vielmehr in Deutschland auf ganz besonderer Höhe. J
Abg. Petz old (Wirtschaftl. Vereinig.) wendet sich gegen eine schematische Gleichbehandlung der Lehrlingäausbildung, in den ver. schiedenen Berufen. Von einer Lehrlingszüchterei im Handwerk könne keine Nede sein. ̃
Abg. Thie l (D. Vp.) meinte, mann könne nicht verallgemeinern, aber es gäbe viele Orte, an denen sich eine Verkärzung der Verkaufs eit, ermöglichen lasse. Es wäre ein Nonens, wenn sich in diesen ällen die Gesetzgebung gegen eine Verkürzung wende. Für die deutsche Grenzbevölkerung sei es unerträglich, daß in der Nähe der Grenze der Arbeitemarkt von Autländern belastel werde, während es den deutschen Arbeitnehmern nicht möglich sei, jenseits ihrer Grenze zu arbeiten. Die Reichsregierung müßte da für Gleichberechtigung sorgen. Den Etatsposten für die Ratifizierung des Washingtoner Üebereinkommens stimme die Deutsche Volkspartei zu, Der Eintritt Deutschlandz in das inter— nationgle Arbeitsamt könne nur bei voller Gleichberechtigung und nach Erfüllung für Deutschland selbstverftändlicher Vorausetzungen ersolgen. Hierüber müßte noch eine Besprechung des Neichsarbeits— ministers mit den in Frage kommenden Ausschüssen stattfinden.
Abg. Clara Bohm⸗Schuch (Soz) tritt in Abweisung der Ausführungen von Mitgliedern der Rechten nochmals dafür ein. daß alle Schutzmaßnahmen für Jugendliche und insbesondere auch dle Lehrlingsausbildung gesetzlich geregelt werden müßten. Wenn die Vertreter der Rechten behaupteten, daß das Lehrlingswesen bereits in bester Ordnung sei, könne man nicht verstehen, warum sie sich gegen die gesetzliche Regelung dieser Frage wendeten.
Damit schließt diese Debatte. Die betreffenden Etats⸗
in der Reichoͤhauptstadt geführt worden. persönlich die Frage, ob man Verhandlungen in der eigenen Haupt⸗ stadt oder in der Hauptstadt eines anderen Landes führt, nicht für eine Frage des Prestiges. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volks⸗ partei.) handelt werden, an welchem Ort unter den gegebenen Umständen die besten Vorteile für die deutsche Verhandlungsführung zu erreichen sind. ihrerseits den Wunsch hatte — und zwar war das im ersten Stadium der Verhandlungen — die Verhandlungen in Bangkok zu führen, dann aber in einem späteren Stadium vereinbart wurde, daß die Verhandlungen durch den beglaubigten Vertreter der siamesischen Regierung in Paris geführt werden sollten, der sich zu diesem Zweck nach der deutschen Reichshauptstadt begab und in Berlin mit uns die Verhandlungen führte (hört, hörth, so glaube ich nicht, daß aus dieser Tatsache irgendwelche Vorwürfe wegen einer Schwäche der Regierung hergeleitet werden können. partei und links.)
Vertrag ist in englischer Sprache ausgefertigt worden; der englische Text gilt. Unterlage der siamesische und der deutsche Text genommen worden wäre. zugunsten der Sprache des Vertragsgegners verzichten sollten, dann hätten Sie, sofern wir in freier Vereinbarung derartige Verträge schließen und sie uns nicht aufgezwungen werden, ein Recht, dagegen Kritik zu von Freytagh⸗Loringhoben wird mir das eine zugeben, daß, wenn es sich darum handelt, eine feste Vertragsgrundlage zu schaffen, gerade bei Sprachen, die nicht allgemein in der Welt bekannt sind, wie es wohl für die siamesische Sprache zutreffen dürfte (heitere Zu⸗ stimmung), als Grundlage die englische Sprache namentlich für etwaige Vertragsauslegungen aus Zweckmäßigkeitsgründen sogar vor⸗ gezogen werden könnte. kommen, daß bei Auslegung des Vertrages keine Schwierigkeiten entstehen. Im übrigen bemerke ich, daß hier nicht irgendein Zwang oder Druck der siamesischen Regierung vorgelegen hat, die etwa ihrerseits den besonderen Wunsch gehabt hätte, den Vertrag nur in englischer Sprache abfassen zu lassen, sondern daß wir uns bei den Verhandlungen darauf geeinigt haben, eben diesen einen Vertrags⸗ text als Grundlage zu benutzen, und zwar den in englischer Sprache.
schen Einwanderung in der Form, wie sie im Vertrage zutage trete, doch zeige, daß man von oben herab mit uns verhandle. zu, daß diese Kritik in der Form berechtigt ist; ich finde nicht, daß diese Form glücklich gewählt sei. Aber ich glaube, Herr Abgeordneter Freytagh-Loringhoven, es handelt sich doch für uns darum, einmal zu klären, wie die Dinge sachlich liegen. um folgendes: In Siam war ein Gesetz beschlossen worden, das zu⸗ nächst jeden deutschen Kaufmann auf drei Jahre von dem Betreten siamesischen Bodens ausschloß. Als die drei Jahre nach Friedensschluß abgelaufen waren, ist dies Gesetz durch ein neues ersetzt worden, das das Betreten Siams erst von dem Augenblick an deutschen Kauf⸗ leuten möglich machen sollte, wo dieser Vertrag ratifiziert wäre. Nun ist dieser Vertrag am 28. Februar vorigen Jahres geschlossen; seitdem ist also beinahe ein Jahr vergangen. einer parlamentarischen Lage zu rechnen haben, die — ich möchte mich einmal so ausdrücken: eine gewisse Unterbrechung der parlamentarischen Arbeiten als möglich erscheinen läßt (Heiterkeit; hört, hört! bei den Kommunisten), so, glaube ich, würde es durchaus im Interesse des deutschen Handels sein, wenn wir Vorteile, die wir ihm zuwenden wollem nicht vom Datum der Ratifizierung abhängig machen, sondern
schließungen des Ausschusses wird in der dritten Lesung ab⸗ gestimmt werden. Einige weitere Anträge aus dem Hause zu diesem Thema werden dem sozialpolitischen Ausschuß überwiesen. Darauf wird die Verhandlung des Haushalts des Arbeits⸗ ministeriums unterbrochen und, da inzwischen der Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann erschienen ist, die vorhin unterbrochene zweite Beratung des deutsch-siamesischen vorläufigen Wirtschaftsabkommens fortgesetzt.
Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann: Meine Damen und Herren! Ich habe bei Beginn der Verhandlungen über das Deutsch⸗Siamesische vorläufige Wirtschaftsabkommen nicht an⸗ wesend sein können, da ich an einer wichtigen Kabinettsbesprechung teilnehmen mußte. Es ist mir mitgeteilt worden, und ich habe aus dem mir zur Verfügung gestellten Stenogramm der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Freiherr von Freytagh⸗Loringhoven ersehen, daß der Herr Abgeordnete von Freytagh-Loringhoven eine sehr starke sachliche und politische Kritik an dem Vertrag geübt hat. Gestatten Sie mir zunächst auf das, was der Herr Abgeordnete sachlich gegen das Zustandekommen des Vertrags und gegen seinen Inhalt angeführt hat, einzugehen.
Der Herr Abgeordnete von Freytagh⸗-Loringhoven hat zun Aus⸗ druck gebracht, die Geschichte des Vertrages sei so gelaufen, daß die deutsche Reichsregierung Siam geradezu umworben habe, doch mit Deutschland zu einem Vertragsabkommen zu gelangen. Nein, so sind die Dinge nicht gelaufen. Schon ehe die deutsche Regierung mit Siam über den Abschluß eines Abkommens auch nur in Fühlung getreten ist, hat zunächst die Regierung unter einem starken Druck der Interessenten gestanden, die, lange bevor die Reichsregierung zu Verhandlungen schritt, den dringenden Wunsch ausgesprochen haben, daß Deutschland die Initiative ergreifen möge, um solche Ver⸗ handlungen mit Siam einzuleiten. Wir haben diese Verhandlungen eingeleitet, als Siam wegen der Bezahlung des beschlagnahmten siamesischen Eigentums an uns herantrat. Wir haben damals aus—⸗ gesprochen, daß zugleich mit dieser Frage auch die Frage der Neu⸗ regelung der Handelsbeziehungen behandelt werden müßte.
Der Herr Abgeordnete hat geglaubt, es als ein ganz besonderes Entgegenkommen der deutschen Reichsregierung ansehen zu sollen, daß sie sich, wie er sagt, habe vorschreiben lassen, mit dem Prinzen Charoon, dem Gesandten Siams in Paris, die Verhandlungen zu führen. Meine Damen und Herren, vor wenigen Tagen ist im Auswärtigen Ausschuß die Frage angeregt worden, und zwar mit Recht angeregt worden, ob es nicht angesichts der zahlreichen Vertrags⸗ verhandlungen, die gegenwärtig schweben, ein berechtigter Wunsch der deutschen Reichsregierung wäre, den fremden Staaten mit⸗ zuteilen, daß bei dieser Lage die Verhandlungen sämtlich in der deutschen Reichshauptstadt geführt werden möchten. Hier wird nun umgekehrt der Vorwurf erhoben, daß wir uns hätten vorschreiben lassen, die Verhandlungen in Berlin zu führen; denn sie sind tat⸗ sächlich, mit einer einzigen Ausnahme bei einer Verhandlung in Genf,
(Hört, hört Ich halte
Diese Frage muß einfach unter dem Gesichtspunkt be⸗
(Erneute Zustimmung. Wenn deshalb die deutsche Regierung
(Sehr wahr! bei der Deutschen Volks⸗ Weiter ist die Sprache des Vertrages beanstandet worden. Der Wir hätten gewiß auch so prozedieren können, daß als Wenn wir in einem Vertragstext auf die deutsche Sprache
erheben. Aber ich glaube, der Herr Abgeordnete
Gustimmung) Uns muß es darauf an⸗
Weiter ist dayon gesprochen worden, daß die Zulassung der deut⸗ Ich gebe
Da handelt es sich doch
Da wir manchmal hier mit
*. 2
fizierung diese Vorteile sofort in Kraft treten. Darun hände es sich hierbei; denn diese Bestimmung sagt, daß sofort für die deutschen Kaufleute der Handel freistände unbeschadet des Termins der Rati—⸗ fizierung. Diejenigen, die om Handel mit Siam beteiligt gewesen sind, sind uns dankbar gewesen, daß wir das sachlich erreicht haben, wenn ich auch zugebe, daß die Form, in der es geschehen ist, nicht gerade wünschenswert war.
Am meisten habe ich mich über die Krittk gewundert, die der Herr Abgeordnete von Freytagh-Loringhoven daran geknüpft hat, daß Siam in diesem Vertrag auf den bekannten Artikel 18 des Versailler Vertrages verzichtet hat. Ich möchte doch einmal feststellen, wie dieser Artikel lautet: ;
Die Maßnahmen, zu denen die alliäerten und assoziierten Re⸗ gierungen berechtigt sind, falls Deutschland vorsätzlich seinen Ver⸗ pflichtungen nicht nachkommt, und die Deutschland sich verpflichtet, nicht als feindselige Handlungen zu betrachten, können in wirt— schaftlichen und finanziellen Sperr- und Vergeltungsmaßregeln, über⸗ haupt in solchen Maßnahmen bestehen, welche die genannten Regie⸗ vungen als durch die Umstände geboten erachten.
Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, daß es keine Bestimmung des Versailler Vertrages gibt, die der Befriedung der Weltwirtschaft mehr im Wege steht als das, was hier die alliierten und andere Nationen qich herausnehmen, uns gegenüber, auch gegenüber dem Nachkriegseigentum zu tun. Wenn diese Bestimmung in der Welt bestehen bleibt, dann wird der deutsche Kaufmann sich nicht mehr in der Welt mit der Ruhe, mit der lang—= sichtigen und langfristigen Beteiligung seiner Geschäfte irgendwie fest⸗ setzen können, als wie er es tun könnte, wenn wir diesen Artikel aus dem Versailler Vertrag herausbekommen.
Wir sind doch wohl alle darin einig, daß der Versailler Vertrag in seinen schädlichen Bestimmungen revidiert werden soll, und wenn wir durch unsere Handelspolitik die Möglichkeit haben, solche Artikel aus dem Versailler Vertrag herauszubekommen, dann sollen wir es doch tun, und wir haben es in allen Fällen getan, in denen wir Handelsverträge abgeschlossen haben, und haben es überall versucht durchzusetzen. (Zuruf von den Deutschnationalen: Versucht) Man kann nicht sagen, es handle sich hier nur um ein für unseren Handel kleines Land. Nein! Es kommt nicht darauf an, ob das Land für unseren Handel klein oder bedeutsam ist, sondern es kommt auf dag Prinzip an lsehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei. Es kommt darauf an, daß wir überall, wo wir über Verträge verhandeln, die Forderung stellen, daß dieser Artikel aus dem Versailler Vertrage in Wegfall kommt. Sie riefen mir vorhin zu: „Versucht!“ Ich kann zu meiner Genugtuung sagen: es haben verzichtet auf ihre Rechte aus Artikel 18 England, Belgien, Italien, Jugoslawien, die Tschecho= slowakei, Portugal, Japan, Peru und Kanada. (Lebhafte Rufe: Hört hörth Sie sehen daraus, daß es gar nicht bei dem Versuch geblieben ist, sondern daß wir mit einigen der größten Länder der Welt es durchgesetzt haben, daß dieses Damoklesschwert, das über unserer Wirk schaft hängt, einmal verschwindet und daß wir in diesen Ländem wieder freier arbeiten können. Es haben einige Länder nicht verzichtet. Es hat Frankreich nicht verzichtet (Zurufe: Natürlich). Rumänien hat nicht verzichtet, und ich brauche nur diejenigen, die die wirtschaft⸗ lichen Beziehungen zu anderen Ländern kennen, einmal zu fragen, in welchem Maße die Wiederherstellung guter und vernünftiger Handels⸗ beziehungen dadurch beeinträchtigt wird, daß es noch Länder gibt, die auf diesen Artikel nicht verzichten wollen. Da aber bei den Verhand⸗ lungen mit anderen Nationen der Nichtverzicht eines Landes als ein Präzedenzfall wirkt, auf den sich andere beziehen können, so wäre etz ganz falsch gewesen, wenn die Regierung bei diesen Verhandlungen mit Siam nicht entscheidendes Gewicht darauf gelegh hätte, daß dieser Artikel verschwindet. Man kann deshalb hier über eine solche Etappe in der Beseitigung unerträglicher Bedingungen des Versailler Ver⸗ trages doch nicht mit dem Satz hinweggehen, daß man sagt: „Siam ist so gütig gewesen, keine Sanktionen uns gegenüber erheben zw wollen.
Ich glaube, daß in diesem Zusammenhange, wie ich mir gestattet habe die Dinge vorzutragen, man sich wohl darüber klar sein wird, daß es sich hier wirklich um eine große grundsätzliche Auseinander⸗ setzung handelt, die für Siam ebenso gilt, wie für andere Länder der Welt, mit denen wir Verträge schließen.
Nun hat sich der Herr Abgeordnete von Freytagh⸗-Loringhoven weiter besonders dagegen gewandt, daß wir die siamesische Gerichts— barkeit anerkannt haben und daß nach dem Vertrage die Meist— begünstigung und Gleichberechtigung nicht nur für die Waren, sondern auch für die Menschen gilt. Ich möchte auch hier einige grundsätzliche Erörterungen an diese Frage anknüpfen. Ich glaube, daß Deutschland ganz besonders in seiner heutigen Lage, aber auch ohne sie alles Inter⸗ esse daran hat, zu vermeiden, als eine Macht angesehen zu werden, die zwar selber Gleichberechtigung in der Welt für sich verlangt, aber sie dann anderen gegenüber verweigert und sich dabei darauf beruft, daß sie auf einer höheren Kultur stehe als dieses Land. Sie sehen, wie diese Frage in das Selbstbewußtsein anderer Völker eingreift, und die Verhandlungen, die die Türkei bei ihren letzten Friedensverhandlungen geführt hat, sind speziell davon ausgegangen, daß sie die fogenannten Kapitulationen nicht mehr dulden wollte. Es ist durchaus verständ— lich, daß ein Volk, das Selbstachtung hat, auch damit anfängt, zu verlangen, daß seine Gesetze für alle gelten, die in diesem Lande sind, auch wenn es sich um Europäer handelt. Den alten Grundsatz des Uebergewichts der Europäer über andere Nationen hat niemand mehr ad absurdum geführt als diejenigen Nationen, die die Angehörigen anderer Nationen als gleichberechtigt in die Kämpfe des Weltkrieges hineingeführt haben. (èebhafte Zustimmung bei der Deutschen Volks— partei) Infolgedessen wäre es ganz unpolitisch von uns, wenn wir uns auf den Standpunkt stellen wollten, daß wir ein höheres Volk sind, das die Institutionen eines anderen vertvagsmäßigen Volkes nicht anerkennt. Wenn ich weiter darauf hinweise, daß ein anderes Land, das nicht in unserer unglücklichen Lage ist, sondern sich das. politisch stärkste Land der Welt nennen kann, die Vereinigten Staaten von Amerika, Siam dasselbe konzediert haben, so glaube ich nicht, daß man der deutschen Regierung Vorwürfe daraus machen kann, daß sie dasselbe Prinzip anerkannt hat, das die Vereinigten Staaten von Amerika Siam gegenüber gelten lassen. (Sehr gut! bei der Deutschen Volkspartei.) . Es ist dann weiter zum Ausdruck gebracht worden, daß wir in diesem Vertrage sehr differenziert vorgingen, indem wir Siam für seine bei uns beschlagnahmten Werte eine große Entschädigung zu sagten, während andererseits unser Eigentum restlos liquidiert ist. Soweit die Dinge so liegen, sind sie zunächst einmal einfach die Folge des verlorenen Krieges, des Vertrages von Versailles. Aber der Herr Abgeordnete hat eine andere Kritik geübt und hat diese
positionen werden bewilligt. Ueber die dazu vorliegenden Ent⸗
daß wir dafür sorgen, daß unbeschadet einer Hinauszögerung der Rati⸗
Frage der Entschädigung von etwa 4 Millionen Goldmark, um die
zungen und allen ihren Ungerechtigkeiten. (
es sich handelt, mit einer innerpolitisch sehr umkämpften Frage in Zusammenhang gebracht, nämlich mit der Aufwertungsfrage. Er hat. davon gesprochen, daß wir hier 100 prozentig aufwerten, obwohl es sich doch bei diesen Ansprüchen der siamesischen Regierung im wesent⸗ lichen um Staatspapiere handelte, die hier gelegen haben, die wir beschlagnahmt haben, und für die ein Deutscher, wenn er Ansprüche geltend machte, nur diejenige Quote bekäme, die sich aus den Be— schlüssen des Hohen Hauses und der Reichsregierung in der Frage der Aufwertung ergäbe. Ich bedauere diese Differenzierung außerordent—
lich. Aber, Herr von Freytagh⸗-Loringhoven, auch diese Differen⸗
zierung ist eine Folge des Versailler Vertrages, in dessen Aus— führungsbestimmungen ausdrücklich gesagt ist, daß wir alle diejenigen Werte, die wir beschlagnahmt haben, zum Goldwert nach dem Tage der Beschlagnahme zu entschädigen haben. Es handelt sich auch gar nicht um ein freiwilliges Anerkenntnis, sondern Sie wissen aus dem Vertrag, daß gegen uns eine Klage anhängig war, die auf 48 Mil— lionen Mark lautete. Es ist in diesem Vertrag bei der Unsicherheit der Entscheidung der Gerichte dieser Vergleich geschlossen worden, wonach Siam sich verpflichtet, seine Klage zurückzuziehen, und wir uns
verpflichten, unsererseits die genannte Summe, die nach der siame—
sischen Währung genannt ist und den Betrag von, ich glaube, 4 Mil⸗ lionen Goldmark ausmacht, an Siam zu bezahlen.
Es ist in diesem Zusammenhang davon gesprochen worden, daß man hier doch auch in Vergleich ziehen muß einmal die Entschädigung, die der siamesische Staat erhielte, und zweitens die Geringfügigkeit der Entschädigung, die den Auslandsdeutschen bisher gegeben worden ist. Für das, was sie verloren haben, haben sie unzweifelhaft nicht nur einen moralischen Anspruch an das Deutsche Reich, sondern einen von der Entente allerdings sehr einseitig festgesetzten Rechts— anspruch, der uns verpflichtet, das von der Entente liquidiert Vermögen unsererseits wieder zu ersetzen.
Da diese Frage in dem Zusammenhang dieser Debatte gebracht
worden ist, darf ich vielleicht darauf hinweisen, daß meines Wissens
gerade gegenwärtig Verhandlungen zwischen dem Finanzministerium und den Auslandsdeutschen stattfinden, und daß sehr wohl die Absicht besteht, auch über das, was bisher geschehen ist, hinausgehend die dort verlorenen Vermögen mehr, als es bisher möglich war, auf Grund der heutigen Finanzlage zu entschädigen.
Im übrigen aber handelt es sich hier für uns nicht um ein Prinzip, abzuwägen, was den Deutschen gegenüber möglich ist und was dem Ausland gegenüber möglich ist, sondern wir stehen unter dem Zwange derjenigen großen Friedensabmachungen, die jede Regierung, Herr von Freytagh-Loringhoven, heute als Grundlage hinnehmen muß, mit allen ihren Bindungen, allen ihren Begren⸗
HM, hört!) Ich ö, n. es nur manchmal als eine Ungerechtigkeit, daß man für das, was das Schicksal über uns verhängt hat, diejenigen indirekt verantwortlich macht, die ihrerseits nichts anderes tun können, als die Konsequenzen aus der Tatsachenlage zu ziehen. (Hört, hört! und Sehr richtig! in der Mitte und links.) Weil das so ist, bedauere ich, daß der Herr Abgeordnete am Schluß seiner Ausführungen gesagt hat, daß der Vertrag das Ansehen und die Würde des Deutschen Reiches schädige. Meine Herren, ich habe den Ausführungen des Herrn Abgeordneten nicht persönlich beiwohnen können, ich kann mich infolgedessen nur an den Wortlaut halten. Es gibt zwei Auslegungen dieses Satzes. (Heiterkeit links) Er kann subjektiv gemeint sein. Ich glaube, Herr von Freytagh-Loringhoven wird sich zu diesen Dingen, wenn es darauf ankommt, ruhig äußern. Sie mögen ihm manche Vor— würfe machen; er ist sicherlich in vielem mein schärfster außen politischer Gegner. Aber daß er mit der Sprache hinterm Berge hält, habe ich aus seinen Ausführungen bisher wenigstens noch nicht gesehen. Ich sage, die Worte könnten bedeuten, daß hier die Regierung und das Auswärtige Amt, das diese Verhandlungen geführt hat, leichtfertig umgegangen seien (Abgeordneter Dr. Freiherr von Freytagh-Loringhoven: Nein, das habe ich nicht sagen wollen) — bitte sehr — leichtfertig umgegangen seien mit dem Ansehen und der Würde des Deutschen Reiches. Das kann der Herr Abgeordnete deshalb nicht gemeint haben, weil er in demselben Augenblick hinzu— fügte, daß ein Teil seiner Freunde für den Vertrag stimmen werde große Heiterkeit und Zurufe links), und es ist völlig ausgeschlossen — es ist nur eine logische Konsequenz des Wortlauts dieser Aus⸗ führungen, daß man das feststellt — wenn ein Teil seiner politischen Freunde für den Vertrag stimmen werde, daß dann diejenigen, die den Vertrag geschlossen hätten, nicht leichtfertig mit dem Ansehen und der Würde des Reiches umgegangen sein können. Gurufe links.) Infolgedessen können diese Darlegungen nur den Sinn gehabt haben, den der Herr Abgeordnete von Freytagh⸗Loringhoven durch einen Zuruf eben bestätigt hat, daß sie den ersteren Sinn nicht haben sollten, daß er an sich in dem Abschluß solcher Verträge und in dem Zustand, der dadurch gegeben ist, daß solche Verträge geschlossen werden müssen, eine Schädigung des Ansehens und der Würde des Reiches sehe. Meine Herren, ich kann das zwar für den Inhalt des Vertrags, wie er hier vorliegt, nicht anerkennen; aber ich möchte einmal einige allgemeine Ausführungen machen, die sich an das an⸗ schließen, was ich vorhin über die Situation, in der wir stehen, aus⸗
eführt habe. ö. ö ö Herren, es ist gar kein Zweifel, Ansehen und Würde des Deutschen Reiches leiden in der Gegenwart sehr; denn man kann
eigentlich nicht zweifelhaft darüber sein, daß wir überhaupt nicht mehr
ein souveräner Staat sind. (Sehr richtigh Wir sind in unendlich vielen Dingen gar nicht in der Lage, so frei und unabhngig zu handeln wie ein Staat, auf dem die Bestimmungen nicht lasten, die auf uns lasten. (Sehr richtig) Es gibt außer dieser Situation unendlich vieles, gegen das sich das Gefühl des einzelnen bäumt und bäumen muß, unbeschadet, welcher Partei er angehört. Ich empfinde es nur als ungerecht, daß, wenn diese Konsequenzen aus der Situation gezogen werden müssen, in der wir stehen . und sie sind in anderen als Wirtschaftsfragen, wo wir noch eine gewisse Großmacht sind, sie sind in dem, was uns militärisch und politisch aufgezwungen ist, noch viel schwerer zu tragen, als hier — ich sage, ich empfinde es nur als ungerecht, daß man dann nicht auch anerkennt, daß das eben die Zwangslage ist, in der wir unt befinden (sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei, und daß man dadurch, daß man Empfindlichkeiten erweckt, auch Leute veranlaßt, lediglich in träumender Resignation in bezug auf das, was einst uns an Größe beschieden gewesen ist, die Lösung der Schäden dieser Zeit zu sehen. Wir kommen aber nicht weiter, wenn wir nur vergleichen, was wir gewesen sind und was wir sind (sehr richtig bei der . Volkspartei)h, sondern wir kommen nur weiter, wenn wir auf ö. dessen, was uns geblieben ist, aufbauen auf dem, was . zur . fügung steht, um zu besseren Verhältnissen zu gelangen (Eehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei) Eins der wichtigsten Mittel zum
beim Herner Unglück für noch nicht möglich.
9. 8
Wiederaufbau ist die deutsche weltwirtschaftliche Politik, die Wieder anknüpfung unserer weltwirtschaftlichen Beziehungen. Und wenn Sie unter diesen Gesichtspunkten den an sich gewiß mit manchen Schwächen behafteten Vertrag betrachten, werden Sie ihn auch würdigen und ihm die Zustimmung erteilen können. (ebhafter Beifall bei der Deutschen Volkspartei. — Zurufe links.)
Abg. Meyer⸗Berlin (Dem): Im Interesse unserer Wirt⸗ schaft stimmen wir dem Vertrag zu. Die Aeußerung des Herrn von Frevtagh⸗Loringhoven ist in eine rein wirischaftliche Frage hineingevlatzt Ich habe den Eindruck, daß die Erwiderung des Ministers weniger eine angemessene Verwahrung war, als viel mehr ein mildes und freundliches Plädoyer. Die Deuischnationale Volkspartei hat wieder einmal die Agitation in eine rein wirt— schaltliche Sache hineingeworfen. Gestern haben wir im Ausschuß das selbe Schauspiel beim spanischen Handelsvertrag gehabt. Nicht weniger als vier Redner haben die Deutschnationalen gegen diesen Vertrag vorgeschickt. Für eine Regiekungepartei ist das ein eigen tümliches Verhalten Die Deutschnationalen schädigen damit schwer unere Wirtschafts- und Handelspolitik. Auf die Dauer lassen wir uns eine Politik der Teilung nicht gefallen, wonach ein Teil die Macht hat und der andere die Aufgabe, Regierungsvorlagen durchzu— bringen Wir werden in zweiter Lesung dem Vertrag zustimmen, 56 . aber ö . Lesung 6. a,, vor. Auf die
auer werden wir diese Politik der politischen Farcen nicht dulden. (Beifall bei den Demokraten). ö ; .
Abg. Graf Westarp (D. Nat): Die Aeußerung des Abg. von Freytagh-Loringhoven ist nicht so gefallen, wie fie hier zitiert wurde Er hat nicht gesagt: Ehre und Würde“, sondern: „‚Ansehen und Würde des Reichs würden durch den Vertrag geschädigt?“. Diese Auffassung teilt die ganze Fraktion, während ein Teil dem Vertrag trotzdem zustimmen will, um die deutschen Kaufleute nicht zu schädigen. Es, handelt sich hier um eine Vorlage des früheren Kabinetts. Uebrigens ist auch in früheren Regierungskoalitionen es manchmal vorgekommen, daß Kritik an einer Regierungsvorlage geübt und daß auch dagegen gestimmt wurde. (Beifall rechts. Lachen links)
Abg. Müller- Franken (Soz.): Auß den Ausführungen des Vorredners geht hervor, daß es in der deutschnationglen Fraktion die einheitliche Aufsassung gibt., dieser Vertrag schädige Ansehen und Würde des Deutschen Reichs. Ich habe namens meiner Fraftion zu erklären, daß wir nicht in der Lage sind, einem Vertrag zuzustimmen, der nach Auffassung der stärksten Regierungspartei Ansehen und Würde des Reiches schädigt. (Beifall links)
Vor der Abstimmung erklärt Präsident Löbe, daß das e ht beschlußfähig sei. Die Sitzung wird daher ab⸗ gebrochen.
Nächste Sitzung Montag 2 Uhr: Reichsarbeitsministerium und Siamvertrag.
Schluß 5i/ Uhr.
Parlauentarische Nachrichten.
Im Haushaltsgusschuß des Reichstags wurde 6 zunächst das Eisenbahnunglück in Herne be—
rochen.
Ministerialdirektor Gutbrod. Reichsverkehrsministerium) gab, dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger . eine ausführliche Darstellung der möglichen Ursachen und es Verlaufes des Herner Unglüds. Die Schuldfrage selbst sei noch nicht rr geklärt. Der Regierungspertreter gab dann eine He t Uebersicht über die Cisenbahnunfälle der letzten Jahre, anach ereigneten 6 in den Jahren 1913 bis September 1924 auf dein . ebiete der deutschen Eisenbahnen nicht weniger als 4075 Zusammenstöße. Von diesen Zusammenstößen entfallen vom Jahre 1921 ab auf die Deutsche . e , 1277. Besonders schlimme Jahre mit Bezug auf bab ene ücke waren 1917 mit 526ß und 1921 mit 507 Zusammenstößen. Im Iahtz 1924 eteigneten sich bis zum September b8 Zusammenstöße. Das Ueber⸗ ahren von Haltesignalen nimmt bei den Eisenbahnunglücken einen reiten Raum ein. 1917 wurden 190 mal die , , über⸗ fahren, 1921 38 mal, 1924 bis zum September 6 mal. Dabei wunde das Ueberfahren der Haltesignale durch schlechte Erkennbarkeit infolge von schwierigen Witterungsberhältnissen im Jahre 1921 5 mal be⸗ ünstigt. Die Zahl der Eisenbahnunfälle, die vor dem Kriege erheb— ich abgenommen hatte, ist im — 2 des Krieges sehr gestiegen. Seit dem 1. April 1919 1 allmählich eine ö eingetreten. Die Zahl der auf eine Million geleistete Zugkilometer entfallenden Unfälle ergab im Rechnungsjahre 1923 beispielsweise gegen 1927 eine Verbesserung von 6,5 75. Die Zahl der beim Eisenbahnbetrieb getöteten oder verletzten Personen (ohne Selbstmörder) betrug im Jahre 1913 3786, im Jahre 1917 6488, im Jahre 1922 3742, vom J. April 1823 bis zum 36. November 1924 betrug die Zahl der im ECisenbahnbetrieb getöteten, oder verletzten Personen 663. Als Urfache für die Möglichkeit der zahlreichen Eisenbahnunfälle in der Nachkriegszeit wird von Regierungsseite im allgemeinen der schlechte Zustand von Lokomotiven und. Wagen, der Mangel an Baustoffen, für Ausbesserungen. Unregelmäßigkeiten des Betriebs, Betriebsstockungen infolge Streiks usw, sowie Maßnahmen der VBesatzungsbehörden im besetzlen und Ginbruchsgebiet angegeben. Um Eisenbahnunfälle in Zukunft nach Möglichkeit u verhüken, sind von den betreffenden amtlichen Stellen eine ganze Reihe von Maßnahmen und Verbesse⸗ rungen in Aussicht genommen. Unter anderem sollen die Vorsignale siebenhundert Meter vor dem Hauptsignal auch in Deutschland ein⸗ gerichtet werden. Zweihundert Meter vor den Porsignalen sollen außerdem hölzerne Vhcke, hellfarbig. 6 angebracht werden, die bei Nacht und Rebel schon durch die Laterne der Lokomotive beleuchtet würden. Versuche mit n, nn haben bei den deutschen Bahnen bisher zu den verschiedenen Resultaten geführt und werden fortgesetzt. Die Sirenensignale haben sich als nicht lautz genug erwiesen. Um das Ueberfahren eines Haltesignals einwandfrei festzustellen, ollen Zählwecker angebracht werden, die jedes Ueberfahren melden. Es ist auch eine Fahrstraßenfestlegung bedacht, worden, deren. Auflösung durch einen zweiten Beamten zu erfolgen hätte,. Bei wichtigen, er, nr ist übrigens in großem Umfange schon das System der Schutzblockstrecken durchgeführt. Der betreffende Bahnhof gibt die rückliegende Strecke erst frei, wenn der Zug einlaufen darf. — Abg. Seibert (D. Vp.) hielt eine Aufklärung der Schuldfrage d 6 an. dhe , liche Üntersuchung beendet sein. Abg., Dr. Qu ga Nat. ö. auf 6 Verlustliste der Eisenbahnungliccke der letzten drei Jahre hin, die zehntausend Personen umfasse. Bei dieser furcht⸗ zaren Statistik müsse man in erster Linie darauf sehen, 6 die
modernen Errungenschaften der Technik auch in genügendem Umfange in den Dienst der Sicherheltsvorrichtungen der Cisenbahnen würden. ; schehen, und . aus der Erwägung ö daß die e mn.
estellt Das fei bisher in ausreichendem Yi noch nicht ge⸗ „lle in der Tüchtigkelt und Sorgfalt des Ba npersonals liege, und daß die Aufmerksamkeit des Personals durch zuviel tech nische Einrichtungen geschwächt werde. Redner schlug vor, die Maßerie der Sicherungstechnik im Berker e ne n des , , noch eingehend zu behandeln. — Nach wäterer Aussprache wurde eine n if le en Wieland (Dem.) i , Ange nommen, wonach die Reichsbahnverwaltung zum ; eichdberkehrs· ministerlum überzuführen ist. Ferner wird eine Denkschtift. ge⸗ fordert, die die weitere Umgestaltung des Neichsverkehrsministeriums unter befonderer Berücksichtigung des Gesichtspunktes behandeln soll, möglichst viele technischen , , . anderer Ministerien dem Relchsverkehrsministerium anzugliedern. . ö
ö. . dn, . 3. dann dem Etat dez Ne ich s j u stiz⸗ mind sterinm ß zu. Reicheinstizminister Dr. Frenken eröffnete die Ctatsberatung feines Ministexiums, mit einer programmatischen Rede über das Arbeitsgebiet des Reich justizministeriums, Er führte zus: Auf dem Gebiete des Zivilprozesses hat das verflossene Jahr
heit gegen Un
mit der Verordnung vom 13. Februar eine Reihe wesentlicher Aen ·
derungen gebracht. Ich fasse diese aus der Not der Zeit geborene, den dringendsten Bedürfnissen nach Prozeßbeschleunigung und Prozéß⸗ konzentration Rechnung tragende, Verordnung keineswegs als den Abschluß der Prozeßreform auf, möchte gher andererseils doch der Hoff nung Ausdruck geben, daß mit ihr die Novellengeseßz gebung der letzten Jahre ihren Abschluß gefunden hat. Ich glaube mich in diefen Hinsicht in voller Uebereinstimmung mit der Auffassung, die seinerzeit der Rechtsausschuß am Schlusse der Beratungen über den Entwurf der Verordnung in seiner Entschließunn über die Pozeßreform zum Ausdruck. gebracht hat. In der Schaffung eines auf, modernen Nechtsanschauungen aufgebauten in sich geschlossenen Prozeßrechts sehe ich eine der Hauptaufgaben der nächsten Zeit, Wichtige Vorarbeiten sind von der beim Reichsjustizministerium gebildeten, aus hervorragen⸗ den Fachleuten bestehenden Zivilprozeßkommission bereitz geleistet. Bei dem Reformwerk rechne ich wesentlich auf die tätige Mitwirkung von Praxis und Wiffenschaft. Vollwirksam wird diese allerdings erst in dem Zeitpunkt einsetzen könen, wenn bestimmte Vorschläge in
Gestalt eines Entwurfs der Oeffentlichkeit zur Stellungnahme unter⸗
breitet sein werden. Von ausschlaggebender Bedutung werden bei der Prozeßreform die Erfahrungen sein, die die Praxis mit den am 1. Juni v. J. in Kraft getretenen Neuerungen, z. B. mit dem einzelrichterlichen Verfahren und mit dem amtsgexichtlichen Güteverfahren, gemacht hat. Dafür, daß diese Erfahrungen dem Reichsjustiz⸗ ministerium und der Zivilprozeßkommission möglichst umfassend zu— gänglich werden, ist schon bei dem Inkrafttreten der Verordnung ent⸗ sprechende Vorsorge getroffen. Wirklich nutzbringende Erfahrungen werden aber nur dann gesammelt werden, wenn die an, der Rechts- pflege in erster Linie beteiligten Organe eine gewisse Zeit haben, sich auf die neuen Aufgaben voll umzustellen und sie in längerer Dauer zu erproben. Für bedenklich würde ich es halten, wenn in diese Entwick⸗ lung durch epperimentierende Novellen störend eingegiffen würde. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß es ganz außerordentlich ungünstige Verhältnisse waren, unter denen sich im Laufe des ver— flossenen Sommers die Richterschaft wie die Anwaltschaft in das umgestellte Verfahren einzuleben hatten. Ich denke an die schwere Krife, die der amtsgerichtliche Geschäftsbetrieb im Laufe des Sommers durchzumachen gehabt hat. Das Wiederaufleben des Kreditverkehrs und die Geldknappheit hatten eine übersteigende Anschwellung der Geschäfte bei den großstädtischen Amtsgerichten zur Folge. Dant dem tatkräftigen Eingreifen der Landesjustizverwaltungen ist es gelungen, durch organisgtorische Maßnahmen der Stockungen Herr zu werden. Alle dem Reichsjustizministerium in dieser Hinsicht zu⸗ gegangenen Anregungen sind eingehend geprüft worden. Gegen ver⸗ schiedene der gemachten Vorschläge, wie z. B. das Mahnyerfahren auf die Anwaltschaft zu übertragen, sind erhebliche Bedenken erhoben worden. Den Wünschen weiter Kreise nach Beseitigung des Zwanges um Mahnverfahen ist für den Urkunden⸗ und Wechselprozeß durch die y, vom 11. Dezember 1924 Rechnung getragen. Die Frage der völligen Abschaffung des Obligatoriums unterliegt zurzeit der
rüfung im Benehmen mit den Landesjustizverpaltungelii. Der Reichstag darf überzeugt sein, daß die Reichsjustizbermwaltung die Entwicklung der Geschäftsverhältnisse aufs sorgfältigste im Auge behält, und auch weiterhin allen Klagen und Anregungen nachgeht. Vie ünterstützung der Reichsjustizverwaltung durch Lie beteiligten Beruftorganifationen erkenne ich dankbar an. Es konnte freilich nicht allen ihren Anregungen entsprochen werden, Dies gilt nament.= lich auch für Wünsche auf dem Gebiete des Gebühren wésens. Die Frage der Abschaffung der Gerichtsferien wird mit den Ländern grgeut erörlert werden. Der Reichstag wird sich im, Laufe des, Jahres weiter eingehend mil der Fage zu befassen haben, in welcher Weise der Zufluß der Rebifionen künftig in einer der Keistungsfähigleit der * nel beim Reichsgericht entsprechenden Weise einzuschränken fein wind. Ich möchte aber schon jetzt betonen. doß die alshaldige ersatzlose Aufhebung der Entlastungsverordnung. vom 15. Januar 1957 die Jivilfenate des. Reichsgerichts in eine Geschäftslage bringen würde, füb die das Neichsiuftizmin isterium eine Verantwgrtung, nicht übernehmen könnte. Als eine wichtige Aufgabe hatz das Reichs justiz· minifferium von jeher die Behandlung der Interessen der beamteten und nichtbeamteten.' Srgane der Rechtspflege angesehen, Den Be. strebungen der mittleren und unteren Justizbeamten auf Aenderungen ber Ämtsbeseichwingen in den Justizgesetzen bringe ich volles Ver ständnis entgegen. Allerdings ist diese Angelegenheit nicht so ging ah. wie sie auf den ersten Blick scheinen mag. Die schwebenden Erörte⸗ rungen mit den Ländern find noch nicht abgeschlossen. Das Wohl, der Anwaltschaft liegt mir ebenfalls besonders am Herzen jedoch erfüllt mich der starke Zustrom zur Anwaltschaft mit ernster Besorgnis. In der Schaffung einer Invaliditäts- und Altersversicherung erhlicke ich ein bedeutsames Mitlel, die wirtschaftliche Lage der Anwaltschaft zu sestigen. Die vom Herrn. Arbeitsminister in zieser
inficht angekündigten Arbeiten geben einen günstigen i rf. für die Erreichung dieses Zieles. Der nimurf eines Gesetzes über die unehelichen Kinder und die Annahme an* Kindesftatt; enthält tiefgreifende Aenderungen des. BGB.
ch werde dafür eintreten, daß der Entwurf sobald als möglich im . zur Beratung gelangt. Eine sachliche Stellungnahme zu der Frage der Erleichlerung der Ehescheidung wird der Beratung des Antrags der Abgeordnetin Frau Dr. Lüders und Genossen vorbehalten bleiben dürfen. Auch die Frage einer zeitgemãßen Regelung des ehelichen Güterrechts bildet ere den Gegenstand lebhaften Meinungsaustauschs. Die künftige Gestaltung des Wohnnngemietrechts wird ebenfalls eine der Hauptaufgaben des Reiche nh minifterlums, fein. Hier sind es, besonderg die Jiagen der Auf . des Mietverhältnisses, die eine besondere Lösung verlangen. Wegen der Frage, wie weit sich bei Berücksichtigung der noch vorhandenen , eine Lockerung der in enen Gesetze enthaltenen Zwangsvor hriften ermöglichen läßt, ist . Reichsjustizministerium schon vor einiger Zeit mit den ändern in Erörterungen eingetreten, die noch nicht abgeschlossen sind. Das Reichs just im nisterinm ist auch in eine erneutg Prüfung der esamten Frage eines Vergleichsverfahrens zur Abwendung des
onkurses eingetreten. Darüber, ob die neuen Vorschriften zur Erreichung des Zieles genügen, gehen die Ansichten auseinauden. Beim Reichspatentamt ist eine Vermehrung der Einnahmen . eine wesentliche Steigerung der Anmeldungen gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, In bezug auf die Leistun an , 6 Behörde und den Ausbau dgs patentamtlichen Verfahrens beab⸗ sichtige ich, zunächst einen Gesetzentwurf bor zulegen der das Ein= spruchsverfahren in Patentsachen wieder der nne echte ng ü. a. i . Ferner soll nach dem Vorbilde des Plenums . Reichsgericht, des Großen Senats beim Ver icherungsamt und anderer Reichsbehörden eine Zentralstelle zur gahrung der Ein⸗ heitlichkeit der Rechtsprechung beim gieichspatentamt ö g halfen werden. Die allgemeine Revision des Patentgesetzes, des Gebrauchs⸗
ltere e, und des Warenzeichengesetzes ist noch in der Schwebe.
Die zregierung ist gegenwärtig mit den vorbereitenden en , 9 im rl bed dᷣ J. im * statt inde nden Kongreß beschäftigt. Dem Reichstag wird demnächst ein esetzentwurf üer den Beitritt des Reichs zum Madrider n,, betreffend die Unterdrückung falscher Herkunftsbezeichnung auf zaren, zugehen. Dieser Beitritt wird unsere Beziehungen im internationalen Verkehr wesentlich verstärken. Anch die Abkommen über vormund= chaftliche Fürsorge und über die Behandlung von w n sowie . für 6 . irtschaft so wichtige gewerbliche Rechts chutz für Patente, Gebrauchsmuster und Warenzeichen samt dem Schutz egen unlauteren Wettbewerb werden nebst einer Reihe neuer Ceelsg ble naturgemäß neuen vertraglichen Regelungen unter= ogen werden. Der Minister verweist auf den Vertrag über ehre fn und Rechtshilfe mit Oesterreich. Ven sogenannten ünionzverkrägen, in denen Deutschland mit einer Gesamtheit von Staaten verbunden ist, 6. ich die internationale leber e unt um Schutze des gewerblichen Eigentums und die . Qlto 3 seses Jahres bevorstehende Revistonskonferenz im Haag 9 erwähnt. Auch zur Fortbildun der sogenannten Haager ᷓ. . ventionen über Internationales rivatrecht hat die a n g. Regierung die Einberufung einer allgemeinen Konferenz, . falls für das Spätjahr, im Hagg bereits in Re 3 Eahei werden Konkurs, Anerkennung und Vollstre . . Ürteilen sowie Nachlaßbehandlung behandelt werden. Gesetz
würfe über die Genehmigung internativnaler Abkommen über den