1925 / 255 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Oct 1925 18:00:01 GMT) scan diff

verbessert. Die Pfarrer sind immer leer ausgegangen. Das Finanzministerium muß endlich seinen Widerstand aufgeben. Wir wünschen einmütig die gesetzliche Regelung bis spätestens 1927, damit Beruhigung in den Kirchengemeinden eintritt.

Ein Regierungsvertreter legt dar, daß eine Ver⸗ kürzung der katholischen Pfarrer im Gehalt in den Jahren seit 1929 nicht stattgefunden habe.

Abg. Meyer-⸗Herford (D. Vp): Der Finanzminister hat erklärt, daß es eine Prinzipienfrage sei. Ist es nun richtiger, daß auf etatsrechtlichemn Wege als auf gesetzlichem Wege die not⸗ wendigen Mittel für die Pfarrergehälter aufgebracht werden können, so bietet doch jedenfalls der gesetzliche Weg die größere Sicherheit, weil man trotz der Zusagen des Finanzministers nicht wissen kann, ob wirklich nachher etwa bei einem anderen 443 diese Zusage erfüllt wird. Eine endgültige Regelung ist in diesem Augenblick in der Tat nicht möglich. da man vor dem 1. April 197, die Auswirkungen des Finanzausgleichs nicht übersehen sann. Daher haben wir auch in dem Gesetzentwurf die Befristung auf drei Jahre. Die Unsicherheit bezüglich der Bezüge und der finanziellen Gebarung der Kirchen sind so oh, daß bis zu dem Zeitpunkt, wo man einigermaßen eine Uebersicht gewinnen kann, also bis 1. April 1927, eine provisorische gesetzliche Regelung erfolgen muß, wenn auch ein Teil meiner politischen Freunde die Teckungsbedenken des Finanzministers teilt Eine Notlage ist vorhanden. Die charitativen Leistungen der Kirche dürfen nicht unterbunden werden. Der Redner erklärt für seine Fraktion die Zustimmung zu dem Entwurf.

Abg. König (Soz.) lehnt die Anträge ab, weil die Kirchen nach der Reichsverfassmnig nur Anspruch auf die ihnen rechtlich zustehenden Leistungen haben.

Abg. Schwenck⸗Berlin (Komm) nennt, die Ansprüche der . ungeheuerlich. Man sollte lieber an die unteren Beamten denten.

Abg. Graue (Dem): Wir stimmen den Erklärungen des Staatssekretärs und des Finanzministers zu. Wir hatten uns ursprünglich den Anträgen Winckler und Porsch angeschlossen, da wir einen kirchlichen Nokstand nicht eintreten lassen wollten. Nach⸗ dem der Finanzminister den Deckungseinwand erhoben hat, ist für uns die Situation völlig verschoben. Es erscheint uns unbillig, die Kirchen durch Staatssubsidien zu unterstützen, während der Finanz⸗ minister nicht weiß, wie er den Etat balancieren sboll. Die Kirchen müssen so sparsam wirtschaften wie der Staat; Pfarrstellen müssen zusammengelegt werden. Redner legt Protest ein gegen eine die Perso nalrolitit des Kultusministeriums tadelnde Resolution, die von der letzten Brandenburgischen Provinzialsynode beschlossen worden ist; hier liege eine gröbliche Kompetenzüberschreitung vor

Abg. Prelle (W. Vgg.', Dt. Hann.) tritt dem Vorredner entgegen, dessen Ermahnung zur Sparsamkeit an eine ganz fgalsche Adresse fich richte. Auch der Minister irre, wenn er eine Notlage der Kirche und der Kirchengemeinden bestreite.

Abg. Voß (Völk): Die Kirche hat eben ihre Leistungsfähig⸗ kelt nicht seststellen können. und die Anträge bezw. die verlangte Gesetzvorlage sollen die Sicherheit für die Existenz der Pfarrer schaffen, denn auf bloßes Wohlwollen des Staates allein können die Kirchen sich nicht anweisen lassen. Was gilt denn heutzutage noch eine Mark? (Aha! und große Heiterkeit links) Der Abge⸗ ordnete Graue hat hier in sehr eigentümlicher Weise mit ver⸗ steckten Drohungen gearbeitet; glaubt er, weil die Kirche vom Staat Zuschüsse erhält. daß sie deshalb dem Staat gegenüber den Mund zu halten hätte?

Damit schließt die Beratung. Die Abstimmung wird auf eine spätere Stunde verschoben.

Die allgemeine Aussprache beim Bergetat wird fortgesetzt.

Minister für Handel und Gewerbe Dr. Schreiber: Meine Damen und Herren, bei den Verhandlungen über den Haushalt der Berg, Hütten⸗ und Salinenverwaltung haben in den früheren Jahren die wichtigen und bedeutungsvollen Fragen des Grubensicher⸗⸗ heitswesens ihre ganz besondere Rolle gespielt. In diesem Jahre sind die Wünsche dieses Hauses nach Vervollkommnung und Ver⸗ besserung des Grubensicherheitswesens schon in einer besonderen Ver⸗ handlung zum Autdruck gekommen. Meine Verwaltung ist gegen⸗ wärtig damit beschäftigt, die Beschlüsse, die der Landtag vor wenigen Wochen auf diesem Gebiete gefaßt hat, beschleunigt zur Ausführung zu bringen, soweit das nicht bisher schon geschehen ist. Das letztere gilt unter anderem auch für einen Antrag, den der Herr Abgeordnete Franz in seiner gestrigen Rede erwähnt hat. Er hat darauf hingewiesen, daß der Landtag einen Beschluß gefaßt hat, nach dem beim Vorliegen er⸗ höhter Unfallgefahren den Mitgliedern der Grubensicherheitskommission das Recht der Befahrung eingeräumt werden soll, und er hat bemängelt, daß keine Klarheit darüber bestände, wer benn nun die Entscheidung zu treffen habe, ob erhöhte Unfallgefahr vorliegt. Bereits ehe das hohe Haus jenen Beschluß gefaßt hatte, als er vielmehr erst im Ausschuß gefaßt war, habe ich am 25. Juni die Oberbergämter dapon verständigt, daß dieser Beschluß voraussichtlich auch im Plenum des Landtags zur Annahme gelangen würde, und habe dementsprechend die Oberberg⸗ ämter angewiesen, die Vorsitzenden der Grubensicherheitsbezirks⸗ kommissionen und Hauptkom mission entsprechend zu instruieren. Hier⸗ nach scheint mir kein Zweifel obwalten zu können, daß über die Frage, ob erhöhte Unfallgefahr vorliegt oder nicht, die Vorsitzenden der Grubensicherheitskommissionen, der Hauptkommission und der Bezirks⸗ kommissionen, jeweilig zu entscheiden haben. Ich begrüße es lebhaft, daß der Hauptausschuß in seinem Antrag 1193 die im Sommer ge— faßten Beschlüsse bereits für das jetzt laufende Haushaltsjahr hat be⸗ rücksichtigen können. Der Hauptausschuß hat noch darüber hinaus auf Drucksache Nr. 998 unter B1 bis 5 eine Reihe von Anregungen ge⸗ geben, die mit dem Grubensicherheitswesen in einem gewissen Zu⸗ sammenhang stehen. Ich hoffe, daß auch diese Anregungen bald verwirklicht werden können. Ich halte mich aber für verpflichtet, gegenüber den beiden Anträgen Nr. 4 und 5. auf Drucksache Nr. 998 zu B auf folgendes hinzuweisen. Beide Anträge gehen offenbar von der Erwägung aus, daß die Betriebsbeamten, die über die Durch—⸗ führung der im Interesse der Grubensicherheit gegebenen Bestimmungen zu wachen haben, sich in ihrer Kontrollpflicht vielleicht durch die Er⸗ wägung beeinflussen lassen, daß ihr Arbeitgeber sie entlassen könnte, wenn sie gar zu sorgfältig über die Einhaltung der Grubensicherheits⸗ vorschriften wachten. Meine Damen und Herren, ich habe schon bei früherer Gelegenheit zum Ausdruck gebracht, daß meiner Ueberzeugung nach jeder wirtschaftlich verständig urteilende Bergwerksbesitzer selbst sein großes Interesse daran erkennen werde, daß auf dem Gebiete der Grubensicherheit nichts versäumt wird. Denn wenn irgend etwas auf diesem Gebiete versäumt wird und wenn es zu Unglücksfällen kommt, so hat naturgemäß auch der Bergwerksbesitzer direkt oder indirekt davon seinen Schaden. Aber immerhin gebe ich zu, daß es möglich ist, daß Betriebsbeamte, die über die Einhaltung der Grubensicherheits⸗ vorschriften zu wachen haben, doch vielleicht des Glaubens leben, daß, wenn sie energisch auf dem Gebiete des Grubenaufsichtswesens auf⸗ treten, ihnen daraus irgendwie ein Schaden erwachsen könnte. (Zuruf links: Das geschiehth Es wäre interessant, Herr Abgeordneter Otter, wenn Sie bestimmte Fälle, die das, was Sie eben gesagt haben, be⸗ legen, zur Kenntnis des Ministeriums brächten. Wie dem auch sei, ich halte die Frage immerhin für so wichtig, daß ich es für wünschens— wert halte, dieser Anregung nachzugehen, und daß man in der Tat so,

wle es ver Antrag unler Nr. 4 vorsieht, prüft, wie man diesen Be⸗ amten in erhöhtem Maße eine Sicherheit gegen unberechtigte Kündi⸗ gung und gegen einen Mißbrauch des Kündigungsrechts gewähren kann. Ich würde es aber für falsch halten, meine Damen und Herren, wenn wir nun nun etwa diese Frage, die im Zusammenhange mit der Schaffung des vom Herrn Reichsarbeitsminister geplanten Berg⸗ arbeiterschutzgesetzes zu prüfen und zu klären sein wird, hier jetzt herausgreifen und von Preußen aus regeln wollten, statt ihre Ent⸗ schließung der bevorstehenden Regelung des Reiches zu überlassen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten) Ich würde deshalb meinen, daß der Antrag unter Nr. 4 so angenommen werden kann. Ich verstehe ihn so, daß dann von meiner Verwaltung aus gegenüber dem Reich bei der Vorbereitung der dortigen Gesetzgebung auf die Be⸗ deutung dieser wichtigen Frage mit aller Entschiedenheit hingewiesen wird.

Dagegen würde ich den Ansicht sein, meine Damen und Hexren, daß der Antrag unter Nr. 5h so, wie er vorliegt, nicht angenommen werden kann. In diesem Antrag wird angestrebt, daß durch eine Novelle zum Berggesetz eine Regelung getroffen wird, nach welcher Werksleiter unter Strafe gestellt werden, die Grubenbeamte deshalb entlassen, weil sie die bergpolitzeil ichen Vorschriften sorgfältig beachten. Ich kann mir wirklich nicht denken, daß dieser Tatbestand jemals durch ein Gericht irgendwie festgestellt werden könnte. Wenn wirklich ein Bergherr die Absicht hätte, einen Beamten, weil er seine Pflicht auf dem Gebiete des Gmbensicherheitswesens voll und gewissenhaft erfäüllt, zu entlassen, so können Sie wohl darauf vertrauen, daß er dann nicht so ungeschickt und töricht kst, das als Entlassungsgrund zum Auchruck zu bringen. Deshalb glaube ich, daß dieser Antrag doch etwas über das Ziel hinausschießt, und daß die Tendenz, die dem An— trage zugrunde liegt, vollkommen berücksichtigt und verwirklicht werden kann, wie ich annehme, wenn man dem Antrage unter Nr. 4 ent⸗ spricht.

Nun hat der Herr Abgeordnete Franz in seinen gestrigen Aus—Q— führungen der Besorgnis Ausdruck verliehen, daß die Erlasse, die vom Ministerium ins Land hinausgehen, etwa von dieser oder jener nach— geordneten Stelle nicht in dem Geiste ausgeführt werden könnten, wie das selbstverständlich notwendig ist, und ern hat darauf hin gewiesen, daß in einem Falle ein Erster Bergrat, der einen Erlaß meines Ministeriums nicht befolgt habe, kurz darauf an das Ober bergamt Breslau befördert worden sei. Es handelt sich dabei offenbar um die Angelegenheit des Oberbergrats Dahms. (Abgeordneter Franz: Sehr richtig) Da liegen die Dinge nun folgendermaßen:

Es trifft zu, daß der jetzige Oberbergrat Dahms einen Erlaß, der

dnete, daß bei der Grubenbefahrung durch die Revierbeamten die Betriebsräte mit hingugezogen werden sollen, nicht beachtet hatte. Die Sache ist geprüft worden, es ist das festgestellt worden, und das Er⸗ fordenliche ist hem Beamten gegenüber veranlaßt worden. Nun wäre es in der Tat nicht zu verstehen, wenn nach einem solchen Vorgang eine Beförderung zum Oberbergrat erfolgt wäre. Die Dinge liegen aber keineswegs so.

Herr Abgeordneter Franz hat die Anzeige gegen Dahms am 7. Mai beim Oberbergamt Breslau eingereicht. In meinem Ministerium ist die Angelegenheit mit der Stellungnahme des Ober⸗ bergamts Breslau am 3. August d. J. eingegangen. Am 1. April, also vor Erstattung den Anzeige, war aber bereits der Erste Bergrat Dahms an das Oberbergamt Breslau befördert worden, so daß es nicht möglich war, bei der Beförderung diese Verfehlung irgendwie zu berücksichtigen. (Abgeordnetey Fries: Der Weg von Breslau nach Berlin ist aber sehr langh Es ist selbstverständlich, wenn irgendeine Anzeige erfolgt, daß dann erst Ermittlungen angestellt werden müssen, Herr Abgeordneter! Im übrigen hätte auch dann, wenn den Bericht aus Breslau 4 Wochen früher an uns gelangt wäre, gar nichts an der Versetzung geändert werden können. (Abgeordneter Fries: Das für sich; aber trotzdem ist der Weg zu kang) In der bisherigen Aus sprache hat die Lage der Kohlenwirtschaft und haben ins⸗ besondere die außerordentlich schmerzlichen Stillegungen, die erfolgt sind, ihre besondere Rolle gespielt. Sie wissen, daß in einer ganzen Reihe von Kohlengebieten Stillegungen vorgekommen sind, in der Hauptsache aber im Ruhrgebiet. Gestern ist nun in der Aus— sprache ein leiser Zweifel darüber ausgesprochen worden, ob denn nun wirklich die Lage der Kohlemwirtschaft an der Ruhr so bedrohlich und ernst sei, daß zu so drakonischen Maßnahmen, wie Stillegungen und Entlassungen, hätte geschritten werden müssen. Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß die Tatsache, daß win an der Ruhr Haldenbestände bis zu 10 Millionen Tonnen im Werte von ungefähr 150 Millionen Mark liegen hatten, doch deutlich genug lehrt, wie außerordentlich ernst sich die Lage der Kohlenwirtschaft dort gestaltet hat. Auch große, sonst mächtige und früher reiche Werke sind hin sichtlich ihrer flüssigen Betriebsmittel nicht unberührt geblieben von Inflation und all den anderen Schwierigkeiten, mit denen wir in den letzten zehn Jahren in Deutschland zu kämpfen hatten. Wenn däesen Werken nun ein Betriebskapital von ungefähr 150 Millionen Mark dadurch festfriert, daß die Haldenbestände nicht abgesetzt werben können, so liegt es auf den Hand, daß sich dieses Revier in großer Schwierigkeit befinden muß.

Nun hat, wenn ich nicht irre, Herr,. Abg. Franz gestern darauf hingewiesen, daß doch gewisse Kohlengesellschaften immerhin ansehn— liche Dividenden auszuteilen in der Lage wären, daß auch das dafür spräche, daß die Lage der Kohlenwirtschaft nicht so unbefriedigend sein könne. Er hat in diesem Zusammenhang auf die Dividende von 8,425 des Eschweiler Bergwerkveceins hingewiesen. Ich würde nun die Tatsache, daß dieses oder jenes Werk in der Lage ist, eine Dividende, noch dazu in diesem Ausmaße, auszuteilen, nicht als beweiskräftig dafür ansehen, daß es doch der Kohlenwirtschaft einiger⸗ maßen gehen muß. Aber das Beispiel des Eschweiler Bengwerk⸗ verein, das hier angeführt worden ist, kann überhaupt nicht ins Feld geführt werden, auch nicht vom Standpunkt derjenigen, die aus der Zahlung einer mäßigen Dividende seitens irgendeines Kohlen werks so weitgehende Schlüsse auf die Lage der Kohlenwirtschaft zu ziehen bereit sind. Mit dem Eschweiler Bergwerkverein liegt es nämlich so, daß er bereits seit dem Jahre 1913 eine Interessengemein⸗ schaft mit den Vereinigten Hüttenwerken Burbach, Eich, Düdelingen in Luxemburg eingegangen ast, wonach diese vereinigten Hüttenwerke dem Eschweiler Bergwerkverein bis zum Jahre 1924 eine Dipidende von mindestens 84 8 garantiert. (Rufe rechts: Ahah Also dieser Betrag, der da als Dividende ausgeschüttet worden ist, hat mit dem Reingewinn, mit dem Verdienst des Eschweiler Bergwerkvereins aus der Kohlenwirtschaft nicht das mindeste zu tun, sondern es handelt sich da um die Garantie eines ausländischen Konzerns. (Hört, hört! rechts. Abg. Franz 1Oberschlesien]:; Ich habe nur den deutsch⸗

. nationalen Redner Runge Rftierty Das ändert nichts daran, daß dann dieser deutschnationale Redner irrtümliche Schlüsse gezogen hat.

Ich glaube also, wir müssen bei der Beurteilung dieser Dinge davon ausgehen, daß tatsächlich eine, und zwar recht ernste Notlage in der Kohlenwirtschaft Westfalens vorhanden ist. Die Ursachen dieser Notlage liegen auch so deutlich zutage, daß ich sie eigentlich nicht mehr zu erwähnen brauche. Wir haben sie so und so oft im anderen Zusammenhange besprochen. Ich will nur darauf hinweisen, daß nach meiner Ueberzeugung eine der hauptsächlichsten Ursachen dafür, daß es der Kohlenwirtschaft im deutschen Westen gegenwärtig so unbefriedigend geht, die ist, daß die gesamte Konjunktur unserer Wirtschaft keine befriedigende ist, und daß die Konjunktur unserer Wirtschaft gerade dort besonders ungünstig ist, wo normalecweise am meisten Kohle bezw. Koks verbraucht wird nämlich in der deutschen eisen.· und stahlerzeugenden Industrie. Weil sich diese Absatz⸗ möglichkeiten für die Ruhrkohle insbesondere verknappt haben, ist eine Ueberproduktion eingetreten. Die Werke haben nicht entsprechend ihrer Kapazität fördern und absetzen können, und dadurch sind sie unrentabel geworden, weil die Generalunkosten, die Betriebskosten in keinem gesunden Verhältnis zu dem Ertrag der Produktion stehen.

Bei dieser Sachlage bleibt nur ein Weg, der ja, wie der Berichterstatter hervorgehoben hat, auch im Ausschuß anerkannt worden ist, und sobiel ich sehe, einmütig.

Es bleibt nur der Weg, die Produktion dem Bedarf anzupassen, da es leider nicht möglich ist, den Bedarf der Produktion anzugleichen. Diese Anpassung, die erstrebt werden muß, wenn man zu einer Gesundung auf diesem Gebiet kommen will, läßt sich nicht dadurch erreichen, daß man die Förderung aller Gruben gleichmäßig und ohne Rücksicht auf die Absatzverhältnisse, auf die tech- nischen Einrichtungen und die Wirtschaftlichkeit der Gruben ganz allgemein drosselt, sondern es wird gar nicht anders möglich sein, dieses Problem zu lösen, als daß man die weniger rentierlichen, die wirtschaftlich ungeeigneteren Gruben stillegt, und daß man die vom produktionstechnischen Standpunkt aus besten und reichsten Gruben nach Möglichkeit entwickelt. Dann wird es auch möglich sein, in diesen Gruben allmählich wieder mehr Arbeiter zu beschäftigen, als das heute der Fall ist. (Sehr richtigh

Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, als wenn in der öffentlichen Diskussion, die sich an die Stillegung dieser oder jener Zeche geknüpft hat, viel zu wenig beachtet wird, daß das Ent— scheidende ist ob die Zeche, über deren Stillegung man verhgndelt, Kohle fördert, die wirklich einen Absatz hat. So ist es vorgekkMmen, daß gewisse Zechen, die technisch an sich gut waren, die auch noch erhebliche Kohlenvorkommen hatten, stillgelegt werden mußten— weil die Kohle, die dort gefördert wurde, keinen Markt fand, nicht abgesetzt werden konnte. Das ist eine Lage, aus der heraus schließ⸗ lich nur mit Stillegung geholfen werden kann.

Meine Damen und Herten, es ist ganz besonders tragijch für unsere deutsche Bergarbeiterschaft, daß diese Stil segungen und diese Einschränkungen der Betriebe gerade in einem Augenblick not⸗ wendig geworden sind, wo sich der Schichtfördereffekt des einzelnen Hauers sehr erfreulich nach oben entwickelt hat. Sie wissen, daß auf diesem Gebiet häufig geklagt worden ist in den vergangenen Jahren. Aber der Fördereffekt hat ständig zugenommen. Die Leistung ist an sich befriedigend, und gerade in diesem Augenblick muß ein großer Teil der Bergarbelterschaft brotlos werden! Daß das unendlich schmerzlich ist, darüber brauche ich kein Wort zu verlieren. Ich möchte der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß der Stillegungsprozeß jetzt im wesentlichen abgeschlossen sein möchte. Es ist dabei freilich immer in Betracht zu ziehen, daß Einschränkungen der Betriebe wahrscheinlich auch in Zukunft nicht ganz werden vermieden werden können.

Alles in allem sind im Laufe des Jahres 30 Zechen gänzlich stillgelegt worden. Weitere 60 sind in ihrer Förderung stark ein⸗ geschränkt. Insgesamt sind durch die Stillegungen etwa 60 000 Arbeitnehmer zur Entlassung gelangt. Während es nun zunächst im Sommer dieses Jahres möglich war, den größten Teil der zur Ent⸗ lassung gekommenen Bergleute in anderen Berufen zu beschäftigen, ist das im Spätsommer nicht mehr möglich gewesen. Man wird deshalb damit rechnen müssen, daß etwa 25 000 Bergarbeiter längere Zeit arbeitslos bleiben, wenn es nicht gelingt, sie bei Notstands⸗ arbeiten zu beschäftigen.

Es ist hier im hohen Hause schon darauf hingewiesen worden, daß Notstandsarbeiten zur Beschästigung der arbeitslos ge⸗ wordenen Bergarbeiter in Angriff genommen werden müssen. Ich kann das, waß in dieser Hinsicht gesagt ist, im wejentlichen unter streichen. Es wird sich vor allem darum handeln, daß beim Fort⸗ schieiten des Bergbaus von Süd nach Nord die noch nicht genügend vorhandenen Nord⸗Süd⸗Verbindungen im Ruhrrevier geschaffen werden in dieser Zeit, wo Arbeitskräfte sonst brachliegen würden.

Es ist dann wieder davon gesprochen worden, daß vielleicht durch die Durchführung des Schnellbahnprojekts eine große Anzahl Arbeiter beschäftigt werden könnten. Ich halte es für gan ausgeschlossen, bei den gewaltigen Summen, die das Schnellbahn⸗ prosekt erfordern würde, es zurzeit in Angriff zu nehmen. Das ist nicht nur die Auffassung derer, die von vornherein gewisse Bedenken gegen das Schnellbahnprojekt gehabt haben, sondern auch die Studienkommission, die die Vorbereitung für dieses Projekt duich⸗ geführt hat, hat in den letzten Tagen genau die gleiche Auffassung ausgesprochen.

Es ist von vielen Seiten angeregt worden, ob nicht den ent—⸗ lassenen Arbeitern ähnlich geholfen werden könnte wie den im Kali⸗ bergbau zur Entlassung gekommenen. Dies Problem ist durchaus ernst. Wir haben uns nicht erst seit gestern und heute mit dieser Frage be— schäftigt. Ich habe keine Bedenken dagegen, daß man diesen Ge— danken, wie das ein Antrag vorsieht, der Reichsregierung nochmals nahelegt. Aber ich möchte doch vor Optimismus warnen und ganz offen die großen Schwierigkeiten, die der Durchführung des Gedankens entgegenstehen, hervorheben. Zunächst sind die Verhältnisse im Koblen⸗ und Kalibergbau ganz verschieden. Beim Kohlenbergbau ist auch die Beteiligung am Syndikat nicht mit der einzelnen Zeche verknüpft, sondern die Beteiligung steht dem ganzen Unternehmen, das Mitglied des Syndikats ist, zu. Ferner ist das Kohlenspvndikat nur auf ünf Jahre abgeschlossen, so daß die Beteiligung auch nur einen erheblich geringeren Weit hat als die Beteiligung am Kohlensvndikat .

Endlich ist nicht zu übersehen, daß die Arbeiterzahl im Kali⸗ bergbau minimal war gegenüber der Aibeiterzahl, um die es sich beim Ruhrbergbau handeln würde, sodaß ich ehr bedenklich bin, ob es möglich sein wird, diesem Weg piaktisch näber zu treten. (Zuiuf links; gewiß,. da muß man mik anderen Mitteln helfen.

Nun hat Herr Schwenck, den ich im Augenblick nicht r; gestern eine Ansrage an die Regierung gestellt, die im Ausschuß, wit

sehe,

er sagte, unbeantwortet geblieben wäre. Er hat mich gefragt wie ich mir angesichts der Stillegungen die Entischädigung der Hausbesitzer in Zukunjt denke, hinsichtlich der Berg⸗ schäden, die entsteben könnten. Ich verstehe diese Frage nicht ganz. Es ist doch klar daß die Werke, denen irgendein stillgelegter Schacht oder eine zum Erliegen gekommene Zeche gehört, nach wie vor haften für Bergschäden, die entstehen Es gilt trotz der Still⸗ legung genau das, was bisher rechtens gewesen ist. Wenn aber eine Gesellschaft zusammenbricht und vermögenslos ist, dann kann man von ihr nichts bekommen. Das ist früher auch so gewesen. und ich weiß nicht, welche besondere Regelung er bei feiner Anfrage im Auge hatte. Ich möchte ihn übrigens daran erinnern, daß schon seit geraumer geit ein Beigschädenausschuß eingesetzt ist aus Juristen und Wnt⸗ schattlern, um zu untersuchen, wie man denen, die an einem genügenden Schutz gegenüber Bergschäden interessiert sind besser als bisher helfen kann. Dieser Ausschuß wird demnächst wieder zusammentreten, und es bleibt abzuwarten, welche Vorschläge er machen wird.

Im Ruhrgebiet sind gegenwärtig rund 400 000 Arbeiter be— schäftigt. Das bedeutet daß wir dort gegenwärtig eine geringere Be⸗ legschaft haben, als vor dem Kriege. Trotz dieser Veiminderung der Belegschaft haben sich leider Feierschichten mit ihren sozial so zberaus unerwünschten Wirkungen auch in der neuesten Zeit nicht ganz vermeiden lassen Der Höhepunkt in den Feierschichten war im Februar d. J. mit 660 000 Feierschichten im Monat erreicht; gegen⸗ wärtig haben wir etwa 250 bis 300 000 Feierschichten monatlich im Ruhrrevier.

Eine Besserung dieser höchst unerfreulichen Verhältnisse würde naturgemäß in erster Linie dadurch erreicht werden können, daß der Absatz sich über das jetzige Maß hinaus hebt. Die Bemühungen, die in dieser Richtung unternommen worden sind, haben bisher leider nicht zu einem vollen Erfolge geführt. Es ist bekanntlich ins— besondere durch Küstenausnahmetarife versucht worden, unsere deutsche Kohle in Küstengebieten konkurrenzfähiger gegenüber ausländischer, namentlich englischer Kohle zu machen. Das ist nicht erreicht worden, weil der englische Kohlenbergbau, der uns gegenüber bauptsächlich als Konkurrenz auftüitt, durch die staatliche Unterstützung, die er erfährt, in die Lage ver⸗ setzt worden istz; den Vorteil wieder auszugleichen, der auf diesem Wege unseren deutschen Kohlenwirtschaften gewährt werden sollte Infolgedessen hat die Einfuhr englischer Kohle in den letzten Monaten stark zugenommen; sie ist von rund 200 000 t monatlich im Juli., August gestiegen auf mehr als 400 900 t im September und Oktober d J. Ebenso ist die Kokseinfuhr aus England gestiegen. Gleichwohl hat sich die Kohlenaußen⸗ handelsbilanz unserer deutschen Wirtschaft im laufenden Wirt— schaftsiahre glücklicherweise verbessert. Bekanntlich haben wir vor dem Kriege sehr viel mehr Kohle ausgeführt, als wir aus dem Auslande hereinnahmen. Im vorigen Jahre war das umgekehrt. Aber in diesem Jahre hat sich eine Entwicklung angebahnt, von der wir hoffen, daß sie dazu führen wird, daß im Jahre 1925 die Kohlen⸗ außenhandelsbilanz wieder aktiv für Deutschland wird. Die Einfuhr nach Deutschland betrug im Jahre 1924: 12 887 000 t; im ersten Halbjahr 1925 ist sie auf 4779 000 t zurückgegangen. Die Aussuhr Deutschlands selbstverständlich ohne die Reparationslieferungen betrug im Jahre 1924: 7291 00 t, sie hat im ersten halben Jahre 1925 6 O73 000 t betragen, ist also etwas gestiegen. Dabei ist freilich ju bedenken, daß diese Steigerung nur durch Konzessionen im Preise möglich geworden ist, so daß sich also aus einer Steigerung des Aus⸗ landsabsatzes keineswegs der Schluß auf einen wirtschaftlichen Auf⸗ schwung ziehen läßt.

Wenn man die Möalichkeit erwägt, um der Kohlenwirtschaft in ihrer schwierigen Lage zu helfen, so muß man das Augenmerk vor allem auch darauf richten, die gewaltigen öffentlichen Lasten und Abgaben nach Möglichkeit zu senken, unter denen die Wirtschaft zu erliegen droht. (Abg Dr. von Waldthausen: Sehr wahr) Namentlich im Ruhrrevier haben einzelne Gemeinden Steuern, insbesondere Gewerbesteuern, in einer Höbe beschlossen, die völlig unerträglich sind und bei ihrer Erhebung zum Erliegen der Wirtschaft führen müßten; es handelt sich dabei um Belastungen, die unmöglich herausgewirtschaftet werden können. Ich verkenne die schwierige Lage der Gemeinden durchaus nicht, glaube aber, daß man der Wirtschaft dadurch wird helfen müssen, daß man die Ge⸗ meindeverhältnisse im Rubrrevier großzügig einer Aenderung unterzieht mit dem Ziel, durch Zusammenfassung von Gemeinden zu Ersparnissen in der Verwaltung zu gelangen. (Abg. Falk: Sehr richtig )

Meine Damen und Herren, zu meiner Freude kann ich Ihnen mitteilen, daß gestern das Staatsministerium einer diesbezüglichen Vorlage des Herrn Innenministers zugestimmt hat, bei der die Forderungen, die ich vom Standpunkt meines Wirtschaftsressorts vor⸗ zubringen habe, im wejentlichen Berücksichtigung gefunden haben. Ich hoffe, daß der Landtag dieser Vorlage der Regierung dem nächst seine Zustimmung geben wird, so daß man auf dem Gebiete der Ge⸗ meindeverhältnisse bald und durchgreifend zu einer Besserung und zu einem Fortschritt gelangt

Der Heir Abg. von Waldthausen hat dann gestern einige Bei⸗ spiele dafür angeführt, daß die Berussschulbelastung bei den Werken eine ungeheure Höbe erreicht hat. Die Zahlen, die er nannte, zeigten in der Tat ein großes Mißverhältnis zwischen der Zahl der Berussschüler in diesen Werken und der Belastung, die infolge der Beitragspflicht zu den Berufsschulen den Werken entsteht. Die Zahlen erklären sich wahrscheinlich daraus, daß ja die Berufsschulbeiträge nicht nach der Zahl der Schüler, die die einzelnen Betriebe in die Berußssschulen entsenden, er⸗ hoben werden, sondern nach der Zahl der in den Be⸗ trieben beschäftigten Arbeiter. So wird naturgemäß ein großer Betrieb, der nur wenige Berufẽeschulpflichtige beschästigt, sehr stark belastet. Die Zahlen, die hier genannt worden sind, waren freilich o hoch, daß ich glaube, daß auch unter Berücksichtigung der eben von mir geschilderten Sachlage dieser Zustand nicht aufrecht erhalten werden kann. Wir sind jetzt dabei, zu prüfen, wie in Zukunft die Beitragspflicht zu den Berufsschullasten gestaltet werden soll. Ich hoffe, daß dann auch diese Frage befriedigend ge⸗ lzjst werden kann. Es ist ja immer dabei zu bedenken, daß der Berg⸗ bau eben seine eigenen Schulen eingerichtet hat und daß er nicht doppelt belastet werden darf.

Was nun die Lage des preußischen Bergbaus im allgemeinen anlangt, so ist sig in den einzelnen Beigbaubezirten und den einzelnen Bergbauzweigen sehr oerschieden. Wenn ich mit dem oberschlesischen Steinkohlenrevier beginnen darf, so

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haben sich infolge der Sperrung der polnischen Kohle die Ver— bättnisse dort in den letzten Monaten einigermaßen günstig entwickelt Seit Juni ist in Oberschlesien die monatliche Förderung an Stein— koble von 948 000 t auf 14 Millionen Tonnen gesliegen. Es handelt sich also um eine Erhöhung der Förderung um beinahe 50 0,0. Mit der Förderung, die wir im September erreicht haben wird die Friedenslörderung nicht unwesentlich überschritten Daneben ist es möglich gewesen, die Haldenbestände von rund 350 000 t in Ober⸗ schlesien fast restlos abzujahien

Diese Entwicklung zeigt auf das deutlichste, wie lebenswichtig für den oberschlesischen Bergbau und insbesondere den Kohlenberabau die Regelung der Frage ist wie in Zukunft die Kohleneinfuhr aus Polen gestaltet werden soll. (Sehr richtig So sehr es im Interesse beider beteiligter Länder liegen mag, auch auf handels⸗ politischem Gebiet zu einem Ausgleich zu kommen um friedlich neben⸗ einander wirtschaften zu können, so sehr muß man doch daran zest— halten, daß eine künftige Vereinbarung mit Polen unter gar keinen Umständen die Lebensinteressen unseres oberschlesischen Bergbaus irgendwie ungünstig beeinflussen darf. (Sehr gut) Wir Deutsche sind es ja nicht gewesen, die die brutale und wider jede wirtschaftliche Vernunft erfolgte Trennung Oberschlesiens herbeigeführt haben. Die Schwierigkeiten, die aus dieser Trennung entstanden sind, sind auf beiden Seiten der Grenze sehr groß Auch wir haben in Ober—⸗ schlesien unter diesen Schwierigkeiten gerade genug zu leiden, so daß man von uns nicht verlangen kann, daß wir nun auch noch die Lasten derer auf uns nehmen, die diese unvernünftige Grenzziehung herbei⸗ geführt haben. (Allgemeine Zustimmung)

Die Lage Niederschle ( iens ist schon hier in einer be— sonderen Besprechung namentlich im Ostausschuß ausführlich erörtert worden, und gestern ist ja eine Beantwortung der großen Anfrage, die sich mit den Verhältnissen Niederschlesiens beschäftigt, erfolgt. sodaß ich wohl auf die Anwort verweisen darf, ohne näher auf die dortigen Verhältnisse, die dem hohen Hause genau bekannt sind, einzugehen. Ich möchte nur darauf hinweisen daß in Niederschlesien sich die Förderung trotz Absperrung der polnischen Kohle bisher nicht wesentlich hat steigern lassen. Immerhin ist seit Juni dieses Jahres auch die Förderung in Niedeischlesien allmählich gestiegen, zwar von 425 000 auf 470 000 t im September. Aber der für die nieder“ schlesische Wirtschaft entscheidende Koksabsatz hat sich nicht gehoben so daß die Verhältnisse dort ebenso unbefriedigend sind, wie wir das in den letzten Tagen hier mit besonderer Eindringlichkeit gehört haben

Die Kohlenwirtschaft der Ruhr hat sich so gestaltet, daß gegenwärtig monatlich 87 Millionen Tonnen gefördert werden, das ist etwa 1“ Millionen Tonnen monatlich weniger als im Jahre 1913. Die Haldenbestände haben sich nur in geringem Umfange ver— kleinern lassen. In den letzten Monaten sind etwa 1 Million Tonnen von den Halden abgefahren worden.

Das Revier Aachen hat seine Förderung gegenüber der Vorkriegszeit etwas heben können, und zwar von 275 000 t monatlich im Jahre 1913 auf 314 000 t monatlich gegenwärtig. Die Beleg— schaft ist dort von 13 400 auf 17000 gestiegen. Das Aachener Revier klagt darüber, daß viele besonders wertvolle und tächtige Hauer, angelockt durch die Verhältnisse in dem stark aufstrebenden benachbarten holländischen Bergbau, sich bereit gefunden haben, dort Arbeit zu nehmen. Sie gehen mit ihrer Arbeitskraft unseren Werken verloren. Ferner ergeben sich dort Schwierigkeiten aus den un⸗ günstigen Wohnungsverhältnissen, die es nicht zulassen, daß in genügendem Ausmaße an der Rnhr freiwerdende Hauer dort angesetzt werden. Es ist zu hoffen, daß auf diesem Gebiete in Zukunft Fort—⸗ schritte erzielt werden.

Besser als im Steinkohlenbergbau sieht es im Braunkohlen⸗ bergbau aus. Die Förderung des preußischen Braunkohlenberg⸗ baues hat im September 9.8 Millionen Tonnen betragen und über⸗ steigt damit bei weitem die Vorkriegssörderung, die monatlich durch⸗ schnittlich 5.3 Millionen Tonnen ausmachte. Der Absatz der Braun— kohlen ist allgemein als befriedigend zu bezeichnen.

Noch günstiger liegen die Verhältnisse in der Kaliindustrie. Da hat sich der Ab satz 1925 recht befriedigend entwickelt 1924 hatten wir bis September einen Gesamtabsatz von 6 Millionen Doppeljentner Ka0. In diesem Jahre sind bis einschließlich Sep tember 104 Millionen Doppelzentner Ke0 abgesetzt. Das ist eine Steigerung um 70 0,0 Interessant ist, zu vergleichen, wie Inland und Ausland an diesem Absatz beteiligt sind. Das Inland ist an dem diesjährigen Absatz mit 7 Millionen Doppelzentnern beteiligt, das Auland mit 34 Mill. Doppelzentnern. Im September hat der Inlandeabsatz noch etwas zugenommen und betrug O 69 Mill. Doppel⸗ zentner; der Auslandsabsatz dagegen ist zurückgegangen und hat nur noch 0.33 Millionen Doppel jentner betragen. Während in den Sommer⸗ monaten der Auslandsabsatz den Inlandsabfatz überstieg, ist es jetzt wieder umgekehrt. Nur ungefähr 33 oo des Absatzes entfallen im letzten Monat auf das Ausland. Immerhin ist die Höhe des dies⸗ jährigen Auslandsabsatzes sehr erfreulich. Hier wirkt sich offenbar die Verständigung zwischen den deutschen und den elsässischen Kali⸗ jnteressenten aus. Es ist auch wichtig, daß trotz der sehr starken Stillegungen in der Kalündustrie es werden gegenwärtig von 222 Werken nur 86 betrieben doch die Belegschaft so gut wie gleich geblieben ist; die Differenz ist ganz gering gegenüber der Vor- kriegszeit Es tritt also deutlich in die Erscheinung, daß der Prozeß, den die Kaliindustrie durchgesührt hat, sich auch vom Standpunkte der Arbeitnehmer aus nicht ungünstig ausgewirkt hat.

Im Metallbergbau ist die Lage infolge des Steigens der Metallpreise auf dem Weltmarkle einigermaßen erträglich. Ganz schlimm sieht es nach wie vor im preußischen Eisenerzberg⸗ bau aus. Er ist schon in den letzten Jahren notleidend gewesen. In diesem Jahre hat sich leider die ungünstige Lage noch ver⸗ schlechtert. Im Kreise Schmalkalden sind die Werke vollständig still⸗ gelegt. Die Ilseder Hütte hat 300so Einschnkung eintreten lassen müssen. Besonders ungünstig ist die Lage an Lahn, Dill, Sieg. Um nur einige Beispiele zu geben: an der Lahn sind von 14 Gruben der Buderusschen Eisenwerke nur zwei in Betrieb, von 36 Gruben Krupps nur sieben. Die Förderung, die im Frieden jährlich etwa 1000000x t betrug, wird in diesem Jahre kaum auf 2500 000 t kommen Aehnlich ist es im Sieger Land. Dort war die monatliche Förderung in der Vorkriegszeit 197000 t, in diesem September 108 000 t und der Oktober hat eine weitere Einschränkung gebracht. Die Ursache hierfür sind in der Debatte auch schon gestreist worden. Es handelt sich darum, daß den deutschen Eisenerzen durch hochwertige aus⸗ ländische Eisenerze erhebliche Konkurrenz bereitet wird. Die deutsche Eisenindustrie hat schwer gegen die Konkurrenz zu kämpfen, die die billiger arbeitende französische Industrie ihr insbesondere hereitet, und

wenn sie diese Konkurrenz bestehen will, sieht sie sich darauf ange⸗ wiejen, so hochwertige Erze wie möglich für ihre Verarbeitung zu verbrauchen, und darunter leiden die deutschen Gebiete die sonst das Eisenerz in größerem Umfange zur Verfügung gestellt haben

Ueber die Lage der Staatsbetriebe brauche ich wohl keine näheren Ausführungen zu machen. Die Umstellung ist überall erfolgt mit Ausnahme von Recklinghausen, wo sie jetzt unterwegs ist. Vom 1. Januar ab wird auch Recklinghausen in der Form einer Aktiengesellschaft betrieben werden fönnen. Ich versage es mir, auf Einzelheiten einzugehen, da die Geschäfteberichte vorliegen und die Mitglieder der Fraktionen in den Aufsichtsräten sich über die Ge— schäftslage im einzelnen zu unterrichten in der Lage sind. Im übrigen wird der Herr Oberberghauptmann zu diesem Gegenstand einige Aus⸗ führungen machen.

Nur auf eine Bemerkung des Herrn Abg. Hartmann möchte ich eingehen, der seine Besorgnis darüber ausgesprochen hat, daß das alte und bekannte Bernsteinwerk in Königsberg von der Preußag still gelegt werden soll. Leider liegen die Dinge so, daß der Absatz an Bernstein sich außer— ordentlich vermindert hat, besonders dadurch, daß billige NaaUhahmungen vom Publikum gekauft werden, vielfach offenbar in dem Glauben, daß es sich dabei um echten Bernstein handelt. Durch diesen ver— minderten Absatz hat sich die Geschäftslage der Bernsteinwerke sehr ungünstig entwickelt Die Preußag hat erhebliche Mittel in der kurzen Zeit, in ver sie das Werk verwaltet, zuschießen müssen, um die Betriebe aufrecht zu erhalten. Heute geht das nicht mehr Des—⸗ wegen hat sie sich dazu entschließen müssen, am 1. November d J. die Sortiererei, also den Königsberger Betrieb stillzulegen. Meine Damen und Herren, ich bin der bestimmten Hoffnung, daß es, sobald sich der Absatz von Bernstein wieder einigermaßen anläßt, möglich sein wird, diesen Könige berger Betrieb, wenn auch zunächst nicht in dem bisherigen Umfange, wieder aufzunehmen.

Unsere Staatsbetriebe sind naturgemäß von der allgemein un— günstigen Konjunktur namentlich im Kohlenbergbau, von der ich aus⸗ führlich gesprochen habe, nicht unbeeinflußt geblieben. Aber die Be⸗ triebe sind innerlich gesund und werden verständnisvoll geleitet Des⸗ wegen bin ich der Ueberzeugung daß wir zu den Belegschaften und den Leitern unserer Betriebe das Vertrauen haben können, daß sie die Schwierigkeiten, mit denen sie gegenwärtig zu kämpfen haben, doch überwinden werden. (Bravo!)

Der Oberberghauptmann geht auf eine Reihe von Beschwerden näher ein, die in der bisherigen Debatte von Mit⸗ gliedern des Hauses erhoben worden sind, und stellt sie an der Hand der amtlichen Ermittlungen, soweit solche vorliegen, richtig. Die gegen die Oberbergämter vorgebrachten Bes uldigungen seien unbegründet. Der Abbau bei den höheren Beamten im Bereich der Bergverwaltung betrage bis zu 50 Prozent.

Die Verhandlung wurde hier unterbrochen. Das Haus nimmt die noch ausstehenden Abstimmungen zum Haushalt der Justizverwaltung vor.

Die Anträge des Hauptausschusses werden in der Haupt⸗ sache angenommen. Eine Reihe von Anträgen werden der Ausschußberatung überwiesen, eine grohe Zahl kommunistischer Anträge abgelehnt, darunter auch der kommunistische Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe, für den auch die Demokraten und Sozialdemokraten stimmen. (Zuruf bei den Kommunisten: Es wird weiter geköpft) Annahme findet u. a. ein Antrag. auf die Reichsregierung einzuwirken, daß bei Aenderung des Strafgesetzbuches der persönlichen Ehre ein besserer Schutz zuteil wird. Damit sind die Abstimmungen zum Justizhaushalt erledigt.

Es folgt die zurückgestellte Abst i mm ung zu den Pfarrerbesoldungsgesetzen. Die Gesetze werden in zweiter . gegen die Linke angenommen. Damit ist die Regelung dahin getroffen, daß vom 1. April 1924 ab bis zum 31. März 1927 für die evangelischen Kirchen zusammen eine Rente von 43 Millionen, für die katholische Kirche eine solche von 17 675000 Mark festgesetzt wird.

Hierauf setzt das Haus die unterbrochene Aussprache zum Haushali der Bergwerksverwaltung port.

Abg. Krämer⸗Recklinghausen (D. Vp) wendet sich 66 eine Aeußerung des Abg. Steger, daß der deutsche Bergbau lechnisch rückständig sei, und weist auch die Darstellung des Abg. Sobottka über die Entlassung von Arbeitern auf den Zechen Dorstfeld, Friedrich der Große und Mathias Stinnes zurück. Die Produktion müsse dem Absatz angepaßt werden. Diesen zu heben niüsse im Interesse des deutschen Wirtschaftslebens unsere Aufgabe sein. Das könne aber nur geschehen, wenn die Lasten, die der Bergbau und die ganze Wirtschaft zu tragen hätten, ganz erheblich berabgedrückt würden. Sparsamkeit und Anpassung der Ausgaben im Reich, in den Ländern und Gemeinden an die Lasten, die ohne Gefährdung des Wirtschaftslebens tragbar seien, müsse durchgeführt werden, wenn wir aus dieser i , Da uerkrise herauskommen wollten Das habe Senkung der Selbstkosten und der Preise für alle , zur Folge, erhöhe die Kaufkraft des Geldes und bewirke daher die einzig richtige Lohn⸗ und Gehaltserhöhung. Zum Schluß erklärte der Redner unter lebhaften wischen rufen der Kommunisten, . die kommunistischen Angriffe auf die höhere Beamtenschaft haltlos seien. (Hierbei wurde der Abg. Sobottka . zweimal zur Ordnung gerufen. Den Bergbehörden ge⸗

ühre der wärmste Dank. das Elend der Waldenburger rgarbeiterschaft. Dieses Elend schreie zum Himmel, aber von einer Rückmirkung de; sogengnunten . wirtschaft und der angeblichen Not der. Montanindustrie auf die Bergwerksbesitzer sei nichts zu spüren Ein Palast nach dem andern werde von ihnen errichtet, und die Mittel n würden eben aus der Not der Bergleute gewonnen. Der Fürst von Pleß tue sich auf diesem Gebiete besonders hervor. Die erschreckende Zunahme der Unfälle gehe hauptsächlich auf das nichtswürdige Antreiber⸗ system, das im Waldenburger Revier Trumpf sei, und auf die

Abg. Schul H. Breslau enn. schildert

Ignorierung fast aller bergpolizeilichen Vorschriften zurüh. Nedner

üihrt für diese Behauptung eine Reihe Hon Einzelfällen an. benso elend und jämmerlich wie mit den Löhnen verhalte es sich mit den n n nn ., Das Elend der Schulkinder spotte jeder Beschreibung. on 10600 Schulkindern in Neurode hätten 155 kein Bett. (Hört, hört! und Bewegung.) Auf den Hochofen⸗ werken würde täglich 95 bis 10 Stunden gearbeitet.

Abg. Herrmann⸗Breslau (Dem.); Wir haben schon vor Monaten wegen der Waldenburger Zustände interpelliert. Die bezüglichen Anträge des Ostausschusses sind ja rern vom Hause angenommen worden. Als Ausschußmitglied telle ich mit Be⸗ friedigung fest, daß die praktischen orschläge des Ausschusses doch einige Gewähr bieten, daß die zum 1. Nobember drohende Aus- perrung vermieden werden wird Das Waldenburger Gebiet ist chon in normalen Zeiten als Elendsgebiet zu bezeichnen gewelen. Die zentralen Stellen in Berlin scheinen nicht immer für den Osten besonderes Verständnis aufzubringen. So hat das Land⸗ wirtschaftsministerium sich gewundert, daß der Landkreis Walden⸗ burg in die Kartoffelfürsorge einbezogen werden sollte; es hielt ihn für einen durchaus agrarischen Kreis, es wußte nicht daß seine Bevölkerung zu 89 2 in der Industrie steht. Die Ausfuhr der Waldenburger Kohle nach der Tschechei ist sehr zurückgegangen.