liegt Bremen nicht in Preußen; diesen Irrtum haben Sie ja schon selbst richtig gesellt. Dann aber möchte ich sagen, daß, als der Herr Präsident des Landtages mich darauf aufmerksam machte, daß der Herr Abg. Eppstein von der Bremer Polizei verhaftet worden sei, und wir gemeinschaftlich berieten, was zu tun sei, ich mich bereit erklärt habe, sofort einen preußischen Beamten nach Bremen zu entsenden, um in Verhandlungen mit dem Bremer Senat und der Bremer Polizeiverwaltung den Herrn Abg. Epp⸗ stein wieder freizubekommen, wenn er nicht am nächsten Tage im Landtag erscheinen würde. Wie stehe ich nun vor Ihnen da? (Große Heiterkeit — Zuruf bei den Kommunisten: Glänzend! Aber Ihr Gehalt bekommen Sie trotzdem nicht! — Heiterkeit.) Meine Herren, ich bin nicht gesonnen, eine Verantwortung, die ich zu tragen habe, abzulehnen; ich stehe zu dem, was ich tue. Aber ich kann unmöglich die Verantwortung für solche Maßnahmen übernehmen, die von anderen Behörden getroffen werden. Wenn z. B. in letzter Zeit gewisse Eingriffe vorgenommen worden sind, wenn insbesondere Künstler von polizeilichen Organen in einer Weise behelligt woden sind, die auch ich nicht als richtig anerkenne, dann wollen Sie das nicht auf mein Konto stellen. (Zuruf bei den Kommunisten: Was haben Sie dagegen getan? — Ja, ich kann gegen die Staatsanwaltschaft nichts unternehmen. In solchen Fällen sind die Polizeibeamten Hilfsorgane der Staatsanwaltschaft, und ich kann der Staatsanwaltschaft nicht in den Arm fallen. Ich trage aber auch für die Bespitzelung des Abg. Hoffmann, wie Sie das genannt haben, nicht die Verantwortung.
Sie sind leider heute noch kein Polizeibeamter, Herr Abg. Eberlein (Zuruf links: sehr schade! Heiterkeit), sonst würden Sie nicht solche unzweckmäßigen Empfehlungen an mich richten: ich möchte heute über die Fememorde Mitteilung machen, ich möchte in die Presse steigen, um zu sagen, was an all' diesen Dingen sei. Ich bedauere außerordentlich, daß schon so viel in der Presse mitgeteilt worden ist. (Sehr richtig! und Zuruf links: Einer ist dadurch entwischt Denn, meine Herren, wenn irgend etwas geeignet ist, schuldige Leute zu warnen und sie zu ver⸗ anlassen, sich bei Zeiten in Sicherheit zu bringen, so sind es unzeit⸗ gemäße Presseveröfsentlichungen. (Sehr richtig Ich kann des⸗ halb auch nicht so ausführlich auf diese Dinge eingehen, wie ich es gern möchte, weil solche Ausführungen nur den Erfolg haben könnten, von dem ich eben sprach.
Herr Abg. Eberlein, Sie haben in Ihren Ausführungen über die Polizei Ausdrücke gebraucht, die der Herr Präsident schon gerügt hat. Die Beschimpfung, daß die Polizei zum größten Teile aus Verbrechern besteht (Zuruf bei den Kommunisten: der Krupp, nicht der anständige Teil! — ich weiß es nicht, Sie haben das sehr verallgemeinert —, veranlaßt mich, hier zu erklären: wenn auch in der Polizei in letzter Zeit Verbrechen entdeckt worden sind, Verbrechen auf allen Gebieten, auf dem sexuellen Gebiet, auf dem Gebiete des Eigentumvergehens, des Mordes, des Raubes, so dürfen Sie nicht vergessen, daß es sich hier um einen etwa 70 9000 Mann starken Körper handelt. Räudige Schafe kommen in allen Gruppen vor. (Sehr wahr! im Zentrum und links.) Ich glaube nicht, daß die Kommunistische Partei nur aus Engeln besteht. (Heiterkeit. — Zuruf bei den Kommunisten: Wollen wir auch gar nicht sein) Daß das natürlich sehr viel mehr auffällt, wenn ein Polizeibeamter dabei betroffen wird, daß er, anstatt über die Innehaltung der Gesetze zu wachen, selbst die Gesetze übertritt, daß das in der Presse ein kräftigeres Echo findet, als wenn ein Müller oder Schulze verhaftet wird, das müssen Sie bei Ihren Anklagen auch berücksichtigen. Ich vertusche nichts, ich ver sichere, daß wir mit aller Entschiedenheit gegen solche Verbrecher vorgehen, aber das Gros der Polizeibeamten verdient eine solche Bezeichnung nicht. (Sehr wahr!) Ich nehme die Polizeibeamten aller Sparten — Schutzpolizei, Landjägerei und Kriminalpolizei — gegen die Verallgemeinerung des Abg. Eberlein nachdrücklich in Schutz. (Bravo!)
Wenn Sie sich weiter darüber beklagt haben, daß die kommu— nistischen Arbeiter von den Polizeiorganisationen auch in den Fabriken bespitzelt werden, so bin ich nicht in der Lage, heute zu sagen, ob die einzelnen Maßnahmen der in Betracht kommenden Behörden meine Billigung finden würden. Aber Sie, Herr Abg. Eberlein, haben als Sprecher der Kommunistischen Fraktion, glaube ich — das habe ich früher schon Ihren Abgeordneten ein mal gesagt — nicht das geringste Recht, sich über eine Spitzeltätigkeit der Polizei zu beklagen. (Sehr gut) Ist Ihnen bekannt, daß vor einigen Tagen ein preußischer Kriminalkommissar in Liegnitz ver⸗ haftet worden ist? — Ist Ihnen bekannt, aus welchem Grunde er verhaftet worden ist? — Ich will es Ihnen mitteilen, wenn Sie darüber noch im Zweifel sind. Dieser Kriminalkomissar Klein, der von der Polizei in Eid und Pflicht genommen ist, der der preu⸗ ßischen Polizei dienen sollte, war ein Agent der Kommunistischen Partei. (Lebhaftes hört, hört! bei der Sozialdemokratischen Partei. — Rufe bei den Kommunisten: Ist nicht wahr) — Der Kriminalkommissar, der selbst ein Geständnis abgelegt hat, ist, dar⸗ Über zu urteilen, kompetenter als Sie. (gurufe bei den Kommu⸗— nisten.)
Wenn Sie wissen wollen, warum die Sonderkom man dos eingerichtet sind, so will ich Ihnen auch das verraten. Das ist ein trübes Kapitel der öffentlichen Einrichtungen unserer Zeit. Für die Einrichtung der Sonderkommandos tragen Sie die Ver- antwortung. (Rufe bei den Kommunisten: Wir sind wohl an allem Schuld) — Sie werden mir sofort zustimmen, wenn sie mich noch eine Weile ruhig anhören wollen. Die Sonderkommandos sind diejenigen Polizeiabordnungen, die auf Ersuchen der Herren Präsidenten der Parlamente zusammengesetzt sind, und die den Präsidenten dann zur Verfügung stehen, wenn es gilt, Haus- friedensbrecher hinauszuführen. (Zurufe bei den Kommunisten.)
Wenn Sie weiter der Meinung waren, Herr Abg. Eberlein, daß bei uns in der Polizeiverwaltung die Absicht be⸗ stände, um den Einfluß der kom munistischen Partei,
insbesondere in Berlin, einzudämmen, Ostpreußen nach Berlin zu verpflanzen, so irren Sie ganz gewaltig. Daß in der Schutzpolizei die kommunistischen Anklagen gegen Mißstände auf diesem oder jenem Gebiet einmal Anklang finden, daß der eine oder andere Polizeibeamte glaubt, in jener Partei seine politische Vertretung zu finden, die am lautesten diese Klägen vorträgt, das ist mir bekannt. Dagegen gibt es keine Verfügungen, das muß man mit in Kauf nehmen. So erklärt es sich, daß in der Schutzpolizei
Dentschnationale. (guruf bei der Deutschnationalen Volkspartei.) — Ich sage das, weil, so lange der Abg. Borck der Wortführer (zu den Deutschnationalen) Ihrer Partei ist, Sie nun auch sehr laut die Mängel hervorheben. (Rufe bei der Teutschnationalen Volks⸗ partei: Unser Recht!) — Selbstverständlich Ihr Recht, aber auch
Mitglieder in der Polizei. Aber daß wir deshalb notwendig hätten, die Schüler einer ostpreußischen Schule sämtlich nach Berlin zu verpflanzen, um diesen ungeheuren Einfluß der kommunistischen Schutzpolizeibeamten zu paralysieren, das ist ein Trugschluß, das ist beinahe Größenwahn, Herr Abg. Eberlein! (Heiterkeit) So steht es wirklich nicht. Wir sind gezwungen. in der nächsten Zeit eine Verlegung der Standorte vorzunehmen, die Schutzpolizei anders zu verteilen. Das wissen wir heute schon nach den bis⸗ herigen Auflagen der Interalliierten Kommission, daß wir die Schüler, die wir in Sensburg ausbilden, nicht alle in Ostpreußen lassen können, und deshalb sind sie nach Berlin gekommen. Das ist die ganze Erklärung.
Was der Herr Abg. Eberlein über geheime Verordnungen gesagt hat, existiert nur in seiner Phantasie. Ich wäre ein ganz törichter Mann, wenn ich Geheim ver fügungen 17 Seiten lang auf das Papier brächte. Nein, wenn etwas herumkommen soll, dann versieht man es mit der Aufschrift „geheim“. (Heiter⸗ keit) Was ich im Ministerium geheimhalten will, wird dem Papier nicht anvertraut. Deshalb wollen Sie allen Ihren Agenten, die Ihnen Geheimerlasse bringen, sagen, daß das keine Geheim⸗ erlasse sind.
Herr Abg. Eberlein hat sich dann über die Uebungen und die militärische Einstellung der Schutzpolizei beklagt. So lange wir leider auch heute noch damit rechnen müssen, daß die Polizei einmal von Formationen angegriffen wird, von rechts und links (sehr richtig! bei der Deutschen Volks⸗ parteih, so lange müssen wir auch eine Truppe besitzen, die mit Erfolg solchen Formationen entgegentreten kann. (Sehr richtig!) Dazu muß die Truppe marschieren und schießen lernen. Wenn die andern Handgranaten haben, muß auch die Polizei Hand⸗ granaten haben und muß schließlich auch im Ernstfalle die Hand⸗ granaten werfen können. Was wären das für Polizeibeamie, die erst dann, wenn Alarm geschlagen wird, zusammentreten müssen, um das Schießen mit Revolvern und Karabinern und das Hand⸗ granatenwerfen zu lernen! Nein, das geht nicht. Wir müssen so verfahren, wie wir es getan haben. Aber was Herr Abgeord⸗ neter Eberlein heute hier an wahren Tatsachen angeführt hat, darf die Entente vollständig erfahren; denn was er gesagt hat über unstatthafte Ausrüstung — das trifft die Schutzpolizei nicht. Wir haben keine Großkampfflugzeuge. Und daß Sie diese gerade nach Solingen verlegen. (Heiterkeit im Zentrum und links.) — Sie wissen doch: in Solingen müßte das vergraben und versteckt werden unter den Augen der englischen Besatzung. (Abg. Eberlein: Ich habe von Remscheid gesprochen! — Das ist dasselbe. Das sind ebensolche Märchen, wie die Beteiligung der Söhne des Kron⸗ prinzen an den Formationen der Schutzpolizei. (Zuruf bei den Kommunisten: Ihre Parteifreunde sind darüber anderer Meinung! — Auf die Meinung kommt es nicht an, sondern auf die Tatsachen! Geiterkeit.)
Der Herr Abg. Metzenthin hat mir eine Unfreundlichkeit gesagt. Ich nehme an, daß es nur eine Unfreundlichkeit gewesen ist und nichts anderes. Er meinte, er habe eine zu hohe Achtung vor meiner Intelligenz, als daß er meiner Versicherung glauben könne, daß die andere politische und psychologische Einstellung zum Reichsbanner schon bei den Vor⸗ gängen des Jahres 1923 erfolgt sei. Sie werden mir das schon glauben müssen, Herr Abg. Metzenthin, so ist es. Wenn Sie aber die Ausführungen, die ich zu diesem Punkt im Hauptausschuß des Landtags gemacht habe für Ihre Beweisführung heranziehen und darauf verweisen, daß ich damals erklärt habe, ich sei nicht im Ehrenausschuß des Reichsbanners und nicht Mitglied des Reichs⸗ banners, so möchte ich Ihnen sagen: Ich bin auch heute noch nicht Mitglied des Reichsbanners und gehöre auch nicht dem Ehren— ausschuß an. (Zuruf rechts) — Das kann es auch geben. Man kann aber für eine Sache wirken, ohne daß man ihr formell angehört. Meine Herren, ich möchte Ihnen den Triumph nicht gönnen, daß Sie sagen: „Weil er im Ehrenausschuß sitzt und Mitglied ist, deswegen hält er beim Reichsbanner Reden und begünstigt diese Organisation der Linken“. Deswegen bin ich nicht Mitglied. Aber daß ich zu den Zielen des Reichsbanners stehe, die mein Kollege Dr. Höpker⸗Aschoff gestern so glänzend dar⸗ gelegt hat, das brauche ich wohl keinem hier im Hause mehr zu erklären.
Herr Abg. Metzenthin hat durchaus recht, wenn er sagt, im Ministerium des Innern gebe es ein Wort, das da wohl allzu häufig vorkäme, das Wort: „demnächst“. Aber das ist keine Eigenart des Ministeriums des Innern. Ich glaube, das kommt in anderen Ressorts auch vor. Im Lexikon der anderen Ressorts findet sich dieses Wort auch, und manchmal sehr groß geschrieben. Wenn das Ministerium des Innern es gebraucht, und besonders die Polizeiabteilung des Ministeriums, dann liegen dafür — das werden Sie anerkennen müssen — sehr gewichtige Gründe vor.
Ich darf in demselben Zusammenhang gleich auf die Aus⸗ führungen des Herrn Abg. Borck, die er gestern gemacht hat, zu sprechen kommen. Der Herr Abgeordnete soll nach den mir gewordenen Mitteilungen — ich hatte leider nicht das Vergnügen seiner Rede beiwohnen zu können — gesagt haben: „Es wird dem Herrn Minister zum Vorwurf gemacht, daß es innerhalb von 5 Jahren nicht gelungen sei, Ruhe in die Organisation der Schutz⸗ polizei zu bringen. Das liege in erster Linie in der einseitigen Beeinflussung der Schutzpolizei. Es fehle in der Schutzpolizei an straffer Organisation und insbesondere an Wahrhaftigkeit! Wenn irgend eins Beamtengruppe in Deutschland unter dem Gefühl der Unsicherheit aufgebaut, organisiert werden mußte, dann ist es gerade die Gruppe der Schutzpolizei. Sie hat in jedem Jahre nicht auf Grund einer Laune der Ministerien, sondern in jedem Jahre auf Grund irgendwelcher Beschlüsse einer Interalliierten Konferenz Aenderungen erfahren. Und wenn nun, wo doch die
definitive Regelung mit den Interalliierten vor der Türe steht, noch Wünsche geäußert werden in bezug auf organisatorische Aenderungen, dann ist das Wort „demnächst“ durchaus am Platze, dann kann man warten, bis in einigen Monaten die endgültigen
vielleicht auch einige Kommunisten sind, einige Völkische und auch
das Recht der Kommunisten! Also es sind ein paar kommunistische
regierung mit den Interalliierten getroffen sind, um dann auch in Preußen die Organisation so zu treffen, daß sie auch für die nächste Zukunft Bestand hat.
Ich darf aber dem Herrn Abg. Borck sagen, daß mit meiner politischen Einstellung die Dinge rein gar nichts zu tun haben; das sollte ihm bekannt sein, daß als Gründe für die Unsicherheit in den letzten Jahren die Beschlüsse der Konferenzen der Inter⸗ alliierten in Betracht kommen.
Wie er dann den Vorwurf rechtfertigen will, daß es der Organisation an Wahrhaftigkeit fehle, das ist mir eigentlich uner⸗ findlich. Ich komme gleich noch auf seine Ausführungen mit wenigen Worten zurück, möchte mich aber zunächst dem zuwenden, was der Herr Abg. Metzenthin gesagt hat.
Der Abg. Metzenthin meinte, daß ich mich in dem Erlaß, den ich in bezug auf die Flaggenfrage vor einigen Jahren herausgegeben hatte — ich glaube, im Juli 1923 — als Staats⸗ mann gezeigt hätte, diese Haltung aber im Laufe der Jahre rückwärts revidiert hätte. Davon kann gar keine Rede sein. Zu dem, was ich in der betreffenden Rede und in dem Erlaß gesagt habe, stehe ich auch heute. Ich habe vorgestern dem Abg. Milberg gesagt, daß ich den Landrat des Kreises der Provinz Sachsen, in dem die kleine Gemeinde Bergzow liegt, angewiesen habe, dem Gemeindevorsteher von Bergzow zu eröffnen, daß man die schwarz⸗ weißrote Fahne nicht schlechthin als Parteifahne ansehen könne. Aber ich habe in den Reden vorausgesetzt, daß dieselbe Duldsamkeit, die ich zum Ausdruck gebracht habe, auch auf der anderen Seite zum Ausdruck kommen würde. Der ganze Streit über die Flaggen—⸗ frage würde die Gemüter nicht so erregen, viel ruhigere Formen annehmen, wenn die schwarzrotgoldene Fahne von Ihren Orga⸗— nisationen mehr geachtet würde, wenn es nicht zur Gewohnheit geworden wäre, diese Fahne in unerhörter Weise herabzusetzen. (Sehr richtig! im Zentrum und links.) .
Ich habe nicht nötig, den Herrn Polizeipräsidenten Grzesinski, den die Herren des Landtags ja alle kennen, besonders in Schutz zu nehmen. Ich glaube, es war auch nur ein Lapsus, als Herr Metzenthin meinte, Herr Grzesinski sei nur „nomineller“ Polizeipräfident in Berlin. Ich wünschte, ich hätte nur solche „nominellen“ Beamten. (Sehr gut! bei der Sozial demokratischen Partei) Wenn Herr Grzesinski auch sein Landtags- mandat deswegen nicht niedergelegt hat, so leidet doch nichts in der Wahrnehmung seines Amtes. Was würden Sie sagen, Herr Abg. Metzenthin, wenn ich mich jetzt darauf besänne, daß in den anderen Parteien ja auch Beamte sitzen, die ihr Landtagsmandat noch innehaben, und dann von nominellen Regierungspräsidenten sprechen würde? (Zustimmung bei der Sozialdemokratischen Partei) Das würde eine Unfreundlichkeit sein, und ich bin heute gar nicht in der Laune, eine Unfreundlichkeit auszusprechen. (Heiterkeit) Sie haben dann von dem Polizeipräsidenten Oexrle in Halle gesprochen und gesagt, daß ich auch mit seiner Ernennung keine glückliche Hand gezeigt habe. Ich weiß nicht, ob sich das Gespräch, das die Führer der Stahl⸗— helm⸗ und der Werwolf ⸗Organisationen mit Herrn Oexle gehabt haben, so abgespielt hat, wie Ihnen das berichtet worden ist. Das weiß ich aber — und das möchte ich auch Ihnen sagen, Herr Abg. Metzenthin — daß man alles das, was aus der Stahlhelm⸗Organisation Halle kommt, mit großer Vorsicht prüfen muß. (Sehr richtig! bei der Sozial⸗ demokratischen Partei) Daher bin ich auch geneigt, die Glaub⸗ würdigkeit dieses Gesprächs der Stahlhelmleute mit dem Polizei⸗ präsidenten Oexle in Zweifel zu ziehen. Aber selbst, wenn es sich bewahrheiten sollte — Herr Oexle ist ein Herr, der burschikose Umgangsformen hat — daß Herr Oexle in der gerade nicht amt⸗ lichen Unterredung gesagt hat: Das Beste wäre, daß Sie — d. h. nicht die einzelnen Staatsbürger, sondern die Stahlhelmleute — sich in der Dunkelheit auf der Straße nicht sehen ließen, dann käme das nicht vor“, so weiß ich nicht, ob darin nicht ein Körnchen Wahrheit liegt. (Sehr war! bei der Sozialdemokratischen Partei. — Ja, wir können das nicht dulden. Die Polizei hat natürlich auch solche Organisationen zu schützen, wenn Sie abends ausgehen nnd von radaulustigen Elementen angegriffen werden. Aber wenn wir uns alle freiwillig zusammenschlössen, um aul die Wehrorganisationen einzuwirken, daß sie sich nach Eintritt der Dunkelheit nicht allzu oft auf den Straßen bewegen, dann würde damit der Polizei ihre Aufgabe wesentlich leichter gemacht und der allgemeinen Ruhe und Sicherheit gedient. (Sehr richtig! links und in der Mitte.)
Ich bin gestern schon von Herrn Abg. Gieseler daraufhin an= gesprochen worden, ob es richtig sei, daß 2300 Kommunisten im Ruhrgebiet in die Schutzpolizei eingereiht seien. (Lachen und Zu
rufe links und in der Mitte.) Darauf braucht man wohl nicht zu antworten, was Herr Abg. Gieseler fragt, ich glaube, in dem Urteil stimmen wir alle überein. Aber diese oder ähnliche Mit⸗ teilungen sind auch von anderer Seite gekommen. Die „Deutsche Zeitung“ hat unter der Spitzmarke: „Prätorianer⸗Garden Severings“ einen Artikel gebracht, der auch ungefähr die Be⸗ hauptung enthält, daß 23600 Gewerkschaftler im Ruhrgebiet in die Polizei aufgenommen wären, weil sie meiner politischen Richtung angehörten. Es ist sehr oft von der Verpflichtung der Staatsregierung die Rede gewesen, denjenigen Männern und Beamtengruppen, die sich in den letzten Jahren hervorragend bewährt haben, für ihre Pflichterfüllung öffentlich Dank zu sagen (sehr gut! bei der Sozialdemokratischen Partei und in der Mitte), diesem Dank auch Taten folgen zu lassen und ihm dadurch Ausdruck zu geben, daß eine Aufbesserung der Be⸗ züge eintritt. Es ist der größte Undank, wenn man die Aufnahme dieser 2300 Männer als Ersatzpolizisten in die Schutzpolizei mit solchen hämischen Glossen begleitet. (Sehr richtig! bei der Sozial⸗ demokratischen Partei und in der Mitte.) Diesen 2300 Männern verdanken wir es, daß in der schwersten Zeit des Jahres 19239 in Rheinland und Westfalen die Ruhe und Ordnung aufrecht⸗ erhalten worden ist. (Lebhafter Beifall.)
Weder die Einstellung, noch die Beförderung — das sage ich Herrn Abg. Borck — erfolgt in der Polizei nach parteipolitischen Gesichtspunkten. Ich bin überhaupt — das soll als mein letztes Wort in dieser Debatte an die Adresse des Herrn Abg. Borck gerichtet sein — erstaunt, Herr Kollege Borck, daß Sie sich jetzt — post festum — als den Sachverständigen der Deutschnationalen für die Schutzpolizei hinstellen. Sie haben vor einigen Jahren Ihr Abschiedsgesuch, Ihren Austritt aus der Schutzpolizei mit
Beschlüsse der Interalliierten oder die Vereinbarungen der Reichs⸗
folgenden Wendungen begründet:
Ich sehe jetzt ein, daß für einen ausgesprochenen Soldaten kein Platz mehr in dieser Fachpolizei ist. Zum reinen Polizei⸗ dienst fehlt mir jegliches Verständns und Interesse.
(Stürmische Rufe: Hört, hört! und große Heiterkeit bei der Sozial⸗ demokratischen Partei und in der Mitte.) Meine Damen und Herren, ich habe diesem Selbstzeugnis, das heute noch gilt, nichts hinzuzufügen. Erneute große Heiterkeit und stürmischer Beifall bei der Sozialdemokratischen Partei und in der Mitte.)
81. Sitzung vom 19. Oktober 1925, Mittags 12 Uhr. Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deut cher Zeitunasverleger ).)
Das Haus tritt ein in die zweite Beratung des Haus⸗— halts der Porzellanmanufaktur.
Der Abg. Osterroth (Soz) erstattet den Ausschuß⸗ bericht.
In der allgemeinen Aussprache wünscht der .
Abg. Meyer-⸗Rheine (Soz,), daß die politischen Gegensätze in der e men n endlich schweigen und daß man sich mit den Ergebnissen des ,, zufriedengeben möchte. In diesem Staatsbetriebe müßten au Erzeugnisse her⸗ gestellt werden, die es auch den Minderbemittelten gestatteten, Er⸗ werbungen zu machen.
Abg. Hackenberg (D. Nat) hofft, daß es dem neuen Leiter der Porzellanmanufaktur gelinge, daß wieder Ruhe eintrete. Auch 6 das Künstlerische mit dem Kausmännischen so ver⸗ einigt werden, daß die Manufaktur ihrer Aufgabe in jeder Weise gerecht werden könne.
Abg. Paul Hoffmann (Komm.) lehnt eine Gewinnbeteili⸗ gung der Beamten ab; werde sie beibehalten, so müßten alle im Betriebe Beschäftigten gleiche Sätze erhalten. Der Redner fordert ferner höhere Bezüge für Angestellte, Arbeiter, Beamte und Ruhe⸗ gehaltsempfänger.
Der Haushalt wird angönommen. Bei der Abstimmung über einen kommunistischen Antrag auf kö Unter⸗ stützungen an Arbeiter und Angestellte, für den die Kommu⸗ nisten und die Sozialdemokraten stimmen, bleibt infolge der Art der Zusammensetzung des Hauses die Abstimmung zweifel⸗ haft. Es stellt sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus.
Die Sitzung ist damit beendet. Der Präsident beraumt auf sofort eine neue Sitzung an.
In der neuen Sitzung beginnt das Haus die zweite Beralung des Haushalts der Lotteriever⸗ waltung. Mitberaten wird der Entwurf, wonach den Beamten der Generallotteriedirektion eine Gewinn⸗ beteiligung zugesprochen wird, jedoch nicht über zwei Monatsgehälter hinaus.
Der Abg. Bischoff (Wirtsch. Vereinig,) berichtet über die Ausschußberatungen.
Abg. Me yer⸗Berlin (Soz,) fordert, daß endlich mit dem System der Gewinnbeteiligung für preußische Beamte gebrochen werde. Sie vertrage sich nicht mit dem Beamtencharakter und sei eine Quelle von Mißständen. Es würden sich auch Konse⸗ quenzen für andere Beamtenkategorien ergeben.
Abg. Dallmer (D. Nat. hält eine generelle Regelung der hier aufgetretenen Prinzipienfrage, beim Lotteriehaushalt für unangebracht und lehnt demgemäß den Antrag der Sozial- demokraten ab. Man solle für jetzt einfach die Regierungsvorlage annehmen.
Abg. Dr. Wie mer (D. Vp): Die guten Erfolge der Staats⸗ lotterie sind zum guten Teil auch der von den Beamten betriebenen Reklame zu verdanken. Wir verzichten zurzeit darauf, unsere An⸗ träge auf Erhöhung des Gewinnanteils der Lotteriebeamten wieder einzubringen. Die Vorlage schränkt aber ihre bisherigen Ansprüche dadurch ein, daß die neue Regelung schon ab 1. Januar 1925 Platz , soll. Wir erblicken darin eine Unbilligleit und beantragen,
ie Neuregelung erst vom 1. Oktober 1925 in Geltung zu setzen
Abg. Kasper (Komm): Wir verlangen die Aufhebung dieser Sonder und Ausnahmerechte der Lotteriebeamten. Die Notlage der Beamten muß durch allgemeine Besoldungsverbesserung be⸗ seitigt werden, wobei besonders die unteren Gruppen zu berück⸗ sichtigen sind. Eventuell sollten die Gewinngnteile nicht nur den Beamten, sondern auch den Angestellten und Arbeitern nach einem gere ten Schlüssel zuge ührt werden.
Abg. Wig low (Dem): Das vorgelegte Gesetz ist fakultativ gestaltet, es schafft also kein bindendes Beamtenrecht. Bei der Staatsbank und bei der Preußenkasse besteht ja ein ähnliches System der Gewinnbeteiligung. Diese Betriebe sind aber mit dem Saison⸗ betrieb der Staatslotterie nicht ohne weiteres zu vergleichen. Ein abtolutes Recht auf die 2 95 können wir nicht zugestehen; auch haben die Beamten damit rechnen müssen, daß die Reduzierung
bon mit dem Beginn des Jahres 1925 erfolgen würde. Wir stimmen daher für die Vorlage und lehnen den Antrag der Deutschen Volkspartei ab.
Abg. Bischoff (Wirtsch. Vgg) erklärt sich gegen den kommunistischen Antrag, soweit er auch die Angestellten und Arbeiter an den Gewinnen beteiligen will. Das ganze Tantiemenfystem müsse geändert werden. Um die Lotterie- beamten aber nicht zu sehr zu schädigen, sei es angezeigt. der Vor⸗ lage zuzustimmen.
Ein Vertreter des Staatsministerium sz bittet
dringend, es bei den Ausschußbeschlüssen zu belassen, Das hier vor⸗ handene Ausnahmerecht müsse in möglichst engen Grenzen gehalten werden; die Beamten seien von der Auffassung des Finanz⸗ ministeriums seit Jahresfrist unterrichtet.
Das Haus lehnt den Antrag der Kommunisten und den der Teutschen Volkspartei ab und nimmt den Gesetzentwurf unverändert an; der Haushalt der dotterieverwaltung wird genehmigt und der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung end⸗ gültig angenommen.
Ohne Aussprache erledigt das Haus die Haushalte der Wünzverwaltung, des Gesetzsammlungs⸗ amts und des Deutschen Reichs⸗ und Preußäi⸗
chen Staatlsanzeigers durch Annahme der Anträge es Hauptausschusses.
Zum Haushalt der Oberrechnu unugskammer bemerkt der
Abg. Klein meyer (Soz), daß das Staats vechnungs wesen völlig veraltet erscheine und, nach Reformen erade zu schreie. Die Oberrechnungskammer sei versteinert und be .. e sich nach wie vor auf eine rein formale und juristische Rer , fie führe in neun Zehnteln ihrer gesamten Arheit einen Frosch⸗ mäufekrieg. Hier müsse moderner Geist eindringen, hier sollte jeder Ressortminister in seinem Machtbereich ein Reformator ein. In dem jetzigen Rechnungsprüfungssystem wurzelt 53 heute die Macht des Bürokratismüs. In ärgster Weise habe fi kleinliche und lächerliche Praxis bis zum heutigen Tage durchgesetzt, In den parlamentarischen Unter⸗ suchungsausschüssen seien Protololle der Oberrechnungskammer produzlert worden, mit denen absolut nichts anzufangen gewesen sei. Das. gesamte Rechnungswesen und die Prüfungsordnungen. seien einer Revision im Sinne der modernen Zeit zu , , . die eigentliche Aufgabe dieses obersten Instituts werde durch diese Kleinlichkeiten lahmgelegt.
Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
diese rückständige,
Abg. Dr. Leidig (D. Bp): An Hwieser Kleinlichleit sind eben die Gesetzesvorschriften schuld. Uebrigens ist auf diesem Gebiet bereits eine Reihe von Reformen durchgeführt. Schließlich muß die Kontrolle doch so gehand abt werden, E. über jeden Pfennig Rechnung gelegt wird. Wir danken der Cberrechnungs⸗ fammer für ihre sorgfältige, höchst undankbarg und von der Oeffentlichkeit lange nicht genug gewürdigte Arbeit. Beifall vechts.)
Abg. Weis sermel (D. Nat) schließt sich den Ausfüh⸗ rungen des Vorrvedners in ihrem vollen Umfange an. Es sei ehr leicht, auf Bürotratismus zu schimpfen. Die Existenz der
rrechnungskammer sei als unbedingte Notwendigkeit gerade durch den Gang der Ereignisse in den letzten Jahren erwiesen. Sie fei eines der werwollsten Instrumente der preußischen Staatsverwaltung.
Abg. Blank (gentr) wies darauf hin, daß bei der Ober= rechnungs kammer eine schreiende , ,. herrsche. In hundert he, sei erst ein einziger katholischer höhe rer Beamter dort be⸗ chäftigt. Seine Freunde erwarteten, daß hier Abhilfe geschaffen werde
Abg. S aden do r ff (Wirtschaftl. ere es dankt, wie der Vorredner, der Oberrechnungskammer für ihre Arbeit
Der Haushalt wird nach den Hauptausschußanträgen bewilligt.
Es folgt der Haushalt der Staatsschuld. Referent ist der Abg. Weissermel (D. Nat.. Der Haupt⸗ ausschuß empfiehlt folgenden Antrag:
„Das Staatsministerium zu ersuchen, bei der Reichsregierun mit Nachdruck darauf hinzuwirken, daß bei etwaigem g e an Personal auch die bei der ehemaligen Staatsschuldenverwaltung iber den allgemein vorgeschriebenen Prozentsatz hinaus abgebauten Beamten berücsichtigt werden.“
Der Haushalt wird bewilligt und der Antrag ange⸗ nommen.
Ueber den Haushalt des Landtags berichtet der
Abg. kö (D. Nat.: Für weitere Arbeitsräume oll eventuell im ehemaligen Herrenhause gesorgt werden. Vielen
ünschen aus dem Haufe habe bei der Lage der Finanzen noch nicht ke, , , werden können. Im . habe auch . ö he über den Wert der Untersuchungsausschüsse statt⸗ gefunden.
Abg. Brecour (Soz): Der Hauptausschuß hat sich ein⸗ hellig dafür entschieden, daß die über 15 Jahre im Hause tätigen Gehalts- und Lohnempfänger fest . werden sollen, und 9. die Stelle eines stellvertretenden Direktors geschaffen werden soll. Das Bedürfnis nach weiteren Arbeitsräumen wird immer dringender. Ein kommunistischer Antrag beanstandet die große Zimmerzahl der Amtswohnung des — Es handelt sich da doch nicht um eine einseitige Vergünstigung, sondern um würdige Repräsentation. Das Recht des Landtages, Unter uchungs⸗ ausschüsse einzusetzen, werden wir nicht antasten lassen. enn die Kommunisten die Strangulierungsparagraphen aus der Geschäfts⸗ ordnung zu beseitigen beantragen, so sind wir mit der Tendenz dieses Antrages einberstanden; aber die Kommunisten werden doch selbst nicht etwa auch den Ordnungsruf abschaffen wellen. Wenn ferner die Zahl der Abgeordneten vermindert werden soll, so ist die Beseitigung des Staatsrats die Voraussetzung dafür.
Abg. Dallmer (D. Nat.) spricht sich gegen die kommu⸗ nistischen Anträge aus. Die Anregung nn der „kleinen Anfragen“ bezw. hinsichtlich einer schärferen Kontrolle derselben sollte weiter verfolgt werden.
Abg. Schmiljan (Dem) befürwortet die vom Haupt⸗ ausschuß beantragte Vermehrung der Landtagsstenographen von neun auf zehn und spricht dem überlasteten , Büro für seine aufopfernde Arbeit Dank aus. Die „kleinen nfragen“ seien von der völkischen Gruppe geradezu gemißbraucht worden; von ihren 140 Anfragen hätten 135 unterkassen werden können. Die kleinen Anfragen sollten event. von der Drucklegung aus⸗ geschlossen werden. Der Vorstand möge dieser Anregun näher treten. Den Oberregierungsrat als stellvertretenden Direktor habe man nach dem Muster des Reichstags in Vorschlag gebracht. Der Finanzminister werde einem , ,, . Landtagsbeschluß doch schließlich nachgeben. Die Frage der Untersuchungsausschusse sollte vom Geschäftsordnungsausschuß gründlich erörtert werden. Für die Aufhebung des Staatsrats i die Demokraten nicht zu haben; es müßten noch weitere Erfahrungen auf diesem Gebiete gesammelt werden.
Nach weiterer unerheblicher Aussprache wird der Haus⸗ halt des Landtags genehmigt. Die Anträge des Hauptaus⸗ schusses finden Annahme, darunter der auf feste Anstellung bon Gehalts- und Lohnempfängern und Schaffung der Stelle eines stellvertretenden Direktors.
Es folgt die zweite Beratung des Haushalts des Staatsrats. Verbunden wird die Beratung einer Novelle zum Gesetz über die Reisekosten und Auf⸗ wandsentschädigung für die Mitglieder und den Präsidenten des Staatsrats.
Abg. Berten (Soz.) erklärt den Staatsrat für überflüssig; eine ã11 müsse ihn wieder beseitigen.
Ah r. Leidig (D. Vp.) betont die andere Einstellung seiner Fraktion. Das Gutachten des Staatsrates sei sehr beacht⸗ lich. Bie Stellung der Sozialdemokratie zur Verfassung sei recht eigenartig. Einmal schreie sie über Verfassungsbruch; dann wieder wolle sie an der Verfassung herumwinden, wo . ihnen nicht paßt. it der fortwährenden Beteuerung der Ver ng treue sei es ihnen eben wenig ernst. (Lebhafter Widerspruch bei den Soz.) Erst solle man einmal aus dem ed, heraus⸗ kommen; später könne man mit leiser Hand, wo es nötig sei, an Verfassungsänderungen herangehen.
Abg. Schwenck⸗Berlin (Komm.) erklärt den Staatsrat für völlig überflüssig und lehnt die Ausgaben für den Staatsrat ab..
Der Antvag, die Ausgaben für den Staatsrat zu streichen, wird gegen die Kommunisten und Sozialdemokraten g elehnt, der Haushalt selbst genehmigt. Die Novelle zum Diätengesetz für den Staatsrat wird verabschiedet.
Das Haus geht über zur zweiten Beratung des Ju stiz⸗ haushalts. Mit der Beratung verbunden wird der Hiacht über die Feststellungen des Höfle⸗Ausschusses.
Nachdem der Abg. Dr. Wester (Zentr) als Bericht⸗ erstatter mit kurzen Worten auf den umfangreichen gedruckten Bericht verwiesen hatte, nahm in der Aussprache zu dem Gegenstand das Wort der
Abg. Dr. Schmidt⸗Lichtenberg (3entr): Der Höfle-⸗Unter= suchungs⸗Ausschuß ist von meiner bern en, beantragt worden. Die Beweggründe dazu waren nicht persönlicher oder partei olitischer Art. Wir beabsichtigen weder eine nachtrãgliche Recht ,, oder Verherrlichung des Paxteifreundes, noch auch ein parteitattisches Ablenkungsmanöver. Wir wollten bezüglich der materiellen ia en 36 etwaigen Verfehlungen keineswegs in die ordentliche n und das noch schwebende Barmat⸗ Verfahren eingreifen. Uns leitete vielmehr die Sorge um die so überaus wichtige Strafrechts flege und Gefängnisverwaltung all⸗ gemein und die durch die öfle⸗Tragödie aufgedeckten schweren Schäden und ernsten Gefahren. (Sehr richtig! im Zentr. ) Wir atten das Interesse der Volksgesamtheit im Auge. Die ab⸗ ällige Kritik an unseren preußischen , ann sich nicht gegen die Zentrunispartei richten, denn sie ver⸗ tritt programmatisch den Schutz der Unparteilichkeit der Rechts⸗ pflege und den Schutz der Unabhängigkeit der Rechtspflege, und ihre Geschichte beweist, daß sie es mit dieser Forderung sehr ernst
lichen Freiheit
re, , Sorgfalt vermieden, die Grenzen der 9 en
nterfuchungsausschüsse zu überschreiten. In der Sache selbst sind unsere anfänglichen Befürchtungen durch die Ergebnisse des e, e leider übertroffen worden. Niemand wird sich dem erabezu erschütternden Eindruck der einstimmig getroffenen Ifst⸗ ö ent 22 können. (Sehr wahr!) an hat die Höfle⸗ ragödie . einen ö. genannt. Dieses furchtbare Urteil können wir nicht billigen, weil es in juristischem Sinne nicht zutrifft. Dagegen muß man auch als Jurist feststellen, daß der Fall 3. die bereits bekannten Justizirrtümer um einen betrüblichen Fall vermehrt hat. Dieses lirteil betrifft natürl! nur die . Behandlung auf dem Gebiete des Verfahren und der Gefängnisverwaltung. Ich habe nur die rechtlichen Ge⸗ sichtspunkte zu erörtern. Medizinisch wird den Fall noch Kollege Dr. Wester beleuchten. Die gedruckt vorliegenden ,, 5 ne die Kommunisten) getroffenen Feststellungen des Ausschusse
ilden eine lange Kette bon Versäumnissen und Härten, die auf das Schuldkonto fast aller beteiligten Amtspersonen zu setzen sind und die, wie ausdrücklich festgestellt, jedenfalls 4 dem Tode Dr. Höfles mit beigetragen haben. (Hört, hört! Dieses er= schreckende Ergebnis ist unabhängig von der von uns nach wie bor für völlig ausgeschlossen gehaltenen Annahme einer Selbst⸗ tötung Dr. Höfles. Sehr richtig!! Man 2 also mit einem kranken Unterfuchungsgefangenen, der doch nur Bes zuldigter, nicht aber ein überführter Verbrecher war, in einer Weise umgegangen, welche die in der Verfassung, der Strafprozeßordnung und der Ge⸗ fängnisordnung enthaltenen Garantien für den Schutz der persön⸗ gröblich verletzte. (Zustimmung im Zentr.) Das Kapitel der Untersuchungshaft ist eit Erlaß der Straf⸗ prozeßordnung von vielen Seiten als reformbedüůrftig erkannt und bezeichnet worden. Schriftsteller und Praktiker, ganze Kommissionen und Justizminister haben sich lebhaft bemüht. da⸗ für zu sorgen, daß die harten Bestimmungen im rechten Geiste angewender würden. Eine allgemeine Verfügun des Justiz⸗ ministers Rosenfeld vom 16. September 1918 ist ferner sehr beachtlich. Leider sind diese Verfügungen wie in anderen so auch im Falle Dr. Höfle nicht beachtet worden. Offenbare Irr⸗ tümer sind den Justizbeamten zum Vorwurf zu machen; so war insbesonde re die Auffassung über die ß ungen irrig, die ftbefehls. Von Flucht⸗ ede sein, da nicht einmal
vorliegen müssen bei Aufhebung des verdacht konnte bei Dr. Höfle nicht die . mehr die Fluchtmöglichkeit bestand. Trotzdem ist seine Ent⸗ lafsung oder Verlegung nicht erfolgt. Der Haftbefehl ist nicht einmal in der letzten Woche, der Katastrophenwoche, aufgehoben worden, als Dr. Höfle nichts war als eine armselige, hilflose Kreatur, die vom Tode gezeichnet war. (Sehr wahr! im . und links. Das ist eine unsaßbare Ungeheuerlichkeit! rst die Majestät des Todes hat Dr. Höfle dem Arm der Justiz entzogen. Bewegung. Die Ansichten des Vertreters der Staatsanwalt⸗ schaft zum Legalitätsprinzip sind unhaltbar. Wegen einer lächer⸗ lichen Kleinigkeit im Offenbarungseidverfahren ist Dr. Hölle nicht einmal von dem Meineidsverfahren verschont geblicrben. So hat' die Einstellung dieser „objektivsten Behörde der Welt“ die Qual der be , , . noch unnötig verstärkt. Wir müssen weiter Kritik üben an der behördlichen y n, über den Ausgleich zwischen staatlichem Strafanspruch, und Anspruch des Staatsbürgers auf persönliche Freiheit. Fiat justitia, Pereat gecusatus'. Dieser Grundsatz hat sich in furchtbarer Weise fa Geltung gebracht. Der Wahrung der Würde, des Ansehens, des Vertrauens in die Strafrechtspflege ist damit nicht gedient worden. Es genügt nicht, Schneidigkeit, Korrektheit, Paragraphenwissen⸗ schafl; Lebenserfahrung, Abgeklärtheit, Wille zur wahren Ge⸗ rechtigkeit und Betätigung echter Menschlichkeit muß in der Justiz gleichfalls zum Ausdruck gelangen. Bei Erörterung des betrüb⸗ sichen Falles hat die Parteileidenschaft zu schweigen, wur Recht und Gerechtigkeit muß maßgebend sein. Im Treppenhause des Landtagsgebäudes steht eine Figur, die ein Richtschwert in der Hand hat mit der Inschrift: suam euique! Diesem üralten Spruch ist hier nicht Rechnung Ft n worden. Selbst wann Dr. Höfle Verschuldungen auf sich geladen hätte, den Tod hätte er nicht verdient! Nicht die Formel „von Rechts wegen“ kann man unter diese Tragödie setzen, sondern die andere: „von Todes wegen“. Wir müssen uns alle bemühen, Mittel und Wege zu finden, um zu verhüten, daß derartige Ungeheuerlichkeiten in Zu⸗ kunft noch einmal zu beklagen sind. (Lebhafte Zustimmung!)
Staatssekretär Fritze gibt dem Hause betannt, . der Justizminister durch seinen Zustand noch immer an da Zimmer gefellt i Das Justizministerium hat aus Anlaß des Falles Söfle den schon erwähnten Erlaß vom 15. Juni heraus- gegeben. Ueber die im Untersuchungsckusschuß zur Sprache ge⸗ brachten angeblichen Verfehlungen ven Beamten der Staats⸗ anwaltschaft ist der Generalstagtsanwalt die Betreffenden zu hören veranlaßt worden. Die Zustände im Berliner Untersuchungs⸗ gefängnis haben dazu geführt, daß der betreffende Direktor als seinen Obliegenheiten auf diesem Posten nicht völlig gewachlen anderwenlig dienftliche Verwendung finden wird. Für die Zukunst soll die Kompetenz der Anstaltsärzte erweitert und ihre Zahl ver⸗ mehrt werden. Bezüglich der Pfleger schweben noch Ermittlungen über Neuregelung der auf fie bezüglichen Bestimmungen. Die Fustizverwaltung hofft, auf diesem Wege den eingetretenen Miß ständen ein Ende zu machen.
Abg. Dr. Seelmann (D. Nat.): Für uns ist die Annghme eines Selbstmordes des Dr. Höfle von vornherein anwahrschein⸗ lich gewesen. Wie die Tinge an dem kritischen Tage sich abgespielt haben, ist mit unfehlbarer Sicherheit nicht . Die Maß⸗ nahmen der Staatsanwaltschaft hat der Zentrumsredner getadelt und ihre Wirkungen als eine Ungeheuerlichkeit bezeichnet. Damit
hat er dieser Behörde und ihren Vertretern Unrecht getan. Glaubt er denn, die Staatsanwälte und der Untersuchungsrichter hetten
aus irgendeinem Vorurteil gegen Dr. Höfle, hätten aus Gehässig- keit gegen ihn gebandelt? Beide sind der Meinung gewesen, Höfle sei eines Verbrechens und Vergehens dringend verdächtig, und es liege Fluchtverdacht und Kollusionsgefahr vor. Wenn der Unter⸗ suchungsrichter sieht, daß ihm der Angeschuldigte Fingern immer schwächer wird, so hätte er diesen Verdacht und biese Gefahr als ausgeschlossen annehmen können. Er hat sich aber von dem starren Buchstaben des Gesetzes nicht losmaen können, und hier liegt der Fehler, der in den letzten kritischen Lebenstagen des Angeschuldigten begangen worden ist. Daß der Fall auf diese Weise überhaupt nicht zum Austrag gekommen ist, ist vielleicht der Hauptvorwurf, der die Justizverwaltung trifit. Auch in der Beschlagnahme. die im Hinblick auf die Kosten erstattungspflicht des Angeschuldigten vorgenommen wurde, ist unzweifelhaft ein Mißgriff begangen worden. Weshalb hat dag Fustizministerium nicht eingegriffen, hat man im Ausschuß ge⸗ fragt. Wir können die von ihm bewiesene Zurückhaltung wohl bersteben. Man kann weiter fragen, weshalb die Justizbehörden ihre Aufmerksamkeit den Zuständen in den Untersuchungsgefäng⸗ nissen nicht früher zugewendet haben, weshalb erst jetzt die Maß⸗ nahmen getroffen worden sind, von denen der Staatsselretär soeben Mitteilung gemacht hat. Ganz untztig ist ja auch das
Strafvollzugs amt nicht gewesen, aber inzwischen ging Hölfe im
Unterfuchungsgefängnis durch narkotische Mittel, mit denen. Miß⸗ brauch getrieben worden ist, zugrunde. Daß ein Rechts irrtum vorliegt, kann ich nicht e, , denn der tragische Ausgang, der Mißbrauch dieser Mittel hat doch mit der Rechtspflege nichts zu fun. Hier haben wir es nur mit dem Anstaltsarzt 6 der wohnte nicht im Untersuchungsgefängnis. nicht in rlin, sondern in Friedenau. Unzulänglichkeiten persönlicher und sachlicher Art sind schuld am Tode des Dr. Höfle. In Fragen der Rechtspflege gibt es für uns keine Parteipolitik. Alle Beamten haben gehandelt. wie sie es nach ihrer Einstellung für richtig hielten. Im Höfle⸗ Ausschuß hat ein Eingriff in ein schwebendes Verfahren nicht stattgefunden. .
Hierauf vertagt der Landtag die Fortsetzung der Beratung auf Dienstag 12 Uhr.
Schluß 6 Uhr.
nimmt. (Beifall im Zentr Wir haben im Höfle⸗Ausschuß mit
unter den