1927 / 47 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Feb 1927 18:00:01 GMT) scan diff

daß das Reich auch noch damit befaßt werden wird. Das wäre zu sagen zu dem Hinweis auf die Hypothekengläubiger

Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß wir dieser An— regung des Herrn Vorredners nachkommen. Es ist nur peinlich, daß die Pause von acht Tagen dazwischenliegt. Keil: Dann wollen wir es morgen erledigen?) Morgen und übermorgen geht es ja, da verhandeln wir über diese Dinge im Rahmen des Arbeitsministeriums. Dabei werden schon die Redner aller Fraktionen zu Worte kommen; denn ich kann doch annehmen, daß in zwei Tagen die Redner sämtlicher Fraktionen sich zu dieser Frage äußern könnten. Damit wäre dem Reichsrat das Nötige an die Hand gegeben. Das letzte Wort über die Frage: wann soll die Mieterhöhung erfolgen? kann der Reichstag dann immer noch sprechen, zumal eine gewisse Vorbereitung auf die Mieterhöhung von 10 Prozent zum 1. April ohnehin gegeben ist. Damit wird im allgemeinen, soviel ich sehe, überhaupt im Deutschen Reich ge— rechnet. (Zurufe links und Heiterkeit) Daß Sie das be— kämpfen, weiß ich, aber das andere ist trotzdem richtig.

Schluß 4 Uhr.

Freußischer Staatsrat.

Sitzung vom 24. Februar 1927. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)

Der Staatsrat beriet gestern über die Novelle zum Ausführungsgesetz zum Finanzausgleichs⸗ gesetz vom 5. Mal 1926, die erforderlich ist, da betanntlich der große Finanzlastenausgleich auf ein weiteres Jahr ver= schoben worden ist. Es sollen möglichst wenige Aenderungen vorgenommen werden, um den Zustand des Vorjahres für die Uebergangszeit für die betroffenen öffentlichen Körperschaften möglichst unverändert beizubehalten.

Berichterstatter Dr. Kaiser-Dortmund (Zentrum) wies darauf hin, daß die Verteilung der Hauszinssteuer erhalten bleibt mit einer Aenderung des Prozentsatzes, der den Ministern zur Unterstützung von Kreisen, die durch Fürsorge für die aus den abgetretenen Gebieten eingewanderten hilfsbedürftigen Personen oder n , Veränderung der Reichsgrenze mit Kosten der öffent⸗ lichen Fürsorge besonders belastet sind, sowie für Personen, die nach . der Frist aus der Heinen bol r erfläre ausgeschleden sind, zur Verfügung steht. Die Sätze sollen anstatt wie bisher 3 und 5 vom Hundert 2 und 6 vom Hundert betragen. Die relative Garantie soll an sich erhalten bleiben unter eine? gewissen Berücksichtigung der Veränderungen, die der neue Goldmahk— Verteilungsschlüssel für die Gemeinden gebracht hat; diefer Schlüssel bedeutet für manche Gemeinden eine Erhöhung, für andere eine Minderung der Anteile. Darin liegt eine gewisse Aufleckerung der Garantie. Die Vorlage will in 1 einen Ein— heitssatz von 25 Pfennig für den Kopfbetrag festlegen, während der Ausschuß des Staaksrates einen Satz von 22 P ennig für angemessen hält. Der Berichterstatter erklärt, War f habe vor allem Berlin, so daß man von einer Lex Berlin sprechen könne. 2berbürgermeister Böß (Demokrat) erwidert, man könne im Gegenteil von einer les eontra Berlin sprechen. Berlin habe im Schulwesen, für Krankenhäuser, Schwimmhallen, Feuerwehr, so große Mittel aufzuwenden, daß die vom Ausschuß Horgeschlagene

Aenderung für Berlin unannehmbar sei; man solle wenigstens den Satz auf 23 Pfennig . Berlin werde sonst gezwüngen sein, die Steuern zu erhöhen. Berlin sei die stärkste Steuerquelle Deutschlands; man dürfe es nicht hindern, die Produktion zu stützen; die Folgen würden das Reich und Preußen treffen. Man dürfe nicht vergessen, daß Berlin sich jedes Jahr üm viele Tausende von Exzistenzen vermehre, die kein Einkommen hätten und Berlin belasteten.

. Die Anregung des Oberbürgermeisters Böß, für die die Linke und ein Teil der Arbeitsgemeinschaft stimmt, wurde mit 31 gegen 30 Stimmen abgelehnt. Der Ausschußantrag, 2 Pfennig als Einheitssatz festzulegen, wurde angenommen. Im übrigen wurden Einwendungen nicht erhoben.

Der Staatsrat nahm noch den Antrag an, das Staats⸗ minisierium zu ersuchen, beschleunigt eine Hesetzesvorlage zur Abwicklung der Geschäfte an den Landtag zu bringen, die nach dem Grundstückverkehrsgesetz noch der Genehmigung bedürfen. Auch den Entwürfen über die Bereitstellung von Staats⸗ mitteln zur verstärkten Förderung der Bautätigkeit auf dem Gebiete des Wohnungswesens und für Landgewinnungs— arbeiten an der Nordseeküste in den Regierungsbezirken

Schleswig und Aurich wurde zagestimmt. Die nächste Sitzung wurde auf den 22. März festgesetzt.

Preußischer Landtag. 252. Sitzung vom 23. Februar 1927. Nachtrag. . Die Rede, die der Minister des Innern Gr zesinski in der ersten Beratung der Gesetzentwürfe, betr. die sogenannte Groß⸗Hamburg⸗Frage, gehalten hat, lautet nach dem vor liegenden Stenogramm iwie folgt:

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus den Worten des Herrn Ministerpräsidenten haben Sie ersehen, daß es bisher leider nicht möglich gewesen ist, die Schwierigkeiten zu lösen, die sich aus der Tatsache ergeben, daß einerseits das Unterelbegebiet durch das Wirtschaftszentrum Hamburg in ganz besonderer Weise und in ziemlich einheitlicher Richtung beeinflußt wird, während andererseits die Landesgrenzen und die ungleiche steuerliche Be— handlung der Stadt Hamburg als Stadtstaat einer planmäßigen Entwicklung des Gebietes nach einheitlichen Gesichtspunkten und unter gerechter Verteilung von Lasten und Rechten entgegenstehen. (Sehr wahr! links) Unter diesen unleidlichen Verhältnissen und darunter, daß es bisher unmöglich war, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen einen Ausgleich zu schaffen, dars aber die Wirt⸗ schaft und darf vor allen

Das Staatsministerium erständliche Pflicht an, nunmehr mit eigenen

An und aus eigener Kraft soweit zu helfen, als dies von

r Seite aus möglich ist. Daß diese Hilfe beschränkt und nicht volltommen ist, will ich von vornherein zugeben, Das Staats⸗ ministerium behält aber die Hoffnung, daß die notwendige Er⸗ gänzung im Wege einer zwischenstaatlichen Verständigung doch noch kommen wird.

Die vom Staatsministerium vorgelegten und bereits begutachteten Gesetzentwürfe betreffen dreierlei: erster kommunale Neuabgrenzung und z verschiedener preußischer Gemeinden des Unterelbegebietes, zweitens einen preußischen Sonderfinanzausgleich zugunsten der Gemeinden und Gemeindeverbände im Unterelbe und Unterwesergebiet, und

Abgeordneter

drittens die wirtschaftliche Erschließung des preußischen Gebietes an der Stronispaltung und an der Unterelbe. Der letzte Gesetz⸗ entwurf, den ich eben erwähnte, wird Ihnen erst demnächst zu— gehen. Diese Vorlage gehört zum Ressort des Herrn Handels⸗ ministers; ich versage es mir daher, schon heute näher darauf ein— zugehen. Ich darf jedoch erklären, daß, während die belden ersten Vorlagen das Ziel haben, den preußischen Gemeinden in diesem Gebiet die äußere und innere Struktur zu geben, die sie zur Er— füllung ihrer besonderen Aufgaben brauchen, die dritte Vorlage, die Ihnen demnächst noch zugehen wird, die wirtschaftliche Ent⸗ wickelung eines Teiles dieses Gebiets zu fördern bestimmt ist. (Zuruf von den Kommunisten) Sie sollten, Herr Kollege, ab⸗ warten, bis Ihnen diese Vorlage zugeht, um auf Grund eigener Kenntnisnahme Stellung zu nehmen.

Die Neuregelung der kommunalen Grenzen im Unterelbe— gebiet konzentriert sich auf drei Brennpunkte: Altona, Harburg⸗ Wilhelmsburg und Wandshek. In allen drei Fällen sind die Ver⸗ hältnisse und die Gründe, die zu einer Neuregelung zwingen, durch⸗ aus verschieden.

Altona war bisher mit 185 0090 Einwohnern die einzige

preußische Großstadt im Unterelbegebiet. Bei ihr treten die am Eingang meiner Ausführungen gekennzeichneten unliebsamen Ver⸗ hältnisse am deutlichsten und mit stärkster Wirkung in Erscheinung. Als Großstadt mit im ganzen den gleichen Aufgaben betraut wie die Nachbarstadt Hamburg, in unmittelbarem räumlichen Anschluß an sie, wird Altona, ob es will oder nicht, zwangsläufig in der Erfüllung seiner Aufgaben auf sozialem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet mit Hamburg Schritt halten müssen, wenn nicht die Aufgaben der örtlichen Selbstverwaltung und damit die Lebens— bedingungen der Menschen, die in diesem Gebiet wohnen, schwer beeinträchtigt werden sollen. Diese Erfüllung ihrer Aufgaben ist aber für die Stadt in ihrer jetzigen Gestalt und Struktur voll⸗ kommen unmöglich. Was sie braucht, ist Platz, Luft, Gleich⸗ gewicht in der sozialen Struktur. Platz braucht sie sowohl für Wohn- wie für Industriesiedlung. Wenn, wie ich annehme, die Mitglieder des Ausschusses, an den die Vorlage überwiesen werden wird, Gelegenheit nehmen werden, sich von den Verhältnissen an Ort und Stelle zu überzeugen, so werden sie finden, daß die Siedlung eines großen Teils der Be⸗ völkerung, und gerade der unbemittelten, in Altona höchst un⸗ glücklich ist und eine gebieterische Abhilfe erfordert. Es ist des⸗ wegen vollkommen abwegig, wenn in einer Schrift, die Ihnen vor einigen Wochen bereits von interessierter Seite zugegangen ist, versucht ist, den Nachweis zu erbringen, daß trotz entgegenstehender Tatsachen Altona doch genügend Luft und Licht zur Siedlung noch habe. Der Besuch an Ort und Stelle wird den Ausschußmitgliedern bestimmt das Gegenteil zeigen. Es sind eben die Sünden der Ver— gangenheit, die die Gegenwart nunmehr gutmachen muß. Auf dem der Stadt zur Verfügung stehenden Gebiet ist weder eine plan⸗ mäßige Neusiedlung, geschweige denn eine planmäßige Umsiedlung überhaupt möglich. Die großen Anstrengungen, die die Stadt auf die se m Gebiete in den letzten Jahren gemacht hat, haben sie an die Grenze nicht nur ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, sondern auch ihres Gebietes geführt. (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten) Die Grenzen ihres Stadtgebiets sind eben zu eng; sie mussen erweitert werden, und zwar in der Richtung, wo allein geeignetes Wohnsiedlungsgelände in Betracht kommt, d. h. nach Westen und nach Nordwesten.

Auch für industrielle Siedlung hat die Stadt in ihrem jetzigen Weichbild kein Platz mehr. Unbedingt zu befriedigendes Bedürfnis neuer industrieller Siedlungen hat vielmehr leider schon dazu ge⸗ führt, daß einige neue zugezogene industrielle Betriebe an Stellen angesiedelt worden sind, die für industrielle Siedlung durchaus un— geeignet sind und den ohnehin unzureichenden Raum für neue Wohnsiedlung noch mehr verkürzt haben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) Eine richtige, planmäßige An- und Umsied— 6 der Industrie ist nur in nördlicher Richtung längs der Kieler Bahn möglich, da nur hier geeignete Bahnanschlüsse zu erreichen sind. Dieses Gelände befindet sich jetzt in den Gemeinden Stell ingen⸗Langenfelde und Eidelstedt. In Eidelstedt hat sich be⸗ reits stellenweise eine gleichartige Industrie wie in Altona an— e. wodurch nicht nur die Notwendigkeit der Erweiterung gerade in dieser Richtung, sondern auch die Zweck äßigkeit einer Vereinheitlichung . 6 G . Für dieses gegebene Industriegebiet der Kieler Bahn ist das Gebiet der Gemeinden Lurup und Osdorf das natürliche Arbeiter wohngelände. Es ist dem Industriegebiet dicht benachbart, weit— räumig und unbebaut, so daß eine planmäßige und befriedigende Lösung der Arbeitersiedlung hier keinerlei Schwierigkeiten begegnet. Zwischen den Gemeinden Lurup und Osdorf einerseits und der Stadt Altona liegt die Gemeinde Groß Flottbek. Ihre Ein⸗ gemeindung mit Altona ist notwendig, einmal, um den unmittel— baren Anschluß des neuen Arbeiterwohngebiets an die Stadt Altona zu ermöglichen, dann aber auch, weil die Mittelstands⸗ stedlungen, die sowohl von Altona wie von Groß Flottbek aus vor— genommen sind, zu einem einheitlichen, an vielen Stellen inein— ander übergehenden Wohngebiet geführt haben, das eine kom— munale Trennung nicht länger rechtfertigt.

Wenn Altona erhebliches neues Gebiet für Industrie⸗ und Arbeitersiedlung gegeben werden muß, so bedeutet das zwar eine Entlastung hinsichtlich des bisher bestehenden Raummangels, keineswegs aber eine Entlastung in wirtschaftlicher Hinsicht. Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) Eine Stadt von der Größe und Bedeutung Altonas darf nicht einseitig und nicht überwiegend auf Industriearbeit und Industriearbeiter abgestellt sein. Ein solches Gemeinwesen muß vielmehr nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus sozialen Gründen einen ent— sprechenden Ausgleich in Wohngebieten haben, in denen der leistungssähigere Teil der Bevölkerung gesiedelt ist. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten Würde schon dieser Gesichtspunkt, rein kommunal gesehen, das nötig machen, was ich vorhin mit Gleich⸗ gewicht der sozialen Struktur bezeichnet habe, so kommt hier noch ein anderer Gesichtspunkt hinzu. Meine Damen und Herren, es handelt sich hier überhaupt nicht um Fragen, die nur kommunal betrachtet werden können. Die Erweiterung Altonas ist nicht nur ein kommunales Problem wie viele andere. Wenn wir hier über⸗ haupt an eine Neuregelung herangehen, so kann diese Regelung nur unter ganz großen Gesichtspunkten geschehen. Hier gilt es nicht, in Mosaitarbeit kleine, nur für die nächste Zukunft berech⸗ nete Grenzerweiterungen zu geben. Hier gilt es, einer Stadt, die sich in einer ganz besonderen Lage befindet, mit weitem Blick und auf weite Sicht die Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, die fie

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braucht, um an dieser Stelle die Aufgaben zu lösen, die sie nicht nur als kommunale Einzelzelle, sondern als wichtigster Exponent

unter den Gebietskörperschaften des Preußischen Staats im Unter-

elbegebiet braucht. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Dieser Gesichtspunkt bedingt eine besondere Einstellung zu der Frage der Eingemeindung der sogenannten Elbgemeinden Klein⸗ Flottbek, Nienstedten und Blankenese.

Ich bestreite nicht einen Augenblick, daß es sich hier um Gemeinden handelt, die sich in einer sehr günstigen Lage befinden und deren Leistungsfähigkeit durchaus ausreichen würde, um die ihnen gesetzten kommunalen Aufgaben selbständig zu erfüllen. Ebensowenig zögere ich aber, Ihnen trotzdem die Vereinigung dieser Gemeinden mit der Stadt Altona nicht nur als zweckmäßig, sondern als unbedingt notwendig zu empfe len. Nur wenn auch dieses Gebiet mit Wohnsiedlungen guter id bester Art mit der Stadt Altona vereinigt wird, ist es möglich, der Stadt Altona die kommunale und soziale Struktur zu geben, die sie mit Rücksicht auf ihre ganz besondere Lage in noch stärkerem Maße braucht, als das sonst der Fall wäre. Die Besiedlung des nördlichen Elbufers ist durchaus einheitlich. Wenn Sie, von Osten kommend, da anfangen, wo in Altona selbst die Wohnsiedlung am Elbufer beginnt, und nach Westen zu am Elbufer entlang bis Blankenese fortschreiten, so werden Sie sich davon überzeugen, daß hier von einzelnen Siedlungskernen nicht mehr die Rede ist, daß vielmehr die Bebauung und Besiedlung eine fortlaufende, ununterbrochene ist, die, landschaftlich immer schöner werdend, je mehr sie sich vom Ruß des Hafens und der Fabriken entfernt, in Blankenese ihre Krönung findet, dort, wo auf dem hohen Ufer bereits jetzt die Stadt Altona ihr vorbildliches Wasserwerk zum Mittelpunkt einer großartigen Grünanlage gemacht hat. Daß auch die finanzielle Leistungsfähigkeit dieser Gemeinden eine sehr erwünschte Stärkung des finanziellen Fundaments der Stadt Altona bedeutet, kann nicht bestritten werden. Der entscheidende Gesichtspunkt ist dies aber nicht. Selbst wenn Nienstedten und Blankenese finanziell nicht in der günstigen Lage wären, in der sie sich tatsächlich befinden, würde Altona dieses Gebiet erhalten müssen. Ich ver— stehe durchaus, daß es den Elbgemeinden nicht leicht wird, ihre Selbständigkeit aufzugeben, wenn ich auch die Formen, in denen der Kampf gegen die Eingemeindung von dieser Seite aus geführt ist, nicht in allen Einzelheiten verstehe. Aber so schwer es auch der Staatsregierung wie der gesetzgebenden Körperschaft dieses hohen Hauses fallen mag, das kommunale Eigenleben von Gemeinden zu zerstören, hier muß die Rücksicht auf das Sonder⸗ interesse des einzelnen hinter dem großen allgemeinen Interesse des Staatsganzen zurücktreten. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten)

Für den Kreis Pinneberg bedeutet der Verlust besonders der Elbgemeinden eine nicht unbeträchtliche Verminderung an Gebiet, Bevölkerung und Steuerkraft. Daß er trotzdem durchaus leistungs⸗ fähig bleibt, ist aber nicht zu bestreiten. Im übrigen wird er durch den Sonderfinanzausgleich eine so weitgehende Entlastung erfahren, daß der finanzielle Verlust für ihn weniger fühlbar wird.

Meine Damen und Herren, ist so Altona das Problem an der Norderelbe, so ist die Vereinigung von Harburg mit Wilhelmsburg das Problem an der Süderelbe und dem Stromspaltungsgebiet.

Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung schlägt Ihnen hier die Vereinigung zweier Stadtkreise vor, die an und für sich nichts Alltägliches ist, vielleicht nur noch einmal im preußischen Staatsgebiet etwa vorkommen könnte. Die Zusammen⸗ legung ist auch nur unter den ganz besonderen Gründen ver— ständlich, die eben hier vorliegen. Die Stadt Wilhelmsburg war bis zum Jahre 1925 noch Landgemeinde. Die Stadtwerdung und das Ausscheiden aus dem Landkreise Harburg, zu dem sie bis dahin gehörte, verdankt sie dem Steigen ihrer Bevölkerungszahl (etzt rund 33 000 Einwohner), das darauf zurückzuführen ist, daß Wilhelmsburg in erheblichem Umfange Arbeiterwohnsitzgemeinde namentlich für die im Hamburger Hafen beschäftigten Arbeiter geworden ist. So stark die Entwicklung Wilhelmsburgs in bezug auf die Bevölkerungszahl gewesen ist, so wenig glücklich und organisch ist seine kommunale Entwicklung. Ohne jeden einheit⸗ lichen Plan sind auf dieser Elbinsel Wohnsiedlungen ganz will⸗ kürlich in die Höhe geschossen, vielstöckig, ohne Rücksicht auf alles, worauf eine Bevölkerung außer der bloßen Behausung Anspruch erheben kann. Die bisherige Entwicklung entspricht in keiner Weise den durchaus reichen Entwicklungsmöglichkeiten dieses Gebietes. Diese Entwicklung wird und muß kommen; sie wird insbesondere kommen auf wirtschaftlichem Gebiete im Anschluß und in Auswirkung der im Anfange meiner Ausführungen erwähnten dritten Vorlage, die dem Landtag demnächst zu—⸗ gehen wird.

Die wirtschaftliche Erschließung dieses Gebietes wird aber auch große kommunale Aufgaben bedingen, die von Wilhelmsburg allein bestimmt nicht werden erfüllt werden können. Eine Ver⸗ einigung mit Harburg wäre daher schon aus diesem Grunde zweck⸗ mäßig, wenn nicht unbedingt notwendig. Was aber die kommunale Vereinigung unbedingt notwendig macht, ist die bereits in Angriff genommene wirtschaftliche Erschließung des ebenfalls auf der Elbinsel gelegenen und von Wilhelmsburg nur durch die Rethe getrennten Gutsbezirks Kattwyk. Gerade an der Rethe sind neue Hafen⸗ und Kaianlagen in der Entstehung, die der Anfang einer planmäßigen, gewaltigen Entwicklung des Stromspaltungsgebietes zu werden versprechen, einer Entwicklung, die sich in ihrer unmittel⸗ baren Auswirkung ebenso auf Wilhelmsburg wie auf Harburg erstrecken wird. Es gibt wirtschaftlich wie kommunal gesehen gar keine andere Möglichkeit, als die Vereinigung der drei Gemeinden Harburg, Wilhelmsburg und Kattwyk zu einer großen leistungs⸗ fähigen Gemeinde, die mit vereinten Kräften die sozialen, kultu⸗ rellen und sonstigen kommunalen Aufgaben zu erfüllen haben wird (Abg. Gehrmann Harburg!: Sehr wahr!), die eine Folge der wirtschaftlichen Entwicklung sein werden. Auch dieser Ver⸗ einigung haben bis vor kurzem große Schwierigkeiten entgegen⸗ gestanden. Insbesondere hat ja die Stadt Wilhelmsburg und ich leugne es nicht auch meine engeren Parteifreunde eine Vereinigung mit Harburg bisher abgelehnt. In allerletzter Zeit haben sich aber beide Teile davon überzeugt, daß sie mit lokalen Sonderwünschen die kommunale Entwicklung doch nicht aufhalten können, und erst vor einigen Tagen ich glaube, an demselben Tage, an dem der Herr Erste Bürgermeister von Hamburg seine große Rede gehalten hat haben die Organe beider Städte erfreulicherweise beschlossen, der Vereinigung zuzustimmen, und sich über bestimmte Bedingungen der Vereinigung geeinigt. Abg. Gehrmann Harburg): Gestern unterzeichnet! Ich nehme davon mit Freude Kenntnis. Bei beiden Problemen ist die

Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit der von der Staatsregierung vorgeschlagenen Maßnahmen von allen Instanzen anerkannt worden, die sich mit diesen Fragen zu befassen hatten, sowohl von den Provinzialausschüssen der beiden beteiligten Provinzen, Schleswig⸗Holstein und Hannover, wie vom Staatsrat, dessen Gutachten Ihnen ja vorliegt, aus dem Sie ersehen wollen, daß der Staatsrat bei Altona sogar noch über die Vorschläge der Regierung hinausgegangen ist.

Von ungleich geringerer allgemeiner Bedeutung ist das dritte kommunale Problem, die Erweiterung der Stadt Wandsbek. Ich brauche darüber nur wenige Ausführungen zu machen. Die Stadt Wandsbek ist mit 40 000 Einwohnern eine Provinzialstadt, deren Leistungsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeit beschränkt ist. Auch sie wird in starkem Maße durch die unmittelbare Nach⸗ barschaft Hamburgs beeinflußt, für das sie in starkem Maße Arbeiterwohnsitzgemeinde ist, wenn auch sie selbst Hamburger Arbeitern Arbeitsstellen liefert. Wandsbek hat zum Teil gut gehende Industrie, insbesondere Schokoladen- und Zigaretten⸗ fabriken, wird aber auf eigenem Gebiete mit einer stärkeren indu⸗ striellen Entwicklung kaum zu rechnen haben. Andererseits ist es nicht leistungsfähig genug, um die mit einer außerhalb des jetzigen Weichbildes etwa vor sich gehenden industriellen Erweiterung verbundenen kulturellen Lasten und Aufgaben tragen zu können. Das kommunale Problem von Wandsbek beschränkt sich auf die Wohnsiedlungsfrage. Hier muß der Stadt allerdings geholfen werden. Die Wohnsiedlung zeigt unverkennbar den Zug nach Osten in die Nachbargemeinden Tonndorf-Lohe und Jenfeld, wo die Stadt zu diesem Zwecke bereits erhebliches Siedlungsgelände in ihre Hand gebracht hat. Um eine planmäßige Siedlung im Anschluß an den Wandsbeker Siedlungskern zu sichern, wird hier eine gewisse Erweiterung des Stadtgebietes als notwendig anerkannt werden müssen. Bei der Neuabgrenzung ist wieder Rücksicht geboten auf den mit großer eigener Kraft sich ent⸗— wickelnden neuen Siedlungskern um die zum Kreise Storman gehörende Landgemeine Alt Rahlstedt herum. Die Peripherien der beiden Siedlungskerne berühren sich, und bei der Neu⸗ abgrenzung muß ebenso wie auf das Erweiterungsbedürfnis der Stadt Wandsbek darauf Bedacht genommen werden, daß die siedlerische Entwicklung im Landkreise nicht gefährdet wird. Die Aenderungen, die der Staatsrat gegenüber der Regierungsvorlage in dieser Hinsicht vorgeschlagen hat, verkennen diese Notwendig— keit offenbar.

Ich komme nun zu der zweiten Vorlage, dem Sonderfinanz⸗ ausgleich, die in der heutigen Tagesordnung unter Punkt b vor— liegt. Die finanzielle Eigenart der Lage der preußischen Rand⸗ gemeinden liegt nicht so sehr in ihrer absoluten, als in ihrer relativen Leistungsfähigkeit. Relativ im Verhältnis zu den Auf— gaben, die ihnen aus der besonderen Natur des Wixtschaftsgebiets erwachsen und relativ besonders im Verhältnis zur Leistungs⸗ fähigkeit Hamburgs, das für das Tempo, das Ausmaß der in diesem Wirtschaftsgebiete zu erfüllenden kommunalen Aufgaben Schrittmacher ist. Von wie großer Bedeutung diese Relativität ist, mögen Sie daraus ersehen, daß, während die Steuerkraft in den preußischen Randgemeinden, pro Kopf der Bevölkerung für 1925 errechnet, sich im Durchschnitt auf etwas über 50 Mark stellt, die Steuerkraft Hamburgs pro Kopf der Bevölkerung rund 100 Mark beträgt. Es handelt sich hier um ein Problem, das ganz eigenartig ist, und das, wie ich mit größter Entschiedenheit betonen möchte, in keine Parallele zu stellen ist mit irgendwelchen anderen Fällen, in denen die Leistungsfähigkeit kommunaler Gebietskörperschaften in Frage steht. Ich sage das im Hinblick auf Anforderungen, die von den verschiedensten Kommunal⸗ verbänden aus den verschiedensten Teilen des Landes im Laufe der letzten Wochen in Rücksicht auf diese Vorlage angemeldet worden sind. Hier im Unterelbegebiet und bei den Randgemeinden ergibt sich die Schwierigkeit der Lage nicht aus der eigenen unzureichenden Steuerkraft, sondern aus dem Mißverhältnis gegenüber der weit überragenden Steuerkraft dieses richtunggebenden wirtschaftlicher Zentrums, das seinerseits diese überragende Steuerkraft nicht oder jedenfalls nicht nur den örtlichen Steueraufkommen verdankt, sondern der besonderen stenerlichen Behandlung, die es durch die Reichsgesetzgebung bei der Ausschüttung der vom Reich an die Länder verteilten Steuern erhält. Dadurch, daß Hamburg als Stadtftaat an den sogenannten Ueberweifungssteuern den vollen Landesanteil erhält und behält, ohne ihn wie die übrigen Länder zum großen Teil an Gemeinden und Gemeindeverbände abgeben zu müssen, ist es in einer Sonderlage, die ich hier nur in ihrer Rückwirkung auf die preußischen Nachbargemeinden betrachten will. Da das Staatsgebiet Hamburgs räumlich ziemlich beschränkt ist, braucht es seine Einnahme nicht wie andere größere Länder für Aufgaben zu verwenden, die sich aus der Größe des Gebiets und der weiten Verzweigung der Verwaltung für ein solches ergeben. Hamburg kann vielmehr seine Einkünfte ausschließlich für kommunale Zwecke verwenden, eben weil sich die kommunalen Aufgaben mit den Landesaufgaben im weitesten Maße decken. Und wenn ich auch keinen Augenblick verkenne, daß Hamburg mit seinen Ausgaben für seinen Hafen Aufgaben erfüllt, die weit über sein eigenes Gebiet hinaus der Allgemeinheit des Reiches zugute kommen, so ändert das doch nichts an der Tatsache, daß Hamburg als Stadt infolge der Reichsgesetzgebung eine ganz andere Steuer— kraft besitzt, als sie irgend eine Großstadt besitzen könnte, die nicht den Vorzug hat, gleichzeitig ein Staat zu sein.

Meine Damen und Herren, die Folgen, die sich daraus für die preußischen Randgemeinden ergeben, beschränken sich nicht etwa auf bloße kommunale Unbequemlichkeiten, sie sind vielmehr von kaum absehbarer Bedeutung. Wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß im allgemeinen gleiche Aufgaben erfüllt werden müssen mit noch nicht einmal der halben Steuerkraft, so wird es Ihnen ohne weiteres klar sein, daß dieses Mißverhältnis bedeuten muß ent⸗ weder eine Nichterfüllung lebenswichtiger Aufgaben, die nicht in Frage kommen kann, oder eine solche steuerliche Mehrbelastung der Wirtschaft, die ebenfalls nicht in Frage kommen kann, da sie die Existenzbedingungen der Wirtschaft und damit der Bevölkerung vernichten müßte. Meine Damen und Herren, hier zu helfen, ist bei dem gegenwärtigen Stande der Reichsgesetzgebung nur der Staat in der Lage. Die Staatsregierung ist bereit, diese Hilfe zu bringen unter Zurückstellung der eigenen fiskalischen Interessen des Staates. Sie ist der Ansicht, daß hier die Allgemeinheit ein Opfer bringen muß zugunsten derjenigen Gemeinden und Ge meindeverbände, die ohne eigene Schuld, lediglich infolge der gegen wärtigen besonderen Rechtslage, sich in dieser unhaltbaren Lage befinden. Diese Hilfe soll und muß sich beschränken auf die—

jenigen Gebiete, in denen allein diese ganz besondere Voraus⸗ setzung gegeben ist, d. h. auf diejenigen Gebiete, die in unmittel⸗ barer Nachbarschaft von Stadtstaaten liegen und deren Aufgaben durch diese Stadtstaaten wesentlich beeinflußt werden. Eine genaue Prüfung hat ergeben, daß diese Voraussetzungen nur für die preußischen Randgemeinden im Unterelbegebiet und im Unter⸗ wesergebiet in Betracht kommen. Auf diese Gebiete beschränkt sich infolgedessen die Vorlage, und ich bitte jetzt schon vor Beginn der ersten Lesung in diesem Augenblick dringend darum, daß die Not⸗ wendigkeit dieser Beschränkung klar erkannt wird und auch von Ihnen festgestellt wird, daß die Staatsregierung diese Verant— wortung für eine solche Lösung nur übernehmen kann, wenn von vornherein Klarheit und Gewißheit darüber besteht, daß andere Gemeinden und Gemeindeverbände, ganz gleich wie ihre Lage sein mag, sich auf diesen Vorgang nicht berufen können.

Der Sonderfinanzausgleich ist in der Weise gedacht, daß von dem dem Lande Preußen zufließenden Anteil an der Reichs— einkommen⸗ und Körperschaftssteuer vorweg ein Betrag von 10 Millionen Reichsmark ausgesondert wird. Dieser Sonderfonds von 109 Millionen soll in zweifacher Weise Verwendung finden. Einmal soll einer Anzahl von Gemeinden, deren Kreis im Gesetz selbst erschöpfend abgegrenzt wird, automatisch ein Betrag zugeführt werden, der der Höhe ihrer eigenen Rechnungsanteile an der Reichseinkommen⸗- und Körperschaftssteuer entspricht. Damit wird erreicht, daß wenigstens hinsichtlich dieser beiden Steuerquellen die betreffenden Gemeinden ungefähr den vollen Landesanteil erhalten. Der Kreis ist abfichtlich eng gezogen worden, da es sonst nicht möglich wäre, Zuweisungen in voller Höhe der eigenen Rechnungsanteile vorzunehmen. Für die Abgrenzung ist maß- gebend gewesen die unmittelbare Nachbarschaft zur Stadt Hamburg, weil sich dort das Mißverhältnis naturgemäß am stärtsten aus wirkt. Berücksichtigt sind nicht nur einige Einzelgemeinden, sondern auch eine Anzahl von Landkreisen als solche, insbesondere der Kreis Pinneberg, den ich bereits früher in diesem Zusammen— zang erwähnt habe. Durch diese automatischen Ueberweisungen werden ungefähr zwei Drittel des Fonds aufgebraucht werden. Das letzte Drittel soll verwendet werden, um Gemeinden des Randgebietes, auch soweit sie in den engeren Kreis, der die auto⸗ matischen Zuweisungen erhält, nicht einbezogen sind, Zuwendungen für individuelle Zwecke zu geben.

Wie überhaupt alle drei oder zunächst zwei Vorlagen nur unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zu verstehen und zu behandeln sind, so muß auch der Sonderfinanzausgleich in engem Zusammenhange mit der Neuregelung der kommunalen Grenzen betrachtet werden. Denn nur bei einer Stärkung der Steuerkraft, wie sie durch den Sonderfinanzausgleich beabsichtigt wird, hat die Neuregelung des Gebietes, insbesondere bei Altona und bei Harburg⸗Wilhelmsburg, überhaupt einen Zweck. Ohne diese finanzielle Sonderunterstützung würde die Vergrößerung und Vereinheitlichung des Gebiets einen Körper ohne Kraft und Blut geben, Formen ohne Inhalt schaffen, während das, was wir

ente emer

sein sollen. (Sehr wahr!)

Meine Damen und Herren, wir werden hier durch die Macht der Verhältnisse zu Maßnahmen gezwungen, die, sowohl soweit sie auf kommunalem, wie soweit sie auf finanziellem Gebiet liegen,

nur unter dem Gesichtspunkt verstanden werden können, der nicht

nur unser soziales Leben, sondern auch unsere Wirtschaft und unser ganzes öffentliches Recht in immer stärkerem Maße beherrscht, dem Gedanken des Lastenausgleichs in dem Sinne, daß der Stärkere für den Schwächeren, die Allgemeinheit für den einzelnen eintreten muß. Ich habe die Hoffnung und die Zuversicht, daß das hohe Haus als die berufene Vertretung der Interessen des Staatsganzen unter diesem Gesichtspunkt die Vorlage beraten und verabschieden wird, überzeugt davon, daß die Eigenart der Lösung, die das Staatsministerium Ihnen vorschlägt, durch die Eigenart der Verhältnisse bedingt ist i wir zu rechnen haben, überzeugt aber vor allem davon, daß die Lösung, die die Staatsregierung vorschlägt, eine Staatsnotwendigkeit allerersten

Bravo!) 253. Sitzung vom 24. Februar, mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger. n)

Präsident Bartels bedauert, daß die Beratungen zum Landwirtschaftsetat so langsam vor sich gehen, daß der Landtag sein vom Aeltestenrat aufgestelltes Arbeitsprogramm für diesen Tagungsabschnitt, der bekanntlich am Sonnabend abläuft, nicht mehr durchführen kann. Es war beabsichtigt, auch noch den Forst— etat und den Etat der Gestütsverwaltung bis zur Vertagung zu erledigen. Dies ist hinfällig geworden. Der Präsident gibt der Hoffnung Ausdruck, daß wenigstens die Beratungen über den Land wirtschaftshaushalt noch völlig abgeschlossen werden können, zu mal beim Wiederzusammentritt des Landtags, am 15. März, die zweite Lesunß des Haushalts des Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung angesetzt ist. .

In der fortgesetzten allgemeinen Aussprache zum Land wirtschaftsetat weist

Abg. Biest er (Dt. Hannov.) die Auffassung zurück, daß man in Deutschland ähnlich wie in England die Landwirtschaft zollfrei lassen könne. In England selbst, das seine landwirtschaftlichen Produkte zum weitaus größten Teil aus seinen großen Kolonien beziehe, sei ja fast gar keine Landwirtschaft vorhanden, die des Schutzes bedürfte. Im einzelnen wünscht der Redner Förderung der Kultivierung vom Hofe aus. Er gibt der Hoffnung Ausdruck, daß die Melioragtionen und Urbarmachungen namentlich der großen Hannoverschen Oedländereien intensiver als bisher betrieben werden. Erfreulich sei, daß sich im Landtag immer mehr der Gedanke durch setze, daß es nötig sei, den angesetzten Siedlern Existenzmöglichkeit zu gewähren. Notwendig sei auch der Bau guter Landarbeiter wohnungen. Das Wichtigste sei aber, die Landwirtschaft rentabel zu gestalten; man müsse der Landwixischaft durch Zollschutz helfen. Nur für Futtermittel sollten im Interesse der Viehproduktion geringere Zölle festgelegt werden. Es müßte eigentlich eine ganze deutsche Volksbewegung entstehen, die sich gegen den Verbrauch ausländischen Obstes wende. (Zustimmung rechts) Zum Schluß wendet sich der Redner gegen das komplizierte Verwaltungssystem Die Tatsache, daß die Steuererhebungskoften in Deutschland mehr als dreimal so hoch seien wie in England, müsse bedenklich stimmen (Hört, hört! rechts.) Zu erstreben sei neben der Vereinfachung der Verwaltung schließlich noch die Stärkung des Binnenmarktes. Der Leitstern aller stagtlichen Ma¶nnahmen müsse der Ausbau den Selbstverwaltung sein.

Abg. Gieseler (Völk. stimmt namens seiner Freunde dem Landwirtschaftsetat sowie all den Anträgen zu, die geeignet sind, der Landwirtschaft zu helfen. Die Landwirischaft sei das grgt der deutschen Volkswirtschaft und müsse als solches besonders gefördert werden. Unsere Handelsbilanz werde sich wesentlich verbessern, wenn die Landwirtschaft mehr produzieren könne, wo

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*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgel der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

durch dann die Einfuhr vermindert würde. Im Interesse des Schutzes der ,, ,,. Produktion dürfe bei den Handelsvertragsverhandlungen Polen kein Entgegenkommen ge⸗ zeigt werden. Die Schulden der Landwirtschaft seien so hoch, die Zinsen dafür jährlich 559 Millionen betragen. (Hört! ört! bei den Völkischen.) ie Gewinne des Zwischenhandels . zu hoch, und die Konsumpreise müßten sich mehr den Er⸗ zeugerpreisen anpassen. Bei Befürwortung einer vom Reich unabhängigen preußischen Siedlungspolitik betont der Redner, daß es Aufgabe der Landwirtschaftskammern sei, Musterwirt⸗ schaften zu errichten. ; ö . Abg. Branden burg Soz.) weist darauf hin, daß in Beantwortung einer Umfrage des Landwirtschaftsministers über die Gründe für die Landflucht einzelne Regierungspräsidenten die Beseitigung der Gesindeordnung als Grund für die Landflucht angegeben hätten. (Hört! hört! links.) Es sei tief bedauerlich, daß heutigen Tages noch Regierungspräsidenten in Preußen vor⸗ handen seien, die derartige Antworten über Arbeiterfragen ab⸗ geben können. (Lebhafte Zustimmung links. Die Gesindeord⸗ nung mit ihrem Vertragszwang und mit ihrer Rechtlosigkeit für weite Kreise der Landarbeiter sei selbstverständlich ein für allemal abgetan. Auch ohnedies wären ja die Landarbeiter noch völlig unterdrückt. Insbesondere bekämen sie absolut unzu⸗ reichende Löhne. Der Redner erinnert an die Lohnbewegung der schlesischen Landarbeiterschaft, wo die Großgrundbesitzer sich weigerten, den mit den Bauernschaften vereinbarten geringen Lohnzuschlag zu zahlen. Im Gegenteil wollten die schlesischen Arbeitgeber sogar den jetzt 8 Pfennig betragenden Stunden⸗ lohn für vollwertige männliche Arbeitskräfte auf 7 Pfennig er⸗ mäßigen. (Lebhaftes Hört! hört! links) Dies müßte man als Kulturschande bezeichnen. In Osipreußen lägen die Verhältnisse ähnlich. Dort hätten die Grundbesitz ̃ ohnerhöhung abge⸗ lehnt, „ha zu einem ausreichenden Barlohn noch Deputat und Getreide gegeben werde“. Dieser „ausreichende“ Lohn betrege für Jugendliche zwischen 14 Jahren im Winter 3714, im Sommer 62 Pfennig je Tag, für Jugendliche zwischen 18 und 21 Jahren im Winter 84 und im Sommer 125 Pfennig pro Tag. Das Deputat sei so gering, daß man den Großgrund⸗ besitzern wünschen müßte, einmal ein Jahr lang davon zu leben. Sie würden dann nicht mehr solche Entschließungen fassen. Die weiblichen Landarbeiter bekämen in Ostpreußen und in Schlesien durchschnittlich einen Lohn, einschließlich Deputatsverrechnung, von 13 Pfennig pro Stunde. (Lebhaftes Hört! hört! links) Der Redner trägt dann eine Reihe von Einzelbeispielen für die Not der Landarbeiter vor. Demnach müsse u. a. in einem bestimmten Falle eine Landarbeiterfamilie, die sechs Kinder habe, 1 Reichsmark die Woche leben. (Pfuirufe bei den Sozialdemokrat In Ostpreußen sei in einem Falle ein Monatsbarlohn von 0,01 Reichsmark ausgezahlt worden. Die Frage, ob die Landwirte imstande seien, die Löhne der Landarbeiter zu erhöhen, müßten die Sozialdemokraten bejahen. Ihnen seien tausende von Fällen bekannt, in denen unverantwortlicher Luxus durch die Landwirte getrieben werde. Auch hierfür l auf, so z. B. den des Besitzers des Gutes Gaurich im Kreise Jericho Il, dessen Familie ar ier Mitgliedern bestehe, für die zur persönlichen Bedienung ölf Personen vorhanden seien. (Lebhaftes Hört! hört! links ; llkallener Gebiet brauche eine aus zwei Personen stehende Grundbesitzerfamilie sechs s stã Bauern die Großgrundbesitzer nicht bessere Land⸗

15 n.)

Personen zur Bedienung. w Schlesien gestände die organisation Lohnerhöhungen 3 i sie ablehnten. arbeiterlöhne . s Abg. Mönke (D. Nat.) erwidert, die Behauptungen des Vor⸗

redners über die niedrigen Löhne in Ostpreußen seien unzutreffend. Man müsse auch das Land in Ansatz bringen, das die Arbeiter erhielten, ebenso die Wohnung. (Lachen bei den Sozialdemokraten und Kommunisten: Schöne Wohnungen!) Aus allen Angriffen spreche lediglich der Haß gegen die Betriebsinhaber. Gewiß seien 20 vH der Arbeiter entlassen worden; es habe eben am Gelde gefehlt, die Arbeiter zu bezahlen. (Sehr richtig! 1

die Rentabilität besser werde, könne und werde

schaft auch höhere Löhne zahlen. Seit schaft Not; die Kritiker hätten ihr

Man müsse auch dem Bauern Existenzminimum geben. Die . dings zu wünschen. Man Erwerbslosen, 782 Millionen kosten, wieder an den Produktionsprozeß (Lachen bei den Sozialdemokraten und Kommunisten. Zuruf: denn?! Auch das Arbeitsbeschaffungsprogramm versage, die Rentabilität von Kanälen in Zweifel stehen Man energischer herangehen an Kultivierungsarbeiten r

Flächen. In jedem Kreise müsse eine Landwirtscha ie notwendige Vorbildung des Landwirts sorger i der Rückgang des Zuckerrübenbaues wegen de osten. Es müßten besondere Wege gesucht werden all an Zuckersteuern zu decken. Der Bauer l gebaut, und dann habe man die Grenze nach

und das ausländische Gemüse hineingelassen!

mit Not und Mühe sein Schwein fettgemacht Sie (nach links) die polnischen Schweine herein deutschen Bauer um seinen Lohn! (Zuruf des Dem.): Wer macht denn den Vertrag?! Freunde verlangen, daß die preußische Regierung Reichsregierung dem; ragsabschluß hafte Zustimmunger

für sein erfolgreiches

seuche. Der Redner

Landwirtschaft, wendet

den Realsteuern, kritisi verlangt Senkung der Zinsen

der Zinsenlast unaufhörlich.

streit zwischen Reich und Preußen Renten für die

daß die Siedler leben könnten

der Not der Gemeinden

geholfen habe.

Abg. Hagemann GZentt Wahrung der Freußischen Rechte staatliche Selbsttätigkeit sei notwendig teilung der Kredite müsse dem

8 1 7 7 22 erzielt werden. Aufgabe

. ) Holen

nit Hilfe einer großzügigen des Staates, die tausende

stelle.

Osnabrück

weite Oedlandgebiete r kleine Holland habe großes Moor deutschem Gebiet Kolonisten seien vo nicht alle beteiligten Der Minister se nische Personal

12000

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