Artikel 16. (Zu § 35 Abl. 1 und Abs. 2 Satz 1.)
(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, gleichzeitig mit der Ab⸗ führung der Beiträge den Krankenkassen mitzuteilen, welche Benäge auf die Krankenversicherung und welche Beträge auf die Erwerbe— losenfürsorge entfallen. Unterbleibt die Mitteilung so gilt als Bei— trag zur Erwerbslosenfürsorge der Teil des abgeführten Betrags, der zu dem Rest in dem Verhältnis steht, in dem die für die Erwerbs— , zu entrichtenden Zuschläge zu den Krankenkassenbeiträgen
ehen. =
(2) Soweit die Arbeitgeber zur Zahlung von Vorschüssen ver— pflichtet sind (5 403 der Reichsversicherungsordnung, § 93 des Reichs— knappschaftsgesetzes, haben sie auch Vorschüsse⸗auf die Beiträge zur Erwerbslosenfürsorge zu entrichten.
(3) Die Krankenkassen überweisen die vereinnahmten Vorschüsse und Beiträge spätestens binnen drei Tagen nach ihrer Einzahlung oder Gutschrift an die nach 8 35 Abs. 2 oder § 39 empfangsberech— tigte Stelle, sofern nicht abweichende Vereinbarungen getroffen sind oder der Reichsarbeitsminister für die Abführung der Beiträge der Betriebskrankenkassen, der Ersatzkassen oder der knappschaftlichen Krankenfassen Abweichendes bestimmt hat. Unpünktliche Abführung der vereinnahmten Beiträge verpflichtet die Krankenkasse zur Zahlung von Verzugszinsen in Höhe des Reichsbankdiskonts. Zieht eine Krankenkasse die Beiträge schuldhaft verspätet ein, so hat sie bei der Abführung einen Zuschlag in Höhe des Reichebankdiskonts zu ent— richten. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bezeichnete Stelle kann in heiden Fällen einen höheren Zinssatz sestsetzen. Ueber Streit entscheidet endgültig das Versicherungsamt.
(4) Die Krankenkassen überwachen die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Beittäge. Sie verbuchen diese nach näherer An— weisung des Versicherungsamts gesondert und legen der empfangs— berechtigten Stelle bis spätestens zum 15. jeden Monats über die im Vormonat vereinnahmten Beiträge zur Erwerbslofenfürsforge unter Mitteilung der Zahl der Krankenkassenmitglieder Rechnung; auf Verlangen haben sie der empfangsberechtigten Stelle Einsicht in die Bücher zu gewähren. Sie sind berechtigt, Beitragsrückstände nieder— zuschlagen, sofern sie auf die Einziehung der Beiträge fär die Krankenpersicherung verzichten (6) Die Befolgung dieser Vorschriften überwachen bei den Krankenkassen nach der Reichsversicherungsordnung und bei den Ersatz— kassen die Versicherungsämter, bei den Bezirsknappschaftsvereinen deren Aufsichtsbehörden Für die örtliche Zuständigkeit ist der Sitz der Kasse oder der selbssändig ablieserungspflichtigen Zweigstelle (Art. 17) maßgebend. Von allen erheblicheren Anständen in der Geschäftéführung der Ersfatzkassen haben die Versicherungsämter deren Aussichtsbehörden Mitteilung zu machen.
(6) Sofern die Arbeitnehmer bei Ersatzkassen versichert sind, finden auf die Entrichtung des Arbeitgeberanteils der Beiträge die Vorschriften der Neichsversicherungsordnung über die Entrichtung des Arbeitgeberanteils der Beiträge zu den Ersatzkassen entsprechende Anwendung.
(7) Den Krankenkassen werden die durch die Durchführung ent⸗— standenen Kosten ersetzt. Das Nähere bestimmt der Präsident der Reichsarbeitsperwaltung (Reichsamt für Arbeitspermittlung) im Be— nehmen mit dem Präsidenten des Reichsversicherungsamts—
Artikel 17. (Zu § 365 Abs. 2 Satz 2.)
(1) Zweigstellen von Krankenkassen nach dem Reichsknappschafts—⸗ gesetz. Betriebskrankenkassen und Ersatzkassen führen die bei ihnen eingehenden Beiträge zur Erwerhslosensürsorge an die für ihren Sitz empfangsberechtigte Stelle ab. Art. 16 gilt sinngemäß.
(2) Zweigstellen im Sinne bieser Bestimmuängen sind alle Stellen und Personen., denen für einen Unterbezirk die Einhebung der Krankenkassenbeiträge obliegt. Im Zweifel entscheidet die oberste Landesbehörde oder die von ihr bezeichnete Stelle nach Benehmen mit der für die Hauptverwaltung der betreffenden Kasse zuständigen obersten Landesbehörde oder der von dieser bezeichneten Stelle.
(3) Die beteiligten obersten Landesbehörden oder die von ihnen bezeichneten Stellen können Besreiung von den Vorschriften des Abs 1 bewilligen. Die Befreiung hat zu erfolgen, wenn die Er— füllung der Vorschriften mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist Wird ein Befreiungsantrag der Hauptverwaltung einer Krankenkasse abgelehnt, so kann die für diese zuständige oberste Landesbehörde die Enischeidung des Reichsarbeitsministers anrufen.
Artikells. (Zu 5 37.)
Die Gemelnden haben die Mittel der Erwerbslosenfürsorge von sonstigen Geldern getrennt zu verwalten. Soweit die Beiträge und Gemeindeleistungen den Bedarf der Erwerbelosenfürsorge in einer bestimmten Zeit etwa übersteigen, dürfen sie auch später nur für Zwecke der Erwerbslosenfürsorge verwandt werden.
Artikel 19. (Zu § 40 Abs. 1.)
(1) Die öffentlichen Arbeitsnachweise und die Ausgleichskassen rechnen über die Cinnaßsmen und Ausgaben der Erwerbslosensürsorge nach näherer Anweisung der obersten Landesbehörden monatlich nach einem besonderen, von der Reichsarbeitw verwaltung (Reichsamt für Arbeitsvermittlung)! im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde vorgeschriebenen Muster ab. Die obersten Landesbehörden oder die pon diesen bestimmten Stellen übersenden der Reichsarbeitgverwaltung monatlich eine Zusammenstellung dieser Abrechnungsübersichten nach einem besonderen, von der Reichsarbeitsverwaltung bestimmten Muster. Diese Uebersichten müssen auch über die Einnahmen, Ausgaben und den Bestand der Ausgleichs kassen sowie über die sonstigen Rücklagen innerhalb eines Landes Auskunft geben.
(2) Tritt die Beihilsepflicht des Reichs und der Länder ein, so reichen die obersten Landesbehörden oder die ihnen bezeichneten Stellen
ufammenstellungen der Abrechnungsvordrucke für die Arbeitsnachweise gi Bezirks zur Erstattung der Reichsbeihilfe bei der Reichsarbeits⸗ verwaltung ein. Die Vorsitzenden der öffentlichen Arbeitsnachweise haben dabei zu versichern, daß die höchsten, nach 5 34 Abf. 3 und 4 uläfsigen Beiträge erhoben, etwaige Rücklagen erschöpft und von den w die Beträge beigesteuert sind, die diesen gemäß § 37 zur
t fallen.
(3) Die Abrechnungen und Uebersichten sind bis zum 25. des auf den Abrechnung monat solgenden Kalendermonats bei der ohersten Landesbehörde oder der von ihr bezeichneten Stelle und bis zum letzten Tage des auf den Abrechnungsmonat folgenden Kalendermonats bei der Reichsarbeitsverwaltung einzureichen. Die oberste Lankesbehörde oder die von ihr bezeichnete Stelle kann einen früheren Vorlagetermin vorschreiben. Werden die Fristen nicht innegebalten so können Vor— schüsse und Erstattung der Reichs- und Landesbeihilsen versagt werden.
(4) Die Reichsarbeitw verwaltung hat den Ländern auf Antgag Vorschüsse für einen angemessenen Zeitraum zu gewähren. Die An— träge sind zu begründen. Uebersteigen die Vorschüsse den wirklichen Bedarf, fo hat das Land den Mehibetrag zurückzuerstatten.
Artikel 20.
Die Artikel 7 und 9 treten am 1. Mai 1925, die übrigen Be⸗ stimmungen am 1. Juni 1925 in Krast. Mit dem 1. Mai 1928 treten die Artikel 4 und 5, mit dem 1. Juni 25 die übrigen Be⸗ stimmungen der Ausführungsvorschristen zur Verordnung über Er⸗ mne vom 25. März 1924 (RGBl. 1 S. 376) außer
raft.
— —
Die Reichs indexziffer für die Lebenshaltungskosten im April 1925.
Die Reichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten (Er⸗ nährung. Wohnung. Heizung, Beleuchtung, Bekleidung und „Sonstiger Bedarf“) beläuft sich nach den Fesistellungen des Statiftischen Reichsamts für den Durchschnitt des Mongts April auf 136,7 (gegen 1360 im Vormonat). Sie hat sich
sonach um O05 vH erhöht. Nach der alten Methode würde sich die Indexziffer für den Durchschnitt April auf 126,8, sonach um (0,9 vH höher als im März (125,7) stellen. Berlin, den 2. Mai 1925. Statistisches Reichsamt. J. V.: Dr. Platzer.
Bekanntmachung
über Uebernahmepreise für Branntwein und Monopolausgleich.
Auf Grund der am 26. März 1925 von der Reichs⸗ monopolverwaltung gemeinsam mit dem Beirat gefaßten und durch Reichsratsbeschluß vom 30. April 1925 — 8 260 der Niederschriften — abgeänderten Beschlüsse wird in Abänderung der Befanntmachungen vom 31. Oktober und 17. Dezember 1924 und 27. März 1925 folgendes bekanntgegeben:
Zu Ziffer 1 Für den vom 1. Juni 1925 ab hergestellten Branntwein beträgt 1. der Wianntweingrundpreis ö 30, — RM 2. der Zuschlag um Grundpreis für Branntwein a) der unter Gewinnung von Hefe im Würze— verfahren hergestellt ist ( K . b) aus Wein . . J e) aus Kirschen, Himbeeren, Brombeeren oder Heidelbeeren 6 —— d) aus Pfirsichen. Aprikosen. Zwetschgen, Pflaumen, Mirabellen Schleben, Vogel⸗ beeren Holunderbeeren, Wacholderbeeren oder Enzian . für das Hektoliter Weingeist. Für den vom 1 Juni 1925 ab aus Mais hergestellten Brannt— wein wird ein Zuschlag zum Grundpreis nicht gewährt. 3. Der Abzug vom Grundpreis für Branntwein aus anderen, vorstehend unter Zb, e und 4 nicht genannten Ohbststoffen JI 22, — RM für das Hektoliter Weingeist. 36 3iffer 1. Vom 1. Juni 1925 ab beträgt *“ 1. der regelmäßige Monopolausgleich, a) wenn er von der Weingeistmenge zu be— rechnen ist (6 152 des Gesetzesz? .. . für ein Hektoliter Weingeist, b) wenn er von dem Gewichte zu berechnen ist (6 153 Abs. 2 des Gesetzes) 1. hei Likören und anderen weingeisthaltigen Erzengnissen .. . J . 2. bei Arrak, Rum und Kognak .. 3. bei anderem Branntwein... für einen Doppelzentner. 2. Der besondere ermäßigte Monopolausgleich (5 152 in Ver⸗ bindung mit 5 92 Abs. 2 des Gesetzes), a) wenn er von der Weingeistmenge zu berechnen ist 170, — RM für ein Hektoliter Weingeist, b) wenn er von dem Gewicht zu berechnen ist (6 153 Abs. 2 des Gesetzes) . . n für einen Doppelzentner. Berlin, den 1. Mai 1925. Reichs monopolverwaltung für Branntwein. Nebelung.
1, — b0. —
.
460, — RM
270, — 360. — 450, —
Verbot von Bildstreifen. „Das goldene Tor der Träume“, 5 Akte, 1393 m, Ursprungsfirma „Robertson Cole Preduction. Amerika, Antragsteller: Siegel⸗Monopolfilm, Dresden⸗A. Prüf⸗ nummer 10 373. „Der Gefangene in den Cordilleren“, 8 Akte, 2327 m, Ursprungsfirma: Pathé exchange. Amerika, Antragsteller: Alböfilm (Althoff⸗Böcker), Berlin, Prüf⸗ nummer 10 348. Berlin, den 1. Mai 1925. Der Leiter der Filmoberprüfstelle. Dr. Seeger.
Bekanntmachung.
Der Württembergischen Hypothekenbank in Stuttgart wurde die Genehmigung erteilt, weitere Sprozentige Goldpfandbriefe auf den Inbaber im Gesamtbetrag von 5 Millionen Goldmark in den Verkehr zu bringen.
Stuttgart, den 29. April 1925.
sinisterium des Innern. J. V.: Haag.
Preus en.
Ministerium des Innern.“
Das Preußische. Staats ministerium hat den Ober⸗ regierungsrat Grzesinski zum Polizeipräsidenten in Berlin ernannt.
Der Regierungsrat von Breitenbach ist zum Landrat in Limburg, der Regierungsrat Dr. Creutz zum Landrat in Adenau und der Regierungsrat Dr. Nordbeck zum Landrat in Göttingen ernannt worden.
Ministerium für Wissenschaft, Kun st und Volksbildung.
Der Unterstaatssekretär a. D. Dipl.⸗Ing. Professor von Moellendorff ist zum Direktor des Staatlichen Material⸗ prüfungsamts ernannt worden. Die bisher auftragsweise ge⸗ führte Leitung des Amts ist ihm daraufhin endgültig über⸗ tragen worden.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Der Königlich dänische Gesandie Zahle ist nach Berlin zurückgetehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte Vertreter (Botschafter) der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Krestinski hat Berlin ver— lassen. Während seiner Abwesenheit führt der Botschaftssekretär Jakubowitsch die Geschäfte der Botschaft.
Deutscher Reichstag.
51. Sitzung vom 2. Mai 1925, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger “).]
Am Regierungstische: Reichswirtschaftsminister Ne u⸗ haus. .
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Minuten und gedenkt zunächst des furchtbaren Eisen⸗ bahnunglücks, dem in der Nähe von Preußisch-Stargard etwa 30 Menschenleben zum Opfer gefallen sind.
Die Ursachen seien noch nicht vollkommen aufgeklärt, man er⸗ warte aber die Aufklärung durch eine gengue Untersuchung. Ihren Geschäften nachstrebend, seien diese armen Leute mitten in der Nacht in einem verhängnisvollen Augenblick vom Tode k worden. Ein jeder werde sich das düstere Schicksal der von der Katastrophe Betroffenen ausdenken lönnen. Der Reichstag nehme teil an der Trauer und werde bemüht sein, die durch das Unglück hervorgerufene Not und die Folgen abzustellen. Plätzen.)
Die zweite Lesung des Haushaltsplans „Reichswirtschaftsministerium“ wird darauf fortgesetzt.
Abg. Schlack (Zentr) erkennt an, daß die deutsche Wirtschast unverkennbare Fortschritte gemacht hat, aber sie befindet sich noch immer im Zustande der Beunruhigung. Sie ist zu einer Binnen wirtschast geworden, weil die deutschen Waren in weitem Maße vom Auslandsmarkt verschwunden sind. In der Inflationszeit sind die deutschen Güter verschleudert worden. Dafür müssen wir jetzt die Folgen tragen. Die deutsche Wirtschaft wieder leistungsfähig. zu machen, ist eine Hauptaufgabe der Reichsregierung und des Reichs tags. Solange die Grenzen besetzten deutschen Gebiets nicht in das deutsche Zollgebiet einbezogen werden, wird die Beseitigung unserer passipen Handelsbilanz unmöglich sein. Deutschland muß leider ent
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muß da die Parole der Wirtschaft sein.
land liegt zurzeit so, daß sie, falls nicht eine di
tritt, zu einer Degeneration weiter Schichten des ĩ ͤ Die Gewinnquote muß auf das geringste Maß herabgesetzt werden, um die Lohnhöhe nach Möglichkeit zu perbessern. Die Stärkung der Kaufkraft der großen Massen des Volkes ist die. wichtigste Aufgabe der deutschen Wirtschaft. Die Existenzen im. Zwischen handel, die aus anderen Verufen gekommen sind, müssen wieder hingus; sie wirken nur preisberteuernd. Die Organisation des deutschen . muß die Frage prüfen, wie man ihm den Auslandsmarkt erschließen kann. Das Wirtschaftsministerium muß das Handwerk Hierbei tat⸗ kräftig unterstützen. Außerordentlich wichtig ist auch der Ausbau und die Stärkung des deutschen Genossenschaftswesens, Star ung nn Landwirtschaft, Industrie und Handmerk kommt dem ganzen. Volle zugute. Vor allem ist auch politische Beruhigung ersorderlich die polltischen Krisen müfen endlich beseitigt werden; dann wird auch das deutscke Wirtschaftsleben wieder aufblühen. . .
Abg. Havemann (D. Vp: Der Minister hat sein Interesse für die Mittelstands und Handwerksfragen bekundet; boffentlich warden? nun stärker als bisher die Belange des Mittelstandes und des Handwerks gefördert. Verhilligung der Kohle, der Frachten, der elektrischen Kraft sind Mittel dazu. Die Erhöhung der n. tarife auf den Eisenbahnen sind auch für die Wirtschaft von großer Bedeutung, da viele Geschäftsleute reisen müssen. Der Neichs. verband des Deutschen Handwerks sollte bei allen einschläg gen Fragen von den Behörden mehr befragt werden; im Wasserst raßen⸗ beirat ist er z. B. nicht vertreten. Ein dringendes Erfordernis ist auch für das Handwerk die Herstellung von Dualitatsar heit. Im Handwerk ist der Prozentsatz des Nachwuchses für die Auchildung zum Qualitätsarbeiter noch stärker als in der Industrie, In dem bevorstehenden Entwurf eines Gesetzes über die Berufsaugbildung darf der Handwerksmeister für die dehrlingsausbildung nicht über- ehen werden. Die erhöhte Umsatzsteuer für Lunusartikel muß be⸗ . werden. Die Beteiligung des Handwerks an den Messen zeugk von dem Bestreben, durch die Herstellung von Eyportwaren in die Weltwirtschaft hineinzukommen, aber vor allem muß der in— ländische Markt erhalten bleiben. Die Länder müssen angehalten werden, für die Kunstgewerbeschulen mit allen Mitteln zu sorgen. damit wieder Kunst und Handwerk in die frühere enge Verbindung miteinander gebracht werden. Auf die Reichshandwerksgrdun warten wir seit Jahren, sie ist längst versprechen aber vorläufig jeg nur ein Referenlenenfwurf vor. Mit den alten Theorien Schmellers und anderer über die Bedeutung des Handwerks muß aufgeräumt werden, die Volkswirtschaft muß jetzt andere Wege gehen. Im Reichswirtschaftsministerium muß ein Mann — ob Staats selretãr oder Ministerialdirektor, ist uns gleichgültig — besonders mit den Handwerksfragen beauftragt werden, aber es muß ein Mann. sein, der sich auch durchsetzen kann. Die Kapitalnot des Mittelstands ist bekannt; wir haben beantragt, daß dem Handwerk 30 Milli ohen Kredit zur Verfügung gestellt werden sollen, und zwar aus den Be⸗ ständen der Reichspost und zu einem billigen Zinsfuß. Teueres Geld kann überhaupt nicht genommen werden. Die Genessenschaften bigten eine hinlängkiche Garantie für die Sicherheit des Geldes. Der. Abg. Simon (Soz.) hat kürzlich behauptet, daß das Handwerk in seinen Preisen auf die Löhne 100 vH aufschlage und dann noch 50) vo Üͤnkosten berechne; er sollte aber gerade als Sachperständiger m ssen, daß mit 1069 vH im Handwerk die Unkosten vielfach noch nicht de deckt sind. Das Verdingungswesen muß endlich geregelt werden. Die Preistreibereiverordnungen und die Preisprüfungsstellen müssen möglichst bald aufgehoben werden. Das geht, in gleicher Veise Handwerk und Handel an Wir haben noch immer, 1709 Preis- prüfungsstellen, die keine Bedeutung mehr haben, da die Konkurrenz so stark ist, daß alle Preise so niedrig wie möglich gehalten werden müffen. Das Wandergewerbe hat einen Umfang angengmmen wie man ihn nicht für möglich gehalten hätte; der Straßenhandel muß auf steuerlichem Wege möglichst eingedämmt werden, eine Ausnahme könnte nur zugunsten derjenigen gemgcht werden. die aus Not zu diesem Handel gerieben werden. Möge auch für das Handwerk wieder eine bessere Zeit kommen! (Beifall rechts) .
Abg. Koenen (Komm): Man spricht vom Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft: er soll trotz aller Differenzen zwischen den Parteigängern von Marx und Hindenburg im Zeichen der Volks- gemeinschaft“ von den Deutschnationalen bis zu den Sozialdemokraten betrieben werden. Diese letzteren haben denn auch schon eine weit⸗ gebende Uehereinstimmung witz dem regktignärsten, aller. Reich Zrirt- schaftsminister, mit dem früheren Reichsverfassungseidverweigerer Reubaus erkennen lassen. Zur Hebung der Wirtschaft werden. seit der Stabilisierung der Mark Ueberstunden, Ueherarbeit. Verlänge⸗ rung der Arbeitszeit verlangt und seit anderthalb Jahren geleistet, ohne daß die erwartete Hebung eingetreten wäre; im Gegenteil die Nerelendung der Arbeiterschaft die Arbeitslosiakeit ist in Vauerndem Ansteigen, eine Krise folgt auch heute noch der andern. Ging neue . scheint uns zu drohen. Zehn Millionen Tonnen Koblen liegen nußlos auf den Halden; aber nicht etwa daß man sich nun zu einer Preisherahsetzung entschließt, um eine Ver bifligung der Produktion der gesamten Wirtschaft herheizuführen, sondern ganz im Gegenteil arbeitet das Kohlensvndikat auf eine
) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck herworgebobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
weitere Preiserhöhung hin. Eine ähnliche verhängnisvolle Absatz⸗ krise besteht in der Textilindustrie; aber auch hier denken die profit⸗ pütigen Unternehmer nicht an Ermäßigung der Preise, so sehr auch das Volk nach Verbilligung der Kleidung und Wäsche schreit. Auch die Lage in der Landwirtschaft deutet nicht auf Erleichterungen in der Ernährung der großen Volksmasse bin. Auf dem Bau- und Woh— nungsmarkt ist voller Stillstand, da die Baustoffindustrie nach dem Vorgang der Schwerindustrie die Preise abermals gewaltig erhöht . ö Schwerindustrie herrscht eben souverän, und ihr iel der Hochhaltung und Steigerung der Preise will sie nicht durch bung. sondern durch Verengerung der Produktion erreichen! Daher die horrende Zahl von 15 Millionen Arbeitsloser! Die vorüber gehende Verminderung dieser erschrecklichen Ziffer im Frühjahr darf barüher nicht hinwegtäuschen., daß die Krise permanenk, ist. daß die deutsche Wirtschaft in ihrem Kern bedroht wird. Früher hieß es Große Umsatz, kleiner Nutzen“, jetzt umgekehrt: „Kleiner Umsatz, großer Nutzen!“. Die Steuerlast tragen nicht die Befitzenden, fondern die Leidtragenden sind auch hier die Unbemittelten. die Besitz⸗ lÜesen, die Arbeiterschaft; denn die die Wirtschaft belastenden Steuern werden ja sämtlich auf die Verbraucher abgewälzt. Das heutige verzwickte Steuerfystem begünstigt noch diese schandbare Nreistreiberei und Profitwut des großindusfriellen und agrarischen Unternehmertums. Die Gewährung der Riesenkredite an die Land— wirtschaft brachte eine gewaltige Steigerung des Brolpreises, und ganz ähnlich haben die 715 Millionen, die pie Reie gierung den Ruhrbaroyen himparf, auf die Steigerung der Eisenpreise gewirkt. Dabei zählen wir eine halbe Million Schwerverletzte auf dem Schlachtfelde der Arbeit in einem Jahr. Von den S060 der Land— wirtschaft als Kredit gegebenen Millionen wird dieser, wie wir jetzt hören, noch dazu die Hälfte erlassen werden! Zu gleicher Zeit spricht sich der kapitalistische Reichswirtschaftsminister kaltblütig gegen jede Erhöhung der Arbeiterlöhne aus. Man will die Lohnspanne zwischen gelernten und ungelernten Arbeitern erhöhen, und auch dieser Tendenz steht dieser Reichswirtschaftsminister mit größtem Wohlwollen gegenüber. Der Lehrlingszüchterei, der durch eine schäpfere Lobn— wanne natürlich nur Vorschub geleistet wird, bringt er ebenfalls sein Interesse entgegen. Die deutsche Arbeiterschaft muß rüchsichts los den Kampf gegen diese volksverderbenden Tendenzen aufnehmen und bis zum äußersten durchführen, auch gegen den kleinen, wie den großen Zolltarif, der alle Rohstoffe weiter verteuern, die Lebens— haltung der breiten Masse also weiter herabdrücken muß. ĩ „Kapitalneubildung“ wird auch nur auf Kosten des Mittesstandes und der Arbeiter zustande kommen; auch hier werden die Stinnes und Barmgt, dig großen Konzerne, das Fett abschöpfen. Dann ist endgültig Schluß mit der Sozialpolitik, dann wird es mit dem Beamtenabbau lustig weiter gehen, wie es damit im Eisenbahnwesen schon angefangen hat. Wir werden gegen Republik und Monarchis— mus für die Beseitigung des Kapitalismus kämpfen; für uns sind Gert, Marx, Hindenburg Jacke wie Hose! Abg. Me yer⸗Berlin (Dem.): Die kritische Situation der deutschen Wirtschaft ist auch in dem Dawes⸗Gutachten anerkannt, ihn dem uns eine Schonfrist zur Kräftesammlung gewährt wird.
Deshalb ist es jetzt das Gebot der Stunde, die denkbar aktivste
Wirtschaftspolitik zu treiben. Wir müssen den Anschluß an den Weltmarkt wieder finden, unsere Produktion erhöhen und verbilligen, die wirtschaftsschädlichen Steuern und Steuersätze abbauen und los— kommen von den fossilen Ueberresten der Zwangswirtschaft. Das alles mit dem Hintergrund einer stetigen und verständigen Gesamt⸗« politik, die im In⸗ und Ausland das Vertrauen zu unserem Staat und unserer Staatsform befestigt. Von einer aktiven Wirtschafts— politik ist aber nichts zu spüren. Obwohl wir seit dem 10. Januar von den handelgpolitischen Bindungen des Versailler Vertrages befreit sind, ist bisher dem Reichstag weder eine Zolltarifvorlage unterbreitet, noch von ihm ein wichtiger Handelsvertrag ratifziert. Der deutsch⸗spanische Handelsvertrag ist kennzeichnend für die fehlende Führung in unserer Wirtschaftspolitik. Alle maßgeblichen Svitzen—⸗ verbände von Industrie und Handel verlangen die schleunige Ratifi⸗ zierung dieses Vertraas. Obwohl die Regierung weitgehende Kom— pensationen für den Weinhau zugesagt hat, ist der Handelsvertrag im Ausschuß gefallen, und zwar durch die geschlossenen Stimmen der Deutschnationalen Volkspartei. Industrie und Handel haben hier die erste Quittung dafür empfangen, daß große und wichtige Teile von ihnen den Deutschnationalen zur Macht verholfen, die Mitte geschwächt, und die Sozialdemokratie, die sogar unter der kaiserlichen Regierung eine verläßliche Stütze der Handelsvertragspolitik war, in die Oppositionsstellung gedrängt haben. Wo ist hier die Führung der Regierung? Für die weiteren wirtschaftlichen Verhandlungen mit dem Ausland wünschen wir die sorgfältige Wahrung der Interessen der verarbeitenden Industrie. Zu den Verhandlungen müssen Ver⸗— treter der Wirtschaft zugezogen werden, und zwar als Mitglieder der Delegationen. Mit der Handelsvoertragspolitik hängt eng zu⸗ sammen die Frage des Zolltarifs. Wir wollen, daß das Problem besonders der Agrarzölle offen diskutiert wird. Warum hindert man den Reichswirtschaftsminister an der Bearbeitung dieses Problems? Natürlich nützen aber auch die besten Handelsverträge nichts, ohne Förderung der Warenerzeugung und Senkung der Warenpreise. Welches Hemmnis hier die Kreditnot bedeutet, ist bekannt. Um so größere Bedenken erregt es, daß die Rentenbank-Kredit⸗Anstalt so gestaltet werden soll, daß eine weitere Erschwerung der Befriedigung des Kreditbedarfs anderer Wirtschaftszweige unvermeidlich erscheint. Der geplante Abbau der das Gewerbe belastenden Steuern ist unzulänglich. Das bezieht sich namentlich auf die Umsatzsteuer, besonders auf die Luxussteuer und die Börsenumsatzsteuer. Das gleiche gilt von den Frachtsätzen, die das Anterthalbfache und mehr der Vorkriegssätze betragen. Die Warnung des Ministeriums vor einer Hochtreibung des Lohnniveaus findet gewiß in der heutigen Notlage der Wirtschaft ihre Unterstützung; indessen ist nicht darüber hinwegzukommen, daß die derzeitigen Löhne kaum dem Lebens haltungsindex entsprechen. Im Rahmen der gesamten Handels- politik ist besonders Bedacht zu nehmen auf die Stärkung des selbständigen gewerblichen Mittelstandes. Statt dessen läßt man u, daß der gewerbliche Mittelstand durch die wirtschaftliche Netastenng des Reichslandbundes auf das schwerste geschädigt wird. Der Reichslandbund erstrebt nicht nur die Erlangung der Herrschaft über die Ernährungswirtschaft, sondern darüber hinaus die Umgehung von Handel und Handwerk bei der Her— stellung und dem Vertrieb von Produktionsmitteln der Landwirtschaft. Gin Mangel an Aktivität tritt auch zutage darin, daß die Regierung sich immer noch nicht zur Aufhebung des Preistreibereirechts ent— schließt. Gerade der Einzelhandel, den die Kriegsgesetzgebung viel⸗ fach zur Verschleuderung seiner Waren gezwungen hat, darf bean spruchen, daß man ihn endlich einmal in Ruhe läßt. Wir verlangen die glatte und uneingeschränkte Aufhebung der überlebten Verord⸗ nungen unter gleichzeitiger Einstellung der schwebenden Verfahren. Natürlich wird damit nicht bezweckt, daß die Kontrolle der Preis— bildung eingestellt wird. Wir haben namentlich nichts gegen eine energische Anwendung der Kartellverordnung, die nach dieser Richtung weitgehende Möglichkeiten bietet. Dagegen stimmen wir nicht einem Abbau der Verwaltungsgerichtépflege zu; wir verlangen im Gegen ieil ihre Ausgestaltung. Es ist eine unerhörte Tatsache, daß das in Artikel 107 der Reichsverfassung vorgesehene Reichsverwaltungsgericht aus föderalistischen Gründen nicht errichtet werden kann. Wo wir hinsehen, vermissen wir die Führung in der Wirtschaftspolitik Wir fordern mehr Aktivität und wir versprechen der Regierung, daß wir ihr bei allen Schritten zum Schutze der Wirtschaft folgen werden, mögen wir ihrer parteimäßigen Zusammensetzung und ihrer allgemeinen Politik mit noch so großen Bedenken gegenüberstehen. Denn wirt. schaftliche Fragen dürfen nur sachlich behandelt werden. Die uns bewilligte Atempause ist kurz. Regierung, Reichstag und Wirtschaft mögen sich darüber klar sein, daß von ihrer intensiven Ausnützung Wohl und Wehe der Zukunft abhängt. (Beifall bei den Demokraten.)
Abg. Drewitz-⸗Berlin (Wirtschaftl. Vereinig) betont, daß wir in Deulschland Qualitätsarbeit brauchen, um überhaupt vorwärks zu kommen. Da ist viel gesündigt worden, denn früher hieß es, wir brauchen Massenfabrikation Die Gewerbefreiheit zeigt heute ganz bedenkliche Auswüchse. Die Landwirtschaft darf den gewerblichen Mittelstand nicht vernichten, sonst geht es ihr später selker an den Kragen. Aber auch die Industrie macht dem gewerblichen Mittelstand
durch Einrichtung von Verkaufsstellen Konkurrenz. Der Redner wendet sich auch gegen die Beamtenwirtschaftsvereine. Mit Sym— pathiekundgebungen der Regierung, so führt er aus, ist uns nicht ge— dient. Der Reichswirtschafksminister muß sich endlich zu einer grund- legenden Aenderung der Gewerbegrdnung bequemen Fallen die Mittelstandsschichten, fällt der feste Steuerzahler des Staates. Daher muß die steuerliche Ueberlastung aufhören. Warum wird die Luxus— steuer nicht aufgehoben? Wir vermissen die Anhörung des gewerb— lichen Mittelstands bei der Vorbereitung der Handelsverträge. Durch Quglitätsarbeit schaffen wir wieder bodenständige Elemente. Wir wollen dem Staate durchaus geben, was dem Staate gehört, aber die Belastung muß tragbar sein. Das gesamte Gewerbe muß durch Pflichtorganisationen erfaßt werden. An Strafgefangene darf keine Handwerkslehre erteilt werden. Bezüglich der Wuchergesetzgebung ist uns mit Sympathiekundgebungen des Ministers nicht gedienk. Es ist unerhört, wenn in diesen Tagen noch ein Gewerbetreibender wegen 40 Goldpfennigen zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt worden ist. Die Entlassung von Beamten wegen wirlschaftlicher Betätigung wird vielfach parteiisch gehandhabt; andererseits darf nicht geduldet werden, daß Beamte sich während ihrer Dienstzeit wirtschaftlich betätigen Eine grundsätzliche Aenderung der Gewerbeordnung ist daher er— forderlich, damit endlich einmal im demokratischen Staat auch das gleiche Recht zur Geltung kommt Abg. Rauch (Bayr. Vp.): Es bedarf eines stahlharten Existenz⸗ willens, eines harmonischen Zusammenwirkens und praktischer Organi⸗ sation, um unter den heutigen Verhältnissen die Wirtschaft wieder ie letzten Reste der Zwangswirtschaft müssen tliche Gesetzgebung muß sich den Ver⸗ hältnissen anpassen. tedner fordert baldige Schaffung eines Handwerksgesetzes und eines Kaufmannsgesetzes. Der Zusammen⸗ schluß von Zweigen der Wirtschaft zu Trusts darf nicht zur Schaffung eines Preismonopols führen. Eine Wirtschaftsoligarchie ist untrag⸗ bar. Die Preispolitik der Kraft- und Elektrizitätswerke muß ein mal genau geprüft werden. Die bayerische Eisenvderbraucherschaft muß angesichts ihrer ungünstigen Frachtlage sorgfältige Beachtung der deutsch⸗französischen Verhandlungen ;
fordern. Herr Schmidt hat auf das Daniederliegen des oberschlesischen Kohlenbergbaues hingewiesen. Durch eine entsprechende Eisenbahnfrachtpolitik könnte sowohl Bayern als auch Oberschlesien geholfen werden. Wir hoffen, daß der Reichs⸗ wirtschaftsminister in dieser Richtung auf die Reichsbahn einwirkt. Eine bloße fiskalische Tarifpolitik der Reichsbahn wäre verderblich. Bezüglich der Ausführung der Sachleistungen an Frankreich weist der Redner auf die Gefahr hin, daß sich weitere Firmen in der günstigen Frachtlage des besetzten Gebiets ansiedeln. Durch tarifarische Maßnahmen könnte da ein Ausgleich erfolgen. Auf dem Gebiete der Steuerpolitik hat die deutsche Wirt⸗ schaftt in den vergangenen 1** Jahren eine wahre Sintflut über sich ergehen lassen müssen; sie braucht nunmehr eine Pause im Anziehen der Steuerschraube, Bayerns Brauindustrie, die Weltruf genießt, darf durch die Brausteuer nicht erdrosselt werden. Eine solche Steuer würde für Bayern zugleich den bitteren Beigeschmack einer Sondersteuer haben. Hochwertige Qualitätsn findet auf dem Weltmarkt überall ihre Abnehmer. Hi d deutschen Handwerks eine wichtige Aufgabe, da muß auf lange Sicht gearbeitet werden. Insbesondere auf dem Gebiete des Beruf bildungswesens warten unserer große Aufgaben. Das in Aussicht gestellte Berufsbildungsgesetz begrüßen wir, fordern aber die Vorlegung des Handwerkergesetzes. Die Beschwerden über un sach⸗ liche Vergebung der öffentlichen Arbeiten müssen verschwinden. Dann wird der deutsche Handwerkerstand auch endlich aus der Reihe der Petenten ausscheiden. Durch ein Kaufmannsgesetz muß dem Handels⸗ stande eine selbständige Grundlage gegeben werden. Auf Sauberkeit in den eigenen Reihen muß gesehen werden. Die Anknüpfung von Wirtschaftsbeziehungen ist besonders wichtig. Assessoren sind dazu aber vielfach nicht die geeignelen Persönlichkeiten, sondern Kaufleute und Ingenieure.
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Unsere Produktion ist in erster Linie auf die Kauf— kraft des Binnenmarktes angewiesen; sie ist der Regulator, der sich bei Flauheit des Auslandsmarktes automatisch einschaltet. Der Redner fordert vor allem auch den Schutz der Landwirtschaft. Die Lohnpolitik der deutschen Industriellen darf sich nicht auf die augen⸗ blickliche Macht stützen, sondern muß die sozialen Notwendigkeiten berücksichtigen.
Abg. Schröder⸗Mecklenburg (Deutschvölk. Vereinig.ʒ: Die heutige Wirtschaftslage darf nicht unter dem optimistischen Gesichts⸗ winkel betrachtet werden. Noch immer tasten wir trotz der Mark⸗ stabilisierung nach dem xichtigen Wege zum Wiederaufbau. Die Passivität unserer Handelsbilanz und das Anwachsen dieser Passivi⸗— tät sind erschreckend. In der die Ausfuhr sp stark übensteigenden Einfuhr . sich große Mengen überflüssiger und Luxuswaren, in einem das Vorkriegsberhältnis ganz unverhältnismäßig über⸗ k Umfange. Unsere , Wirtschaft muß eben von Grund auf neu aufgebaut werden, weil eben alles zusammengebrochen ist. Der Reichsfinanzminister und der Reichswirtschaftsminister dürfen nicht durch ein die Wirtschaft erdrückendes kö den Wieder⸗ aufbau aufhalten oder verhindern; ihre Aufgabe ist es im Gegenteil, Steuern, die für die Wirtschaft untragbar geworden sind, zu be⸗ seitigen, um die Wirtschaft wieder arbeitsfähig zu machen. Hier ist von der Reichsverwaltung in der letzten Zeit viel versäumt worden. Unter die bisherige ir tsch? spolitik muß ein gründlicher Strich gemacht werden; mit den Resten der Zwangswirtschaft ist aufzuräumen. Noch immer nicht sind wir zu den guten alten Me⸗ thoden der kaufmännischen Kalkulation zurückgekehrt. Den aus— gezeichneten Bemerkungen der beiden Vorredner über die Lage des gewerblichen Mittelstandes kann ich mich einfach anschließen. Jedem Arbeiter das Seine, muß es heißen, aber nicht jedem Arbeiter das Gleiche; wer mehr und Besseres leistet, muß besser belohnt werden. Darum treten wir auch ein . die Förderung aller Bestrebungen, deutsche Qualitätsarbeit zu schaffen; unsere Handelsbilanz wieder aktiv zu gestalten, wird eine der schwierigsten Aufgaben sein, die Deutschland zu lösen hat, denn der Weltmarkt ist für Deutschland kleiner geworden; mit der Anspannung der Exportindustrie allein ist es nicht getan. Der innere Markt e der gleichen intensivsten Förderung. Vor allem muß der Landwirtschaft entgegengekommen werden. Leider haben die Dawes⸗Gesetze die deutsche Wirtschaft der deutschen Gesetzgebung fast vollständig entzogen, und die nachteiligen Wirkungen dieser wirtschgftlichen Depossedigrung machen sich in der Frachtenpolitik der Reichsbahngesellschaft bereits nur zu sehr be— merkbar. Es rächt sich jetzt bitter, daß Deutschland seine Hoheits⸗ rechte aus der Hand gegeben hat; wir können die Schlußfolgerungen, die der Reichswirtschaftsminister aus diesem tragischen Tatbestand gezogen hat, keineswegs als richtig anerkennen
Hierauf vertagt sich das Haus. — Nächste Sitzung Montag 2 Uhr (Gortsetzung der ersten Lesung der Steuer⸗ und Auf⸗ wertungsvorlage).
Schluß 6 Uhr.
Parlamentarische Nachrichten.
Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde vorgestern die Beratung des Etats des Reichs ministeriums hi Ernährung und Landwirtschaft fortgesetzt. Abg.
athilde Wurm (Soz) wies, laut Bericht des Nachtichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, darauf hin, daß im Jahre 1920 mehr als 100 090 Menschen an Tuberkulose zugrunde gegangen sind als Folge der schlechten Er nährungsverhästnisse. Sie verlangte des⸗ halb eine Aktion zur. Verbilligung bon Milch und anderen Nahrungs- mitteln und das Nichtwiedereinführen des 12 des Fleischbeschau= gelegz Abg. Gerguer (Bayr. Vp.) wandte sich gegen die Freigabe
Einfuhr von Erzeugnissen, die die heimische Landwirtschaft, den Obst und Weinbau schwer schädigen. Der spanische . sei ein Musterbeispiel verkehrter Handelsvertragspolitik. Zugunsten einzelner Exportindustrien schädige er das wichtige landwirfschaftliche Gewerbe. Das habe ein schweres Jahr hinter sich. Der süddeutsche Bauer sei inebesondere durch die Leberegelseuche geschädigt. Die Steuer⸗ belastung müsse gemildert, der Kartoffelbau gestükt werden. Der süd. deutsche Zuckerrübenbau leide an Arbeitermgngel. Die Grünland. bewegung verdiene die Förderung durch das Ministerium. Der Stick-
stoff sei zu verbilligen, ebenso wie die anderen künstlichen Dünge⸗ mittel. Abg. Korell (Dem.) verlangte im Interesse der physischen und sozialen Gesundheit des deutschen Volkes Stärkung und Ver⸗ mehrung der landbehguenden. Bevölkerung. Dazu gehöre eine ein- gehende Prüfung der Frage, ob der Getreidebau durch geeignete Schutz- oh wirklich langfristig gekräftigt werden könnte. Lasse sich diese Frage bejahen, werde er für Getreidezölle stimmen. In seiner Heimat Rien die. Obst. und Gemüsezüchter technisch auf außerordentlicher Höhe leider fehle noch die Typisierung der Erzeugnisse; die Vielheit der Sorten verhindere den rsand. Er bitte, seinem Antrage zu entsprechen und eine Reichskonferenz für den Sbst. und Gemüsebau 6 Klärung dieser Fragen einzuberusen und damit eine Propaganda ür inländisches Obst zu verbinden. Der deutsche Rotweirbau könne sich eine Ausdehnung um so weniger leisten, ie mehr für den deutschen Weißweinbau geworben werde. Der Redner ersuchte, die Sommerzeit nicht wieder einzuführen. Die Pachtschutzfrist sei zu verlängern. Die Pachtzinsen seien für die kleinem Pächter zu hoch; die Bieter stünden nech unter der Inflation shypnose. Abg. Meyer- Hannover (Wirt- chaftl. Vg.) forderte, daß das Reichsministerium für Ernährung und zandwirtschaft mehr zu einem Landwirtschaftsministerlum ausgebaut werden solle, in dem beispielsweise auch das Siedlungswesen in den Geschäftsbereich des Ministeriums einbezogen werden möge. Die hohen Preise für Lebensmittel, über die so viel geklagt würde, be— tuhten auf der großen Spannung zwischen Erzeugerpreis und Ver- braucherpreis, die wiederum zurückzuführen sei auf eine zu streng an—⸗ gespannte Frachtpolitik; insbesondere leiste hierbei die Umsatzsteuner
Verheerendes. ł
Redner wandte deemn
e Per noch eine Zukunft.
. eine gesunde Zollschutzbolitik
rt Möglichkeit unabhängig vom Auslande
machen solle. Abg. rock (Zentr,) hielt vor
allem zur Förderung des Siedlungswesens die Flüffizniachung von Krediten für notwendig. Wereffs der allgemeinen Lage der den
TLandwirtschaft erklärte der Redner, daß die Lankwirtschaft sich augen=
blicklich in einer Amrarkrise befinde, wie wir sie unter Caprivi nicht
gehabt hätten. Der Weg von dieser AÄgrarkrise bis zur Agrarkatastrophe
sei nicht weit. England habe t, wie leicht ein bodenständiger
Buuernstamm vernichtet, wie schwer aber eine neue Bauernschaft auf=
bauen sei. . Da. für den deutschen kleinen und mittleren
ung die wichtigste Existenzbasis bilde, so
hrzölle fi ieh und tierische Produkte nicht unter
ägliches Maß herabgesetzt werden. — Hierauf vertagte sich der
schuß au
ö gezeigt,
burg, Kauf⸗ Harms⸗
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6 die f 1 verfahrens geklärt ist. Die 8a e Bedeꝛ gegen eine öffentliche Bew ö. äußert. — Der Vorsitzende, wartung aus, daß der Ausschuß suchung abgeschlossen haben werde des Zentralverbandes Deutscher ausgeführt wird, Barmat habe des Krieges
em vert angeschlossener Konsumverein rmat gemacht habe. — Die nächste Sitzung des
Ausschusses dürfte voraussichtlich am 11. oder LE. Mai stattfinden.
— Im Reichstagsgusschuß für soziale An— elegenheitczen wurde in der vorgestrigen Sitzung zunächst ein Ge etzentwarf über den Verwaltungsrat dez Internatio⸗
nalen Arhei tsamts beraten. Neichsarbeiksminister Dr. Brauns erläuterte, dem Nachrichtenbüro des Verins deutscher Zeitungsverleger zufolge, den Gesetzentwurf. Das Inkernationale Arheitsamt, das eines der Organe des im Vertrage don Versailles Ce chaffenen Internationalen Arbeitsberbandes ist, steht unter der Leitung eines aus 24 Mitglieder bestehenden Verwaltungsrats, von denen 12 Regierungsvertreker und je 6 Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind. Von 12 auf die Regierungen entfallenden Sitzen werden 8 von den Hauptindustriestaaten eingenommen; die ührigen 4 Regierungsvertreter ebenso wie die Vertreter der Arbeit- geber und Arbeitnehmer werden alle drei Jahre in der Haupt⸗ bersammlung des Internationalen Arbeitsperbandes gewählt Da bei der ersten Wahl des Verwaltungsrats im Jahre 1919 die europdischen Sfaaten eine weilgus überm egende Vertretung erhie ten, erhoben die außereuropäischen Staaten hiergegen Einspruch und drängten seitdem auf eine bessere Vertretung im Verwaltungsrat. Um diesem Drängen nachzugehen, hat die Haun twersammlung des FInternationasen Ärberte— verbandes eine Erhöhung der Zahl der Sitze im Verwalfungsrat vorgesehen, wodurch sichergestellt wird, daß auch die außereuropäi schen Staaten eine größere Vertretung im Verwaltungzrat erhalten. Jur- Fit besitzt Deutschland als einer der Hauptindustrlestagten (inen Regicrungevertreter im Verwaltungsrat und wird ferner durch einen ordentlichen Vertreter der Arbeitnehmer und ein stellvertretendes Mit- alied der Arbeitgeber vertreten. Der Sitz eines ordentlichen Arbeit⸗ gebervertreters, den j. B. Frankreich und Großbritannien innehaben, fehlt ihm noch. Die vorgesehene Vermehrung der Sitze für Arbeit- gebervertreter könnte die Möglichkeit bieten, die Vertretung nach dieser Richtung zu vervollständigen. Die vorhin erwähnte Erhöhung der Zahl der Sitze im Verwaltungsrat kann jedoch erst rechtswirksam werden, „wenn sie von den Staaten. deren Verkrefer den Rat des Völkerbundes bilden, und von drei Bierteln der Mitasiedsstaaten ratifiziert worden ist“. (Art. 42. Versailler Vertrag.) Da Deuffch= land dem In ternationalen Arbeitsverband angehört, erschien dem Minister die Ratifizierung des Abändgrungsbeschfusfes angezeigt. Der Gesetzentwurf enthält lediglich die Zustimmung Dentschkands zu dem emwwähnten Abänderungebeschluß. — Im Ansckluß an den Gesetz⸗ entwurf über den Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamts wurden auch noch Gesetzentwürfe, betrefffend bas Wasbingtoner Uebe reinkommen über die Arbeitslosigkeit, betr. das Genueser Uebgreinkommen über die Stellen- vermittlung für Segleute, und schließlich betr, die Genfer Uebereinkommen über das Vereins- und Koalitionsrecht der landwirtschaftlichen Arbeiter und über die Ent schädigunga der Landarbeiter bei Arbeitsunfätlten durchgesprochen. Hierbei legte der Reichsarbeitsminister die grund— sätzliche Stellungnahme der Reichsregierung zur Ratifizierung inkter⸗ nationaler Arheitsübereinkommen dar. Nachdem er die deutschen Wünsche nach Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache und Vermehrung des deutschen Personals beim Internationalen Arbei ls amt erörtert hatte, besprach er die Anfsichtsbefugnisse der Internatio— nalen Arbeitsorggnisation bei., Durchführung ratifizerter Ucherein— kommen. Dabei seien zwei Fälle zu unterscheiden: Beschwere sich ein Berufsverband. so habe der Vewaltungsrat des Internationalen Arbeitsamts zie Befugnis — nicht die Verpflicktung — die Be— schwerde der Regierung zu übermitteln und sie um eine Erklärung zu ersuchen. Gehe eine Erklärung nicht ein oder haffe der Ver⸗ waltungsrat die eingegangene nicht für genügend. so könne er die Beschwerde und die Antwort veröffentlichen. Damit ist in diesem Falle das Beschwerdeverfahren erlediat. Wenn hingegen nicht ein Berufsverband, sondern ein anderer Mitaliedstaat oder ein Vertreter