.
k ;;; 777
Fall ist das so weit von Unsinn entfernt wie die Ziegelsteine von er Biologischen Reichsanstalt. Die Produktion davon hat wirklich richts damit zu tun, denn die Ziegelsteine müssen aus Lehm ge⸗ drannt werden und eventuell aus Sand, denn sonst sind sie nicht zerzustellen. Wäre das Hauszinssteuergesetz bereits im März ver⸗ abschiedet worden, dann würde jedenfalls unsere Baukonjunktur nit erheblich größerem Nachdruck in Schwung gekommen sein. Sehr richtig! links und im Zentrum) Deswegen bedauere ich ebenso wie der Herr Abgeordnete Sabath, daß wir in der gegen⸗ värtigen Zeit einen Bauarbeiterüberschuß haben. Der ist aber in allererster Linie auf diesen Umstand zurückzuführen. (Sehr richtig! im Zentrum und links.)
Erfreulicherweise hat sich die Frage der ersten Hypo⸗ theken viel günstiger entwickelt, als wir noch im Winter an⸗ nehmen konnten. Der Hypothekenmarkt ist deswegen flüssiger ge⸗ vorden, weil erstens die Industrie nicht an den Geldmarkt heran⸗ kommt, weil sie kein Kapital investiert, und weil zweitens die Landwirtschaft ihren Kreditbedarf in erheblichem Umfange durch die Golddiskontbank, die Rentenbank decken kann und deswegen auf die Bankkapitalien nicht in dem Umfange zurückzugreifen braucht. Deswegen hat sich die Frage der ersten Hypotheken erfreulicher entwickelt, als noch im Winter vorausgesehen werden konnte. Aber glaubt denn jemand von Ihnen ernsthaft, die Leute, die bereit sind, hre Kapitalien als erststellige Hypotheken zu geben, würden auch vereit sein, sie als zweitstellige Hypotheken zu geben? Das ist doch ausgeschlossen, meine Herren. Versuchen Sie es doch einmal, ob Zie auf dem freien Markt eine zweitstellige Hypothek bekommen! kein Mensch denkt daran, dazu sein Geld herzugeben. (Zuruf bei zer Wirtschaftlichen Vereinigung: Zwangswirtschaft!) — Das hat Fritz Reuter schon gesagt, die Armut käme von der großen Powerteh jer. (Große Heiterkeit, Das hat er schon 100 Jahre vor Ihnen jerausbekommen, dazu brauchte er auf Sie nicht zu warten. Auf jeden Fall war er gescheiter, denn sonst wäre er nicht 100 Jahre vor Ihnen schon so schlau gewesen. (Große Heiterkeit, Es muß aber festgestellt werden, daß das mit der Zwangswirtschaft nicht das geringste zu tun hat. Die Frage der zweiten Hypotheken hat höchstens mit der Kapitalbildung etwas zu tun, und wie ohne die Zwangswirtschaft eine größere Kapitalbildung vor sich gegangen wäre, das hat bisher noch kein Gelehrter feststellen können, es sei denn der Herr Abgeordnete Haase von Liegnitz. Schallende Heiterkeit.)
Die ganze Finanzierungsfrage ist insbesondere eine Frage der jweiten Hypotheken. Daran kommen wir nicht vorbei. (Zuruf bei zer Wirtschaftlichen Vereinigung: Geldmarktfrage) — Geldmarkt— frage? Ich weiß nicht, ob das etwas anderes ist als eine Finan⸗ zierungsfrage. Das kann ich im Augenblick nicht feststellen, das iberlasse ich allergnädigst Ihnen, das festzustellen. Geiterkeit.) Deswegen bedauere ich selbstverständlich vom Standpunkt des Wohnungsbaues außerordentlich, daß in die Hauszinssteuervorlage so viel entlastende Momente hineingekommen sind, die natur⸗ gemäß das Ergebnis der Hauszinssteuer ganz erheblich beein— fussen müssen. Das kommt naturgemäß doch nicht nur für den steuerlichen Betrag in Frage, sondern in ebenso großem Umfange auch für denjenigen Betrag, der für Neubauten zur Verfügung Jestellt werden kann. Es ist in absehbarer Zeit nicht möglich, die Frage der zweiten Hypotheken auf einem anderen Wege zu lösen als durch die Zurverfügungstellung von öffentlichen Geldern. Deswegen bitte ich alle diejenigen, denen an einer Förderung des Wohnungsbaues gelegen ist, die Dinge doch einmal auch von diesem Standpunkt zu betrachten. Ich bin fest davon überzeugt, daß sie zu demselben Ergebnis kommen. Auf eine andere Art und — ist die Frage des Wohnungsbaues nicht zu lösen.
Die Erwerbslosenfrage beschäftigt selbstverständlich fortgesetzt das Wohlfahrtsministerium. Das kann aber mit dem besten Willen kein Geld ausgeben, das ihm der Finanzminister nicht zur Verfügung stellen kann. Ich bitte daher, entsprechende Beträge in den Etat für die produktiven Maßnahmen einzusetzen. Sie können versichert sein, daß wir dann bestrebt sein werden, im Verein mit den Kommunen und den kommunalen Verbänden gerade die Frage der produktiven Erwerbslosenfürsorge so energisch wie nur irgend möglich zu fördern. Das kann ich aber nur, wenn der Herr Finanzminister mir entsprechende Mittel zur Verfügung stellen kann. All diese Dinge sind bisher nicht daran gescheitert, daß nicht genügend Objekte vorbereitet waren, sondern einzig und allein an der finanziellen Frage. Meiner Ansicht nach sollten sich alle Parteien, die an der Lösung dieses Problems ein Interesse haben, die Frage vorlegen: Wie ist es möglich, von den finanziellen Mitteln größere Beträge für die produktive Erwerbslosenfürsorge zur Verfügung zu stellen? Das ist meiner Ansicht nach auf diesem Gebiete das einzige, was in Frage kommen kann. Wir haben mit den Kommunen eine Anzahl von wohl auch dem Herrn Abgeord⸗ neten Sabath nicht unbekannten Maßnahmen gerade für die Für⸗ sorge für die erwerbslose Jugend durchgeführt. Wir haben eine ganze Reihe von Fürsorgemaßnahmen bereits durch⸗ geführt und sind bestrebt, auch diese Sache weiter auszubauen, weil
auch wir davon überzeugt sind, daß gerade die Frage der erwerbs⸗ losen Jugendlichen eins der brennendsten Probleme ist. Wir haben im Westen zum Teil junge Leute, die seit ihrer Schulentlassung noch nicht gearbeitet haben, weil sie einfach keine Stellung be⸗ kommen können. Auf eine offene Stelle kommen dort 50 Bewerber. Sie können sich denken, wie dort die Verhältnisse liegen. Wir sind über die Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit dieses Problems mit dem Herrn Abgeordneten Sabath durchaus einig und gern bereit, auf diesem Gebiet zu tun was mit den vorhandenen Mitteln irgend getan werden kann.
Bezüglich der Tabakarbeiter möchte ich folgendes fest⸗ stellen. Wo das Tabakgesetz nicht beachtet worden ist, haben wir eingegriffen und für seine Beachtung gesorgt. Wo es trotzdem noch nicht beachtet wird, bitten wir, es uns mitzuteilen. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß unser Eingriffsrecht nur beschränkt ist, weil hier in weitem Umfange den Tabakarbeitern und ⸗-indu— striellen Selbstverwaltung zugestanden worden ist. Wir können also auf diesem Gebiete nicht viel tun. (Zurufe.) — Für das, was der Herr Reichsfinanzminister tut, bitte ich, mich nicht verantwort— lich zu machen.
Ich sage gern dem Herrn Abgeordneten Koennecke für seine freundlichen Worte, die er zur Sportfrage gesprochen hat, herzlichen Dank. Wir gehen mit ihm auf diesem Gebiet durchaus konform und sind bestrebt, den Sport, den auch wir als außer⸗
auch hier mit den vorhandenen Mitteln auskommen und sind für jede Erhöhung unseres Fonds, die der Landtag durchsetzen kann, durchaus dankbar und gern bereit, sie im Verein mit den Ver⸗ tretern des hohen Hauses in bestmöglicher Weise anzuwenden. Wir haben uns auf diesem Gebiete heute bereits wieder in der inter⸗ nationalen Welt einen Platz mit unserer Sportbewegung erobert, die eine beachtliche Höhe hat, und sind gern bereit, wenn uns die nötigen Mittel zur Verfügung stehen, die heute noch vielfach divergierenden Bestrebungen der deutschen Sportbewegung mög⸗ lichst einheitlich zusammenzubringen, eine möglichst einheitliche Zu⸗ sammenarbeit herbeizuführen, um die Gewähr dafür zu haben, daß unser heranwachsendes Geschlecht auch in einer schweren Zeit in einem gesunden Körper einen gesunden Geist, Heimatliebe und Vaterlandsliebe wirklich empfängt, die für die Jugend und wirt⸗ schaftliche Entwicklung unseres Vaterlandes unerläßliche Voraus⸗ setzung ist. (Bravo!)
200. Sitzung vom 7. Juli 1926, mittags 12 Uhr.
(Bericht des Nachrichkenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.) Abg. Dr. Maretzki (D. Nat) beantragt die sofortige Be⸗ ratung einer Großen Anfrage seiner Partei, ob das Staats⸗ ministerium bereit sei, gegen die linksradikale Agitation einzuschreiten, die namentlich von Roten Front⸗ kämpfern besonders in der letzten Zeit betrieben werde und an verschiedenen Stellen des Landes die bürgerlichen Kreise ein⸗ schüchtern wolle. Es müßten grundsätzliche , von der Polizei zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Srdnung ergriffen werden, um die verfassungsmäßig gewährleistete Freiheit zu sichern. (Andauernder Lärm bei den Kommunisten.“ Der rote Terror werde sogar von manchen Beamten zwar versteckt, aber um so rücksichtsloser gestützt. (Sehr wahr! rechts — Lärm links — Rufe bei den Kommunisten: Ihr seid wohl noch besoffen, Ihr Schnapsbrüder!.
Abg. Kilian Gom.) betont, daß doch absolut feststehe, daß in Deutschland nicht die roten Frontkämpfer ihr Unwesen trieben, sondern die schwarz⸗weiß⸗roten Radaubrüder. Trotzdem würden die Kommunisten für die sofortige Behandlung der Anfrage ein⸗ treten, um die Situation zu klären.
Die sofortige Behandlung der deutschnationalen Anfrage scheitert geschäfksordnungsmäßig am Widerspruch des Ab⸗ geordneten Heilmann (Soz.).
Das Haus tritt in die Tagesordnung ein. Nach Erledi⸗ gung von Eingabenberichten. gelangt eine Große Anfrage der Regierungsparteien zur Beratung, ob die Berufung des Reichskanzlers a. D. Dr. Luther in den Ver⸗ waltungsrat der Reichsbahn mit Einverständnis des Staatsministeriums erfolgt ist und, falls nicht, welche Schritte das Staatsministerium zu unternehmen gedenke, um die bei Besetzung dieses Postens dem Lande Preußen zu⸗ stehenden Rechte zu wahren.
Zur Beantwortung der Großen Anfrage erhält Minister⸗
präsident Braun das Wort: Ministerpräsident Braun: Meine Damen und Herren! Ich habe in der allgemeinen Besprechung bei der dritten Beratung des Haushalts hier in diesem Hause auf eine Reihe von Differenz⸗ punkten hingewiesen, die zwischen der Reichsregierung und der Preußischen Staatsregierung bestehen, unter anderm auf die Diffe⸗ renzen, die daraus resultieren, daß die Reichsregierung glaubte, dem Vorschlag der Preußischen Staatsregierung für die Besetzung der durch den Tod des Kommerzienrats Arnold freigewordenen Stelle im Verwaltungsrat der Reichsbahngesellschaft nicht zu⸗ stimmen zu können. Ich habe nach dieser Verhandlung hier im Landtag eine Unterredung mit dem Herrn Reichskanzler gehabt, in der alle diese Differenzpunkte noch einmal eingehend erörtert wurden; insbesondere war auch die Frage des Verwaltungsrats der Reichsbahngesellschaft Gegenstand ganz eingehender Erörterung. Ich habe bei dieser Besprechung noch einmal den Vorschlag Preußens in rechtlicher und persönlicher Hinsicht begründet und darauf hin⸗ gewiesen, daß die Preußische Staatsregierung bei ihrem Vorschlag bleiben muß. Der Herr Reichskanzler hat mir zugesagt, die An⸗ gelegenheit noch einmal im Reichskabinett vorzutragen.
Ich habe dann nichts weiter erfahren, bis ich gestern folgenden vom 5. Juli d. J. datierten Brief vom Herrn Reichskanzler er⸗ halten habe. Der Brief lautet:
Im Anschluß an unsere letzte Unterredung über die zu be⸗ setzende Stelle im Verwaltungsrat der Reichsbahn beehre ich mich ergebenst mitzuteilen, daß die Reichsregierung auch nach noch—⸗ maliger eingehender Prüfung der Rechtslage zu dem Ergebnis gekommen ist, daß ein Anspruch Preußens auf Benennung einer Persönlichkeit für die freie Stelle im Verwaltungsrat der Reichs⸗ bahn nicht gegeben ist.
(Allgemeine lebhafte Rufe: Hört, hört!)
Die Reichsregierung hat nunmehr in ihrer heutigen Sitzung be⸗ schlossen, den Reichskanzler a. D. und früheren Oberbürger⸗ meister von Essen, Herrn Dr. Luther, zum Mitglied des Ver⸗ waltungsrats der Reichsbahn zu ernennen. Sie ist bei diesem Beschluß von der Ueberzeugung ausgegangen, daß die Wahl gerade dieser Persönlichkeit volle Gewähr für die erforder⸗ liche Wahrung auch der Interessen Preußens bietet.
Das Preußische Staatsministerium hat sich gestern mit dieser Antwort der Reisregierung beschäftigt und unter dem heutigen Datum dem Herrn Reichskanzler folgendes Schreiben zugehen lassen:
Von dem Schreiben vom 5. d. M., in dem Sie mir mit⸗ teilen, daß die Reichsregierung einen Anspruch Preußens auf Benennung einer Persönlichkeit für die freie Stelle im Verwal⸗ tungsrat der Reichsbahn nicht für gegeben erachtet, und daß Sie den Reichskanzler a. D. Herrn Dr. Luther zum Mitglied des Ver⸗ waltungsrats ernannt hat, habe ich Kenntnis genommen.
Die Preußische Regierung bedauert auf das lebhafteste, daß sich die Reichsregierung zu einer derartigen offenkundigen Brüs⸗ kierung des Landes Preußen hat entschließen können.
(Sehr wahr! Sehr richtig!)
Ich muß das Vorgehen des Reiches so Reichsregierung nicht einmal den Versuch gemacht hat, den in meinem Schreiben vom 20. März d. J. — St. M. JI 3920 — ein⸗ gehend begründeten Rechtsstandpunkt Preußens zu widerlegen und den Nachfolger des preußischen Mitglieds des Verwaltungs— rats, des vor Jahresfrist verstorbenen seinerzeit auf den Vor⸗ schlag Preußens ernannten Geheimen Kommerzienrats Arnhold ernannt hat, ohne auch nur mit der Preußischen Regierung dar— über die Fühlung aufzunehmen. Lebhaftes Hört, hört!)
nennen, da die
Die Reichsregierung beseitigt somit durch einen Federstrich die am 25. März 1924 zwischen ihr und der Preußischen Regie⸗ rung zur Auslegung des Staatsvertrags über den Uebergang der Staatseisenbahnen auf das Reich ausgetauschten Erklärungen nicht nur hinsichtlich der Vertretung der Preußischen Regierung im Verwaltungsrat, sondern auch hinsichtlich aller übrigen in den „Erklärungen“ getroffenen Abreden; denn die Rechtslage, wie die Reichsregierung sie auffaßt, muß natürlich für alle Be⸗ stimmungen der „Erklärungen“ die gleiche sein. Die Preußische Regierung wird daher zur Feststellung der Rechtslage eine Ent⸗ scheidung des Staatsgerichtshofs herbeiführen. Die Persönlichkeit des Reichskanzlers a. D. Dr. Luther scheidet, wie ich ausdrücklich betonen möchte, bei dieser Erörterung der Angelegenheit völlig aus.
Die oben von mir gekennzeichnete Form der Erledigung dieser Angelegenheit bedeutet eine Rücksichtslosigkeit, die die Preußische Regierung nach ihrer ganzen bisherigen Einstellung und ihrem äußerst entgegenkommenden Verhalten von der Reichsregierung nicht erwarten konnte, und die zu meinem leb⸗ haften Bedauern zur Folge haben muß, daß die zu einer ersprieß⸗ lichen Führung der Reichs⸗ und Staatsgeschäfte so nötige ver⸗ trauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Reichsregierung und der Regierung des Landes, das mehr als die Hälfte des Reiches ausmacht, durch Schuld der Reichsregierung in Zukunft sehr er— schwert wird.
(Bravo!)
Meine Damen und Herren, ich möchte diesen Mitteilungen über den Briefwechsel nichts weiter hinzufügen. Nur das eine möchte ich noch besonders unterstreichen, daß die Stellungnahme der Staatsregierung nicht der Per son des ehemaligen Herrn Reichs⸗ kanzlers Dr. Luther gilt. Wir haben diese Stellung lediglich ein⸗ genommen in Wahrung unseres Rechtsstandpunkts und in Wahrung der vitalsten Interessen Preußens auf dem so wichtigen Eisenbahn⸗ gebiet. Wenn der Herr Reichskanzler meint, daß das Reichskabinett seine Wahl getroffen habe in der Ueberzeugung, dadurch die Inter⸗ essen Preußens am besten gewahrt zu haben, so muß ich nach wie vor für die Entscheidung der Frage, wie die Interessen Preußens, besonders auch auf diesem Gebiet, am besten gewahrt werden können, die höhere Kompetenz für die Preußische Staatsregierung in Anspruch nehmen. (Sehr gut! und Bravo!)
Das Haus beschließt die Besprechung der Interpellation.
Abg. Roth (D. Nat) drückt die Befriedigung seiner Partei aus über die Stellung der preußischen Regierung. Das Recht Preußens müsse gewahrt werden und bestehe Rach wie bor. Der Ministerpräsident zabe durchaus zutreffend die Rechtslage dargelegt. Wenn das Reich glaube, Preußen eine solche Behandlung zuteil werden zu lassen, so zeige das, wie stark in den letzten sieben Jahren das Ansehen Preußens gegenüber dem Reiche gemindert sei. (Beifall rechts)
Abg. Müller- Hessen (Komm) erklärt, die Arbeiter, An- gestellten und Beamten der Reichsbahn, dig dem Volksganzen, dienen sollten, seien auf unabsehbare Zeit der Macht und Raubgier des internationalen Kapitals ausgeliefert. Auf ihre Kosten sollten in kurzer Zeit 950 Millionen Goldmark aus der Eisenbahn herausgeholt werden. Annähernd 420 000 Arbeiter würden deshalb auf die Straße Lworfen. Auch die Arbeitszeit sei im Interesse des internationalen Kapitals unerhsrt hoch angesetzt. Dabei erhalte der Generaldirektor ein jährliches Gehalt von 100 00 Mark (Hört! hört! bei den Kom⸗ munisten), der Geschäftsführer 60 000 Mark und das Verwaltungs- ratsmitglied 000 Mark. Diese Republik sei nur der Deckmantel für die Ziele der Reaktion. In Hamburg habe Herr v. Siemens er klärt, daß das investierte Kapital bei richtiger Verwaltung und äußerster Sparsamkeit angemessene Verzinsung abwerfe. Und diese Aufgabe solle jetzt Herr Dr. Luther, dieser fluchbeladene Mann, auf Kosten der Arbeiterschaft lösen. Deshalb habe die Reichsregierung ihn in den Verwaltungsrat der Reichsbahn hineingeschickt. Das sei eine unverschämte Provokation der CGisenbahner, die sich zu einer festen Kampforganisation zusammenschließen würden. ö
Abg. Blank (Zentr) begrüßt die Ausführungen des Minister⸗ präsidenten. Auch das Zentrum wolle bei seiner Betrachtung dieser Angelegenheit die Persönlichkeit Luthers ausnehmen. Auf die Per: sonal⸗, Lohn⸗ und Tarifpolitik näher einzugehen, versage er sich (ha! bei den Kemmunisten), Auch das Zentrum verurteile diese Politik. Hier handle es sich aber darum, gegen die Ausschaltung Preußens energisch Einspruch zu erheben. Nach der authentischen Interpretation der einschlägigen Bestimmungen stehe Preußen ein Ernennungsrecht zu. Das sei auch in dem von Marx und Braun unterzeichneten Ab- kommen zwischen der preußischen Regierung und der Reichsregierung, auf das auch später einmal Bezug genommen sei, anerkannt worden. Was Bavern mit seiner zwölfprozentigen Beteiligung an Eisenbahn⸗ besitz zustehe, müsse wohl auch Preußen mit einem Besitz von 75 Pro= zent erhalten. Sogar Hamburg, das keinen Eisenbahnbesitz habe, habe ein Mitglied im Verwaltungsrat. Bayern habe zwei Sitze. Das Zentzum verlange, daß die Rechte Preußens tatkräftig gewahrt würden.
Abg. Riedel (Dem.) erklärt, das Reich habe gegenüber der Reichsbahngesellschaft erstens das Bestätigungszecht des General direktors und zweitens das Ernennungsrecht von Verwaltungsratsmit⸗ , Damit habe es zwei wirksame Mittel in der Hand, auto- ratische Anwandlungen der Reichsbahngesellschaft zu zügeln. Preußen mit seinem großen Eisenbghnnetz habe ein Recht auf Vertretung, und dürfe sich eine solche Brüskierung nicht gefallen lassen, die man Bayern gegenüber nie wagen würde. Deshalb begrüße auch die demo kratische Fraktion die Erklärung des Ministerprasidenten nach Form und Inhalt, besonders den Hinweis, daß der Staatsgerichtshof an⸗ gerufen werde; die Fraktion sei außerordentlich peinlich davon be— rührt, daß Dr. Luther ernannt worden sei, zumal gerade auf ihn der lebhafte Widerstand gegen das preußische Vorschlagsrecht zurückgehe.
Abg. Leinert (Soz) erinnert daran, daß Preußen dem
Reiche schon ein Jahr früher als notwendig die Eisenbahnen zur Verfügung gestellt habe. Trotzdem werde Preußen besonders schlecht von der Reichsbahn behandelt, so daß extra im preußischen Landtag ein Verkehrsausschuß für die Beschwerden Preußens habe eingesetzt werden müssen. Gerade der Reichsverkehrsminister, der aus einem preußischen Ministerium hervorgegangen sei, sei jetzt nur noch Reichsminister und habe die preußischen Ansprüche voll und ganz vergessen. Das sei betrüblich. Das Reichskabinett habe anläßlich der Ernennung des Nachfolgers Oesers erfahren, welche Mißstimmung eine Brüskierung hinterlasse. Nun brüskiere es selbst das größte Land im Reiche. Wäre das Bayern passiert, würde dieses Land flammend gegen diese Gewaltpolitik protestieren. Man müsse erwarten, daß Preußen, das die vielfachen bayerischen Eigenbrödeleien nie unterstütze, wenigstens ebenso vont Reiche behandelt werde, wie Bayern. Mann müsse doch bedenken, daß ohne Preußens Zustimmung das Reich überhaupt nicht die Reichsbahnen betreiben könnte. Der nun entstandene Konflikt des größten Landes mit dem Reich sei sehr bedauerlich,
(Fortsetzung in der Ersten Beilage)
Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗AUktiengesellschaft. Berlin, Wilhelmstr. 32.
Fünf Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage)
ordentlich wichtig für unser heranwachsendes Geschlecht ansehen, zu fördern, wo es nur irgend möglich ist. Wir müssen allerdings
) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herxen Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
und Erste und Zweite Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.
⸗
.,,
. . Erste Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und
Berlin, Donnerstag, den 8. Juli
Preußischen Staatsanzeiger
1926
Nr. 156.
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)
Dr. Leidig (D. Vp) bedauert guf das lebhafteste, daß r . einen e ele. von Beschwerden gegen das eich habe vorbringen müssen und daß eine Brüskierung . erfolgt sei. Ein wenig politisches Augenmaß hätte ver⸗ indern können, daß sich die Dinge so Eshigz, Die Id liege in diesem Fall allein beim Reich. Kein Land e seit 1918 derart große Opfer an Land und Leuten und an Milliarden von Werten für das Reich gebracht als Preußen. Zu den Opfern für das Reich gehörten 24 die Eisenbahn. Es wäre besser gewesen, wenn der deutsch⸗volksparteiliche Vorschlag, noch ein Jahr mit der Verreichlichung warten, durchgegangen wäre. Damals sei seitens des Reiches alles versprochen und von jedem Mißtrauen abgeredet worden. (Hört, hört! rechts) Meine politischen Freunde, n. Redner fort, haben selbstverständlich nichts gegen Herrn uther einzuwenden. Es handelt sich aber darum, daß auf den Posten im Verwaltungsrat ein Mann kommt, der in einem ge⸗ wissen Vertrauensverhältnis zur preußischen Regierung steht, um Preußens Interessen besonders wahren zu können. (Sehr richtig! rechts) Auch die preußische Wirtschaft steht im Verhältnis 1 Eisenbahn schlechter da als die übrige deutsche Wirtschaft. Die Gruppe Bayern ist zu 5 vH mit Bayern besetzt und Sachfen und. Mecklenburg haben ihre alten Generaldirektionen behalten. Preußens Verkehrsministerium aber ist vestlos aufgehoben worden. Wo bleibt das Wort des Reichskanzlers, der 3 leine Aufgabe erklärt hat, freundliche Beziehungen zwischen dem Rei und den Ländern zu pflegen. Ganz abgesehen vom ,, und auderen Gegensätzen liegt hier bei der Reichsbahn eine Fülle von Beschwerden vor gegenüber der Politik des Reichs, die die Interessen und die Bedeutung Preußens vernachlässigt. Wir er— klären uns mit den Ausführungen des Ministerpräsidenten voll⸗ kommen einverstanden. Wir fragen aber, besonders fragen wir das Zentrum und die Deutschnationalen: Würde Preußen so schlecht behandelt werden und gleich einer unbeachtlichen Heinen Drganisation zurückgesetzt werden, wenn Preußen nicht durch die unglückselige Bestimmung der Weimarer Verfassung im Reichsrat in seiner Bedeutung geschwächt wäre? Alle unsere Versuche,
Preußens Vertretung im Reichsrat eine größere Einheitlichkeit zu
geben, sind verhindert worden. Das Interesse Preußens erfordert es, daß endlich Preußen die Bedeutung, die es beanspruchen kann und die es im Reichsrat nicht hat, die es aber früher im alten Reich besaß, gegeben wird. öeifall vechts.) Abg. aden do rff Wirtschaftl. Vereinig) teilt die Ansicht es Abgeordneten Leinert, daß die Reichsregierung sich Bayern gegenüber eine solche Brüskierung nicht erlaubt hätte. Dabei sei ohne Preußen das Reich überhaupt nicht aktionsfähig. Die Er⸗ Härung des Ministerpraͤsidenten finde die volle Billigung der Wirtschaftlichen Vereinigung. ö 26 . schließt die Debatte, und die Große Anfrage ist er⸗ edigt.
Es wird dann die dritte Etatsberatung mit der Be— sprechung des Haushalts des Finanzministe⸗ r i u m s fortgesetzt.
Abg. Kasper (Komm.) erklärt, die ungeheure steuerli Belastung der, Arbeitnehmerschaft resultiere . ö Preußische Regierung sich wie ein geleh riger treuer Hund unter der BVeitsche der Schwerindustrie nf habe. (Vizepräsident Carnich erteilt dem Redner einen Srdnungs ruf) Die Kredite, die an die Agrarier und Schwerindustrie gezahlt würden, würden nie in die Staatskasse zurückfließen. Deshalb sei das vorliegende Etatbild eine grobe Täuschung der Oeffentlichkeit, eine Bflanz= verschleierung. Aber der preußische Staat könne seine Pleite nicht mehr verbergen. Die Kommnnisten hätten angesichts des Millio nenvotums der Bevölkerung beim Volksentscheid vom Preußischen Finanzminister sofortige Einstellung der Zahlungen an die Hohenzollern und Eintreibung der von den Hohenzollern noch gusstehende Steuerrückstände von sieben Millionen verlangt. Nichts sei daraufhin geschehen. Der Finanzminister zahle weiter monatlich 50 0)9 Mark an Wilhelm nach Doorn. (Lärmende Zu⸗ rufe bei den Kommunisten. Der Finanzminister sei nichts als das Werkzeug des deutschen und des internationalen Kapitalismus und der Dawes⸗Kontrolleure. (Große Unruhe im ganzen DMause. Rufe bei den Kommunisten: uhe im Schnapsladen!. Denn die Nachricht des Berliner Tageblatts“ zufceffe daß neue Vergleich ẽverhandlungen mit den Hohenzollern angebahnt werden . würde sich damit die Regierung über die höckste Autorität. den
lillen des Volkes, hinwegsetzen. Der Redner zählt noch Einzel heiten des von der Rechten beim Volksenscheid geübten Terrors auf. (Lebhafte Zurufe rechts und im Zentrum) Ihr (zum Zentrum) wollt wohl auch schon wieder Schnaps fausen gehen? (Frästtent Barrel weist diese Aeußerungen zurück und ruft bei ihrer Wiederholung den Vedner zur Ordnung. — Großer Lärm bei den Kommunisten' und Rufe: Verbieten Sig doch den Schnapsverkauf im Landtagh. Zum Schluß setzt sich der Redner für Frhöhung der Beamtengehãlter ein und spricht der Regierung das schärfste Mißtrauen aus, weil sie alle notwendigen Forderungen nicht erfülle.
Abg. Dr. Leidig (D. Vp) erinnert daran, daß die Geschäfts⸗ führung der Zentralgenossenschaftskasse im Hauptausschuß kritisiert worden ist und daß nur die Geschäftsfage des Hauses verhindere, jetzt nochmals darauf einzugehen. J .
Damit schließt die Besprechung und es folgt die des Haushalts der Allgemeinen Finanzverwal⸗ tung.
Als dabei Abg. Kasper (Komm.) wieder das Vort nimm macht sich große Unruhe, besonders rechts, — geordnete Kasper ruft den Schlußrufern zu: Ich habe Zeit, ich reise nicht; Ihre Koffer sind schon gepackt, dehsalb wollen SR nichts mehr hören. (Großer Lärm rechts und in der Mitte! — Gegen⸗ kundgebungen bei den Kemmunisten und Rufe: Herr Präsident sorgen Sie für Nüchternheit! — anhaltende Unruhe im ganzen Sause.) Der Redner trägt nochmals detailliert die Beamtenwünfsche seiner Fraktion vor.
Damit ist die dritte Haushaltsberatung folgen die Ab st im mungen, und zwar Etat des Innenministeriums. Die einfache Abstimmung über das , gegen das die . die Deutsche Volkspartei, die Völkischen, die Wirtschaftspartei und die Kommunisten ge⸗ chlossen stimmen, bleibt zweifelhaft. Durch Auszählung wird das Gehalt Severings mit 206 gegen 154 Stimnien bewilligt. (Lärm bei den Kommunisten.)
Die einzelnen Kapitel und Titel zum Innenministerium werden gleichfalls angengmmen, dazu eine Reihe von An— trägen. Zu dem Antrag Borck (D. Rat), das Staatsministe⸗ rium zu ersuchen, eine , , ,, Erklärung dahin abzu⸗ eben, daß es für die Polizeibeamlenschaft die Rechte des Irtikels 130 der zee cher e ren nicht zu schmälern beab⸗ sichtige, beantragen die Deutschnationalen namentliche Ab⸗ stimmung; die Mehrheit entscheidet sich jedoch dahin, den An— trag dem Beamtenausschuß zu überweifen. An denselben Aus⸗ schuß geht der deutschnatiönale Antrag, wonach bis zum In⸗
beendet. Es zunächst zum
krafttreten des neuen Schutzpolizeibeamtengesetzes Polizei= beamte mit zwölfjähriger Dienstzeit —— 1 sen werden können.
Beim Haushalt der Forstverwaltung bean— tragt Abg. Müller⸗Hannober * namentliche Ab⸗ k 1 zu dem genieinsamen Antrag Falk (Dem.),
zeters (Soz.), He ld (D. Vp), einen besonderen Ausschuß einzusetzen, der zu beraten hat über die wirtschaftlichen Ver⸗ hältnisse der Beamten und der Waldarbeiter der —— waltung sowie über die Organisation der Forstverwaltung, ins besondere die Zusammenlegung von Regierungsforst⸗ abteilungen und Oberförstereien. ;
Der Antrag wird mit 195 gegen 186 Stimmen abgelehnt. Angenommen wird der deu kschnationake Antrag, wonach die während des Eulenfraßes in den übrigen Teilen des Staates vorgenommenen Ein parungen von Holz als ein Teil des Holzvorratskapitals zu betrachten und nicht in den nächsten Jahren zum Einschlag zu bringen sind.
Beim Gestütshaushalt findet Annahme der An⸗ 366 von Plehwe (D. Nat), das Staatsministerium zu ersuchen, die erforderlichen Mittel zur Förderung des Absatzes von Pferden im Inlande und zur Weiterführung eines ö ⸗
ortes nach dem Auslande bereitzustellen und nachdrücklich für ie Gewährung eines Exportkredits an die Pferdezucht⸗ verbände beim Reiche einzutreten.
Beim Haushalt der Bergverwaltung wird u. a. der Antrag des Hauptausschusses angenommen auf un⸗ verzügliche Vorlegung eines Gesetzentwurfs, der ein Ein— schreiten ermöglicht gegen die Beamten der Bergpolizei, die auf Grund einer Anzeige wegen Nichteinhaltung der berg⸗ gesetz lichen oder bergpolizeilichen Vorschriften durch die Arbeik⸗ geber nicht sofort vorgehen.
Beim Haushalt der Handels- und Gewerbe⸗ verwaltung wurde der Antrag der Wirtschaftspartei an⸗ genommen auf Aufhebung der Zentralisierung des Einkaufs von Bedarfsartikeln bei den preußischen Ministerien, um es den lokalen Behörden zu ermöglichen, ihren Bedarf bei dem Handel ihres Wohnsitzes zu tätigen. Einstimmig angenommen wurde der Antrag Persch ke (Wirtschaftspartei, bei der Deutschen Reichsbahn⸗Gesellschaft dahin zu wirken, daß im Lebensmittelhandel das Gewicht für Tragelasten von 50 Kilogramm auf 1090 Kilogramm erhöht wird.
Wie beim Innenministerium beantragen auch beim Haushalt des Staatsministeriums die Deutsch⸗ nationalen Abstimmung über das Gehalt des Minister⸗ Präsidenten. Das Gehalt wurde mit einer Mehrheit von etwa 30 Stimmen gegen 2 nationale, Völkische, Wirtschaftliche Vereinigung, Deutsche Volkspartei und Kommunisten be⸗ willigt. Das Mißtrauensvotum der Kommunisten gegen das Staatsministerium wurde in namentlicher Abstimmung mit 208 gegen 127 Stimmen bei 26 Enthaltungen von Mit— gliedern der Deutschen Volkspartei und der Wirtschaftspartei abgelehnt. Für das Mißtrauen stimmten außer den Kom- munisten die Deutsch nationalen, Völkischen und Hannoveraner, ohne sich damit die Begründung des kommunistischen Antrags zu eigen machen zu wollen.
Auch beim Kultushaushalt forderten die Deutsch— nationalen Abstimmung über das Ministergehalt mit dem gleichen Ergebnis wie beim Haushalt des Ministerpräsidenten. Angenommen wurde der Antrag auf Erlaß eines Schularzt gesetzes, abgelehnt der deutschnationale Antrag auf Vereinheit⸗ lichung der Lehrpläne an höheren Lehranffalten. Mit 265 gegen 168 Stimmen wurde in namentlicher Abstimmung gleichfalls abgele nt der sozialdemokratische Antrag auf Ein⸗ schränkung der Prügelstrafe. (Zuruf bei den Kommunisten: Es wird weiter geprügelth
Zum FalQl Lessing wurde der deutschnationale An⸗ trag auf Zurückziehung des Disziplinarerlasses gegen die Stu— denten gegen die Stimmen der Rechten abgelehnt. Ebenso fand Ablehnung der weitere deutschnationale Antrag, „die be⸗ dingungslose Entziehung des Lehrauftrags durch keinerlei andere Unterstützung oder Förderung der sogenannten wissen⸗ schaftlichen Arbeit des Herrn Lessing abzuschwächen/, sowie der Antrag der Deutschen Volkspartei, an der Technischen Hoch⸗ schule Hannover einen Lehrstuhl für Philosophie zu errichte und mit einer hervorragend geeigneten Persönlichkeit zu be⸗ setzen. Die Große Anfrage der Deutschnationalen, der Deut⸗ schen Volkspartei und der Wirtschaftspartei zum Falle Lessing wurde für erledigt erklärt.
Beim Wohlfahrtshaus halt wurde namentlich abgestimmt über den Antrag der Kommunisten, der zur Linde⸗ rung der Not der Erwerbslosen u. a. fordert, daß an alle ver— heirateten Erwerbslosen eine einmalige Beihilfe von 100 Mark, für jedes Familienmitglied eine solche von 10 Mark, für un⸗ verheiratete Erwerbslose eine Beihilfe von 50 Mark gezahlt wird. Der Antrag wurde mit 1412 gegen 220 Stimmen der bürgerlichen Parteien abgelehnt. (Pfüirufe bei den Kom—
munisten.)
Auch beim Finanzministerium wurde das Ge— haltdes Mini sters erst durch besondere Abstimmung be⸗ willigt. Dafür stimmte neben den Reglerungsparteien auch die Wirtschaftspartei. Auch dieser Etat sowie die übrigen Etats wurden in dritter Lesung bewilligt. In der Schlußabstimmung stimmten gegen Bewilligung des Gesamthaushalts die Deutsch⸗ nationalen, die Völkischen, die Wirtschafttiche Vereinigung und die Kommunisten. j
Es folgt die wegen des Einspruchs des Staatsrats not— wendig gewordene nochmalige Beschlußfassung über die Novelle zum Sch utzpolizeibeamtengesetz.
Der Einspruch des Staatsrats richtet sich dagegen, daß nach der Novelle in Zukunft die Schupobeamten? nur noch den rechtmäßigen Befehlen ihrer Vorgesetzten nachkommen sollen, womit das Prinzip des unbedingten Gehorsams nach Ansicht des Staatsrats durchbrochen wäre, was im Interesse von Ruhe und Ordnung unmöglich zugestanden werden könne.
Abg. M Arckwald Soz wendet sich gegen diese Argumenktie— Ung. Die Erklärungen des Abgeordneten Bore? zeigten, daß die Wutschnationalen nicht das richtige Verftändnis für die RNotlag? der Schupobeamten hätten.
Abg. Wetzent hin (D. Vp. lehnt das Gesetz nach dem Ein⸗ spruch des Staatsrats ab. ;
In der Abstimmung erheben sich Kommunisten, Sozial— demokraten, Demokraten und Zentrum geschlossen für die Auf⸗ rechterhaltung der ee , egg .
—BPräsident Bartels stellt fest, daß die nach der Ver— fassung erforderliche Zweidrittelmehrheit der 2 Ab⸗ , sich erhoben und für die Au frechterhaltung der alten Beschlüsse gestimmt habe, womit der Einspruch des Staatsrats hinfällig ist. (Minutenlang anhaltender großer Lärm auf der Rechten. Rufe: Schiebungh BPräsident Bartels: Nach meiner Ueberzeugung und der des einen anwesenden Beisitzers (des kommunistischen Ab⸗ geordneten Hoffmann) haben sich zwei Drittel der anwesenden Abgeordneten, wie es von der Verfassung gewünscht wird, für den Gesetzentwurf erhoben. (Lebhafte Zustimmung links. — Erneuter anhaltender Lärm rechts. — Stürmische Rufe: Wiederholen! — Gegenkundgebungen bei den Kommiunisten.)
Inzwischen ist der andere Beisitzer, der deutschvolks⸗ parteiliche Abgeordnete Metzenthin, am Präsidentenpult erschienen. Unter großem Lärm der Linken wiederholt Prã⸗ sident Bartels die Abstimmung. Abermals erheben fich Kom— munisten, Sozialdemokraten, Demokraten und Zentrum ge— schlossen für das Gesetz. Präsident Bartels: Das Büro stimmig fest, daß zwei Drittel der anwesenden Abgeordneten sich für das Gesetz erhoben haben. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen links. — Lärm und gegen den Abgeordneten Metzenthin gerichtete Zurufe rechts.)
Es folgt die Fortsetzung der zweiten Beratung des Gesetz⸗ Entwurfs über die Erweiterung des Stabtkrei ses Wiesbaden. Ueber diesen Gesetzentwurf wird namentlich abgestimmt. Durch Obstruktion der Deutschnationalen und Kommunisten konnte bereits in einer früheren Landtags⸗ sitzung die Entscheidung über diese Vorlage nicht herbeigeführt werden. Die heutige namentliche Abstimmung ergibt die An—
*
stellt erneut ein⸗
nahme der umstrittenen Vorlage in zweiter Lesung mit 219 gegen 5 Stimmen bei 44 Stimmenthaltungen. Die sofortige Vornahme der dritten Lesung scheitert geschäftsordnungsmäßig an dem Widerspruch der Kommunisten. ; ; Hierauf wird die namentliche Abstimmung über jenen Teil des Trennungsgesetzes für Ober- und Nieder“ schlesien wiederholt, der Oberschlesien selbständige öffent⸗ lich⸗rechtliche Versicherungsgesellschaften zugesteht und dessen Entscheidung in einer früheren Sitzung an der Obstruktion der Rechten und der Kommunisten gescheitert war. Die heutige namentliche Abstimmung 6 die Annahme der Ausschuß⸗ beschlüsse mit 2063 gegen 30 Stimmen bei 4 Enthaltungen. In weiter Lesung wird dann die ganze Vorlage verabschiedet. — Gegen die sofortige Vornahme der dritten Lesung widersprechen die Deutschnationalen; sie muß daher ausgesetzt werden.
. Das Haus erledigt dann in zweiter und dritter Lesung eine Novelle zum Grundvermögens steuer?
X
ge setz, nach der die bisher geltenden Bestimmungen bis zum 31. März 1927 verlängert werden sollen. In der Schluß⸗ abstimmung wird diese Vorlage mit 203 gegen 148 Stimmen angenommen.
Nach 6* Uhr vertagt sich das Haus auf Donnerstag,
19. Uhr vormittags: Kleine Vorlagen, darunter Hochwasser⸗ schäden im Hirschberger Tal, und Linderung der Erwerbs—
losennot.
Barlamentarische Nachrichten.
Der Haupta us schuß des Preußischen Land— tages beriet gestern über Anträge zur Linderung der Erwerbs⸗ losennot. Zugrunde lag ein kommunistischer Antrag, der die Er— höhung der Unterstützungssätze um 56 vy, die Zahlung der Unter stützung ohne Karenzzeitz an alle Erwerbslosen für dis ganze Dauer ihrer Erwerbslosigkeit, die Gleichstellung der Jugendlichen die Beseitigung der Ortsklassendifferenz fordert. Ferner sollen die Lander und Ge melnden herechtigt sein, aus eigenen Mitteln zu der reichsgesetzlich sest— gelegten Unterstützung besondere Zulagen zu gewähren. Für die Kurz. arbeiter soll für den Ausfall aller Tage die Kurzarbeiterunterftützu n
Abg. Ka sper (Komm) meint man müsse dem reaktionären Staatsrat überhaupt die Befugnis absprechen, Landtagsbeschlüsse ab⸗ zulehnen.
Abg. Bor k (D. Nat) erklärt, die Deutschnationalen hätten in der Neunfassung keine Gefahr für die Diszmlin gesehen, nachdem aber
der Beschluß des Statasrats gezeigt habe, daß eine irrtümliche Auf⸗
fassung möglich sei, würden sie im Interesse der Beamten das Gesetz
ablehnen.
gezahlt werden. Dazu waren zwei deutschnationgle Abänderunqsan' tiäge eingegangen, In der Aussprache fah Abg. Fries (Soz) laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger in dem tommunistischen Antrag eine Erschwerung der Hilfsaktio⸗ . er Pünschte bessere Fürsorge für die Jugendlichen? unter Ablehnung' der Gleichstellung. Abg. Rüffer (8. Nat.) begründete einen Antrag Liner Fraktion, bei, der Reichsregierung dahin vorstellig zu werden daß baldmõglichst die geplante Erwerbslosenversicherung zur Vergb— ö. . das bei der vorqussichtlich langen ö Krwerbslosigkeit die produktive Erwerbslosenfürsorge in Form von Notstandẽar beiten von Reich, Staat und Gemeinden in Angriff genommen wird. Abg. Kickhöffel (D. Nat) will vor— übergehend durch die produktive Erxwerbslosenfürsorge helfen und be— rundete einen weiteren deutschnationalen Antrag, auf die Jeichs. regierung einzuwirken, eine Umstellung in der Handels. und Wirt. Faftspolitik mit dem Jiele der Schaffung einer leiftungsfahigen und fauftyiftigen Landwirkschaft vorzunehmen. Abg. Dr. Leidirg 8 Vr) bezweifelte daß die vorliegenden Anträge praktische Erfolge haben können, da eine reichsgesetzliche Regelung angesichts der Ver— tggung des Reichstages erst Mitte Nobember möglich sei. Der Rerner wies ferner darauf ihn, daß die Gemeinden zum größten Teile eistungsunfähig seien. Bei dem Antrag der Kommunisten handle en fich lediglich um Agitation. Abg. Metz inger (Zentr.) schloß sich diefen Ausführungen an.. Abg. Heil mann (Sz. gab feiner Freude Ausdruck, daß es jetzt möglich fei, auf den' Wege der
produktive Erwerbslosenfürsorge großzügig auszugestalten.
lehnung der deutschnationalen Anträge wurde schließlich ein Ausschuß Abgeänderter sozialdemokratischer Antrag angenommen
nach das Staatsministerium erfucht wird, die Unterstützung und
sorge für die erwerbslosen Jugendlichen weit besser zu a , m, sofort ein großzügiges Programm für Inangriffnahme von Ard. insbesondere in dem vom Hochwasser geschädigten Gebicten uur free und mit der Ausführung zu beginnen. AlFs Arbeiten. die ble'rber mn Frage kommen, betrachtet der Lanotag 1 enerꝛgische Fo Lultivierung von Moor. und Dedlandere ien In ann riffnapbm Meliorgtionsarbeiten und Äufforstung nicht fande d. Maren Bodens; 2. Autzführung notwend ger Stasatebane, n, Inangriffnahme der im HVaushalt vorgefehenen A: delten
86 1 1. 5