10 Millionen sollen bestimmt sein zur Durchführung sonstiger wirk—
samer Maßnahmen zur Hebung der landwirtschaftlichen Erze
namentlich zu Erleichterungen beim Bezug wichtiger Kraftgeräte, bei der verstärkten Technisterung und zur Schaffung besonders wirksamer, produktionsfördernder Betriebseinrichtungen, wie Saat⸗ Zu diesen Zwecken sollen auch evtl. die werden, die in dem Gesetzentwurf zur Sicherung der Getreidebewegung zur Verfügung gestellt waren, falls dieser Entwurf nicht Gesetz werden sollte oder sein Zweck ent⸗ fällt. Jene Vorlage bezog sich nur auf das Jahr 1925526. Ein großer Teil der 60 Millionen ist bei der Preußischen Zentral⸗ genossenschaftskasse angelegt zum Zweck kurzfristiger Kredite für die
reinigungsanstalten usw. 85 Millionen verwende
*
Landwirtschaft. Diese Mittel können darum nur allmählich ab
gehoben werden, wenn die Landwirtschaft nicht geschädigt werden soll. Die Vorlage überläßt es daher der Reichsregierung, den
Umfang und Zeitpunkt der Abhebung durch entsprechende An⸗ weisungen an di⸗ Reichsgetreidestelle zu bestimmen.
Die Ausschüsse des Reichsrats haben der Vorlage zu⸗
gestimmt. Angenommen wurde von den Ausschüssen ein Zusatzantrag Bayerns, wonach die Möglichkeit vorgesehen ist, einen Teil der betreffenden Mittel auch für Darlehen zur Förderung des Absatzes landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu ver⸗ wenden. — Die Vollversammlung nahm die Vorlage nach den Beschlüssen der Ausschüsse an.
Angenommen wurde eine Novelle zu dem Gesetz über die Prüfung und Beglaubigung von Fieber⸗ ther mometern.
In dieses Gesetz wurde eine Bestimmung eingefügt, wonach das Ausfuhrverbot sich auch auf Kapillare und Röhren erstrecken soll, die zur Herstellung von Fieberthermometern geeignet sind. Auch der Versuch einer solchen Ausfuhr wird unter Strafe gestellt.
Schließlich erklärte sich der Reichsrat noch mit der Neu⸗ festsetzung der Stimmenzahl im Reichsrat einverstanden.
Nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung hat nur ein Land, nämlich Bayern, eine Stimme im Reichsrat mehr erhalten. Früher zählte es 7140 333 Einwohner und hatte 19 Stimmen im Neichs rat. Die neue Volkszählung ergab eine Einwohnerzahl von 7379594 Einwohnern. Nach der Verfassung entfällt auf je 700 000 Einwohner eine Stimme. Ein Ueberschuß von mindestens 350 9000 Einwohnern wird als voll angerechnet. Bayern hat an Stelle seiner bisherigen 10 Stimmen im Reichsrat nunmehr 11 er⸗ halten. Dadurch profitiert mittelbar auch Preußen, indem es automgtisch nach der geltenden Verfassungsbestimmung gleichfalls eine Stimme mehr erhält. Also an Stelle seiner bisherigen 2tz Stimmen 2. Die neue Stimmenverteilung im Reichsrat ist jetzt folgende: Preußen 27, Bayern 11, Sachsen 7, Württemberg 4, Baden 3, Thüringen, Hessen und Hamburg je 2 Stimmen, die übrigen Staaten je eine Stimme; zusammen 68 gegen bisher 66 Stimmen.
Preußischer Staatsrat. Sitzung vom 25. Februar 1926. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)
Der Staatsrat erledigte eine Reihe von Vorlagen. Zu⸗ nächst wurden gegen den Entwurf eines Gesetzes über eine Aenderung des preußischen Staatsgebiets Einwendungen nicht erhoben. Es handelt sich um den Aus⸗ tausch eines ganz geringfügigen, unbewohnten schmalen Grenz⸗ gebietsstreifens der preußischen Gemeinde Perl im Kreise Saarburg gegen eine noch etwas kleinere Fläche der fran⸗ zösischen Gemeinde Apach, Departement de la Moselle auf Grund des Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich vom 14. August 1925. Der geplante Austausch erfüllt die Wünsche der Grenzbevölkerung, und eine Venach⸗ teiligung der preußischen Belange ist nicht zu befürchten.
Ueber den Entwurf eines Gesetzes über die Führung der 27. preußischen Stimme im Reichsrat berichtet namens des Verfassungsausschusses Dr. We sen⸗ feld. Er begründet den Ausschußantrag auf Führung der 27. Stimme durch die Regierung. Einwendungen werden nicht erhoben.
Gegenüber dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend Au f⸗ hebungprivatrechtlicher Baubeschränkungen in der Provinz Hannover und in der Stadt Frankfurt a. Main wird dem Ausschußantrag zu⸗ ,. gewisse Aenderungen vorzunehmen, im übrigen aber Einwendungen nicht zu erheben. Auch gegen eine Anordnung des Reichsarbeitsministers über Kurzarbeiterfür⸗ sorge werden Einwendungen nicht erhoben. Zugestimmt wird ferner einem Gesetzentwurf über die Bereitstellung
weiterer Staatsmittel für die Erweiterung und Einschleusung des Fischereihafens
Wesermünde, für den Ausbau des Erz⸗ und Eisenkais am neuen Binnenhafen zu Emden und für den Stettiner Hafen, ferner dem Gesetz⸗ entwurf, betr. die Gewährung von Zwischenkredit bei Renrengutsgründungen, dem Entwurf über die Bereitstellung weiterer Staatsmittel zur BVer⸗ mehrung und Verbesserung der Arbeiter⸗ wohnungen nebst Zubehör auf den Do mänen, über die Bereitstellung von Staatsmitteln zur Urbarmachung von staatlichen Mooren in den Provinzen Hannover und Schleswig⸗Holstein, über die Bereitstellung weiterer Staatsmittel zur Ausführung von Boden verbesserungen auf staatlichen Do⸗ mänenwerken und über die Bereitstellung von Mitteln zur Kultivierung privater Heide⸗ und Moor⸗ ländereien.
Gegen den Gesetzentwurf über Einbringung staat⸗ lichen Bergwerksbesitzes in die Preußische Berg werks⸗ und Hütten⸗A.—⸗G. werden Ein⸗ wendungen ö erhoben. Den vom Landtag beschlossenen Gesetzen über die Aufbesserung des Dienstein⸗ kommens der evangelischen und katholischen Pfarrer, durch welche die Vorschüsse aus der Staatskasse angesichts der Notlage der beiden Kirchen bis zum 31. März 1927 verlängert werden sollen, beantragt der Ausschuß, auf Grund der . seine Zustimmung zu versagen, da der Landtag Ausgaben außerhalb des ö. beschlossen habe, ohne die erforderliche Deckung dafür zu schaffen.
Wie Dr. Jarres (A. G.) als Berichterstatter noch ausführte, 1 der ö des Landtags an sich . durchaus berechtigt.
er Landtag habe auch sich für baldige gesetzliche Regelung der Frage ausgesprochen. Der Finanzminister habe im Ausschuß erklärt, kurzfristige 2 zur Verfügung zu stellen und ferner gegebenenfalls zur Bes 5 r erforderlichen Mittel für weitere Zuschüsse für die Pfarrerbesoldung zu sorgen. Der Aus⸗ schuß empfehle darüber hinaus, die Staatsregierung aufzufordern, alsbald einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den diesbezüglichen Wünschen des Landtags gerecht wird. — Nach kurzer Aussprache, in der Bartz (Komm) und Dr. Meerfeld (Soz.) sich gegen
den Ausschußantrag eintraten, wurde der Ausschußantrag gegen die Stimmen der Linken angenommen z Damit war die Tagesordnung erledigt. Die nächste findet voraussichtlich am 13. April statt, falls nicht die Beschlüsse des Landtags über das Hauszinssteuergesetz eine 37 — Tagung schon in der zweiten Märzwoche erforderlich machen.
— 28 1ünn — Q 11 31t
Preußischer Landtag. 132. Sitzung vom 25. Februar 1926, mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“)
Vor Eintritt in die Tagesordnung verlangt Abgeordneter
Bartels-Crefeld (Komm,), daß als erster Punkt auf die Tagesordnung ein kommunistischer Urantrag, der sich mit dem Volksbegehren zur Fürstenabfindung beschäf— tigt, gesetzt werde. In dem Antrag heißt es u. a. Die Durchführung des Volksbegehrens ist durch die viel zu svät erfolgenden Anweisungen des preußischen Ministeriums des Innern im Freistaat Preußen erschwert worden. Außerdem wird die Durchführung noch von den amtlichen Organen (Landrats ämtern, Gemeinde- und Gutsvorstehern) direkt gehindert und sabotiert. Nach der Verfassung und der Reichsstimmordnung sind Gutsvorsteher und Gemeindevorstände verpflichtet, die Ein⸗ tragungslisten für das Volksbegehren von den Antragstellern anzu⸗ nehmen und für unbehinderte Eintragungsmöglichkeit Sorge zu tragen. Alle Eintragungsberechtigten einer Gemeinde müssen die Möglichkeit erhalten, sich innerhalb der gesetzlichen Eintragungs⸗ pflicht eintragen zu lönnen. Zur amtlichen Vorbereitung gehört auch die Bekanntmachung in ortsüblicher Weise, wo, an welchen Tagen und Stunden die Eintragung erfolgen kann. Hierbei ist auf die berufliche Tätigkeit der Einwohnerschaft weiteste Rücksicht zu nehmen. Obwohl der Wortlaut der Verfassung und der Reichs⸗ stimmordnung über das Volksbegehren nicht den geringsten Zweifel zuläßt, sind in einer ganzen Reihe preußischer Provinzen, so in Brandenburg, Sachsen, Hessen⸗Nassau usw, Gemeinde⸗ und Guts⸗ vorsteher dazu übergegangen, -die amtlich vom Reichsministerium des Innern zugelassenen Eintragungslisten zurückzuweisen. (Hört, hört! links.) Hierfür haben die sabotierenden Amtspersonen besondere Anweisungen des Landbundes und des Verbandes der preußischen Landgemeinden erhalten. Amtspersonen des Freistaates Preußen machen sich des Verbrechens der Behinderung der Aus⸗ hung des Wahl⸗ und Stimmrechts schuldig. Die zugelassenen Eintragungsfristen sind heute bereits verkürzt. Die anitlichen Be⸗ kanntmachungen erfolgen zu spät. Es wird daher beantrag:, daß alle Gemein evorsteher, Gutsvorstände, Landräte, Amtspersonen, die der Durchführung des Volksbegehrens und des Volksentscheides Schwierigkeiten machen, sofort ihres Amtes zu entheven und unter Anklage des Amtsverbrechens zu stellen sind. Gegen die verant— wortlichen Leiter des Landbundes beziv. des Verbandes der preußischen Landgemeinden soll wegen Anstiftung zum Wahlver— brechen sofort das Verfahren eingeleitet werden. Das preußische Innenm inisterium soll in diesem Sinne sofort ein Rundschreiben herausgeben und veranlassen, daß die Sabotage des Volksbegehrens und Volksentscheides unwirksam gemacht wird. Der Redner schließt seine Antragsbegründung mit dem Ausruf: „Ein Hundsfott, wer widerspricht!“ (Gelächter rechts.)
Da dem kommunistischen Antrage von einigen deutsch⸗ nationalen Abgeordneten widersprochen wird, kann er nicht auf die heutige Tagesordnung gesetzt werden. (Lärm bei den Kommunisten.)
Abg. Sch we n- Berlin (Komm.) begründet einen Antrag, der verschie dene Vorschriften enthält und den Zweck verfolgt, weitere Betriebsstillegungen zu verhindern, um so die Erwerbslosigkeit zu mildern. Er wünscht, daß dieser Antrag als erster Punkt auf die heutige Tagesordnung gesetzt werde. Auch dieser Wunsch scheitert an dem Widerspruch der Rechten. (Rufe bei den Kommunisten: Fememörder!) Dann tritt das Haus in die Tagesordnung ein und et die zweite Beratung des Etats für 1926 der Hande und Gewerbeverwaltung fort. Minister für Handel und Gewerbe Dr. Schreiber: Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich auf die Anfragen und Anregungen eingehe, die gestern im Verlaufe der Debatte gegeben worden sind, bitte ich mir zu gestatten, einige Verände⸗ rungen in dem Haushaltplan der Handels- und Gewerbe⸗ verwaltung noch einmal zum Vortrag zu bringen. Die Dinge liegen so, daß der Haushalt der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung einen Gesamtzuschuß von 365,3 Millionen Mark erfordert gegen⸗ über einem Gesamtzuschuß von 28,5 Millionen Mark im vorigen Jahre. Der Gesamtzuschußbedarf hat sich also um 7.2 Millionen Mark erhöht. Ich halte mich für verpflichtet, in einer Zeit, in der bei allen Stellen die Ueberzeugung herrscht, daß namentlich auch in der staatlichen Verwaltung mit der allergrößten, rücksichts⸗ losesten Sparsamkeit vorgegangen werden muß, Ihnen eine Er⸗— klärung dafür zu geben, wie es kommt, daß gleichwohl dieser Haus⸗ halt wie auch die meisten übrigen Haushalte, die die preußische Regierung vorlegt, eine Erhöhung erfahren hat. Unter den 7,, Millionen Mark Mehrbedarf, die mein Haushaltsentwurf vorsieht, befinden sich 2.4 Millionen Mark — in runden Zahlen —, die für die Besoldung der Beamten mehr aufgewendet werden müssen. Es handelt sich dabei in Wirk⸗ lichkeit nicht um eine erst in der letzten Zeit erfolgte Erhöhung der Bezüge der Beamten, sondern um Erhöhungen, die seit dem 1. Juli 1924 stattgefunden haben und im vorigen Haushaltplan bei der allgemeinen Finanzverwaltung mitverrechnet worden sind, so daß insofern eine Erhöhung der Ausgaben nicht vorliegt. Ferner befindet sich in der von mir genannten Summe ein Mehrzuschuß des Staates für die Berufsschulen in Höhe von rund 3,z Millionen Mark. Durch diese Mehrleistung des Staates kommt meine Verwaltung einem immer wieder im Landtage dringend geäußerten Wunsche entgegen, die Beteiligung des Staates an den Lasten der Berufsschulen zu erhöhen. Die Finanzlage des Staates hat es leider nicht gestattet, diesen Zuschuß — ( 1 des Staates noch weiter hinaufzusetzen, wie ich das vom Standpunkt
* . w. ö * * meiner Verwaltung gern gesehen hätte. Ich hoffe indes, daß die Lasten, die der Wirtschaft durch die Beitragspflicht zu dem Berufs⸗ schulwesen auferlegt werden und über die die Wirtschaft, wie mir scheint, durchaus mit Recht, Klage führt, dadurch weiter gesenkt werden, daß eine Novelle zu dem Handels und Gewerbelehrerdienst⸗ einkommensgesetz Ihnen eine anderweite Regelung der Verteilung der Lasten zwischen den Kommunen und den Wirtschaftskreisen vorschlägt. Das Gesetz ist fertiggestellt und wird demnächst im Landtag heraten werden.
Die Zu schüsse des Staates zu den in der heutigen Zeit be⸗ sonders wichtigen Fachschulen sind um 725 000 M erhöht worden. Für den Luftverkehr, für den das hohe Haus von jeher ein besonderes Interesse gezeigt und der sich im vorigen Jahr be⸗
—
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden
S ⸗
friedigend entwickelt hat, werden gegenüber einem Ansatz von 2 Mü lionen Mark im Vorjahre 25 Millionen Mark im diesjährige Haushaltplan mehr angefordert. Ich hoffe, daß der Landtag m mir darin übereinstimmt, daß diese Mehrausgaben für ein doch en im Aufbau befindliches Verkehrswesen unbedingt notwendig sind un nicht beanstandet werden können. Ich habe mir erlaubt, im Haupt
. . . * * . —— . 1 ausschuß einige nähere Angaben über die Entwicklung des Fluge verkehrs im vorigen Geschäftsjahre zu geben; ich darf auf diese Dar
legungen verweisen, die ja im Bericht des Ausschusses wieder gegeben sind.
Neu in meinem Haushaltsplan finden Sie in diesem Jahn 520 000 M als Unkosten für die bisher vom Reich bezahlten Schlich tungsausschüsse und die arbeitsgerichtlichen Kammern. Es handeh sich hierbei um neu entstandene Kosten, die uns erwachsen sind durch die anderweite Regelung des Finanzausgleichs zwischen Reich un Ländern, der, wie Sie wissen, im vorigen Jahre stattgefunden hat.
Als letztes möchte ich erwähnen, daß unter den Mehraus gaben 1,2 Millionen Mark für die Unterhaltung der See! und Binnenhäfen angefordert werden, ein Mehrbetrag, den sich daraus ergibt, daß die Materialien teurer geworden und die Löhne gestiegen sind.
Insgesamt machen die Posten, die ich eben dargelegt habe und von denen Sie, wie ich hoffe, anerkennen werden, daß sie fü unbedingt notwendige Zwecke verwandt werden sollen, 105 Mil lionen Mark aus. Wenn nun der Gesamtzuschußbedarf der Handels- und Gewerbeverwaltung sich insgesamt nur um 7, V Mil⸗ lio nen Mark gegenüber dem Vorjahr erhöht hat, so bitte ich Sie, aus der Gegenüberstellung dieser beiden Zahlen zu entnehmen, daß wir doch wohl im allgemeinen in meiner Verwaltung eine sehr große Sparsamkeit geübt haben.
Nun ist von seiten des Landtags im Hauptausschuß die An— regung gegeben worden, daß sämtliche Verwaltungszweige Preußens noch über die Ersparnisse hinaus, die in ihren Haus— haltvoranschlägen vorgesehen sind, zu weiteren Ersparnissen kommen möchten. Der Hauptausschuß hat einen Beschluß an— genommen, der im einzelnen angibt, wo in dem Haushalt der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung Ersparnisse erwartet werden, Diese Kosten schließen mit einer Summe von insgesamt 983 630 4 ab. Mir ist übertragen worden, in Uebereinstimmung mit dem Herrn Finanzminister Ihnen Vorschläge zu unterbreiten, wie diese Summe etwa auf anderem Wege eingespart werden könnte, wenn wir andere Vorschläge für zweckmäßiger halten als diejenigen, die zunächst im Hauptausschuß in Erwägung gezogen worden sind. Der Herr Berichterstatter und wohl auch einzelne Redner dieses Hauses haben gestern ihre Verwunderung darüber ausgesprochen, warum die Vorschläge, die Ihnen meine Ver— waltung unterbreitet, nicht rechtzeitig vor der Beratung bereits in Ihre Hände gelangt sind. Ich erkenne dankbar an, daß die Redner dabei gleichzeitig zum Ausdruck gebracht haben, daß das nicht auf ein Versagen meiner Verwaltung zurückzuführen ist; es erklärt sich so, meine Damen und Herren, daß wir nicht wußten und nicht wissen konnten, daß der Haushalt der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung bereits gestern und heute hier beraten werden würde. Uns war mitgeteilt worden, daß wir uns für Freitag und Sonnabend bereithalten sollten. Ebensowenig wußte das die Finanzverwaltung. Wir haben daher erst vorgestern nachmittag erfahren, daß die Verhandlung heute stattfindet, und so erklärt es sich, daß Sie nicht bereits vor Beginn der Beratungen im Besitze unserer Vorschläge waren.
Unsere Vocschläge, die Ihnen auf den Drucksachen Nr. 2416 bis 2434 vorliegen, gehen davon aus, daß wir bei den Geschäfte— bedürfnissen, bei den Reise⸗ und Umzugskosten, bei der Unterhaltung der Dienstgebäude und derartigen Aufwendungen mehr insgesamt eine Ersparnis von 176 130 Mark hoffen erzielen zu können. Als größere Posten, bei denen wir Ersparnisse zu machen hoffen, möchte ich erwähnen die schon vorhin von mir genannte Erhöhung der Unterhaltungskosten für die Seehäfen und die Binnenhäfen. Wit hoffen dabei insgesamt 290 000 Mark ersparen zu können. Ebenso glauben wir, daß wir bei den Landgewinnungsarbeiten westlich deß Emdener Außenhafens einen Betrag von 450 00) Mark zu sparen in der Lage sind, und zwar aus dem Grunde, weil die Vorarbeiten, die gemeinsam mit dem Endener Entwässerungsverband vorgenommen sind, noch nicht soweit vorgeschritten sind, wie wir das im vorigen Sommer bei der Aufstellung des Haushaltes annehmen konnten. Wir werden also auf diesen Betrag vorläufig verzichten können. (Zu⸗ ruf vechts: Aber nächstes Jahr?) — Es ist möglich, daß er nächstes Johr notwendig wird; aber in diesem Haushaltsplan glaube ich jeden⸗ falls darauf verzichten zu können.
Ich möchte in diesem Zusammenhange ganz allgemein sagen, daß Sie sich denken können, daß es für eine Verwaltung außerordent⸗ lich schwer ist, gegenüber demjenigen, was sie mit Vorsicht als not— wendig bezeichnet hat, nun noch weitere derartige Abstriche zu machen. Gerade vom Standpunkte eines Wirtschaftsressorts aus, wo ich die ö Schwierigkeiten der Wirtschaft täglich besonders eindringlich zu be— obachten Gelegenheit habe und wo ich weiß und sehen kann, wie sehr für die ungünstige Lage der Wirtschaft mitbestimmend gewesen ist der außerordentlich hohe Steuerdruck und die außergedentlich schwere Be⸗ lastung, die der Wirtschaft daraus entstanden sst, habe ich aber den begreiflichen Wunsch, zu meinem Teile dazu beizutragen, daß wit
zu einer Senkung der Verwaltungsausgaben nach Möglichkeit ge, langen, selbstwerständlich in der Erwartung, daß bei allen Ressortz ähnliche Abstriche erfolgen werden.
Von organisatorischen Aenderungen im. Bereiche meiner Verwaltung möchte ich herborheben, daß dem Wunsche des Landtages entsprechend der Eisenbahnreferent meines Ministeriumk der die Verbindung mit dem Reichsverkehrsministerium und der Deutschen Reichsbahngesellschaft aufrechterhält, inzwischen zum Ministerialdirektor ernannt worden ist, und daß ihm die Leitung det Verkehrspolitischen Abteilung, der Abteilung VI, übertragen worden ist. Ich hoffe, daß es ihm gelingen wird, in Zukunft die 3u“ sam menarbeit zwischen der preußischen Ver, waltung und der Reichsbahnverwaltung besser gestalten; denn ich muß leider zugeben, daß diese Zusammenarbel „wischen der preußischen Verwaltung und der Reichsbahngesellschaf nicht befriedigt hat. (Hört, hört! rechts) Ich habe den Eindruh, als wenn die Reichsbahngesellschaft auch bei voller Berücksichtig;m ihrer Reparationsverpflichtungen entgegenkommender auf die Wünsch: derjenigen Wirtschaftsgebiete eingehen könnte, die sich der besonderen Fürsorge der preußischen Verwaltung auf dem Gebiete des Vn kehrswesens von jeher erfreut haben und ihrer besonderen Lage
* 1 *
8
nach Eine
He Unterstützung der Kirchen durch den Staat wandten, während r. Adenauer (Zentr,) und Freiherr von Gæyl (A. G) für
der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
erfreuen müssen, wenn sie gedeihen sollen. (Sehr richtig)
gewisse Schwerfälligkeit, auf das Notwendige einzugehen, scheint mir hier vorzuliegen.
Ganz allgemein möchte ich auch sagen, daß doch niemals ver⸗ gessen werden darf, daß die Deutsche Reichsbahngesellschaft nicht nur eine Reparationsangelegenheit ist (sehr guth, sondern das wich- tigste nationale Wirtschaftsinstrument Deutsch⸗ lands Gustimmung), und ich bin sicher, daß, wenn man diesen Gedanken mehr als bisher in den Vordergrund stellen würde, wenn man durch geeignete Sondertarife insbesondere das Wirtschafts- leben anregte, statt es zu drosseln, daß dann im Endeffekt die Leistungsfähigkeit sowohl der Deutschen Reichsbahn wie des Deut— schen Reiches überhaupt, auch Reparationsleistungen zu vollbringen, nur gehoben werden könnte. (Sehr richtig!
Meine Damen und Herren, bei der Beratung in diesem Hause ift gestern eine gewisse Erregung zum Ausdruck gekommen darüber, daß die Deutsche Reichsbahn einen erheblichen Auf⸗ trag an Eisenbahnschwellen in das Ausland ge⸗ geben hat. Wir haben heute morgen in der Presse die Erkläcung gelesen, die die Deutsche Reichsbahn zu diesem Gegenstand abgegeben hat. Ich muß gestehen, daß mich diese Erklärung nicht befriedigt hat (sehr richtig), und daß es notwendig sein wird, weitere Auf— klärungen über die näheren Beweggründe zu verlangen.
Weiterhin möchte ich als organisatorische Aenderung er— wähnen, daß wir im Laufe des Jahres in meinem Ministe⸗ rium, entsprechend den Wünschen, die aus Einzelhandelskreisen geäußert worden sind, ein besonderes Referat geschaffen haben, dessen Aufgabe es ist, mit den berufenen Ver- tretern des Einzelhandels Fühlung zu halten und die Interessen dieser Berufsgruppe im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftsbelange besonders zu vertreten. In diesem Zusammen⸗ hange hat gestern Herr Kollege Dr. Hager den Wunsch geäußert — und dieser Wunsch hat sich ja inzwischen, wie wir gehört haben, zu einem Antrag verdichtet — daß bei den Indu strie⸗ und Handelskammern obligatorische inzelhandels⸗ ausschüsse eingerichtet werden möchten. Meine Damen und Herren, wir haben bei 53 von insgesamt 70 Industrie- und Handels⸗ kammern jetzt schon Einzelhandelsausschüsse, denen neben Handels— kammernmitgliedern Vertreter des Einzelhandels angehören. Die 17 übrigen Kammern, die noch keine Einzelhandelsausschüsse haben, sind fast durchweg kleine Kammern, bei denen, da der Einzelhandel bei ihnen zahlceich vertreten ist, die Bildung eines besonderen Aus⸗ schusses nicht notwendig erscheint. Meine Damen und Herren, nach⸗ dem uns der Antrag vorgelegt worden ist, wird es, glaube ich, not⸗ wendig sein, im Ausschuß zu prüfen, ob hier in der Tat noch eine weitere Einwickung erforderlich jst. Mir scheint es, als ob das Ziel, das den An tragstellern vorschwebt, im wesentlichen bereits er⸗ reicht ist. .
Dann, meine Damen und Herren, hat sowohl bei der Beratung im Ausschuß als auch hier im Plenum die Frage der st aatlichen Elektrizitätswirtschaft eine besondere Rolle gespielt. Es ist nicht zu verkennen, daß in den letzten Wochen insbesondere in manchen Kreisen der Oeffentlichkeit eine gewisse Beunruhigung darüber entstanden ist, daß der Staht an diesem oder jenem Unternehmen auf dem Gebiete der Elektrizitätswirtschaft Interesse genommen hat. Dieses Interessenehmen ist so verstanden worden, als wenn etwa der preußische Staab darauf ausginge, im preußischer Wirtschaftẽgebiet ein Energiemonopol, ein Monopol der elektrischen Kraft zu entwickeln und anderen, tüchtigen und guten Elektcizitätsunternehmungen die Entwicklung zu hemmen und ihnen Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Meine Damen und Herren, ich lege Wert darauf, auch an dieser Stelle noch einmal mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen, daß die Absichten und das Ziel der preußischen Regierung zweifellos nicht nach dieser Richtung hin gehen. Wir setzen vielmehr die Aufgaben fort, die Prenßen sich bon jeher auf dem Gebiete der Glektrizitätswirtschaft zu eigen gemacht hat, und versuchen, das, was wir an elektrischer Wirtschaft im Staate betreiben, technisch voll⸗ kommener zu gestalten, insbesondere durch Kombinationen und zweck— mäßige Verbindungen mit den verschiedenen Energiequellen die Wirt⸗ schaftlichkeit der staatseigenen Betriebe zu erhöhen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß der Landtag die Regierung bei diesem Be— streben unterstützen wird. Ich möchte insbesondere auch darauf hin⸗ weisen, daß wir es zur Verbesserung der staatlichen Energiewirtschaft für unbedingt notwendig halten, wenn die Großunternehmen auf diesem Gebiete verständnievoll zusammenarbeiten und nicht gegen⸗ einander wirken. Die Staatsregierung hat jederzeit zum Ausdruck gebracht, daz sie diesen Wunsch hegt, und wir werden diesen Wunsch auch konkcelisieren, indem wir in sehr kurzer Zeit wie ich hoffe, mit den Vertretern der anderen auf diesem Gebiete wirkenden Unter— wehmungen uns zusammensetzen, um zu überlegen, wie wir die Energie⸗ wirtschaft im ganzen verbessern und rationeller ausgestalten können. Eins freilich glaube ich auch in Ihrem Namen, wie ich annehme, ablehnen zu müssen, daß man sich in gewissen Kreisen auf den Stand⸗ punkt stellt, daß der Staat nur die wenig aussichts reichen, nicht er⸗ freulichen Aufgaben übernehmen soll und alles, was auf diesem Ge⸗ biete der Elektrizitätswirtschaft gut und zukunftsreich ist, anderen Interessenten zu überlassen hat.
Es sind in diesem Zusammenhang Bedenken geltend gemacht worden, ob nicht etwa der Shaat seine Hoheitsinteressen und Hoheitsrechte mit seinen Wirtschaftsinteressen auf dem Gebiet der Elektrizitätswiretschaft verquickt. Ich habe bisher einen Nachweis dafür, daß das tatsächlich vorgekommen sein sollte, nicht erlangen können. Aber ich gebe zu, es kommt auch gar nicht auf den Nachweis an, und es ist schon außerordentlich un— befriedigend, wenn der Verdacht im Volke lebt, daß derartige Inter⸗ essen vermengt werden könnten. (Sehr richtig Um eine sichtbare Trennung der verschiedenen Interessengebiete zum Ausdruck zu beingen, habe ich deshalb das wichtige Enteignugsdezernat, das bis her in der technischen Abteilung V bearbeitet wurde, herausgenommen und in die neugebildete Abteilung Verkehrswesen hineingelegt. Ich hoffe, daß damit eine gewisse Beruhigung eintreten wird. Sollte es sich darüber hinaus als notwendig oder zweckmäßig erweisen, daß organisatorisch die ganze staatliche Elektri⸗ zitätsbetätigung anders aufgezogen werden müßte, etwa in Form einer großen Gesellschaft analog der Preußag oder etwas ähnliches, so wird das in meiner Abteilung auf das ernsteste geprüft werden. Aber ich habe becits im Ausschuß davauf hingewiesen, daß es mir in diesem Augenblick der Entwicklung noch verfrüht erscheint, endgültige Be⸗ schlüsse auf diesem Gebiet zu fassen, zumal wir selbst bisher vecht wenig Erfahrungen mit diesen privatwirtschaftlich aufge zogenen staats⸗ eigenen Gesellschaften gesammelt haben. (Zucuf bei der Deutsch⸗ nationalen Volkepartei) — Daß wir keine Dividenden bekommen
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haben, ist unsere einzige Erfahrung. Herr Kollege Weissermel, Sie werden Ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet in angenehmer Richtung sehr bald ergänzen können. (Erneuter Zuruf) — See sind selbst Mitglied des Aufsichtsrais und haben selbst Gelegenheit, zu diesem Ziel wertvoll beizutvagen.
Von den Fragen, die gestern an mich gestellt worden sind, möchte ich auf folgende besonders eingehen.
Der Herr Abgeordnete Siering hat gestern an mich die Frage gerichtet, wie wir uns zu gewissen Bestrebungen stellen, die sich im Reichstag gezeigt hätten hinsichtlich einer Aufhebung der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe. Ich möchte mit aller Deutlichkeit erklären, daß meine Verwaltung unter keinen Um⸗ ständen derartige Versuche, die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe zu beseitigen, unterstützen wird. (Bravo) Ich halte die Ein führung der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe für eine ganz besonders wichtige und soziale Errungen⸗ schaft lsehr richtig), nicht etwa nur für die Arbeitnehmer, sondern auch für die Arbeitgeber. (Sehr richtig! Ich bin der Ueberzeugung, daß die Ausnahme möglichkeiten, die auf diesem Gebiet von der Gesetz⸗ gebung zugelassen werden, vollkommen ausreichen, um berechtigten Interessen, insbesondere auch des Kleinhandels, Genüge zu tun. Es war mir eine besondere Freude, neulich feststellen zu können, als eine Deputation wichtiger und bedeutungsvoller Kleinhandelskreise mich aufsuchte, daß diese Kleinhandelskreise mit mir in der Auffassung vollkommen einig waren, die ich eben vorgetragen habe.
Herr Abgeordneter Siering hat weiter die Frage an mich ge⸗ richtet, ob es richtig sei, daß das Handelsministerium den Gesetz⸗ entwurf der ehemaligen Reichsregierung über den Preisabbau bekämpft habe. Dazu hatte das Handelsministerium bisher noch keine Gelegenheit, weil ich nicht weiß, ob die gegenwärtige Reichsregierung jenen Entwurf, so wie er vorliegt, sich zu eigen machen wird. Täte sie das, dann müßte ich vom Standpunkt meiner Verwaltung allerdings die ernstesten Bedenken geltend machen. (Bravo!) Wir sind vor der Einbringung jenes Entwurfs in Preußen nicht gefragt worden. Wir haben also in dieser Hinsicht vollkommen freie Hand, und ich möchte mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, daß ich selbstverständlich gerade vom Standpunkt meines Wirtschaftsvessorts alles begrüße, was geeignet ist, un ser Prei s⸗ niveau zu senken, zu einem wirklichen Abbau der Preise in der deutschen Wirtschaft zu gelangen. Aber wir dürfen uns doch darüber nicht täuschen, daß bisher behörd⸗ liche Maßnahmen auf diesem Gebiet und in dieser Richtung nur einen vecht bescheidenen Erfolg gehabt haben. (Sehr richtig) Ich ver⸗ spreche mir, offen gestanden, mehr von der zunehmenden Erkenntnis gerade auch der Unternehmerkreise, daß eine allgemeine Prei s⸗ senkung auch in ihrem Interesse wichtiger und wertvoller ist als eine künstliche Hochhaltung der Preise. Der Reichsverband des deutschen Handwerks hatte nun gerade in der Zeit, als die Reichs⸗ regierung ihre Vorlage einbrachte, eine außerordentlich erfreuliche und anerkennenswerte Entschließung in der Richtung gefaßt, daß die Innungen auf ihr gesetzliches Recht, gewisse Mindestpreise festzusetzen, in der Gegenwart verzichten möchten. (Zuruf rechts.) — Nach der Gewerbeordnung können freie Innungen — — Guruf rechts: Freie) — ich habe von anderen nicht gesprochen, und an die wendet sich ja auch die Entschließung des Reichsverbandes des deutschen Handwerks. Ich wünschte, daß eine derartige Entschließung gleichzeitig von allen anderen Wirtschaftskreisen, die es angeht, gefaßt worden wäre. (Sehr richtig) Ich bin vollkommen überzeugt, daß wir dann auf dem Weg zu einem wirklichen Preisabbau schneller voran kommen würden, als das sonst durch behördliche Maßnahmen möglich ist. (Sehr richtig! Ein wesentlicher Grundsatz scheint mir doch wohl zu sein, daß die Maßnahmen, die etwa angeordnet werden, sich nicht gegen einen be⸗ stimmten Berufszweig richten, sondern für alle Wirtschaftszweige gelten. (Sehr richtig
Zu den Fragen, die Herr Kollege Siering auf sozialpolitischem Gebiet an mich gerichtet hat, möchte ich folgendes bemerken. Die Stellungnahme der preußischen Regierung zu der Ratifizierung des Washingtoner Abkommens ist die gleiche geblieben, die sie von je eingenommen hat. Sie deckt sich mit der der Reichs⸗ regierung, die erst kürzlich zum Ausdruck gebracht hat, daß Deutsch⸗ land bereit ist, der Ratifizierung näherzutreten, wenn die anderen in Betracht kommenden Hauptmächte das gleiche tun.
Es ist dann von Herrn Abgeordneten Siering gefragt worden, was die Regierung auf eine Eingabe des Reichsverbandes der deutsche Industrie veranlaßt habe, in der noch die Erregung nach— zitterte, die die Frage der Einführung der Gemeinschafts⸗ arbeit bei den Dampfkesselrevisionsvereinen hervorgerufen hatte. Diese Eingabe ist recht alt, sie ist aus dem März 1925, also längst vor der Beratung unseres vorjährigen Etats, und ich habe schon bei den vorjährigen Verhandlungen des Hauses
die Mitteilung gemacht, daß die Anordnungen der Regierung auf dem
Gebiet der Gemeinschaftsarbeit von den beteiligten Revisionsbereinen ausgeführt und durchgeführt worden sind. Ich habe die Freude, auszusprechen, daß die Gemeinschafts⸗ arbeit, soweit wir das bisher übersehen können, sich durchaus be⸗ währt hat.
Es ist dann im Hauptausschuß die Frage angeschnitten worden, ob es richtig sei, die gesamte Sozialpolitik in ein ein⸗ ziges Ministerium zu verlegen. Meine Herren, Sie werden es verstehen, daß ich ebensowenig, wie ich es im Haupt⸗ ausschuß getan habe, hier zu der Frage, welches Ministerium etwa dafür in Betracht kommen könnte, mich äußere, denn das ist eine Frage, die das Kabinett zu entscheiden hat; dieser Entscheidung kann ich selbstverständlich nicht vorgreifen. Aber eins darf ich vielleicht doch ausführen, daß meine Verwaltung, die bisher das Arbeitsnach— weiswesen und die Berufsberatung betreut hat, den allergrößten Wert darauf legt, die sozialpolitischen Angelegenheiten nicht abgetrennt zu sehen. (Sehr richtig) Es gibt keine Wirtschaftspolitik, die sich nur mit dem Unternehmer befaßt; zur Wirtschaft und zur Wirtschaftspolitik gehört der Unt Fnehmer und Arbeitnehmer, selbstverständlich gleichberechtigt, und ich halte es für eine doch nicht unerhebliche Gefahr, wenn man die Verwaltung so aufzieht, daß schließlich der Eindruck entstehen muß, daß das eine Ressort für den Unternehmer und das andere für den Arbeiter eintrete.
Herr Abg. Brunk hat sich dann mit dem Steuererleichte⸗ rungsprogramm befaßt, das der Herr Reichsfinanz -= minister Reinhold angekündigt hat. Er hat in diesem Zu— sammenhang seine Befriedigung darüber ausgesprochen, daß ich im Hauptausschuß im wesentlichen den Plänen des Reichsfinanzministers zugestimmt habe. In einem gewissen Widerspruch dazu hat er frei⸗
lich eine Reihe von Bemerkungen gemacht, die erhebliche Bedenken gegen das Vorgehen des Reichsfinanzministers zum Ausdruck brachten, ob denn das, was der Reichsfinanzminister jetzt an Steuererleichte⸗ rungen plane, mit dem finanziellen Interesse des Reiches in Einklang stände. — Ich muß sagen, ich würde es nicht verstehen, wenn jetzt aus den Kreisen der deutschen Wirtschaft, die, wie ich glaube, durch⸗ aus mit Recht seit Jahr und Tag auf die unendlich hohe Steuer belastung nicht nur hingewiesen, sondern auch schleunigen Abbau der Steuern gefordert hat, Bedenken in dieser Richtung geltend gemacht würden. (Zuruf rechts: Das haben Sie im Ausschuß selbst getan) — Dann müssen Sie mich mißverstanden haben. Ich habe meiner Erinnerung nach kein Wort darüber gesprochen, aber wir haben ja das Protokoll und können es dort nachlesen.
Herr Abgeordneter Brunk hat auch angedeutet, daß der jetzige Herr Reichsfinanzminister kein erhebliches Verdienst daran habe, wenn er durch die Politik seiner Vorgänger in den Stand gesetzt worden ist, jetzt Steuererleichterungen eintreten zu lassen. Nach meiner Auffassung ist hier das Problem nicht richtig gesehen. Es ist zuzugeben, daß durch die Politik der Amtsvorgänger des jetzigen Reichsfinanzministers die Finanzen in die Lage versetzt worden sind, Fett anzusetzen. Ich glaube aber, man kann die Fra ze auf⸗ werfen, ob es im Interesse der deutschen Wirtschaft und im Interesse des ganzen deutschen Volkes nicht besser gewesen wäre, wenn man eine Politik getrieben hätte, bei der die Reichsfinanzen etwas weniger, die deutsche Wirtschaft aber etwas mehr be⸗ kommen hätte.
Auf dem Gebiete der preußischen Steuerpol it it hat Herr Abgeordneter Brunk danach gefragt, ob es wirklich zu treffe, daß die in Betracht kommenden Wirtschaftskreise sich zu dem Plan zustimmend geäußert haben, statt der grundsätzlichen Reform der Gewerbesteuer sich im wesentlichen aaf eine Verlängerung des jetzt geltenden Gesetzes einzulassen. Hier liegen die Dinge so, daß der Landesausschuß der preußischen Industrie— und Handelskammern eine besondere Kommission eingesetzt hatte, die die Frage der Reform der Gewerbesteuer beraten sollte. Diese Kommission ist bei den Beratungen über das Vorgehen der Regierung hinzugezogen worden, und diese Vertreter, von denen wir annehmen mußten, daß sie die entscheidenden waren — es handelt sich insbesondere um die Vertreter der Handelskammer Bochum — haben anerkannt, daß es richtiger wäre, im Augenblick die Gewerbesteuer mit einigen Aenderungen zu verlängern, statt die grundlegende Reform jetzt in Angriff zu nehmen, weil, wie man anerkannte, eine ganze Reihe von Unterlagen und Zahlen noch nicht vorhanden sind, die zur Beurteilung der neuen Reform wohl wesentlich und zweckmäßig sind. Die Handelskammer Bochum — und darauf spielten Sie wohl an, Herr Abgeordneter Brunk — hat nun, als sie wegen dieser Stellungnahme angegriffen wurde, in ihrem Kreis ein Rundschreiben erlassen, in dem sie ihre Stellungnahme darlegt und zum Ausdruck bringt, daß sie keines⸗ falls durch diese Zustimmung etwa habe erklären wollen, daß sie die Gewerbesteuer in ihrer jetzigen Art und Höhe für erträglich hält. Mit dem Vorgehen der Regierung jedenfalls haben sich diese Kreise sowohl wie die Vertreter der übrigen Wirtschaft, die dabei gewesen sind, einverstanden erklärt.
Herr Abgeordneter Brunk hat dann das Thema der Wege bauvorausleistungen noch einmal angeschnitten und einen Antrag seiner Fraktion in deeser Richtung angekündigt; er liegt jetzt wohl auch vor. (Zuruf) — So, ist schon angenommen — Ich möchte dazu bemerken, daß die Vertreter der preaßischen Regierung bereits im Reichsrat einen entsprechenden Antrag ein⸗ gebracht haben, der darauf hinausläuft, daß die Wegebauvoraus⸗ leistungen mit dem Augenblick aufhören sollen, wo die Kraftfahr⸗ zeugsteuer reformiert wird, wie das beabsichtigt ist. (Bravo! rechts und in der Mitte.)
Zur Gesamtlage der deutschen Wirtschaft, über
die in den letzten Monaten so unendlich viel geschrieben und gesprochen worden ist, möchte ich mir nur ganz wenige Bemerkungen erlauben. Die Krise, mit der die deutsche Wirtschaft kämpft, und zwar sowohl die Wirtschaft, so weit sie sich im Handel und Gewerbe betätigt, als auch die Wirtschaft, soweit sie in der Landwirtschaft tätig ist war ja zunächst im wesentlichen eine Kreditkrise. Es hat sich aber immer mehr gezeigt, daß diese Kreditkrise zu einer aus⸗ gesprochenen Ab satzkrise geworden ist. Wir sehen, daß das flüssige Geld der Betriebe in der Wirtschaft im allgemeinen zu— genommen hat, was kein Zeichen dafür ist, daß nun etwa große Ersparnisse gemacht worden sind, sondern diese Flüssigkeit in täg⸗ lichem Geld erklärt sich im wesentlichen wahrscheinlich aus dem Zu—⸗ strom von ausländischen Anleihen, die in die deutsche Wirtschaft hineingeflossen sind und die ihr nun gewisse Mittel zugeführt haben, die notwendig find und bereitgehalten werden müssen, wenn sich die eutsche Wirtschaft wieder entwickeln, wenn sie wieder aufblühen soll, wie wir es hoffen. (Zurufe rechts) — Gewiß, weil sie weniger produziert, braucht sie weniger Betriebskapital. Ich bin ganz Ihrer Meinung: sie braucht weniger Betriebsmittel, weil sie weniger Be⸗ trieb hat. Daraus erklärt sich eine gewisse Flüssigkeit, von der ich aber durchaus betonen möchte, daß sie nicht etwa als Zeichen einer Gesundung aufzufassen ist. (Sehr richtig! rechts) Das Eigenartige an dieser Ab satzkrise ist nun, daß sie nicht nur auf dem gewerblichen Gebiete vorhanden ist, so ndern auch, was angesichts unserer deutschen Verhältnisse eigentlich überraschend ist, auf dem landwirtschaftlichen Gebiet, nämlich bei den allerwichtigsten Erzeugnissen, Roggen und Kartoffeln, (Sehr richtig! rechts und in der Mitte. — Unruhe und Zurufe links.) — Meine Herren, ich kann nicht alles auf einmal sagen; Sie müssen sich schon einen Moment gedulden. Jedenfalls sind die unbefriedi⸗ genden Preise bei Roggen und Kartoffeln wohl in der Hauptsache darauf zurückzuführen, daß ein gewisses Ueberangebot vorhanden ist, welches vom deutschen Markt nicht aufgenommen werden kann. Sehr richtig! und Zurufe links.
Bei der Prüfung der Möglichkeiten, die vorhanden sind, um aus dieser Krise herauszukommen, gibt es meiner Ueberzeugung nach nur zwei Wege. Es ist oft von der Hebung der Kaufkraft der breiten Massen des Volkes gesprochen worden. Wie aber diese Kauf⸗ kraft gehoben werden kann, darüber gehen merkwürdigerweise die An⸗ sichten noch immer auseinander. (Sehr richtig!) rechts. Zurufe links: Lohnkürzungenh Meine Auffassung ist die, daß durch eine ziffern⸗ mäßige Erhöhung der Löhne und Gehälter die Kaufkraft des Volkes in Wirklichkeit nicht zunimmt (sehr richtig! rechts und in der Mitte), weil nach unserer Beobachtung dieser Aktion ständig eine Preis · erhöhung zu folgen pflegt. Die Kaufkraft des Volkes können Sie nur durch Hebung des Reall'ohns heben, und den Reallohn
ö.