im „Vorwärts“ mit der Ueberschrift: „Abbau der Erwerbslosen⸗ unterstützung? Die Nebenregierung im Reichsarbeitsministerium gegen die Erwerbslosen“ erschienen ist. Eine Aufklärung über diesen Artikel und eine Widerlegung der Schlüsse, die in diesem Artikel gezogen sind, ist vom Arbeitsministerium bereits an den „Vorwärts“ gegeben. (Zuruf von den Kommunisten: Damit seid Ihr fix bei der Hand!) Ein Zeichen, daß wir eine Antwort darauf haben. (Sehr gut! in der Mitte.)
Welcher Tatbestand liegt dem Artikel des „Vorwärts“ zu⸗
grunde? Bekanntlich ist die Frage einer Aenderung der Erwerbs⸗ losenunterstützungssätze dahingehend, daß sie in ein gewisses Ver⸗ hältnis zum Lohn gesetzt werden, allen Ernstes hier im Reichstag von den verschiedensten Seiten erörtert worden. Auch die Gewerk⸗ schaften haben diesem Gedanken grundsätzlich ihre Zustimmung ge⸗ geben. Die Reichsregierung hatte bereits eine Vorlage in dieser Richtung, wenn auch nur eine vorläufige, ausgearbeitet. Es bestand ebnfalls im Reichsrat die Absicht, diesen Weg zu betreten. Man hat nachher Abstand davon genommen. Die Gründe dafür brauche ich hier nicht weiter zu erörtern, ich will nur den Zu⸗ sammenhang der Dinge hier erklären. Nun kam jetzt der Ablauf des Termins, mit dem die gegenwärtigen Unterstützungssätze be⸗ grenzt waren, der 8. Juli, und im Zusammenhang damit ist dann die Frage aufgeworfen worden, ob man bei vorläufigem Verzicht auf die Einführung von Lohnklassen wenigstens die zum Teil in Deutschland schon im Brauch befindliche Grenze von 75 vH gegen— über dem Lohn einführen könne. Die Regierung hat ebenfalls zeitweilig mit dieser Möglichkeit gerechnet. Ich glaube sogar, daß ich dem von dieser Stelle aus Ausdruck gegeben habe. Eine der— artige Möglichkeit hat auch früher schon — freilich in anderem Zusammenhang und unter anderen Umständen — im Sozialen Ausschuß zur Debatte gestanden. (Abgeordneter Esser: Ist dort Gegenstand eines Antrags gewesen) Aber auch von dieser Lösung hat die Reichsregierung für den gegenwärtigen Zeitpunkt Abstand genommen. Die Reichsregierung hat im Sozialen Ausschuß und auch hier im Plenum erklärt, daß auch dieser Weg jetzt nicht be⸗ schritten werden solle.
Unter diesen Umständen war es nötig, diesen Verzicht auf die I5⸗Prozent-Grenze nicht bloß im Reichskabinett durchzubringen, sondern auch beim Reichsrat. Zu dem Zweck ist für einen Aus— schuß des Reichsrats der Brief geschrieben worden, auf den hier im „Vorwärts“ Bezug genommen worden ist.
In dem Zusammenhang muß das gesehen werden, was über— haupt in dem Briefe ausgeführt ist. Leider sind die Ausführungen des „Vorwärts“ nicht vollständig gewesen. Gört, hört! rechts.) Wenn Sie den Absatz hören, der vor dem im „Vorwärts“ wieder⸗ gegebenen Absatz steht, wird das Bild sofort ein anderes. Es heißt nämlich unmittelbar vorher wörtlich in dem Schreiben an den Reichsrat:
Die außerordenlich schwierige Lage des Arbeitsmarktes läßt eine Herabsetzung der Unterstützungen zurzeit undurchführbar er⸗ scheinen. (Hört, hört! in der Mitte.) Die Zahl der unterstützten Erwerbslosen ist in der ersten Hälfte des Monats Mai nur unwesentlich gefallen, in der zweiten schon wieder gestiegen, und die bisherigen Meldungen für Juni deuten darauf hin, daß der bisherige Stand von rund 133 Millionen Unterstützungsempfänger sich inzwischen kaum nennenswert ver⸗ ändert hat. Die Reichsregierung verkennt nicht die außer⸗ ordentlich schwere Belastung, die die Finanzen des Reichs, der Länder und der Gemeinden durch die Erxwerbslosenfürsorge er— fahren. Sie könnte es aber aus sozialpolitischen wie aus all— gemeinpolitischen Erwägungen heraus im Augenblick nicht ver— antworten, das Ausmaß der Leistungen allgemein zu verkürzen. Das Wort „allgemein“ ist deshalb begründet, weil, wie Sie ja alle wissen, die Moglichkeit besteht, daß ein Verwaltungsausschuß beim Arbeits nachweis in Einzelfällen solche Kürzungen vornimmt. Die Gründe brauche ich nicht näher auseinanderzusetzen; die Tatsache ist auch im „Vorwärts“ anerkannt worden.
Meine Herren! Wenn Sie diesen Passus auch beachten, dann bekommt die Sache ein ganz anderes Gesicht. Ich sagte eben schon, daß der im, Vorwärts“ abgedruckte Teil lediglich deshalb geschrieben worden ist, um den Ländern zu zeigen, daß an dem status quo rechtlich nichts geändert werden soll. Das aber mußten wir den Ländern sagen, um den Anträgen, die dort zu erwarten waren, die auf eine Verpflichtung zur 75⸗Prozent-Grenze hinausliefen, entgegen⸗ zutreten. Daraus geht doch klar herbor, daß von einem Abbau der Erwerbslosenfürsorge oder von einer Nebenregierung im Reichs—⸗ arbeitsministerium nicht die Rede sein kann. (Sehr richtig! im Zentrum.)
Was die Rechtslage anlangt, so möchte ich nochmals ausdrücklich hervorheben, daß der Verwaltungsausschuß des Arbeits nachweises zweifellos das Recht hat, aus gewissen Gründen die Höchstsätze zu unterschreiten. Es kann höchstens die Frage entstehen, ob auch die Länder dazu berechtigt sind, solche Unterschreitungen der Höchstsätze vorzuschreiben. Wenn diese Frage aufgeworfen wird — und sie wird, glaube ich, auch in dem Artikel des Vorwärts“ gestellt — dann kann ich dazu nur sagen, daß wir dadurch bestenfalls in einen Rechts⸗ streit hineingeraten. Die Länder werden darauf Bezug nehmen, daß nach 5 1 des Gesetzes das Ziel der Arbeitslosenunterstützung die Wiederaufnahme der Arbeit sein muß, und sie werden sich auf den Sz 43 berufen, der ihnen die Möglichkeit von Ausführungsbestimmungen im Geiste des 5 1, gibt. Auf diese Weise werden sie auch für sich das Recht der Unterschreitung der Höchstsätze reklamieren. Ich glaube aber, es hat keinen Zweck, uns in einen solchen Rechtsstreit ein⸗ zulassen. Die Reichsregierung, und ich für meine Person besonders, wir stehen fest zu dem Wort, das ich im Ausschuß gegeben und auch hier im Plenum verkündet habe.
Bezeichnend ist auch die zeitliche Aufeinanderfolge der in Rede stehenden Vorgänge. Das Schreiben, das der „Vorwärts“ heute zum Teil abdruckt, ist am 25. Juni ergangen, meine Erklärung im Ausschuß ist am 26. Juni erfolgt und meine Erklärung im Plenum am 28. Juni. Auch daraus geht klar hervor, daß die Kombination des Herrn Vorredners, als hätten wir mit dem Schreiben das, was wir im Ausschuß erklärt hatten, abändern oder in seinen Wirkungen abschwächen wollen, falsch ist. Um aber allem vorzubeugen, erkläre ich mich dazu bereit, durch ein erneutes Rundschreiben an dier Länder dafür zu sorgen, daß solche Mißberständnisse absolut ausgeschlossen bleiben. .
Der Antrag der Kommunisten bringt keine Lösung. Nach diesem
welches sie als
schreiten, ja, nicht bloß den Ländern, sondern auch den Verwaltungs ausschüssen der Arbeitsnachweise. Ich habe Sie eben bereits dar— auf hingewiesen, daß wir dadurch mit dem Gesetz in einer grund⸗ sätzlichen und überaus wichtigen Frage in Widerspruch geraten. Ich bin der Ueberzeugung, daß wir mit einem solchen Vorschlag bei den Ländern absolut nicht durchdringen würden. Die Konsequenz würde höchstens die sein, daß ein solcher Beschluß, wenn er heute im Reichs⸗ tag gefaßt würde, vom Reichsrat verworfen würde. Erreicht wäre mit diesem Beschluß zum Wohle der Erwerbslosen gar nichts. Ich glaube, meine Aufklärungen werden hinreichen, daß alle davon über⸗ zeugt werden, daß die Erwerbslosen keinen Grund haben, sich über diese Dinge in der Weise aufzuregen, wie es eben der Herr Vor—⸗ redner getan hat.
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223. Sitzung vom 2. Juli 1926, nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsberleger. )
Am Regierungstische: Reichskanzler Dr. Marx, Reichs⸗ minister des Auswärtigen Dr. Stresemann, Reichs⸗ minister des Innern Dr. Külz und die anderen Mitglieder des Kabinetts.
Bräsident Löbe eröffnet unter allgemeiner Spannung die Sitzung um 3 Uhr 30 Minuten. Er kündigt, um allen vorliegenden Arbeitsstoff aufarbeiten zu können, eine Ahend⸗ sitzung, eventuell auch noch eine Sonnabendsitzung an.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Beratung der Fürstenabfin dungs vorlage. Zunächst findet eine allgemeine Aussprache statt. g
Abg. Wels (Soz.) gibt namens seiner Fraktion folgende Erklärung ab; Die sozialdemokratische Fraktion war in der Frage der Fürstenabfindung jederzeit auf das eifrigste bestrebt, eine Lösung zu finden, die dem allgemeinen Empfinden und der Not— lage des deutschen Volkes Rechnung trägt. Am 4. Mai 1923 haben wir Sozialdemokraten mit dem Antrag Müller⸗Franken den Ver— such gemacht, eine Regelung der ÄÜbfindungsfrage durch die Landesgesetzgebung herbeizuführen. Wir fanden damals nicht die genügende Unterstützung der bürgerlichen Parteien. Im Frühjahr dieses Jahres erlebte der Antrag Müller-Franken in seinem wesentlichen Inhalt eine Auferstehung im Üntrage Koch⸗Weser. Auch diesem Antrag blieb der Erfolg versagt. Eine Welle un— geheurer Empörung ging infolge des unerhoͤrten Verhaltens der Fürsten durch das Volk. Das durch den verkorenen Krieg und die Revolution neu geschaffene Recht wurde in Progzessen der Fürsten, insbesondere der Hohenzollern, gegen das deutsche Volk durch eine borrevolutionäre Gesetzgebung und Rechtsprechung beseitigt. So wurde der Gesetzentwurf geboren, der dem Volksbegehren zu— grunde lag. Zwölfeinhalb Millionen deutscher Manner und Frauen forderten durch ihre Unterschrift im Volksbegehren, daß der Gesetzentwurf Gesetz werde. Dafür wurden sie in dem Kampf um den Volksentscheid als Diebe und Räuber beschimpft. Der Reichshräsident wurde in den Streit hineingezogen und nahm gegen Millionen deutscher Staatsbürger Stellung. Man behaup⸗ tete, die Grundlagen des Rechtsstaates würden erschüttert, wenn das Enteignungsgesetz gegen die Fürsten angenommen würde. Die Millionen der Sparkassen⸗, Hypotheken- und Anleihegläubiger, die nach den Bestimmungen des sogenannten Aufwertungsgesetzes behandelt wurden und sich zum Volksentscheid bekannten, wurden als Leute bezeichnet, die für Recht und Moral kein Verständnis hätten. Trotz alledem haben vierzehneinhalb Millionen deutscher Wähler und Wählerinnen sich beim Volksentscheid zu einer Gesetz— gebung bekannt, wie sie auch in Deutsch⸗Oesterreich 1919 mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien, insbesondere der christlich⸗ sozialen Bruderpartei des Zentrums, gegen die Habsburger be— schlossen wurde. Unerhörter Terror machte Millionen von deut— schen Staatsbürgern die Beteiligung am Volksentscheid unmöglich. Zu der Ungleichheit in der Behandlung der Sparer und Fürsten trat die brutale Gewalt, die den wirtschaftlich abhängigen Feil des Volkes dem politischen Willen einer Herrenkaste unkerwarf. Da⸗ durch wurden in Wahrheit die Grundlagen des heutigen Staates bedroht und der Grundsatz der Verfassung, daß bie Staats— gewalt vom Volk ausgeht, zunichte gemacht. Wir fordern den Schutz der politischen Nechte des Volkes, den Schutz der wirtschaft— lich Schwachen zur Ausübung ihrer Staatsbürgerrechte. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat, als der Volksentscheid nicht die verlangte eh ehen brachte, dem Reichstage die Arbeit für eine befriedigende Lösung der das ganze Volk tief bewegenden Frage wieder aufgenommen. Sie konnte sich dabei auf eine Erklärung stützen, die am 10. Juni in der 210. Sitzung des Reichs⸗ tags, zehn Tage vor dem Volksentscheid, namens der Regierungs⸗ parteien vom Herrn Abgeordneten von Gusrard abgegeben wurde. In dieser Erklärung hieß es: „Angesichts der Tatsache, daß im Land befürchtet wird, im Falle der Ablehnung des Volksent⸗ scheid,s werde jede reichsgesetzliche Regelung scheitern, wollen die Regierungsparteien keinen Hweifel darüber lassen, daß sie den Erlaß eines die Auseinandersetzung zwischen den beteiligten Ländern und den kN regelnden Gesetzes für un⸗ bedingt notwendig erachten. Sie erklären mit nachdrücklichstem Ernst, daß sie alles daransetzen werden, den vorliegenden Gesetz⸗ entwurf in allen wesentlichen Bestandteilen zur Annahme zu bringen. In ihm soll ein Gesetz geschaffen werden, das der ver⸗ änderten staatsrechtlichen Stellung der Fürstenhäuser entspricht. Das Gesetz wird den Fürsten nur das Vermögen belassen, unzweifelhaftes Privateigentum erworben. Den Folgen des verlorenen Krieges, der Verarmung des Volkes und der gesamten Vermögenslage der Fürsten wird ausreichend Rechnung getragen. Den Ländern soll zugeteilt werden, worauf sie aus Gründen der Kultur oder der Volksgesundheit Anspruch haben.“ Die sozial⸗ , Reichstagsfraktion muß heute feststellen, daß dieses vor dem Volksentscheid abgegebene Versprechen nicht eingelöst worden ist. Die Regierungsparteien haben unter dem Druck ihres rechten Flügels fast allen Besserungsanträgen der sozialdemokratischen Fraktion, die in der Richtung der von Herrn von Gusrard abgegebenen Er⸗ klärung gestellt waren, ihre Zustimmung verweigert. Sie haben es insbesondere abgelehnt, die Auseinandersetzung un⸗ mittelbar durch Gesetz zu regeln, die Entscheidung viel— mehr einem Gericht übertragen. Sie haben abgelehnt, die Richter des Sondergerichts durch den Reichstag wählen zu lassen. Sie hahen abgelehnt, dem Gesetz rückwirkende Kraft zu geben. Sie haben abgelehnt, bei der Trennung von Fürsten= und . dem Volke günstigere Grenzen festzulegen, und haben unseren An trag abgelehnt, Aufwertungen des Fürstendermögens bis zu 1450 b., wie sie vorgekommen sind, unbedingt auszuschließen. Aus diesen zwingenden Gründen lehnt die sozialdemokratische Reichstags⸗ fraktion die a mn n, zu dem Gesetz ab. Das Scheitern der Vorlage in diesem Stadium entbindet, die Regierung und die Regierungsparteien nicht von ihren feierlich gegebenen Zusagen. Eine andere Lösung ist liot wendig. Diese andere Lösung kann nach dem vollständigen Versagen dieses Reichstags nur von einem neuen Reichstag geschaffem werden. Die e me ne ffsch Reichs⸗ tagsfraktion fordert daher die sofortige Verlängerung des Sperr⸗ gesetzes und die Auflösung des Reichstags, damit das Volk durch dine neue, seinem Willen entsprechende Vertretung die Frage der Vermögensauseinanderfetzung mit den einst regietenden Fürsten⸗ familien zu einer das eg ge hl befriedigenden Lösung führen kann und den durch die geplanten Zollerhßhungen beabsichtigten neuen Angriff auf die Lebenshaltung des schwer leidenden Volkes zurückschlagen kann. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Sozialdemokraten folgten dieser Rede, die wiederholt bon großer Unruhe und Zurufen auf der Rechten und bei den Völkischen unter⸗ brochen worden war.)
Antrag soll den Ländern untersagt werden, die Höchstsätze zu unter
ö. H Mit, glus nahme der durch Sperrdruck herv b der Herren Minister, die im Korn i ,, ,
Abg. Graf Westarp (D. Nat). (Zurufe der Kommunisten: Fürstenknecht! Der Mann, der für die y sorgt! Präsident Löbe ruft die Abgg. Torgler und Ne ub auer zur Ordnung.) Ich kann mich heute auf einige grundsätzliche . be⸗ chränken. Es liegt mir daran, zunächst einen kurzen historischen ückblick zu geben. (Lachen 6 Seit dem Umsturz bis 1925 haben die revolutionären Machthaber ebenso wie die neuen Regie⸗ rungen es stets als eine Sache des Privatrechts angesehen, die Auseinandersetzung zwischen den Ländern und den ehemaligen k herbeizuführen. In den meisten Ländern ist diese Aufgabe auf dem Wege der privatrechtlichen Regelung befriedigend lelöst worden. (Lachen und Widerspruch links. Wenn der Abg. els behauptete, daß unerhörtes Verhalten der Fürstenhäuser (Ruf bei den Kommunisten: Schamlose Forderungen der Fürsten und ihrer Knechte! die Regelung erschwerte, so stand diese Behauptung auf dem Boden der Unwahrhaftigkeit. (Lärm und stürmische Zwischenrufe von der Linken. Der Abg. Sollmann (Soz.) wird fi Ordnung gerufen) Obwohl in Preußen die gesetzliche Lage esonders schwierig war, war es dem weitestgehenden Entgegen⸗ kommen des Hohenzollernhauses (Stürmisches Lachen und Zurufe links, lang andauernder Lärm, Ruf links: Räuber G. m. h. *. = Wir sollten einmal feststellen, wieviel Zeit dadurch in Anspruch genommen wird, daß die Herren es für nötig halten, uns nicht reden zu lassen (Präsident Löbe bittet, die Zwischenrufe zu unter⸗ lassen) — war es dem weitestgehenden Entgegenkommen des Hohen⸗ zollernhauses n. zu einem Vergleich zu gelangen, der die ft n f. ustimmung des preußischen Staatsministeriums einschließlich der Minister Braun und Severing fand. All der häßliche Streit der letzten Monate hätte vermieden werden können, wenn die preußische Regierung ünd die hinter ihr stehenden Parteien zu dem Worte der preüßischen Regierung ,, (Sehr wahr! xechts.) Ich kann der Demokratischen Partei den Vor⸗ wurf nicht ersparen, daß sie durch ihr Verlangen, eine reichsgesetz⸗ liche Regelung herbeizuführen, in die organische Entwicklung störend eingegriffen hat und den Anlaß * all der Hetze und Aufpeitschun des Volkes gegeben . (Lärm links, Zurufe: . Sie hat dadurch das Ansehen Deutschlands im Auslande schwer ge— schädigt. (Erneuter Lärm inks) ie Herren von der Demokratie sollten sich darüber beim Reichsbankpräsidenten Schacht erkundigen. Nachdem der Stein so ins Rollen gebracht war, haben auch wir der Notwendigkeit uns nicht verschlossen, einen befriedigenden Ausgleich schaffen zu helfen. Wir haben iGn Plenum und im usschuß unter Zurückstellung ., grundsätzlicher Bedenken pPositiv an einer den Frieden s . Lösung mitgearbeitet. Voraussetzung war dahei für uns, daß die staatsbürgerlichen Grundrechte der Verfassung nicht verletzt werden und daß die Fundamente des Rechtsstaates nicht erschüttert werden. Auf diesem Gebiete gab es für uns keine Kompromisse. Um so weniger, als es von Woche zu Woche deut— licher wurde, daß der angeblich gegen das . der Fürsten gerichtete . nichts weiter war als ein Schritt uh dem Wege zur bolschewistischen Staatsordnung. Wir waren daher bemüht, alle Bestimmungen aus dem Regierungsentwurf zu beseitigen, die mit unseren Grundauffas 6 nicht im Einklang standen. Man hat uns den Vorwurf gemacht, daß wir dabei einseitig die Interessen der ürsten wahrnehmen. (Zuruf links; Sehr wahr! Ihr seid Fürsten⸗ nechte ) Ich stelle gar nicht, in Abrede, daß guch wir der, He mg 6 daß den Rechten der Fürsten und der ö Stellung der ürstenhäuser Rechnung gekrggen werden soll. (Zuruf links; Un⸗ verschämtheit! Bei k Stellungnahme zum Gesetzentwurf leitete uns aber nicht nur die Absicht, uns schützend vor die stagtsbürgerliche Gleichberechtigung, die materielle und die ideelle, aller Stagtsbürger zu stellen. (Abg., Neubauer Komm.: Was kriegen Sie an Provision dafür — Stürmische Entrüstung rechts und Rufe; Raug! — Präsident Löbe weist den e als unparlamentarisch zurück und ersucht den Abgeordneten Höllein, der weitere Zurufe macht, nochmals, Ruhe zu halten, damit ers der Präsident, nicht zu schärferen Maß— nahmen greifen müsse,) Ver Gefahr, daß das Recht aller Staagts⸗ bürger und der Eigentumsbegriff in Zukunft geopfert werden würden, stellten wir unseren Plan entgegen. Wir haben bis gestern nach- mittag, noch in letzter Stunde, g dem Herrn . ler dies alles vorgetragen, und wir haben auch heute . unseren An⸗ trag eingebracht, der diesen unseren Plan zum Ausdruck bringt. Da—2 . sind wir bereit, an dem Gesetzentwurf mitzuarbeiten; unter der Voraussicht, daß aus dem Regierungsentwurf alle jene Bestimmungen herausgestrichen werden, die einen unrechtmä . Eingriff in das Pribateigentum bedeuten, sind wir bereit, einer Regelung zuzustimmen, die bie gefamten noch nicht erledigten Äuseinandersetzungen' der freien Entscheidung eines Reichssondergerichts unterwirft. Wir gehen dabei dabon aus, daß dieses Reichssondergericht ,, den Ländern und Fürsten diejenigen Vermögensohjekte zuspricht, über die zwischen den . kein Streit besteht. Wir würden weiter damit einverstanden ein, daß die zwischen den Parteien strittigen Vermögensobjekte von dem Sondergericht nach billigem Ermessen verteilt werden. Wir wollen dabei anerkennen, daß dabei neben der Rücksicht auf eine an⸗ gemessene Lebenshaltung der Fürsten auch der allgemeinen Notlage des . Volkes Rechnung getragen wird. (Lärmende nk links. Wir sind auch damit einverstanden, daß die Aufwerkungs— ansprüche der Fürsten nach den allgemeinen Aufwertungsgrundsätzen entschieden werden. Wir verlangen keine Privilegien für die Fürsten, andererseits wollen wir aber guch nicht, daß sie schlechter gestellt werden. Wix würden zu einer Mitarbeit weiter bereit sein, falls jede berfassungswidrige Regelung unterbleibt, auch selbst, wenn auf diese Weise das Gesamtergebnis für die Fürsten ungünstiger ausfallen würde,. Bei unserer Anregung und bei unserem Antrag haben wir, wie ich n einmal gusgesprochen habe, schwere Bedenken zurück- ö. müssen. Ich selbst bin der Meinung, daß es nicht Sache der eichsgesetzgebung, sondern der Länder ö diese Verhältnisse zu regeln. In diesem Falle liegt kein Anlaß vor zu einem Eingriff der Reichsgesetzgebung. Ein Sondergesetz und ein Sondergericht sind bei strenger Auslegung mit den Grundsätzen der Verfassung un—⸗ vereinbar. Trotz dieser Bedenken haben wir unsere posillve Mit arbeit geleistet, immer beseelt von dem Wunsche, diese schwierige und dabei die Leidenschaften im Volke infolge einer unerhörten Ver— hetzung so erregende Angelegenheit zum . zu bringen. Noch gestern haben, wir der Regierung und den Regierungsparteien mit unseren Anträgen einen Weg gezeigt, auf dem man zu einer gesetz—⸗ lichen Regelung dieser Frage in diesem hohen Hause hätte kommen können. Indem wir unsere grundsätzlichen Bedenken gegen die Ein— griffe in den Rechts- und Eigentumsbegriff zurückstellten, beseitigten wir gleichzeitig den verfassungsändernden Charakter des Gesetzes, so daß es in der bon uns vorgeschlagenen Fassung mit einfacher Mehrheit hätte angenommen werden können, ir werden heute; wir haben noch keine Erklärung, weder vom Reichskanzler noch den Regierungsparteien gehört, wie sich die Regierung und die Regierungspartelen zu unserem Antrag stellen werden. Bis jetzt, das müssen wir leider feststellen, haben die Reg erungsparteien die rundsätzliche Bedeutung und den praktischen Wert unserer Vor⸗ chläge nicht anerkennen können, sie haben nach wie vor geglaubt, das Gesetz nur mit der Sozialdemokratie verabschieden zu dürfen. Aus diesem Motiv haben die Regierungsparteien der Sozlal= demokratie weitgehendes K gezeigt. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Der Kompromißanktrag der Regie⸗ rungsparteien hat den Auffassungen und Wünschen der Sozfal— demokratie in weitgehendem Maße Rechnung getragen. Im Rechts⸗ ausschuß ist man weit über die Regierungsvorlage hinausgegangen und hat der Sozialdemokratie immer neue, weitgehende! Kon—⸗ zessionen gemacht. Der Sozialdemokratie ist auch das Anerbieten gemacht worden, daß, falls das Gesetz gegen uns nicht angenommen würde, aufgelöst werden soll. Dieses ntgegenkommen ist der Re⸗ gierung von den Sozialdemokraten schlecht gedankt worden. Jedes Entgegenkommen hat neue Forderungen und neue Bedingungen der ö hervorgerufen, bis gestern Ihr ablehnender Beschluß mit 72 gegen 388. Stimmen erfolgt ist. Für uns geht diese Sache weit über die parteipolitische Seite hinaus. Wir haben durch unseren Antrag zu erkennen gegeben, daß wir auch weiterhin zu einer Regelung bereit sind. Wird aber unser Antrag abgelehnt, dann sind. wir einmütig gegen das Gesetz. Wir halten eine der artige Lösung für unmöglich. Wir überlassen Ihnen (Gu den
Regierungsparteien) die Verantwortung für alles dasjenige, was
abwarten, auch
sich weiter aus dieser Frage ergeben wird. Was soll nun weiter i. Wenn unsere Anträge abgelehnt werden, so wird auch das Gesetz abgelehnt werden. Dann hat auch das Sperrgesetz keine d, , r. Wir stehen auch dem Sperrgesetz ablehnend genüber, das nach unserer Auffassung nach wie vor als ver⸗ . ungsändernd anerkannt werden muß, weil es Artikel 105 der . widerspricht, wonach jemand seinem r,, . Richter nicht entzogen werden darf. Mit diesem Ausgang der gesetzgeberischen Aktion ist aber nach unserer Auffassung die Not⸗ wendigkeit einer fachlichen Regelung der Frage keineswegs er⸗ schöpft. Gerade wir als Träger des monarchischen Gedankens iwünschen, daß eine Regelung erfolgt. Zu diesem Zweck halten wir es für erforderlich, daß die preußische Regierung mit dem reußischen , n einem Vergleich kommt, der den An⸗ n , von Billigkeit und Gerechtigkeit entspricht. Der während der Verhetzung der letzten Woche wiederholt erhobene Vorwurf, daß das preußische Königshaus sich aller Rücksich auf die Notlage des Landes unzugänglich erwiesen habe, ist unwahr. Schon bei dem Vergleich, dem der sozialdemokratische Minister in Preußen ugestimmt hatte, hat das Königshaus rechtliche Ansprüche, die es chon vor Gericht durchgesetzt hatte, in größtem Umfange preis⸗ gegeben. Die Vertretung des Königshauses ist auch bereit gewesen, in neue Verhandlungen auf einer bindenden Grundlage ein⸗ zutreten. Obwohl diese Bereitwilligkeit der preußischen Regierung in allen Stadien der Verhandlung bekannt sein mußte, ist sie do auf Ablehnung gestoßen. Diese Bereitwilligkeit des Vertreters des Königshauses besteht auch für die Folge fort, und es liegt allein an der preußischen Regierung und dem preußischen Landtag, wenn eine Vereinigung zwischen dem preußischen Staat und der preußischen Krone nicht zustande kommt, und die Lösung ver⸗ hindert wird, die geeignet wäre, endlich diese Hetze, diesen Streit und diese , der Leidenschaften zu beenden, und die Möglichkeit der Weiterarbeit zu verschaffen, die unerläßlich ist. Den Sozialdemokraten möchte ich sagen: ein großer Aufwand ist von Ihnen nutzlos vertan. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Ab⸗ warten! Lärm.) Ein Ende werden Sie ja nicht machen. (Zwischen⸗ rufe links. Gegenruf rechts: Judenfrechheit! Es ist Ihnen ja nicht zu tun um Recht und Gerechtigkeit (lachen links), sondern um andere Dinge, darum, dem deutschen Volke den monarchischen Gedanken, der trotz allem fest besteht (Beifall rechts), auszutreiben, es geht Ihnen in erster Linie darum, der Nevolution der Massen eine weitere Folge zu geben. k links) Ihre Zwischen⸗ rufe beweisen mir nur, daß ich recht habe. Sie wollen die Auf⸗ lösung und den Wahlkampf, den Herr Wels als Forderung der sozialdemokratischen . vorgetragen hat, und von dem ich anerkennen will, daß er vielleicht von einem Teil der Sozial⸗ demokraten wirklich gewünscht wird. Seien Sie überzeugt, daß wir nach wie vor diesen Kampf aufnehmen. (Stürmische Rufe links: Auflösung! Auflösung!) Die Regierungsparteien stehen vor einem recht großen und deutlichen Mißerfolg ihrer Politik der letzten Wochen. Ich will über die Gründe für diesen Mißerfolg mit ihnen nicht echten. Ich weiß, daß Sie es sich selbst überlegen werden, ob der Weg der richtige gewesen ist, ob Sie noch immer den Versuch machen sollen, mit der Sozialdemokratie eine Regierungs⸗ gemeinschaft zu machen. Wir sind in den letzten Wochen und heute nur in unserer Auffassung bestärkt worden, daß nur ohne und gegen die Sozialdemokratie in Deutschland überhaupt regiert weren kann. (Lärm bei den Sozialdemokraten.) Der jetzige Kampf ist nur ein Glied einer größeren Kette, eine Etappe auf dem Wege. zur neuen Revolution. (Hu, hu! bei den Sozialdemokraten.) Gegen diese vevolutionäre Gefahr müssen alle, die auf dem Boden der Staats- und Gesellschaftsordnung stehen, sich zusammenschließen, um Deutschland vor der Gewalt zu retten. Bei diesem Zusammen⸗ schluß sind wir trotz der Erfahrungen, die wir in letzter Zeit haben machen müssen, überzeugt, daß diese Stunde kommt. (SLebhafter Beifall recht; Zischen links; Rufe links: Auflösen! Auflösen!)
Reichskanzler Dr. Marx: Meine Damen und Herren! Da nach den Darlegungen der beiden Herren Vorredner namens der beiden Flügelparteien feststeht, daß die beiden genannten Parteien das Gesetz in der Schlußabstimmung ablehnen werden, habe ich namens der Reichsregierung folgende Erklärung abzugeben:
Die Regierung legt auf die Weiterberatung des Gesetzentwurfs
keinen Wert mehr und zieht den Gesetzentwurf zurück. (Große Heiterkeit. Lachen und stürmische Zurufe auf der äußersten Linken. Andauernde große Unruhe. Glocke.)
Die Regierung sieht sich zu ihrem lebhaftesten Bedauern der Tatsache gegenüber, daß der Reichstag bisher nicht imstande ge⸗ wesen ist, die außerordentlich wichtige und das Volk in allen seinen
eilen aufregende Frage der Auseinandersetzung zwischen den Ländern und den ehemaligen Fürstengeschlechtern gesetzgeberisch zu lösen. Sie erwartete auf das bestimmteste, daß der vorliegende Entwurf aus den in ihm liegenden gewichtigen sachlichen Gründen doch schließlich mit Zweidrittelmehrheit Gesetz werden würde. Falls diese Erwartung infolge des Verhaltens nur einer der Flügel⸗ parteien sich nicht erfüllt hätte, hatte das Kabinett einstimmig be⸗ schlossen, vom Herrn Reichspräsidenten die Auflösung des Reichs⸗ tags zu erbitten. Nachdem aber beide Flügelparteien (große Heiterkeit) gegen die Annahme des Gesetzentwurfs gestimmt haben, kann eine Auflösung des Reichstags keine Klärung mehr bringen.
(Lachen und Zurufe von den Kommunisten. Andauernde große Unruhe.) .
Das Kabinett hat ferner die Frage der Demission eingehend erörtert und wor zu dem Entschluß gekommen, dem Herrn Reichs präsidenten die Aemter zur Verfügung zu stellen. Von diesem Entschluß hat die Reichsregierung mit Rücksicht auf den ihr zu— gegangenen dringenden Wunsch des Herrn Reichspräsidenten Ab⸗ stand genommen (Bravo! rechts), der aus innen-wie außen⸗ politischen Gründen einen Rücktritt der Reichs regierung für untunlich erachtet. (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.) .
Die Reichsregierung kann ihrerseits die Initiative zu einer Regelung der Frage im Wege der ordentlichen Gesetzgebung nur dann wieder ergreifen, wenn die politische Lage die parlamen⸗ tarischen Voraussetzungen dafür schafft. (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien. Wiederholte Rufe von den Kommunisten: Abtreten! Große Heiterkeit.)
Präsident Löbe: Damit ist die Weiterberatung des von der Regierung zurückgezogenen Gesetzentwurfs erledigt. Wir fahren in unferer Tagesordnung fort. Das Wort zur Tages⸗ ordnung hat der Abgeordnete Stoecker. (Große Heiterkeit.)
Abg. Stoecker (Komm.): Der Minister Külz hat vor drei Tagen erksärt, daß die Reichsregierng aus der Ablehnung der Vorlage alle Konfequenzen ziehen werde, (Ungeheurer Lärm) Die Reichsregierung hat sich mit ihrer Erklärung in den krassesten Widerspruch gesetzt (fortgesetzter großer Lärm), auch in Widerspruch gesetzt mit der großen Mehrhest der deutschen Arbeiter daußen, die die restlose Enteignung der Fürsten gefordert haben. (Der außerordentlich starke ärm im ganzen Hause zeigt, daß das Haus den Redner nicht mehr hören will. Der Redner ruft dem Hause
zu, Ihr Affengebrülll Er wird dafür vom Präsidenten Löbe zur Drönung gerufen. Der Präsident bemerkt außerdem, daß der Ab⸗
georbnefe Stoecker bisher . zur Tagesordnung, sondern zur sᷣ be. Er fordert ihn auf, zur Tages⸗
politischen Lage gesprochen ha ; i . bronung zu sprechenn) Der Redner fährt fort: Ihr Gebrüll zeigt nur die Angst vor den Wählern, Sicherung des Raubes der Fü
vom 1. Juli ab gelten.
vor der Abrechnung wegen der sien. Wenn die Regierung Marx
Präsident Löbe entzieht dem Abgeordneten Stöcker das Wort und teilt dann mit, daß Abgeordneter Stöcker ein Miß⸗ trauensvotum gegen die Regierung beantrage.
Abg. von Gräfe (Völk) betont, daß der Eindruck nicht schön sei, wie hier im Hause zum Ausdruck gebracht werde, wie vielen ein Zentnergewicht vom Herzen falle.
Gegen die Beratung des Mißtrauensantrags im Laufe der heutigen Verhandlungen wird Einspruch erhoben. Der Antrag ist dadurch erledigt. (Zuruf rechts: Ein großer Auf⸗
wand schwächlich ward vertan! — Heiterkeit.)
Es folgt die dritte Beratung des Entwurfs eines weiteren von , ,
Gesetzes über die Aussetzung , tz). Danach wird das Gesetz über die Aus⸗ tzung der Rechtsstreitigkeiten über die Auseinandersetzung mit den ehemals regierenden Fürstenhäusern bis zum 31. De⸗ zember 1926 verlängert. Die Abstimmung ist namentlich. Das Gesetz wird mit 333 Stimmen der Regierungsparteien und der Kommunisten gegen 17 Stimmen — darunter die der Völkischen — bei 97 Enthaltungen der Deutschnationalen angenommen. Präsident Löbe stellt fest, daß das Gesetz mit der verfassungsmäßigen Zweidrittelmehrheit angenommen ist. (Beifall bei den Regierungsparteien.) Es folgt die zweite Beratung des vom Abg. Tremmel (Zentr.,) eingebrachten Entwurfs über Abänderung des Reichsmietengesetzes in Verbindung mit dem Antrag Dr. Scholz (D. Vp.), betr. Aufhebung des Reichs mietengesetzes. Der Ausschuß hat den Antrag Tremmel im wesentlichen angenommen. Die Hauptbestimmung darin ist Umlagever— pflichtung des Mieters für die Kosten baulicher Verände⸗ rungen, die den Gebrauchswert erhöhen und nicht als In⸗ stan ö anzusehen sind, auch nicht aus der gesetz⸗ lichen Miete ohne Beeinträchtigung der ordnungsmäßigen Be⸗ wirtschaftung bezahlt werden können. Der Mieter oder die Mehrheit der Mieter muß seine Zustimmung zu den baulichen Veränderungen gegeben haben. Die Bestimmungen sollen Den Antrag Scholz beantragt der Ausschuß für erledigt zu erklären. Nach kurzer Debatte, an der sich die Abgeordneten Lucke (Wirtschaftl. Vereinig ), Mentzel (D. Nat.), Höllein (Komm.), Tremmel (Zentr.) beteiligen, werden die von den Abgeordneten Lucke und Mentzel gestellten Abänderungs⸗ anträge abgelehnt und der , luß angenommen, der nur insoweit geändert wird, daß an Stelle des 1. Juli der 15. Juli tritt. Der Antrag Tremmel wird auch in dritter Lesung und in der Kö angenommen. Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) befürwoetet hierauf folgenden, von allen Parteien, mit Ausnahme der Kommunisten, ein⸗ gebrachten Antrag: „Die Reichsregierung zu ersuchen, zur För— derung einer Reichskunstwoche im Benehmen mit den Ländern einen angemessenen Betrag in den Nachtragshaushalt 1926 ein⸗ zusetzen.“ Redner hebt die kulturelle Bedeutung der Kunst auch für die internationalen Beziehungen der Völker herbor. Auch werde die Kunstwoche den notleidenden Künstlern zugute kommen.
Staatssekretär Schulz führt aus, daß bereits mit den Ländern Verhandlungen schwebten, wie man den Künstlern helfen könne und äußert sich zustimmend zu den Tendenzen des Antrages.
Abg. Dr. He uß (Dem) gibt der Hoffnung Ausdruck, daß der Reichstag die Mittel einmütig bewilligen werde. Hoffentlich werde die Reichsregierung die Kunstwoche zum Anlauf der Einleitung einer umfassenden Kunstpolitik nehmen.
Der Antrag wird einstimmig angenommen.
Der k. über die Verlängerung der Amts⸗ dauer der Beisitzer der Gewerbegerichte und der Kaufmannsgerichte wird in allen drei Lesungen angenommen. Die Verlängerung erfolgt bis zum Inkraft⸗ treten des Reber n erich feen mn, längstens bis zum 31. De⸗ zember 1927.
Hierauf folgt die zweite Beratung der Anträge, betr. Abänderung des Handelsgesetzbuches (Ver⸗ längerung der Kündigungsfrist für ältere Angestellte), Er⸗ werbslosigkeit der älteren Angestellten und Unterbringung erwerbsloser Angestellten, sowie des Antrags, betr. Er⸗ werbslosigkeit und Entlassungen bei der Reichsbahn. Der Ausschuß schlägt zu diesen Fragen Entschließungen vor, die die Regierung zu gesetzgeberischem Vorgehen auffordern. In Verbindung damit wird die Re⸗ ierungsvorlage beraten, wonach die Kündigungsfrist
ür ältere Angestellte (über 40 Jahre), die der An⸗ gestelltenversicherung unterstehen, verlängert wird.
Abg. Torgler (Comm) erklärt, daß nichts besser das 5 der bürgerlichen Parteien kennzeichne, wie die Behandlung der älteren Angestellten. Nachdem im Unterausschuß alle Parteien sich über ein Programm geeinigt hatten, hätten die bürgerlichen Parteien dann einen vollständigen Rückzug angetreten und die älteren Angestellten wieder im Stich gelassen. Der Redner befür⸗ wortet einen kommunistischen Gesetzentwurf über den Schutz der älteren Angestellten, der sich im wesentlichen auf das Programm des Unterausschusses stützt.
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat in seiner Art eben von der „lächer⸗ lichen“ Vorlage der Regierung geredet. Die Fassung, welche der Regierungsentwurf auf Nr. 2581 des Gesetzes über die Erhöhung der Kündigungsfrist für ältere Angestellte erhalten hat, entstammt einem früheren Stadium der Erörterungen über die Frage und beruht auf einem einstimmigen Gutachten des Reichswirtschaftsrats. Wir haben auf diesem Gutachten gefußt und daran nichts mehr geändert, weil wir den Entwurf möglichst schnell dem Kabinett und dem Reichsrat unterbreiten wollten, um eine baldige Erledigung der Frage möglich zu machen. . ö
Es sind nun gegenüber dieser Fassung des Regierungẽentwurft eine Reihe von Abänderungsanträgen eingegangen, ein solcher der Regierungsparteien auf Nr. B63 und auch Abänderungeantrãge von seiten der sozialdemokratischen und kommunistischen Partei. Dazu möchte ich folgendes wenigstens grundsätzlich bemerken.
Die Reichsregierung ist zu allen Maßnahmen bereit, die geeignet sind, die Notlage der älteren Angestellten wirklich zu lindern. Wir gehen infolgdessen auch eins mit den Anregungen des Sozialen Aus · schusses, die in dem mündlichen Bericht auf. Drucksache 2492 wieder⸗ gegebn worden sind. Vor allem wollen wir dafür sorgen, daß die Anwartschaften in der Sozialversicherung unbedingt erhalten werden. Es ist aber bei all diesen Maßnahmen, die hier in Frage kommen, zu beachten, daß eine Ueberspannung des Kündigungsschutzes leicht in das Gegenteil des Benveckten umschlagen und durch Erschwerung der Einstellung die älteren Angestellten sogar schädigen kann. Aus diesem Grunde halte ich besonders auch eine Gleichstellung der älteren Angestellten bezüglich des Kündigungsschutzes mit den Mitgliedern der Betriebsbertretung oder die Einführung einer gewissermaßen lebens—
verhältnis, für unmöglich und in der Praxis für schädigend für die Angestellten.
Aehnlich liegt es auch mit der Frage des Einstellungszwanges. Ich glaube, man wird auch über die Zweckmäßigkeit eines solchen Vorschlages sehr verschiedener Meinung sein können. (Sehr richtigl rechts) Die Anträge der Regierungsparteien auf Nr. 1553 scheinen mir die Grenze des möglichen Schutzes gerade noch einzuhalten, so sehr auch diesen Anträgen gegenüber im einzelnen schon Bedenken bestehen können. (Sehr richtig! im Zentrum)
Dagegen möchte ich bitten, weitergehende Anträge abzulehnen, und ich glaube, diese Bitte im Interesse der Angestellten stellen zu dürfen. (Zuruf von den Kommunisten) Ja, darüber kann man ganz verschiedener Meinung sein. (Sehr wahr! bei den Kommu⸗ nisten. Man braucht nicht unbedingt die Ansicht der Kommunisten zu teilen.
Meine Herren, ich glaube aber, daß zu den Anträgen auf Nr. 2553 eine Klarstellung notwendig ist. Da heißt es nämlich im § 3:
Kündigungen, die zwischen dem 15. Mai 1936 und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mit kürzerer als der im § 2 Absatz 1 vorgesehenen Frist ausgesprochen sind, gelten als mit dieser Frist erfolgt.
Die Bezugnahme des Wortes „dieser“ könnte zweifelhaft erscheinen. Es bezieht sich natürlich auf die letztgenannten Bestimmungen; ge—
mneint sind die Fristen des S 2; die Fristen dürfen nicht kürzer sein
als die im 8 2 borgesehenen. Damit dürfte auch diese Frage geklärt sein.
Abg. Aufhäuser (Soz) begründet die sozialdemokratischen Anträge. Danach sind u. a. folgende Mindestkündigungsfristen innezuhalten: von 5 Dienstjahren an 3 Monate, von 10 Dienst— jahren an 6 Monate zum Schluß eines Kalenderjahres. Nach 20 Dienstjahren darf Angestellten nur bei Vorliegen eines wich— tigen Grundes gekündigt werden. Ferner soll bei Kündigungen von Angestellten durch den Arbeitgeber eine Abgeltung entrichtet werden, die bei einer dreijährigen Dauer der Zugehörigkeit zu dem Betriebe der Unternehmung oder der Unternehmungsgruppe ein Monatsgehalt, nach je zwei weiteren Jahren ein weiteres Monats⸗ gehalt beträgt.
Abg. Thiel (D. Vp.): Der Vorwurf, daß die Angestellten⸗ vertreter in den bürgerlichen Parteien gegen die Interessen der An⸗ gestellten Stellung genommen hätten, ist unbegründet, denn wir mußten aus realpolitischen Gründen wenigstens daz vertreten, was heute schon durchzusetzen ist. Es ist übrigens e dg daß haupt⸗ fächlich die älteren Angestellten abgebaut worden sind. Wir sind da gegen, daß Angestellte, die noch im Betriebe gehalten werden könnten abgebaut werden. Eine große Anzahl von Kaufmannggerichten hat sich unserer Stellungnahme angeschlossen. Die ganze Frage ist also der Prüfung durch das Reichsarbeitsministerium dringend bedürftig. Abg. Schneider-⸗Berlin (Dem.): Wir kurieren hier nur an den Symptomen herum. Der Abbau der älteren Angestelllen muß verhindert werden. Von 33 abgebauten Angestellten eines großen Unternehmens waren 19 über vierzig Jahre alt, und Leute mit dreißig und mehr Jahren Dienstzeit haben eine Abgeltung von nur 1500 „60 erhalten. Mit der Vorkage schützen wir nur die in Stellung be⸗ indlichen älteren Angestellten; diejenigen, die schon ohne Stellung 3 müssen durch einen Wiederanstellungszwang versorgt werden, wie wir ihn beantragt haben. Die Lage der Angestellten, die die Träger des Warenumlaufs sind, wird noch verschlimmert, wenn der Warenumlauf durch Handelsverträge noch beschränkt wird.
Die Vorlage wird in der Fassung der Abänderungs—⸗ anträge der Regierungsparteien in der zweiten und sofort auch in der dritten Lesung angenommen. Danach wird zum Schutze von Angestellten, die nach dem Versicherungsgesetz für An⸗ gestellte versicherungspflichtig sind, bestimmt: .
„Ein Arbeitgeber, der in der Regel mehr als zwei Angestellte ausschließlich der Lehrlinge beschäftigt, darf einem Angestellten, den er oder seine Rechtsborgänger mindesteng fünf Jahre beschäftigt haben, nur mit mindestens drei Mongten Frist für, den Schluß eines Kalendervierteljahrs kündigen. Die Kündigungsfrist, erhöht sich nach einer Beschäftigungsdauer von zehn Jahren auf fünf Mongte und nach einer Beschäftigungsdauer von zwölf Jahren auf sechs Mongte. Bei der , der Beschäftigungsdauer werden Dienstjahre, die vor Vollendung des 25. Leben ssahres liegen, nicht berücksichtigt. Die nach Absatz 1 eintretende Verlaͤngerung der K nöigungẽfrist des Arbeitgebers gegenüber dem . berührt, eine vertraglich bedungene Kündigungsfrist des Angestellten, gegenüber dem Arbeit geber nicht. Unberührt bleiben die Bestimmungen über fristlose Kündigung.“ .
Es folgt die erste Beratung des von den Regierungs- arteien eingebrachten Gesetzentwurfs über Aenderung des
esetzes zur Abänderung des Gesetzes über Ein⸗
stellung des Personalabbaues und Aende⸗ u ng der Personalabbauverordnung. Durch den Entwurf wird das Gesetz bis zum 31. Dezember ver— längert. Der Gesetzentwurf wird nach kurzer Aussprache in allen drei Lesungen angenommen.
Es folgt die 36. ,,, von den Abgeordneten von Gräfe, Dr. Be st und Genossen (Völk) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aenderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof. Nach dem Entwurf oll über die Zurückweisung eines Volksentscheids nicht die
egierung, sondern nur der Staatsgerichtshof entscheiden.
Abg. Ir Be st (Völk) begründet den Antrag: Gerade in einer Demokratie müffe das Volk über wichtige Fragen im Wege eines Volksentfcheids selber bestimmen können. Vor allem die vom Stogte enteigneten Sparer hätten ein begründetes Anrecht hierauf. Die Frage ö. einfach die. Will man der Willkür freien Lauf lassen oder einen Riegel vorschieben? . 365
Die Vorlage wird dem Rechtsausschuß überwiesen.
Es folgt die zweite Beratung des von den Abgeordneten Dr. Frick und Genossen Völk eingebrachten Gesetzentwurfs zur Ergänzung der Reichsverfassung dahin, daß auch Einzelperfonen die Behauptung, durch die Tätigkeit einer Behörde in ihrem Recht unter Verletzung dieser Ver⸗ fassung eschẽdigt zu sein, ihre Beschwerden vor den Staats⸗ gerichtshof bringen können.
Der Ausschuß beantragt Ablehnung des Antrages. Der Abg. Dr. Ro fen feld (Soz.) begründet einen sozialdemo— kratischen Aenderungsantrag auf Erlaß eines Gesetzes iiber das Vereinsrecht, wonach das Verbot oder die Auflösung einer Versammlung im Wege des Verwaltungs streitverfa hren an⸗ gefochten werden kann. Dieser Abänderungs anttag wird ab⸗ gelehnt. Der Ausschußantrag wird angenommen.
Die Vorlage über die vorläufige Anwendu 18 von Wirtschaftsabtommen (Ermächtigung der Re⸗ gierung, mit anderen Staaten abgeschlosßene Virtschaftẽ⸗ abkomnien vorläufig für drei Monate in Kraft zu setzen) wird in zweiter und dritter Lesung und in der Schluß adstimm ung endgültig angenommen, ebenso der Gesetzent wurf zu Aug— hebung des Reichsgesetzes über die Schutzpolizei der Sanden
Der vom Abgeordneten Siller (D. Nat.) eingebrachte Gesetzentwurf über Abänderung des Gesetzes ider den Ge 18
entwertungsausgleich bei dedanuten Srund-
etzt die Dinge einfach laufen läßt, so stellt sie sich schützend vor
n großen Volksbetrug.
länglichen Stellung, also die Schaffung einer Art von Beamten⸗
st ü cken wird dem Steuerausschuß überwiesen.