1925 / 294 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Dec 1925 18:00:01 GMT) scan diff

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Herr von Sch'llings, der früher nie Intendant, sondern General musudeettor gewesen war, wurde nach der Revolution gegen den Willen des Ministeriums vom Personal gemählt und dann vom Meinisterium bestätigt. In dieser Tatsache lag von vornherein eine gewisse Belastung, zumal Hert von Schillings sich immer mehr als Vertreter des Personals gegenüber dem Ministerium fühlte (hört. bört! rechts), als daß er die eigentliche Intendantenaufgabe des Aus · gleichs der Staats. und Personalin teressen energisch versucht hätte. Eine weitere Belastung war die Tatsache, daß er als ausübender Künstler in die Sphäre der Künstlerkonkurrenz gezogen wurde, und ene dritte endlich seine eheliche Verbindung mit der führenden Künstlerin. Die stärkste Belastung des Künstlerintendanten aber war seine Ungeeignetheit zu klarer Geschäftserledigung. Seine große gesellschaftliche Gewandtheit und seine verbindlichen Formen haben quch mich lange in diesem Punkte irregeführt (hört, hört! rechts), aber die Tatsachen haben mich eines besseren belehrt. Man kann gewiß einwenden, ein Künstler brauche kein Geschäftsmann zu sein; gewiß nicht, aber dann soll er nicht Intendant werden. Warum ist aber denn die Regierung, wenn sie das erkannt hatte, zur Vertrags⸗ erneuerung geschritten? Nun, die parlamentar che Verantwortung für diesen neuen Vertrag trage nicht ich, sondern mein Vorgänger; aber ich bekenne gern, daß ich die treibende Kraft war (hört, hört! rechts, weil ich der Meinung war, um den Namen und die Künstler⸗ schaft von Schillings unserer Oper zu erhalten, müßten auch erhebliche Unzuträglichkeiten in der Geschäftsführung in Kauf genommen werden. (Hört, hört! rechts) Ich bedauere sehr die Ausführungen. die eben Herr Abgeordneter Buchhorn in diesem Zusammenhange gemacht hat, denn dann muß ich doch auch sagen, daß Herr Boelitz als damaliger Minister bereits entschlossen war, den Vertrag mit Herrn von Sch'llings nicht zu erneuern (Unruhe und Zurufe rechts: Das stimmt nicht! Da haben Se sich wieder geirrth, daß ihm bereits ein amt⸗ liches Schreiben in diesem Sinne zugegangen war, und daß ich nachher durch mein Eingreifen verhindert habe, daß diese Absicht zur Aus—⸗ führung kam. Gortgesetzte Unruhe und Zurufe rechts: Hört, hört! Da schwmmen Sie wieder gegen den Strom! Glocke des Präsidenten.) Alle wesentlichen Berstöße gegen die Grundsätze der Verwaltung sind denn auch erst nach der Erneuerung des Vertrages erfolgt. Die Reibungen mehrten sich. Schwerwiegende Bedenken gegen seine Geschästsführung wurden laut ich denke an die Umstellung nach der Inflation, an das Holland Hastspiel, an den Kemp⸗Ver⸗ trag das Niveau auch der künstlerischen Leistung der Oper sank nach dem allgemeinen Urteil der Presse, wobei natürlich einige Spitzenleistungen immer Anerkennung fanden. Die Kroll⸗ oper wurde durch passive Resistenz nicht zu dem gemacht, was möglich war, obwohl Herr von Schillings selbst einst für die An⸗ lieder ung von Kroll eingetreten war. Alle diese Momente ließen s dem Ministerium notwendig erscheinen, Herrn von Schillings einen geschäftlich hervorragenden Fachmann zur Seite zu stellen. Ich tat damit das, was mir wohlwollende Kritiker hinterher äls Unterlassung vorgeworfen haben. Ich wollte den Künstler von den mechanischen Geschäften befreien, um ihn für seine künstlerische Aufgabe und die allgemeine Kunstrepräsentation frei zu machen. Lerr von Schillings erklärte die Berufung eines zweiten Inten⸗ dansen für einen unbedingten Konfliktsfall, den er beabsichtige mit allen rechtlichen und publizistischen Mitteln auszufechten. (Hört, hört! links und im Zentrum.) Trotz verabredeter Ber⸗ traulichkeit der Berbandlungen wußte er es nicht zu verhindern, daß seine Vertrauten die Angelegenheit in enistellter Weise in der Presse zur Sprache brachten. Der schon damals unvermeidlich scheinende Krach warde von mir noch einmal abgebogen; ich verzichtete auf die Einstellung einer neuen Kraft, mußte nunmehr aber Heren von Schillings in einem amtlichen Erlaß die alleinige Verantwortlichkeit für die Geschäfts⸗ führung zuschieben Seit jener Zeit setzte eine bewußte Gegenarbeit gegen das Ministerium in der Oeffentlichkeit ein Dabei wird die beliebte polemische Methode befolgt, die klare Meinung des Gegners mißzuverstehen und zum Widersinn umzubie gen und damit zu diskreditieren. Dieser Taktik⸗= bediente sich Herr von Schillings dem Ministerium gegenüber wiederholt, insbesonvere in der Angelegenheit, die dann schließlich zur Katastrophe führte.

Noch war alles reln intern. Aber schon appelliert Herr von billings an die Oeffentlichkeit. Als ihm seine bedenkliche altung vorgeworfen werd, antwortet er mit einem beleidigenden ief und sorgt für des'een Publizität. (Hört, hört! links.) Er ill also offenbar den Konflikt, und wirft nun in einer reinen zerwaltungsdifferenz, bei der er eklatant im Unrecht ist, die utorität seines Künstlertums in die Wagschale. So entfesselt er mit Hilfe der Oefsentlichkeit einen Machtkampf gegen den Minister bei gleichzeitiger Weigerung. zu gemeinsamer Arbeit zu kommen, bis er recht bekommen habe.

Das Ministerium zieht noch immer nicht die Konsequenzen. Das Ministerlum wendet sich auch nicht an die Oeffentlichkeit; denn einmal war es eine unmögliche Position für den Minister, sih über reine Verwaltungsdifferenzen mit dem ihm unterstellten Intendanten in der Oeffentlichkeit zu unterhalten, und zweitens sollten noch nicht alle Schiffe verbrannt werden, da eine gütliche Lösung im Interesse des Staatsinstituts noch nicht aus⸗ geschlossen schien. (Hört, hört! links) Daß eine Lösung erfolgen mußte, stand aber nunmehr fest. Der beleidigende Brief wird nicht zum Aulaß einer Auflösung des Bertrages genommen, vielmehr als Verwaltungsbeschwerde behandelt und ablehnend beschieden. Damit hatte der Minister, der in diesem Fall die letzte Instanz. war, die Sache erledigt. Gleichzeitig erging ein Schreiben an Herrn von Schillings mit erneuter Aufforderung, endlich die wegen des Abschlusses des Staatshaushalts allmählich brennend ge⸗ wordenen Fragen der Eiatgestaltung zu besprechen. Man kann doch auch im Interesse der Sache weiter zusammenarbeiten, wenn nian auch innerlich entschlossen ist, ause inanderzugehen. Da die notwendige Lösung, wie ich an Kerrn von Schillings schrieb, in den denkbar ehrenvollsten Formen sich vollziehen sollte, bat ich ihn in einem Privatbrief, der meine ganzen Bedenken gegen se ine Geschäftsführung noch einmal zusammenfaßt, mich an einem be⸗ stimmten Tage mit seinem Besuche zu beehren, um die Modalitäten der Lösung zu besprechen. Ich gedachte, ihm einen Vergleich vor⸗ ßuschlagen, nach dem er zum Ende der Spielzeit auf eigenen An⸗ trag als Intendant ausscheiden und eine Meisterklasse an der zlkademie der Künste übernehmen sollte. Es ist das eine pensions⸗ fähige Lebensstellung, die höchste Ehrenstelle, die im Gebiet der Kunstverwaltung überhaupt verliehen werden kann (hört, hört!

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links), wie sie unter anderen auch Pfitzner innehat. Kann man dieses Vorgeyen und diese Absicht eine brutale Vergewaltigung

der Kunst durch die Bürotratie nennen? (Rufe links: Nein!) Wie

reagierte nun Herr von Schillings auf diese Briefe? Statt zu den amtlichen Verhandlungen zu kommen, erfolgte eine schroffste Ab⸗ lehnung, und auch seinen vorgesetzten Minister weigerte er sich aufzusuchen, da er nicht mit ihm verhandeln könne, so lange er ihm das Vertrauen entzogen habe. (Hört, hört! links. Rufe: Hat er recht! bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei.)

Damit stand die Maschene still. Herr von Schillings hatte einen eklatanten Vertrassbruch begangen dadurch, daß er nicht nur die weitere Mitarbeit ablehnte, ja, sogar sich der Beratung über die Möglichkeit einer gütlichen Lösung verschloß. Bei dieser Sachlage konnte ich nichts anderes tun, als den vollendeten Vertragsbruch zu konstatieren und von den mir auf Grund des 5 6e6 zu— stehenden Rechten Gebrauch zu machen. Nicht ich habe Herrn von Schillings fristlos entlassen, sondern Herr von Schillings hat sich außerhalb seines Vertrages gestellt und mich durch Anmufung einer von ihm einseitig orientierten Oeffentlichkeit unter der Parole: Die Kunst ist in Gefahr!“ dazu zwingen wollen, schwarz für weiß und Unrecht für Recht zu erklären.

Bei aller Liebe zur Kunst und bei allem Respekt vor dem Künstler von Schillings das war unmöglich. Ich bedaure diesen Ausgang aufrichtig, denn ich habe bis zu einer für alle Welt un— verständlichen Grenze Zurückhaltung geübt, weil ich diesen Ausgang nicht wollte. Ich wußte, was ich dem Künstler schuldig war und übersah die Folgen, aber Herr von Schillings, der offenbar sehr schlecht beraten war, glaubte, mit Hilfe der Oeffentlichkeit den Minister zwingen zu können, ihm recht zu geben. So hat er mich in eine Situation hineinmanövriert, für die ihn allein die Schuld trifft. Ich hätte leicht durch rechtzeitige Aufklärung der Oeffent⸗ lichkeit eine ganz andere Position schaffen können. Ich habe das mit Bewußtsein verschmäht, weil ich den Krach vermeiden wollte, weil ich, als Schillings längst die Oeffentlichkeit einseitig orientierte, immer noch hoffte, zu einer gütlichen Einigung zu kommen. Erst als Schillings in vollendeter Hybris jede Zusammenarbeit und Ver⸗ ständigung verweigerte, zog ich die nunmehr unvermeidlichen Konse⸗ quenzen.

Warum haben Sie, höre ich einwenden, den Intendanten nicht beurlaubt oder suspendiert oder im zu Ende der Spielzeit gekündigt? Warum die brutale Form der fristlosen Entlassung?

Natürlich wäre auch ich lieber diesen Weg gegangen, aber er ist, wie leider in Laienkreisen nicht bekannt, rechtlich unzulässig. Jeder Be⸗ amte kann suspendiert werden, und dann entscheidet das Disziplinar⸗ gericht. Bei Verträgen wie dem des Herrn von Schillings gibt es nur die Entlassung, und die Entscheidung liegt bei den ordentlichen Gerichten. Auch ich empfand diese Rechtslage als unbequem. Mir scheint hier eine Lücke in der Gesetzgebung vorzuliegen, aber ich war bei meinem Vorgehen an die Rechtslage gebunden.

Zu Schaden kommt dabei in erster Linie unser Kunstinstitut. (Hört, hört! rechts. Zuruf rechts: Also doch) Aber ich frage Sie: Wen trifft daran die Schuld? Den Minister, der alle nur erdenk⸗ baren Wege in der Stille geht, um einen hervorragenden Künstler, der ein unfähiger Intendant ist, zu halten, zu stützen und schließlich sich ohne Lärm in Frieden von ihm zu trennen, wobei er sich wohl bewußt war, im Falle des Fehlschlagens seiner Reformversuche das ganze Odium tragen zu müssen er tat es aber aus Respekt vor dem Künstler und aus dem Wunsch heraus, unserer Oper eine neue Krisis zu ersparen oder aber den Intendanten, der um recht zu behalten, nicht in großen künstlerischen Fragen, sondern in kleinen nebensächlichen Verwaltungsfragen, die er nicht zu meistern wußte systematisch die Oeffentlichkeit gegen das Ministerium verhetzt, schließ⸗ lich die Mitarbeit verweigert und so einen öffentlichen Krach und damit die Schädigung des Instituts geradezu erzwingt? (Sehr richtig! links.)

Eine einseitig orientierte Oeffentlichkeit hat auch in diesem Falle geglaubt, den Künstler gegen die Willkür der Bürokratie verteidigen zu müssen. Wo aber sollen wir hinkommen, wenn selbst die geistigen Führer der Nation, als Leiter künstlerischer oder wissenschaftlicher Institute, so wenig Staatsgefühl besitzen, daß sie bei Verwaltungs- re ibu die in dieser schweren Zeit unvermeidbar sind, sofort ihre ganze; nie bezweifelte ideelle, ja selbst internationale Stellung mit Hilfe einer unorientierten Oeffentlichkeit in die Wagschale werfen (lebhafte Jurufe bei der Deutschnationalen Volkepartei. Glocke des Präsiden ten und so einen Machtkampf entfachen, der im Grunde ein Machtkampf gegen den Staat ist (sehr richtig! links), dem es zurzeit. weiß Gott, schwer fällt, die materiellen Grundlagen für die ideelle Wirksamkeit dieser führenden Männer zu beschaffen.

Wir können unsere künftlerischen und wissenschaftlichen In⸗ stitute das sage ich mit allem Ernst und Nachdruck in dieser Notzeit nur aufrechterhalten, wenn unsere geistigen Führer sich bewußt bleiben, daß die mit Mühe dem Finanzminister ab⸗ gerungenen Mittel nur sparsam und vernünftig und dabei mög lichst zweckentsprechend verwandt werden. (Sehr wahr! im Zen⸗ trum und links Ohne Zusammenarbeit mit den für die Mittel verantwortlichen Staatsstellen geht es nun einmal nicht. Wer hier mit Künstlerhochmut sich über die notwendige Ordnung hin⸗ wegsetzt oder die in der Inflationszeit eingerissenen Praktiten zu verewigen sucht, versündigt sich nicht nur am Staat, er verfündigt sich auch an der Kunst. Sehr wahr! im Zentrum) Wir trieben an der Staatsoper einem Chaos entgegen; die finanziellen Kon⸗ sequenzen der Amtsführung des bisherigen Intendanten waren unübersehbar; seit Jahr und Tag hatte die Finanzverwaltung ge⸗ warnt und auf Abstellung der Mißstände gedrungen. Es war mit Herrn von Schillings nicht mehr zu arbeiten; feine passive Ob⸗ struktion wurde auf die Dauer selbst für den Kultusminister, der ihn als Künstler so gern gehalten hätte, unerträglich. So mußte Schluß gemacht werden.

Daß dieser Schluß aber so jäh erfolgte und dadurch zu einer so tiefgehenden Erregung der Oeffentlichkeit führte, daran war in erster Linie die Haltung des Intendanten schuld, der sich jeder vernünftigen Regelung verschloß.

Bei dieser Sachlage muß ich auch gegenüber Anträgen, die aus dem Hause gestellt sind, mit Nachdruck erklären: Herr von Schillings kann nicht wieder auf den Intendantenposten zurück⸗ kehren. (Sehr wahr! in der Mitte und links.) Für den gegen⸗ wärtigen Minister ist diese Stellungnahme nach dem Ausgeführten wohl selbstverständlich; ich wage aber die Behauptung: Bei Lage der Akten wird kein kommender Minister, und gehöre er auch den Parteien an, die jetzt solche Anträge gestellt haben, die Verant⸗

. wortung für eine Wiedereinsetzung übernehmen können. Das eine

Gute hat also jedenfalls diese Krise, daß endlich im Betrleb unserer Opernhaäuser die Ordnung Lergestellt werden kann, die für den Bestand unserer Oper unerläßlich ist, die aber bei einer weiteren Geschäftsführung des Herrn von Schillings immer und immer wieder an feiner Person gescheitert wäre. (Sehr richt igl in der Mitte und links. Zurufe rechts) Man glaube ja nicht, daß Herr von Schillings in einem privaten Unternehmen besser floriert hätte. Bei einem auf wirtschaftlichen Nutzen gestellten Unternehmen wäre er bestimmt nicht sechs Jahre lang gehalten worden. Opern sind überall Zuschußanstalten. Es gibt kein staatliches oder städtisches Opernunternehmen, dessen Intendant auch nur annähernd so große Vollmachten besitzt, wie die waren, über die Herr von Schillings verfügte. In München und Wien müssen alle Künstlerverträge dem Minister zur Genehmigung vor gelegt werden. Bis zum Kemp⸗Vertrag und dem gleichzeitigen Monitum der Oberrechnungskammer waren unsere Intendanten völlig frei. Das Ministerium wirkt überhaupt nur mit bei der Berufung des Generalmusikdirektors.

Die Oeffentlichkeit hat darin Herrn von Schillings folgend viel an der Organisation der Verwaltung der Intendanz, ins- besondere an der Tätigkeit des Verwaltungsdirektors Winter aus- zusetzen gehabt. Ich kann nur versichern, daß ohne die pflichttreue und sachkundige Tätigkeit Winters eine Katastrophe schon viel früher eingetreten wäre. Wir wollten Herrn Winter ursprünglich den Intendanten unterstellen, Herr von Schillings wie Herr Jeßner haben das abgelehnt, ebenso einem mehrfachen Angebot des Ministers Haenisch, Winter durch eine andere Persönlichkeit zu ergänzen, widersprochen. Die ernsteren Differenzen können also erst aus letzter Zeit stammen.

Immerhin bin auch ich der Meinung, daß in der Oper nur einer Herr sein kann, und dieser eine muß der Intendant sein. Natürlich sind die überkommenen Verhältnisse nicht ganz leicht zu ändern, zumal ja auch Herr Jeßner als gleichberechtigter Dritter zur Intendanz gehört und er bei großer künstlerischer Leistung und einwandfreier Geschäftsführung reibungslos mit Winter zusammenarbeitet. Deshalb erfordert die Angelegenheit sorg⸗ fältige Prüfung, die erst zum Abschluß gebracht werden konn, wenn die jetzt sehr erregten Gemüter der Beteiligten sich wieder etwas beruhigt haben werden. Kompliziert wird die Regelung an der Oper durch die notwendige künstlerische Zusammenarbeit des In- tendanten nicht nur mit dem Regisseur, wie beim Schauspiel, sondern auch mit dem Generalmusikdirektor. Dadurch sind die Reibungsflächen ungleich größer. Bisher steht für mich nur eines fest, daß der künftige Intendant nicht gleichzeitig künstlerischer Konkurrent des Generalmufikdirektors sein darf. Der Opern⸗ intendant muß wie Max Reinhardt mir in diesen Tagen einmal so ganz meiner Ueberzeugung entsprechend ausführte eine Treppe höher wohnen. Jeder Erfolg eines Dirigenten oder Sängers oder Regisseurs feines Instituts muß sein Erfolg sein, er darf nicht selbst nicht einmal unbewußt oder in den Augen böswilliger Kritiker als persönlicher Konkurrent irgendeines seiner Kräfte erscheinen. Er muß weiter als Künstler empfinden, wenn möglich auch Künstler sein, er muß aber gleichzeitig so viel Blick für die Verwaltung besitzen, daß er vielleicht mit eiwas zu verein⸗ fachendem Verwaltungsapparat und bewährten Hilfskräften unjere Staatsoper mit fester Hand auch durch die wirtschaftlichen Nöte der Gegenwart hindurchstenert. Ein solcher Mann wird eben—⸗ so reibungslos mit der Kunst⸗ und der Finanzverwaltung zu⸗ sammenarbeiten, wie es bei Herrn Jeßner und den Intendanten in Wiesbaden und Cassel allezeit der Fall gewesen ist.

Bei Behandlung des Falles Schillings in der Oeffentlichkeit hat mich schmerzlich berührt, mit welch persönlicher Schärfe einzelne meiner Mitarbeiter behandelt worden sind. Es klang sogar manch⸗ mal durch, als ob man mich persönlich schonen wollte, wenn man mich als unter dem Einfluß unverantwortlicher Ratgeber stehend, ja gleichsam als ihr Werkzeug hinstellte. Wer so urteilt, mag wofür ich dankbar bin mir persönlich wohlgesinnt sein und konnte sich deshalb kaum Porstellen, daß ein relativ vernünftiger und doch nicht gerade kunstfremder Mensch wie ich eine solche Un⸗ begreiflichkelt beging, als welche die Entlassung des Herrn von Schillings erschien. Nach Darlegung des Sachverhalts wird man die Entlassung wohl nicht mehr für so unbegreiflich halten, und man braucht zu ihrer Erklärung wirklich nicht eine Herrn von Schillings feindliche Clique im Kultusministerium voraus zusetzen.

Tatsächlich ist denn auch die Löfung in vollem Einvernehmen der beteiligten Herren erfolgt, und meine Berater waren nicht nur linksstehende Referenten der neuen Zeit, sondern auch bewährte Beamte der alten Zeit, fachkundige und erprobte Juristen, nicht nur aus meiner, sondern auch aus der Finanzverwaltung, und sie alle waren mit dem Herrn Finanzminister und mir der Meinung, daß uns schließlich gar kein anderer Weg als der beschrittene übrig blieb. (Hört, hört! bei den Deutschen Demokraten, bei der Sozial⸗ demokratischen Partei und im Zentrum) Auch kann ich nur sagen, daß derjenige die Dynamik im Kultusministerium wirklich nicht kennt, der meint, ich ließe mich durch meine Referenten in eine solche Angelegenheit hineinreiten. Hineingeritten hat uns alle Herr von Schillings über ihn hatte ich keine Machtbefugnis aber meine Referenten habe ich wirklich in der Hand. (Zurufe rechts) Allerdings halte ich es für den obersten Verwaltungs⸗ grundsatz, daß man den Referenten durch möglichst weitgehende Gewährung von Selbständigkeit, wenn sie die Leute danach sind, die Arbeitsfreudigkeit erhalte. Aber die allgemeine Linie der Kulturpolitik bestimme ich, wobei ich mich natürlich gern vom Sach- verstand der Referenten beeinflussen lasse.

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.

Verantwortlicher Schriftleiter: Ditektor Dt Tyrol Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsditektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengerinqg) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagganstali Berlin Wilbelmstt 32 Vier Beilagen seinschließlich Borsenbeilage) und Crste bis Dritte geuttal · Handels register Veil age.

Nr. 294.

(Fortsetzung aut dem Hauptblatt.)

Nun haben die beteiligten Herren so vorzügliche Arbeit ge⸗ leistet, und dies hohe Haus hat gerade die Arbeit dieser Referenten jahraus, jahrein immer wieder anerkannt, ja den jeweiligen Minister immer neu dazu aufgefordert, ihnen Minlsterialrats⸗ stellen zu verleihen, daß ich wirklich glauben konnte, mit Leuten zu⸗ sammenzuarheiten, die vom öffentlichen Vertrauen getragen waren. Zur Beruhigung der Opposition und in Anbetracht des völkischen Antrags darf ich in Parenthese bemerken, daß trotz der Landtagsbeschlüsse verfügbare Ministerialratsstellen nicht zur Ver⸗ fügung stehen, durch die Resolution zum Etat 1925 auch nicht ge⸗ schaffen werden können und auch für den bereits abgeschlossenen Etat 1926 nicht vorgesehen sind, da dieser Etat neue Beamtenstellen überhaupt nicht vorsieht. Zusammenfassend darf ich also sagen: Für die Entlassung des Herrn von Schillings trage ich nicht nur die formelle parlamentarische Verantwortung, sondern ich trage sie auch sachlich, da ich die Angelegenheit von Schillings gerade wegen meiner Verehrung für den Künstler seit Jahren persön⸗ lich verfolge und nichts Amtliches in dieser Sache ohne meine Er⸗ mächtigung geschehen ist. bekannt, aber sie lagen in der Sache und in der Geschäftsführung. des Intendanten. Trotz eifriger Bemühungen ist es mir nie ge⸗ lungen, meine Referenten belastendes Material vorgelegt zu be⸗ tommen. Man kann von mir nicht erwarten, daß ich Referenten, an deren Integrität ich nie zu zweifeln Gelegenheit hatte, und denen der Landtag wiederholt seine Anerkennung ausgesprochen hat, auf Grund einer im Augenblick vielleicht überschätzten Unbeliebtheit aus ihrer Stellung entferne. Auch mein Herr Vorgänger, der diese Herren ebenso vorgefunden hat wie ich, hat offenbar keinen Anlaß gehabt, eine Aenderung in ihrer Stellung eintreten zu lassen. (Hört, hört!)

Beim Studinni der öffentlichen Meinung und in eingehenden Gesprächen mit vielen Sachverständigen, unter denen ich die Präsidenten der Bühnengenossenschaft mit besonderer Dankbarkeit erwähne, ist mir allerdings klar geworden, daß die beteiligten Referenten der Oeffenklichkeit gegenüber als Exponenten gewisser organisatorischer und kunstpolitischer Entwicklungen erscheinen und daß sie für manches persönlich verantwortlich gemacht werden, was im Grunde genommen zeitgeschichtlich bedingt ist, wobei gewisse Imponderabilien als mitschwingend in Rechnung gestellt werden müssen.

Durch die Uebernahme der Hoftheater in staatliche Ver⸗ waltung ist der Staat zum ersten Male auf dem Gebiete des Theaters nicht nur neutrale Kunstbehörde, sondern auch Arbeit⸗ geber geworden und damit hineingezogen worden in die großen Lohnkämpfe der Gegenwart und in den Gegensatz zwischen Arbeit- geber und Arbeitnehmer. Nach der Revolution hielt man es des⸗ halb für besonders zweckmäßig, einen Vertrauensmann der Bühnengenossenschaft, der zuständigen Gewerkschaft, mit der Führung des Referats zu betrauen, was auch schon dadurch not⸗— wendig war, weil theatersachverständige Juristen unter den alten Verwaltungsbeamten nicht existierten. Der Vertrauensmann der Angestellten entwickelte sich nun im Laufe der Jahre, je mehr er die finanzielle Nöte des Staates kennen lernte, zum Vertreter des Staatsinteresses, und alle seine Bemühungen, auch in der Staats⸗ verwaltung die Interessen des künstlerischen Personals zu ver⸗ treten, konnten die unvermeidliche Entwicklung nicht aufhalten, daß er von seinen früheren Freunden als Renegat empfunden wurde. Nun ist der soziologische Aufbau der Theaterwelt äußerst kompliziert: Bühnengenossenschaft und Bühnenverein, Verband gemeinnütziger Theater und Verband Berliner Theaterdirektoren, Volksbühne und Bühnenvolksbund, Landesbühnenorganisation usw. usw. Dazu kommen die Tarifausschüsse, die Konzessionierungs⸗ stellen und andere Organisationen. Es scheint mir, daß aus dem Bestreben der Vereinfachung heraus in diesen Organisationen die Personalunion etwas weit getrieben worden ist, daß dadurch Machtkomplexe geschaffen wurden, die der Gegenseite nicht mehr erträglich erschienen, und gerade durch die Maßnahmen Reibungen entstanden, durch die man den Reibungen hatte vorbauen wollen. Die Dinge liegen zu kompliziert, um sie hier vertiefen zu können. Ich bin überzeugt, daß ein sorgfältiges Studtum dieser Ver⸗ hältnisse zu gewissen Reformen führen wird. Dabei wird Sorge zu tragen sein, daß der zuständige Theaterreferent des Ministe⸗ riums unter allen Umständen nicht nur der neutrale Staats⸗ vertreter der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen i st, sondern auch in der Oeffentlichkeit als solcher er scheint und gilt. (Sehr gut! im Zentrum.)

Erklärt sich ein großer Teil der Erregung der Oeffentlichkeit im Falle Schillings aus einem aufgespeicherten Mißtrauen gegen die Theaterpolitik des Ministeriums auf Grund der geschilderten organisatorischen Verhältnisse, so war ein zweiter Grund des Mißtrauens gewisser künstlerischer und musikkritischer Kreise gegen die Musikpolitik des Ministeriums überhaupt. Gewiß existiert hier eine Spannung, und ich glaube, daß es nur zur Beruhigung dienen kann, wenn man diese Tendenzen in threr Gegensätzlichkeit offen charakterisiert.

Die konsequente Kunstpolitit des Ministeriums auf musika⸗ lischem Gebiet war seit der Revolution, einmal Deutschland seinen Rang als erstes Musikland der ganzen Welt zurückzuerobern resp. zu erhalten. Zweitens aber und das ist der entscheidende Punkt haben wir die Musik bewußt und mit Nachdruck in den Dienst der Volkserziehung gestellt. Unferer rationalisierten Kultur sollten damit neue seelische Werte im antiken Sinne zugeführt werden. Auf die Parallele mit den bildenden Künsten verzichte ich in diesem Zusammenhang. Nicht nur bekam die Musik im Leben unserer Schulen eine ganz andere Stellung als vor dem Kriege, nicht nur erhielten unsere Musikhochschulen eine neue Organisation und personelle Bereicherung, sondern auch der Privatmusikunterricht wurde auf eine lang angestrebte neue Basis gestellt, unsere musik⸗ studierend Jugend bor Ausbeutung geschübt, ferner der Ghor—

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Daß Reibungen bestanden, war mir

Srste Beitage anzeiger und Preunischen Staats

Berlin. Mittwoch. den 16. Dezember

gesang, das Orchesterwesen gefördert, ja schließlich auch die Musik⸗ und Theaterkunst in den Dienst der Erwachsenenbildung gestellt, die Besucherorganisationen gefördert, und zwar auf durchaus paritätischer Basis, das Krollunternehmen angegliedert, dle Landes bühnenorganisation geschaffen. Durch diese ganze Politik geht ein einheitlicher Gedanke, es ist der einer im höchsten Sinne pädagogischen Einstellung zur Kunst, nicht als ob die Kunst. geschulmeistert werden sollte, sondern die Kunst wird als eine der höchsten und bedeutungsvollsten Elemente zur Begründung einer echten Volksbildung gewertet.

Schichten. Man hat das wohl auch die Sozialisierung der Kunst genannt. Demgegenüber steht der rein art pour l'art-Stand-⸗ punkt, den man im Gegensatz zum pädagogischen den artistischen nennen kann. Für ihn ist die Kunst doch in letzter Linie eine

essentenkreis, man kann sagen, einer Art von Zunft zusammen, die ihre Interessen wahrt und wahren muß. Experimente wie Kroll scheinen ihr verhängnisvoll, sie sehen das Niveau der

Ministerium nicht nur die technisch und historisch überlieferte Musik von Bedeutung ist, sondern die Mustkalität als lebender seelischer Ausdruck, daß das Ministerium deshalb alle die oft dilettantischen, aber schöpferischen Kräfte fördern muß, die z. B. aus der Jugendbewegung kommen, wie die Laiensplele, die musi⸗ kalischen Spielgemeinden, Bewegungen, wie sie im Jöde⸗Kreis und in den Voltsmusikschulen lebendig geworden sind. All das hat mit Artistentum nicht das mindeste zu tun, wird aber gerade in diesen Kreisen nicht für voll genommen, und doch rühren sich hier künstlerische Kräfte unserer BVoltsseele, die kein zukunfts⸗ bewußtes Ministerium unbeachtet lassen darf, so sehr es den historischen Kräften des reinen Künstlertums um der Kunst willen Achtung, ja Verehrung entgegenbringt. Aber hier liegen zweifellos zeitgeschichtliche Spannungen, die über den Willen eines einzelnen Referenten hinausgehen, ihn aber als Exponenten dieser Spannung bei den Beteiligten leicht in Mißkredit bringen können.

Liegen so in der großen Beunruhigung, die äußerlich durch den Fall Schillings ausgelöst wurde, tiefe Gegensätze unserer Entwicklung, so wird man gerechterweise nicht einzelne, nicht einmal den Minister dafür verantwortlich machen tönnen. Nimmt man dazu die allgemeine Abneigung gegen den 5 626, der als Damoklesschwert über jedem Angestellten hängt und der durch das Reichsgerichtsurteil vom 27. Oktober 1925 gerade eine besondere Aktualität besaß, bedenkt man auch den historischen Gegensatz zwischen der gesicherten Lage der Beamten und der prekären Situation der Angestellten und schließlich die große herz⸗ bewegende Not unserer gesamten Künstlerschaft, so wird man, ganz abgesehen von der tiefgehenden Wesenzverschiedenheit zwischen künstlerischer und beamtenmäßiger Lebensbetrachtung, wohl begreifen, daß viele Wasser zusammengeflossen sind, um den Strom öffentlicher Erregung zu erklären, dessen Zeuge wir

nach Meinung der Regierung seiner Aufgabe nicht gewachsenen Künstlerintendanten. ;

Nün wird es auch klar, wenn ich eingangs sagte, das Pro— blem der staatlichen Kunstpflege überhaupt stehe zur Debatte.

Die mannigfachen Krisen innerhalb der preußischen Kunst⸗ verwaltung (Bode⸗, Liebermann⸗ Schillings⸗Krisen) und der Widerhall, den sie in der Oeffentlichkeit zu finden pflegen, legen die Frage nahe, wo eigentlich die letzten Gründe für diese anscheinend mit einer gewissen Notwendigkeit und Regelmäßig⸗ keit sich ergebenden Spannungsverhältnisse zwischen Ministerium und führenden Einzelpersönlichkeiten der Kunstwelt zu suchen seien. Sie hängen zusammen mit dem durch die Staatsumwälzung eingetretenen Systemwechsel innerhalb der Kunstverwaltung. Genauer gesagt: die Krisen sind die Folgen eines Fehlers in diesem neuen Verwaltungssystem.

Die Kunstverwaltung vor der Staatsumwälzung beruhte im wesentlichen auf dem Gleichgewicht zwischen zwei Potenzen: den großen Fachautoritäten außerhalb des Ministeriums, den Praktikern der Verwaltung innerhalb des Ministeriums. Die Verwaltungstechniker in erster Linie und in den führenden Stellungen Juristen, die sich gegebenenfalls einiger fachlich geschulter Hilfskräfte bedienten, sorgten für reibungs⸗ lose Arbeit der Verwaltungsmaschine und für die Wahrung eines Vertrausverhältnisses zu den Autoritäten.

Die großen Fachleute aber stützten sich auf den Autoritäts · glauben der Oeffentlichkeit, sie wurden getragen vom Vertrauen der Krone, bei der z. B. die Generaldirektoren unmittelbaren Vortrag hatten. Sie sahen im Ministerium in erster Linie die Staatsgewalt, die ihren fachlichen Plänen zur Durchführung verhalf, in zweiter Linie eine vorgesetzte Behörde in Angelegen⸗ heiten rein verwaltungsmäßiger Natur. Ideenkonflikte konnten gar nicht auftreten, da eine eigentliche Kunstpolitik im Sinne der oben dargelegten Ziele vom Ministerium gar nicht gemacht wurde. Dies alles wandelte sich von Grund aus mit der Staats umwälzung.

Die Krone als unverrückbarer Pol bei wechselnden Minister⸗ erscheinungen, als mächtige Hilfe, als Vertrauen⸗ und Gunst⸗ spenderin ist dahin. Diese Funktion der Krone kann weder das Parlament noch das Staatsministertum übernehmen.

Dazu kommt die entscheidende Verschiebung, die sich im Ver⸗ solge der neuen Ideen über Staatsverwaltung zwischen Technikern der Verwaltung und Sachbearbeitern innerhalb des Ministeriums selbst vollzog. Sachbearbeitern wurde ein gegen früher bedeutend erweitertes Maß an Beranwortung überlassen, Willensbildung und sachliche Zielsetzung wurden von ihnen erwartet, und wie

früher der fachlich geschulte Hilfsarbeiter dem Juristen, so sollten

Wohlverstanden einer Bildung des gesamten Volkes, aller seiner

anzeiger 1925

nun Juristen ven Sachverständigen im Ministerium gewisse Hilfsstellungen geben.

Draußen aber verblieben nach wie vor, freilich ohne den Schutz der Krone wohl auch bei dem allgemein schwindenden Autorität · gefühl nicht mehr unbestritten die großen Fachleute in den leitenden Stellungen: Präsidenten, Generaldirettoren, Inten⸗ danten usw. Diese Künstler und Gelehrten, zum Teil von Weltruf, konnten unmöglich in den neuberufenen Sachbearbeitern det Ministers gleichberechtigte Potenzen erblicken. Ihr Wille mußte mit den Ideen der Ministerialbeamten zusammenstoßen, da der genauen Fach⸗ und Betriebskenntnis der Autoritäten die program⸗ matische Absicht und die ausführende Gewalt, zunächst aber auch

esoterische Angelegenheit der wenigen wirklich letzthin Sachver⸗

ständigen. Dieser Kreis schließt sich nun wieder zu einem Inter t ni wu Gehemmtseins in planmäßiger Reformarbeit durch unbelehrbars

sind. Man wird aber wohl auch billigerweise zugeben müssen, daß es sich hier um mehr handelt, als um die Entlassung eines

eine lückenhafte Einsicht)in die Dinge selbst bei den Vertretern des

Ministers gegenüberstand.

Draußen entstand das Gefühl der Unterdrückung und Ver⸗ gewaltigung der Fachleute mit bürokratischen Mitteln zugunsten a

nfechtbarer Ziele, drinnen im Ministerium wuchs das Gefühl des

und schwer zu bändigende Autoritäten. Das ist der Boden, aus

dem die Krisen wachsen und auf dem die Konflikte gedeihen.

Staatsoper bedroht und sie verstehen vor allem nicht, daß dem Es ist hier nicht die Gelegenheit, die möglichen Lösungsformen zu erörtern. Aber eins ist gewiß: der zurzeit bestehende Kompromiß

zwischen dem alten und dem neuen System ist auf die Dauer

unhaltbar und unerträglich. Solange er besteht, werden auch dle allen Beteiligten unerwünschten, die Kunst schädigenden, die Autorl⸗ tät der Staatsregierung schwer belastenden Krisen nicht aufhören. (Dauernde Unruhe rechts. Glocke des Präsidenten.)

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen hier die ganze n 8 8 Schilli 8 hi e ich fie se Y Problematik des Falles Schillings enthüllt, so wie ich sie sehe. Da

gibt es kein Versteckenspiel, wir müssen dem Ernst der Sache ins Gesicht schauen. Allerdings vermisse ich diesen Ernst bei den Herren, die sich hier unterhalten, anstatt zuzuhören. (Sehr gut! links.) Ich sehe diese Entwicklung seit langem. Aber es ist unmöglich, alle Reformen gleichzeitig zu beginnen. Wir brauchen Ruhe, aber wir brauchen eine feste Hand. Wenn Sie mir Ihr Vertrauen weiterhin schenken, bin ich bereit, den als notwendig erkannten Umbau unserer Kunstverwaltung durchzuführen. Wir werden im Hauptausschuß noch oft Gelegenheit haben, diese Fragen zu besprechen, Vor allem aber bitte ich die Künstlerschaft draußen, die den harten Notwendigkeiten der Staatsverwaltung oft so verständnislos gegenübersteht, zu glauben, daß die Beamten der preußischen Kunst⸗ verwaltung ihre ganze Kraft einsetzen, ihnen zu helfen. Gewiß, AKunst muß sein, aber auch Verwaltung muß sein. Wenn keine Kunstverwaltung wäre, kämen die Interessen der Künstler vollend unter die Räder. (Sehr wahr! im Zentrum) Wer ist es denn zum Beispiel gewesen, der sich für die Kunstinteressen eingesetzt hat bet der großen Steuergesetzgebung des Reiches, bei der Luxus- und Vergnügungssteuer, Umsatz und Vermögenssteuer und anderen Maßnahmen des Reiches? Da hat weder das Reichsministerium des Innern geholfen, noch der RNeichskunstwart, der Kampf ist allein aufgenommen worden von der Preußischen Kunstverwaltung (hört, hört! linkö), und was den Finauzressorts, was der unerbittlichen bürokratischen Staatsmaschine abgerungen wurde und es ist sehr Erhebliches dankt die Künstlerschaft ausschließlich meinem Ressort. (Bravo links) Es ist uns auch nach sehr heißen Kämpfen / schließlich gelungen, den Herrn Finanzminister zu bewegen, eine phalbe Million für eine zu begründende Darlehnskasse der Künstler⸗ ̃schaft bereitzustellen (bravo! links), von den zahlreichen Erfolgen zu schweigen, die wir für Kunst und Künstlerschaft noch sonst in diesen Jahren errungen haben, und die mehr als alles andere die Not= wendigkeit einer staatlichen Kunstpflege beweisen. Ich sage das mit einem gewissen Stolz, weil es gerade die gleichen Beamten sind, die jetzt so schwer angegriffen werden.

Dahinter aber steht schließlich das große Problem einer staat⸗ lichen Kulturpolitik, in der die Kunstpolitik nur ein Glied ist. Ist heutzutage eine bewußte Kultur- und Kunstpolitik für den Staat noch möglich? Ist alle Wirksamkeit vielleicht doch nichts anderes als die Auswirkung eines Parallelogramms der Kräfte? Wer an die deutsche Zukunft glaubt und an die kulturelle Daseinsberechti⸗ gung der deutschen Republik, wird diese Dinge nie dem Zufall über⸗ lassen dürfen (bravo! links), sondern, bei aller demütigen Anerkennung des Gottesgnadentums jeder echten Kultur, jedor wahren Kunst, doch den Versuch machen, durch eine bewußte, wohl⸗ bedachte Kulturpolitik dem frei wachsenden Geist Licht und Luft, Heim und Wirkung zu schaffen, und damit Staat und Kultur auch im komplizierten Gebilde des modernen Volksstaates zm Segen unseres Volkes zusammenzuhalten. (Lebhafter Beifall links Zischen rechts.) s.

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1609. Sitzung am 15. Dezember 1925. Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ))

Die dritte Beratung des Haushalts wird beim „Ju st izhaushalrt fortgesetzt.

Zunächst berichtet Abgeordneter Göbel Gentr. über die Ausschußberatung zu der Verordnung über die Hewährun g von Straffreiheit in Preußen, deren Genehmi⸗ gung der Ausschuß empfiehlt.

Abg. Ob uch (Komm erstattet. den Bericht über die Beratung des Necktsgussckusses zu dem sozialdemokratischen Antrag. der sich sen die Fememorde richtet, und weist darauf hin. dafz sich zurzeik B Personen wegen solcher Morde in Untersuchungsbaft befänden Farunter 18 Sffiziere und Fähnriche (Lebbaftes Hört! hört! bei den Kommunisten.) Verpflichtung erklärungen würden gefordert und unterschrieben., wonach den Führern bestimmter Vereine unbedingter Gehorfam und Treue bis in den Ted versprechen werde und weiter anerkannt werde, daß. Verrat nach gltgermaniscem Rechte. also mit dem Tode. zu bestrafen sei. In Frankfurt. Oder, habe von Mit= aliedern des Stabskelms ein Rechtsanwalt Landgu bestimmte War. nungen erhalten Er wolle allerdings nicht den Stablhe m alles mein hierfür berantwortlich macken. (Als der Abgeordnete Wulle . den Saal betritt, wird er von den Kommunisten mit dem Zurn „MHorbbube enwfangen. Der PYräsident erteilt inen Ordgungstuf) Festgestellt sei, daß republikaniscke Bebörden Hand in Hand mit den Fememördern arbeiteten.

Mit Ausnahme der durch Sperrdruck bervorgebokenen Reden

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.