1926 / 26 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Feb 1926 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium für Volkswohlfahri.

In der Zeit vom N. Dezember 1925 bis 23. Januar 1926 genehmigte öffentliche Sammlungen.

8 Stelle, an die Zeit und Bezirk

8 Name und Wohnort je Mi 24 ö

Zu fördernder Wohlfahrtszweck , in denen das Unternehmen

* des Unternehmers abgesübrt werden zaeführt wird

5 sollen ausgeführ

1 Kuratorium des Evangelischen Jo⸗ Zugonsten seiner satzungsgemäßen Auf- Kuratorium . Juni 1926 , von hannesstifts, z Hd des Herrn gaben Geldspenden durch Aufrufe an die Pastors Bunke, Spandau evangelijchen Voltekreise in Zeitungen

und Zeitschriften und durch Werbe⸗ schreimben für den östlich gelegenen Teil des Staatsgebiets Preußen.

2 ö Dentsche ,. Schutz der deutschen Krlegsgräber Bund 30. ** 1926, in i , , gräberfürsorge C. (., Berlin von Patronaten dur ufruf in W. 15, Brandenburgische Str 27 2. , Versendung von

Werbeschreiben.

3 Moon'scher Blindenverein E V., Zugunsten seiner satzungsgemäßen Auf⸗ Verein 5 es, . 6 ee. Berlin ⸗Charlotten⸗ aben Provinz Brandenburg Sammlung burg 4, See en heimer Str. 6. ; von Geldspenden 6 Werbe⸗

schteiben und Versendung von . Sam mellisten. .

4 Verein zur Beförderung der wirt. Zugunsten seiner satzungsgemäßen Auf. Verein 31. März 1926. für Berlin und schaftlichen Selbständigkeit der gaben n, n n ö, Blinden, Berlin-Steglitz, von Geldbspenden durch Werbe⸗ Nothenburgstraße 14 . Versendung von

Sammellisten.

Berlin, den . Januar 1926.

3.

55 7 Nichtamtliches. Dentsches Neich.

Der Reichsrat hielt vorgestern unter dem Vorsitz des neuen Reichsfinanzministers Dr. Reinhold eine öffentliche Vollsitzung ab. Der Reichsfinanzminister bemerkte vor Eintritt in die Tagesordnung laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger:

Es ist mir eine besondere Ehre und Freude, von dieser Stelle aus die Mitglieder des Reichsrats begrüßen zu dürfen. Ich bin den Herren ja nicht ganz unbekannt. Wir haben mehrfach gemein— sam manche Fragen im Interesse des Reichs und der Länder be⸗ handelt. Ich kann mich sogar daran erinnern, daß mein Vorgänger auf diesem Stuhl manchmal mit den Ländern heftige Sträuße aus⸗ zufechten hatte. Ich bin immer besonders gern hier gewesen, weil ich mir in meiner Tätigkeit die Gesetzgebung immer so gedacht habe, weil ich die Kenntnis und die objektive Einstellung des Reichsrats ganz besonders schön in meiner amtlichen Tätigkeit gefunden habe, vor allem deshalb, weil ich weiß, dan abgesehen vielleicht davon, daß durch die Instruktionen an die Ländervertreter vielleicht ein leises Plätschern von politischen Einflüssen auch hier herein⸗— gedrungen ist, hier nur nach objektiven Rücksichten gearbeitet wird. Des halb bit ke ich Sie, mir Vertrauen entgegenzubringen, damit wir ,, die Aufgaben von Reich und Ländern behandeln. Der teichskanzler hat zum Ausdruck gebracht, daß das Reich zu seinem Bestehen vieler Klammern bedürfe, und eine dieser Klammern ist das gegenwärtige Vertrauen zwischen der Reichsregievung und den Ländern, und darum liegt es mir außerordentlich am Herzen, das Vertrauen der Ländervertreter zu besitzen.

Der bayerische Gesandte von Preger erwiderte hierauf:

Namens des Reichsrats bin ich dem Herrn Finanzminister dankbar für seine freundlichen Worte und kann ihm die Versicherung geben, daß wir ihn mit großer Freude als Reichsfinanzminister be⸗ rüßt haben, und zugleich die Hoffnung aussprechen, daß er die Ge⸗

. die er seinerzeit als Finanzminister eines Landes be⸗ wiesen hat, auch in seiner neuen Stellung als Reichsfinanzminister nicht vollkommen vergessen möge. Auf der Tagesordnung stand der Etat für 1925, der durch die Reichstagsbeschlüsse bekanntlich vielfache Aenderungen erlitlen hat. Die Ausschüsse des Reichsrats haben nach ein—= gehenden Beratungen über diese Aenderungen ihrerseits eine ganze Anzahl der vom Reichstag beschlossenen Neueinsetzungen und Ausgabeerhöhungen abgelehnt. Der Reichstag hatte der⸗ artige Beschlüsse gefaßt, daß der Etat . 1925 mit einem An⸗ leihebetrag von 62,3 Millionen abschloß, der, da eine innere Anleihe zurzeit nicht unterzubringen ist als ungedeckter Fehl⸗ betrag zu gelten hat. Der Reichsrat hat sich auf den Stand⸗ punkt gestellt, daß mit Rücksicht auf die Londoner Abmachungen, wonach der Reichshaushaltsplan in den beiden Schonjahren ins Gleichgewicht gebracht werden soll, es nicht angängig sei, den Haushaltsplan mit einem Fehlbetrag abzuschließen. Er hat deshalb die Abstriche vorgenommen, die notwendig erscheinen, um diesen Fehlbetrag zu beseitigen, wobei in Rechnung gezogen wurde, daß unsere Finanzlage strengste Sparsamkeit gebietet und Mittel für Zwecke, deren Erfüllung wünschenswert, aber nicht unabweisbar dringlich ist, nicht zur Verfügung gestellt werden können, um so weniger, wenn die erforderliche Deckung nicht vorhanden ist. Es i infolgedessen bei einer Reihe von Aus⸗ gabéerhöhungen und Neueinsetzungen eine k oder Streichung mit dem Ergebnis vorgenommen worden, da der Fehlbetrag von 62,3 Millionen zum Verschwinden ge⸗ bracht ist.

Die Vollversammlung des Reichsrats nahm den Etat für 1925 in der nunmehr wieder veränderten Gestalt an. Ein An⸗= trag Oldenburgs, im Etat des Ministeriums des Innern, die von den Reichsratsausschüssen gestrichene Position von einer Million für kulturelle Zwecke, den sogenannten „Mumm⸗Fonds“, wiederherzustellen, wurde, nachdem der Ver⸗ treter Sldenburgs und Staatssekretäß Zweigert namens der Reichsregierung die Wiederherstellung befürwortet hatten, mit 42 gegen 18 Stimmen abgelehnt.

Deutscher Reichstag. 151. Sitzung vom 29. Januar 1926.

Nachtrag.

Die Rede, die der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns in Entgegnung auf die Ausführungen des Abgeordneten Silber⸗ schmidt (Soz.) in der Beratung der Vorlage zur Aenderung des

lieterschutzgesetzes gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm, wie folgt:

Meine Damen und Herren! Ich bin auch der Meinung, daß bie Einzelheiten der Vorlage, die hier umstritten sind und über die Herr Silberschmidt Klage geführt hat, besser in der Ausschußsitzung zu beraten sind. Ich kann aber doch insbesondere den letzten Teil seiner Rede nicht unwidersprochen lassen und möchte darauf schon jetzt eine Antwort geben.

Zunächst möchte ich gegenüber den Schwierigkeiten der Mieter, die sich nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Silber schmidt aus der gegenwärtigen Notlage ergeben, betonen, daß die uns jetzt beschäftigende Vorlage zu einer Zeit gemacht worden ist, als diese Notlage noch nicht gegeben war. (Zustimmung)) Man wird selbstverständlich, wenn man zur Beratung der Vorlage im

Der Minister für Volkswohlfahrt.

J. A.: Dr. Klausener.

Ausschuß kommt, diese außerordentliche Notlage von heute besonders berücksichtigen müssen. Zu der Zeit, als die Vorlage ausgearbeitet wurde, also vielleicht vor fünf bis sechs Monaten, befanden wir uns nicht in einer solchen Notlage wie heute.

Was nun die Tatsache angeht, daß die Wohnungsgesetzgebung nicht mehr so in der Hand des Reichs liegt, wie das früher der Fall war, so weiß der Herr Abgeordnete Silberschmidt selber doch ganz genau, daß diese Aenderung keineswegs aus der Initiative des Reichsarbeitsministeriums hervorgegangen ist. (Abgeordneter Silberschmidt: Das habe ich auch nicht gesagt! Aber Sie haben Ihren ganzen Appell in diesem Zusammenhang an den Reichs— arbeitsminister gerichtet, und der Nichtkenner der Verhältnisse konnte doch auf den Verdacht kommen, daß Sie damit auch den Reichsarbeitsminister als den Schuldigen an dieser Entwicklung der Dinge ansehen, und diese Adresse war falsch. (Widerspruch des Ab⸗ geordneten Höllein Wenn Sie mit der heutigen Regelung nicht einverstanden sind, müßten Sie sich zunächst an die Länder wenden, auch an Herren aus Ihren eigenen Reihen (Abgeordneter Höllein: Da stimme ich Ihnen beih, die sich in ganz anderen Gedonken— gängen bewegen, als Sie eben vorgetragen haben. Sie müssen weiterhin Ihre Ausführungen auch an die Adresse derjenigen richten, die die Verfassung geschaffen haben. Denn in Artikel 10 der Reichsverfassung ist bekanntlich dem Reiche nur die Möglichkeit nicht die Pflicht übertragen, auf dem Gebiete des Wohnungs— wesens im Wege der Gesetzgebung Grundsätze aufzustellen. Wir können also verfassungsmäßig gar nicht so weit gehen, wie Sie es nach Ihren Ausführungen eben zu wünschen scheinen. Wenn an den Zuständigkeiten des Reichs und der Länder auf dem Wohnungs— gebiete und an der Auswertung und Benutzung der Mietssteuer etwas geändert werden soll, dann ist es unmöglich, das vor dem nächsten Jahr zu tun, vor dem Termin, an dem überhaupt der ge— samte Finanzausgleich einer Revision unterworfen werden soll. Be⸗ kanntlich hat die Regierungserklärung schon darauf hingewiesen, daß mit den Ueberweisnngen am 1. April 1927 Schluß gemacht werden soll, und daß von diesem Termin ab die Länder und Ge⸗ meinden wieder eigene Steuerquellen in größerem Umfange als heute erhalten sollen. Dann ist auch der Zeitpunkt gekommen, nötigenfalls die Auswertung der Mietsteuer zu revidieren. Ich glaube aber nicht, daß wir das im Zusammenhang mit dieser Vor— lage machen können.

Wenn nun auch das Reich heute nicht mehr die früheren Kom— petenzen auf diesem Gebiete des Wohnungswesens hat, so folgt dar— aus keineswegs, daß sich deshalb das Reich um den Gang der Dinge nicht mehr kümmere. Wir haben bereits im vorigen Jahre, noch vor Weihnachten, eine Konferenz mit den Wohnungsressorts der Länder gehabt, auf die ebenfalls in der Regierungserklärung hin⸗ gewiesen worden ist; wir konnten uns hierbei in weitem Ausmaß mit den Ländern dahin verständigen, daß es eine der ersten Auf⸗ gaben sein wird, Ersatzräume für die Fälle zu schaffen, die infolge dieses Gesetzes in Frage kommen können. Dieses Bedürfnis ist von den Ländern anerkannt worden; wir haben auch mit den Ländern

die Wege gesucht, dieses Bedürfnis zu befriedigen.

Man darf diese Vorlage, die hier zur Debatte steht, nicht für sich allein betrachten, sondern muß bei dieser Kritik berücksichtigen, daß gleichzeitig auch andere Vorkehrungen zur Vermehrung des vor— handenen Wohnraums getroffen werden. Es ist natürlich unmöglich, das jetzt schon im einzelnen alles darzulegen, zumal auch diese Verhandlungen ebensowenig abgeschlossen sind wie etwa die Gesetz⸗ gebung auf dem Gebiete des Mieterschutzes.

Dann noch eins! Herr Kollege Silberschmidt hat darauf hin— gewiesen, daß in dem einen Punkt der Zubilligung von Ersatzraum die Vorlage im Reichsrat verschlechtert worden sei. Er irrt! Wenn er sich den Wortlaut genauer ansieht, wird er finden, daß die jetzige Vorlage eine Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Vorlage darstellt; denn jetzt besteht die Möglichkeit, Ersatzraum in allen Fällen zuzubilligen und nicht etwa bloß in den Fällen, in denen sich der Mieter in einer unverschuldeten Notlage befindet. Ich hube im Augenblick den Wortlaut nicht vor mir; aber ich weiß besitimmt, daß es sich in dem betreffenden Falle nicht um eine Verschlechterung, sondern um eine Verbesserung der ursprünglichen Vorlage handelt. Wenn sich vielleicht nach irgendeiner Seite eine Verschlechterung ergeben sollte, so wird das selbstverständlich auch im Ausschuß nach= geprüft werden. .

Preußischer Landtag. 120. Sitzung vom 29. Januar 1926. Nachtrag.

Die Rede, die der Finanzminister Dr. Höpher⸗ Aschoff, im Laufe der ersten Beratung des Haushalts für 1926 gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm, wie folgt: .

Ich weiß nicht, ob der Herr Vorredner das Daushaltẽgesetz in einem Punkte nicht mißverstanden hat. Er hat davon gesprochen,

wenn ich ihn richtig verstanden habe, daß eine Fraktion nicht ihre Zustimmung dazu geben könne, daß das Finanzministerium über die Aufnahme einer Anleihe lediglich mit Zustimmung eines siebenköpfigen Ausschusses verfüge. Der siebenköpfige Ausschuß, von dem das Etat⸗ gesetz spricht, hat mit der Anleihe überhaupt nichts zu tun. (Sehr vichtig) Es ist der sogenannte Bürgschaftsausschuß. Nach der Ver⸗ fassung darf der Preußische Staat Bürgschaften nur mit Zustimmung des Landtags übernehmen. Durch die Etatgesetze ist aber diese Zu⸗ stimmung des Landtags auf einen Bürgschaftsausschuß übertragen, und diese Einrichtung hat sich in den vergangenen Jahren durchaus be— währt. Dieser Bürgschaftsausschuß hat aber mit der Anleihe über— haupt nichts zu tun.

Ich möchte dann mit einigen Bemerkungen noch auf die gestriga Debatte zurückkommen. Herr Abg. Dr. Waentig hat gestern aus= geführt, daß ich meine Rede doch allzu reichlich mit Zahlenmaterial ausgestattet hätte, und daß dabei die großen leitenden Gesichtspunkte zu sehr in den Hintergrund getreten seien. Ich kann dem Herrn Abg. Dr. Waentig nur erwidern, daß auch mir bekannt ist, daß es Druckereien gibt, und daß ich die Druckerei nicht vergessen habe, daß ich meine Rede durchaus mit Rücksicht auf den Druck gehalten habe, um, wie heute schon einmal richtig hervorgehoben worden ist, auch gegenüber der Oeffentlichkeit Rechnung darüber zu legen, wie sich in den Augen der Finanzverwaltung die vergangene und die künftige Finanzentwicklung darstellt. Außerdem aber sollte auch diese Rede, rechtzeitig gedruckt, die Unterlagen für die gestrige und heutige Debatte bilden. Denn es finden sich in dieser Rede sehr viele Mitteilungen über die finanzielle Entwicklung des vergangenen und des laufenden Jahres, die in dem Vorbericht nicht enthalten sind und die für die Beurteilung der finanziellen Lage von großer Bedeutung sind.

Aus den Mitteilungen, die ich in meiner vorgestrigen Rede ge⸗ macht habe, ist zu ersehen, daß die wirtschaftliche Krise, in der win uns ja unzweifelhaft befinden, in den Steuereingängen bisher noch nicht in die Erscheinung getreten ist. Ich habe Ihnen Mit— teilungen über die bisherigen Steuereingänge machen können, und Sie haben daraus ersehen können, daß diese Steuereingänge eigentlich überall noch etwas über dem Soll liegen. Aber es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese wirtschaftliche Krise sich alsbald auch in den Steuereingängen bemerkbar machen wird, und daß darum in der Beurteilung der ganzen Sachlage die allergrößte Zurückhaltung geboten ist.

Herr Abg. von der Osten hat gestern von dieser wirtschaftlichen Krise ein sehr düsteres Bild entworfen, und ich glaube, auch mit einem gewissen Recht. Aber er hat doch dabei, glaube ich, auf gewisse Tendenzen keine Rücksicht genommen, in denen wir doch den Anfang zu einer Besserung zu sehen glauben. Er ist ausgegangen von der Passivität unserer Handelsbilanz und hat darauf hingewiesen, daß im Vergleich zu den Friedenszeiten die Einfuhr stark zugenommen, die Ausfuhr abgenommen habe. Diese Tatsachen sind unzweifel⸗ haft richtig. Aber wir müssen doch auch fragen, aus welchen Ursachen sich diese Entwicklung ergeben hat, und dabei dürfen wir doch nichtz an der Tatsache vorbeigehen, daß wir große wirtschaftliche Ueberschuß⸗ gebiete verloren haben. Es ist, glaube ich, nicht wunderbar, wenn win nach dem Verlust des Reichslandes, nach dem Verlust von zwei land—⸗ wirtschaftlichen Ueberschußprovinzen, nach dem Verlust von Lothringen und Luxemburg, also des großen Eisengebietes, heute eine stärkere Ein- fuhr in Geweben, in Eisenprodukten, in landwirtschaftlichen Erzeug⸗ nissen zu verzeichnen haben. Und da doch auch durch den Krieg alle Handelsbeziehungen zerstört sind, da während des Krieges und nach dem Kriege in den Nachbarstaaten neue Industrien entstanden sind und da endlich der Handelsverkehr unter den drückenden Bedingungen des Versailler Friedensvertrages sehr stark gelitten hat, Handels—⸗ verträge mit den meisten Ländern noch fehlen, ist es auch nicht weiter wunderbar, daß es noch nicht gelungen ist, die Ausfuhr wieder auf die Friedenshöhe zu bringen. Gleichwohl glaube ich, daß gerade die Zahlen der Ausfuhrstalüstik eine gewisse Hoffnung auf bessere Zustände recht— fertigen. Man braucht doch nur einmal die Zahlen der vergangenen Jahre einander gegenüberzustellen. Die durchschnittliche Ausfuhr be—⸗ trug 1913, im letzten Friedensjahr, im Monat 849,9 Millionen Mark dem Werte nach, 1924 547,2 Millionen Mark, 1925 736 Millionen Mark. Wir sehen die außerordentlich starke Steigerung der Ausfuhr von 1924 auf 19265, und wer die Entwicklung der Ausfuhr 1925 ver⸗ folgt, wird auch hier eine steigende Tendenz beobachten können. Es zeigt sich besonders, daß diese steigende Tendenz auch im letzten Monat, wenn auch in mäßigerem Umfange, angehalten hat.

Auf der anderen Seite wird aber eine weitere Förderung gevade der Ausfuhr, die ich für außerordentlich wichtig halte, nicht auf dem Wege erreicht werden können, den gestern Herr bon der Osten gewiesen hat. Er hat unter dem Schlagwort „Schutz der nationalen Arbeit“ darauf hingewiesen, daß es notwendig sei, die deutsche Arbeit noch stärker mit Zollschranken zu schützen. Ich glaube nicht, daß dies der richtige Weg ist, um die Handelsbeziehungen Deutschlands zu fremden Ländern zu fördern und die Ausfuhr zu steigern. Ich glaube vielmehr, daß das nar auf dem Wege einer energischen Handelspolitik gemacht werden kann, und ich würde es sehr dankbar begrüßen, wenn gerade die Partei des Herrn von der Osten im Reichstage eine solche Handelspolitik mit allen Kräften unterstützte.

Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete von der Osten hat dann zum Zweiten auf die erschreckende Arbeitslosigkeit hin gewiesen, die heute in Deutschland herrscht. Auch hier muß man nach den Ursachen dieser furchtbaren Arbeitslosigkeit fragen und neben der furchtbaren Zerrüttung der Wirtschaft, die auf den Krieg und die Inflation zurückzuführen ist und die sich ja auch in der Finanzwirtschaft und in den Erträgnissen der Staatskassen auswirkt, müssen wir auf einen Vorgang hinweisen, der die jetzige Arbeitslosigkeit wohl in der Hauptsache erklärt. Das ist das Be⸗ streben unserer ganzen Wirtschaft zur Kon⸗— zentration. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Produktionsapparat in Deutschland zu groß ist. Dieser Produk⸗ tionsapparat ist nach dem Kriege und vor allem in der Inflations⸗ zeit in dem Bestreben, Geld in Sachwerte umzuwandeln, noch künstlich weiter aufgebläht worden. (Sehr richtig! Die Bewegung, die sich heute vollzieht, ist die, auf dem Wege einer Konzentration den Produktionsapparat zu verkleinern, aus ihm die weniger guten Betriebe auszuscheiden, damit die besten Betriebe mit gutem wirt⸗ wirtschaftlichen Erfolge arbeiten können. Daraus folgen natürlich Arbeiterentlassungen; den wenn unzählige Betriebe, die nicht mehr mit Gewinn arbeiten können, im Wege dieses Konzentrations— prozesses ausgeschieden werden, dann hat das Arbeiterentlassungen zur Folge. Aber man darf auch hier nicht verkennen, daß auch dieser Vorgang wiederum zur Gesundung führen muß; denn wenn

n diesem Prozeß die guten und besten Betriebe bleiben und wenn diese wieder voll und wirtschaftlich arbeiten können, dann wird

der ganze Prozeß schließlich wieder zu einer Vermehrung der Arbeit und zu neuen Arbeitereinstellungen führen. Darum kann man wohl mit Recht diese Krise als Reinigungskrise bezeichnen.

Wie kann durch den Einfluß des Staates der Ablauf der Krise beschleunigt und die Krise schneller zur Gesundung geführt werden? Wir müssen uns alle darüber klar sein, daß hier der Einfluß des Staates, und besonders der Einfluß des preußischen Staates, der die Wirtschafts⸗ und Handelspolitik nicht in der Hand hat, sehr gering ist. Hört, hört! rechts) Ja, meine Damen und Herren, das liegt wohl in der Natur der Sache. Man muß die Wirtschaft sich selbst überlassen. Man muß für die Wirtschaft Gesnndungs⸗ bedingungen schaffen. Aber der Einfluß des Staates f die Ge⸗ sundung der Wirtschaft ist verhältnismäßig gering. Jedenfalls ist das meine feste Ueberzeugung. Gesunde Finanzen und gesunde Wirtschaft sind Dinge, die in engem Zusammenhang stehen. Aber wir dürfen wohl sagen daß die Gesundung der Finanzen, die nach der Inflation herbeigeführt worden ist, vielleicht in einem ge⸗ wissen Ausmaße auf Kosten der Wirtschaft herbeigeführt worden ist. Wir haben die Wirtschaft zu stark mit Steuern be⸗ lastet. (Sehr richtig! rechts) Das war vielleicht notwendig;

denn es kam nach der Inflation, die unsere Währung und Wirtschaft zerstört hat, vor allem darauf an, die Ur⸗

sachen der Inflation zu beseitigen, also das Gleichgewicht im Haushalt des Reichs, der Länder und Gemeinden herzustellen. Wenn unter diesem Gesichtspunkte, der damals durchaus im Vorder— grund stand, nunmehr die Wirtschaft zu stark mit Steuern belastet wurde, so ist das zu begreifen. (Abg. Pieck: Besonders die Arbeiter!) Die steuerliche Belastung wird wohl alle Stände getroffen haben; daß sie auch die Arbeiter hart getroffen hat, gebe ich durchaus zu.

Nun, meine Damen und Herren, wenn aber der Staat gerade auf diesem Gebiete für die Wirtschaft etwas tun will, also auf dem Gebiete, auf dem er vorwiegend etwas für die Wirtschaft tun kann, auf dem Gebiete der Einschränkung der Stenerlasten, dann ist Vor—= bedingung dafür, daß in der Wirtschaft des Staates weniger ver braucht wird als bisher. Damit bin ich bei dem Punkte angekommen, wo ich zu meinem lebhaften Bedauern mit den gestrigen Aus— führungen des Herrn Dr. Waentig nicht übereinstimmen kann. Er hat, wie man das in einer Rede immer tut, die Dinge auf die Spitze getrieben; er hat von einer Sparmanie gesprochen. Ich gebe ohne weiteres zu, daß übertriebenes Sparen unter Umständen nicht mit pfleglicher Finanzpolitik eins ist. Aber ich glaube, daß der Grund— gedanke, daß der Staat seine Ausgaben einschränken muß, um die Steuern ermäßigen zu können, um die Wirtschaft entlasten zu können, durchaus richtig ist und von uns verfolgt werden muß, als der einzige Weg, auf dem wir der Wirtschaft überhaupt nachdrücklich helfen können. (Sehr richtig!

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Waentig hat gemeint, daß der Staat viel aus der Wirtschaft heraushole, aber auch viel in die Wirtschaft hineingebe und dadurch die Wirtschaft befruchte. Dieser Gedankengang mag bei gewissen Ausgaben des Staates richtig sein. Wenn der Staat Mittel für die Bautätigkeit aufwendet, so befruchtet er die Wirtschaft, und wenn der Staat werbende Anlagen ausführt, so fördert er die Arbeitsgelegenheit und befruchtet außer— dem eine ganze Reihe von Nebenbetrieben. Der Ausbau unserer Häfen, Elektrizitätswerke und Bergwerke bedeutet eine Befruchtung unserer Wirtschaft.

In diesem Zusammenhang darf ich ein Kleines erwähnen. Meine Damen und Herren, wir haben viele Aufträge an die Wirt— schaft zu vergeben, vor allen Dingen auf dem Gebiete der Bau⸗ verwaltung. Alle Ausgaben für Neubauten und Reparaturen kommen da in Betracht. Wir werden einem erheblichen Teil der Bauaufträge des Jahres 1926 schon jetzt verteilen, damit die Arbeitslosigkeit ge⸗ mildert wird, bevor die Neubautätigkeit wieder den Baumarkt be⸗ fruchtet.

Aber wenn ich nochmal zu dem bisherigen Gedankengange zurück— kehren darf, so befruchtet der größte Teil der Ausgaben, die der Staat leistet, die Personalausgaben, die Wirtschaft nicht. Man kann diese Ausgaben nicht als produktive Ausgaben bezeichnen, durch die die Wirtschaft befruchtet wird, und darum muß man den Grundgedanken der Sparsamkeit üben, um auf diese Weise die Wirtschaft zu ent⸗ lasten. An diesem Gedanken wird mit allem Nachdruck festgehalten werden müssen.

Der Herr Abg. Dr. Schmedding hat gestern in seiner Rede auf eine Reihe von Punkten hingewiesen, bei denen vielleicht noch gespart werden könne. Meine Damen und Herren, wir sind durchaus bereit, auf diese dankenswerten Anregungen des Herrn Dr. Schmedding ein— zugehen. Wir wollen mit den Parteien des Landtags im Hauptausschuß zusammenarbeiten und unser Augenmerk darauf richten, daß wir bei den Ausgaben noch weiter sparen können und dadurch die Finanz- gebarung günstiger gestalten. Es gehört dazu aber eine starke Mit⸗ arbeit und starke Selbstzucht aller Parteien des Hauses. In der Regel ist es so gewesen, daß die Finanzverwaltung die allergrößte Mühe hatte, die Ausgabefreudigkeit aller Fraktionen einzuschränken. Wenn man also wirklich gewillt ist, die Ausgaben noch weiter herabzudrücken, über den Voranschlag, wie er vorliegt, hinaus, dann wird bas von der Finanzberwaltung gewiß freudig unterstützt werden. Aber es gehört dazu ein ernster Wille und eine außerordentlich starke Selbstzucht aller Parteien.

Der Herr Abg. von der Osten hat dann zum dritten noch auf die Kreditnot hingewiesen, die heute unsere Wirtschast bedrückt, und er hat damit allerdings den Kern der ganzen Wittschastsnot berührt. Aber, meine Damen und Herren, welche Widersprüche liegen doch in diesen Ausführungen des Herrn Abgeordneten von der Osten! Er hat auf der einen Seite davor gewarnt, Kredite aufzunehmen, insbesondere Kredite aus dem Auslande. Er hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Amortisation und Verzinsung dieser Kredite die Zahlungsbilanz ungünstig beeinflussen werden. Er hat es für nahezu unmöglich ertlärt, im Inlande eine Anleihe unterzubringen. Er hat weiter eine starke Senkung der preußischen Steuern gefordert. Aber auf der anderen Seite hat er gefordert, daß große Staats kredite für die notleidende Industrie bereitgestellt werden sollten. (Zuruf links: In erster Linie für die Landwirtschaft, sagte er) Wenn wir große Staatskredite für die Industrie bereit- stellen wollten, so wäre das nur möglich, wenn wir mit Anleihen große Mittel beschafften oder auf dem Wege der Steuern solche aus der Wütschaft herausholten. Ich glaube also, die Gedankengänge bes Herrn von der Osten sind widerspruchevoll und nicht durchführbar.

Weg halten. Ich bin der Meinung,

handen sein müssen und auch vorhanden sind Ueberschuß hatten.

der Staat muß ja immer über einen gewissen Betriebe fonds verfügen —,

Meinung, daß es gut ist, wenn die Summen, die auf diese Weise der Wirtijchaft zur Verfügung gestellt werden können, allzu groß sind. Wir haben uns in dem Bestreben, der Wirtschaft aus den verfügbaren Mitteln Kredite zur Verfügung zu stellen, von dem Gedanken leiten lassen, diese Kredite gerade den notleidenden Zweigen der Wurtschaft zur Verfügung zu stellen und durch die Gestaltung der Zins— bedingungen dem Grundgedanken einer notwendigen Zinssenkung Rechnung zu tragen.

Ich komme damit auf die Kredite, die wir vorzugsweise gewährt haben: erstens auf die Saatgutkredite und zweitens auf die sogenantten Mittelstandskredite. Ich habe bereits im De⸗ zember ausgeführt, daß diese Saatgutkredite, soweit sie durch den Staat Preußenkasse, Staatsbank. Girozentralen, Landesbanken zentralen zur Verfügung gestellt sind, sich auf insgesamt 120 Millionen Reichsmark belaufen, und daß von diesen 120 Millionen Reichsmark ho Millionen gestundet und zum Teil im Februar, zum Teil im nächsten Jahre gedeckt werden sollten. 65 Millionen sollten bis zum 31. Dezember des letzten Jahres abgedeckt werden. Es ist nicht gelungen, den vollen Betrag von 66 Millionen hereinzuholen, sondern es sind nur rund 40 Millionen eingekommen, so daß von dieser ersten Rate, die hätte zurückgezahlt werden müssen, noch 25 Millionen ausstehen. Meine Damen und Herren, bei den Mittel standskrediten ist die Sache so gelaufen, daß sie vorläufig verlängert worden sind, daß sie nun aber auch allmählich abgedeckt werden müssen und daß die Organisationen, über die wir die Mittelstandskredite in die Wirtschaft geleitet haben, also die Dresdner Bank. die Giro⸗ zentralen, die Landesbankenzentralen und die Preußenkasse, sich bereit erklärt haben, bei der allmählichen Abdeckung dieser Kredite die Kredite aus eigenen Mitteln zu ersetzen.

Meine Damen und Herren, dle Entwicklung unseres Kreditwesens gibt aber doch auf der anderen Seite auch wieder eine Berechtigung auf eine Besserung in der Zukunft zu hoffen, und dabei möchte ich mit starkem Nachdruck darauf hinweifen, in welch starkem Umfange sich die Spartätigkeit bereits wieder entwickelt hat. Meine Damen und Herren, die Sparkasseneinlagen betrugen am 3. Dezember 1925 10960000900 RM, die Giroeinlagen der preußischen Spar⸗ kassen betrugen 600 000 000 RM, zusammen 1700 000000 RM, man kann, rund gerechnet, sagen, daß die Giroeinlagen sich nicht ver⸗ mehren, daß aber die Sparkasseneinlagen im Laufe des ganzen Jahres monatlich um 50 bis 60 Millionen gestiegen sind auch in den letzten Monaten gestiegen sind mit anderen Worten, daß der Sparbestand bei den preußischen Sparkassen von Monat zu Monat um reichlich 50 Millionen wächst. (Zuruf rechts: Fast alles kurz⸗ fristig) Nein, nicht kurzfristig Ich habe die Unterscheidung zwischen Giroeinlagen und Sparkasseneinlagen gemacht Die Giro— einlagen betragen 600 Millionen und diese stehen ziemlich fest. Die Spareinlagen und das sind doch dauernde Einlagen wachsen von Monat zu Monat um etwa b0 Millionen. (Widerspruch rechts.) Sie liegen doch alle auf Girokonto. (Zuruf rechts: Nein!) Jedenfalls ist es ein dauernder Bestand an Spareinlagen, der von Monat zu Monat um 50 Millionen wächst. Es ist also damit zu rechnen, daß der Sparbestand anwächst, und das ist letzten Endes entscheidend.

Wir haben auch insofern eine erfreuliche Erscheinung zu ver, zeichnen, als die Geldflüssigkeit auf dem Geldmarkt dazu geführt hat, daß die Pfandbriefe eine erhebliche Kurssteigerung erfahren haben und auf diese Weise ein stärkerer Anreiz gegeben ist, verfügbare Gelder in Ülangfristigem Realkredit anzu—⸗ legen. Es muß der Versuch gemacht werden und es muß das Be— streben der öffentlichen Hand sein, aus dem vorübergehenden kurz— fristigen Personalkredit nach Möglichkeit langfristigen Real— kredit zu machen. (Sehr richtig! links) Darauf muß alles ab— gestellt sein. Die ganze Aktion der Golddiskontbank bewegt sich in dieser Richtung, und auch die Herabsetzung des gZins— fußes der Reichsbank bewegt sich in der Richtung, den Anreiz, Gelder in kurzfristigen Wechselkrediten anzulegen, zu vermindern und dadurch den Anreiz, Gelder in langfristigen Realkrediten anzulegen, zu verstärken. In Preußen müssen wir uns bemühen das Innenministerium und das Finanzministerium tun es auch —„ die Sparkassen darauf hinzuweisen, daß sie wieder stärker aus einem ihnen gar nicht zustehenden Industriekreditgeschäft herausgehen (sehr richtig! bei der Wirtjchaftl. Vereinig.) und die verfügbaren Bestände wieder dem Hypothekarkredit zuzuführen. Nach der Richtung muß sich die ganze Kreditpolitik der öffentlichen Hand bewegen. Natürlich sind all diesen Maßnahmen gewisse Schranken gesetzt. Alles hängt davon ab, wie unsere Wirtschaft geht und in welchem Umfange es ihr gelingen wird, Jahr für Jahr Bestände zu erübrigen und sie den langfristigen Krediten zuzuführen.

Ich möchte dann mit ein paar Worten auf die Schatzwechsel. politik eingehen. Die Geldflüssigkeit des Marktes, die wir in den letzten Wochen beobachtet haben, ist dem Bemühen der preußischen Finanzverwaltung, Schatzanweisungen unterzubringen, zu Hilfe ge— kommen. Während es noch bis Oktober des vergangenen Jahres kaum mögkich war. Schatzanweisungen unterzubringen, ist es seitdem möglich gewesen, Schatzanweisungen in den Verkehr zu bringen. Ein großer Teil der Schatzanweisungen ist zunächst von den Banken auf⸗— genommen worden. Aber nach und nach zeigt sich, daß die Spar— kassen Wert darauf legen, zum Teil unter dem Zwange des An— legungsgesetzes, zum Teil aber auch, weil sie die Lombardierungs— möglichkeit haben, einen immer größeren Teil ihrer Bestände in Schatzanweisungen anzulegen. Der Umlauf der Schatzanweisungen beträgt heute annähernd 100 Millionen. Davon sind nahezu 40 Millionen aus Sparkassengeldern zusammengelaufen.

Die Ausführungen der Redner der verschiedenen Parteien zum Haushaltsplan waren fehr verschieden. Auf der einen Seite schwarzer Pessimismus, auf der andern Seite fröhlicher Optimismus. Meine

?

Außerdem würde ich diesen Weg, Staatskredike in großem Um⸗

fange der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, für einen gefährlichen daß es nicht Aufgabe des Staats sein kann, den Bankier der Wirtschaft zu spielen, sondern daß für diese Aufgabe andere Organijsationen in der Wirtschaft vor⸗ Wir haben im ver⸗ gangenen Jahre den Bankier der Wirtschaft gespielt, weil wir einen Es ist selbstverständlich, daß das, was in den Kassen des Staats zusammenfließt und zusammenfließen muß denn

der Wirtschaft nutzbar gemacht wird, und zwar auf dem Wege über die großen Kreditorganisationen des Staates; aber ich bin nicht der

Herren und Damen, ich glaube, daß wir allen Anlaß haben, sowohl Pessimismus wie Optimismus zu vermeiden: Pessimismus hindert die Arbeitsfreudigkeit, und Optimismns verleitet zu falschen Schlässen. Notwendig ist es, mit Nüchternheit das Ersorderliche zu tun. (Bravol links.)

121. Sitzung vom 30. Januar 1926, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ).)

Der Landtag erledigte zunächst ohne Aussprache kleinere Gegenstände und nahm den Antrag Oelze (D. Nat) an, wonach das Staatsministerium ersucht wird, auf den Reform⸗ realgymnasien, die mit Englisch anfangen, zu gestatten, in der Untertertia mit Latein zu beginnen. u dem Antrag Daniche (Völk )⸗Schwenk (Völk), daß jeder Studierende der Geschichte und der deutschen Sprache bei der Prüfung aus⸗ a, Kenntnisse in der deutschen Vorgeschichte nachzu⸗ weisen haben soll und daß die Vorgeschichte für alle Schulen lehrplanmäßig als Unterrichtsgegenstand einzuführen ist, fand der Antrag des Ausschusses Annahme, der die Ablehnung dieses Antrags vorgeschlagen hat.

Hierauf setzte das Haus die allgemeine Aussprache zum Haushalt 1926 fort.

Abg. von R ohr (D. Nat.) weist die sozialdemokratischen An⸗ . auf die BVerhältnisse auf dem Lande, die auch seine Partei essern wolle, mit dem Hinweis darauf zurück, daß man doch einmal die Verhältnisse im Norden Berlins sich genau ansehen möge. In unserem Staatsleben sei ein großer Leerlauf zu verzeichnen. Un⸗ r 6 der heutige Zustand, daß der Staat nicht die Schwachen chützte, ondern nur die Organisation, daß der einzelne nicht mehr mit der Waffe des Rechts, sondern mit der der Organisagtionen und Partei kämpfe. In dem geweltigen Heer der Pensionäre und Warte geldempfänger befänden sich sehr viele, die noch arbeiten könnten. Man dürfe den, der noch arbeiten wolle, nicht zum Feiern Wwingen. Deshalb begrüße seine Fraktion den Vorschlag des Staatsrats, die . bei der Justizverwaltung auf 68 Jahre heraufgusetzen. Die Ankündigung der Verwaltungsreform durch den Minister begrüße seine Fraktion, es sei aber zu prüfen, ob mit den Zusammenlegungen in der Justizorganisation auch wirklich Er⸗ parnisse erzielt würden. Die Kosten, die der Landtag erfordere, 1 im umgekehrten Verhältnis zu dem, was an praktischer lrbeit geleistet werde. Das Gespenst der Ärbeitslosigkeit könne man nicht bannen lediglich durch Unterstützungen. Ein Mann, der zur Arbeit zurückkehre, sei volkswirtschaftlich mehr wert als tausend, die unterstützt werden müßten. Der richtige Weg, aus der Knise herauszukommen, sei, neue Kaufkraft zu schaffen. Auf die Menge der Werte komme es an, die geschaffen werden. Es müßten natürlich absetzbare Werte geschaffen werden. Was die Forderung nach Steigerung des Exports angehe, so . doch zu e,. ob man eine Handelsvertragspolitik weiten treiben solle, die mit einem roßen Debetsaldo abgeschlossen habe. (Sehr richtig! rechts) Man ollte dafür die Aufmerksamkeit mehr auf den Inlandmarkt richten. kan sollte auf die Gemeinden einen Druck ausüben, mit mehr Energie die Notstandsarbeiten zu fördern. Genau so, wie zwangs— läufig Arbeitslosigkeit weitere Arbeitslosigkeit erzeuge, so schaffe ,, neue Arbeit wiederum Arbeit und damit Verstärkung er Rauftra t. Die sozialistischen Rezepte hätten versagt. (Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Die sozsalistische Wirtschaftsordnung 6 ja doch nur eine einzige andauernde Wirtschaftskrise über

ußland gebracht. (Lachen bei den Kommunssten.) Als der Finanz- minister den einfachen Haushalt Friedrich Wilhelms J. als Ver- gleich angezogen hätte, habe der Abgeordnete Waentig (Soz) den Geschmack gehabt, zu bemerken, „leider sei dieser Etat nicht von ginem Parlament kontrolliert worden“. . „leider“ setze seine antei ein „Gott sei Dank!“ gegenüber. (Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen, stüpmische Unterbrechungen links) Was den Eigentumsbegriff angehe, so sei seine Partei der Ansicht, daß Eigentum nicht für Lermehrten Genuß bestimmt sei, sondern für vermehrte Arbeit. Diese Auslegung des Eigentumbegriffs gelte auch für das Hohenzellernvermögen. Er brauche nicht die Frage ,,, ob das Geschick der Landarbeiter in Kadinen und in D s besser gewesen sei unter Fürsten als heute. Das Geschick der Schwachen wäre jedenfalls zur Zeit der Fürsten besser . gewesen. EQUndauernde Unterbrechüngen links.) Der Redner schloß: Denken Sie an die Raffkes heute und erinnern Sie sich anderer—⸗ seits des histarischen Eckfensters Unter den Linden. Wagen Sie es (nach links), diese Erinnerungen herabzusetzen, Sie werden uns auf dem Platze finden. (Lebhafter Beifall rechts, anhaltende stürmische Gegenkundgebungen und Lachen links.)

Finanzminister Dr. Höpker-⸗Aschoff: Meine Damen und Herren! Der Herr Abg. von Rohr hat eben die Frage aufgeworfen, ob es nicht notwendig sei, die Stellung des Finanzministers zu stärken und ob diese Stärtung der Stellung des Finanz ministers nicht dem Finarzminister selbst erwünscht sein müßte. Meine Damen und Herren, Her stärkste Schutz der Finan werwaltung liegt in Artikel 66 der Verfassung. Dort ist bestimmt, daß der Land⸗— tag, wenn er Ausgaben beschließt, auch für die Deckung der Ausgaben zu sorgen hat. Ich habe mich bei verschiedenen Gelegenheiten auf diese Bestimmung der Verfassung berufen müssen, und zwar, wenn ich mich recht erinnere, in drei Fällen. Der Landtag hat einmal beschlossen . das liegt Monate zurück für Neubauten zugunsten kinderreicher Familien 20 Millionen zur Verfügung zu tellen. Ich habe damals den Deckungseinwend erhoben und darauf hingewiesen, daß die Finanzberwaltung nicht in der Lage sei, diese 20 Millionen zur Verfüzung zu stellen. Gleichwohl hat der Landtag, auch die Partei des Herrn Abg. von Rohr, für diesen Beschluß ge= stimmt (sehr richtig! links), und wir haben uns nur auf dem Wege ge⸗ holfen, daß wir die Richtlinien über die Verteilung der Hauszin 8 steuerhypotheken geändert und dafür gesorgt haben, daß kinderreiche Familien größere Hauszinssteuerhypotheken bekommen.

In einem zweiten Falle habe ich den Deckungseinwand erheben müssen, als seinerzeit der Landtag beschlossen hat, 50 Millionen für Mittelstandskredite zur Verfügung zu stellen. Der Anttag war von der Partei des Herrn Abg. von Rohr gestellt worden, und er ist hier von allen Parteien des Landtags angenommen worden, ob⸗ wohl ich den Deckungseinwand erhoben habe. Wir haben auch diesen Beschluß nicht ausführen können, sondem haben den Wünschen des Landtags nur in der Weise Rechnung tragen können, daß wir aus den verfügbaren Mitteln des Staats, also aus den Mitteln, die er bei der Staatsbank arbeiten läßt, einen erheblichen Teil dem Mittelstand zugeführt haben.

Zum dritten Male habe ich mich auf den Art. 66 berufen, als hier von einer Mehrheit des Landtags beschlossen wurde, den Kirchengemeinden noch über die Renten hinaus weitere Zu— schüsse in unbeschränkler Höhe zuzuführen. Ich habe auch damals darauf hingewiesen, daß nach unserem Dafürhalten dieser Beschluß des Landtags verfassungswidrig sei, weil er für diese Ausgaben keine Deckung vorsehe. Auch diesem Deckungseinwande hat die Partei des

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Mit Ausnahme der durch Sperrdruck bervorgehohenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

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