1926 / 69 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 23 Mar 1926 18:00:01 GMT) scan diff

den Minister weiter, das Handwerk bei den Lieferungen der Reichs⸗ post mehr als bisher zu berücksichtigen. Abg. Morath (D. Vp.) erklärte, daß das Reichspostgesetz die Erwartungen seiner Freunde nicht enttäuscht habe. Der Verwaltungsrat habe sich durchaus be⸗ währt, indem er auch den Verbraucherkreisen ein bestimmendes Gewicht auf die Gestaltung der postalischen Einrichtungen gewähre. Redner bedauerte, daß der Reichsfinanzminister anscheinend Ein— spruch gegen eine Auslandsanleihe der Reichspost erhoben habe. Der inländische Kreditmarkt dürse durch eine Anleihe der Reichs⸗ post nicht eingeengt werden. Gerade die Reichspost sei ein In⸗ stitnt, das vom Ausland zu günstigeren Bedingungen als jedes andere deutsche Institut Kredite erhalten würde. Hierauf ver⸗ tagte sich der Ausschuß.

Da im Reichbtag der Etat für das Rechnungsiahr 1926 un— bedingt bis Ende dieses Monats erledigt werden soll, eröffnete nach Schluß des Plenums der Haushaltsausschuß des Reichstags die vierte Nachtsihbung seiner diesjährigen Etgtsberatungen. Es wurde die allgemeine Aussprache über den Haushalt des Reichspostministeriums fortgesetzt. Abg. Dr. Raschig (Dem.) wünschte eine Ermäßigung der Fernsprechgebühren und be— merkte, daß bei der Einrichtung neuer Automobilpostlinien keine unschöne Konkurrenz mit schon bestehenden privaten Postlinien. ge— trieben werden dürfte. Abg. Torgler (Komm) konnte keinen Grund erkennen für den Fortbestand des Postfinanggesetzes, das der Post besondere Selbständegkeiten gebe. Das Beispiel der Reichs—⸗ bahngesellschaft gegenüber ihren Arbeitern und Angestellten sei ab— schreckend genug, um der Möglichkeit zukünftiger Nachahmungen bei der Post von vornherein zu begegnen. Abg. Mollath (Wirtschaftl. Vereinig.) wies darauf hin, daß bezüglich der Automatisierung im Fernsprechwesen Norddeutschland weit hinter Süddeutschland zurück⸗ geblieben sei. Die Telephongesprächzähler arbeiteten mit sehr großer Differenz gegenüber den als Fehlverbindungen zugestandenen fünf Prozent. Das bedeute eine Benachteiligung des Publikums. Bei Ver— gebung von Arbeiten müsse das Handwerk mehr als bisher berück— sichtigt werden. Abg. Bruhn (D. Nat.) beantragte, statt 20 Mil- lionen 70 Millionen in den Etat eingzustellen als Betrag, der von der Reichspost an das Reich für 1936/1927 abzuführen ist. Die Lesstungen der Post sind gegenüber der hinter uns liegenden Abbau— zeit zweifellos gesteigert worben. Im allgemeinen ist die Bevölkerung mit der Post wieder zufrieden. Nur für das Land ist noch mehr zu tun, damit die Postzustellung der Friedenszeit wieder erreicht wird. Die Fernsprechmöglichkeiten für das Land müssen durch Gleichlegung der Sprechzentren benachbarter Bezirke verbessert werden. Die Krafk— postlinien müssen besonders in den verkehrsarmen Landesteilen ver— mehrt werden. Eine Konkurrenz zwischen Post und Eisenbahn kann nur dem Publikum von Nutzen sein, deshalb ist der Post aus ihrem Benehmen, sich in den Güterverkehr einzuschalten, kein Vorwurf zu machen, Redner wünschte eine Auskunft von dem Reichspostminister über die Zeitungsnachrichten, daß ein Schiedsgericht eine Klage der Reichspost und von anderen Gläubigern gegen Fulius Barmat abgewiesen und anerkannt habe, daß keine vertraglichen Verpflich⸗ tungen Barmats den Gläubigern gegenüber beständen. ih. Seppl (Soz) sprach sein Bedauern darüber aus, daß der Neuͤ⸗ bau des Postscheckamts in Breslau nur langsam vorwärtsschreitet. Abg. Leicht (Bayr) Vp.) verlangte, daß auch die Bayerische Volkspartei, wie überhaupt sämtliche Fraktionen des Reichstags, im Verwaltungsrgt der Potz Sitz und Stimme haben müsse. Reschs— postminister Dr. Sti ng. beantwortete zum Schluß die Anfragen, die im Verlaufe der Disküssion geäußert worden war. Hierauf ver— tagte sich der Ausschuß. Beschlüsse zum Postetat werden erft am Sonnabend gefaßt werden.

Der Steuergusschuß des Reichstags begann in der Sitzung am 18. d. Mts, mit der allgemeinen Aussprache über den Gesetzen twurf. der die Steuermilderungen behandelt Von seiten der Regierung wurde, dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge, nochmals betont, daß die Wirtschaftslage durch Steuermilderungen unbedingt erleichtert werden müsse. Am Fhesten seien solche Erleichterungen auf dem Gebiete der Umsatz steuer möglich. Eine Senkung der Umsatzsteuer kemme allen Teilen der Bevölkerung zugute. Sie vermindere die Spesen und damit die Preise; die Folge sei eine Steigerung der Konsumkraft des anzelnen. Soll die Senkung diese Wirkungen zeitigen so müsse das Ausmaß ein beträchtliches sein. Es sei der Satz von 65 vom Hundert gewählt worden. Die Ermäßigung solle mit dem 1 April 1926 in Kraft treten. Mit dem gleichen Tage solle die erf n, und Kleinhandelssteuer aufgehoben werden. Wie zunächst nach der Etatsrede in Aussicht genommen wäre, sollte die Hersteller- und Kleinhandelssteuer, überall nur dort aufgehoben werden, wo sie für Re deutsche Qualitätsarbeit schädlich gewirkt habe. Es wäre so die Frage offengeblieben, ob diese Steuer bei solchen Gegenständen bei⸗ ehalten werden solle, bei denen sie weder kulturpolitisch noch volks« wertschaftlich bedenklich, ja sogar erwünscht erscheine. Bei n n ö Frage habe sich jedoch ergeben daß eine solche beschränkte Auf— rech erhaltung der Hersteller⸗ und Kleinhandelssteuer ohne gewisse Schwierigkeiten für die in Betracht kommenden Gewerbezweige nicht durchzuführen sei. Auch soll auf steuerlichem Wege der Zufammen- schluß von gleichgrtigem oder wirtschaftlich zusanmmengeh r ige Unter⸗ nehmungen erleichtert werden. Abg Dr. Preyer (D. Rat.) er— klärte, man dürfe keinesfalls allein die Umsaßzsteuer senken, ohne auch die anderen für die Erleichterung der Wirtschaftslage besonders dringenden Anträge auf Senkung der Einkommensteuer, der Ver— mögens und Erbschaftssteuer sowie der Realsteuern zu berücksichtigen. Auch eine Ermäßigung der Hauszinssteuer sei zu prüfen, ehe man alle zur Verfügung stehenden Mittel für die Senkung der ÜUmfatz⸗ steuer verwende. Abg. Dr. Hertz (Soz) setzte sich für eine noch stärkere Senkung der Umsatzsteuer ein und wandte sich gegen jegliche Herabminderung oder Erleichterung auf dem Gebiete der Ver— mögenssteuer sowie der gesamten Realsteuern. Abg. Dr. Gereke (D Nat.) stellte die Frage, ob bei den von der Regierung geplanten Steuersenkungen und den Mehrausgaben für 1926 27 der Betriebsmittelfonds noch erhalten bleibe. Reichs finanz minister Dr. Reinhold erwiderte, daß er eine Garantie für die Erhaltung des Betriebsmittelfonds dm Ende des Jahres allerdings nicht übernehmen könne. Weitere Steuersenkungen als die von der Regierung vorgeschlagenen seien nicht möglich. Eine Weinsteuer— enkung oder eine Senkung der Biersteuer komme nicht in Frage. ür Liquidationsschäden sollten außer den bereits zur Verfügung gesteslten Mitteln noch weitere 80 bis 100 Millionen gegeben werden.

Im Steuerausschuß des Reichstags wurde am 19. d. Mis. die allgemeine Aussprache über den Steuermilderungs⸗

, ,, Abg. Dr. Fischer (Dem) erklärte, laut ericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, . Freunde könnten trotz aller Sympathie für eine weitere Senkung er Umsatzsteuer nicht über den Vorschlag der Regierung in diesem unkte hinausgehen. Der Betriebsmittelfonds sei in diefen Steuer agen nicht entscheidend. Notwendig sei aber eine gesetzliche Sicherung afür, daß in den Ausgaben nicht über den Etat hinausgegangen werde. Ebenso wichtig sei auch ein Steuerhöchstlastengesetz zun Schutz der Gewerbetreibenden. Die Regierung wolle offenbar diefe Fragen ver tagen, bis . gemeinsam mit dem Finanzausgleich und mit der Ver waltungsreform erledigt werden könnten. Die Finanzstatistik müßte pervollständigt wenden durch eine Aufstellung über die Entwicklung des Vermögens in öffentlicher Hand. Die Ungerechtigkeiten bei der Ein— kommenstenerveranlagung für die Landwirtschaft müßten besestigt werden. Wenn die Großgrundbesitzer keine Einkommensteuer be⸗ ghlten dann dürfe man auch den kleinen und mittleren Bauern keine Finkommensteuer abnehmen. Wenn der Einkommensbegriff bei der Landwirtschaft eine andere Regelung nicht erlgube dann müßte eine andere Steuerreform, vielleicht die der Objektsteuer, gewählt werden. Unter vorläufiger Zurückstellung weitergehender Wünsche würden die Demokraten der Steuermilderungsvorlage zustimmen. Abg. Gereke

Nat. wies dargufhin, daß im vorigen Jahre auch der demo⸗

kratische Abg. Korell im Interesse der Winzer energisch für die Senkun der Wein: und Sektsteuer eingetreten sei. Die Deutsch— nationglen könnten für eine Senkung der Umsatzsteuer nur eintreten, wenn sie im e ü Zusammenhang mit der Senkung anderer die Wirtschaft noch mehr, drückenden Steuern erfolge, besonders der Real⸗ stenern. Der jehige hie , nnn ner habe selbst diesen Standpunkt im vorigen Jahre in einer Rede vertreten.

er Redner fragte, wie

ben Ländern und Gemeinden ein Ausgleich für den ausfallenden Um— saßzsteueranteil geboten werden solle, wenn man nicht zu einer weiteren Grhohung der Reaisteuern kommen wolle. Der Vorwurf der Sieuer⸗ drückevergerei gegen die großen Landwirte sei unberechtigt. Die Buch— führung in der großen Landwirtschaft müsse als ebenso beweiskräftig gelten, wie die der Großbanken. Eine größere. Schon ung der kleinen und mittleren Landwirte sei freilich wünschenswert. Reichsfinanzm nister Dr. Reinhold: Wir lassen durch Stich proben feststellen, wie sich die Besteuerung der Landwirtschaft praktisch auswirkt, wieweit eine ungleiche Belastung der buchführenden Groß—⸗ landwirtschaft und der nicht buchführenden kleinen Landwirte vor— liegt. Vie Prüfung wird in wenigen Wochen beendet sein. Wenn wir dann starte Ungleichheiten feststellen, dann werden wir Mittel zu ihrer Beseitigung anwenden können. Ich halte auch heute daran sest, was ich in der vom Abg. Gereke zitzerten Rede als sächsischer Finanzminister ausführte, * nämlich die Realsteuern in gleicher Weise wie die Umsatzsteuer produktionsverteuernd wirken. Ich habe auch als Landesfinanzminister zweimgl die Realsteuern gesenkt, Als Reichsfingnzminister habe ich diese Möglichkeit nur bei der Umsatz⸗ steuer. Die Entschließung des Reichsrats bedeutet die Zustimmung der Länder zum Kernstück meiner Finanzreform, daß nämlich eine Verwaltungsreform und Sparsamkeit in den öffentlichen Ausgahen die Voraussetzung für die Durchführbarkeit der Steuersenkungen ist. In die Prüfung, wieweit solche Ersparnisse möglich sind, soll nach dem Vorschlag des bayrischen Finanzministers sofort gingetreten werden. Die line haben nur erklärt falls auch bei äußerster Spar⸗ samkeit der Ausfall an Umsatzsteuern nicht gedeckt wird, daß dann bas Reich in irgendeiner Form den Ländern die nötigen Mittel zur Verfügung stellen soll. Der jetzt verhältnismäßig geringe Ste ner⸗ ertrag aus den freien Einkommen erklärt sich aus der schweren Not⸗ lage der Wirtschaft. Bei normalen wirtschaftlichen Verhältnissen wäre das Rißverhältnis des Ertrages, aus den freien Einkommen, zudem aus der Lohnsteuer, unerträglich. Wenn ich den deutsch— nationalen Antrag als unannehmbar bezeichnet habe, so war damit selbstverständlich nicht gemeint, daß für die Reichsregierung jeder Abänderungsastrag von vornherein unannehmbar sei. Abg. Horlacher (Bayr. Vp. begrüßte es, daß der Minister die Möglichkeit von Aenderungen zugebilligt und die Notwendigkeit einer Senkung der Realsteuern betont habe. Tatsächlich könne nur eine Senkung dieser Steuern die Wirtschaft entlasten. Ein gang⸗ barer Weg . wäre es, wenn man die Ueberweisung an die Länder von 765 auf 90 vH erhöhe, aber daran die Bedingung knüpfte, daß die Länder das Plus von 165 vH zu einer entsprechen· den Senkung der Reglsteuern verwendeten. (Zurufe lin Wollen Sie für diesen Fall die Finanzdiktatur des Reichs? Ja, bei dieser Notmaßnahme wären wir, damit einverstanden. Hört, hört! links. Die mittlere ind kleine Landwirtschaft leidet be— sonders darunter, daß die Finanzämter rigoros die Zteuern von ihnen eintreiben ohne Rüchsicht darauf, ob der Betrieb Gewinn gebracht habe oder nicht. Hier . Wandel geschaffen werden denn die Erbitterung sei nicht nur bei den Winzern, sondern auch bei den Bauern sehr gvoß geworden. Für die in bäuerlichen Wirt⸗ schaften arbeitenden Familienangehörigen müßten die gleichen Steuererleichterungen gewährt werden, wie sie der Großbetrieb für bezahltes Personal genieße. Seine Fraktion behalte sich in den Einzelheiten des Steuerprogramms Aenderungsborschläge vor. Abg. Dr. Grüning (Zentr) war gleichfalls der Meinung, daß die Senkung der e,, allein nicht zur Entlastung der Wirt⸗ schaft genilge. Sollte die Senkung in dem von der Ne⸗ gierung vorgeschlagenen Umfang nicht durchführbar sein, dann sollte man lieber ganz darauf, verzichten. Eine gexingere Senkung würde für Wirtschaft und Preisbildung ganz wirkungslos sein und nur die Reichseinnahmen vermindern. Sehr vorsichtig und genau müsse geprüft werden, ob die Steuersenkung für die Länder und Gemeinden erträglich sei. Die Belastung der Gemeinden durch die Unterstützung der aus—= hestenerten Erwerbslosen werde immer größer und werde beim Rlusfall von Steuereinnahmen gar nicht mehr zu tragen sein. Ein Ausweg könne nur dadurch gefunden werden, daß die Frist für den Bezug der Erwerbslosenunterftützung allgemein verlängert werde. Das Zentrum werde das Steuerproöͤgramm der Regie ung wohl wollend prüfen und ihm zustimmen, wenn eine Dürchführbarteit erwiesen sei. Beim nächsten Finanzausgleich müsse ein gewisser Zwang zur Senkung der Realsteuern auf Länder und Gemeinden geübt werden. Einem Abbau der Einkommen- und Vermögens= teuer würden seine Freunde den schärfsten Widerstand entgegen⸗ . eine a ng nüfse bei der Veranlagung aber für den Mittelstand und die Kleinbauernschaft geschaffen werden. Abg. Nolte (Wirtsch. Vereinig,) erklärte, daß seine Freunde die vor⸗ geschlagene Senkung der Umsatzsteuer begrü ten, aber unbedingt an der Forderung festhalten müßten, daß die Luxusstener und . die Weinsteuer vollständig beseitigt würden. Sie unterstützten au den Antrag der Bayerischen Volkspartei, daß die Exhöhung der Biersteuer am 1. April noch nicht eintreten solle. Die , . und der Mittelstand würden durch die Realsteuern fehr belastet, anz besonders durch die Grundvermögenssteuer und die Haug ins nnr Die gewerblichen Betriebe müßten aus der Hauszinssteuer herausgenommen werden. Die Lasten der Erwerbzlosenfürsorge träfen die einzelnen Gemeinden ganz ungleichartig. Es wäre weit besser, wenn hierin vom Reiche ein Ausgleich geschaffen werde, so daß nicht mehr einzelne Gemeinden durch den Zufall, daß in ihrem Bereich viele Erwerbslose seien, übermäßig belastet würden. Abg. Keinath (D. Vp.) bezeichnete als erste Voraussetzung für die Wiedergesundung der i daß ihr, wieder die Mög- lichkeit gegeben werde, ihr Betriebskapital zu. vergrößern. Das in be ,, die investierte Kapital erziele eine relativ geringe Rente, werde aber steuerlich außerordentlich start belastet. Hier müsse Wandel geschaffen werden. Not⸗ wendig sei ein gewisser Zwang auf die Gemeinden in der Richtung, daß sie in den Realsteuern nicht das für die Wirtschaft erträgliche Maß überschritten. Den Antrag der Deutschnationalen auf Vorlage einet neuen Denkschrift lehne seine Fraktion ab. Sie wolle vielmehr auf der Grundlage der Regierungsvorlage an einer Verbesserung arheiten. Abg. Dr. Preyer (D. Nat.) erklärte, auch seine Freunde hielten Steuersenkungen für nötig, die K. . aber ganz ungeeignete g vor. (gurufe links: Sie machen ja keine besseren Vorschläge ) Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, die Regierung und die Regierungsparteien geistig zu finanzieren. (Heiterkeit. Mit der alleinigen Senkung der Umsatzsteuer sind mit Ausnahme der Demokraten auch die Regierungsparteien nicht ein— verstanden. Der vollständigen Aufhebung der Weinsteuer können wir nicht zustimmen. Sie könnte nur in Frage kommen, wenn die Bierstener entsprechend gesenkt wird, und das würde einen Riß in den ganzen Bau der Verbrauchssteuern bringen. Wir fordern die ö auf, das Ergebnis der für die Groß- landwirtschaft angekündigten Prüfung zu veröffentlichen, damit endlich einmal die . zerstört wird, daß in der Großlandwirt— schaft in großem Umfange Steuerhinterziehungen vorkommen. Abg. Dr. ö. (Soz.): Die vielen objektiv und subjektiv falschen Stenererklärungen der Großlandwirtschaft sind vor allem durch die Steuerberatungsstellen des Reichslandbundes verschuldet. Die Großlandwirtschaft wird aber auch durch das Gesetz und die Durchführungsbehörde insofern bevorzugt, als sie den Verbrauch, den jeder andere versteuern muß, vorweg vom teu cr pflichtigen Ertrag abzieht Für die Behauptung, daß die Realsteuern der Länder und Gemeinden unerträglich hoch seien ist bisher kein tat— sächlicher Beweis erbracht worden. ie Sozialdemokratie wird einem generellen Zwang zur n. der Realsteuern den schärfsten Widerstand entgegensetzen. Wenn die Revolten der Winzer hier von verschiedenen Parteien vereidigt und mit der herrschenden Not— lage gerechtfertigt werden, so müssen wir auf die Folgen 4 machen, die dann eintreten werden, wenn etwa die durch die Tabak— , . gewordenen Tabakarbei ter revoltieren poürden. Staats= ekretär Popitz: Es ist nicht richtig daß das Gesetz die Grosßz landwirtschaft bevorzugt. Wenn der Landwirt seinen Verbrauch vorweg vom steuempflichtigen Ertrag abzieht, so verstößt er gegen das Gesetz, und solche Steuererklärungen werden auch von der Durch—

führungsbehörde immer beanstan det. Es ist richtig, 3 nach ohen ö

hin die Zahl der veranlagten Landwirte abnimm 6 ist aber

vier Sitzungen ein Referat des Sachverständigen Br.

darauf zurückzuführen, daß nach oben hin auch die Schuldenlast in der Landwirtschaft zunimmt, und daß diese Schulden enorme Zinsen erfordern. Man könnte freilich dazu kommen, daß man Groß · landwirte, die buchmäßig kein Einkommen haben, nach dem Ver— brauch besteuert. Dagegen würden viele Großlandwirte selbst nichts einzuwenden haben. Weiter könnte man auch an Misderungen für

die kleinen und mittleren Landwirte im Sinne der Ausführungen des

Abg. Horlacher denken. Der Antrag Horlacher t schießt jedoch 62 8 Ziel hinaus. Wenn es der Landwirtschaft n besser Eht, wird sich ohnehin das jetzige Mißverhältnis in der steuerlichen

lastung der großen mittleren und kleinen Betriebe mildern. Die Weiterberakung wurde darauf auf Sonnabend vertagt.

In der am 20 März fortgesetzten allgemeinen Aussprache des Steuerausschufses über den Gesetzentwurf, betreffend die Steuermilderung, bezeichnete Abg. Koenen (Komm.) Die Vorlage als eine einjeitige Begünstigung der Besitzenden. Die Gemeindefinanzen seien jetzt schon durch die Steuerpolitik des Reichs zerrüttet. Das würde bei Annahme der Regierungevorlage noch weit schlimmer werden. Der Redner forderte die vollständige Be—⸗ seitigung der Umjatzsteuer und Ausgleich des den Gemeinden eiwachsen⸗ den Emnahmeaussalls durch Erhöhung des Gemeindeanteils an der Einkommen- und Körperschaitssteuer. Auch an der Reichvermögenssteuer müßten die Gemeinden entsprechend beteiligt werden. Die Regierung müsse durch richtige Maßnahmen dafür sorgen. daß die Herabletzung der Umsatzsteuer auch wirklich zu einer Preissenkung führt. Das wäre zu erreichen, wenn den Konjumvereinen die Umsatzsteuer ganz erlassen wird, so daß die Konkurrenz dieser Genossenschasten auch die übrigen Geschäste zu Preisherabsetzungen zwingt. Am besten wäre freilich die vollständige Beseitigung der Umsatzsteuer. Das würde auch den großen Apparat überflüssig machen, mit dem jetzt die Verwaltung und die Wirtschaft zur Berechnung der Umsatzsteuer belastet set. Bei einer Steuer von ß vH lohne sich dieser große Apparat über⸗ haupt nicht mehr. Die in der Vorlage vorgesehene Steuer— erleichterung für „wirtschaftlich gebotene! Betriebszusammenschlüsse mache die Frage notwendig, wer darüber entjscheide, welche Zusammenschlüsse wirtschaftlich geboten seien. Das würden sicherlich die Führer der Großindustrie sein, die ja auch die Väter der Vorlage seien Die von diesen Kreisen bisher durchgeführten Fusionen hätten nicht die Preise verbilligt und den Absatz gesteigert, sondern nur die Profite der Unternehmer erhöht und umfangreiche Arbeiterentlassungen ermöglicht. Das sei deutlich in der chemischen Industrie und bei den rheinischen Stahl werken zu beobachten. Unbekümmert um die Preisabbauaktign der Regierung seien gerade jetzt die Stabeisenpreise unerhört gesteigert worden. Die Regierung müsse Ausfunst darüber geben, welche Ge⸗ schenke sie der Großindustrie durch Steuerstundungen und Stützungs⸗ aktionen gemacht habe. Die jetzige Vorlage sei ein weiteres Ge— schenk an die Großindustrie Für die Vermögenssteuererleichte⸗ rungen sehle. jede gJachliche und wirtschastliche Begründung. Abg. Döberich (D Nat) legte Verwahrung ein gegen die gestrigen Ausführungen des Abg. Dr. Hertz über die steuerliche Begüustigung der Großlandmirtichaft. Von einer golchen Begünstigung sei keine Rede Die Landwirtschaft zahle keineswegs die Steuer nur vom Ueberschuß, sondern vom ganzen Verbrauch Der Landbund werde auch nicht von den Großagrariein beherrscht, sondern die meisten seiner Mitglieder seien kleinere und mittlere Bauern. Der Redner trat für den Antrag Horlacher ein, wonach die in bäuerlichen Betrieben mitarbeitenden Familienmitglieder steuerlich wie bezahlte Aibeitskräfte behandelt werden sollen. Der Eigenverbrauch der Landwirtschaft dürfe nicht länger der Umsatzsteuer unter worfen sem. Abg. Schneider (Dem) erinnerte an die vorjährige Steuerdebatte im Reichstag. Damals hätten die Vertreter

aller Parteien erklärt, daß eine Senkung der Umfatzsteuer die besten

wirtschaftlichen Folgen haben werde. Die Ansicht, daß eine Senkung der Umsatzsteuer ohne Einfluß auf die Preise sein werde, lasse sich mit sachlichen Gründen nicht rechtfertigen. Wenn sogar geleugnet werde, daß die Wirtschaft von der Senkung einen Vorteil habe, so müsse doch darauf hingewiesen werden, daß die an Reichseinnahmen ausfallenden 500 Millionen der Umsatzsteuer der Wirtschaft als Erhöhung der Betriebsmittel bleiben. Die jetzige Senkung könne nur eine Etappe sein auf dem Wege zur völligen Beseitigung der Umsatzsteuer. Die Ausführungen des Abg. Koenen gegen die Ermäßigung der Fusionssteuer hielt der Redner für unberechtigt. Die Rationalisierung der Produktion sei notwendig, auch wenn sie vorübergehend zur Entlassung von Personal führe. Der Endeffekt der Rationalisierung komme auch den Arbeitnehmern zugute. Von einem Geschent an die Großindustrie könne, nicht gesprochen weiden, denn die Steuerlast werde von der Industrie doch auf die Preise ge— schlagen. Eine gerechtere Verteilung der Steuerlast müsse hei dei Landwirtschaft eistrebt werden Den Gedankengängen des Abg. Hor— lacher zu der steuerlichen Behandlung der bäuerlichen Familien. mitglieder könnte man folgen. Notwendig sei die Verabschiedün des Gesetzentwurfs noch, vor dem 1. April, damit lein Zweck, die Wiederbelebung der Wirtschaft, schnell erreicht werde, Abg. Sinner (D. Nat) betonte, von allen Parteien werde eine Sentung der Umsatzsteuer erstrebt; der Widerstand gegen die Vor⸗ lage entspringe nur der Erwägung, daß ihr Zweck, die Belebung der Wirtschaft, durch die Herabsetzung der Umjatzsteuer nicht er— reicht werden kann. Viel zweckmäßiger wäre eine Senkung der Hauszinssteuer in der Weise, daß nur noch die 20 er— hoben würden, die restlos dem Wohnungsbau zugeführt würden, während der für öffentliche Verwaltungszwecke bestimmte Teil wegfalle und den Ländern dafür eine Vergütung von 10 09 gewährt werde. Der dann noch entstehende Ausfall müßte durch elne Besteuerung des unverdienten Wertzuwachses ausgeglichen werden. Bei einer solchen Regelung könnte das Baugewerbe wieder in Gang kommen und nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern auch die Wohnungsnot gemildert werden. Die Vorteile kämen im Gegensatz zur Senkung der Umsatzsteuer ausschließlich der inländischen Wirtschaft zugute. Die Deutschnationalen müßten sich die Einbringung eines solchen Antrags für die zweite Lesung vorbehalten. Abg. Seiffert (Völk) bekämpfte die Milderung der Fusionssteuer. Sie sei tatjächlich ein Geschenk an die Greßindustrie und werde die Zahl der Arbeitslosen steigern. Erst müßte mindestens der Finanzausgleich erledigt sein. Die so ersparten Mittel sollten zur Senkung der Hauszinssteuer ver- wandt werden Dann dürfe die Senkung aber nicht nur den Haus. besitzern zugute kommen, sondern auch den Hypothekengläubigern. Viel wichtiger als der Abbau der Umsatzsteuer sei jetzt der Abbau der Dauszinesteuer. Damit war die allgemeine Aussprache geschlossen. In der Geschäftsordnungedebatte über die weitere Arbeit des Aus. schusses wurde betont, der Ausschuß könne unmöglich die Voilage rechizeitig vor dem 1. April fertigstellen, wenn in der ganzen nächsten Woche die Plenarsitzungen schon um 11 Uhr beginnen sollen. In der nächsten Sitzung am Montag soll die Einzelberatung der Sleuer—

vorlage beginnen.

Der 1. UAntergussichuß für die Vorgeschichte

des Krieges (Vorsitzender Abg. Dr. Breitscheid Soz.) ö in Fugen

Fischer über die Politik der Entente (1904 1914) entgegen.

(GFortsetzung in der Ersten Beilage)

*

Vetantwertlicher Schriftleiter: Direkkot Dr. Tyrol. Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. Berlin Wilhelmstr 32.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage) und Erste bis Dritte Zentral ⸗Handelsregister Beilage.

Deutscher Reichsanzeiger

Preußischer

Etaatsanzeiger.

Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich g Neichsmark.

Alle Postanstalten nehmen Bestellung an, für Berlin außer den Postanstalten und Zeitungs vertrteben für Selbstabholer auch die

Geschäftssteue Sw 48, Wilhelmstraße Nr. 832.

Ginzeine Nummern kosten 6 Fernsprecher: Zenium 1673.

Neichs mark.

Anzeigenpreis für den Raum

einer 5 gespaltenen Einheitszeile (Petit 1,05 Neichs mark, einer 8 gespaltenen Einheitszeile 1,75 Reichsmark.

Anzeigen nimmt an

die Geschäftestelle des Reichs und Staats anzeigers Berlin Sw. 48, Wimhelmstraße Nr. 32.

Mr. 69. Reichs bankgirokonto. ——

Berlin, Dienstag,

—— ——

Einzelnummern oder einzelne

einschlie lich des Portos abgegeben.

Inhalt des aumtlichen Teiles:

Deutsches Reich. ; Bekanntmachung auf Grund der Verordnung gegen den Miß— brauch wirtschaftlicher Machtstellungen.

Preußszen. Ernennungen und sonstige Personalveränderungen. Verfügung, betreffend AÄuflösung einer Bundes-Ortsgruppe.

ö Amtliches.

Deutsches Reich.

Bekanntmachung.

Auf Grund des 5 4 Abs. 1 Ziffer B und 3 sowie des 85 der, Verordnung gegen Mißbrauch wirtschaftlicher Macht stellungen vom 2. November i923 (RGBl. 1 S. i067) ordne ich im Hinblick darauf, daß bei der Durchführung des nach— stehend genannten Kartellvertrags in volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Weise, die Preise gesteigert und hochgehalten werden, und daß seitens des Kartells ferner Sperren oder achteil von ähnlicher Bedeutung ohne die nach 8 9 Kart. V. O. erferderliche Genehmigung verhängt wurden, Fier— mit an, was folgt:

1. Jedes Muglied, der Freien Vereinigung der ö ö . * . geh eh kann jederzeit frstlos den dieser Vereinigung zugrunde liegenden Kartellvertrag (Satzung vom 15. Januar 19ä6 kündigen oder von den Bejchlüssen dieser Vereinigung zurücktreten.

Mir ist Abschrift aller der Durchlührung des Kartellbertrags

vom 15 Januar 192tz dienenden Vereinbarungen, Berchfß⸗ und Verfügungen einzureichen.

Die Pflicht, Aöschrift aller zur Durchführung eines Kartell. vertiags getioffenen Vereinbarungen, Beschlüsse und Ver— fügungen mir einzureichen und die Anordnung, daß diese Maß— nahmen erst nach Zugang der Abschrift an mich in Krast treten, gilt auch für zukünstige Verträge und Beschlüsse der in S1 der Kart, VB O. bezeichneten Art. soweit sie den Ver= ehr mit Brennstoffen betreffen, bei denen die in Ziff. I dieser Bekanntmachung angesührten Firmen und Personen sämtlich oder in größerer Anzahl beteiligt sind oder bei denen Peisonen in leitender Stellung Veiwendung finden, die sich bei der „Freien Vereinigung der Kohlenhändler Lübecks“ Tin dieser Eigenschaft betätigt haben.

Berlin, den 20. März 1926. Der Reichwirtschaftsminister. Curtius.

Preußen.

Ministerium des Innern. Ver fügung.

Auf Grund des 8 1 des Gesetzes zur Durchführung der Artikel 177, 178 des Friedensvertrags vom 22. März 1921 (RGBl. S. 235) in Verbindung mit der Verordnung zur Ausz— führung dieses Gesetzes vom 12. Februar 1926 (RGB. 1 S. 100 wird mit Zustimmung der Reichsregierung die Orts—⸗ gruppe Elmshorn (Kreis Pinneberg) des Bundes „Wehrwolf“ aufgelöst.

Die von der Ortsgruppe und ihren Mitgliedern benutzten Militärwaffen werden gemäß 8 3 des Gesetzes vom 22. März 1921 zugunsten des Reichs beschlagnahmt und eingezogen.

Die Durchführung der Beschlagnahme und Einziehung obliegt der örtlichen Polizeiverwaltung. :

Berlin, den 19. März 1926.

Der Minister des Innern. J. V.: Meister.

Justizministe rium.

Dem Ministerialdirektor, WöhOIRat Geißler ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Ruhegehalt erteilt. Es sind einannt;: Mindiat, GIRat Dr. Hartwig zum Ministerialdirektor, OIRat Brathuhn zum MinRat.

Ministe rium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten,

Der Privatdozent Dr. Wilhelm Klein in Berlin ist zum

odenilichen Professow an der Landwirtschaftlichen Hochschule

Vonn-Poppelsdorf ernannt worden und hat den Lehrstuhl für

Anatomie, Physiologie und Hngiene der Haussäugetiere erhalten.

nx 0 2 2 2 e 0 Q O 02 2

Nichtamtliches.

Dentsches Reich.

Der Reichsrat hielt heute nachmittag eine öffentliche Vollsitzung ab, auf deren Tagesordnu.g der Gesetzentwurf über Bereitstellung von Kredit zur Förderung des Klein— wohnungsbaues stand. Das Reich will zu dem angegebenen Zweck rund 200 Millionen bereitstellen. Die Reichs ratsausschüsse haben laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger die Vorlage in der Fassung angenommen, daß, um die Gewährung von Zwischenkredit auf erste Hypotheken für Kleinwohnungen zu fördern, der Reichsarbeitsminister er— mächtigt wird, an die Länder Darlehen bis zur Dauer von zwölf Monaten nach jeweiligem Abruf zu ge— währen. Damit ist festgelegt, daß die Gelder des Reichs nur für Zwischenkredite auf erste Hypotheken, nicht aber auch für zweite Hypotheken gegeben werden sollen. Der Reichsrat hat ferner nach den Ausschußbeschlüssen auch über die Verwendung der Mittel mitzubestimmen. Die Vor— lage wurde in der Ausschußfassung angenommen, nachdem die Reichsregierung noch die Erklärung abgegeben hatte, daß das Finanzministerium zwar an der pünttlichen Rückzahlung in zwölf Monaten nach Abruf grundsätzlich festhalien müsse, sich aber bereit erkläre, der besonderen Lage eines Landes nach Möglichkeit Rechnung zu tragen, wenn das betreffende Land aus besonderen Grunden, namentlich wegen der Lage des

Kapitghmnarttes, nicht in der Lage sei, den Rückzahlungstermin

pünttlich innehalten.

Der Neichsrat häll Donnerstag, den 25. März 1926, 5 Uhr nachmittags, im Reichstagsgebäude wieder eine Voll— sitzung ab.

„Der Königlich dänische Gesandte 34a ist nach Berlin , und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der lettländische Gesandte Dr. Wo it hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der mit den . des Legationsrats betraute Generalkonsul Kreewinsch die Geschäfte der Gesandtschaft.

Deutscher Reichstag. 181. Sitzung vom 20. März 1926.

Nachtrag.

Die Rede, die der Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius im Laufe der zweiten Beratung des Etats des Reichswirtschaftsministeriunms gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm wie folgt:

Meine Damen und Herren! Die Aussprache gestern und heute hat sich auf die Grundlagen unserer Wirtschaft und ins⸗ besondere der Handelspolitik erstreckt. Dabei hat man von hüben und drüben versucht, uns von der einmal eingenommenen Linke abzudrängen.

Man verweist zunächst von der einen Seite auf die angebliche Wirkungslosigkeit unserer Handelsvertragsverhandlungen. Lassen Sie mich, bitte, in Ergänzung dessen, was ich Ihnen gestern über den Stand unserer Handelsverträge mitgeteilt habe, noch einige, wenn auch nur annähernde Zahlen über die Steigerung unserer Ausfuhr mitteilen. Unsere Gesamtausfuhr 1935 ist gegen das Vorjahr um 34 Prozent gestiegen, und zwar die Ausfuhr nach europäischen Ländern um 35 Prozent, nach Asien um 43 Prozent, nach Afrika um 39 Prozent, nach Amerika, um 27 Prozent und nach Australien trotz der geringen absoluten Höhe um 48 Prozent. Die Steigerung der Ausfuhr nach einigen Ländern in Prozenten betrug: nach Belgien 123, Großbritannien 58, Italien 54, nach Luxemburg 408, Holland 54, nach Rußland 181, der Schweiz Hö, Spanien 79 Prozent. Es ist deshalb nicht unrichtig, wenn das „Berliner Tageblatt“ in der Nummer 132 vom 19. März darauf

hinweist, daß es gerade diejenigen Staaten sind, mit denen wir

Handels verträge abgeschlossen haben, bei denen besondere Steigerungen zu verzeichnen sind, und wenn man deshalb zu dem Schluß kommt, daß doch wohl der Einfluß der Sandelt verträge sich deutlich bereits im Jahre 1925 gezeigt habe.

Ich muß in diesem Zusammenhange bezüglich einzelner Handelsvertragsverhandlungen anf gewisse Vorwürfe, die von sozialdemokratischer Seite gegen uns erhoben sind, eingehen. Wir können nicht unempfindlich sein gegen die Argumentation, daß die Arbeitslosigkeit von Hunderttausenden von Arbeitern auf

das Verschulden der deutschen Regierung in der Verschleppung&

Postscheckkonto: Berlin 41821. 1 92

den 23. März, abends.

—VUE——äuůKlĩ

Beilagen werden nur gegen Barbezahlung oder vorherige Sinsendung des Betrages

e

8

der Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich zurückzuführen ist. Aber dieser Vorwurf ist ungerechtfertigt. Es ist nicht richtig, daß wir, wie der Herr Abgeordnete Simon (Franken) uns sagen zu müssen glaubt, im Interesse der Schwerindustrie die Verhand- lungen mit Frankreich verzögert haben. Das ist eine gänzlich einseitige und schiefe Darstellung. Man muß doch einmal die Lage von etwas höheren Gesichtspunkten aus betrachten und sich darüber klar sein, daß gerade mit Frankreich die Handelsvertrags⸗ verhandlungen aus natürlichen Gründen besonders erschwert sind. Diese Gründe lassen sich vielleicht in drei Hauptkomplexe zu⸗ sammenfassen. Einmal ist es die grundlegende Verschiebung des politischen und wirtschaftlichen Kraftverhältnisses zwischen Deutsch⸗ land und Frankreich, die die Handelsvertragsverhandlungen ganz außerordentlich erschwert. Weiter ist es die gänzlich verschiedene französische Handels vertragsgesetzgebung, die erst in mühevollen Verhandlungen, wie Sie ja wohl wissen, durch einen Rahmen vertrag vom 19. Dezember 1925 den besonderen deutsch⸗ französischen Handelsvertragsverhandlungen angepaßt werden mußte. Zum dritten machen uns die französischen Währungs⸗ verhältnisse immer wieder von neuem die größte Sorge. Trotz aller dieser Schwierigkeiten ist es gelungen, so weit zu kommen, wie wir heute schon sind, das heißt bis zu einem Punkt, von dem aus es vielleicht nicht zu optümistisch ist zu hoffen, daß wir in wenigen Wochen zu einem endgültigen Abschluß mit Frank reich kommen, in dem auch gegenüber den französischen Währungs⸗ verhältnissen die deutschen Lebensinteressen geschützt werden. Hinsichtlich des deutsch⸗polnischen Wirtschaftskampfes bedaure ich außerordentlich, daß die Dinge so einseitig dargestellt wurden, als ob er dentschem Verschulden entsprungen wäre. Ich bedaure das um so mehr, als doch der Redner der Sozialdemokratischen Partei meine Ausführungen im Hauptausschuß bereits gehört hatte und es deshalb meines Erachtens richtiger gewesen wäre, auch zu diesen Ausführungen im Hauptausschuß Stellung zu nehmen. Er hätte, wenn er den Vorwurf aufrechterhalten wollte, diese Ausführungen widerlegen müssen, die dahin gingen, daß es wahrlich nicht an der deutschen Regierung gelegen hat, wenn unsere Bemühungen um einen Vertragsschluß von seiten Polens durch dessen Einfuhrverbote und Handelspolitik durchkreuzt worden sind. Ich habe aber auch schon im Ausschuß festgestellt, daß wir trotz des Wirtschaftskampfes mit Polen immer wieder von neuem die Hand zu Verhandlungen geboten haben und daß demnächst, wahrscheinlich noch in diesem Monat, erneute Ver⸗ handlungen mit Vertretern der polnischen Regierung über den Abschluß eines Handelsvertrages stattfinden werden. Und nun schließlich England. Der Herr Abgeordnete Krätzig hat vorhin gemeint, Hunde, die bellen, beißen nicht. Ich wundere mich über diesen Vergleich, denn nichts hat mir ferner gelegen, als hier wie ein Ketten- oder Wachhund bellen zu wollen. Ich habe nichts anderes getan, als nur einfach festgestellt, was ist.

Aber das, was ist, scheint einem großen Teil der Abgeordneten

unbekannt zu sein (sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei), daß nämlich die Engländer die Verpflichtung übernommen haben, keine Zölle einzuführen, die uns besonders abträglich sind, und daß entgegen dieser Verpflichtung durch das neue englische System allmählich die ganze Vertragsbasis verschoben wurde oder im Begriff ist, sich zu verschieben, so daß wir eventuell genötigt sind, im Interesse der Aufrechterhaltung unserer Vertragsrechte vom Schiedsgerichtsverfahren Gebrauch zu machen. Diese ein- fachen Feststellungen dürften meines Erachtens nicht geeignet sein, ein solches Aufsehen zu verursachen, wie es tatsächlich ein- getreten und nur erklärlich ist, wenn man die ganzen deutsch⸗ englischen Vertragsverhältnisse nicht sorgfältig verfolgt und ge— wärtigt hat ; f

Ich glaube also, man wird im ganzen sagen können, daß wir mit dem System, nach dem wir nun einmal angetreten sind, bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht haben. Wir werden an diesem Systent, das doch mit Hilfe der Deutschnationalen unter der Führung eines deutschnationalen Handelsministers zustande gekommen ist, bis auf weiteres festhalten müssen. Es scheint mir ganz unmöglich zu sein, daß man das Handelssystem alle sechs Monate ändert. Wir müssen zunächst einmal noch weitere Er⸗ fahrungen abwarten. ;

Wenn die Herren wünschen und gewünscht haben, daß wir den endgültigen Zolltarif noch in diesem Jahre einbringen sollen der Wunsch ist im Anschluß an gewisse Erklärungen des ver gangenen Jahres gestern insbesondere von demokratischer Seite ausgedrückt worden dann kann ich demgegenüber zwar er⸗ klären, daß wir dauernd im Ressort selbst an den Vorarbeiten