n r. . ———
wolle die Ebert⸗Republik im Dienste Morgans ihre patentiert Streikbrechergarde und hinter dieser die Polizei und Reich-wehr ein— setzen. Wo bleibe die Wahrung der nalsonalen Ehre und Würde? Die Folgen des ausgebrochenen Streiks se en unabsehbar. Die JRügierung müsse in diesem Fall unbedingt das nationale Interesse gegenüber dem internationalen Kapital wahren.
Abg. Schumamn (Soz.) betont, daß die Sozialdemokratische Partei bereits vor einem Jahr im Auswärtigen Ausschuß auf die Ge— fahren der Ueberführung der Reicheébahn in die GesellschaftSform hin— gewiesen habe. Sie habe ihr erst zugestimmt, nachdem die Zusiche rung gegeben wäre, daß die Interessen der Arbeiter und Angestellten un⸗ bedingt gewahrt werden würden. Die Kommunisten hätten dafür ge— sorgt, daß die Organisationen der Eisenbahnarbeiter und Angestell ien in diesem Kampfe nicht in der erforderlichen festen Position seien slebhafter Widerspruch bei den Kommunisten) Die Kommunisten fielen den um höhere Löhne kämpfenden Güterbodenarbeitern in Leipzig durch Streikbrecherarbeit in den Rücken. (Hört! hört!! Unter 23 Streikbrechern befinde sich nur ein einziger Stahlhelm, alles andere seien Anhänger der K. P. D. und des Roten Frontkämpfer⸗ bundes. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten. — Lärm bei den Kommunisten) Das sei das wahre Gesicht der Herren Kom— munisten. Der Streik hätte verhindert werden können. Das Neichsverkehrsministerium müsse morgen sossort seine ganze Autorität einsetzen, um einen allgemeinen Streik durch Ver⸗ handlungen zu vermeiden.
Abg. Tremmel Gentr.) weist auf die besonders unzureichenden Lohn- und Arbeitsverhältnisse im besetzten Gebiet hin, insbefondere im. Betrjebe Trier. Viele Hunderte und Tausende reichstreuer Arbeiter seien abgebaut. Die Reichsregierung müsse alles tun, um die Hebung der wirtschaftlichen Verhältnisse im besetzten Gebiet zu er= reichen.
Die Beratung wird darauf abgebrochen.
Das Haus vertagt sich auf Sonnabend, 1 Uhr, mit der Tagesordnung Weiterberatung.
Dr. das ersten T den gesetzgebenden Körperschaften vorzulegen. Trotzdem sei dieses Gesetz noch nicht vor— gelegt worden. (Hört! hört! links. Die Frist sei schon am 26. Februar abgelaufen. Der Redner beantragt, den soxial⸗ demokratischen Antrag über die Aufhebung der dritten Steuer— notbe ordnung auf die Tagesordnung der Sonnabendsitzung zu setzen.
Vizepräsident Dr. Bell bittet, diese Angelegenheit dem Aeltestenrat vorzulegen.
Abg. Keil (Sog) erwidert, es sei bisher nicht Brauch gewesen, solche Fragen durch den Aeltestenrat entscheiden zu lassen. Er fordert, daß am Sonnabend ein Antrag behandelt werde, die dritte Steuer⸗ notverondnung mit dem 31. März d. Is. aufzuheben und zur ander— weitigen Regelung dieser Fragen sofort einen Gesetzentwurf vor⸗ zulegen, der am 1. April 1925 in Kraft trete und die ganze Auf— wertungesrage erledige, damit endlich nach den vielen Wahl— versprechungen in der Bevölkerung Beruhigung eintrete. Wenn die erwartete Vorlage nicht komme, so werde die Sozialdemokratie felbst einen esetzentwurf einbringen, der sich eng an den Gesetzentwurf des deutschnationalen Abgeordneten Dr. Best anlehne. Die Vorlage müsse erzwungen wenden.
. Abg. Wu nderlich (D. Vp) begrüßte als Aufwertungsfreund den sotzialdemokratischen Antrag für Aufwertung. Gine weitere Vertagung dieser Materie werde man keinesfalls zulassen. Wenn die Negierung den Gesetzentwurf nicht borlege, so werde man felbst die Initiative ergreifen.
Abg. Sch ultz⸗Bromberg Nat.): Nach Erledigung des Etats des Reichs verkehrsmimisterium, die nur einige Minuten er⸗ fordern wird, werden wir uns ausgiebig mit der Aufwertungsfrage be— schã len, mit deren schneller Lösung wir durchaus einverstanden sind. ö Abg. Stöcker (Comm); Erst hat das Zentrum demagogisch die Aufwertungsfrage verzögert, jetzt tun es die Deutschnationaslen; sie arbeiten mit vertguschten Rollen. (Abgeardneter Bickes D. Vp. j: Sehr richtig! — Heiterkeit Wir müssen morgen vor allem die Sccherheitsfrage und das Angebot der Deutschen Regierung be⸗ shrechen. Es ist vemwunderlich, daß die Deutschnationalen jetzt so viel Jett damit haben. Die deutschnalionalen Ziele sind doch in Gefahr, es handelt sich ja um eine „nationale Schmach“. Darüber muß endlich fesprochen werden. Gegen diese Schmach sollten sich gerabe die Parteien der Rechten erheben.
u der Abstimmung beschließt das Haus nach dem An— trag Schultz⸗Bromberg an die erste Stelle der Tagesordnung den Haushalt des Verkehrsministeriums zu setzen. Die Mehr— zeit besteht aus den Rechtsparteien und dem Zentrum. An die zweite Stelle setzt das Haus die Amnestieanträge der Kom⸗ manisten unter der ausdrücklichen Bedingung, daß diese An— träge ohne Aussprache an den Ausschuß überwiefen werden. Tieser Beschluß wird einstimmig gefaßt. Der Antrag der Kommunisten, die Sicherheitsfrage auf die Tagesordnung zu stellen, wird gegen die Stimmen der Nationalfozialisten und Konmunisten abgelehnt. Danach wird einstimmig beschlossen, an die dritte Stelle der Tagesordnung die Anträge der De- meokraten und der Sozialdemokraten zur Aufwertungsfrage zu bringen. Im übrigen werden einige kleinere Angelegenheiten und der Haushalt des Reichsjustizministeriums auf die Tages— ordnung gestellt. Nächste Sitzung, Sonnabend 1 Uhr. ;
Schluß 6 Uhr.
krenußischer Landtag. 18. Sitzung vom 5. März 1925. Nachtrag.
Die Rede, die der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Schreiber im Laufe der Beratung der Anfragen und Anträge anläßlich des Dortmunder Grubenunglücks gehalten hat. lautet nach dem Stenogramm wie folgt:
Meine Damen und Herren! Die Tragödie, die sich auf der Zeche „Minister Stein“ abgespielt hat, ist nächst derjenigen, die 1923 die Grube „Heinitz“ in Oberschlesien heimgesucht hat, die furchtbarste Katastrophe, die in den letzten 6 Jahren den preußischen Bergdau betroffen hat. Wie groß das Leid und die Not sind, die durch diese Katastrophe des Bergbaues in viele deutsche Familien eingezogen sind, erkennen Sie daran, daß von den 136 tödlich Verunglückten nicht weniger als tz Haushaltsvorstände waren, eine Familie hatten, und daß weitere 20 von den tödlich Verunglückten Ernährer ihrer sonstigen Angehörigen gewesen sind. Nicht weniger als ß Witwen und 85 Waisen trauern um den Tod des Familienvaters.
Da lag es nahe, daß nächst der Bergung der Verunglückten die erste und größte Sorge den Hinterbliebenen galt, ihnen in ihrer unmittelbaren Not beizustehen und zu helfen. Die Staatsregierung hat deshalb alsbald einen Betrag von 100 000 „ ausgesetzt, um die erste Not der Hinterbliebenen zu lindern. Aus privater und öffent · licher Hand sind dann eine ganze Reihe von Spenden geflossen, für die dankbar zu sein wir alle Ursache haben, im Interesse derer, denen damit geholfen werden soll. Ich vermeide es, irgendwelche Spender besonders hervorzuheben, weil ich überzeugt bin, daß die kleinen und die großen Gaben aus der gleichen Gesinnung hilfsbereiter Kamerad— schaftlichkeit und Fürsorge für die Notleidenden geflossen sind. Allen Gebern, den Gebern der großen und der kleinen Gaben, gebührt daher gleichermaßen, ebenso wie den Organisationen, die sich, wie die Deutsche Nothilfe, dem Hilfewerk zur Verfügung gestellt haben, der Dank der Staatsregierung, den ich auch bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck bringe.
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Zur zweckentsprechenden Verteilung der Gaben ist alsbald ein Ausschuß eingesetzt worden. Er setzt sich unter der Leitung des Herrn Berghauptmanns des Oberbergamts Dortmund zusammen aus dem Regierungspräsidenten des Bezirks Arnsberg, dem Oberbürgermeister von Dortmund, dem Landrat des Kreises Dortmund, einem Vertreter der Zechenverwaltung und zwei Vertretern des Betriebsrats. Diesem Ausschuß wird es obliegen, die Gaben, die bisher insgesamt eine Höhe von etwa 660 000 „M erreicht haben, zu verteilen.
Es ist zunächst ein Betrag von 20 000 „6 dazu verwandt worden, die allerdringendste Not in den Familien der vom Unglück Heim— gesuchten zu lindern. Dem Verteilungsausschuß ist gleichzeitig ein Beirat angegliedert worden, dem es obliegt, zu prüfen, wie weit die Hinterbliebenen der bei dem Unfall zu Tode Gekommenen etwa dauernd einer Hilfe bedürfen, die neben der Versorgung Platz greifen müßte, die die Knappschaft gewährt. Ein Herr Vorredner, ich glaube, es war Herr Abgeordneter Riedel, hat gefragt, wie hoch die Leistungen der Versicherung wären. Die Leistungen sind ver— schieden nach der Dienstzeit des Verunglückten, nach der Höhe seines Lohnes und nach der Größe seiner Familie. Ich will nur die äußersten Grenzen zu Ihrer Information nennen. Die niedrigste Rente, die gewährt wird, ist etwa 25 S im Monat, die Höchstrente beträgt gegenwärtig schon 20 M im Monat. (Rufe bei den Kommunisten.) Es wird augenblicklich eine Novelle zur Reichsversicherungsordnung im Reichstag beraten. Wenn die Vorschläge, die dort von der Re⸗ gierung gemacht werden, Gesetz werden, werden in Zukunft die Grenzen bei etwa 50 M und 250 R liegen. (Lachen bei den Kommu⸗ nisten.)
Meine Damen und Herren, der Verteilungsausschuß hat be⸗ schlossen, bei seinen Unterstützungen über den Kreis derer hinaus⸗ zugehen, die jetzt durch den Unfall der Zeche „Stein“ in Not geraten sind, und einen Fonds abzuzweigen zur Linderung künftiger Notstände in Bergarbeiterfamilien aus Anlaß von Unfällen. Meine Damen und Herren, die Oeffentlichkeit horcht auf, wenn durch ein Massen— unglück Bergleute in Reih und Glied auf dem Kampffelde der Arbeit dahingerafft werden, aber sie hört nichts von dem einsamen Sterben der einzelnen, die täglich auf dem Vorposten der Arbeit ihr Leben lassen müssen. (Sehr wahr) Das Leid, das dadurch in den einzelnen Familien verursacht wird, ist nicht geringer als das Leid, das jetzt in einer so großen Zahl von Familien in Westfalen eingekehrt ist. Des— halb glaube ich, daß es zu billigen ist, wenn der Verteilungsausschuß auch derer gedenken will, die in Zukunft etwa durch die Gefahren des Bergbaues zu Schaden kommen werden. Der einzelne, der im Berg⸗ bau vom Geschick ereilt wird, muß der Gewißheit gelebt haben, daß nach seinem Hinscheiden für die Seinen gesorgt ist und daß die Hinterbliebenen nicht in bittere Not und Elend geraten. Ich bin deshalb überzeugt, daß der Landtag diese Maßnahme des Verteilungs— ausschusses billigen wird. (Sehr richtigh
Er wird auch, wie ich hoffe, damit einverstanden sein, daß der Verteilungsausschuß zunächst einen Betrag von 30 0090 „ für die—⸗ jenigen abgezweigt hat, die an dem Rettungswerk beteiligt gewesen sind. (Bravo) Das Rettungswerk hat sich bei dem Unglück auf „Minister Stein“ ganz besonders schwierig gestaltet. Ungeachtet der Lebensgefahr, die mit der Arbeit der Rettungswehren verknüpft war, haben die Wehren vorbildlich ihre Pflicht getan. Es hat sich auch bei diesem Anlaß wieder jenes stille anspruchslose Heldentum der Arbeit gezeigt, das schlicht und schweigend schwerster Pflicht genügt in jenem Gefühl schöner und selbstverständlicher Kameradschaftlichkeit, das erwachsen ist auf bewußter Solidarität und Schicksalsgemeinschaft.
Die Wehren sind alsbald nach dem Unglück ans Werk gegangen, um ihren verunglückten Kameraden zu helfen. Sie waren der Hoff⸗ nung, daß es ihnen gelingen würde, recht zahlreiche Verunglückte noch lebend zutage zu bringen. Das war ihnen versagt. Die Schwere des Unglücks hat es mit sich gebracht, daß neben den 135 Tot— geborgenen nur sechs Verletzte lebend haben zutage gefördert werden können. Das ist gewiß nicht die Schuld der Rettungswehren. Ich sagte schon, daß sie in vollem Umfang ihre schwere Pflicht erfüllt haben. Ich glaube, daß wir nicht nur allen Anlaß haben, bei dieser Gelegenheit — gennde vom Standpunkt meiner Verwaltung empfinde ich dieses Bedürfnis — den Rettungswehren den Dank nochmals aus zusprechen für das, was sie auch bei dieser Gelegenheit wieder ge— leistet haben, sondern daß wir im Ausschuß auch zu prüfen haben werden, wie wir die Rettungswehren als solche sicherer stellen können vor den Gefahren, mit denen sie zu ringen haben.
Aber, meine Damen und Herren, unsere heutige gemeinsame Arbeit gilt ja nicht allein der Fürsorge für die Hinterbl iebenen, von der ich vorhin gesprochen habe, nicht nur der Fürsorge für die Rettungs⸗ mannschaften, die ich eben erwähnt habe, sondern der wichtigste Teil der Arbeit, zu der wir uns zusammengefunden haben, scheint es mir zu sein, daß wir alle Energie und allen guten Willen aufwenden, damit die Lebenden im Bergbau in Zukunft vor Gefahren, die sie jetzt bedwohen, mehr als bisher gesichert werden. Bravo)! Dazu wird es zunächst erforderlich sein, daß wir trotz der Erregung, die ich begreiflich finde und die ich verstehe, die dieses unsägliche Unglück aus · gelöst hat, mit aller Leidenschaftslosigkeit, aber mit dem Willen, nichts unaufgeklärt zu lassen, an die Untersuchung des Unfalls herangehen, um sestzustellen, was denn etwa die elementare Ursache dieses Unfalls gewesen ist und ob irgendwelche Verantwortlichkeiten, sei es an der Größe des Unglücks, sei es an dem Unglück selbst, nachweisbar sind. Dieser Aufgabe, meine Damen und Herren, die Unfallsursachen und die Verantwortlichkeiten festzustellen, hat sich der Unfallausschuß bei der Grubensicherheitskommision beim Oberbergamt Dortmund unter⸗ zogen. Die Ermittlungen, die von diesem Ausschuß angestellt werden, sind noch nicht abgeschlossen. Aber das glaube ich Ihnen sagen und versichern zu können — auch für den Fall, daß in Zukunft ein anderer hier an meiner Stelle die Geschäfte führen wird —, daß die Berg⸗ verwaltung des Staates eine vestlose Aufklärung nicht nur wünscht und durchsetzen wird, sondern daß sie auch überall dort, wo ein schuld⸗ hafter Verstoß gegen die bergpolizeilichen Sicherheitebestimmungen fest⸗ gestellt werden kann, mit aller Schärfe und Entschiedenheit durchgreife und die Schuldigen zur Verantwortung ziehen wird. (Bravoh
Meine Damen und Herren, nach den vorläufigen Feststellungen des Unfallausschusses ist mit dem höchsten Grade der Wahrscheinlich⸗ keit damit zu rechnen — mit absoluter Sicherheit lassen sich ja solche Katastrophen naturgemäß meist nicht aufklären —, daß als Aus⸗ gangspunkt des Unglücks das „Flöz Otto“ der Grube zu betrachten ist, und daß an diesem Ausgangspunkt eine Schlagwettererplosion stattgefunden hat, die sich nachher in einer Kohlenstaubexplosion fort gesetzt und so dieses furchtbare Unglück angerichtet hat. Näheres über die Explosionsursache und über die Verhütungsmaßnahmen, die nach der Meinung der Verwaltung ergriffen werden müssen, werden Ihnen morgen der Herr Oberberghauptmann und der Leiter des Gruben sicherheitsamts beim Ministerium mitteilen.
Ich möchte Ihnen aber, so sehr ich mich auch heute hier be. schränken will, doch das schon jetzt sagen, daß nach den Erfahrungen, die wir auch bei diesem furchtbaren Unglück wieder gemacht haben, die Schießarbeit wenigstens in diesen gefährlichen Zonen in Zukunft nicht in dem Umfang wird geduldet werden können Zuruf Gang verbieten), in dem das bisher geschehen ist. Ich habe bereits das Oberbergamt Dortmund angewiesen, alsbald festzustellen, in welchen Zechen oder Zechenteilen angesichts der besonderen Gasgesahr das Schießverfahren in Zukunft nicht mehr zugelassen werden kann und sofort verboten werden muß. (Byavoh
Meine Damen und Herren, darüber hinaus werden wir mit allem Ernst zu prüfen haben, ob nicht etwa in den gefährlichen Fettkohlen⸗ flözen, in den gefährlichen Betrieben, das Schießverfahren in Zukunft überhaupt gänzlich verboten werden muß. (Sehr wahr Die Einzel heiten werden Ihnen morgen vorgetragen werden. Es bestehen da gewisse Bedenken, insbesondere in der Richtung, daß im Gestein auch in diesen gefährlichen Betrieben die Schießarbeit vielleicht nicht völlig vermieden werden kann. Aber das alles wird die Verwaltung dann mit Ihnen im Ausschuß zu prüfen haben.
Ferner hat sich erwiesen, daß als sicherstes und bestes Mittel, diese gefährlichen Explosionen zu bekämpfen, das Gesteinstaub⸗ verfahren anzusehen ist, mit dem wir leider in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern in gewissem Rückstand gewesen sind, — in einem Rückstande der in etwas durch den Krieg und die schlimme Nachkriegszeit erklärt werden kann. Es hat sich aber herausgestellt, daß als wirksames Mittel gegen die Kohlenstauberplosionen das Ge— steinstaubverfahren jedenfalls anzusehen ist. Deshalb habe ich in einem Erlaß vom 21. Februar das Oberbergamt in Dortmund an— gewiesen, sofort eine Polizeiverordnung auszuarbeiten, durch die das Gesteinstaubberfahren in den gefährdeten Bezirken obligatorisch ein geführt wird. (Zuruf bei den Kommunisten.) — Ich will eben davon sprechen. Es ist vorgesehen, daß die Gesteinstaubsperren bis zum 1. Mai 19235 überall eingeführt sein müssen und daß darüber hinaus das Gesteinstaubstreuperfahren bis zum 1. April nächsten Jahres überall durchgeführt sein muß.
An sonstigen Maßnahmen, die der Sicherheit der Bergarbeiter zu dienen bestimmt sind, wird in Erwägung zu ziehen sein, die Zahl der Ginfahrer wenigstens in den gefährlichen Bezirken zu erhöhen. Wir hoffen, daß wir angesichts dieses furchtbaren Unglücks die Wider stände, die sich bisher der Vermehrung der Zahl der Einfahrer ent⸗ gegensetzten, überwinden werden, und wir rechnen dabei auf die Zu⸗ stimmung dieses hohen Hauses. Bei der Auswahl der Einfahrer wird daran zu denken sein, daß diese Grubenkontrollbeamten so ausgewählt werden, daß sie auch des Vertrauens der Belegschaft teilhaftig sind. (Sehr richtig! — Abg. Dr. Pinkerneil: Da soll wohl wieder die Ge⸗— werkschaft eingeschoben werden?!) — Wir werden uns im Ausschuß darüber zu unterhalten haben, Herr Dr. Pinkerneil, auf welche Weise das am besten geschieht. Wenn sich herausstellt, daß es im Interesse der Zusammenarbeit von Belegschaft und Koöntrollorgan zur Ver⸗ hütung von Unfällen notwendig ist, eine Auswahl zu treffen, wie ich sie eben bezeichnet habe, nämlich so, daß die Belegschaft zu diesen Sicherheits- und Kontrollorgzanen Vertrauen hat, dann werden wir im Interesse der Sicherheit unserer Bergleute diesen Weg beschreiten müssen.
Weiter, meine Damen und Herren, wird dem nachzugehen sein, was vorhin der eine oder der andere der Herren Vorredner geltend gemacht hat, es wird nämlich zu prüfen sein, ob nicht die Steiger abteilungen in einzelnen Fällen so groß sind, daß die Steiger nicht mehr imstande sind, auf die sicherheitspolizeilichen Vorschriften so zu achten, wie es für die Sicherheit unserer Bergleute not⸗ wendig ist. Ferner wird zu erwägen sein, auf welche Weise das Kontrollrecht der Mitglieder der Grubensicherheitskommissionen wirk- samer als bisher gestaltet werden kann. Die Verwaltung zieht ferner in Erwägung, die Ausbildung der Schießmeister zu verbessern; es wird überlegt, ob die Ausbildung etwa in hesonderen Schulen ver⸗ vollkommnet werden kann. Ferner soll der Gedanke verwirklicht werden — auch diese Frage hat einer der Herren Vorredner berelts angeschnitten — daß die Belegschaft selbst über die ihr drohenden Gefahren eingehender als bisher unterwiesen wird. In dem Vor— anschlag zum Haushaltsplan für 1925 haben die Damen und Herren ja gefunden, daß gewisse Summen ausgesetzt sind, um die Belegschaften über die Gefahren, von denen sie bedroht werden, zu unterrichten. Dann wurde hier vorhin erwähnt, daß ein Merkblatt die Belegschaft über die Vorschriften zur Verhütung von Unglücksfällen unterrichten sollte. Auch das ist bereits im Werden und steht kurz vor dem Ab— schluß. Endlich wird zu prüfen sein, ob die Strafbestimmungen, jetzt in Polizeiverordnungen zulässig sind, heute noch angemessen sind. Gegenwärtig kann eine Geldstrafe bis 300 „6 angedroht werden. Wenn Sie bedenken, wie sehr die Geldstrafen in anderen Gesetzen in den letzten Jahren erhöht worden sind, so werden Sie wahrscheinlich auch zu dem Ergebnis kommen, daß, wenn diese Strafandrohungen einen Eindruck machen sollen, die Strafgrenze wesentlich heraufgesetzt werden muß. (Sehr richtigh
Meine Damen und Herren, vom Standpunkt einer gesunden Wirtschaft ist jeder Raubbau verwerflich. Besonders verwerflich und völlig unerträglich wäre es aber, wenn etwa mit dem kostbarsten Gut unseres deutschen Volks, nämlich mit seiner Arbeit kraft, Raubbau getrieben werden könnte. Die zahlreichen Anregungen, die hier im Hause von den verschiedensten Stellen gegeben worden sind, die wert vollen Anregungen, die in den Anfragen und Anträgen zutage getrꝛten sind, werden uns Gelegenheit geben, die besten Mittel zu erforshhen, wie wir in Zukunft auf dem Gefahrengebiet helfen können. Die Aus— schußberatungen werden — das kann ich Ihnen zusagen — von der zerwaltung gefördert werden. Alle Anregungen werden mit der größten Sorgfalt geprüft werden, weil wir mit Ihnen den Wunsch haben, möglist schnell zu einer Besserung der Verhältnisse zu komme: . Bei der großen Teilnahme für das Schicksal der Bergleute, die sich in diesem hohen Hause auf allen Seiten gezeigt hat, zreifle ich nicht daran, daß es der gemeinsamen Anstrengung aller Parteien gelingen wird, im Zusammenwirken mit der Regierung zu Maßnahmen zu gelangen, die in Zukunft unsere Bergarbeiter vor den Gefahren, die sie täglich umlauern, besser schützen werden, als das gegenwärtig der Fall ist. (Bravo
19. Sitzung vom 6. März 1925, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger]
Präsident Bartels eröffnet die Sitzung um 11 Uhr.
Das erneute Verlangen der Kommunisten, ihren Ein⸗ spruch gegen das Verhalten des Präsidenten in der Sitzung vom 3. März heute zu erledigen, scheiterte, da Widerspruch erhoben wird.
Auf Antrag des Abgeordneten Dr. Kähler⸗Greifs⸗ wald wird ein Antrag, betr. die Abfindung von In⸗ habern des Polizeiversorgungsscheins vor⸗ weg ohne Debatte dem Beamtenausschuß uͤberwiesen.
Ohne Aussprache verweist das Haus die Gesetzentwürfe zur Abänderung von Gerichtsgemeinschafts⸗ verträgen und zur Aenderung des Feld⸗ und Forstpolizeigesetzes von 1880 an den Rechtsausschuß, hie Uranträge der Deutschnationalen über die Reform des Mädchen schulw 2 ens (Latein⸗Unterricht
höheren . in den oberen Klassen der Oberlyzeen), und betr. das sium und⸗Gym⸗
Kaiser⸗Wilhelm-⸗Realgymna nasium in Neukölln an den uc cn für das Unter⸗ richtswesen und schließlich die Große Anfrage der Sozial⸗ demokraten über die Notlage der Küstenfischerei und den Urantrag der Deutschnationalen auf Förderung der Herings- und Küstenfischerei an den Haupt— ausschuß.
Darauf wird die gemeinsame Besprechung der auf das Grubenunglück auf der Zeche „Minister Stein“ bezüglichen Uranträge und Großen Anfragen fort— gesetzt.
Dberberghauptmann Schanz gibt zunächst in Beantwortung der gestellten Großen Anfragen eine . über das, was seitens der. Bergbehörden geschehen ist und weiter geschehen wird, um die Wiederkehr derartiger Katastrophen möglichst zu verhüten— Die Oberbergämter sind bemüht gewesen, nach allen Richtungen die Belegschaften über die ihnen drohenden Gefahren im Bergbau über und unter Tage aufzuklären. Es sind ihnen Kohlenstoff explosionen vorgeführt worden, um deren Gefährlichkeit zu zeigen, es sind Merkblätter herausgegeben worden, es sind auch dle Be— gniten durch den Unterricht in den Bergschulen und durch praktische Vorführungen auf den Versuchszechen noch besonders ausgebildet worden. Erhöhte Aufmerksamkeit ist der Ausbildung der Schieß meister gewidmet worden. Die Verwendung des Dynamits als Sprengstoff ist bekanntlich untersagt, dennoch kann eine miß bräuchliche Verwendung vorkommen. Auch die flüssige Luft ist äußerst gefährlich. Eine ganz besondere Gefahr bildet die Ver— wendung des Benzins in den Sicherheitslampen, e daß die Berg— behörden darauf hinarbeiten, die Benzinsicherheitslampen möglichst zuzentfernen und elektrische an ihre Stelle zu setzen. Es stehr fest, daß mehr als die Hälfte aller Explosionen durch Sicherheitslampen verursacht werden. Um die Gefahren, die von der Entzündung des Kohlenstaubes drohen, zu beseitigen, ist durch Bergpolizeiverord⸗ nung die Benetzung allgemein vorgeschrieben. Unmittelbar nach der Dortmunder Katastrophe sind die Bergbehörden unter Teil nahme des Oherberghauptnianns zusammengetreten, um weitere Abhilfmaßregeln zu erwägen. Die Durchführung des Steinstaub⸗ verfahrens soll generell erfolgen, nachdem sie tatsächlich schon in weitem ,. besteht. Der Oberberghauptmann fährt fort: Es ist mir bittrer Ernst, wenn ich hier versichere, daß wir unserer— eits bemüht sind, alles zu tun, was geeignet ist, Leben und Ge— undheit der Bergleute zu erhalten. Wenn demgegenüber seitens er Partei des Herrn Sol ottka Vorwürfe, Angriffe, Beschuldi— gungen gegen Beamte der Bergverwaltung erhoben werden, so muß ich ausdrücklich betonen, daß die Revierbeamten des Preußi schen Staates sich in ihrer Fürsorge für die Bergleute von niemand übertreffen lassen (große Unruhe bei den Kommunisten)“. Der Oberberghauptmann wendet sich nunmehr den einzelnen Anträgen und den darin gemachten Verbesserungsvorschlägen zu. Er erklärt, daß die Bergverwaltung ganz selbstverständlich ernstlich bemüht sein werde, die Ursachen des Unglücks aufzuklären und gegen die Bergleute und Unterbeamten, die sich Verfehlungen haben zu— schulden kommen lassen, einzuschreiten. (Rufe bei den Kom munisten; Und wo bleiben die eigentlich Schuldigen, die oberen Beamten? ). Die von den Kommunisten zur Verschärfung der Kon trolle geforderten, von den Bergarbeitern zu wählenden Gruben— sontrolleure würden, wenn ihnen alle die in den Anträgen gleich falls geforderten Rechte und selbständigen Befugnisse beigelegt würden, zu steten Reibungen mit den Revierbeamten Anlaß geben. Die Einführung des Gesteinstaubverfahrens und die größt— möglichfte Einschränkung des Schießverfahrens in allen Zechen werde unverzüglich veranlaßt werden. Nur durch Zusammen arbeit der Belegschaft mit den Bergbehörden, der Zechenleiter mit den Beamten, könnte man den Mängeln abhelfen, und die Ge— fahren nach Möglichkeit beseitigen
Ministerialrat Hatzfeld vom Reichsministerium für Handel und Gewerbe kommt ö die nähere Ursache der Explosion zu sprechen. Die Wetterführung wäre eine reichliche gewesen, wie auch die Anlage eines Schachtes als Zu- und Ausgangspunkt durchaus angebracht gewesen sei. Man habe alle Vorsichtsmaß nahmen getroffen. Die genaue Ursache der Ezplosion wäre nicht mit Sicherheit festzustellen. Die Vermutungen hierüber wären sehr zahlreich. Das Steinstaubverfahren sei bisher noch nicht all— gemein zur Durchführung gebracht worden, weil auch die Berg⸗ arbeiterschaft ihm widerstrebte: das habe sich jetzt geändert. Man sollte die Ruhrzechen nach Gefahrenklassen gruppieren; danach müßte dann auch die Aufsicht gestaltet werden. Die Möglichkeit der Schaffung von Rettungskanimern oder Fluchtwegen werde zu e fen sein, früher mit ersteren gemachten Erfahrungen seien reilich nicht besonders ermunternd. Die Grubensicherheits⸗ kommissionen seien ja auch heute schon zur Unfallverhütung mit— zuwirken befugt. . —Ministerialdirektor v. Me yeren beantwortet die von den Kommunisten eingebrachte Große Anfrage über die Explosion auf dem Dillinger Hüttenwerk. Es handle sich hier nicht, wie be⸗ hauptet worden sei, um eine Ammoniakätherexplofion, . um eine andere, vielleicht um eine Benzolexplosion. Die Behauptung der Interpellanten, daß die Explosionen in Oppau und Leung auf ungemessene Antreiberei a n rn, seien, entbehrt jedes Be⸗ weises. Ein Zusammenhang dieser Explosionen mit dem Unfall auf der Dillinger Hütte sei nicht zu konftruieren.
Abg. Otter⸗Bochum (Soz.) weist zunächst die Unterstellung der Kommunisten . daß die Sozialdemokratie an der Hingabe der Millionen an die Ruhrindustriellen beteiligt sei. Auch die elektrische Grubenlampe biete keine absolute Garantie gegen die Schlagwetter. Das Uebel sei, daß die Gefahr des Auftretens von Schlagwettern nach der Meinung der Bergleute eben durch die Einführung der elektrischen Lampe , . sei. Darum sei auch nach Einführung dieser Lampe die alleräüßerste Vorsicht geboten. Die Strecken müßten durchweg verbessert werben. Auf der Zeche Minister Stein“ habe eine unglaubliche Zusammenhäufung von Miß finden lonstatiert werden müssen, namentlich hinsichtlich der Wetterversorgung im strikten Gegensatz gegen die bergpo izeilichen Vorschriften, und das anscheinend mit Genehmigung des Berg— oder Oberbergamts, das in diesem Falle an der Kataäͤstrophe mit⸗ chulhsß wäre. Auf dieser Zeche sei die Ko , un⸗ . leichtfertig behandelt worden. Das ,, tem habe ier ö Orgien gefeiert, Ein 25 Jahre lang . Steiger sei wegen unzureichender Kohlenförderung entlasffen und sein Posten einem jungen Mann, der vordem in der Etappe Offizier gewesen sei, übertragen worden. Gerade in dem ik zewier, selen die y. Prämien . ewirtschaftet worden. Wo bleibe die Bergbehörde, die doch dieses Unwesen nicht dulden dürfe? Das Gros der tödlichen Unfälle fetze sich aus den Einzel⸗ unfällen, nicht aus den ,, . zusammen. Die Ver⸗ waltung der Zeche habe tatsächlich die Betriebsräte am Einfahren ur Kontrolle verhindert aus „Sparsamkeitsgründen“. Entgegen en Anordnungen der Bergbehörde sei den Betriebsratsmitgliedern auf, der Zeche „Amalie“ bei Langendreer das Mitnehmen von Sicherheitslampen verboten worden! Redner führt eine lange Reihe ähnlicher Verfehlungen an, um der , Material zum Einschreiten und zur Abstellung wenigstens der schreiendsten Mißstände zu liefern. . ö
Abg. Martin (D. Nat.) beklagt die Opfer der Bergwerks⸗ unglücke und spricht die Erwartung aus, daß Zechenverwaltungen, Staat und Gemeinden für die Hinterbliebenen sorgen werben“ (Burufe der Kommunisten) Sowohl im Reichstag wie am
Donnerstag im Landtag habe man unrichtige Zahlen genannt über die Zahl der Belegschaft in der Morgenschicht. Die Steinstaub⸗
mühlen seien zu spät angeliefert worden, weil das Ruhrgebiet von
den Franzosen abgeschnitten gewesen wäre. Der Redner empfiehlt Maßnahmen zur Belehrung, um tunlichst Katastrophen vorzu beugen. Besonders zu empfehlen seien orientierende Vorträge mit Lichtbildern. Versäumnisse der Zechen gegenüber bergpolizei⸗ 6 Vorschriften müßten scharf geahndet werden. Die Mit— arbeit der Arbeiterschaft an der Kontrolle sei eine Selbst⸗ verständlichkeit. (Gelächter bei den Kommunisten und Sozial⸗ demokraten) Die Einführung der Berieselungspflicht habe nicht enügt; die Schießarbeit sei auf das schärfste einzuschränken. urch ausreichende Löhne und menschenwürdige Behandlung müsse die Berufsfreudigkeit der Arbeiter und Beamten erhalten werden.
Abg. Kraemer ⸗Recklinghausen (D. Vp. );: Meine Freunde . eine politische und agitatorische Ausbeutung des Unglücks. Wir treten dafür ein, die vorliegenden Anträge auf ihre praktische Brauchbarkeit im Ausschuß zu prüfen. Gegen die Behauptung, daß die Gefahr im Bergbau gestiegen sei, spricht die Stastitik: Auf 1666 Bergleute kommen Tote im Jahre 1900 gleich 2,459, 1913 gleich 24641, 1919 gleich 2, 809, 1920 gleich 2,500 und 1922 gleich 2053. Im Oberbergamtsbezirk Dortmund kommen in den Jahren 1881 bis 1890 gleich ein Toter auf 539 623 Tonnen, 1891 bis 1900 gleich ein Toter auf 1 100 810 Tonnen, 1901 bis 1912 gleich ein Toter auf L694 000 Tonnen und 1913 bis 1920 gleich ein Toter auf 1974 499 Tonnen. Die Berufsgenossenschaften entschädigten: 1913 bis 1919 Knappschaftsberufsgenossenschaften auf 106090 Arbeiter an tödlichen Unglücksfällen 2,11“ Prozent, die Binnenschiffahrt 3,168 Prozent. Wenn jetzt verlangt wird, das Schießen in der Fettkohle zu verbieten, so wird sich dieses Verbot in vielen Fällen nicht durchführen lassen wegen der Beschaffenheit der Kohle. Und wie soll es mit dem Nebengestein gemacht werden? Die Folge würden die jetzt so be⸗ kämpften Ausnahmegenehmigungen sein. Seit Einführung der Abbauhämmer und der Schrämmaschinen ist der Sprengstoffver⸗ brauch gewaltig zurückgegangen, z. B. auf Zeche Minister Stein von 0, 13 Kilogramm pro Tonne im Jahre 1913 auf 008 im Jahre 1924. Zudem können durch das Funkenreißen der Schrämmaschinen bei den häufig in der Kohle vorkommenden Schwefelkiesmollen auch Explosionen eingeleitet werden. Die Grubenkontrolleure lehnen wir ab, weil sie keine entsprechende Vorbildung haben und weil sie ein velitisches Instrument sein würden. Ebenso sind wir gegen ein Vorschlagsrecht der Gewerkschaften bei Einstellung von Bergrevier— inspektoren. Der Hauptträger des Grubensicherheitsdienstes wird auch in Zukunft trotz Grubensicherheitskommisstonen und Betriebs⸗ räten die Bergbehörde sein. Wir haben troß aller Angriffe, die nach unserer Ansicht unzutreffend sind, volles Vertrauen zu dieser Behörde. Wir haben berechtigte Zweifel, ob die geforderten Rettungskammern ihren Zweck erfüllen werden. Wie soll bei dem sich in Bewegung befindlichen Gebirge der luftdichte Abschluß erreicht werden? Wenn es möglich wäre, für längere Zeit Rettungsapparate in diesen Kammern in neuem brauchbaren Zustande zu erhalten, dann müßte die gesamte unterirdisch bechäftigte Belegschaft in dem Ge⸗ brauch der Apparate ausgebildet werden. Das ist praktisch unmög⸗ lich. Wenn behauptet worden ist, daß die Zeche „Minister Stein“ eine besonders gefährliche Zeche wäre, so sprechen die tatsächlichen Ergebnisse der . dagegen. 86 Bergleute von Nachbar⸗ zechen hatten sich in 10 Tagen nach dem Unglück neu zur Annahme gemeldet. So urteilen die Bergleute. Die UÜntersuchung hat bisher ergeben, daß weder Arbeiter, Beamte, noch die Verwaltung eine Schuld trifft. Die Ursache ist in einem sogenannten Knappschuß zu suchen. Die Gefahr dieser Schüsse ist erst jetzt erkannt worden. Schon ist es gelungen, dieser Gefahr durch Herstellung von unver⸗ brennbarer Umhüllung des Sprengstoffes und durch Umkonstruktion des Zünders zu begegnen. Wir sind bereit, alles zu tun, um die praktisch brauchbaren Mittel zur Bekämpfung des Kohlenstaubs und der Schlagwetter zu verbessern und Mittel für die Versuchsstrecken in Derne und Beuthen bereitzustellen. Niemand soll uns über treffen in der Fürsorge der unter Tage beschäftigten Personen. (Leb— hafter Beifall.)
Abg. Abel (Komm.): Es ist ein Skandal, wie der Landtag sich bemüht, die berechtigten Forderungen der Bergarbeiter abzu⸗ würgen; würden diese dieses Schauspiel hier sehen, dann würde nicht viel fehlen, daß sie die ganze Bude leer hauen (Gelächter). Und Herr Osterroth appelliert in einem solchen Hause, in dem das kapi⸗ talistische Ausbeutertum herrscht, an die Menschlichkeit! Was wissen denn die Vertreter der Bourgeoisie, die hier sitzen, davon, wie es in den Gruben aussieht! Haben die Sozialdemokraten nicht der Ver⸗ längerung der Schicht im Ruhrgebiet zugestimmt? Aber Herr Osterroth redet davon, daß man dem Bergmann die Berufsfreudig⸗ keit wiedergeben solle! Die Bergarbeiterschaft ist seit dem Dawes⸗ ig en die unterdrückteste aller Arbeitergruphen im Deutschen Reiche. Im Bergbau muß die Akkordarbeit, diese wirkliche Mord⸗ arbeit, zum Teufel gejagt werden. Ohne jede Kontrolle hat man der Kapitalistenklasse an der Ruhr wieder 700 Millionen in den Rachen geworfen. Die Schichtlöhne werden auf der Stufe von Hungerlöhnen gehalten, und da wirtschaftet der Bergfiskus gerade so arbeiterfeindlich wie der ärgste Kapitalistenprotz. Die sechs⸗ und siebenstündige Arbeitszeit, die Erhöhung der Löhne um 50 Prozent ist die Mindestforderung. Die Bergarbeiterschaft verlangt vor allem eine wirkliche Sicherung vor drohenden Gefahren.
Hierauf wird die Beratung abgebrochen.
Außerhalb der Tagesordnung kommt
Abg. Leinert (Soz.) kommt auf seinen Disput mit dem Abg. Dr. v. Campe (D. . Dieser habe am 19. Februar ihn unter⸗ stellt, von, einer Gesinnungsgemeinschaft zwischen der Deutschen Volkspartei und den Kommunisten gesprochen zu haben, und erklärt, wenn der Abgeordnete Leinert wirklich daran glaube, so müsse er das als eine Folge seines nervösen Zusammenbruches ansehen. In der darauffolgenden Sitzung habe Dr. v. Campe der vom Ahgeord. neten Grzesinski ausgesprochenen Erwartung, daß Dr. v. Campe seine Aeußerung zurücknehmen werde, nicht entsprochen, im Gegen— teil sie wiederholt. Obwohl Dr. v. Campe eine Abschrift des ,, erhalten hätte, welches der behandelnde Arzt ausgestellt abe, habe er den bisher im Parlament nicht üblichen linwurf nicht . sondern sich darauf zurückgezogen, daß er keinen äcrperlichen, sondern einen politischen Zusammenbruch gemeint habe. Herr Dr. v. Campe habe eine außerhalb des Landtags von gewissen—⸗ losen Ehrabschneidern aufgestellte verleumderische Behauptung im Landtage wiederholt und damit gegen einen von ihm selbst im Land— tage am 16. Januar aufgestellten Grundsatz, nämlich dafür zu sorgen, daß wieder Anstand in der Politik eintreten möge, aufs gröblichste giste fen In sachlicher Beziehung habe er (Redner) nicht von einer Gesinnungsgemeinschaft ö zen der Deutschen Volkspartei und den Kommunisten gesprochen, Dr. v. Campe hätte aus den Zeitungs⸗ berichten, auch aus seinem eigenen Parteiblatt, der „Zeit“ ersehen können, daß er sich mindestens geirrt haben müßte. Anstatt den Irrtum zu berichtigen, habe er am 20. Februar dieselbe Bemerkung außerhalb der Tagesordnung wiederholt und damit eine bewußte Provokation und absichtlichée Verdächtigung der Sozialdemokratie ausgesprochen. Für diese Wiederholung könne ihm der gute Glaube nicht mehr zugesprochen werden. Her Wortlaut des amtlichen Stenogramms (den Redner verließt) ergebe, daß er nur von einer Gesinnungsgemeinschaft der Deutschen Volkspartei und der Kommu⸗ nisten gegen die Sozialdemokratie gesprochen habe, und so sei es gerade Dr. v. Campe gewesen, der eine solche unbegründete Ver . auszusprechen sich nicht gescheut habe, obgleich er sich vorher ö Lehrmeister des guten Tones aufgespielt hätte.
Präsident Bartels schlägt vor, die nächste Sitzung Dienstag, den 10. März, Nachmittags 2 Uhr, abzuhalten mit der Tagesordnung: Wahl des Ministerpräsidenten, Nachtrag zum Staatshaushalt für 1925, Fortsetzung der heute ab⸗ gebrochenen Beratung, Kleinere Vorlagen und Anträge.
Der Antrag der Kommunisten, morgen von 10 Uhr ab die Verhandlung über das Dortmunder Bergwerksunglück fortzusetzen und zum Abschluß zu bringen, wird abgelehnt; das Haus stimmt dem Vorschlag des Präsidenten zu.
Schluß nach 4 Uhr.
Parlamentarische Nachrichten.
ags wird heute vormittag zu einer Sitzung zusammentieten In Sitzung wird er sich über den Termin für die Wahl des Reichspräri— denten, der vom Reichstag zu bestimmen ist, über das Gesetz wegen der Uebernahme der Kosten der Trauerfeier lichkeiten är den ver storbenen Reichspräfidenten sowie über die Frage verständigen, ob mit Rücksicht auf Wahl des Reichspräsidenten eine Vertagung des Reichstags⸗— plenums angezeigt sein würde. — Außer Zusammenhang mit der Frage einer Vertagung des Reichstags steht die Angelegenheit der Erledigung des Reichshaushaltsplans Die Einnahmen aus den neuen Steuergesetzen, die selbst noch bis zur Erledigung geraume zeit erfordern, müssen in den Haushalt für das neue Jahr eingerechnet werden; es ist nicht zu erwarten daß alle diese Arbeiten vom Reichstag noch vor dem 1. April bewältigt werden können. Aus diesem Grunde wird ein sogenannter Notetat notwendig werd
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rAeltestenrat des Reichst
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Der Rechtsausschuß des Reichstags beschäftigte sich gestern laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger mit dem Gesetzentwur zur Aenderung des Gesetzes über die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen. Durch den Gesetzeniwurf jollen bekanntlich die bis ber üblichen Gebührensätze in den höheren Wertstufen herabgesetzt werden, da nach Ansicht der Regierung die Aufwendungen im his⸗ herigen Umfange auf die Dauer eine Belastung der Allgemeinheit darstellen., die unter den derzeitigen Verhältnissen schlechterdings untiagbar lei. In Preußen sind im Jahre 1924 an Armenanwälte gezahlt worden 6 s5ßz7 138 Reichsmark, in Bayern im gleichen Jahre 730 338 Reichsmark in Sachsen in den Monaten Januar bis Oktober 1924 744 068 Reichsmark Nach Aussage der Ne⸗— gierungsvertreter ersordere die finanzielle Läage des Reichs und der Länder dringend Abhilfe. Eine gänzliche Aufhebung der Gebühren— zahlungen für Armenanwälte soll indessen nach dem Vorschlag der Regierung nicht in Frage kommen, da die völlig unentgeltliche Führung der Armensachen dem Anwaltstande billigerweise nicht zugemutet werden könne. Vielmehr soll zwischen den finanziellen Notwendig⸗ keiten und den Existenzbedingungen der Anwaltschaft im Wege einer Herabminderung des Erstattungsanspruchs ein billiger Ausgleich ge⸗ schaffen werden. Die Reichsregierung empfahl deshalb, in den niedrigen Wertstufen es bei der Erstattung der bisher üblichen vollen Gebühren zu belassen, in den höheren Wertstusen dagegen die zu er— setzenden Beträge auf einen Bruchteil der Gebühr zu beschränken und endlich den Höchstbetrag herabzusetzen — Abg. Dr. Pfleger (Bavyr Vp) wandte sich gegen die Herabsetzung der Gebühren, beantragte jedoch, daß die Ansprüche auf Erstattung von Rechts— anwalisgebühren in Armemachen vom 1. April 192 aur die Ruhegehalts, Witwen- und Waisenkasse für deutsche Rechls⸗ anwälte übergehen ollen. Nur soweit der Ersatzanspruch bereits vor dem 1. April 1925 jällig geworden ist, ollen die bisherigen Nor- schtiften in Kraft bleiben. Die näheren Bestinmangen zur Aus— führung eines dementsprechenden Gesetzes sollen vom Reichejustiz⸗ minister erlassen werden. — Abg. Br odauf (Dem ) hielt prinzipiell die Eistattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen für bherech⸗ tigt, weil gegenwärtig der Prozentsatz der Armensachen gemäß den allgemein ungünstigen wirtschastlichen Verhältnissen gegenüber dem Vorkriegsstand außerordentlich gestiegen sei Doch hielt Redner eine Heiabsetzung in den höheren Wertstufen für angebrach! — Abg Saenger (Soz) wollte keine Klassifizierung zwischen Arm und Reich in Rechtssachen. Die Oeffentlichkeit würde es nicht ver— stehen, wenn für die gleichartige juristüche Tätigkeit nur geringere Sätze gezahlt werden sollen sobald es sich um arme Mandanten handelt. In der Abstimmung wurde der Antrag des Abg. Dr Pfleger (Bayr. Vp) abgelehnt — Bezüglich der Gebührensätze für Armenanwälte beschloß der Ausschuß gemäß einem Antiag des Abg. Di. Wunderlich (D Vp.), daß an die Stelle der vollen Gebühr (56 95 der Gebühren⸗ ordnung für Rechtsanwälte) bei einem Werte des Streitgegenstande von mehr als 200 bis 500 Reichsmark einschließlich 12 Reichsmark, von mehr als 5600 bis 1000 Reichsmark einschließlich 20 Reichsmark und von mehr als 1000 Reichsmark, 30 Reichs⸗ mark treten sollen. Das Gesetz joll am 1. April dieses Jahres in Kraft treten. Es soll auf anhängige Rechtssachen An— wendung finden. Soweit der Eisatzanspruch bereits vor dielem Zeit— vunkt fällig geworden ist, bleiben die bisherigen Vorschristen in Kraft.
Handel und Gewerbe. Berlin den 7. März 1925.
— Die Norddentsche Bank in Hamburg erzielte, laut Meldung des W. T B im Geschäftsjahr 1924 einen Rein⸗ gewinn von 1 200 000 Reichsmark. Hieraus gelangen 10 0½ Dividende zur Verteilung 500 000 Reichsmark werden einer besonderen Reserve zugeführt und 100 060 Reichsmart dem Pensionsfonds ürerwiesen
— Der Verbraucherpreis für guten gerösteten Kaffee wurde laut Meldung des W. T. B. vom Verein der Kaffee⸗ großröster und „händler, Sitz Hamburg, am s. d. M. mit 3,50 bit 4,90 K für ein Pfund je nach Herkunft notiert.
— Die Ban? von Danzig hat, laut Meldung des W. T. B., mit Wirlung ab 6. März ihren Disfontsatz von 10 auf 9 0/ heiabgesetzt.
London, 6 März. (W. T. B.). Von der deutschen Aus gabe der Chinesischen Hukuüang⸗Eisenbahn⸗ Anleihe von 1911, werden laut Meldung des W. T B.“ der Coupon Nr. 17, fällig am 15. Dezember 1919, und der Coupon Nr 2, fällig am 15. Dejember 1924, durch die Hongkong C Shanghat Banking Corporation eingelöst. Ueber die Bezahlung der vor dem 15 Dezember 199 fälligen, noch nicht eingelösten Zinsscheine dieser Anleihe liegen noch keine Nachrichten vor.
Telegraphische Auszahlung.
J. März Geld Brie
h. März Geld Brief Buenos Aires
(Payierveso) .. l, 5h8 , 664 l, 568 K 1,693 l, 688 1,692 Konstantinopel .. 2, 09 2, 104 2, 114 London J 20, 00 ⸗ 20, 008 20, 0598 New York 4, 195 4, 195 4,205 Rio de Janeiro O, a66 —ͤ O,. 464 O. 4tz6 Amsterd. Notterdam 167,59 167, 54 167 96 Athen lin Marf sür
100 Drachmen) , 64 6,59 Brüssel u. Antwerpen 21,19 21, 165 Danzig . 79, 325 79,25 79, 34 Delfingfors ...... 165658 10553 ib 55s Italien . 17,16 17,20 17,098 Jugosllawien . ; 6,71 6, 73 6. 72 Kopenhagen.... 75, II 75, 29 76, 19 Lissabon und Oporto 19,775 19 825 19, 978 ö 63.97 64, 15 64, 02 . 21,74 21, 80 21,47 Hrg.... 12,44 12, 18 1244 Schwei; 80. 69 80, 89 0. 2 . 5, 0h66 3, Ot 3, 0h 6h Syanien .. 55 v5 55 5? og. A5
Stockholm und Gothenburg... 113,05 13 33 113,03 186 59.13 59 27 59, 13 59, 27
Wien J Budapest ..... 5,79 5, 8 5, 79 h,. 81
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