1927 / 34 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

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die ganz besondere Bedeutung des Gesetzentwurfs, der einen ganz wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiet der Volksgesunoheit dar⸗ tellt Die Bedenken der badischen Regierung ergeben sich aus⸗ r lid aus dem § 2, insbesondere dem zweiten Absatz. Es wird befürchtet, daß diese Bestimmung zu einer ganz außerordenitlichen Belastung der Länder führen wird.

Der Antrag Badens fand nicht die genügende Unter⸗ stützung. Der Vorschlag der Ausschüsse (Kenntnisnahme ohne Einspruch) wurde mit Mehrheit angenommen. Auch die Ent⸗ schließung wurde angenommen.

Weiterhin genehmigte der Reichsrat eine Verordnung des Finanzministers vom 2X2. Januar d. Ir, wonach nach dem J. September 1902 betriebsfähig hergerichtete landwirt- schaftliche Brennereien im Betriebsjahr 1926/27 ohne Verlust der Eigenschaft ihrer Brennereiklasse Rohstoffe verarbeiten dürfen, die von den Eigentümern oder Besitzern der Brennereien nicht selbst gewonnen sind. Es handelt sich dabei insbesondere für die betreffenden Brennereien um die Verarbeitung zugekaufter Kartoffeln. Der Minister motiviert die Verordnung mit dem sehr verschiedenartigen Ausfall der letzten Kartoffelernte und der geringen Haltbarkeit der Kar⸗ toffeln aus dieser Ernte, die durch die nasse Witterung noch gesteigert werde.

Denischer Reichstag.

267. Sitzung vom 9. Februar 1927, nachmittags 3 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)

Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 3 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die dritte Beratung des Gesetzentwurfs über die Grundschulen. Danach kann die völlige Auflösung privater Vorschulen aufgeschoben werden, wenn eine baldige Auflösung erhebliche wirtschaftliche Härten für die Lehrkräfte oder die Unterhaltungsträger mit sich bringen würde.

Der Abg. Schreck (Soz.) beantragt, den Innenminister von Keudell zu den Verhandlungen zuzuziehen und bis zu seinem Erscheinen die Erörterungen auszusetzen.

Der Antrag wird gegen die Linke und die Demokraten abgelehnt.

Abg. Löwenstein (Soz.) wendet sich gegen die Anträge in der Ausschußfassung. Noch mehr zu bekämpfen 6e ein neuer Antrag der jetzigen Regiernngsparteien, der die Aufhebung der Vorschule auch dann verhindern will, wenn die lun nde frage landesgesetzlich geregelt ist. Nach diesem Antrag soll die reichsgesetzliche Regelung der Entschädigungsfrage die Voraus⸗ ö für die Aufhebung sein. Bei Annahme des Antrages der Regierungsparteien würde nicht einmal in Hamburg die Auf⸗ 261 der privaten Vorschulen möglich sein, obwohl dort durch

andesgesetz die Entschädigungsfrage vorbildlich geregelt sei. . Abg. Rosenbaum (Komm) bedauert, daß der Herr Innenminister nicht anwesend ist, damit er zum veränderten Grundschulgesetz Stellung nehme. Der Redner fragt, ob der „Feldmarschall von Zäckerick“ dieselbe Stellung zu dem Gesetz ein⸗ nehme wie die vorhergehende Regierung. Für die Kommunisten bestehe über die reaktionäre Tendenz des Gesetzes kein Zweifel. In amtlichen Erklärungen der Regierung werde zugegeben, daß seit 1920 Verhandlungen über die Schaffung eines Reichs⸗ konkordats im Gange seien; daran sei die Sozialdemokratie schwer mitschuldig. Das komwende Reichsschulgesetz werde in Verbindung mit dem vorliegenden Gesetz unter der völligen Aufsicht der Pfaffen stehen. Die Kommunisten forderten die . des Schulwesens und den Abbau der privaten Vorschulen, den die Reichsverfassung vorsehe. Die Lehrkräfte der privaten Vorschulen seien zumeift absolute Prügelpädagogen, die nicht besser gestellt zu werden brauchten als die Zehntausende von Junglehrern.

Damit schließt die Aussprache. Unter Ablehnung kommunistischer Anträge wird die Vorlage nach den Aus⸗ chußbeschlüssen angendmmen. Verändert wird nur auf Antrag B. Mu mm (D. Nat.), Rheinländer (Sentr), Dr. Runkel (D. Vp.) die Bestimmung, daß der Abbau oder die Auflösung der privaten Vorschulen nicht erfolgen Darf, bevor eine Entschädigung oder ein Ausgleich „reichsgesetzlich“ geregelt ist. In der Ausschußvorlage war nur „gesetzliche“ Regelung verlangt worden. Mit Rücksicht auf diese Aende⸗ rung widerspricht Abg. Schreck (Soz.) der Schlußabstimmung über die Vorlage, ehe die neuen Beschlüsse gedruckt vorliegen. Die Verteilung der Drucksache soll noch im . der Sitzung stattfinden und dann die Abstimmung nachgeholt werden.

Zur zweiten Beratung stehen die Anträge der Völkischen, der Kommunisten und der Bayerischen Volkspartei wegen der Biersteuererhöhung. Im Steuermilderungsgesetz von 19826 war das Inkrafttreten der Biersteuererhöhung bis zum 1: Januar 1927 hinausgeschoben. Die Völkischen verlangen die weitere Hinausschiebung bis zum 1. April 1927. 2 Kommunisten beantragen die Aufhebung der Bier⸗ und Tabak⸗ steuer mit Wirkung vom 1. April 1926 ab. Die Bayerische Volkspartei beantragt die Aufhebung der Biersteuer. Der Steuerausschuß des Reichstags empfiehlt, die Biersteuer⸗ erhöhung am 1. April 1927 in Kraft treten zu lassen.

Abg. Henning ( Völk.) bedauert, daß der Reichstag nicht noch im Dezember die Angelegenheit erledigt habe. Infolge⸗ dessen sei die Biersteuererhöhung inzwischen tatsächlich in Kraft getreten. Der Redner verlangt die Herbeirufung des Reichs⸗ sinanzministers. Dieser Antrag wird en die Völkischen, Sozialdemokraten und Kommunisten 2

Abg. Dr. Horlacher (Bayer. Vp.) beschwert sich darüber, daß der Präsident des Reichstags vor Weihnachten das Haus veranlaßt habe, diesen Gegenstand von der Tagesordnung ab⸗ zusetzen, weil inzwischen die Regierung durch ein Mißtrauens⸗ votum gestürzt sei und nun nicht mehr zu dem Antrag auf Hin⸗ ausschiebung der Biersteuererhöhung Stellung nehmen könne. Ohne Verschulden der Bayerischen Volkspartei, die sich sofort gegen diese Vertagung gewandt habe, sei die Biersteuererhöhung deshalb am 1. Januar in Kraft getreten. Besonders wehren

müsse sich die Bayerische Volkspartei aber dagegen, daß diese Bier⸗

steuererhöhung zum Anlaß für eine darüber weit hinausgehende Bierpreiserhöhung genommen worden sei. Der Redner begründet den Antrag auf Abschaffung der Biersteuer.

Abg. Buchmann (Komm) wirft der Bayerischen Volks⸗ partei vor, daß gerade sie für die Profitinteressen tätig sei und hier nur Krokodilstränen über die Preiserhöhung weine. Der Redner begründet seinen Antrag, nicht nur die Bier⸗ sondern anch die Tabaksteuer aufzuheben. Die Biersteuer mache tausende von Brauereigrbeiter arbeitslos. Die Sozialdemokraten treffe ein gerüttelt Maß Schuld an dieser Art Steuerpolitik.

Staatssekretär Popitz hält es für unmöglich, einen Schritt rückwärts zu machen, der am 1. Januar vorwärts gemacht worden sei Auch die Biersteuer ganz abzuschaffen, möge ein frommer Wunsch sein, aber das sei bei der Finanzlage des Reiches un⸗ möglich. Allein die jetzt verlangte Senkung würde für das Reich 109 Millionen Mark im Jahr weniger Einkünfte bedenten. (Zuruf bei den Kommunisten: Sie machen sich die Sache sehr leicht!)

Abg. Simon⸗Schwaben (Soz.) wirft der Bayerischen Volt-partei vor, sie habe durch ihre Politik den Interessenten große Gewinne in den Schoß geschüttet.

Damit schließt die Aussprache. Der kommunistische Antrag wird ebenso wie der Antrag der Bayerxischen Volks⸗ partei und die Borlage des Ausschusses abgelehnt. Dadurch erübrigt sich eine dritte Lesung. Die Ablehnung der Vorlage erfolgt gegen die Stimmen der Kommunisten und der Wirtschaftlichen Bereinigung.

Es folgt die zweite Beratung von Abänderungs⸗ anträgen zum Mieterschutzgesetz. Das Mieter⸗ schutzgesetßz von 1922 bestimmt, daß Mieter und Vermieter gegenseitig erklären können, daß die Ce hl iche Miete gelten soll. Die Deutsche Volkspartei Dr. Scholz und Genossen und die Wir tliche Vereinigung Dr. Jörissen und Genossen haben beantragt, daß, wenn diese Erklärung von dem Mieter nach dem 15. Juli 1926 abgegeben ist, der Ver⸗ mieter erklären kann, daß der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelten kann. Die Deutschnationalen Hart⸗ wig und Genossen haben die Vorlegung eines Gesetzentwurfs zur Beseitigung der Wohnungsämter und Neuregelung des Mieterschutzes beantragt.

Der Ausschuß für 1 beantragt, die Anträge Scholz und Jörissen abzulehnen und den Antrag Hartwig dadurch für erledigt zu erklären.

Die Wirtschaftliche Vereinigung Dr. Jörissen und . beantragt nunmehr die Vorlegung eines Gesetzes, wonach, wenn die erwähnte Erklärung von 16. Mieter nach dem 1. Januar 1927 abgegeben ist, der Vermieter binnen vier Wochen nach der Erklärung verlangen kann, daß der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Die Wirtschaftliche Bereinigung k ferner, daß die Reichsregierung auf die Länder einwirken soll, daß sie den Abbau der Zwangswirt⸗ schaft fördern, und zwar besonders durch Aufhebung der Woh⸗ nungsämter, wo sie nicht mehr nötig sind, sowie dadurch, daß alle größeren Wohnungen bei Freiwerden aus der Zwangs⸗ . herausgenommen werden.

. Abg. Silberschmidt (Soz.) bekämpft den neuen Antrag Jörissen. Man könne die Wohnungsämter nicht etwa aufheben, ar e. müsse sie im Gegenteil ausbauen zur Kontrolle der

ohnungshygiene und für andere kulturelle Zwecke. Die Befreiung rößerer 6 en solle nur Vorarbeit leisten für die völlige ufhebung der Wohnungszwangswirtschaft zur unberechtigten Bereicherung der Hausbesitzer, wie, sie bei der Lockerung der Zwangswirtschaft für gewerbliche Räume schon zutage getreten sei.

Abg. Tremmel (Sentr) weist auf den Fall einer ehe⸗ maligen Feuerwache hin, durch deren Untervermietung der Ge⸗ neralmieter einen ungeheuren Gewinn erzielt habe. Ein in dieser Sache ergangenes Gerichtsurteil habe die iete zwar etwas Fee re ec. aber den wuchernden Generalmieter sogar von der

ahlung der Hauszinssteuer freigestellt. Hier sei ein Urteil ge⸗ sprochen worden, das der Absicht des Gesetzgebers widerspreche. Die Wohnungszwangswirtschaft müsse wenigstens bis zum Vor⸗ liegen des Ergebnisses der Wohnungszählung aufrechterhalten werden, damit hieraus die entsprechenden ö gezogen werden könnten. Den neuen Antrag der Wirtschaftlichen Ver⸗ einigung . der Redner ab.

Abg. Beythien (D. Vp) betont, daß seine Fraktion sich zu, einer Verewigung der Wohnungszwangswirtschaft nicht be⸗ reitfinden werde. Man müsse rascher und klarer an den Abbau der Zwangswirtschaft herangehen. Der Redner wendet sich in—⸗ sonderheit gegen eine Bestimmung des § 1 des Reichsmieten⸗ gesetzes, wonach zwar ein Mietvertrag abgeschlossen werden könne, der Mieter aber jederzeit nach Abschluß des Vertrages die Fest⸗ 6e des gesetzlichen Mietpreises fordern könne, während die zangfristigkeit des Vertrages unantastbar sei. Das bedeute ge⸗ radezu eine Legalisierung des Vertragsbruches. Der Redner nimmt daher den im Ausschuß mit 13 gegen 13 Stimmen ab⸗ gelehnten entsprechenden Antrag wieder auf. Wohnungsämter würden zur Erfüllung gewisser Aufgaben allerdings noch beftehen bleiben müssen. K und klar, mit bestimmter Fristsetzung müsse man an den Abbau dieser Dinge herangehen.

Abg. Martha Arendsee (Komm.) verlangt an Stelle der Beseitigung der Wohnungszwangswirtschaft die Beseitigung des Wohnungselends. Die Anträge der Rechten schlössen die Absicht in sich, aus der Notlage der Armen sich zu bereichern. Vor allem müsse die Aufhebung des Mieterschutzes für gewerbliche Räume ohne Wohnung zum 1. April in , verhindert werden. Die Wohnungsämter sollten vor allem auch mehr Rücksicht auf die kinderreichen Familien nehmen. Nicht Abbau, sondern Ausbau des Mieterschutzes sei erforderlich.

Abg. Lücke (Wirtsch. Bereinig.) begründet den neuen Antrag Jörissen. Es handle sich darum, den Ländern die Verordnung des Reichsministers über den Abbau der Wohnungszwangswirt⸗ schaft wieder ins Gedächtnis zu rufen. Gerade das, was die Sozialdemokraten erstrebten, sei unsozial. Sie wollten den Haus⸗ besitzer nicht einmal in fein eigenes Haus hineinlassen. Im übrigen sei es nicht zu rechtfertigen, daß reiche Leute zu einem Spoltpreise große Wohnungen inne hätten, während weite Kreise des Volkes zu höchsten Preisen keine Unterkunft finden könnten.

Abg. Ba r ts ch (Dem.) wendet sich gegen das Verlangen der Wirischaftspartei, die gesamte Wohnungszwangswirtschaft so⸗ fort aufzuheben, und empfiehlt schrittweises Vorgehen. Die bis⸗ herige Haltung des Reichstages beweise, daß er auch den Ländern Erleichterungen der Zwangswirtschaft, nicht aufzwingen wolle. Daß auch das Volk das nicht wolle, hätten die zahlreichen Kund⸗ gebüngen aus dem Reiche bewiesen. (Abg. Lucke Wirtschaftliche Vereinigung: Lesen Sie doch auch einmal die Kundgebungen der Hausbesitzer, die wir vertreten) Die haben Sie nicht zu ver⸗ treten, Herr Lucke, denn Sie sind Vertyeter des ganzen Volkes! (Unruhe bei der Wirtschaftlichen Vereinigung.)

Abg. Schirmer Franken (Bayer. Vp.) verlangt zielbe⸗ wußten Abbau der Zwangswirtschaft. Voraussetzung sei dafur, daß zunächst die Wohnungsnot beseitigt werde. Herr Lucke sei fein Vertreter des Mittelstandes, denn seine Anträge wendeten sich gerade gegen den zur Miete wohnenden gewerblichen Mittel⸗ stand. Außerdem 2 man sich gegen die Eingriffe dieses An⸗ lrages in die Rechte der Länder verwahren.

Damit schließt die Aussprache. Der Ausschußantrag wird angenommen, der neue Antrag Jörissen Wirtschaftliche Ver⸗ einigung) gegen die Stimmen der Antrag teller abgelehnt. Eine Reihe don Petitionen werden ohne Aussprache erledigt.

Inzwischen ist die Novelle zum Grundschulgesetz nach den Beschlüffen der dritten Lesung gedruckt verteilt worden,

Abg. Schreck (Zoz) hält es für unmöglich, das Gesetz am 1. Februar in Kraft treten zu lassen. Diese Fassung der Schluß⸗ bestimmung enthalte offenbar eine Unrichtigkeit. .

Präsident Löbe: Eine Berichtigung ist im gegenwärtigen Stadium nach Schluß der Beratung nicht mehr möglich.

Abg. Schreck (Soz.): Das . ist verfassungsändernd; es bedarf zur Annahme einer Zweidrittel mehrheit.

Für die Ausschußvorlage stimmen die Rechtsparteien und das Jentrum, dagegen Demokraten, Sozialdemokraten und Komnmunisten. Das Büro ist einig, daß zwei Drittel der Mitglieder , g 66 nicht aber darüber, ob von ihnen auch zwei Drittel für die Vorlage stimmen. Die Auszählung ergibt die Annahme der Novelle mit 20 gegen 130 Stimmen.

Präsident Löbe: Das Gesetz ist also mit einfacher Mehrheit angenommen. In dieser Feststellung liegt keinerlei Entscheidung über den verfassungsändernden Charakter des Gesetzes.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Das Haus vertagt sich auf Donnerstag ? Uhr: Kommu⸗ nistische Amnestievorlage, Schutz der Jugend bei Lustbarkeiten.

Schluß 66 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Aeltestenrat des Reichstags beschloß in, seiner die kommunistische Interpellatign über die An: gelegenheit des Reichsministers des Innern Dr. n Keudell und das kommunistische Mißtrauensvolum gegen diesen Minister auf die Tagesordnung der Freitagsitzung ken unter der Vꝑraus⸗ setzung, daß der Reichskanzler dann in der Lage sein wird, die Inter- pellatlon zu beantworten. Heute soll, wie üblich an diesem Wochen tag, nur eine kurze Sitzung von zwei Stunden abgehalten werden, um den eventuellen Rest der gestrigen Tagesordnung weiter zu beraten und außerdem den . Antrag über die Amnestie⸗ fragen zu beraten. Vom Sonnabend ab bie es bei der vor⸗ 6 kurzen Pause in den Plenarsitzungen bis zum nächsten

sittwoch Dann wird die erste Lesung des Reichshaushaltsplans mit dem Finanzausgleich beginnen. Die Verhandlungen werden ein⸗ a,,, die Ctatsrede des neuen Reichsfinanzministers zr. Köhler.

Der Rechtsausschuß des Reichstags beschäftigte sich am 8. d. M. unter dem Vorsitz des Abg. D. Dr. Kahl (D. Vp.) mit kommunistischen, sozialdemokratischen und demokratischen An⸗ trägen, die eine Reform der Ehescheidungen dahin wünschen, daß Ehen auch bei Zerrüttung und ohne das von den Gesetzesbestimmungen verlangte Verschulden mindestens eines Eheteils geschieden werden können; ferner wünschen diese Anträge in mehr oder weniger schärferer Form die Ermöglichung einer Ehelösung beim Vorliegen von Geisteskankheit leichterer Art, 3. B. schwerer Hysterie . Vor Eintritt in die Tagesordnun ergriff der neue Reichsjustizminister Dr. Hergt das Wort u erklärte, es sei 7 eine ganz besondere ö Beziehungen zum Rechtsausschuß heute eröffnen zu können. Er bitte um Nach⸗ sicht bei der gemeinfamen Arbeit, da ihm die eigentlichen. Justiz= aufgaben natürlich etwas fremd geworden seien. Es bedürfe er⸗ neuter mühevoller Arbeit für ihn, um ö die vorliegenden Auf⸗ gaben wieder einzuarbeiten. Schon die Regierungserklärung habe auf einzelne große Aufgaben der Justizreförm hingewiesen Vor allem sollten Strafgesetz und Strafprozeß reformiert werden und es sei nach der Regierungserklärung zu erhoffen, daß noch dieser Reichstag beide Aufgaben erfüllen wird. Aber auch andere Re⸗ 6 ständen bevor, sowohl auf dem Gebiete des infernationalen

echts, wie auch bezüglich des Patent⸗ und Gebrauchs- musterrechts, bezüglich der Rechtsstellung der unehelichen Kinder und bezüglich eines Auslieferungsgesetzes. Der Minister hofft auf ein enges Zusammenarbeiten mit dem Rechtsagusschu Vorsitzender Abg. B. Dr. Kahl (D. Vp.) erwiderte, daß es j den , von allergrößtem Wert sein werde, sich der Mitarbeit des Herrn Reichsjustizministers zu erfreuen. Die Debatte über die Ehescheidungsreform eröffnere die Abg. Arendsee (Komm), die sich für die weitgehenden Anträge ihrer Partei auf diesem Gebiete einsetzte. Abg. ö (Bayer. Vp.) wies darauf hin, daß die Fälle einer nichtverschuldeten Zer⸗ rüttung der Ehe gar nicht so häufig seien, wie jetzt vielfach be- hauptet werde. Immer habe doch mindestens ein Teil die Schuld. Man könne daher dabei verbleiben, die Schuld an der Zerrüttung einer Ehe als Voraussetzung für die Ehescheidung aufrechtzu⸗ erhalten. Jede Erleichterung der Ehescheidung würde eine Be

nachteiligung der Stellung der Frau herbeiführen. Es sei deshalb

unverständlich, warum gerade die Frauen sich für die Erleichterung der Ehescheidung so . ins Zeug legten. Die Wirkung der Er⸗ leichterung der Ehescheidung würde die Vermehrung leichtsinniger Ehescheidungen sein. Nur im Falle der Geisteskrankheit eines Ehe⸗ gatten seien die heutigen Bestimmungen reformbedürftig. Wenn man aber den Standßunkt der Unauflösharkeit der Ehe aufgebe. gleite man bergab; deshalb sei es fraglich, ob überhaupt Aende⸗ rungen der jetzigen Gesetzgebung vorgenommen werden könnten, Abg Hampe (Wirtschaftl. Vggh stellle für seine Person 3 daß er im Gegensatz zu den früheren Ausführungen seines Fraktigns⸗ kollegen Bredt gegen eine Erleichterung der Ehescheidung sei. Herr Bredt habe vielleicht für die Wirtschaftspartei gesprochen, aber nicht für seine, des Redners, engeren Freunde, die Deutsch Hanno⸗ veraner. Wir bilden, so erklärte der Redner, in unserer Fraktion ja nur eine politische Ehe. (Zuruf: Sie scheint zerrüttet zu sein! Helterteit) Kibg. Tr. Ro sen fe id (Gos richtete an den Jieichs, justizminister die Frage, wie er zu den vorliegenden Anträgen auf Erleichterung der Ehescheidung sich stelle. Angesichts der wider⸗ sprechenden Erklärungen der früheren Justizminister sei für den Fortgang der Beratungen wichtig, zu wissen, wie der jetzige Justiz- minister sich stelle. Zurückweisen müsse man die Auffassung, ob etwa nur infolge des Krieges das Problem der Ehelssung wegen Zerrüttung akut geworden sei. Gerade die Tatsache, daß auch nicht kriegführende Länder, wie die Schweiz, Dänemark, Norwegen und Schweden, abgesehen von der Tschechoslowakei, die Ehezerrüttung ohne Verschulden als Ehescheidungsgrund eingeführt hätten, zeige, daß in vielen Ländern die Reform als notwendig erkannt worden sei, die jetzt für Deutschland erstrebt werde. Vor allem seien es die Frauen, die die Reform forderten, woraus sich doch schon ergebe, daß die Interessen der Frauen eine Erleichterung der Ehescheidung erforderten. Keineswegs werde die Erleichterung etwa leichtsinnige Eheschließungen herbeiführen, da niemand, der eine Ehe eingehe, an Scheidung der Ehe denke. Vor allem müsse in Ehen, in denen ein Teil geistig erkrankt sei, eine leichtere Scheidung möglich gemacht werden. Die , des Abgeordneten Dr. Kahl, neben dem Ber⸗ 6 dungsprinzip die Ehescheidung bei Zerrüttung zuzulassen, eien ein Entgegenkommen an die sozialdemokratischen VBinsche⸗ Reichszustizminifter Dr. He rgt vervies auf die Erklärungen, die Staalsfekretär Joel im Anftrage des früheren Reichssustiz⸗ ministers Dr. Bell abgegeben habe, und wonach der Justizminister es ablehne, in dieser Frage einen gesetzgeberischen BVorschlag 3u machen. Er selbst wolle sich nicht hinter dem Gesichtspunkte der Kontinuität zurückziehen; es sei ewas Schönes um die Konti⸗ nuität der Regierung (Zuruf des Abg. Lands berg 1Zoz t Warum haben Sie dann die 1 Regierung gestürzt? Heiterkeit), aber die Kontinuität habe natürlich auch. ihre Grenzen. Trotzdem könne er nichts anderes erklären, als Justizmiinister Bell habe erklären lassen. Bei dem großen Widerstreit der Meinungen in dieser Frage würde die Regierung ihre , falsch auf- fassen, wenn sie die Initiative ergriffe; sie würde die Gegensätze im Lande nur noch vertiefen, und das könne von ihr nicht erwartet werden. Er stamme aus einer Zeit, in der die Regierung zu Initiativanträgen der Parteien überhaupt nicht Stellung ge⸗ nommen habe. Es wäre gut, zu diesem Standpunkt zurückzukehren, und jedenfalls werde sich die Regierung in dieser . zunächst zurückhalten. Abg. P. Dr. Kahl (D. Vp wies darauf hin, daß au

der Abg. Pfleger (Baher. Vp) im Falle der Geisteskrankheit die Reformbeduͤrftigkeit des Ehescheidungsrechts anerkannt habe. Die , sei so alt wie das Bürgerliche Gesetzbuch, und wenn die Reform jetzt nicht komme, würden sich die Ehebrüche und die Zahl der Fälle, wo der Ehebruch vorgetäuscht werde, nur vermehren. Auch würde eine größe Erregung entstehen, die man durch Durchführung der —— vermeiden könne. Für ihn sei die Sache besonders schwierig wegen seiner Stellung in der Kirche. Wenn . viele Geistliche für eine Reform der Ehescheidung einträten, so sei die Kirche als solche doch dagegen. Er werde einen Aenderungsantrag einreichen, wenn seine Frak- tion gesprochen habe. Abg. Marie Juchacz (Soz ) wies auf Grund der Erfahrung, die sie aus ihrer Tätigkeit in verschiedenen Organisationen gemacht habe, auf die traurigen Sc r . der Kinder hin, die in Ehen aufwüchsen, die infolge der starxen Gesetzgebung nicht gelist werden könnten, obwohl sie aus sittlichen Gründen heraus läugst scheidungsreif seien. Die Wirkungen auf die Kinder würden in solchen Fällen um so schlimmer, je schwie⸗ riger gerade in den am meisten betroffenen Schichten der Arbeit⸗ e e,. die Wohnungs- und Wirtschaftsverhältnisse der Eltern seien. Besonders aus der Sorge um die heranwachsende Jugend . sollten die Ehescheidungen erleichtert werden. Abg. Dr. 3anemann (D. Nat.) erklärte für sich ö daß die ver⸗ schiedenen Ehereformbestrebungen nicht zur uhe kommen

ürden, wenn alle Reformvorschläge abgelehnt würden. Der gegen das geltende Des könnte dann zu Aende⸗ rungen führen, die niemand jetzt wolle. Das Festhalten an dem tarren Schuldprinzip sei nicht einmal sittlich Im einzelnen . der Redner, daß ihm die Vorschläge des Abg. Kahl noch zu weit gingen. Er sei der Meinung, daß es ausreiche und be⸗ reits eine große de s rj bedeuten würde, wenn bei dem klagenden Ehegatten die oraussetzung einer Schuld an der Zerrüttung wegfiele, so daß ein Ehegarte . dann die Schei⸗ dungsklage erheben könne, wenn ohne Verschulden des klagenden ale eine Zerrüttung der Ehe eingetreten sei. Abg., Dr. Marte Fäd ers Tem) betonte, daß außer einer oder zuei Fraktionen in keiner Fraktion des Reichstags nur Gegner der . reform säßen. Es sei in der Tat ein unmöglicher Zustand für einen Richter, daß er unter den geltenden Bestimmungen oft wider . Wissen und Wollen bei Ehescheidungen mitwirken müsse. der Reichsjustizminister sich zu dieser Frage . äußern wolle, entspräche ihrem Empfinden. Es sei auch gar nicht nützlich, wenn das Ministerium sich für oder gegen die Reform erklären wollte. Es handle 1h . um eine der ö Materien, die den Reichstag seit langem beschäftigt hätten Sie wünsche dringend die Annahme der demokratischen Anträge 3. ö der Ehescheidungen Abg. Dr. Bockius (Zentr.

verteidigte die ablehnende Haltung des Zentrums. Das Zentrum wolle lebiglich im Falle eines Verschuldens, wie es die geltenden Gefetzesbeftimmungen erfordern, die Ehescheidungen weiter be⸗ lehen lassen. Es sei gegen jede Aenderung. . in den ällen, wo noch nicht . Geisteskrankheit vorliege, se

ien seine reunbe gegen eine Erleichterung der Ehescheidung, da die Ge⸗ ahr bestehe, daß sonst schon bei einer kleinen Hysterie Ehe⸗ idungen ausgesprochen würden. Ein bißchen verrückt sei ja ließlich jeder (Heiterkeit) und die Gefahren der zu leichten Ehescheidung deshalb nicht von der Hand zu weisen. Man sei zu leicht geneigt, die Verhältnisse der Großstadt für das ganze Land zu derallgemeinern. Die öffentliche Neinung des ganzen Landes sei keineswegs für die Ehescheidungsreform. Scheinurteile kämen nur in Großstädten vor, wie in München, von wo ihm mitgeteilt worden sei, daß dort Scheidungsurteile fingiert würden. Die Leidtragenden bei den Scheidungen seien meistens die Frauen. Abg. Dr. Landsberg (Soz.) erklärte, daß die sozialben ot rati che Fraktion keineswegs von dem Wunsche ge⸗ leitet sei, eine größere Zahl von Ehescheidungen herbeizuführen. Er halte nicht gerade diejenigen für anständige . die aus der Ehescheidung einen Sport machten. Auch für ihn sei die Ehe etwas Heiliges. Aber deshalb gerade dürfe eine Ehe nicht unter allen i, nen aufrechterhalten werden, auch wenn ie zerrüttet sei. Das Zentrum, das von seinen kirchlichen Vor⸗ tellungen ausgehe, sei nicht konsequent, sonst müßte es jede Ehe⸗ cheidungsmöglichkeit beseitigen. Bei psychopathischen Personen könne dem anderen Ehegatten nicht das weitere Zusammenleben 6 werden. Die Folge sei 1 Mord oder Mordversuch. luch in Fällen der krankhaften Zanksucht müsse die Ehescheidung möglich sein. Wenn das allgemeine Landrecht in Preußen mit der Zulassung der Ehescheidung bei Kinderlosigkeit für den Fall der Uebereinstimmung der Ehegatten ausgekommen sei, dann müsse auch jetzt bei , der Ehe die Ehescheidung möglich sein. Die weitere allgemeine Debatte wurde auf Donnerstag vertagt. Nachdem der Ausschußvorsitzende Abg. DH. Dr. Kahl (D. Vp.) noch mitgeteilt hatte, daß unter den Arbeitsvorlagen für den Ausschuß sich allein etwa 13 Aufwertungsgegenstände befänden, diass n gründliche Aussprache erforderten, vertagte sich der Ausschuß.

Der ö des Reichstags beendete gestern eine Verhandlungen über den Komplevy Münchner Einwohnerwehr. Jun Abschluß der Untersuchung über die bayerischen Vorkommnisse lagen folgende Anträge vor: Der Antrag des Referenten Dr, Levi (Soz) lautet nach dem Bericht des Vereins deutscher Zeitungsverleger: Die Ermordung der am 6. Oktober 1920 tot . Maria Sandmahr in München, der am 10 Ok— tober 1920 erfolgte mörderische Ueberfall auf den ehemaligen Reichswehrsoldaten Dobner, endlich die am 4. März 1921 erfolgte Ermordung des Kellners Hans Hartung ist auf eine einheitliche, organisiertée, mit der Wirtschaftsstelle der Landesleitung der baye⸗ rischen Einwohnerwehren verbundene Personengruppe zurückzu⸗ führen. Die Taten sind begangen worden nach einem gleich⸗ mäßigen Plan unter Mitwirkung von Personen, die zu jener Wirtschaftsstelle gehörten oder in deren Diensten tätig waren, im Falle Sandmayr und Hartung unter Zurverfügungstellung von Geräten zur Ausführung, im . Sandmayr auch unter Ge⸗ währung von Mitteln zur Flucht des wegen der Tat Verfolgten. Es ist in diesem Falle auch die Organisation der Einwohnerwehr zur Bewerkstelligung der Flucht in Anspruch genommen worden. Die Taten sind begangen worden als Strafe für ein den Opfern nachgesagtes gemeinschädliches Verhalten. (Vaterlandsherrat“). Sie sind aus diesem Grunde von den leitenden Stellen der Landes⸗ leitung der Einwohnerwehren mit Genugtuung gesehen worden; es sind von dieser Stelle keine Schritte gegen die Wiederholung unternommen worden. Im Gegenteil: Im Falle Sandmayr ist durch die dem Verfolgten ö Hilfe die Strafverfolgung wirksam vereitelt worden, im Falle Hartung ist durch die von der Landesleitung der Einwohnerwehren über das bayexische Justiz⸗ ministerium durch den Dr. Gademann ausgeübten Einflüsse auf die amtierenden Staatsanwälte die Rücknahme der gegen die als Täter in Betracht kommenden Personen erlassenen Haftbefehle entgegen allen kriminalistischen Erwägungen bewirkt und die Unterlassung wirksamer, Untersuchungsmaßnahmen veranlaßt, auch die Oeffentlichkeit über den Lauf des Verfahrens getäuscht worden. Die dadurch eingetreteng Verzögerung und Verdunkelung hat die völlige Aufklärung der Tat erschwert oder unmöglich ge⸗ macht. Im Falle Dohner ist die. Tat unter Mitwirkung eines Polizeibeamten der Münchner Polizeidirektion veranlaßt worden. In allen Fällen haben die als Täter in Betracht kommenden Personen die Sympathie hoher ziviler und militärischer Funktio⸗ näre auf ihrer Seite, teils auch deren Hilfe gehabt. Der in dem Urteil des Schwurgerichts München in Sachen gegen Neunzert und Genossen festgestellte Glauben der Täter, daß dergrtige Blut⸗ taten von den Behörden gar nicht einmal ernstlich verfolgt würden“ hatte sachliche Grundlagen. Die drei obenerwähnten Taten sind Femetaten im. Sinne der Definition des Ausschusses: die Landesleitung der Einwohnerwehren war eine Femeorgani⸗ sation. Die Ermordung, des Studenten Baur durch Mitgljeder des Blücherbundes ist eine Femetat. Sie erfolgte wegen schäd⸗ lichen Verhaltens auf Grund von Verabredungen von Mitgliedern jener Organisation. Sie war geistig vorbereitet durch die von den Einwohnerwehrleuten begangenen Femetaten („verborgenes Waffenlager zeigen“ und unter dem Eindruck der ungenügenden Verfolgung jener Taten. Es hat sich nicht , lassen, daß der Blücherbund Femeorganisationen als ständige Einrichtungen e, . oder geduldet hat. Auch in diesem Falle hat der Täter ie weitgehende Sympathie staatlicher Stellen gehabt; durch sie ist ein Entweichen ermöglicht worden. Im Falle der Ermordung

s Abgeordneten Gareis hat sich der Täter und der Kreis, aus dem heraus die Tat begangen wurde, nicht feststellen lassen. Die gerichtlichen und polizeilichen Untersuchungen sind dazu bis heute u mangelhaft und unvollständig. Der Ausschuß hat mit seinen keitteln keine Möglichkeit, die notwendige kriminalistische Er⸗ gänzung der Ermittlung durchzuführen.

Dazu liegt folgender Zusatzantrag der Abgg. Mün⸗ zenberg und Creutzburg (Komm.) vor: Im Antrag Dr. Levi im letzten Absatz nach den Worten „nicht feststellen lassen“ folgenden Satz einzuschalten: „Das vorliegende aterial und die getroffenen Feststellungen weifen aber mit aller Deutlich keit ,, hin, daß die Mörder des Abgeordneten Ggreis aus denselben Kreisen stammen und aus denselben Motiven handelten, wie die Mörder im Falle Sandmayr, Hartung und Dobner?

Der Antrag des Korreferenten Dr. Schagçfer⸗Breslau (D. Rat.) lautet: Der Ausschuß gelangt auf Grund der ihm vor⸗

getragenen gerichtlichen Akten und 3. Grund seiner eigenen Beweiserhebungen zu olgenden Feststellungen über die Fern fälle: 1 Baur, 3. Mordanschlag Baur auf Scheidemann, 3. Sandmayr, 4 Hartung, 5. Dobner, 6. Gareis. A) Nachdem in den vorstehend zu 1—5 genannten Fällen durch gesetzmäßig n g gekonimene, rechtskräftige Urteile: 1. im Falle Baur urch das Urteil des Volksgerichts in München vom 22. Augus 1923: a) der Student August Zwengauer wegen Mordes, begangen an dem Studenten Karl Baur, zum Tode und zu dauerndem Ehr⸗ verlust verurteilt worden ist, 9 der Arbeiter Ernst Berger von der Anklage des gemeinsam mit Zwengauer begangenen Mordes 6 en ist; 2 im Falle Scheide mann durch Urteil es Volksgerichts München vom 26. Juli 1923 der Korrespondent des „Vorwärts“, Franz von Putkamer, wegen Vergehens der Aufforderung zum Morde an dem Reichstagsabgeordneten Scheidemann und wegen Vergehens gegen das Republikschutzgesetz zu acht Monaten Gefängnis und 500 000 Mark Geldstrafe verurteilt worden ist; 3. im Falle Sandmayr durch Beschluß der Strafkammer des Landgerichts München vom 3. April 1925 der Leutnant a. D. Hans Schweighard wegen der Anschuldigung des Mordes an dem Dienstmädchen Sandmayr außer Verfolgung gesetzt worden ist; 4 im Falle Hartung durch das Urteil des Schwurgerichts München vom 30. März 1925 die Studenten Neunzert und Bally von der Anklage des Mordes an dem Kellner Hans Hartung freigesprochen worden sind, gegen die drei weiteren Angeschuldigten das Verfahren wegen deren Ab⸗ wesenheit durch Gerichtsbeschluß vorläufig eingestellt worden ist: 5. im Falle Dobner durch das Urteil der Strafkammer beim Landgericht München vom 22. März. 1921 die Studenten Schuster und Berchtold wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und wegen Bedrohung zu je 9560 Mark Geld⸗ strafe, ersatzweise 3 je 95 Tagen Gefängnis verurteilt worden sind, ist der Ausschuß nach dem Grundsatze, daß er nicht berufen ist, in die Rechtspflege einzugreifen, und zwar auch nicht hin⸗ ichtlich rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen, nicht in der age, andere tatsächliche Feststellungen zu treffen als sie in den genannten gerichtlichen Entscheidungen vorliegen. Abgesehen hiervon hat aber auch die Beweisaufnahme vor dem Ausschuß selbst eine weitere Aufklärung hinsichtlich der Tat und der Täter, als wie sie durch die gerichtlichen Untersuchungen erfolgt und in den genannten gerichtlichen Entscheidungen niedergelegt ist, nicht erbracht.

Im einzelnen stellt der Ausschuß folgendes fest: J. Für das Vorliegen von „Feme“ im Sinne des Beschlusses des Auzschusses vom 25. April 19268 ist in den erörterten Fällen, abgesehen von dem Falle Dobner, ein Nachweis nicht erbracht. 1. Im Falwle Banur ist der Student August Zwengauer des Mordes aus politischen Motiven, d. h. weil er den Baur für einen Verräter an der Organisation des Blücherbundes hielt, überführt: a) der Nach⸗ weis, daß diesem Morde eine Berabredung im Sinne des Beschlusses des Ausschusses vom 26. April 1926 zugrunde liegt, ist nicht geführt, wenn auch, wie das Urteil des Volksgerichts München vom 22. August 1923 feststellt, ein Verdacht, der aber nicht zur Verurteilung ausreichte, hierfür fortbesteht: b) des ferneren besteht der Verdacht, daß eine der Veranlassungen für den Täter zur Ermordung des Baur, dessen Verkehr mit dem Korrespondenten des „Vorwärts“, von Puttkamer, war, der diesen Verkehr mit Baur zum Zwecke der Bespitzelung der vater⸗ ländischen Verbände gesucht und unterhalten hat. 2. Im Falle Baur—Scheidemann ist der Student August Baur über⸗ führt, ein Mordattentat auf den Abgeordneten Scheidemann geplant und in seinen Einzelheiten vorbereit zu haben. Er ist in seinem Vorhaben durch den Korrespondenten des „Vorwärts“ Franz von Puttkamer, bestärkt und unterstützt worden. Daß „Feme“ im Sinne des Beschlusses des Ausschusses vom 25. April 1926 vorliegt, ist deshalb nicht erwiesen, weil von Puttkamer behauptet, er habe die dem Baur zur Ausführung des Mord⸗ planes zugesagte Unterstützung nicht ernstlich gemeint. Gleichwohl hat der Mordplan des Baur auf den Abgeordneten Scheidemann durch das Verhalten des von Puttkamer eine wesentliche Förderung erfahren. Der Mordplan ist nur deshalb nicht zur Ausführung gelangt, weil Baur inzwischen ermordet worden war. Ob und inwieweit noch andere Mitglieder des Blücher⸗Bundes und der Organisation Roßbach an der Verabredung zur Ermordung des Abgeordneten Scheidemann beteiligt waren, ist nicht nachweisbar. 3. Im Falle Sandmayr ist „Feme“ im Sinne des Be⸗ schlufses des Ausschusses vom 26. April 1926 nicht erwiesen. Es besteht jedoch der Verdacht, daß die Sandmayr wegen Waffen⸗ verrats auf Grund einer Verabredung einzelner Männer, die damals mit Waffenbergungen zu tun hatten, ermordet worden ist. 4 Im Falle Hartung ist „Feme“ im Sinne des Be⸗ schlusses des Ausschusses vom 26. April 1926 nicht erwiesen. Es besteht jedoch der Verdacht auch in diesem Falle, daß Hartung wegen Waffenverrats oder Verrats an der Organisation auf Grund einer Verabredung einzelner Männer, die damals mit Waffenbergungen zu tun hatten, ermordet worden ist. 5 Im Falle Dobner liegt der begangenen gemeinschaftlichen und gefährlichen Körperverletzung eine Verabredung einzelner Mit⸗ glieder einer Organisation im Sinne des Beschlusses des Aus⸗ schusses vom 26. April 1926 zugrunde. II. Es liegt kein Anhalt für die Annahme vor, daß in den gerichtlich abgeurteilten Fällen Baur, Baur / Scheidemann und Dobner die in den Urteilen fest⸗ gestellten Straftaten von den Leitungen der Orggnisationen, denen die Täter angehört haben, gefördert oder gebilligt worden sind. Dasselbe gilt auch für die Leitung der Organisation, der die in den Fällen Sandmayr und Hartung freigesprochenen oder durch ge⸗ richtlichen Beschluß außer Verfolgung gesetzten, trotzdem aber noch im Verdacht der Täterschaft befindlichen Angeschuldigten angehört haben. Femeorganisationen im Sinng des Beschlusses des Ausschufses vom 26. April 1926 haben nicht bestanden. Es ist im Gegenteil erwiesen, daß die offizielle Leitung der in Be⸗ tracht kommenden Organisationen jede Brivatjustiz abgelehnt hat. JIII. 1. Der gegen einzelne Justizbeamte erhobene Borwurf pflichtwidrigen Verhaltens bei Führung der Untersuchungen ist unbegründet. Der Ausschuß erachtet es für widerlegt., daß von seiten von Beamten der Justiz etwas geschehen ist. um die Täter der Strafverfolgung zu entziehen. 2. Auch der gegen Leiter und Beamte der Polizeidirektion München erhobene Vorwurf der Ein⸗ flußnghme zur Hemmung des Verfahrens ist widerlegt.

Ein Antrag Schulte ⸗Breslau (3entr.). Dr. Schetter⸗ Köln (Zentr), Kempkes (D. Vpz. Alpers (Wirtsch. Vereinig ). Dr. Mittelmann (D. Vp), Brodauf, Dr. Bergsträffer (Dem.) lautet: Der Ausschüß gelangt auf Grund der ihm vorgetragenen gerichtlichen Akten und auf Grund seiner eigenen Beweiserhebungen zu solgenden Feststellungen über die Mordfälle Baur, Sandmayr, Hartung, Gareis und den Fall Dobner: J. a) Die Mordfälle Baur, Sandmayr, Hartung sind auf Verabredung einzelner Mitglieder der als „vaterländische⸗“ bezeichneten Organisationen zurückzuführen und dienten dem Zwecke der . angeblicher Verräter an der Organisatisn, sind also infoweit Fememorde im Sinne der Begriffsbestimmung des Ausschusses in seinem Beschluß vom 26. April 1926. Das Zu⸗ sammenbirken der an den Verabreditngen zur Tötung Beteiligten war dabei in den Fällen Hartung und Sandmayr auf einen bestimmten anscheinend geschlossenen Kreis beschränkt, während im Falle Baur die Verabredung mehr eine zufällige war. D) Im Falle Dobner besteht der Verdacht fort, daß es sich um einen Mordversuch gehandelt hat, der als solcher derselben Beurteilung unterliegen würde wie die Fälle Sandmayr und Hartung zu a. e) Der Fall Gareis ist, soweit Feme in Betracht kommen könnte, unaufgeklärt geblieben. II. Es liegt kein Anhalt für die Annahme vor daß die Straftaten einzelner Mitglieder von der Organisationsleitung gebilligt worden . Femeorganisationen im Sinne des Ausschußbeschlusses haben also nicht bestanden. Es ist im Gegenteil erwiesen, daß die offizielle Leitung der beiden in Betracht kommenden Organisationen jede Privatjustiz ab⸗ lehnte. Der Ausschuß hat aber unter voller Würdigung der Zeitverhältnssse der Jahre 1821627 mit. Bedauern (keststellen müssen, daß die Leitung der Einjwohnerwehr zu den Taten, die einzelnen ihrer Mitglieder zur Last gelegt wurden und deren

Beurteilung ihr nicht gleichgültig fein konnte, nicht innerhalb der Organisation eine ausdrücklich ablehnende Stellung ange⸗ nommen hat und nachgewiesenermaßen nichts getan hat, um nach Bekanntwerden des Falles Sandmayr für die Luut ähnliche Taten zu verhindern. III. a)] Die auffallende Tatsache, daß es nicht gelungen ist, die Täter in den Fällen Hartung und Sandmayr n überführen und daß der zum Tode verurteilte, zu lebensläng⸗ icher Zuchthausstrafe begnadigte Zwengauer entweichen konnte, hat ihren rund zum Teil in Maßnahmen der Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden, die heute als verfehlt erscheinen. b) Unbegründet ist aber der gegen einzelne ,. erhobene Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens bei Führung der Unter⸗ suchung, insbesondere im Fall Hartung. Daß in diesem Falle etwas in der Absicht, die Täter der Strafverfolgung zu ent⸗ iehen, geschehen ist, hält der Ausschuß nicht für erwiesen. c) Im Falle Tobner erachtet der Ausschuß das Urteil für einen Fehl⸗ spruch d) Auch der allgemein gegen Leiter und Beamte der Polizeidirektion München ausgesprochene Vorwurf der Einfluß⸗ nahme auf den Gang der Untersuchung zur Hemmung des Ver⸗ fahrens in den Fällen Hartung und Dobner ist nicht aufrechtzu⸗ erhalten. Dagegen kann er gegen den Kriminalkommissar 8er nicht als beseitigt angesehen werden. e) Der Ausschuß erblickt die Ursache ungenügender Aufklärung der Straftaten: 1. im Falle Hartung in der Aufhebung der Haftbefehle und in der Nicht⸗ durchführung des Zeugniszwangsverfahrens gegen Gademann; 2. im Falle Sandmayr in dem nicht ausreichenden energischen ersten Zugriff der Strafverfolgungsbehörde, insbesondere gegen⸗ über Schweighart; 3. im Falle Gareis in der unzureichenden Verfolgung der Spur des Janusbriefes und die Ursache der Entweichung Zwengauers in einer Ueberführung desselben in ein Krankenhaus ohne Ueberwachung der sicheren Unterkunft da⸗ selbst.

Ein Antrag Troßmann-Nürnberg (Bayer. W.) lautet: Der Ausschuß gelangt auf Grund der ihm vorgetragenen Gerichts⸗ akten und auf Grund seiner eigenen Beweiserhebung zu folgen⸗ den Feststellungen über die sogenannten bayerischen Femefälle: J. Es ist nach dem Beschluß des Ausschusses vom 13. Oktober 1926 festgestellt, daß die gegen den e, , Justizminister Dr. Gürkner erhobenen Vorwürfe der Grundlage entbehren. Es ist insbesondere als widerlegt zu erachten, daß der jetzige Justiz⸗ minister, damalige Landgerichtsrat Br. Gürtner, irgendwie im Falle Hartung oder Gareis in die schwebende Untersuchung ein⸗ gegriffen oder einen Einfluß geltend gemacht hat, um den Fort⸗ gang des Verfahrens zu hemmen. II. Der in den Akten vor—⸗ liegende Tatbestand hat sich in wesentlichen Punkten nicht er= gänzen lassen. Es liegt kein Anhalt für die Annahme vor, daß die Straftaten einzelner Mitglieder von der Organisationsleitung der Einwohnerwehr gebilligt worden sind. Femeorganisationen im Sinne des Ausschu ßbeschlusses vom 26. April 1926 haben nicht bestanden. Es ist im Gegenteil erwiesen, daß die Leitung der beiden in Betracht kommenden Organisationen jede Privat⸗ justiz ablehnte. Als unbegründet hat sich ferner der gegen einzelne Justizbeanite erhobene Vorwurf „pflichtwidrigen Verhaltens“ bei Führung der Untersuchung erwiesen.

Der Vorsitzende Dr. Schetter (Zentr.) führte aus, daß die vorliegenden Anträge natürlich nicht ganz unberührt seien von der politischen Stellung der Antragsteller, und eröffnete dann die Sebatte über die Anträge. Abg. Dr. Le vi (Soz) wandte sich gegen den Antrag Dr. Schäffer, der mit den Voraussetzungen der Tätigkeit des Ausschusses unvereinbar sei. Zwischen leinen Antrag (dem Antrag des Referenten) und dem Antrag Schulte und Genossen beständen wichtige Differenzen bezüglich der Mit⸗ schuld der Leitung der Bayerischen Einwohnerwehr. Gademann habe sicher bei seiner Intervention im Falle Hartung Rücken⸗ deckung bei der Landesleitung der Einwohnerwehr gehabt. Auch sei festgestellt, daß die Flucht Schweighards durch die Landes⸗ leitung finanziert und organisiert sei. An diesen Tatsachen könne man nicht vorübergehen. Ebenso wendet sich der Redner gegen die These des Antrags Schulte, daß keine Absicht bestauden habe, die Täter der Strafverfolgung zu entziehen. Eine Feststellung der Absichten der Justizbeamten könnte sich der Ausschuß ersparen, wohl aber seien die objektiven Maßnahmen der Justizbehördem als durchaus unsachgemäß zu kritisteren Das Vexhalten des Oberstaatsanwalts int Falle Hartung sei absolut nicht zu recht⸗ fertigen, da die allerschwersten Indizien gegen Beurer und Ge⸗ noffen borlagen. (Der Redner wiederholt diese Indizien nochmals im einzelnen,. Wie hätte man da die Haftentlassung verfügen können. Daß hier die Strafverfolgungsbehörden in schwerster Weise gefehlt hätten, könne nicht bestritten werden. Der Redner erklärt sich gegen den kommunistischen Zusatzantrag zum Fall Gareis. Hier handle es sich um ein unfertiges Aktenstück, die Kriminalbehörden müßten mit der vollen Verantwortung wegen Unterlassens weiterer Untersuchungen belastet werden. Abg. Dr. Schäffer (D. Nat) fragte die Herren, die den Antrag Schulte eingebracht haben, ob sie mit ihren Thesen den bayexischen Be⸗ hörden politische Motive unterlegen wollten. Abg. Kempkes (D. Vp) als Mitantragsteller erklärte für seine Person, daß direkte politische Motive nicht vorlägen, wenn man sie auch zwischen den Zeilen lesen könne. Abg. Landsbero (Soz) führte aus, der ÄUusschuß müsse dem Reichstag einen gründlichen Bericht erstatten. Hoffentlich finde sich hier eine Mehrheit für einen Beschluß. Tatsächliche Feststellungen eines Gerichts für un⸗ richtig zu erklären, sei kein Eingriff in die Rechtspflege. Diese These des Mitberichterstatters würde jede Tätigkeit des Aus⸗ schufses vereiteln. Der Redner empfahl den Antrag des Bericht— erstatters und äußerte sich zu dem Antrag Schulte und Genossen, den er „Antrag der Mittelparteien“ nannte, im Sinne des Be richterstatters Dr. Levi. Eharakteristisch sei die Erklärung des bayerischen Justizministers „ich kann da nichts machen“. Das sei ein Beweis dafür, daß man ihm etwas besonderes zugemutet habe. Wie würden die Herren sich ereifern, wenn an Stelle des Justizministers Roth etwa ein sozialdemokratischer Minister ge⸗ skanden und ähnlich gehandelt hätte? Die Landesleitung der Ein⸗ wohnerwehr sei schwer belastet; aus Sympathie für die Mörder habe sie sich zu Eingriffen in die Justiz verleiten lassen, um die Mörder der Strafe zu entziehen. Wenn die Täter nicht ge⸗ wußt hätten, daß sie von mächtiger Seite geschützt würden, hätten je ihre Talen nicht begangen. Hartung und Baur wären hero⸗ stratische Existenzen, aber das arme Mädchen, die Sandmayr, die sich ein paar Groschen verdienen wollte durch Anzeige eines Waffenlagers, zu ermorden, sei eine unerhörte Tat, und es sei unerfindlich, wie man mit den Mördern sympathisieren und sie noch einem bayerischen Prinzen empfehlen könne! Bezeichnend sei auch, daß keiner der Mörder den Mut gehabt habe, seine Tat einzugestehen. Eine Reihe von Zeugen hätte den Ausschuß gründ⸗ lich belogen, genau wie alle die Mörder gelogen hätten. In der Schule hätten wir gelernt, Harmodius und Aristogiton als ver— ehrungswürdige Personen zu betrachten: wir hätten, uns ent⸗ rüstet, als Börne Wilhelm Tell einen Mörder nannte! Es gebe Fälle, wo es verständlich sei, daß jemand sage: „Ich oder du nrußt fort!“, aber dann müsse der Täter auch immer mutig für seine Tat einstehen. Der Redner kritisierte dann noch scharf die bayerische Fuftiz. Sämtliche Beschuldigte hätten in hohem Maße die favor judicis (Gunst des Rächters gehabt. In den Thesen müsse das Verhalten der bayerischen Justizbehörden unbedingt kritisiert werden. Redner erörterte Einzelheiten des Falles Hartung und betonte die merkwürdige Tätigkeit Gademanns, des juristischen Beraters der Leitung der Einwohnerwehr in diesem Fall. Abg. Creutzburg (Komm.) bekämpfte den Antrag des Mit- berschterstatters Dr. Schäffer, der freilich der politischen Haltung der Serren von der Rechten bei den Untersuchungen des Aus⸗ schusses entspräche. Die Argumente Dr. Levis gegen den kommu⸗ nistifchen Antrag seien nicht stichhaltig, der Untersuchungsbehörde werde dadurch nichts von ihrer Verantwortung abgenommen. Abg. Troß mann (Bayer. Vp.) führte aus, der Ausschuß könne keine anderen Feststellungen machen, als sich aus den Zeugen aussagen ergeben. Sonst verfalle er in denselben Fehler, den angeblich die bayerischen Gerichte begangen haben sollen. Es sel durch die Zeugenausfagen nicht mal erwiesen, daß die Landes⸗