1926 / 261 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Nov 1926 18:00:01 GMT) scan diff

wäre (Nufe rechts: Unerhört), würde ich keinen Augenblick zögern, diese Organisation genau so wie jede andere zu verbieten. (Unruhe rechts) Der Umstand, daß der Rote Frontkämpferbund seinen Mitgliedern Uniformen anzuziehen gestattet, der Umstand, daß der Rote Frontkämpfer⸗ bund regelmäßige Demonstrationen in Berlin und anderwärts veranstaltet (lebhafte Zurufe rechts), der Umstand, daß der Rote Frontkämpferbund große Ausflüge nach auswärts macht, ist kein Beweis dafür, daß er gegen das Gesetz von 1921 und das Republik schutzgesetz verstößt. Ich möchte mir den Vorwurf nicht zuziehen, daß ich ohne ausreichende gesetzliche Grundlage eine Organisation verbiete, die sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Rechte hält. (Zuruf rechts: Olympia) Der Staatsgerichtshof wird noch— mals Gelegenheit haben, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, da ich Berufung gegen den Entscheid des Staatsgerichtshofs eingelegt habe. (Zuruf rechts: Der beste Beweis Ihrer Objektivität!) Ich wüßte nicht, wie weit ich irgendwie dagegen verstoßen hätte. Mir scheint das selbstverständlich zu sein. Wenn eine Berufung möglich ist, habe ich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, wenn das Urteil meiner Ueberzeugung nicht entspricht, eine höhere Instanz anzurufen. Die höhere Instanz ist in diesem Falle nicht einmal eine über den Staatsgerichtshof stehende höhere Instanz, sondern der gleiche Staatsgerichtshof, aber in der vollen Besetzung, wie es das Gesetz vorschreibt, also ein legales, einwandfreies und richtiges Verfahren.

Also ich habe keinen Anlaß, eine Organisation zu verbieten, die nicht strabare Handlungen begeht als Organisation oder sonst gegen die Gesetze verstößt. Wenn Sie in der Lage sind, den Beweis dafür anzutreten, so steht nichts im Wege, mir die notwendigen Materialien und Unterlagen vorzulegen. (Zuruf bei der Deusch— nationalen Volkspartei) Ich frage doch einmal Sie von der Deutschnationalen Partei, ob Sie diesen Staat erhalten wollen. Ihre ganze Bewegung geht doch darauf hinaus, den Staat zu stürzen. (Lebhafter Widerspruch bei der Deutschnationalen Vol ks⸗ partei Sie wollen ihn nicht gewaltsam stürzen, Sie suchen auf dem Wege der verfassungsmäßigen Rechte die Aenderungen im Staat herbeizuführen, die Sie für richtig halten. (ebhafte Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei. Glocke des Präsidenten.)

Sie tun damit das gleiche, was jede andere Partei auch tut und auch die Sozialdemokratische Partei. Sie haben aber nicht den Beweis erbracht und sind nicht in der Lage, die notwenigen Unter⸗ lagen zu schaffen, daß auf dem Wege der Gewalt die kommunistische Partei diesen Staat stürzen will. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei: Sie sagen es ja selbst) Nein, das sagen sie nicht. (Erneute lebhafte Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Ich habe keine Möglichkeit, gegen Ihr Geschrei anzukämpfen; ich habe auch nicht die Absicht, es zu tun. Ich kann aber unmöglich auf einfache Behauptungen von Ihnen oder auf Wünsche, die Sie aus politischen Gründen vortragen, eine Staatsaktion veranlassen. Ich werde in jedem Einzelfall genaue Vorwürfe prüfen, die gegen Organisationen, gleichgültig gegen welche, erhoben werden, und werde die mir zur Verfügung stehenden Machtmittel anwenden in dem Falle, in dem ich eine Gefahr für den Staat erblicke. Aber Sie werden mich durch Ihre Forderungen nicht dazu bringen, mit nervösen Augen gewisse starke politische und wirtschaftliche Strö⸗ mungen anzusehen. Wie sehr nervös und wie sehr leicht nervös Sie offenbar werden, wird ja bewiesen durch die Beurteilung, die Sie z. B. dem Roten Frontkämpfertag zu Pfingsten hier in Berlin haben zuteil werden lassen. Der Rote Frontkämpfertag wurde von Ihren Zeitungen zahlenmäßig als ein Zusammenfließen von etwa 2090 000 bis 300 000 Menschen angegeben. Es hat sich herausgestellt, daß verhältnismäßig wenige Tausende nach Berlin gekommen sind (Lachen bei den Kommunisten), einen Marsch, wie andere Organi⸗ sationen in anderen Städten, durch die Straßen Berlins, durch die Arbeiterviertel vollführten. Im übrigen war in Berlin und sonst an Unruhe nichts zu bemerken. Es wäre wahrscheinlich dieser gange Rote Frontkämpfertag in der Oeffentlichkeit noch viel weniger bemerkt worden (Oho⸗Rufe bei den Kommunisten), wenn nicht die deutschnationale und zum Teil auch die volksparteiliche Pyesse von diesem Umzug einen so großen Lärm gemacht hätten. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Ich sage noch einmal: der heutige Staat ist so stark, daß er jeder gewaltsamen Aktion gegen ihn entgegentreten kann. Im Rahmen seiner ver— fassungsmäßigen Rechte muß aber der Staatsbürger die Möglichkeit haben, das zu tun, was ihm erlaubt ist. Darauf haben Sie (nach rechts) Anspruch, meine Herren, darauf hat aber auch jeder andere sonst Anspruch. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei: Wenn es immer so bleibt, ist es gut Das kommt auf den Versuch an. Bisher, glaube ich, ist es so gewesen, und meine Zusage kann Ihnen zunächst ja auch durchaus genügen.

Ich sage nochmals: Gegen einzelne Zusammenstöße ist von polizeilicher Seite mehr wie geschehen nicht zu unternehmen. Sie kann es nicht verhindern, daß ein paar Leute irgendwo, wo sie wissen, daß keine Polizei ist, sich prügeln. Das ist immer vor⸗ gekommen, ist jetzt vorgekommen und wird auch ir Zukunft vor- kommen. Das ist zum Teil aus einem gewissen Jugendgefühl heraus zu erklären und viel weniger aus politischen Gründen. Wo die jungen Leute oder die in mittleren Jahren als Organi⸗ sation zusammengefaßt sind und organisiert und gegliedert auf der Straße erscheinen, ist die Gefahr am allergeringsten. Deswegen wird die Staatsregierung es aber nicht unterlassen, die ganze Be⸗ wegung sowohl von rechts wie von links scharf zu beobachten, und, sobald sich eine Möglichkeit dazu bietet, einschreiten Sie wird aber nicht in übernervöser Hast etwas tun, was mit den ver⸗ fassungsmäßigen Rechten der Staatsbürger nicht im Einklang steht. (Beifall bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.)

Die Besprechung wird beschlossen.

Abg. Szillat (Soz) erklärt, die Sozialdemokratische Partei werde nach wie vor an dem Standpunkt festhalten, daß Gewalt nicht das rechte 3 Machtmittel sei. Die Rechtsparteien . 6 allerdings anderer igt Sie könnten doch nicht bestreiten, 1 sie mit den „vaterländischen“ Verbänden schwerste innen⸗ und außenpolitischen Kämpfe in das Volk . hätten. Gerade die Freunde des Herrn Maretzly hätten mit ihrer . in der Fememorde geradezu als etwas Selbstverständ⸗ liches angesehen würden, doch am ö immsten die Staatsgutorität untergraben. In unvergntwortlicher Weise hätten sie das Gift in die Seelen . Menschen hineingetragen, so daß ihnen e , g, de. als gar nichts 3 erschlenen. Die Sozial⸗ demokratische Partei danke dem Minister Severing für alles, was zr für die deutsche Republik getan habe, und e, daß auch die Nachfolger mit der gleichen festen Hand das Recht der politischen Meinungsfreiheit, schützen werden. Herr Maretzky scheine eifriger Leser des „Lokal⸗Anzeigers“ zu sein. Allerdings sei die Dar⸗

stellung des , im Hugenberg⸗Verlag, des Tag“, über den roten Pfingsttag und die Parade des * ront⸗ bundes wesentlich anders gewesen; es sei hier von einem geradezu vorzüglichen militärischen Bild die Rede gewesen. Wenn Herr Marehky hier so wehmütig von dem Stockverbot spreche, das die rechtsgerichteten Verbände wehrlos gemacht habe, so könne man ein Lächeln nicht unterdrücken. Dolch und Revolver säßen gerade bei diesen Verbänden leicht in der Hand. Das Urteil der Gerichte Hakenkreuzlern, Stahlhelinern usw. gegenüber aber sei stets sehr milde. Das Reichsbanner habe sich nie so schwere Ausschreitungen zu Schulden kommen lassen; es sei bemüht, den politischen Kampf mit geistigen Waffen zu führen (Lachen rechts). Die Frage der Kleinkaliberwaffen sei auch nicht so harmlos, wie sie die Rechts⸗ pre s darstelle. Gegen die Verwilderung der politischen Sitten müsse energisch eingeschritten werden. Die Freiheit der Republik scheine für manchen zu weit zu gehen. Da sei es kein Wunder, wenn einzelne Polizeibeamte 6 manchmal hinreißen ließen. Nicht die Sozialdemolratie sei ö. an dem politischen Terror; sie achte die politische Freiheit und wolle ihr Endziel mit geistigen Waffen erreichen. Wenn die Rechte mit Mitteln der Gewalt gegen die Republik anrenne, dann werde die sozialistische Partei allerdings ue dem Plane sein. (Beifall links)

Abg. Borck (D. Nat) erkennt , den ruhigen und freundlichen Ton der Einführungsrede des Ministers an, so un⸗ angenehm es ihm auch sein 9 Dinge zu begründen, für die es keine Begründung gebe. (Sehr richtig! rechts Besser freil ich wäre es argen wenn die Beantwortung der einzelnen Punkte der deutschnationalen Anfrage über die Haussuchungen zusammen ö vom Minister mündlich gegeben wäre und sich nicht auf erweisungen auf bereits gegebene Erwiderungen auf Kleine An—⸗ fragen beschränkt hätte. Der Redner ging sodann ij die Haus⸗ suchungen bei den Industriellen des Rheinlandes und bei Führern der vaterländischen Verbände im Mai d. Is. des . ein. Die Regierung habe keine positiven Gründe für ihre damaligen Maßnahmen gehabt. zl iel hi bern Braun habe bewußt den Landtag irregeführt, als er in seiner Rede vom 17. Mai es so darstellte, als ob die berüchtigte Notverordnung bei den Haus— . gefunden sei. Sie stamme vielmehr aus dem Besitz es Assessors Dr. Dietz, der der Angeber für das Polizeipräsidium jewesen sei. Es entspricht, so fährt der Redner fort, nicht der Würde eines preußischen Ministerpräsidenten, daß er einen Mann wie den Landwirtschaftskammerpräsidenten Frhrn. v. Lüningk in einer Rede in der Plenarsitzung beleidigt, nur auf Grund von Spitzelnachrichten, die ihm hinterbracht waren. Ministerpräsident Braun hat bereits am 17. Mai gewußt, daß die ganze . suchungsaktion ein grober Fehlgriff war. Er wollte ihn nicht eingestehen, um sich nicht mitschuldig zu machen an der In⸗ . des ganzen Vorgehens, das lediglich dazu bestimmt war, techtskreise zu verdächtigen. Auch der jetzige Staatssekretär hat in seiner Landtagsrede keine Beweise erbracht, welche Verdachts⸗ gründe die Polizei gehabt hat. . Grund der Anzeige des r. Dietz, die ein abgekartetes Spie . einem betrunkenen Abend in Berlin gewesen ist, und auf Grund unglaublicher Kom— binationen des Polizeivizepräsidenten Dr, Friedensburg und des Assessors Schmid im Berliner ; idium sind die Durch⸗ suchungen angeordnet worden. Nur die ständige. Angstpfychose aller Republikaner um den Bestand ihrer Nepublik läßt es er= klären, wenn man in der Wahl des Grafen . zum Partei⸗ vorsitzenden der Deutschnationalen Volkspartei und in der Be— schaffung von Verbandpäckchen . einzelne nationale Wander⸗ ruppen , auf einen Putsch gezogen hat. Im übrigen . der ien ietz niemals davon 3 rochen, e es sich um etwas Illegales handele. Diesen Begriff haben erst die Kom- binationen des Dr. Friedensbur . Dr. Abegg hat im Landtag erklärt, daß die Beweise und Namen derjenigen, die Beweise . hätten, dem Oberreichsanwalt übergeben seien. Diese Angabe ist nig 53 Der Oberreichsanwalt ., erst aus dem Bericht der Rede er r daß er solche Beweise esitzen solle. Dr. Abegg mußte auch bei der gerichtlich angeord⸗ neten Vernehmung zugeben, daß er keine Beweise und Namen habe. Also auch von seiner Rede ist eine bewußte Irreführung des Landtages festzustellen. Staatssekretär Dr. Abegg hat seiner⸗ zeit in seiner Rede erklärt, daß auch ein prominentes Mitglied der Rechtsparteien die Putschaktion gebilligt habe. Mit dieser Angabe ist ein Mißbrauch in einem Teleßhongespräch zwischen Dr. Friedensburg und Dr. Stresemann getrieben worden, Be= onders charakteristisch für die Leichtfertigkeit, mit der die Unter⸗ uchungen angeordnet sind, ist der Fall eines alten schwerhörigen Industriellen, nämlich des Br. Wegner in Bad Kreuth, der des⸗ wegen vor den Kadi gezogen wurde, weil Dr. Dietz einen Indu⸗ striellen Dr. Wiederer als enn rn Handelsminister namhaft gemacht und man einen Industriellen dieses Namens in Bayern nicht hat finden können, Man hat daher angenommen, daß es sich um einen Hörfehler handele. Auf die ö der Herren Kirdorf, Vögler iskokt, v. Löwenstein usw. sind die wider⸗ sprechendsten Angaben von der Staatsanwaltschaft gemacht worden. Alles das ist ein Zeichen, wie stark man selbst fühlte, daß alle Rechtsunterlagen für diesen politisch angelegten Skandal ehlten. Wenn Ministerpräsident Braun, der die Berantwortung ür die polizeilichen Handlungen trägt, den Mißgriff nicht zugeben will, so zeigt er, daß er nur der Parteimann und nie der höchste Beamte des Staates sein wird. Das kann auch ein Mann wie Braun nicht sein. Hat er doch noch vor einigen Wochen von den Knechtsseelen der alten Beamten gesprochen! Das Berufsbeamten⸗ tum wird es sich merken, wie der . Ministerpräsident Braun es geschmäht hat. (Lebh. Beffall rechts.)

Abg. Dr. Schwering Gentr.) erinnert dem Abgeordneten Maretz kh gegenüber an die Feststellungen des Femeaugschusses in München (Kufe rechts: Wir sind doch hier in Preußen!) Sie nach rechts) mögen fagen, was Sie wollen, Herr Severing ist doch derjenige, der soziale Schichten, die Jahrhunderte lang von der Staäatsderywaltung ausgeschlossen waren, in diese hinein bracht hat. Zu den Angelegenheiten, die hier besprochen werden, bemerke ich, daß auch wir die Vorkommnisse bedauern. Leider wiederholen sie sich so oft, daß wir fast alle Monate eine Debatte darüber haben. Wir sind der ÄAnsicht, daß niemand ein Recht hat, für sich allein in Anspruch zu nehmen, national zu sein. Es ist nicht zu bestreiten, daß die Wehrverbände gegen den jetzigen Stgat gexichtet sind. Soll Ihr (nach rechts Ruf: „Hinein in den Staat!“ etwa auch ür Ehrhardt gelten? Nachdem durch die Politik Marx⸗Stresemann

eruhigung eingetreten ö darf man erwarten, daß die „vater⸗ ländischen Verbände“ verschwinden werden, Nur der Poinegrismus hat diese Verbände groß gemacht. Der Führer des „Jungdo“ hat einmal erklärt, daß diese sogenannten „vaterländischen Verbände“ lediglich Interessenberbände wären. Dadurch, daß von maßgebender kirchlicher Stelle nicht nur Klerikern, sondern auch Laien der Beitritt zu Wehrverbänden verboten ist, ist die Lage für die Katholiken geklärt. 65nn, rechts: . Unsere Stellung . Reichsbanner ist, daß wir es unterstützen, soweit das Reichs

anner den Kampf um die Republik führt, Das Reichsbanner ist eine defensive Organisation, die Wehrverbände sind aber offensive Organisationen. Es ist ein Verdienst des Reichsbanners, daß die Wellen, die von Ihren Organisationen . rechts) geworfen sind, gründlich zurückgeworsen worden sind. Wir hätten am liebsten, wenn sämtliche Verbände von der Tagesordnung verschwänden. (Sehr wahr! im Zentrum.) Die Polizei wird durch die Demon⸗ strationen so in Anspruch genommen, daß sie in ihrer Aufgabe des Schutzes der Bürger stark gestört wird. Wenn die Wehrverbände erklären, „wir wollen verschwinden“, wird auch das Reichsbanner verschwinden. Durch die Politik Marx-Stresemann ist die Grund- lage ö. einer vernünftigen Konsolidierung gelegt, das zeigt selbst die Rede Hergts auf dem Parteitag. Es hat sich eine allgemeine Grundlage herausgebildet, Um den Block, der seit sieben Jahren die auswärtige Politik trägt, haben sich immer mehr Parteien zu- sammenkristallisiert Warum sollen nach der Volkspartei nicht auch die Deutschnatkvnalen hinzukommen? Die Ausführungen, die Err von Campe im „Zusammenschluß“ gemacht hat, finden unsere illigung im weitesten Maß. Auch die Richtertagung begrüßen

wlr im Interesse der republikanischen Konsolidatlon. Wie großen Eindruck machte es, als Var auf dem Katholikentag das Be⸗ kenntnis zur Republik ablegte! Die ganze Versammlung 1 ihm demonstrativ zu. Wenn ein Mann wie Dr. Luther über die Flaggenfrage und ein Mann wie Seeckt über einen Hohenzollern⸗ rinzen stürzten, so ist das ein Beweis für die Konsolidation der epublik. Auch Sie haben sich überzeugt; mit Putschen kommen wir der Republik nicht mehr bei, Sie nähern sich der Republil nicht aus Liebe, sondern weil Sie sehen, daß sie 9 stark geworden ist, daß Sie ihr nichts mehr anhaben können. Die Parteien, dis vor sieben Jahren die Grundlage für die jetzige Politik gelegt haben, sind stolz darauf, daß sie die Grundlinien einer historischen Entwichlung w haben für den Wiederaufstieg Deutschlands. (Beifall im Zentrum.) .

Abg. Heidenreich (D. Vp): Wir haben Kenntnis ge— nommen von der Rede des Ministers, und er hat sich so gezeigt, wie wir ihn erwartet haben. Keine tatsächlichen n. und keine Beantwortung der gestellten Anfragen. Die Erklärung des Ministers . konnte wahrhaftig nicht 6 Auf die Be⸗ merkung, daß die gesamte Staatsregierung die . Abeggs, die dieser feinerzelt gemacht hat, gebilligt habe, hat mein Partei- freund Leidig in Zurufen wiederholt gefragt, ob die Stgatsregie rung auch die Art und Form der Staatsregierung gebilligt habe. Diese Frage hat Herr Grzesinsti überhört und ich wiederhole diese Frage noch einmal weil sie uns wesentlich erscheint zur Beurteilung nicht nur des . des Innern, sondern des ganzen Kahinetts. (Sehr richtig bei der k Volkspartei) Wenn der Minister dann durch eine polemische. Aeußerung, gegen den Abgeordneten Maretzky die Unmöhlichkeit einer gemeinsamen Opposition zwischen Kommunisten und Rechtsparteien ad absurdum zu führen suchte, o handelt es sich doch um selbstverständliches arlamentarisches.

enn die em e ositionsparteien zu diesey Regierung in Dpposition stehen, kann das gar nicht heißen, daß wir mit den Kommunisten zufammengehen. Da haben Sie von den Sozial- demokraten über das Parlament hinaus weit fartg⸗ und, viel mehr Berührungspunkte. (Cebhgfter Beifall rechts), Der Minister hat esagt, er wolle unparteilsch vorgehen. Das ist nichts Besonderes, 6 nut seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit. (Lebhaftes Sehr richtigi rechts) Wir können aher nicht n daß das . 1 unparteiisch verhalten hat. Gerade, wenn si der Minister auf Vorgänge, im Frühjahr . auf das Verbot der Olympia und des Wkking, 6 a. er, daß der Staatsgerichtshof, auf den Sie sich sonst berufen und den Sie g fen aben, das Verbot aufgehoben hat. Das muß auch ein Minister des Innern respektieren. (Stürmischer Beifall ö Wenn er dabei wieder die Haussuchungen gegen hochverdiente Männer durch die absolut un⸗ bewiesene Behauptung, deß hinreichende Verdachtsmomente vorgelegen hätten, zu rechtfertigen suchte, so ist das eine so unerhörte Be⸗ hauptung, wie wir sie von cinem Minister im Landtag seit langem nicht gehört haben. Sagen Sie endlich, welche bestimmten Verdachts. momente vorlagen! (Zurufe von links) Die Regierung hat nichts efunden, und i ist nur in übernervöser Hast vorgegangen. Leb 9. ter Beifall rechts) Auch die leßten Ernennungen haben gezeigt, daß sie gern mit einer solchen ül ernervösen . vorgeht. Der 3 at behauptet, es sel kein Beweis erbracht, daß die Kom- muniften den Staat mit Gewalt stürzen wollten. Als der Kommunist Grube seine Rede hielt, war der Minister im Saal, wo Grube mit aller Offenheit erklärte, daß er diesen Staat, auch mit Gewalt, be eren wolle. In der Debatte ist von, den vaterländischgn Ver⸗ anden r h worden. Die Organisation von wenigen Männern, die als Verein Vaterländischer Verbände zu passender und unpassen der Gelegenheit Kundgebungen herqusgehen lassen, stehen mit dem Stahl= helm, Werwolf usw. in keinerlei Verbindung. Diese Verbände, die ich genannt habe, stehen auf dem Boden des heutigen Staates. ö Zurufe und Lachen links) Sie dene r. daran, die eutige Verfassung mit Gewalt zu beseitigen. Wir verlangen für diese Verbände dieselbe Freiheit, die Sie für die republikgnischen Verbände . Die Republik, wie unser Parteiführer Strese⸗ mann in Köln gesagt hat, wäre viel gefestigter, wenn die Kapitol wächter nicht jeden Tag fünfzehnmal von Gefahr für sie schnatterten. Die Republik muß die Liebe des freien Mannes stützen. Erinnern Sie sich, Herr Schwering, an Ihre Ausführungen vom Juli 1920, in denen Sie sagten, unser, des Zentrums, Idea] ist und bleibt die onarchie. (Stürmische Heiter 1 Seule . Sie Patent⸗ republikaner. Wenn wir in Opposition zur, heutigen Regierung stehen, dann gilt der Kampf nicht der Republik und diesem Stgat. Der Kampf gllt der Regierung, weil sie nicht dem Willen des Volkes entspricht und wir mit ihren Maßnahmen nicht einverstan den sind. Die Deutsche Volkspartei hat in Reich und Land ge t. daß Vater land und Staat ihr höher stehen als die Partei. Wir fordern Hon diefer Regierung und diesem Stagt Gerechtigkeit für alle ohne An fehen der Partei. Wo wir beobachten, daß man pon diesem Grund fundament abweicht, stehen wir allerdings in schärfstem Kampf.

Die Beratung wird abgebrochen.

Persönlich bemerkt Abg. Dr. Schwering Hentr): Auch ich habe das Lied „Nicht Ross', nicht Reisige! als Beamter gern ge= fungen, da ich dem Kaiser nieinen, Eid geschworen hatte, 1918 aber ist die Republik gekommen., (Stürmische Zurufe: 19209. —ͤ

Abg. Heidenreich (D. Vp.): Ich, wollte nur eine Grund⸗ lage dafür haben, wann die monatchistische Partei von 1920 ihr palentrepublikanisches Herz endlich entdeckt hat. Stürmische Heiterkeit.

Sonnabend, 11 Uhr: Fortsetzung.

Schluß 5 Uhr 20 Minuten.

Nr. 44 des Reichsgeslundheitsblatts! vom 3. No⸗ vember 1926 hat folgenden Inhalt: A. Amtlicher Teil 1. Personal⸗ nachrichten. Fortlaufende Meldungen über die gemeingefährlichen Krankheiten im In, und Auslande. Zeitweilige Maßregeln gegen gemeingefährliche Krankheiten. Gesetzgebung usw. (Preußen, Reg. Bez. Westpreußen. Fleischbeschau bet Hausschlachtungen. (Lübeck) Gebührenordnung für die tierärztlichen Grenzuntersuchungen. Gtalien. ) Verbrauch stoffe der Landwirtschaft und landwirtschaft⸗ liche Erzeugnisse. (Schluß.) Tierseuchen im Auslande. Necht⸗ sprechung. Augendiagnose. Vermischtes. (Deutsches Reich) Vor⸗ träge über Volkegesundheitsfürsorge. (Preußen. Nendruck der Außssführungöbestimmungen A, B und 9 zum Fleischbeschaugesetz. (Ankündigung. Aerztlicher und tierärztlicher Rundfunk. Jahres⸗ versammlung des Normenausschusses der Deutschen Industrie. Geichenkliste. B. Nichtamtlicher Teil. Abhandlungen; Hesse: Der III. Internationale Kongreß ür Rettungswesen und Erste Hilte bei Unglůckssällen. C. Amtlicher Teil 1J. Wochentabelle über Ehe⸗ schließungen, Geburten und Sterbefälle in den deutschen Groß⸗ städten mit 100 900 und mehr Einwohnern. Geburts, und Sterblichkeitsverhältnisse in einigen größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen und Sterbefälle an übertragbaren Krankheiten in deutschen Ländern. Witterung. 13. Beiheft: Breger, Die Er⸗ geh le der Internationalen Sanitätstonserenz zu Paris, Mai⸗Juni

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr Tyrol. Charlottenburg.

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Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft. Berlin. Wilhelmstr. 32.

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Reichs bantgirotonto. Berlin, Montag, den 8. November, abends. Poftschecktonto: Berlin 1821. 1 926

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. 2

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——

Inhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich. Ernennungen ze. Preuszen.

Mitteilung über die Verleihung der Rettungsmedaille am Bande und der Erinnerungsmedaille für Rettung aus Gefahr.

Bescheid über die Zulassung von Zündmitteln.

Amtliches.

Deutsches Reich.

Der Generalkonsul Max Müller ist zum Konsul des Reichs in Liverpool (England) ernannt worden.

Preußen. Ministerium des Innern.

Das Preußische Staatsministerium hat mittels Erlasses vom 19. Oktober 1926 verliehen: Die Rettung smedaille am Bande an: Fritz Nevthan, Kranführer, in Holsterhausen, Anton Per sch, Küfergeselle, in Oberwesel, Kreis St. Goar, Frieda Mar(chell, Gutsbesitzersfrau in Kruglanken, Kreis Anger— burg 1(Ostpr.), Helene Grupe, geb. Baumgarten, in Bodenwerder, Kreis Hameln Pyrmont. Die Erinnerungsmedaille für Rettung aus Gefahr an: . Wolters, Schlosser, in Dorsten, Kreis Recklinghausen, einz Schärfe, Zimmermannslehrling, in Zeitz.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Der Wasserbaudirektor Kieseritzky in Stettin ist in den Ruhestand übergetreten.

Der Oberregierungs baurat Wulle in Kiel ist unter Rück⸗ übernahme aus dem Reichsdienst in den preußischen Staats⸗ . vom Staatsministerium zum Wasserbaudirektor ernannt worden.

Bescheid über die Zulassung von Zündmitteln.

Den Deutschen Cahücit⸗Werken Aktiengesell⸗ schaft zu Gnaschwitz wird die doppelt weiße Zündschnur ohne Papie rum spinnung, hergestellt in der Fabrik Gnaschwitz, für den Bezirk des unterzeichneten Oberbergamts unter folgenden Bedingungen zugelassen:

a) Beschaffenheit: Die Pulverseele mit blaugelbem Seelen⸗ aden ist mit 109 dicken Fäden Jutegarn umsponnen. Die Umspinnung besteht aus 6 Jute säden, die Ueberspinnung aus 10 Baumwollfäden. Die Umspinnung ist mit Teer, die Uleber⸗ spinnung mit Kreide und Leim imprägniert.

b) Besondere Bedingungen: Die Zündschnur darf zum Schießen mit Sprengluft nicht verwendet werden. Sie ist schlagwetter⸗ sicher und seuchtigkeitsbeständig und erscheint zum Gebrauch in warmen Bergwerken geeignet.

Clausthal, den 2. November 1926. Preußisches Oberbergamt.

e ···· /

einschließlich des Portos abgegeben.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Uebersicht über die Reichseinnahmen und ⸗ausgaben in den Monaten April bis September 1926.

April -August Septbr. Zusammen 1926 1926 Beträge in Millionen Reichsmark

2814, 544,9 3359,65 1405 440 18455

2966, 2 588,9 3544, 1 II. Ausgaben:

a) Allgemeine Reichsverwaltung . 1735,4 405, 21 40,5 b) Reparationszahlungen. ... gh, h 41,5 137,0 o) Steuerüberweisungen .... 962,9 319,4 1282, 3

Summe der Ausgaben. . 2793, 8 766, 0 36659, 8 Mithin kassenmäßiger Zuschuß .. 177, 15,7 Mithin kassenmäßiger Ueberschuß . 161,4 Monatszwölftel der in den Haus

halt eingestellten Ueberschüsse aus den Jahren 1924 und 1925 ..

Mithin etatsmäßiger Zuschuß .. Ueberschuß ö B. Außerordentlicher Haushalt. J. Einnahmen 1,1 II. Ausgaben:

a) Allgemeine. Reichs verwaltung

einschl. Kriegslasten .... b) Reparationszahlungen. ...

Summe der Ausgaben .. Mithin aus Anleihe zu decken.. C. Nachträgliche Einnahmen und Ausgaben zu Lasten des Rechnungs⸗

. jahres 1925. IJ. Einnahmen. 45,8 II. Ausgaben . 266, 4 Stand der schwebenden Schuld am 31. 8. 1926 1. Zahlungs verpflichtungen aus der

Begebung von Schatzanweisungen 18,6 2. Sicherheitsleistungen 50,9 3. Darlehen von der Post 1000

A. Ordentlicher Haushalt.

J. Einnahmen: a) aus Steuern, Zöllen und Abgaben b) Verwaltungseinnahmen ...

Summe der Einnahmen,

153,0 309 183.9

1462

. oz

161,9 104.1

266 v 264 9

Deutscher Reichstag. 227. Sitzung vom 5. November 1926.

Nachtrag.

Die Rede, die der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns im Laufe der Beratung der Erwerbslosenfürsorge J., hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm, wie ö gt:

Meine Damen und Herren! Ich habe zwar noch kurz vor der Sommerpause hier in diesem hohen Hause über die Fragen der Arbeitslosenfürsorge gesprochen und habe mich auch im Sozial⸗ politischen Ausschuß des Reichstags in den letzten Wochen an den Debatten über dieses-Problem ausgiebig beteiligt. Angesichts der Bedeutung der Frage halte ich mich aber doch für verpflichtet, vor der breiten Oeffentlichkeit den gegenwärtigen Stand der Dinge nochmals darzulegen und dabei die Auseinandersetzungen zu be⸗ rücksichtigen, die in der letzten Zeit gepflogen worden sind.

Zunächst, meine Damen und Herren, ein Wort zur Lage des Arbeitsmarktes! Bekanntlich war die Ziffer der Arbeitslosen im Februar / März dieses Jahres am höchsten. Ich brauche die ein⸗ zelnen Ziffern hier nicht mehr namhaft zu machen. Gegenüber dem 1. März dieses Jahres haben wir jetzt 700 000 unterstützte Erwerbslose weniger zu verzeichnen und gegenüber dem 1. Juli dieses Jahres eine Abnahme von 400 000 festzustellen. (Zuruf von den Kommunisten: Die Ausgesteuerten Darauf komme ich gleich noch! Seien Sie nur geduldig, Herr Stoecker, Sie werden das alles noch hören; aber Ihre Ziffern kommen dabei nicht heraus! Die statistischen Ergebnisse vom 1. November dieses Jahres werden aller Voraussicht nach weitere Abnahme der unter⸗ stützten Arbeitslosen ausweisen. Freilich wird diese Abnahme in der nächsten Zeit ein langsameres Tempo haben als in den letzten Monaten. Das kommt daher, daß jetzt vorerst eine Reihe von Verschlechterungen aufgefangen werden muß, ehe die weitere Ab⸗ nahme in den Ziffern zum Ausdruck kommt.

Ich darf wenigstens auf einige Städte hinweisen, deren Ziffern uns heute schon zur Verfügung stehen. In Berlin ist vom; 15. Oktober zum 1. November eine Abnahme von 161 000 auf

168 000 zu verzeichnen, in Bremen in derselben Zeit von 7000

auf 6600, in Hamburg von 32 300 auf 31 100, in Nürnberg von 21 300 auf 20 600 in Nürnberg ist es wahrscheinlich die Ma⸗ schinenindustrie, die Arbeitslose aufnimmt in Elberfeld von 6000 auf 5500. Hier ist es die auflebende Textilindustrie, welche den Arbeitsmarkt verbessert. Es ist nicht uninteressant, die Ent⸗ wicklung der Erwerbslosenziffern getrennt nach den Geschlechtern zu betrachten. Die männlichen Erwerbslosen haben vom 1. März 1926, also von der Höchstziffer dieses Jahres, bis 15. Oktober 1926 eine Abnahme von stark 30 zu verzeichnen gehabt. Die Höchst- ziffer bei den Frauen war am 1. Juli mit rund 332 00 erreicht, am 15. Oktober betrug sie 254 000, also eine Abnahme von nur 23 v5. Wenn wir einen Vergleich anstellen zu den früheren Jahren 1924/25, so betrug der Antril der Frauen an den unter= stützten Erwerbslosen im Jahre 1924 10,4, 1925 11,4 vH. 1926 war er fortgesetzt steigend bis zu 19,6 vH. Ich gebe zu, daß die Weiblichen bei den Pflichtversicherten in den Krankenkassen etwas über 30 vH ausmachen. Verglichen mit dieser Ziffer wäre ja die Zahl 19,5 v5 Anteil an den Erwerbslosen noch nicht so hoch. Man muß aber doch dabei bedenken, daß für die Frauen die Er⸗ werbs möglichkeiten vielgestaltiger sind als für die Männer und daß sie auch nicht so sehr auf das Erwerbsleben angewiesen sind als der Mann. (Widerspruch im Zentrum) Frau Abgeordnete Teusch, ich weiß, daß wir hier eine kleine Meinungsverschiedenheit haben. Trotzdem halte ich mich für ver⸗ pflichtet, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen, weil ich der Ueberzeugung bin, daß diese Ziffern ein Beweis für eine Tat— sache sind, die auch sonst bei näherer Prüfung der Entwicklung der Dinge auf dem Arbeitsmarkt festgestellt wird, nämlich: daß unter der steigenden Unterstützung in diesem Jahre doch die Beweglichkeit der Frauen in der Anvpassung an den Arbeitsmarkt etwas gelitten hat und daß die Zahl derjenigen Frauen größer wird, die sich in der Häuslichkeit und mit Gelegenheitsarbeiten beschäftigen und insofern eigentlich nicht unter die Erwerbslosen zu rechnen sind, daneben aber doch die Erwerbslosenunter⸗ stützung beziehen, weil sie irgendeine Arbeit außerhalb des Hauses aufgeben mußten.

Das Bild, das ich eben über die Entwicklung der Arbeits⸗ losen auf Grund der amtlichen Statistik entworfen habe, zeigt sich auch bei der Betrachtung von Statistiken, die von anderer, privater Seite vorliegen. So ist die Arbeitslosigkeit in den Ge⸗ werkschaften von 22,6 Prozent im Februar auf 16,8 Prozent im September zurückgegangen. Die Andrangsziffer bei den öffent⸗ lichen Arbeitsnachtoeisen betrug im Januar sechs und im Sep⸗ tember fünf Arbeitsuchende auf eine Arbeitsstelle. Aus diesen Ziffern ergibt sich immerhin eine wesentliche Besserung des Arbeitsmarktes, eine Tatsache, die wir doch bei aller Würdigung der Schwierigkeiten und der Not der Arbeitslosen nicht übersehen wollen.

Wir wissen, daß die Arbeitslosigseit in Deutschland zu einem wesentlichen Teil auf Ursachen zurückzuführen ist, die nicht von heute auf morgen verschwinden werden. Ich nenne die Folgen des Krieges, ich nenne den gewaltigen Zudrang zu den Erwerbstätigen, ich nenne insbesondere auch die Rationalisierung unserer Wirt⸗ schaft. Daneben haben wir dann noch seit Herbst 1925 eine außer- ordentlich schwere wirtschaftliche Krise und Depression durchlaufen. Es würde schon viel für unseren Arbeitsmarkt bedeuten, wenn wir eine bessere wirtschaftliche Konjunktur bekämen. Auch ohne ein übermäßiger Optimist zu sein, darf man wohl sagen, daß sich in bestimmten Industrien die Anzeichen für eine Besserung der Konjunktur zeigen. Jedenfalls ist der stetige Rückgang der Arbeits⸗ losen, von dem ich eben gesprochen habe, nicht zu erklären aus der Jahreszeit, sondern aus wirtschaftlichen Ursachen.

Auch die Bemühungen der Reichsregierung, zusätzliche Arbeits⸗ gelegenheit durch das sogenannte Arbeitsbeschaffungsprogramm zu schaffen, haben ihren Anteil an dem Rückgang der Arbeitslosen⸗ ziffern, einen Anteil, der sich natürlich nicht in genauen Zahlen ausrechnen läßt. (Zuruf von den Kommunisten: Daher das Sinken der Zahl der Notstandsarbeiter!) Das Arbeitsbeschaffungs⸗ programm habe ich in meiner letzten Rede vor der Sommerpause vor Ihnen entwickelt. Ich darf heute feststellen, daß es trotz vieler Zweifel und mancher Angriffe in seinen wesentlichen Teilen durch⸗ geführt wird. (Zuruf von den Kommunisten: Welche denn?) Das kommt jetzt! Geiterkeit. Das gilt insbesondere für die Maßnahmen der Reichsbahn und Reichspost; das gilt für die Bodenverbesserung und für die Siedlung; das gilt für den Straßenbau. (Zuruf von den Kommunisten: Wieviel Beschäftigte gibt es denn mehr?) Sie wissen ganz genau, daß Hunderte von

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