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Preußen.
Die Herren Forstreferendare, die im Juni d. J. die forst⸗ liche Staatsprüfung abzulegen beabsichtigen, haben die vorschriftsmäßige Meldung spätestens bis zum 1. Mai d. J. einzureichen.
Nichtamtliches. Deutscher Reichstag.
14. Sitzung vom 1. April 1926, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“. )
Am Regierungstische: Reichswehrminister Dr. Geßler.
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 Minuten und richtet an das Haus, das sich von den Plätzen erhebt, folgende Ansprache:
Die erschütternde Nachricht von dem furchtbaren Unglücksfall, der 6. viele Angehörige der deutschen Reichswehr betroffen hat, und über
en ich gestern zu Beginn der Sitzung eine amtliche Bestätigung noch
nicht erhalten konnte, hat sich leider bewahrheitet. Ueber 70 Personen sind bei der Ausführung ihrer Uebungsaufgaben mit ihrem Offizier in den Fluten der Weser ertrunken, und es besteht nach den mir ge⸗ wordenen Mitteilungen geringe Hoffnung, daß von den 78 Ver⸗ mißten noch jemand gereltet werden könnte. Mit der Reichswehr trauert die deutsche Volksvertretung um die vielen noch so jungen Dpfer ihres Soldatenberufs, und spricht den Angehörigen, den Kamergden und der Heeresleitung ihre tiefe Teilnahme aus. Ich bitte Sie, noch einige Mitteilungen des Reichswehrministers über die Katastrophe entgegenzunehmen
Neichswehrminister Dr. Geßler: Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst dem Herrn Präsidenten dieses Hauses für den Aus— druck der Teilnahme herzlichst danken, ebenso dem hohen Hause, das sich dieser Teilnahme angeschlossen hat. Die Katastrophe, die wir an der Weser erlitten haben, steht in der Geschichte der Friedensübungen wohl beispiellos da, vor allen durch die Zahl der Opfer. Ich bin noch nicht in der Lage, heute eine verantwortliche Erklärung über die Ursache des Unglücks abzugeben. Diese Ursachen werden einmal durch eine dienstliche Untersuchung, zu der ich gestern den Chef des Pionier⸗ wesens abgeordnet habe, und daneben auch durch eine gerichtliche Unter⸗— suchung festgestellt. Ich bitte aber den Herrn Präsidenten, mir zu gestatten, daß ich wenigstens den kurzen vorläufigen Bericht dem Hause zur Kenntnis bringe.
Bis 2 Uhr 45 Vormittags vermißt (voraussichtlich ertrunken): 1 Offizier, 3 Mann (77 vom Ausbildungsbataillon 18, 1 vom Pionierbataillon 6). Aussicht auf Verringerung der Verluste gering.
Verlauf: 31. 3. Vormittags: Felddienstübung von Teilen der 6. Division unter Leitung des Artillerieführers 6 im Beisein des Divisionskninmandeurs, bei der auch Uebersetzen durch Pionier⸗ bataillon 6 zu üben war. Das Uebersetzen geschah durch sogenannte Gierfähre aus vier Pontons. Ab 7 Uhr 30 Vormittags waren vier Fahrten glatt verlaufen. Zur fünften Fahrt gegen 10 Uhr Vor— mittags wurde Fähre mit elwa 150 Köpfen beladen.
Vorläufiger Eindruck zur Ursache des Unglücks: Ungleichmäßige Verteilung veranlaßte einseitiges Einsinken der Fähre nach Abfahrt, perstärlt durch zu scharfe Gierstellung. Fähre im ganzen auch wohl etwas überlastet. Mitte Strom zogen ein, später zwei Pontons Wasser durch Einlauf. Darauf weiteres Einsinken der Fähre, Zu— sammendrängen und Abrutschen der Besatzung. Rettung trotz Vor⸗ handenseins von zwei Rettungskähnen und Schwimmgürtel erschwert infolge Zusammenballens der im Wasser Liegenden und Umschlagen eines überfüllten Rettungskahneß. An Rettungsarbeiten haben sich Bevölkerung und Fährleute sofort in hervorragender Weise beteiligt. Leitung des Uebersetzens hatte Oberleutnant Jordan, der sich auf Fähre befand und zurzeit noch nicht veruehmungsfähig ist. Vernehmungen werden fortgesetzt.
Meine Damen und Herren! Es wäre zu wünschen und zu hoffen, daß sich die Zahl der Opfer noch etwas verringert. Aber leider ist nach den letzten Mitteilungen diese Aussicht sehr gering.
Für uns wird dieses tragische Ereiguis noch dadurch erschwert, daß sich auch bei der Marine gestern auf der Werft bei der Neparatur eines Torpedobootes ebenfalls ein schweres Unglück ereignet hat, bei dem zwei Heizer und zwei Arbeiter ihr Leben eingebüßt haben und dieselbe Zahl verwundet worden ist. Sobald ich in der Lage bin, dem hohen Hause die authentischen und verantwortlichen Berichte vorzulegen, wird das selbstverständlich sofort geschehen.
Präsident Löbe; Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die Trauerkundgebung.
Auf der Tagesordnung steht der Bericht des Geschäfts⸗ ,,, ., über die Anträge des Landgerichts Magdeburg auf Erteilung der Genehmigung zur Ver⸗ nehmung mehrerer Reichstagsabgeordneten i m Rothardt⸗Prozeß. ᷣ
Abg. Dr. Bell (Zentr) herichtet über die Verhandlungen im Geschäflsordnungsausschuß und führt Jus: Der Reichsinnenminister beantragt in einem Schreiben, einen Beschluß des Reichstags über den Antrag des e e e, im Magdeburger Rothardt⸗Prozeß auf Erteilung der Gene nig ng sur zernehmung der Reichstags— abgeordneten Silberschmädte Graßmann, Sch licke und Giebel herbeizuführen. Die Abgeordneten sollen darüber ver⸗ nommen werden, ob am 31. Januar oder 1. Fehrugr 1918 eine 1. getagt habe, bei der sich fast alle Teilnehmer gegen den Streik und nur drei für den Streik ausgesprochen hätten, und es nicht richtig sei, daß die Gewerkschaften damals eine zwei⸗ deutige Stellung eingenommen hätten. Der Reichstag hatte in mehreren anderen Fällen die Genehmigung zur ce n , be⸗ stimmter Äbgeordneter über präzise Beweisfragen in der Strafsache 8 en Rothardt erteilt. Noch 3 b wurde die Vernehmung der Abgg. , . und Braun⸗Düsseldorf genehmigt. Als Bericht⸗ erstatter des Ausschusses hatte ich aber damals die einmütige Auf⸗ fassung des Geschäflsordnungsausschusses ausführlich vorgetragen un daran eine Darlegung der . en Stellungnahme des Aus— schusses zu künftigen Anträgen au Ie ge e ene a gen geknüpft. Ich stellte fest, daß das öffentliche , ,,. der Klärung des Sach⸗ verhalts im Rothardt . Prozeß derart stark ist, daß der Reichstag der ö Klärung und der. hierzu erforderlichen Vernehmung von Abgeordnelen kein Hindernis entgegenstellen lte Im Ausschuß ist aber einstimmig beanstandet worden, daß in den letzten Wochen und Monaten die Ersuchen um Vernehmung. von Abgeordneten als Zeugen durch die beleiligten. Gerichte in einem Umfang an den De e herantreten, daß eine bedenkliche Kollision zwischen dem Jeechlein ereffe und, dem Parlamenksinteresse eintritt; Es kommt bhinzus daß dabei mehr als einmal die dringend erwünschte Präzisierung des Beweisthemas unterblieben ist, und daß die als Zeugen geladenen Abgeordneten tagelang, ja wochenlang ihren parlamentagrischen Ver⸗
lichtungen entzogen worden sind, was namentlich im Fall wichtiger bstimmungen dem 8 . des een , 86 ohne Unter⸗ schied der Parteien, entschieben widerspricht. Der Ge . auszschuß beschloß darum, anläßlich der 6 zur Vernehmung der Abgeorbneten Stampfer ünd Braun, den Justizminister zu er—⸗
J Mit Ausnahme der durch Sperrdruck bervorgehebenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
uchen bei den Gerichtsbehörden darauf hinzuwirken, daß Gesuche um Vernehmung von Abgeordneten als Zeugen außerhalb des Tagungs—⸗ ortes des Parlaments auf das äußerst notwendige Maß, in besonders wichtigen chen unter möglichst präziser Angabe des Beweisthemas und des Vernehmungstages, r werden, und daß die Ver⸗ nehmungen tunlichst an den parlamentsfreien Tagen ö Der Geschäftsordnungsautschuß hat dargufhin heute mit 14 (bierzehn) gegen 6h (sechs) Stimmen folgenden Beschluß gefaßt: . die Genehmigung zur Vernehmung der Mitglieder des Reichstags Silberschmidt, Graß⸗ mann, Schlicke und Giebel wird versagt da das Interesse des Reichs tags an der . der parlamentarischen Pflichten seiner Mit⸗ 86 das Interesse der Rechtsordnung in der Feststellung des im Irsuchungsschreiben des Landgerichts Magdeburg angegebenen Beweis⸗ themas Jm, . 2. Nachdem sämtliche Abgeordnete, deren Zeugen; vernehmung in der Strafsache gegen Rothardt genehmigt worden wat, ausführlich vernommen worden sind, wird die Genehmigung zu weiteren Zeugenvernehmungen dieser Abgeordneten versagt und die Stellungnahme zu etwaigen weiteren Anträgen auf deren Zeugen⸗ vernehmungen zu bestimmten Zeitpunkten über präzise Beweisfragen vorbehalten.
Der Antrag des Geschäftsordnungsausschusses wird ohne Aussprache gegen die Stimmen der Deutschnationalen und der Doll chen Vereinigung angenommen.
Darauf wird die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über den Lehrgang der Grundschu le fortgesetzt.
Abg. Seiffert (Völk. Vereinig) verlangt, daß die besser be— gabten Kinder in einem kürzeren Zeitraum die Grundschule ab— solvieren. Besondere Einschränkungen über den. Begriff „begabt“ dürften nicht gemacht werden. Ein tüchtiger Pädagoge müsse von selbst wissen, ob ein Schüler begabt sei oder nicht. Auch müßten besonders begabte Kinder aus allen Ständen weiter unterstützt werden. Auch aus öffentlichen Mitteln seien Gelder dafür zur Verfügung zu stellen. Die Schulstiftungen müßten besser fundiert werden Ueber⸗ haupt müsse alles getan werden, um die Schulen wieder aufzubauen und Lücken auszufüllen.
⸗ Abg. Fleiß ner (Soz.) begründet inebesondere den sozial⸗ demokratischen Gesetzentwurf, wonach die Dauer der Grundschule sechs Jahre betragen soll. Zumindest müsse aber jede Verkürzung der Dauer des Lehrgangs der Grundschule, von mindestens vier Jahrxes— klassen unstatthaft sein. Schulkinder, die auf Grund des Grundschul⸗ gesetzes vom Besuch der Grundschule befreit seien, müßten auch von dem vorzeitigen Ueberkritt an die mittleren und höheren Schulen ausgeschlossen sein. Daß die Lehrer gehört werden sollten, sei nur eine schöne Geste. Warum verlange man nicht die „Zustimmung“ der Lehrer? Bei der Beratung des Grundschulgesetzes sei man sich über zie Dauer des Lehrgangs von vier Jahren völlig einig gewesen. Die Bestrebungen auf Verkürzung seien erst in letzter Zeit auf— getreten. Dagegen sei schon damals der Gedanke des sechsjährigen Lehrgangs in die Debatte geworfen worden. Auch die neueren Richt— linien des Ministeriums des Innern sagten nichts anderes, als was man damals mit dem Grundschulgesetz gewollt hahe, nämlich die einheitliche Grundschule, für die damals auch Herr Dr. Runkel als Pädagoge vorbehaltlos eingetreten sei. Welche anderen als pädago— gischen Einflüsse jetzt auf ihn sich geltend gemacht hätten, lasse er dahingestellt. (Widerspruch des Abg. Runkel) Wenn wir jetzt einige wenige Ausnahmen von dem vierjährigen Lehrgang machten, so würden diese Ausnahmen mit der Zeit immer größer und schließlich zur Regel werden. Statt dessen sollte man die Grundschule zu ver⸗ bessern fuchen in fortschrittlichem Sinne, indem man die Klassen vbermehre und die Klassenfreguenz herabsetze. Hinter den Verschande— lungsversuchen ständen lediglich Standes. und Berufsinteressen. Habe doch die Rechte den Antrag seiner Partei abgelehnt, daß den befähigten Kindern unbemittelter Eltern mit Stagtsmitteln weiter geholfen werden solle. Wo sei da ihr soziales Gewissen? Man möchte die Möglichkeit schaffen, das Grundschulgesetz zu umgehen. Der Deuktsche Lehrerverein habe in seiner Eingabe dringend darum gebeten, die Anträge auf Differenzierung der Grundschule abzulehnen und die Grundschule vollkommen durchzuführen. Ebenso entschieden habe sich eine Reihe lokaler Lehrervereine ausgesprochen. Alle diese Be— schlüfse der Lehrer seien von schwerer pädagogischer Sorge getragen und müßten für uns maßgebender sein, als die Bestrebungen außen stehender Kreise. Gegen diese Bestrebungen protestiere seine Fraktion im Ramen der Kinder, der Eltern und des gesamten Volksschulwesens.
Vertreter der preußischen Unterrichtsberwaltung, Dr. Käst ner: Es sollte doch möglich sein, hier eine Einigung wenigstens dahin festzustellen, daß eine weitere Beunruhigung der Grundschule fern, gehalten und ihr eine ruhige Entwicklung einigermaßen gewährleistet wird. Die immer wiederkehrende Beunruhigung der Grundschule ist auf die Dauer unerträglich. (Schr richtig links.) Ich nehme an, daßz wir darin einig find, daß die Grundschule vierjährig ist und bleibt Die Abag. Mumm und Runkel haben ja festgestellt,
daß sie die vierjährhe Grundschule vollkommen anerkennen und
ihnen nicht daran liegt, sie zu durchbrechen. Die preußische Unter⸗
richtsperwaltung hat den Wunsch, daß die Grundschule ungestört wel erarbeiten kann; sie bringt ihr ein ganz besonderes Verständnis, ja sogar Liebe entgegen, weil von der Entwicklung der Grundschule auch die Entwicklung der Volksschule abhängt. Die Entwicklung der Grundschule ist noch nicht abgeschlossen, infolge der vielfachen Störungen läßt sich ein abschließendes Urteil über die Entwicklung der Grundschule noch nicht abgeben. Im Dezember 1923 hat der
damalige preußische Unterrichtsminister noch einmal eine Ausnahme
von der Grundschule zugelassen, aber in seinem Erlaß klar aus— gesprochen, daß es sich nur um eine Notstandsmaßnahme handele, um Uebergangsschwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, daß es aber ausgeschloffen sei, diese Maßnahmen in den kommenden Jahren zu wiederholen, sowie daß diese Ausnahme in keinerlei Zusammenhang mit den Bestrebungen stände, die die vierjährige Dauer der Grund— schule antasten wollen. Die preußische Unterrichtsverwaltung hat seitdem jede weitere Ausnahme abgelehnt und lehnt auch heute die Schaffung von besonderen Einrichtungen in der Grundschule ab, da sie den einheitlichen Organismus zerstören würden. (Sehr richtig! links. Äuch der Unterrichtsausschuß des Preußischen Land⸗ tags hat alle Anträge auf besondere Einrichtungen in der Grund⸗ schule, abgelehnt. Die preußische Unterrichtsverwaltung steht ein wandsfrei auf dem Boden des Rechts; sie hat sehr eingehend die Frage des Begabtenproblems in den Kreis ihrer Erwägungen gezogen und ist durchaus bereit, die Mängel, die sich aus einem unnatürlich starren und strengen Klassensystem ergeben, in berechtigtem Maße abzustellen, aber nicht nur für die Grundschule, sondern für die ganzen Schulen überhaupt, einschließlich der mittleren und höheren Schulen Gewiß gibt es einzelne begabte Kinder, aber es sind doch mmer einzelne Ausnahmefälle, denen durch eine vernünftige Schul⸗ leitung schon jetzt entsprochen werden kann. Die preußische Unter = richtsberwaltung würde Wert darauf legen, dem vorliegenden Gesetz= entwurf eine solche Fassung zu geben, daß er sich nur auf die Aus⸗ nahmefälle von befonders begabten Kindern bezöge. In diesem Sinne lautet auch der Beschluß des Preußischen Landtags, der die Anträge auf Schaffung besonderer Einrichtungen abgelehnt und nur den Zentrümsantrag angenommen hat, wonach geistig und körperlich besonders leistungsfähige , ,, dreijährigem Grundschulbesuch zur Aufnahmeprüfung für die mittleren und höheren Schulen zu⸗ gelasszn werden 6. ; bg. Neubauer (Komm.) bezeichnet die Gesetzentwürfe als
ein Mufterbeispiel parlamentarischer Demagogie. See verschleierten, was ihr Inhalt bezwecke. Die Gesetzentwürfe seien überschrieben als Entwürfe eines Gese tze zur Regelung der Dauer des Lehrgangs der Grundschule. In e, . müßte die Ueberschrift Entwürfe eines Gesetzes zur Beseitigung der Grundschule lauten. Das alles wäre Verschleierung des reaktionären Charakters des Vorstoßes. Die höheren Schulen der besitzenden Klassen sollten lediglich in ihren Grundlagen befestigt werden. Dieser Gesetzentwurf, wie ihn der Aus⸗ ß zusammengebaut habe, sei tpisch für die parlamentarische Arbeit. während der erste Abfatz des 8 1 eine Verbeugung vor der Grund⸗
schule hi stelle der zweile Absatz des 8 1 einen direkten Umstoß des ersten Absatze dar Man wolle die Kinder der Bourgeoisie von den Kindern des Proletariats absondern. Der Begriff Leistungsfähig⸗ keit würde für die Bourgeoisie von ihren Haugärzten nach bekannten Mustern sehr weit ausgelegt. Die gestellten Anträge hätten keinen
N35 sondern einen politischen Zweck. In den Wohnhöhlen
der Großstädte könne das Kind des Proletariats . nicht so gut
edeihen, daß es mit dem Kinde des Bourgeois, das alle Annehmlich⸗ eiten des Lebens habe, konkurrieren könne. Die besitzenden Klassen könnten ihren min derbegabten Kindern reichlich Nachhilfeunterricht gewähren. Die Trennung zwischen begabt“ und „unbegabt“ sei absolut nicht gufrechtzuerhalten. ie stelle lediglich eine Maske dar, hinter der sich der eigentliche Zweck verberge, die Kinder der Bourgeoisie 9 früh wie möglich von denen der Arbeiterklassen ab— zusondern. ie Folge wäre, daß die Kinder des Proletariats und ihre Schulen als Pariaschulen behandest und die Schulen der Bourgeoisie nach allen Kräften gefördert würden. Das zeige die Statistik, die ungeheure Unterstützungen in dieser Beziehung auf— weise. Die Sozialdemokratie habe mit ihren Abänderungsanträgen noch nicht 1 wie töricht es wäre, innerhalb dieses Gesetzes solche Reformen in der kapitglistischen Rehuhlit zu machen.
Abg. Antonie Pf ülf (Soz) ist der Auffassung, daß die Ssung dieser Schulfragen vom pädagogischen Standpunkte aus und im Inter⸗ esse des ganzen Volkes erfolgen müsse, Im zweiten Schuljahre könne noch keine besondere Begabung festgestellt werden. Eing Unter⸗ , in der Intelligenz in diesem Lebensalter sei ein Ding der anmöglichkeit, und es wäre selbst nach sechs Schuljahren nicht leicht eine gute Trennung herbeizuführen. Aus diesen Gründen hätte 6 die sozigldemokratische Fraktion auf sechs Schuljahre festgelegt. ie vierte Grundschulklasse dürfe nicht gefährdet werden, sie müsse auf jeden Fall , ,. werden.
In der Abstimmung wird unter Ablehnung aller übrigen Anträge nach dem Antrag der Rechten, des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei für 5 1 folgende Fassung be⸗ schlossen:
„Der Lehrgang der Grundschule umfaßt 4 Jahresklassen Siren, Im Einzelfalle können besondere leistungsfähige Schulkinder na Anhören, des Grundschullehrers unter, Genehmigung der Schul⸗ au fsichtsbehörde schon nach dreijähriger Grundschuspflichtzeit zur Auf⸗ nahme in eine mittlere oder höhere Schule zugelassen werden“ Abg. Antonie Pfülß (Soz.) befürwortet sodann einen Antrag ihrer Partei, wonach als s 2 eingefügt werden soll, daß die Lebens⸗ haltungs⸗ und Bildungskosten für diese besonders leistungsfähigen Schulkinder in vollem Umfange von Reich und Ländern zu tragen sind, wenn diese Schulkinder n, der wirtschaftlichen Lage ihrer Eltern nur Volksschulbildung erhalten würden. Rednerin begründet den Antrag mit der Notwendigkeit des sozialen Ausgleichs.
Abg. Roenneburg (Dem) stimmt diesem Antrag zu. Es dürfe , in die Kindesseele der Klassen⸗ und Kastengeist gelegt werden. Wenn der Antrag, für den auch seine Partei . nicht angenommen werde, möge das Haus wenigstens der Entschließung zustimmen, die seine n beanlrage, daß die Reichsregierung eine Vorlage in dieser Richtung machen möge.
Abg. Dr. Schreiber (entr) weist darauf hin, daß seine Partei grundfätzlich dem Gedanken zustimme, für begabte Kinder dem Gedanken „freie Bahn dem Tüchtigen“ sozialpädagogisch und finanziell Raum zu geben. Aber dafür müsse ein direkter Weg beschritten werden, in dem man die Mittel für Erziehungsbeihilfen beim Etat des Reichsministeriums des Innern erhöhe. Die, Anträge Dittmann und Roenneburg entbehrten jeder rechnerischen Grundlage und seien deshalb abzulehnen. Im übrigen habe gerade die Weltanschanung seiner Kreise hohe kulkurelle Institutionen entwickelt, in denen stets m Rahmen einer Auslese der tüchtigen Kräfte aus allen Volks— schichten Mittel für hohe kulturelle Zwecke eingestellt worden seien. So hätten die Missionen begabte junge Leute aus allen Volkskreisen für kulturelle und vaterländische Ideen zu sammeln und zu erziehen verstanden. (Beifall.)
Abg. Hoern le (Comm) bemerkt, daß ganz klar geworden sei, daß man ein Privilegium für die Kinder der begüterten Klassen schaffen wolle. An dieser Art Auslese der Kinder sich zu beteiligen, hätten die Arbeiter kein Interesse. Die heutige Schule könne die wirkliche Begabung gar nöchtz feststellen, diese Auslese sei ein rein formales, mechanisches 8 , Redner bringt Beschwerden über bie Vernachläffigung der Volksschule und über Mißhandlungen von Schulkindern bor. Es handle sich gar nicht um eine Auslese wirklich begabter Kinder, sondern darum, daß die Kinder der begüterten Klassen zu zuverlässigen Stützen der Inkeressen dieser Klassen erzogen werten.! Die Kom muniftische Partei werde trotzdem dem soůpial⸗ demokratischen Antrag zustimmen, damit auch den Proletarierkindern der Aufstieg ermöglicht werde. . -
Abg. like Scheidel (D. Nat. ist der Meinung, man stehe der Frage der Begahtenauslese hier im Hause viel ü theoretisch gegen⸗ über? Die Berliner Schulverwaltung gewähre auf Antrag den Kindern von Eftern mit weniger als 1500 46 ohne weiteres Schulgeldfreiheit. Die Koften für die mittellosen Schulkinder dem Staate aufzubürden, gehe aber zu welt. (Die Rednerin wird durch häufige Zwischenrufe der Linken 'unterbrochen. Einen Zwischenruf der Abg. Pfülf (Soz.): „Gewissenlofer Blödsinn“ weist. Vizepräsident; Dr. Bell als un⸗ parlamentarisch zurück. Im Reichstag werde niemals Blödsinn geredet. — Stürmische Heiterkeit und Widerspruch) Wir sind durch aus bereit, fur die Unterstützung mittelloser begabter Kinder ein— zutreten. (Beifall rechts.)
Aba. Ko rel! Dem) weist die vom Abg. Hoernle gegen, die Volksschullehrer erhobenen Vorwürfe zurück. Es sei eine Tragödie, daß manches begabte Kind vom Lande keiner höheren Bildung teil. haftig werden könne, weil die Mittel dazu fehlten Er beneide darum die katholische Kirche um ihre vorbildlichen Einrichtungen. Die Bitt, und Bettelgängen um Stipendien seien besckämend und de⸗ mäütigend. Der Redner hat seine Kinder freiwillig vier Jahre in die Volksschule gefchickt und damit die besten Erfahrungen gemacht. Man soll daher dem sozialdemokratischen Antrag und der demo⸗ kwatischen Entschließung zustimmen. ; . .
Abg. Hoern ke (Comm) stellt die russische Volksschule ind Pädagogsk der deutschen als Muster hin, (Heiterkeit.) .
bg. Dr. Runkel ( D. Vp.) bezeichnet den sozialdemor atischen Antrag als eine Geste nach außen. In dem großen sozialen Gedanlen fei ran sich ja einig. Man muͤsse aber wenigstens einen finanziellen Ueberschlag und einen ,, , haben.
Die Ickocort nete Pfülf (Soz.) beantragt Vertagung der Weiterberatung bis zum Vorliegen der notwendigen finan⸗ ziellen Unterlagen. Ber Antrag wird abgelehnt. Der Antrag Pfülf, die Kosten für besonders leistungsfähige Schulkinder auf den Staat zu übernehmen, wird gleichfalls abgelehnt.
Das Gesetz soll am 1. April 1925 in Kraft treten. Die Abgeordnete R fülf (Soz.) beantragt als Termin des In⸗ krafttretens den 1. April 1926. .
Der Abgeordnete Neubauer (Komm.) verlangt eben⸗ , Hinausschiebung des f nr, des Gesetzes, da seine Einführung in wenigen Tagen chultechnisch nicht möglich sei. Der Antrag der Regierungsparteien, wonach das Gesetz mit dem Tage ber Verkündung in Kraft tritt, wird angenommen.
Abg Dr Schwarz (Comm.) bezeichnet das Gesetz als gegen die Verfaffung derstoßend. Schon, in der Ueberschrift liege eine unerkörte Demogogie und Heuchelei, Das Gesetz sei ein verfassungs— gründendes Geseßz und müffe mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden. Er stelle den Antrag, das Gesetz zu bezeichnen als „Gesetz zur Besestigung der Grundschule“.
Der Antrag Schwarz wird abgelehnt und der Gesetz⸗ entwurf, betreffend den Lehrgang der Grundschule, in zweiter Lesung angenommen. ö
Es folgt die Beratung des Gesetzentwurfs wegen der Ver⸗ einbarung über die Erteilung von Rheinschiffer⸗ patenten.
Abg. Dr Most (D. Vp) äußert Bedenken gegen die Verein⸗ barung, weil die Erfordernisse an die Rheinschiffer traßz; der Schwierigkeit der Rheinschiffahrt stark herabgesetzt werden. Dadurch werde die Verkehrssicherheit auf dem Rhein gefährdet. Die Be= denken seien auch von dem deutschen Sachverständigen erhoben worden. Es sei bedauerlich, daß diese Bestimmungen durchgeführt werden müssen auf den Wunsch Frankreichs, das nicht über genilgend
ausnebildetes Schiffchersonal verfüge. Die deutsche Regierung habe ich jahrelang gesträubt, die Vereinbarungen zu unterzeichnen. Auf rängen der deutschen Vertreter sei dann eine Klausel aufgenommen worden, wonach die Vereinbarungen nur für zwei Jahre gelten und dann einer Nachprüfung unterzogen werden sollen. Den Redner erklärt, daß seine Partei der . keine Schwierigkeiten be⸗ veiten wolle, aber ausdrücklich betonen müsse, daß sie nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, die nicht nur der Form nach erfolgen dürfe, den Vereinbarungen zustimmen könne. Die Vorlage wird in zweiter und dritter Lesung an⸗ genommen. Gemäß den Anträgen des Geschäftsordnungsausschusses oll der Reichstag die Genehmigung versagen zur Strafver⸗ olgung des Abgeordneten Dr. Kanzler (Komm.) wegen ötigung, Bedrohung und groben Unfugs in einem Lokal in Offenburg und des Abgeordneten v. Graefe (Völk. Vereinig.) i gegen das Reichsnotgesetz vom 24. Fe⸗ bruar 1923.
Der Herichterstatter Abg. Sachs (D. Nat) fügt im ersteren Fall . Befürwortung des Ausschußantrags als Abgeordneter die Bemer⸗
ung hingu, daß er in diesem Falle auf einem anderen Standpunkt als die Mehrheit des Ausschusses stehe und die Genehmigung zur Straf⸗ verfolaung für angebracht halte, denn der Abg. Kenzler habe sich in einem Lokal so ungehbrig benommen, daß der Wirt rief: Solche deute gehören nicht in das Parlament, sondern in den Schweine⸗ stall !“, und er (Kenzler) habe sich dabei sogar auf seine Immunität als
eordneter berufen.
Den zweiten Fall schildert der Berichterstatter Abg. Tevi (Sez) so, daß der Abg. ven Graefe mit Parteifreunden unter dem Einfluß des Alkohols ein Lokal in Charlottenburg nach der Polizeistunde anter Berufung auf seine Immunität nicht habe verlassen wollen.
Abg. von Graefe (Völk. Vereinig.) beschwert sich darüher, daß der Ausschuß ihn oder seine Parteifreunde über den Fall nicht Kefragt, habe. Es handele sich um eing böllig falsche Anzeige eines , , Es sei nicht wahr, daß sie das Lokal auf die Auf-
rung nicht hätten verlassen wollen. Als der Beamte aber sagte, er müßte sie eventuell verhaften, sei ihm gegntwortet worden, das sei nickt nötig, sie hätten als Abgeordnete Ausweise.
Abg. Stoe cker (Komm.) wirft den anderen. Parteien harisäertum vor. Im Preuhischen Landtag sei ein deutschnationaler geordneter in, elner Nachtsibung total besgsfen gewesen. (Der
Präfident rügt diesen Ausdruck) Auch im Reichstag sei einmal in
prominentes Mitglied der Soꝛigldemokratischen Partei beseffen
umhergetaumest. er Präfident rügt wiederum den Ausdruck) Man
. beim Reichsbannerpräsidium sich nach diesem Herrn kundigen
Der Abg. Kenzler (Komm) bestreitet entschieden die Vor⸗ fälle in Sfsenburg. Der Staatsanwalt in Offenburg habe offen erklärt, daß er gegen den Abg. Kenzler vorgehen wolle, eben weil er ein Kommunift sei. Die Kommunistische Partei sei gegen den Alkoßolismus, der von der Rechten stets unterstützt werde.
Abg. Kopsch (Dem) erklärt, es sei auf die Dauer nicht möglich, die bisherigen Grundsätze des Geschäftsordnungsausschusses, bie auf Versagung der Genehmigung zur Strafverfolgung hinaus⸗ Riefen, aufrechtzuerhalten. Die Immunität sei gegeben, um politische
Schikanen unmöglich zu machen. Es handle sich in den beiden Fällen
am das Anfehen ber Abgeordneten des ganzen Reichs. Die Ab-
geordneten mihsßten die Möglichkeit haben zu heweisen, daß die Vor— würfe unbegründet seien. Der Richter solle jetzt sprechen.
Im Schlußwort stellt Berichterstatter Sachs (D. Nat) fest, daß wohl jeder Angeklagte die Tatsachen abstreite. Die Abstimmungen werden auf Donnerstag vertagt. Das Haus vertagt sich af Donnerstag 1 Uhr: Abstimmungen, ichtspielwesen, Grundschulgesetz, Amnestievorlage. Schluß gegen 7 Uhr.
Freußischer Staatsrat.
Sitzung am 1. April 1925. Gericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.) Der Staatsrat stimmte in seiner heutigen Sitzung zunächst
der allgemeinen Verfügung des Justizministers über die Be⸗
eidigung von Sachperständigen für richterliche An⸗ elegenheiten zu und beschäftigte sich sodann mit den Aus⸗
, , ,, zur Reich sverordnung zur ehebung der dringendsten Woh nungs not.,
Insbesondere soll, um zu verhindern, daß enteignete Grundstücke nicht anderweitig als zu dem bestimmten Zweck verwendet werden, ber Bezirkswohnungskommissar angewiesen werden, bei anderweitiger Verwendung den Eigentümer in den Besitz wieder einzuweisen; in⸗ . entstandene Schäden, Wertminderungen und dergleichen sollen hm in diesem Falle ersetzt werden.
Dr. Steiniger (Arb. Gem.) berichtete über die Ausschußver⸗ handlungen. Der Ausschuß nahm insbesondere den Antrag an, das Hir Enteignungsverfahren wieder auf den Rechtsweg zu verweisen.
ie neuen Vorschriften fehen ferner kurze Fristen für das Enteignungs⸗ verfahren vor und trennen die Preisermittlung von dem Ausspruch der Enteignung. Solange die Bebebungsverordnung bestehen bleibt, soll nach einem Ausschußantrag dafür gesorgt werden, daß Ent⸗ eignungen rückgängig gemacht werden können, sofern der Zweck der Enteignung nicht in angemessener Frist erfüllt wird. Bei der Zu— n,, . der Berufungsbehörden soll nach der Forderung des
utschuffeß an der bisherigen Beteiligung der Interessenten fest— gehalten werden.
Einem Antrag der Arbeitsgemeinschaft, das Staatsministerium möge um möglichst baldige Aufhebung der Behebungsverordnung nach Krästen bemüht sein, wird seitens der Regierung widersprochen, ba im Interesse der Behebung der Wohnungsnot die Behebungs⸗ perordnungen notwendig seien.
Hierauf wurden die Ausschußanträge unter Ablehnung des Antrags der Arbeitsgemeinschaft unverändert angenommen.
Der Staatsrat beriet sobann über den Entwurf eines Er⸗ lasses, der den Privatunterricht in der Mu ik unter neue Bestimmungen stellt.
Der Ausschuß hat in diesen neuen Bestimmungen eine zu starke
Reglementierung gejehen und gefordert, das nur die Auswüchse im rivaten Musikunterrlcht behoben werden; der private Musikunterricht oll in dem Maße zugelaffen werden, in dem ieder Privatunterricht in Sprachen und ähnlichen Lehrgegenständen gestattet ist; der Abschnitt nber Pripatmusiklehrer soll in dem Erlaß gestrichen werden. Die Aussnrache soll später stattfinden.
Gegen Aenderungen des Jagdrechts in einer Reihe
preußischer Landesteile, ferner, gegen Bereit stellung ö Mittel für Kleinb ahnen wurde Einspruch nicht erhohen.
Der Staatsrat trat dann dem Regierungsentwurf über die vorläufige Regelung des Haushalts bei, durch den das Staatsministerlum zu Verausgabung bestimmter Summen in einzelnen Etats vor der Feststellung des ., 1925 ermächtigt wird, und beriet zum Earn eine Reihe von Ab⸗ änderungsvorschlägen zur Geschäftsordnung.
Insbesondere soll ein engerer Ausschuß bestellt werden, der in eiligen und einfachen Angelegenheiten selbständig und endgültig Be⸗ schlässe fassen darf. Auch soll eine Bestimmung autgenommen werden, durch die auf eine rechtzeitige Vorlegung der Entwürfe durch die S nalsregierung hingewirkt werden wird.
Nächste Sitzung: Donnerstag, 11 Uhr.
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Freußischer Landtag. 30. Sitzung vom 1. April 1925. Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Präsident Bartels eröffnet die Sitzung 18 Uhr 20 Minuten und gedenkt, während sich die Mitglieder des Hauses von den Platzen erheben, des Unglücks bei der Reichswehrz er werde dem Reichswehrminister und den ne , n das Beileid des Hauses übermitteln.
Der Landtag überwies sodann ohne Debatte der Ausschußberatung den Urantrag auf Aufhebung des Be⸗ schlusses des Staatsgerichtshofes, der dem Abgeordneten buch . Tätigkeit als Verteidiger untersagt n. den Antrag, 20 Milllonen zur Förderung des Woh⸗ nungsbaues für kinderreiche amilien zur Verfügung zu stellen, sowie den . Antrag auf Beseitigung der Uebelstände in der trafan st alt (Festung) Gollnow in Pommern.
Der kommunistische Antrag über die Aufhebung der Personalabbauverordnung und Wiederein⸗ stellung der abgebauten Beamten, Ange⸗ ö und Arbeiter wurde dem Ausschußantrag entsprechend abgelehnt.
Das Haus trat hierauf ein in die zweite Beratung der Novelle, die eine höhere Besteuerung des Wander⸗ lagerbetriebes vorsieht.
Nach längerer Aussprache, in der namentlich von den
Rechtsparteien stärkerer Schutz von Handel und Gewerbe . wird und höhere Sätze verlangt werden, um ins⸗ efondere den Ostjuden, die im Wanderlagergewerbe eine roße Rolle spielten, das Handwerk zu legen, wurde die Vor⸗ age in zweiter Lesung angenommen und auch in dritter verab⸗ schiedet. Die Steuer beträgt danach für jede Woche der Dauer des Wanderlagerbetriebes in Orten mit mehr als 100 099 Ein⸗ wohnern 60 Goldmark, in solchen mit mehr als 50 090 bis 100 000 Einwohnern 50 Goldmark, in solchen mit mehr als 10 000 bis 50 000 Einwohnern 40 Goldmark und in Orten bis zu 10 000 Einwohnern 30 Goldmark.
Die Vorlage wegen Bereitstellung weiterer Geldmittel für die Regelung der Hochwasser⸗ Deich⸗ und Vor⸗ flutverhält̃mnisse . oberen und mittleren Oder hat der Ausschuß mit der Aenderung zur Annahme empfohlen, daß statt 3,5 Millionen 3,7 Millionen bewilligt werden sollen. Zur Durchführung der im Gesetz vom 12. August 1905 vorgesehenen Schützbauten usw. sind im 8 noch etwa 10 Millionen Goldmark erforderlich; das
eich beteiligt sich an der Oderregulierung nicht.
Abg. Sim on-⸗-Neusalz (Soz.) wünscht. Beschleunigung der Bauten, insbesondere der Normalisterung des Grünberger Deichs und der Neusalzer Hafenanlagen. Dringend notwendig sei auch der Ausbau des Stauweihers bei ,,
Äbg. Wei ssfermel (D. Nat.) spricht sich gleichfalls für die Vorlage aus, bemängelt aber ihre lückenhafte Begründung. Die Forderung der Beteillgung des Reiches an den Kosten sei voll ge— rechtfertigt, da das Reich auch Vorteil daraus zöge, die Gn ak? allgemein Nutzen habe. Leider müsse die Durchfuͤhrung wichtigster Landeskulturbedürfnisse wegen der Schwierigkeit der Kreditbeschaffung äußerst eingeschränkt werden.
Abg. ECIsner⸗Breslau Gentr) erklärt gleichfalls die Zu⸗ stimmung seiner Fraktion zu dem Ausschußvorschlag und bezeichnet es ebenfalls als unverständlich, daß das Reich sich an den Kosten nicht beteiligen wolle.
ÄÜbg. Metzenthin (D. Vp.) bezeichnet die Anlegung der Tal⸗ sperre in Ottmachau als geboten, weil hier allein das Staubecken einen wirksamen Schutz fuͤr die Oder und für Breslau gewähren könne. Dos Reich müsse das Staubecken bauen, da nicht nur Landes⸗ kulturinteressen, sondern vor allen guch . in Frage ständen. Die Verwaltungen der Wasserstraßen litten heute gußer⸗ ordentlich unter der Spaltung der Kompetenzen zwischen Reich und Ländern.
Abg. Paul Hoffmann (Komm) erklärt, daß man die Mittel sehr bequem erhalten könne, wenn man an den 249 auch von den Sozialdemokraten bewilligten Millionen gründliche Abstriche mache.
Nachdem sich noch die Abgeordneten Herrmann⸗ Breslau (Dem) und Freiherr vx. Wangenheim (Wirtsch. Vereinig; für die Ausschußvorschläge eingesetzt hatten, werden diese in zweiter und anschließend auch in dritter Lesung ein⸗ stimmig angenommen.
Hierauf nimmt das Haus die namentliche Abstimmung über den sozialdemokratischen Antrag, betr., den Abbau von Wahlbeamten, vor. Der Antrag fordert insbesondere schleunigste Vorlegung eines Gesetzentwurfes, durch den der 5 48 der Preußischen Personalabbauverordnung dahin erläutert svird, daß ein Abbau auch bei den Wahlbeamten nur unter den Voraussetzungen des 5 Al des genannten Gesetzes zulässig ist. Der Ausschuß hatte die Annahme empfohlen. Die namentliche Abstimmung ergibt diesmal die Annahme mit 212 gegen 41 Stimmen. Die Parteien der Rechten haben sich an der Abstimmung nicht beteiligt. — Die übrigen Anträge des Aus⸗ schusses, betr. die Einstellung des Personal⸗ abbaues in Preußen, gg een ng der Be⸗ soldungssperre usw., gelangen ebenfalls zur Annahme.
Den Antrag der Deutschnationalen, betr. das staatl iche Gymnasiumin Neukölln, hat der Unterrichtsausschuß in folgender Fassung angenommen: „das Staatsministerium zu erfuchen, zi Sstern 1925 den Wiederaufbau zu veranlassen, wenn bis dahin wegen der Errichtung eines neuen Schul⸗ gebäudes mit dem Magistrat der Stadt Berlin eine Verein⸗ barung zustande gekommen ist“.
Nach einer längeren Aussprache, an der sich die Abgeord⸗ neten Kilian (Komm.), Hildegard 56 che ider 8 Dr. Danicke (Völk. Vereinig), D. Wi derm ann (Itr.), Dr. Schu * (D. Vp) und Dr. Bo hner (Dem) be⸗ teiligen, geht der Antrag zur weiteren Prüfung auf Antrag der Abgeordneten Dr. Wegscheider (Soz.) an den Haupt⸗ ausschuß. ; .
Das Haus trat hierauf ein in die zweite Beratung der Novelle zum ,,,, Die Novelle bringt eine Reihe Aenderungen, die sich nötig machen, um die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen dem Reichs⸗ rahmengesetz anzupassen. Im Ausschuß war man allgemein der Ansicht, daß das grundlegende Gesetz selbst durch ein neues Gesetz geändert werden müsse, da die bestehenden Be⸗ stimmungen allzu große Mängel aufwiesen.
Abg. Borck D. Nat) als Bexichterstatter über die Ausschuß⸗ beschlü . Der Ausschuß hat u. a. die Zulagen, die der Erleichterung des Ueberganges in einen nichtbeamteten Beruf dienen, anders ge⸗ regelt. 6 sollen sich nach den jeweiligen Bestimmungen des Wehrmachtversorgungsgesetzes regeln während der Entwurf bestimmen wollte, daß als Zulage jährlich der boppelte Monalsbetrag des zuletzt
ustänbigen ruhegehaltsfähigen. Dienstein sommens e., wird. erner soll na n Ausschußbeschlüssen, falls das Reich die Aus⸗ zahlung höherer Versorgungsgebührnisse an die ausscheidenden Reichs⸗
wehrangehörigen verordnet, das Staats ministerium ermächtigt sein, eine entsprechende Regelung auch für die Schutzpolizeibeamten vor⸗
zunehmen . . . Abg. Mar ckwald (Soz) führt Beschwerde üben die geringen
Bezüge der Polizeibeamten und fordert eine grundsãtzliche Neun
regelung der gesamten Versorgung der Schutzpolizeibeamten.
Regelung der Wohnungsverhällnisse könne man geradezu Wohnungzs⸗ wucher nennen.
g. Borck (D. Nat) bezeichnet gleichfalls das Versorgungs⸗ gesez in der jetzigen Ferm als untragbar. Die Schutzpolizei dürfe nicht ein Sammelpunkt Arbeitsloser sein, wie sie es schon einmal gewesen sei. Es sei auch nicht angängig. d der Schutzpolizeibeamte nach 12 Dienstjahren sich irgendwo einen Unterschlupf im ae. leben suchen müsse. Dem Wohnungswucher“ abzuhelfen, sei Sache des d,, , n Ministers Severing. Die Schutzpolizei⸗ beamten müßten herausgehoben werden aus dem allgemeinen Be— amtenverhältnis. Die Kasernierung müsse bleiben, damit die Polizei jederzeit cao cha bei Unvuhen zur Stelle sein könne. (Zurufe 14 den Komm.). Die Disziplin dürfe nicht weiter untergraben werden, wie es durch Runge in Halle, durch Lübbring u, a. geschehen sei, (Unterbrechungen bei den Soʒialdemoktatenj. Unerhört sei es auch, daß der Polizeipräsident Friedensburg in Berlin die Absperzungsmaß⸗ nahmen des zuständigen Polizeikemmandeurs guf dem Potsdamer ö. anläßlich der Belsetzungsfeierlichkeiten von Ebert korrigiert habe. lnerhört sei ferner seine Anordnung, daß die Farben derjenigen Pangteien besonders zu schützen seien, die der Republik nahestünden.
Abg. Metzenthin D. Vp; Das böse Beispiel des Herrn Marghwald verdirbt gute Sitten (Heiterkeit), sonst wären wir mit der Sache längst fertig. Es muß eine größere Zahl von Wachtmeister⸗ ellen zur a stehen, auf diesem Wege kommt man in der Besserstellung der Schupobeamten weiter als auf dem Wege der Ver⸗ setzung. Die Anträge der Sozialdemokraten sind rein agitatorisch und leere Gesten, denn wir sind durch das Neichsrahmengesetz für die Schupo jebunden. Von diesem 36 müssen wir w,, . nicht geht, müssen wir ihren Etat verbessern. Leider macht das Reich schon wieder Schwierigkeiten; der Zeitpunkt der Vorlegung der neuen kö sei noch gar nicht absehbar! Bei der . Schutzpolizei gibt es jetzt in der Wohnungsfrage ein Klassenzahlrecht; nicht leder Schutzpolizeibeamte zablt für ein Zimmer den gleichen Betrag. *. die Polizei gibt es nur eine Aufgabe: für WVuhe, Ordnung und Sicherheit zu sorgen; in diesem Sinne ist die Quvertüre des Herrn Friebensburg in Fenn keine glückliche gewesen. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei).
Abg. Kasper (L̃omm.): Im Ausschusse haben sich alle Parteien um die Gunst der Schupo beworben, aber zu Beschlüssen, die ihr wirklichen Vorteil brachten, ist man vor lauter Bedenken nicht ge- kommen. So ging es auch bei der Frage ihrer Eingliederung in das allgemeine Beamtenrechtsverhältnis, da floß selbst die Regierung von Bedenken über. Das Besoldungssperrgesetz haben die Herren von der Rechten im Reichstage wütend bekämpft; jetzt, wo sie die Regierungsgewalt in Händen haben, verlängern sie einfach dieses Unrecht um ein Jahr! Die Novelle häll auch an dem unmoralischen Cheverbot fest. Die Beamtenräte und Beamtenvertretungen der Schupo dürfen sich nicht betätigen; auch an diesem unwürdigen Zustand soll nichts geändert werden, Die Forderung der Ent⸗ kasernierung wird von der Schupo selbst, nicht von irgend einer politischen Partei erhoben. Erst im proletarischen Staat wird die Schupo wirkliche Staatsdienerin sein.
Hierauf wird die Beratung abgebrochen.
Nächste Sitzung: Donnerstag 12 Uhr. Gemeinsame Be⸗ ratung der vom Staatsministerium mit Gesetzeskraft erlassenen Verordnungen, betr. die Verlängerung der Wahldauer der Provinziallandtage und Kreistage, betr. die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des vorläufigen Grundvermögensstener⸗ gesetzes und betr. Neuregelung der Gewerbesteuer.
Schluß 6 Uhr.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Haushaltsausschuß des Reichstags setzte gestern die Beratung des Etats des Reichspostministeriums fort. Abg. Leicht (Bayr. Vp.) wünschte, daß jede Fraktion im Ver⸗ waltungs vat vertreten sein sollte, und begrüßte die Fürsorgemaßnahmen für die Beamten. Die Qbjektivität bei dem Nachrichtendienst ki nur sehr bedingt durchgeführt werden, solange es so viele verschiedene Parteien gäbe; eine Objektivität wäre höchstens möglich, wenn man nur Parteien hätte, die sich so naheständen, wie etwa die Kommu—⸗ nisten und die Völkischen. Cheiterkeit) Die Sonntagsbestellung müßte ebenso wie in Bayern im ganzen Reich eingestellt werden. — Abg. Bender (Soz) wandte sich gegen die Auslegung, die den Reichspostminister dem Beschluß des Kabinetts über die Verkürzung der Dienstzeit gegeben hat, und vertrat den Antrag seiner Partei zugunsten einer Besoldungsaufbesserung für die Gruppen 1 bis VI. Abg. Schmidt -⸗Stettin (D. Nat) bemängelte einen Antrag Morath und Gen, der die Anwendung der Schhisselungsgrundsätze des Haushaltsgesetzes auf die Postbeamten des gehobenen mittlerem Dienftes verlangt. Er sei bereit, den Antrag zu unterzeichnen, aber erft dann, wenn er zahlenmäßig begründet wäre. Die Prüfungen der Post für den gehobenen mittleren Dienst seien nichl so abgelegt worden, wie es die Bestimmungen fordern. Ziehe man für dig Eisen= bahn die Konsequenzen, so koste das 1235 Millionen. — Minister Stingl berichlete über die Anlage der Postgelder. Irgendwelche Gekahrdungen bestünden in dieser Beziehung nicht mehr. Das Post⸗ flyanzgesetz habe sich im allgemeinen bewährt. Eingelheiten könn ten nötigenfalls geändert werden, doch müßte man erst einmal einige Zeit das Gesetz in feiner jetzigen Gestalt bestehen lassen. Zu einer Vor legung von Halbjahrsbarichten sei das Ministerium bereit. Die Gebühren der Post seien unter den Friedenssätzen, an der Kaufkraft des Geldes gemesfen. Die Fernsprechgebühren seien mweimal ermäßigt worden, eine weitere Ermäßigung im DOrtswerkehr würde einen Aus- fall von 141 Millionen bedeuten, den die y nicht tragen könne. Die Ausgaben verteilten sich: 1913 persönliche Ausgaben 7G 7 25. sächliche Nusgaber 39 3 R, 154 und Mö perfenliche Mußggben sy3 und 63.7 23. sächliche Ausgaben 44, und 363 *. Er warne dringend dawor, der Post beim Kraftwagenverkehr Fesseln anzulegen
*
und fie auf die unrentkablen Linien zu beschränken, da die Post diese dann nicht mehr halten könnte. Eine frühere Zustellung der ersten
Post halte er felbst für wünschenswert: man müsse aber für Deckung ker Mehrkosten sorgen. Niemand brauche eine Sorge wegen Ab- schaffung der Sonntagebestellung zu haben. Er glaube aber ag haß man sie auf die Dauer aufrechterhalten könne. Wiꝰderspruch HYeicht! nur in Bavern, fondern auch in. Amerika und, Cmalgnd und in bü'len anderen Ländern bestehe sie nicht mehr. Zum Teil sei sie sehr eingeschränkt. Auch bestehe die Möglichkeil der Abholung. Siebzig Prozent der Sonntagssendungen seien am Montag unan. Fringlich. Das Unangenehmste für die Privatleutz sei, Meifellos das Ausbleiben der Zeitungen. Die finanziellen Ersparnisse würden a (iner ihfchaffung der Sen nhagcbesfellung recht, erheblich sein. Doch sei zurzeit mit einer solcken Abschaffung nicht zu rechnen. Der Minstel ging. dann. uf. Beamtenfragen ein und betonte nsbesondere, daß die Rücküberführung der in die Karteien auf ; genommenen abgebauten Beamten gangestrebt würde, In leinen weiteren Ausführungen agh der Minister alcdann Au fschluß ee. die allgmeinen Personalverhältnisse bei der Post. — Skaatssekretär Sant ker erkläre, daß iceiü 259 neue Wohnungen 8 und für Mö 2400 Wohnungen vorgesehen seien und gab eine Ueben icht ben vie Etatsverhälbnisse. — Abg. Dr. Strathmann ( Nat) empfahl, die Sonn tagshestellua nach dem seil Jahren bewährten Väcbilte Bäverns guch im fibrigen Dentschland abzubauen, und zwar im sozialen Intereffe der Heomten. desonders deg unteren Dienstes. und um die bestehende Ungkeichmäßigkeit zu beiden Seiten der bayerischen Grenze zu heseitigen. Außerdem befürwortete er eine Verhefferung der Lage der unteren Beamten und der Hosta ichen Versotgung des flachen Landes, — Aba. Torgler , . 3 fsagle bie höheren Telephongebühren, die es dem werktãtigen r. Mittelftand nicht erlaubten, sich dieser e bäftsks der nden, inn richtung zu bedienen. Die Bezahlung der Postaushelfer sei ö. * nichrig. Aus diesem Grunde erkläre es sich. wenn die unterer . und in der Kleidung abgerissenen Leute hier und da einmal der 6 uchung nicht standbalten könnten, ihre Not durch here,, 6 zu lindern. Weiter verlengte Redner eine ondere , n. . )
ürgerlichke Einstellung. Das bewesse x ng Schnee bunt Jahreslage der Schlacht bei Tanga, die neuerlich