1926 / 100 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Apr 1926 18:00:01 GMT) scan diff

159. Sitzung vom 28. April 1926.

Nachtrag Im Laufe der Einzelberatung des Landwirtschaftshaus⸗ alts machte ber Minister für Landwirtschaft, Domänen und . Dr. Steiger noch folgende Ausführungen.

Ich muß dem Herrn Abgeordneten entgegnen, daß es Auf⸗ gabe der Zuckerindu strie und des Rübenbaues gewesen wäre, früher auf diese Sache aufmerksam zu machen. Erst im Februar ist die Denkschrift der Zuckerindustrie erschienen, viel zu spät, um die Materie für die neue Bestellzeit noch entsprechend vorzubereiten. Ich habe gestern im einzelnen ausgeführt, daß, wenn ich annehme, der Auslandszuckerpreis sei 12,40 Mark loko Hamburg, dann nur eine Zollerhöhung von 7,50 Mark heraus— komme, wenn ich den Zentner gemahlenen Melis zu 20 Mark an⸗ genommen hatte, der heute nur 15 Mark kostet. (Zuruf rechts: 17 Mark!) Nun, dann kostet er heute 17 Mark. Dann habe ich aber auch nur einen Zoll von 7,50 Mark nötig und nicht etwa 10 Mark, wie es die Zuckerindustrie ausgesprochen hat. Die Zucker⸗ industrie geht von der Annahme aus, daß der Zoll sich nicht aus— wirke. Aber diese Annahme ist meiner Ansicht nach irrtümlich. Wenn ich tatsächlich den überschüssigen Zucker zur Ausfuhr bringe, dann wirkt sich der Zoll in vollem Maße aus, und dann genügt in diesem Fall ein Zoll von 750 Mark durchaus. Ich halte es für unklug, mehr zu verlangen, als man wirklich begründen kann. Eine Begründung über 7,50 Mark kann ich nicht finden.

Dann habe ich ausgeführt, daß man auch mit einer Er— höhung des Weltmarktpreises rechnen könne. Herr Abgeordneter, wenn Sie die Denkschrift der Zuckerindustrie und die Ausführungen, die dazu gemacht worden sind, gelesen haben, dann werden Sie gefunden haben, daß gerade diese Seite das auch ausgesprochen hat. Und wenn das möglich ist und angestrebt wird, dann erhöht sich eben der Auslandspreis. Ich habe ihn angenommen auf 14 Mark, und dann ist die Differenz nicht mehr 7 Mark, sondern 6 Mark, und dann wäre nur eine Erhöhung des Zolles um 1 Mark nötig.

Ich habe dann weiter ausgeführt, und darauf lege ich be— sonderes Gewicht, Herr Abgeordneter, ich habe mich nicht ohne weiteres gegen die Senkung der Zuckersteuer ausgesprochen. Ich habe gesagt, wenn der Inlandspreis so viel erhöht würde, daß in⸗ folgedessen ein Rückgang des Verbrauchs zu erwarten sei, dann müsse unter allen Umständen die Zuckersteuer gesenkt werden. Ich habe dann weiter ausgeführt, es hätte sich aber bei der letzten Er— höhung der Zuckersteuer ergeben, daß sie keine Senkung des Verbrauchs hervorgerufen habe. Tatsächlich ist ja auch der Zucker— verbrauch im letzten Jahre pro Kopf ungefähr 20 Kilogramm ge⸗ wesen, genau soviel wie im Vorjahre. (Zuruf rechts: Nicht der Rede wert, in England ist er 50 Kilogramm!) Sie können doch nicht erwarten, daß das jetzt in seiner Kaufkraft dermaßen ge— schwächte Volk noch mehr Zucker verbraucht als in der Vorkriegs⸗ zeit. Sie müssen doch mit diesen realen Verhältnissen rechnen, sonst kommt man überhaupt nicht zum Ziele, und diese realen Verhältnisse lege ich zugrunde. Da muß ich sagen, daß durch eine Erhöhung der Zuckersteuer keine Senkung des Inlands— verbrauchs stattgefunden hat.

Ich habe dann aber ausgeführt, daß, wenn die Zuckersteuer— senkung mit einer Erschwernis bei der Branntweinsteuer erkauft werden sollte (Zuruf rechts: Wollen wir gar nicht!) Das wollen Sie nicht, aber wenn Sie über die Verhältnisse unterrichtet sind, dann müssen Sie wissen, daß im Reichstag ein solcher Be⸗ schluß gefaßt worden ist, daß man also die Tendenz hat, das zu tun. Die Tatsache besteht, daß man im Reichstage ausgesprochen und sogar beschlossen hat, daß die Senkung der Zuckersteuer erfolgt, wenn es möglich ist, die Differenz aus der Branntweinsteuer hereinzubringen. Nun entsteht nur die Frage: wen, glauben Sie, kann man mehr belasten: denjenigen, der auf schlechtem Boden oder den, der auf dem besten Boden wirtschaftet. (Abg. Dr. Semm⸗ ler Breslaus: Das wollen wir gar nicht! So steht die Frage. Es kommt gar nicht darauf an, was man wünscht, sondern auf das, was man erreichen kann; das ist das Wesentliche. (Abg. Dr. Semmler Breslaus: Man muß einen Weg haben! Den Weg habe ich ganz bestimmt genannt. Ich habe des langen und breiten ausgeführt, daß ich für einen mäßigen Zoll bin, den man begrenzen kann; ich habe weiter gesagt, daß ich für eine Senkung der Zuckersteuer bin, wenn sich das Bedürfnis ergibt; ich habe drittens gesagt, daß ich nicht für eine Senkung der Zuckersteuer bin, wenn diese Senkung zu Lasten der Branntweinproduktion erkauft wird.

Diese Angelegenheit ist bereits gestern im Ausschuß behandelt worden. Es wird mir eben gesagt, die dort behandelte Eingabe wäre der Regierung als Material überwiesen worden.

Ich darf hinzufügen, daß über diese Angelegenheit im Ministerium verhandelt worden ist. Die Sache liegt nun nicht so, daß ein so un= gewöhnlicher Bedarf vorhanden wäre. Wir haben uns selbstverständ⸗ lich ein Bild davon gemacht, wieviel denn wohl im ganzen an solchen Stellen in Preußen vorhanden sind, und sind zu dem Ergebnis ge— kommen, daß es vielleicht 600 sein können. Das bedeutet, daß in einer Generation, also in 30 Jahren, alljährlich 20 Stellen zu besetzen sind. Nimmt man noch ein Viertel dazu, so sind es 25 Stellen. Nun will ich Ihnen zugeben, es mögen nicht 25, sondern 35 sein. Dann wollen Sie bedenken, daß wir schon 2 Anstalten haben, und Sie werden mtr ohne weiteres zugeben, daß bei dieser Sachlage der Besuch einer dritten Anstalt auf der Grundlage einer höheren Lehranstalt nicht vhne weiteres gesichert ist; denn aus dem Umstande, daß gegenwärtig Dahlem besonders gut besucht ist, darf man nicht den Schluß ziehen baß das allgemein der Fall ist.

Also die Frage ist sehr wohl zu prüfen, ob es sich empfiehlt, die Sache zu verfolgen. Vor allem darf man sich, wie ich schon sagte, nicht von dem großen Besuch von Dahlem leiten lassen und daraus schließen, daß es immer so sein werde.

161. Sitzung vom 29. April 1926, mittags 12 Uhr.

(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“)

Ohne Debatte überweist das Haus den zur ersten Be⸗ ratung vorliegenden Notetatfür 14226 dem Hauptausschuß.

Eine sozialdemokratische Große Anfrage, die Auskunft über den Abbruch der Uebernahmeverhandlungen zwischen den schlesischen Erzwerken Giesches Erben und der Preußag Preußische Bergwerks- und Hütten⸗A.⸗G.) ver⸗ langt, geht an den Hauptausschuß.

Es folgt die zweite Beratung des Berghaushalts.

Berichterstatter Abg. Osterroth (Soz.) hebt hervor, daß der Hauptausschuß für den Neubau eines chemischen Instituts die Titelsumme von 150 000 auf 600 009 Mark erhöht und für Auf⸗ wendungen aus Anlaß der versuchsweisen Bestellung von 6 Grubenkontrolleuren 40 000 Mark eingesetzt habe. In mehr als 20 Anträgen fordert der Hauptausschuß zweckentsprechende Maß⸗ nahmen, um den Wettbewerb des einheimischen Bergbaues gegen⸗ über der starken Konkurrenz des Auslands, insbesondere Englands, zu erleichtern, und ersucht um eine angemessene Ermäßigung des Eisenbahnkohlentarifs. Es werden weiter Maßnahmen gegen Betriebsstillegungen im Bergbau und größere Mittel aus der produktiven Erwerbslosenunterstützung sowie Hilfsmaßnahmen für die Industrie des Sieg⸗-, Dill⸗ und Lahnreviers verlangt. Die Sozialrenten der dẽutfchen Bergarbeiter im Saargebiet sollen denen im übrigen Deutschland angepaßt werden. Bei dem neuen preußischen Städtebaugesetz soll den Belangen des Bergbaues in ausreichender Weise Rechnung getragen werden. Die Sätze der Berggebührenordnang sollen herabgesetzt und bei Abschluß der deutsch⸗polnischen Häͤndelsvertragsverhandlungen den Lebensnot⸗ wendigkeiten der ec tobe fi en Bergindustrie . 65 tragen werden. Eine ganze Reihe von Anträgen beschäftigt sich mit Wünschen auf größere Ausgestaltung des Sicherheitsdienstes in den Bergwerken. Insbesondere sollen auch die Berginspektoren bei Grubenfahrten einen Vertreter des Betriebsrats hinzuziehen. Zur Ueberwindung der Wirtschaftskrise im Steinkohlenbergbau werden eine Reihe von Kreditwünschen vorgetragen. Bei der gegenwärtig schwebenden Frag der Fürstenabfindung soll für eine gleichartige Behandlung der Rechte Sorge getragen werden, die den früheren Inhabern privater Bergregale noch verblieben sind. Bei der Reichsregierung soll auf internationale Regelung der Siebenstundenschicht für hie Bergarbeit unter Tage hingewirkt und auf den Kokereien die achtstündige ungeteilte Arbeitszeit wieder eingeführt werden. Weitere Anträge beschäftigen sich schließlich mit den Bergschulwesen, dessen Ausgestaltung gewünscht wird.

In Beantwortung einiger Großer Anfragen werden von Regie rungsseit« Vorwürfe zurückgewiesen, als ob die Berg⸗ behörde bei Prüfung der Seilfahrtsvorrichtungen nicht sorgfältig genug vorgehe.

Abg. Franz (Soz) verweist in der allgemeinen Besprechung darauf, daß bei dlesem Etat sich die Anregungen des Landtags zu⸗ gunsten der Bergarbeiter, ihrer Sicherheit und gesundheitlichen Förderung wesentlich besser durchgesetzt hätten als vielfach bei anderen Etats. Wenn diese Anregungen des Landtags sich noch nicht in ihrem ganzen Umfange für das Wohl der Bergarbeiter bemerkbar machten, so liege das an dem reaktionären Geiste der Bergherren und auch mancher Bergbehörde. Der Redner verweist dabei auf die Not der englischen Bergarbeiter die durch die Duldung von Lohnherabsetzungen für die Verbilligung der Produktionskosten ,, werden sollten. Dabei werde es zu einem Kampf zwischen Kapital und Arbeit kommen, in dem auch die Frage der Sozialisierung des Bergbaues eine Rolle spielen wird. Selbstverständlich werde dieser Kampf seine Rück wirkungen auf Deutschland haben. Das schrankenlose kapitalistische System habe abgewirischaftet; es könne die Menschheit nicht mehr ernähren. Wenn man den Fürsten einige Millionen weniger geben wollte, könnte man viel zur Behebung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Bergbau tun, jener Schwierigkeiten, die aller⸗ dings von Unternehmerseite übertrieben dargestellt würden. Von Regierungsseite werde z. B. gesagt, daß die oberschlesischen Berg⸗ werke der Preußag lukvativ seien. Daß das . sei, bewiesen die Berichte der Preußag. Es müsse eben der Bergbau aus der Privat- in die Gemeinwirtschaft übergeführt werden. Dies dürfe allerdings nicht mit solchen Gewaltmaßnahmen wie in Rußland geschehen (Zuruf bei den Kommunisten: Wohl mit der Demo⸗ kratie?), sondern dadurch, daß die Mehrheit des Volkes zur Ein⸗ sicht der Notwendigkeit dex Gemeinwirtschaft gebracht, wird. Für dieses Vorgehen lasse die Reichsverfassung alle Möglichkeiten offen. Im einzelnen veyweist der Redner besonders auf die katastrophale Bergarbeiternot im . Revier und im Sieger Land. In solchen Notgebieten, wo die Arbeiter mit ihren Familien hungern müßten, 6h ähnlich wie es in England geschehe, der Staat mit Subventionen helfend eingreifen. Die unverständlichen Behaup— tungen eines Mannes, der als Wirtschaftsführer angesprochen werden wolle, daß die Bey ge, . weniger arbeiteten als vor dem Kriege, könnten i statistische Angaben widerlegt werden. Unverständlich sei, daß solche Angaben sogar von der „Deutschen Bergwerkszeitung“ nachgedruckt würden. Die Behandlung der Bergarbeiter lasfe, so betont der Redner, viel zu wünschen übrig. Er behaupte vor aller Offentlichkeit, daß es in Oberschlesien Berg⸗ räte gebe, die wider Wissen und gegen Recht und Gesetz in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Berggerichte Recht“ sprächen. (Hört, hört! links.) Dabei handle es sich um Fehlsprüche bei Entlassungen, Betriebsratswahlen usw. Zum Schluß erklärt der Redner, er vermisse die notwendige Initiative der Staats⸗ w bei der Reichsbahn für die Ermäßigung der Fracht⸗ tarife.

Die Weiterberatung wird dann durch Vornahme der Abstim mungen zum Etat der Landwirt- schaftlichen Verwaltung unterbrochen.

Das Haus stimmt den ,,, im Etat, wie ie vom Hauptausschuß vorgeschlagen sind, zu. Annahme finden erner Anträge, in denen u. a. gefordert wird die Einführung von Milchkontrollvereinen auch in den Klein— betrieben, ferner die Tig er nnn der zollfreien Einfuhr⸗ kontingente für gekühltes und gefrorenes a Der Antrag, die Gefrierfleischeinfuhr mit Er⸗ istung des 1925 gewährten Kontingents einzustellen, wird in namentlicher Abstimmung mit 147 gegen 215 Stimmen abgelehnt. Angenommen wird der Antrag, im Interesse der Hebung des Roggenverbrauchs bei den kommenden Zoll- tarifverhandlungen eine größere Spanne zwischen Roggen⸗ und Weizenmehl eintreten zu lassen. Ferner soll bei den Handelsvertragsverhandlungen auf den Garten⸗— Obst-⸗ und Weinbau sowie auf Viehzucht und Viehprodukte mehr Rücksicht genommen werden. 19 Millionen sollen für die ur ir r igen, iedler und die sonstigen nach dem Kriege angesetzten Siedler als Real⸗ kredit mit 5 v5 Verzinsung und * vH Tilgung zur Abdeckung hochverzinslicher Kredite und 5 Millionen zur Förderung der Anlie ö ng zur Verfügung gestellt werden. Der Antrag, der sich gegen die Errichtung einer besonderen ober⸗ schlesischen Landwirtschaftskamm er richtet, wird in namentlicher Abstimmung gegen Rechte und Demokraten abgelehnt. Der Antrag, daß bei dem Abschluß von Handels⸗ verträgen der Zoll auf Futtergerste nicht über den Mindestsatz von 1 Mark für den Doppelzentner erhöht werden soll, wird dem Landwirtschaftsausschuß überwiesen. Nament⸗

Mit Autnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

lich abgestimmt wird über den kommunistischen Antrag auf Ausdehnung des Kinderschutzgesetzes vom 30. März 1903 auf die Kinderlohnarbeit in der Landwirtschaft, Ersetzung der gewerbsmäßigen Stellen vermittlung durch den öffentlichen Arbeitsnachweis und Verbot der völkischen und nationalen n, sowie auf besondere Kredite an die schaffenden 8and⸗ wirte, Kleinpächter und Siedler mit Betrieben bis zu einer Ackernahrung. Der Antrag wird abgelehnt.

Damit sind die Abstimmungen zum Landwirtschaftshaus⸗ halt erledigt. Das Haus ei die Beratung des Haus⸗ halts der Bergverwaltung fort.

Abg. Dr. von Gersdorff (D. Nat.) weist auf die er⸗

chrecklich niedrigen Einnahmen bei den einzelnen Betrieben der ergverwaltung hin. Dabei seien die Steuerlasten außerordentlich och. Die Frachtsätze bei der Eisenbahn seien nicht tragbar. De tedner behandelte sodann Kreditfragen und erklärt, Auslands⸗ kredite dürften nur in Anspruch genommen werden, wenn es un⸗ bedingt nötig sei. In England sei zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Abkommen geschlossen. Nach seiner Kündigung seien aus öffentlichen Mitteln dem 2 Bergbau 3h i se gewährt worden. Das habe die Preisbildung sehr beeinflußt, Großes Interesse verdienten die Forschungsinstitute in Mülheim und Breslau und das Institut für inn, Char⸗ lottenburg. Der Minister möge diesen Instituten sein Wohlwollen zuwenden. Der deutsche Bergbau leide besonders auch durch die . Konkurrenz durch die valutarisch schwachen Länder. Dem Minister sei zu danken, daß er sich beim Städtebauentwurf . für den Bergbau eingesetzt habe. Die Deutschnationale Partei se jederzeit bereit, alles zu unterstützen, was geeignet sei, dem not— leidenden deutschen Bergbau zu helfen.

Abg. Harsch (Zentr.) verweist auf die nach dem Kriege für

den deutschen Bergbau verringerten . im Ausland, die mit eine Ursache der Schwierigkeiten des Bergbaues seien. Nament⸗ lich hätten sich die Verhältnisse im holländischen und belgischen Bergbau so günstig entwickelt, daß die deutsche Konkurrenz dadurch sehr erschwert werde. Die allgemeinen Schwierigkeiten im Welt⸗ kohlenbau seien aber nicht unüberwindlich, wenn die Weltwirtschaft wieder voll in Gang käme. Auch in Unternehmerkreisen des Berg⸗ baues würde die Situgtion, die das Zentrüm in ihrer Schwere wohl verstehe, doch manchmal zu düster dargestellt. Mit dem Märchen vom unrentablen. Staatsbergbau müsse endlich einmal auf— geräumt werden. Die Preußag habe auch jetzt noch Gewinne auf⸗ uweisen. Daraus könne man auch gewisse Schlüsse auf die Hure d er industrie ziehen. Zur Ueberwindung der gegenwärti— en Bergkrise ist ein Zusammenarbeiten von Unternehmern und Arbeitern nötig. Verkehrt würde es aber sein, zu versuchen, die Krise durch Lohnverringerungen und Arbeitszeitverlän gerungen zu überwinden. Angesichts der Vermehrung der Unglücksfälle im Bergbau habe es die Rechte des Hauses fertig gebracht, einige Aus⸗ schußsitzungen zu sabotieren, in denen über eine Erweiterung der Grubenkontrolle beschlossen werden sollte. (TLebhaftes hört, hört! links und im Zentim.) Unter lebhafter Zustiminung des Zen— trums und der Lüfken wendet sich der Redner entschieden gegen die von manchen Bergherren geübte Praxis, Hergen, ,, zu ent⸗ lassen und dafür Strafgefangene zu beschäftigen. Dann kritisieri er die zu geringen Löhne der Bergarbeiter. So gebe z. B. die Har pener Bergbau⸗Gesellschaft zu, daß sie für Löhne 4. nur 92, 3 vH des Friedensbetrages ein zufetzen habe. Damit entfalle auch das Gerede von der starken Belastung der Bergindustrie durch die Löhne. Die Vorwürfe, daß die Leistungen der Arbeiter geringer ge⸗ worden wären als früher, seien absolut unrichtig. (Lebhafte Zu— stimmung im Zentrum und links) Die Beamten, die für die Sicherheit des BVergbetriebes verantwortlich wären, müßten mehr ald bisher vor Entlassungen geschützt werden. Dadurch würde die Sicherheit im Bergbau sehr gefördert werden.

Abg. Dr. Pinkerneil (D. Vp.) erkennt an, daß die all⸗ gemeine wirtschaftliche Lage des Staatsbetriebs Eigebnisse nicht gestattet habe. Das Betriebsbild sei ein zwangsläufiges und ein getreues Abbild der Privgtindustrie. Bei, den Verhandlungen ber die Lage an Sieg, Lahn und Dill sei bisher nichts erreicht worden. Es handele sich um das wertvollste Erzgebiet in Deutsch land. Wir müßten und könnten es lebensfähig erhalten, wenn alle Instanzen, insbesondere die Reichsbahn, ihre Pflicht täten. Wenn die Eisenbahn nur die leer zurückkehrenden Züge mit Erzen aus

den notleidenden Gebieten beladen würde, wäre schon viel erreicht.

Aber es fehle gn gutem Willen. Bezüglich Oberschlesiens dürfe kein Vertrag mit Polen abgeschlossen werden, der Arbeitslosigkeit im deutschen Oberschlesien bestehen lasse. Der niederschlesische Berg= bau hänge von der Vergrößerung des Absatzes und größerer Leistungsfähigkeit ab. Die englische Subsidienpolitik habe nicht ge— zeigt, daß Englands Bergbau leben könne. Werde das System fort⸗ gesetzt und die stolze englische Privatwirtschaft durch die konser—⸗ vative Partei zum Sozialismus geführt, so werde England am Ende selbst die schlimmsten Folgen beim Zusammenbruch dieses Systenis erleben. Den deutschen Bergbau lasse man arbeiten und erspare ihm die m . durch überflüssige parlamentarische Be⸗ vormundung. Der Aufbau in der Wirtschaft habe die Zusammen⸗ arbeit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zur Voraussetzung. (Zurufe von links und vom Zentrum.) Die , sollten daran denken, daß die Wirtschaft sich mit unbeirrbarer Folge⸗ richtigteit vollziehe; sie sollten sich vor der Betonung des Macht- ö warnen lassen. Meine politischen Freunde hofften, daß er Handelsminister die Objektivität einer n,, und paritä⸗ ᷣl in den Arbeitsverhältnissen zeigen . GBeifall.

Abg. Sobottka (Komm verlangt vom Ministerium Maß- nahmen gegen das nachlässige Arbeiten der Bergbehörden, das die Sicherheit der Bergarbeiter gefährde und durch den Untersuchungs⸗ ausschuß des . einwandfrei festgestellt sei. Der Redner wendet sich dagegen, daß auf den staatlichen Zechen des Reckling⸗ häuser Gebiets die Entlassungsquote noch höher gewesen sei als im privaten Bergbau. Die Unglücksfälle des letzten Jahres, besonders der auf Zeche Oberhausen mit 13 Toten und mehr Verletzten, hätten vermieden werden können, wenn der kommunistische Antrag auf Herabsetzung der Seilfahrtgeschwindigkeit auf 6 Meter angenommen worden wäre. Zum Schluß verlangt der Redner die ,, Siebenstundenschicht für die Bergarbeiter. Auch mit dieser Arkeits⸗ . werde der deutsche Bergbau dem englischen erfolgreich Kon— urrenz machen können.

Abg. Hartmann ae hebt hervor, daß der Kohlenberg—⸗ bau von der 5 Wirtschaftslage mit herabgerissen worden sei. Wir könnten die Kohlen nicht absetzen, die wir aus der Erde ge— winnen. Notwendig 66 daher neue Absatzgebiete für den Kohlen⸗ markt. In diesem Zusammenhange sei die Einsetzung eines Pari⸗ tätischen Aut schiy es zu begrüßen, der zur Untersuchung der Ver— hältnisse eines Werkes, das stillgelegt werden soll, bestimmt ist. Besonders müsse unsere Schwereisenindustrie wieder gesunden, wenn es der Kohlenwirtschaft besser gehen soll. Eine internationale Regelung der Wirtschaft könne nicht beiseite gelassen werden. In

einem Antrage werde das Staatsministerium ersucht, alle Be⸗

strebungen auf Schaffung einer zwischenstaatlichen Kohlen konvention zu unterstützen. Handelsverträge, die der Großeisenindustrie neue Absatzgebiete schafften, kämen auch der Kohlenwirtschaft zugute. Der deutsche Vertreter auf der internationalen Wirtschaftskonferenz in Genf, Stagtssekretär Trendelenburg, habe erklärt, It die inter⸗ nationale Wirtschaft sei eine vernünftige Zollpolitik, die auf den Abbau der internationalen Zölle hinziele, erforderlich. Diese Ge⸗ danken habe seine Partei immer vertreten und sie sehe auf diesem Wege allein die Möglichkeit eines Wiederaufbaues der gesamten Wirtschaft. (Sehr richtig! bei den Demokraten. Im Innern sei es für die Aufrichtung unserer Wirtschaft und ihre Konkurrenzfähigkeit nötig, eine Preissenkung herbeizuführen. Dieser Preissenkung werde aber durch gewisse Interessentenkreise entgegengearbeitet. In der Kohlenwirtschaft diktierten Syndikate und das Kohlen, lontor in terroristischer Weise die Preise. (Zuruf des Abg. Riedel Dem]: Das nennt man freie Wirtschaft! Diese private Zwangs⸗

——

. 5weite Beilage zum Deut schen Neichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Nr. 100.

Verlin, Freitag, den 30. April

1926

Nach wei sung

der in den Hauptbergbaubezirken Preußens im Jahre 1925 verdienten Bergarbeiterlöhne.

L. Durchschnittslöhne fämtlicher Vollarbeiter.

9

Kr , m n, .

Zahl der überhaupt daboen Vollarbeiter in Nebenbetrieben

Versicherungsbeiträge

deistungslohn 1) (einschließlich

der Arbeiter)

; Barverdienst ?) lein schl. Versicherungsbeiträge der

rbeiter)

Versicherungs⸗ beiträge der Arbeiter

66 ö ; au ür Ueberarbeiten Gesamt⸗ * im 3 Gesamtzahl 1 Voll⸗ t auf Schichten ganzen 5 arbeiter 2 1 Voll⸗ zahl für . betrieben ganzen arbeiter arbeiten

Art und Bezirk des Bergbaues Ber . davon

im ganzen fahrene

auf 1

Schicht

RM Rö, Rm

ö 2 3 . k 9

10

im ganzen

auf 1 ver⸗ fahrene Schicht

1 6. auf ver⸗ fahrene 1 Voll⸗

Schicht arbeiter RM

RM

a) Steinkohlenbergbau n Oberschlesien J geg z 686 7o9 3185: 820289 303 7os 33 296 Hk 28 441 1613 9 128 205 321,0 4h3 645 5h6 430 64350 im Qberbergamtsbezirk Dortmund) . 361 460 22338 113 795 753 314,8 4334 859 7681 171 916479 am linken Niederrhein. . 15 721 747 4951 487 315,0 156 696 2658 399 30 451 im niederrhein ⸗westfälischen Bezirk.] 374 664 25 059 1169005 809 514,5 44155 649 7924 017 945 260 J 17 284 1465 5H 496 541 318,0 225 004 l 497 343 50 573

b) Salz bergbau im Oberbergamtsbezirk Halle.. 5 512 87 im Oberbergamtsbezirk Clausthal. 7035

) Erzbergbau in Mansfeld (Kupferschiefer) . 8911 im Oberharz V 2070 in Siegen.. . 8957

in Nassau und Wetzlar . . 3868

d) Braunkohlenbergbau im Oberbergamtsbezirk Halle:

rechtselbischer. .. ö 20 246

linkselbischer . 6 908 J m 15 003 6 646

1760369 319,4 9 044 27 489 2 287 323 325, 141 694

2 846 734 319,5 128 953

bh0 222 314,1 20 819 2787779 311,2 55 738 1198 542 309,9 18775

2253 747 175 9654 2248 022 141 046 2179 081 158 701

422 554 453 237 293 044

6812 6 597 729 325,9 8 968 291 321,2 4 8853 986 323,5

744 Ig3 71 775 355 095

62 204216 41 09009099

32 580 370 35 474 245

9 566 zio

12 948175

12 gz0 37 3 5351 55 15 7a Jol o h zõß

„0l 34 6.34

bh hol o 15 179 355 7g5 35h hoz 34 h 6siĩ SI5 ls 967 z döß 35

e O 0 0 =

& S & K. en

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8

10 90 725, i 6 bõs

13 419 174 5 101116 165 355 335 78 ßz

36 362 964 b zig gig z do Ko

190 139 221 169 219 206

157 175

170 186 177 188

O42 136 645 145 G48 156

; I) d. h. Grundlohn zuzüglich Gedingeverdienst oder Schichtlohn ohne alle Zuschläge für Ueberarbeiten sowie ohne Hausstandsgeld und Kindergeld, aber einschlie lich der Arbeiterbeiträe ur alen Versicherung und aller Aufschläge, die auf Grund des Verfahrens der normalen Schicht zur Auszahlung gelangen, z. B. der Zulage far e Arbeiter ee. Tage. . (Kosten für 6 ien;

Sprengmateriglien), die früher bom verdienten Lohn abgezogen wurden, kommen tarifgemäß nicht mehr in Betracht.

d. h. Leistungslohn zuzüglich aller Zuschlaͤge für Ueberarbeiten sowie des Hausstandsgeldes und Kindergeldes. Der Barverdlenst entspricht somit dem vor 1921 nachgewiesenen verdienten reinen Lohne,

nur mit dem Unterschiede, daß die Versicherungsbeiträge der Arbeiter jetzt in ihm enthalten sind.

Im niedersächsischen Teilbezirk betrug die Zahl der Vollarbeiter: 2347; die Zahl der verfahrenen Schichten: 741 431, davon die für Ueberarbeiten: 35 906; die Zahl der angelegten Arbeiter: 2607

die Zahl der entgangenen Schichten: 86 021.

II. Durchschnittslöhne der einzelnen Gruppen der Vollarbeiter.

2

2. Sonstige unterirdisch und in Tagebauen beschäftigte Arbeiter

. Unterirdisch und in, Tagebauen hei der Aufschließung und Gewinnung beschäftigte Bergarbeiter im engeren Sinne

Summe und Durch⸗ schnitt der

b) Schlepper Arbeitergruppe 1

a) Reparaturhauer

b) Sonstige Arbeiter

Summe und Durch. schnitt der Arbeitergruppe 2

Summe und Durch⸗

schnitt der unter⸗

irdisch und in Tage⸗ bauen beschäftigten

Arbeiter

Art und Bezirk des Bergbaues

tungs⸗

lohn

Bar⸗

.

Lei eistungs⸗ lohn

von der Ge⸗ d. Arbeiter von der Ge⸗ d. Arbeiter X Leistungs⸗ 5 lohn je Schicht verdienst je Schicht von der Ge⸗ d. Arbeiter L

von der Ge⸗ 8 samtzahl d. Arbeiter

8 3 ö

Bar⸗

verdienst je Schicht

von der Ge⸗

3 S .

samtzahl d. Arbeiter lohn ie Schicht

Leistungs⸗

Bar⸗ verdienst

je Schicht

von der Ge⸗

d. Arbeiter Teistungs⸗

Bar⸗ verdienst je Schicht pon der Ge⸗ samtzahl

lohn je Schicht

8361 22

RM

Bar verdienst je Schicht

d. Arbeiter

5 =

S samtzahl S samtzahl o S samtzahl

2

8 5 8

221 1 22 *

1

5 8

* cx —* *

X S samtzahl

83 5

85

ö .

ö

6 Ste in kohlen bergbau 1 . I im Oberbergamtsbezirk Dortmund. am 6 e , ii 4 ö im uiederrheinisch⸗westfälischen Bezirk. i hee, .. . b) Salzbergbau im Oberbergamtshezirk Halle.. im Oberbergamtsbezirk Clausthal

) Erzbergbau in Mansfeld (Kupferschiefer) . 402 4,12 ; k 5, 35 5. 54 4,74 481 45,2 in Siegen w - 6,69 6, 94 b, 17 5,21 46,3 in Nassau und Wetzlar. .. 504 5, 14 442 444 51,6

rbeitergruppe 1

8

D D

do 0

D

88

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DOD 20

888 O 0

SC SSE*

.

w De. 3

* O COO O O S8 & SS = 2.

S 8 e . ——— O 2 O FGO O O O COM . O . en as

=

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t *

Arbeitergruppe 2

4 1kohl 22 . ; ; ) i ergbau unterirdisch beschäftigte in Tagebauen beschäftigte Bergarbester im Oberbergamtsbezirk Halle: Bergarbeiter Rin ; nee, . ö eim Abraum bei der Kohlengewinnung rechte hischerWr= . . . 194 6,28 6,57 17, 493 5.24 m 9 6, 48 6,890 20,3 5,39 5,69 6,7 linkorheinischer 6 8435 8,95 19,4 6339 6,88] 11,9

) Gesamtzahl der Arbeiter vergl. Spalte 2 von J.

6,20 6651 6.6 7,18

1

unterirdisch beschaftigte Arbeiter

48 624 6356 54, 4,68 5, 5, l

II. Durchschnittslöhne der einzelnen Gruppen der Vollarbeiter.

dos 119 8,08 ödöz 72 53236 —— 2605 655

in Tagebguen beschäftigte Arbeiter

Fortsetzung.)

3. Ueber Tage beschäftigte Arbeiter ausschl. der Arbeitergruppen 4 und 5

Summe und Durch- schnitt der

a) Facharbeiter Arbeitergruppe 3

b) Sonstige Arbeiter

Summe und Durch- schnitt der erwachsenen männlichen Bergarbeiter

. 0

4. Jugendliche männliche Arbeiter unter 16 Jahren

Di S*

6

&= do Or- SX SzESS

SS 8X

8. Weibliche Arbeiter

Art und Bezirk des Bergbaues

von der

6 5 *

zahl der

Arbeiter 3. von

von der 56. 5 2 za er S. ** Arbeiter von)

von der Gesamt⸗ zahl der Arbeiter

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lohn je Schicht

8 Leistungs⸗

?

von der Gesamt⸗ zahl der Arbeiter

Bar⸗

verdienst

je Schicht

Leistungs⸗ 5 lohn

von der Gesamt⸗ zahl der Arbeiter

Bar⸗

verdienst

a) Steinkohlenberg bau in Oberschleseen— ; .

n Re, mlesen im Qberbergaintsbezirk Dortmund. am linken Niederrhein im niederrheinisch⸗westfälischen Bezirk 2

b) K

im Oberbergamtsbezirk ; im Oberbergamtsbezirk Elausthal

. e) Erzbergbau in Mansfeld (Kupferschiefer) .. e

e in Nassau und Wetzlar...

d) Braunkohlenbergbau im Oberbergamtsbezirk Halle: ; .

111 20,0 e line dr . JJ ; Inn Gesamtzahl der Arbeiter vergl. Spalte 2 von J.

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