ferner die Zinsbelastung von etwa 37 Marl pro Hektar, so ver— bleiben nur noch 18 Mart zur Bestreitung der persönlichen Steuern und der persönlichen Ausgaben des Wirtschafters. (Hört, Hört! rechts) Dieser Buchprüfungsausschuß kommt indessen zu dem allgemeinen Resultat:
Bei mittlerer und höherer Verschuldung ist in den letzten Jahren das gesamte Roheinkommen durch Steuern und Schuld zinsen beansprucht worden. Für die Lebenshaltung des Land⸗ wirts und seiner Familie stand in diesen Fällen aus dem Roh⸗ einkommen kein Betrag mehr zur Verfügung. (Lebhafte Rufe rechts: Hört! Hört!)
Der Herr Kollege Hepp hat die nötige Klarheit meiner Er— klärung über den Zuckerzoll vermißt. Ich bin deshalb genötigt, darauf noch einmal einzugehen. Ich hatte ja erklärt, daß die Reichsregierung sich entschlossen habe, rechtzeitig dem Parlament eine Vorlage zu unterbreiten, durch die dem Rübenbau innerhalb der Landwirtschaft und der Zuckerindustrie für die kommende Kampagne der erforderliche Zollschutz gewährt werden sollte. In dieser Erklärung ist also zweierlei klar enthalten: Erstens, daß rechtzeitig dem Parlament eine Vorlage unterbreitet werden soll, zweitens, daß durch diese Vorlage der erforderliche Zollschutz ge⸗ währt werden soll. Ich muß in diesem Zusammenhang kurz auf die Entwicklungsgeschichte dieses Gesetzentwurfs eingehen. Das frühere Kabinett hatte die beiden Entwürfe, den Entwurf über den Zuckerzoll und die Aenderung des Zuckersteuergesetzes in Ver⸗ bindung mit dem Gesetzentwurf über das Branntweinmonopol dem Reichsrat zugeleitet. Eine sachliche Beratung dieser Gesetzes⸗ vorlagen hat bisher nicht stattgefunden. Inzwischen hat der Reichswirtschatsrat eine Entschließung gefaßt, die auch für die Entschließungen des Kabinetts bestimmend gewesen ist: erstens die vorgeschlagene Steuer für Spiritus abzulehnen und zweitens eine mäßige Erhöhung des Zuckerzolls zu befürworten. Der Reichswirtschaftsrat hat es dann für wünschenswert erachtet, in einem entsprechenden Ausmaße die Zuckersteuer herabzusetzen. In einer Entschließung dieses Arbeitsausschusses des Reichs⸗ wirtschaftsrats heißt es schließlich:
Der Arbeitsausschuß erachtet es für notwendig, daß nun⸗ mehr unverzüglich die endgültige Entscheidung über die Er⸗ höhung des Zuckerzolls herbeigeführt wird, weil die derzeitige Unsicherheit je länger je mehr für die rübenbauende Landwirt⸗ schaft und für den Zuckermarkt unerträglich wirkt und ernste Nachteile für die deutsche Landwirtschaft und Störungen des Zuckermarkts verursacht.
Das frühere Kabinett hat in der Kabinettssitzung vom 8. De⸗ zember 1926 die Vorlagen wegen des Zuckerzolls, der Zuckersteuer und des Branntweinmonopols als ein einheitliches Ganzes an⸗ gesehen und sie als solches der parlamentarischen Behandlung zugeführt. Auf Grund der Stellungnahme des Reichswirtschafts⸗ rats und wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit — das ist das Neue der Situation — hat sich das Kabinett nunmehr ent— schlossen, die Zuckervorlage losgelöst von der bisherigen Einheit und Gebundenheit einzubringen. (Hört, hört! links. Ob der Entschließung des Reichswirtschaftsrats wegen gleichzeitiger und entsprechender Herabsetzung der Zuckersteuer Rechnung getragen werden wird, ist eine Angelegenheit, die der Herr Reichsfinanz⸗ minister auf Grundlage der Finanzen des Reichs zu entscheiden haben wird. (Hört, hört! und Zurufe links.)
Herr Dietrich (Baden) hat gegen mich polemisiert, weil ich ausgeführt hätte, die Landwirtschaft sei — — (Exregte Zurufe bei den Sozialdemokraten: Ist denn die Debatte wieder eröffnet! — Gegenrufe von den Deutschnationalen. — Glocke des Präsi⸗ denten. — Vizepräsident Esser: Ich bitte um Ruhe!! — Ich muß doch wenigstens Gelegenheit nehmen können, auf die Anregungen der Herren zu antworten. (Lebhafte Zurufe links. — Ja, meine Herren, der Herr Reichswirtschaftsminister hat doch ganz genau dasselbe Verfahren angewandt. (Erneute Zurufe links. — Ab⸗ geordneter Schmidt (Cöpenicks: Sie hätten sich doch vorher melden können! — Dann kann ich doch nicht wissen, wem ich noch zu antworten habe; das ist doch ganz unmöglich. (Erneute Zurufe links. — Glocke des Präsidenten. — Bizepräsident Esser: Ich möchte doch um Ruhe bitten, meine Herren. Diese Frage müssen wir nachher in einer Geschäftsordnungsdebatte klären — Herr Abgeordneter Dietrich (Baden) hat mit mir nach der Richtung hin polemisiert, daß ich davon gesprochen hätte, die Landwirtschaft sei mit ihren Leistungen noch im Rückstande. Er hat demgegenüber erklärt, daß sie sich heute mindestens auf der Höhe der Vorkriegs⸗ zeit befinde. Ich glaube, hier liegt ein Mißverständnis zwischen uns vor. Ich habe niemals — und das habe ich auch an mehreren Stellen hervorgehoben — daran gezweifelt, daß die Landwirt⸗ schaft, wie er sich selbst ausdrückt, „auf dem Wege voran ist“„, und daß sie auch wieder ganz bestimmte Stellen, und zwar Stellen, die heute wieder ein ganz bestimmtes Niveau darstellen, erreicht hat. Ich habe von dem energischen Imperativ gesprochen, der in der Landwirtschaft unterwegs ist. Ich habe aber außerdem sprechen müssen von gewissen Absatzkrisen in dem Jahre 1925/26 besonders in bezug auf Roggen und Kartoffeln, die dahin geführt haben, daß ein Rückschlag in der Landwirtschaft zu verzeichnen ist.
Das besondere Merkmal, die besondere Prägung der dies⸗ jäührigen Debatte, lag in der allseitigen Forderung der Belebung des bäuerlichen Elements. Die warmen ausführlichen Aus⸗ führungen des Herrn Dr. Perlitius, die temperamentvollen Dar⸗ legungen des Herrn Dietrich (Baden) und die aus der Lage der
schleswig⸗holsteinischen Bevölkerung geschöpften Darlegungen meines Freundes Thomsen, die logisch zwingenden Argu⸗
mentierungen des Kollegen Hepp und nicht zuletzt die des Kollegen Bornefeld, sie haben im Zusammenhange davon sprechen können, daß die Notwendigkeit der Aufrichtung eines neuen nationalen Ziels vorläge.
Meine Damen und Herren, die Zukunft eines Volkes beruht auf den Grundlagen, die seine Vergangenheit geschaffen hat. Wir haben diese Grundlage verlassen und in einem glänzenden Aufstieg der Vorkriegszeit unser Ostland entvölkert. An Stelle der Bodenständigkeit und der Heimatgebundenheit ist das Fluktuieren der Massen in die Großstädte getreten. Ent⸗ gegen der Schicksalsgebundenheit, der schicksalsgebotenen Richtung ging das Wanderziel unseres Volkes dorthin, wo heute Ueber⸗ bevölkerung und Arbeitslosigkeit herrscht. Nicht anders sind die Strukturwandlungen zu deuten, die unsere Volkswirtschaft be⸗ troffen haben. Der bekannte Soziologe und Nationalökonom Professor Sombart hat nach dieser Richtung hin ein sehr ernstes Wort ausgesprochen: „Die Länder müssen sich wieder eine eigene
agrarische Grundlage schaffen, auf der ihre Volkswirtschaft sicher ruhen kann. — Das wird auf keine andere Weise geschehen als durch die Vermehrung des Bauerntums.“ Das ist es, worauf es ankommt. Für das Bauerntum einzutreten, wird auch meine vornehmste Aufgabe sein. (Bravo! rechts. — Zuruf links: Von der Roggenschuld hat er kein Wort gesagt.)
289. Sitzung vom 18. März 1927, nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Vizepräsident Gräf⸗Thüringen eröffnet die Sitzung um 1 Uhr und teilt mit, daß der Reichstag dem Reichswehr⸗ minister Dr. Geß ler anläßlich des Ablebens seines Sohnes seine Teilnahme ausgesprochen hat.
Die zweite Lesung des Haushalts des Reichs⸗ ministeriums des Innern wird dann fortgesetzt. Abg. Gesichke (Komm.) wendet sich gegen den neuen Reichs⸗ innenminister und beantragt, ihm das Gehalt zu streichen. Weiter beantragt er Streichung der Kosten für den Reichskommissar zur Ueberwachung der öffentlichen Ordnung, für die Technische Not— hilfe und die Filmprüfstellen in Berlin und München. Dagegen beantragt er, zur Förderung der Freidenkerbewegung 390 600 Mark auszuwerfen. Der Redner fordert Umwandlung der Polizei von einer stagtlichen in eine ausschließlich kommungle Ein— richtung, Beseitigung der Ueberfallkommandos und Auflösung der berittenen Polizei. Ferner tritt er für die völlige Trennung von Kirche und Staat ein. Der Redner richtet dann scharfe persönliche Angriffe gegen den Innenminister, der gegen die Arbeiter regiere. Es sei bezeichnend, daß der Reichsbannerkamerad Marx diesem Manne die Steigbügel gehalten habe. Auf den neuen Minister passe das Wort: Edel sei der Mensch, hilflos und gut! Kein einziger Vertreter habe es gewagt, darauf hinzuweisen, daß die Fonds für kulturelle Zwecke zu niedrig seien, daß sie einen Ver⸗ gleich zu den für Polizeigesetze angesetzten ungeheuren Mitteln nicht im entferntesten aushalten könnten. Der innere Zusammen⸗ hang im Volke werde durch den Polizeiknüppel und durch regktionäre Gesetze geschaffen. Das Versammlungs- und Vereins—
gesetz rufe im ganzen Reich bayerische Zustände hervor. Das
Reichsvereinsgesetz stelle nicht nur eine Verfassungsänderung, sondern einen Verfassungsbruch dar. Das Lustbarkeitsgesetz gehe nur auf das Verbot kommunistischer Jugendorganisationen aus. Das Reichskommissariat für öffentliche Ordnung werde zu einer Reichskriminalstelle ausgebaut. Herr von Keudell erziehe die unteren Polizeibeamten bewußt zur Knechtung der Arbeiterschaft. Sein „starker Arm“ zeige nach rechts ganzseitige Lähmung. Die Massen der Beamten, Angestellten und Arbeiter würden sich trotz Technischer Nothilfe über die papiernen Gesetze hinwegsetzen und auf das Streikverbot pfeifen. Der Redner wendet sich dann gegen Titel und Orden und erklärt, für Verdienste wegen Beteiligung an der Schwarzen Reichswehr könnte man vielleicht den Titel Geheimer Umlequngsrat“ verleihen. Die Arbeiterschaft werde
erartige humoristische Titel in Hülle und Fülle beibringen können. Für Kirchenbauten sollte man lieber Krankenhäuser er⸗
richten. Der Redner fordert völlige Trennung von Kirche und Staat, Annullierung des Bayerischen Konkordats und Verbot der staatlichen Unterstützungen an Religionsgesellschaften. Die Film⸗ prüfstellen müßten aufgehoben werden. Der Minister sollte sich einmal den russischen Kunstfilm „Potemkin“ ansehen. Weiter führt der Redner aus, 1934 hätten sechzig Mann von der Olympia in einer Scheune nahe dem Gute des Ministers gelegen, nicht, wie er behaupte, vier Kilometer davon entfernt. Täglich hätten sich Herr von Keudell und die Olympia getroffen. Die Ver⸗ , der Leute habe auf dem Schloßhof stattgefunden. Wenn er Stahlhelm im Mai nach Berlin kommen werde, werde er sicher mit der wohlwollenden Unterstützung des Reichsinnen— ministers rechnen können. Zum Schluß erinnert Redner an die
am 18. März 18483 für die Revolution gefallenen deutschen Arbeiter. Die deutsche Arbeiterschaft werde 1848 und 1919 nicht vergessen. (Beifall bei den Kommunisten.)
Abg. Koch-Weser (Dem ): Ich will nicht über die Boykott— affäre Tresckow sprechen. Das Gerichtsverfahren, das der Jung⸗ deutsche Orden eingeleitet hat, muß entscheiden, ob hier ein Staatsbürger wegen seiner politischen Betätigung oder Meinung unter Beteiligung des Ministers boykottiert ist. Ich will auch nicht erneut in Untersuchungen eintreten, ob die Deutschnationalen nach den letzten Reden Graf Westarps und Everlings noch Republikaner oder schon wieder Monarchisten sind. Ich kann es nicht ergründen, sie selbst auch nicht. Aber das Legitimitätsprinzip ist endgültig aufgegeben, wenn man die Verfassung nicht mehr als Revolution und Auflehnung gegen den legitimen König, sondern als neues, vom Volke geschaffenes Recht ansieht. Eine Monarchie, die durch eine Mehrheit des Volkes neu geschaffen würde, ist keine legitime, sondern kann auch durch eine Mehrheit des Volkes abgeschafft werden. Wenn Abg. Cremer erklärt hat, daß seine Partei auf dem Boden der Verfassung stehe, aber man ihr nicht verwehren könne, die Monarchie für die bessere Staatsform zu halten, so ist leider die Diskussion hierüber noch nicht ö Wir haben an der Republik mitgearbeitet, zunächst mehr deswegen, weil sie die Wiederherstellerin der Ordnung, als weil sie die Bringerin der Freiheit war. Aber wir wissen heute, daß das deutsche Volk seine Einheit treuer bewahrt hat als sonst nach verlorenen Kriegen die Fürsten, daß es energisch auch unter unpopulären Maßnahmen an seinen Wiederaufbau herangegangen ist und daß es das Pro⸗— blem der Führerauslese zu lösen beginnt. Wenn freudige Mit— arbeit am Staate erzielt werden soll, muß die Jugend die neue Staatsform als ein Ideal empfinden lernen. Brauchbare Vor— schläge zu anderen Aenderungen der Verfassung haben die Rechts arteien, die mit diesem Gedanken spielen, bisher nicht gemacht. Wir haben dem Parlamentarismus in der Verfassung bewußt ein Gegengewicht im Volksentscheid und im Reichspräsidenten gegeben. Der Reichspräsident ist durch das Recht, von der Regierung an den Reichstag und vom Reichstag an das Volk zu appellieren, eine wertvolle Kontrollinstanz des Reichstags. Ihn nach amerikanischem Muster zum verantwortlichen Leiter der Politik zu machen, würde einen Dualismus herbeiführen, der sich auch in Amerika nicht be— währt hat — man denke nur an Friedensschluß und Rückgabe deut⸗ schen Eigentums — und der für Deutschland unmöglich ist. Das Zweiparteiensystem, wie es unter der jetzigen Regierung droht, ist für Deutschland verhängnisvoll und läßt sich auch nicht durch⸗ führen. In der Sozialpolitik z. B. herrschen, wie die Verhand- lungen über das Ar beltgzestgljet erweisen, unter den Rechts⸗ parteien dieselben scharfen Gegensätze, wie sie bei der Großen Koalition hervorgetreten wären. Die Unternehmer, die die Rechts parteien gewollt haben, damit keine Soʒialpolitit gemacht wird, haben sich schwer getäuscht. Sie wird nur schlechter und kostspieliger. Nicht im Zeichen des Gegensatzes, nur im Zeichen des Ausgleichs kann im zerrissenen Deutschland deutsche Politik gemacht werden. Erstaunlich ist die Stellung des Ministers zu der Frage der Souveränität der Länder Artikel 17 der Reichsverfassung, der den Ländern eine republikanische Staatsordnung und ein Parlament mit gleichem Wahlrecht vorschreibt, steht dieser Auffassung ent— gegen. Der Abg Leicht hat aus der Auffassung des Ministers als— bald die Konsequenz gezogen, indem er dem Abg. Sollmann durch Zwischenruf erklärt hat, daß das bayerische Volk über seine Staatsform selbst zu bestimmen hat. Es ist falsch, wenn der Mi— nister gesagt hat, der preußische Finanzminister habe einen Eingriff in seine Sonveränität abgewehrt Preußen hat bei dem Finanz— ausgleich den wohlverstandenen Reichsinteressen besser gedient als die föderalistischen Reichsminister Für seine Finanzen zu kämpfen, ist übrigens das gute Recht jedes Kämmerers und hat nichts mit Souveränität zu tun. Aufgabe des Reichsministers aber ist es, erst einmal seine eigene Souveränität zu stabilisieren. Einen gesunden Föderalismus hat es nie gegeben, nur einen tausendsährigen Partikularismus, der es dem Einheitsstaat Frankreich ermöglicht hat, bis an den Rhein vorzudringen. Bayern begeistert sich immer dreißig Jahre zu 6h für das Vergangene. Wie es sich jetzt für
die Pickelhaube und die schwarz-weiß-rote Fahne begeistert, so be— geistert es sich für den Bismarckschen Föderalismus, den es früher bekämpft hat. In Wahrheit brauchte Bismarck den Bundesrat als Schild der Kaisergewalt gegen den Reichstag und den Reichstag als Schild der Kgisergewalt gegen die Länder. Die wahre Macht war hei dem Kaiser oder bei ihm selbst, bis ihn sein eigenes Werk kerlchl ug In dem Streben nach Rationalisierung kommt dem lnitarismus ein neuer Bundesgenosse zu Hilfe. Achtzehn Par— samente sind zu viel. Ein Reichsgesundheitsrat und ein preußi— scher Landesgesundheitsrat ist eine ünglaubliche Häufung. Auf dem Gebiete des Siedlungswesens gibt es fortwährende Streitigkeiten. Nach dem Schmutz⸗ und Schundgesetz, wie es der Reichsrat wollte, hätte durch diplomatische Note entschieden werden müssen, ob das
Buch „Jack der Aufschlitzer“ unter dieses Gesetz fiele. Preußische Staatsbürger werden in Bayern ausgewiesen. In der Groß- Tam burg⸗Frage muß Hamburg dasjenige haben, was es als Deutschlands größtes Schiffahrtstor braucht. Ein wirt— schaftliches Wettrüsten an der Unterelbe ist ein Unsinn. Die Vermittlung des Reiches darf nicht abgelehnt werden.
Wenn der Minister in der bayerischen Denkschrift eine Fülle be— achtenswerter Anregungen gefunden hat, fo muß man ihm erwidern, daß allein mit Freundlichkeit nicht regiert werden kann“ Bismarck wäre anders dreingefahren. Die Reichsangehörigkeit muß an die Stelle der Staatsangehörigkeit treten. Das söde— ralistische Amerika spricht nur von einem amerikanischen Bürger, aber der Kaiser hat von einem civis germanus gesprochen, den es überhaupt nicht gibt. Auch die Staatsangehörigkeit der Ehefrau muß nach Grundsätzen modernen Frauenrechts neugeregelt werden. Wenn weite Kreise der Anwälte die Freizügigkeit des Anwalt⸗ standes verwerfen, so haben sie die Wege des großen Gneist ver— lassen, der für die Freiheit des Anwaltsberufes eintrat. Heute ent⸗ scheidet nur Konnexion, ob jemand aus einem Bundesstaate in einem anderen übertreten kann. Die aus Elsaß⸗Lothringen und dem Ssten verdrängten Anwälte haben hinreichend unter diesem Partikularismus gelitten. Ich freue mich, daß Kahl weiter— gegangen ist als wir und für die Verreichlichung der Justiz ein⸗ getreten ist. Aber auch Abg. Cremer hat sich für die Freizügigkeit der Examina ausgesprochen. Mit der Freizügigkeit der Anwälte muß ein Gesetz über die gleichmäßige Ausbildung der Juristen kommen. Unitarismus ist keine Zentralisation. Selbstverständlich müssen große Gebilde mit eigenen Verwaltungen unter der Reichs⸗ gewalt bleiben, die ihr verantwortlich für Einnahmen und Aus— gaben bleiben. Aber gerade hier zeigt sich der sogenannte Föde⸗ ralismus auf der entgegengesetzten Seite. Er kämpft nicht für eigene Einnahmen und eigene Verantwortung, sondern für mög⸗ lichst hohe Zuschüsse aus den Einnahmen des Reiches. Das Argument, daß Bayern mehr von der Biersteuer haben muß, west dort mehr Bier produziert und getrunken wird als anderswo, macht den Begriff der Reichssteuer zunichte. Dann müßte man mit Zucker, Branntwein und Börsenstempel genau so verfahren. Die Kämpfe, die jetzt zur Ausplünderung der Reichsfinanzen unternommen werden, sind nicht föderalistisch, sondern parti⸗ kularistisch oder egoistisch. Wir protestieren aber dagegen, daß nach den Ausführungen des Vorsitzenden der Bayerischen Volkspartei in München, Wohlmuth, dieser partikularistische Finanzausgleich zwischen den Parteien vereinbart worden ist, damit die Bayerische Volkspartei sich mit der Regierungsbildung einverstanden er— kläre. Die Anschlußfrage Oesterreichs muß ganz anders vor⸗ bereitet werden. Die Frage ist viel dringender, als man in Reichs⸗ deutschland annimmt. Warum tut man nichts, um die Gesetz= gebung anzugleichen? Warum schafft man keine gemeinsamen Hollgebiete, warum keine doppelte Reichsbürgerschaft? Um das Auslandsdeutschtum bekümmern sich eine zu große Anzahl von Aemtern und Vereinen. Eine Minderheitsgesetzgebung muß durchgeführt werden; ich verweise nur auf die Ausführungen des deutschen Abg. Kraft, schon damit die viel zahlreicheren Minder— heiten Deutschlands mit der gleichen Forderung nicht abgewiesen werden können. Das Auswanderungsamt ist lediglich ein polizei— liches Warnungsamt, das dazu vielleicht noch von Anglophobie beherrscht wird. Es kommt darauf an, soweit die Auswanderung nicht zu verhindern ist, sie zu leiten, damit uns die Auswanderer nicht verlorengehen. Ich verweise auf des Reichsbankpräsidenten Schachts Idee von der charter company. Ueberhaupt ist das Aushwwanderungswesen nur ein Teil der Bevölkerungspolitik. An einer Stelle muß die Frage entschieden werden, wieviel Leute und welcher Art noch in Deutschland gesiedelt werden können, wie die Zunahme der Bebauung der großen Städte geregelt werden kann, an welche Stellen im Auslande der im Inland nicht unterzu— bringende Ueberschuß geleitet werden soll. Der Mensch ist unser höchstes Gut, an seiner psychischen Erfassung fehlt es. Auf dem Gebiet der Verwaltungsreform wird ohne Unitarismus keine groß⸗ zügige Arbeit gemacht werden können. Jedenfalls darf hier ih. das Finanzministerium, sondern muß das Innenministerium führen. Der Minister sollte sich meines Gedankens des Hochhauses auf dem Platze der Republik annehmen, der die Referenten— besprechungen und das Aktenschleppen sowie die Irrfahrten des Publikums vermindern würde. Auf dem Gebiete des Beamten— wesens hat der Minister, der über vieles Nötige geschwiegen hat, mit seiner Erklärung zum Berufsbeamtentum offene Türen ein⸗ gerannt. An der politischen Haltung der Beamtenschaft hätte er noch vieles zu bessern. Fst es nicht ein Skandal, daß zwei bayerische Landesfinanzamtspräsidenten die seit 1919 im Amte waren. erst im Jahre 1926 auf Veranlassung des Reichsfinanzministers Reinhold auf die Verfassung vereidigt sind? Das Beamtenvertretungsgesetz muß beschleunigt werden, und ein Beamtengesetz muß vorgelegt werde nt. Mit der nrü tsetzung der Frau im Beamtenverhältnis muß aufgehört werden. Weibliche ÄUngestellte sollten nach Jahren Beamte werden. Daz Fortbildungsschulwesen und das Beamtenerholungs— wesen ist besser zu fördern. An der Stärkung der Stellung des Reichskunstwarts halten wir fest und bedauern, daß ihn das Aus- wärtige Amt bei der Ausstellung in Venedig zum Schaden des deutschen Ansehens nicht herangezogen hat. Wir freuen uns der Anerkennung Harnacks durch das Harnack⸗Haus. Daß die Anträge auf Reichsmittel für Studentenheime, die ein Gegenmittel gegen das studentische Cliquenwesen sind, abgelehnt sind, halten wir für einen verhängnisvollen Fehler. Die inter- nationale Annäherung in Wissenschaft und Kunst ist zu fördern. Die Historiker sind dabei vorangegangen. Von ihren Zusammen— künften verspreche ich mir mehr für die Klärung der Kriegsschuld⸗ frage als von diplomatischen Schritten der Rechtsregierung, von denen es übrigens letzthin merkwürdig ruhig geworden ist. Das Völlerbundinstitut für geistige Zusammenarbeit in Paris muß auch gegen den Widerstand der Universitäten von Deutschland unterstützt werden. Ueber Schule und Konkordat hat meine Partei klare Erklärungen abgegeben. Schulangelegenheiten sind die eigensten Angelegenheiten des Staates und können nicht durch Konkordate, sondern nur durch Reichsgesetze geregelt werden. Dem Appell des Ministers, die politischen Gegensätze zu verringern, stimmen wir gern zu. Man hat uns jahrelang nationale Ge— sinnung abgesprochen, weil wir die Locarnopolitik gemacht haben, die jetzt die Rechte übernimmt. Man hat uns Untreue vor— geworfen, weil wir uns entschlossen in den Zeiten schwerster Ge⸗— fahr in den Dienst des neuen Staates gestellt haben und einen
(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)
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Inhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich.
Bekanntmachung, betreffend die Festsetzung des Börsenpreises von Wertpapieren. Betanntmachung zu der dem Internationalen Uebereinkommen
über Eisenbahnfrachtverkehr beigefügten Liste. Preußen.
Ernennungen und sonstige Personalveränderungen. Bekanntmachung, betreffend Bildung eines Stadtkreises Fulda.
Amtliches.
Deutsches Reich.
. a ching.
Auf Grund des 39 der Bekanntmachung, betreffend die Fesistellung des Börsenpreises von Wertpapteren vom 21. November 1912 (RGBl. S. 537) in der Fassung der Verordnung vom 22. Ma 19235 (RGBl. 1 S. 73) wird hiermit folgendes bekanntgemacht:
Der Börsenyorstand in Berlin hat beschlo ssen, die Preise der Nordpark-Terrain⸗-Aktien-Gesellschaft in Liqui⸗ dation vom 15. März 19277 ab in Ausnahme von 81 Abs. 2 der erwähnten Bekannhmachung statt nach Prozenten des Nenn⸗ werts in Reichsmark für jedes Stück festzustellen.
Berlin, den 18. März 1927.
Der Reichswirtschaftsminister. J. A.: Dr. Reichardt.
B etltgng nn i m g chung
zu der dem Internationalen Uebereinkom men über Eisenbahnfrachtverkehr beigefügten Liste.
Die Liste der Eisenbahnstrecken, auf die das Internationale Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr Anwendung findet (Deutscher Reichs- und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 51 vom 2. März 1927), wird mit Wirkung vom 24. März 1927 wie folgt geändert:
Unter „Italien“ wird im Abschnitt A unter neuer Nummer 23 nachgetragen
23. Die von der Société di Navigazione a Vapore sul Lago d'lseo betriebenen Dampfschiffpverbindungen.
Unter Polen wird 1. im Abschnitt A am Schluß folgende neue Nummer 3 nach⸗ getragen: ;. . ( ; 3 , , nn Eisenbahn (normalspurige Privat- bahn).
2. im Abschnitt B die jetzige Nummer 9 ersetzt durch: 9. bel Nawicz aus südwestlicher Richtung von Mawicz, 10. bei Rawiez aus jüdostlicher Richtung von Rawiez.
Die Nummein 160 bis 17 erhalten die Nummern 11 bis 18. Berlin, den 15. März 1927. Der Reichsvverkehrsminister. J. A.: Vogel.
Preußen. Finanzministerium.
Die Rentmeisterstelle bei der staatlichen Kreiskasse in Pillkallen, Regierungsbezirk Gumbinnen, ist sofort zu besetzen.
Ministerium des Innern.
Auf Grund des 5 4 Abs. 1 und 2 der Kreisordnung für die Provinz Hessen⸗Nassau vom 7. Juni 1885 erkläre ich die Stadt Fulda im Regierungsbezirk Kassel vom 1. April 1927 ab für ausgeschieden aus dem Verbande des Kreises Fulda. Von diesem Tage ab bildet die Stadt Fulda für sich einen Stadtkreis.
Berlin, den 16. März 1927.
Der Minister des Innern. Grzesinski.
I
Richtamtliches.
Deutsches Reich.
Nachweisung der Einnahme an Kapitaluerkehrsteuer. V H April 1925
April 1926
Gegenstand Febr. 1927 bis bis der Besteuerung Febr. 1927 Febr. 1926 RM 14 RM 13
RM 3 EGelsellschaftssteuer: Aktiengesellschaften und
Kommanditgesellschaften auf Aktien 7 743 435 4039 623 022 53 24979 39 19
Gesellschaften mit beschrank⸗
ter Haftung Sb4 457 S.] 8 8ol 679 321 9 565 106625 Bergrechtliche Gewerkschaften 30 008 70 302 046 32 37873351 Andere Kapitalgeellichaften 777 45 38 02688 96 407 04
Andere Erwerbsgesellschasten und die übrigen juristischen . 120 558 32 1 297 610 64 1526 25227
Personen
IJ. Wert papiersteuer:
Verzinsliche in ländische Schuld⸗ und Rentenver⸗ schreibungen, Zwischen⸗ scheine und Schuldver« schreibungen über zinsbare Darlehnt⸗ oder Renten⸗ schulden
Verzinsliche ausländische Schuld⸗ und Rentenver⸗ schreibungen und Zwischen⸗ scheine 786 361 2 785 81258 787
Für ausländische Aktien und andere Anteile sowie für ausländische Genußscheine und Zwischenscheine
III. Börslenum satz⸗ . Anschaffungsgejchäfte über
Aktien und Anteile sowie 1 -. verzinsliche Werte. I2 141 776 12 72 874 256 9537 268 766 42
IV. Auffichtsratsteuer:
ges on a is oo zoo o] 7 36a Tas s
83
18 316 20 21121035
2
Aufsichtsratsteuer nebst Zu⸗ . 9 . schlag und Verzugszinsen ) 9 18226 3 721 253 44135 592 45861
Zusammen 22 634 495 621145202219 565 hz 97536
1) Darunter noch aufgekommene Steuerbeträge für „Anschaffungs⸗ geschäfte über ausländische Zahlungsmittel“ 43 271,95 RM und für Einräumung von Bezugsrechten“ 26 967,57 RM (RGBl. 1925 1 S. 314 und 476).
) Darunter sür „Anschaffungsgeschäfte über ausländische Zahlungs⸗
zittel' 11 608 677,28 RM und für „Einräumung von Bezugsrechten“ 175 809. 40 RM.
53) Durch Körperschaͤstssteuergesetz vom 10. 8. 1925 vom 1. 1. 1925 ab außer Kraft getreten. Es sind nur die Steuerbeträge gemäß § 32 Abs. 2 des Ges, welche vor dem J. 1 1925 fällig waren und noch nach dem Kapitalverkehrsteuergesetz aufgekommen sind, nachgewiesen.
Berlin, den 19. März 1927.
Statistisches Reichsamt. J. A.: Meisinger.
Deutscher Reichstag. 289. Sitzung vom 18. März 1927. Nachtrag.
Die Rede des Reichsministers des Innern Dr. von Keudell zur zweiten Beratung des Etats des Reichs⸗ ministeriums des Innern hat folgenden Wortlaut:
Meine Damen und Herren! Es sind im Laufe der Debatte eine Reihe von Anfragen an mich gerichtet worden, auf die ich gerne antworten möchte. Zunächst hat der Herr Abgeordnete Sollmann einen Unterschied zu erblicken geglaubt zwischen Er— klärungen, die ich im Ausschuß abgegeben habe, und meiner Rede hier im Plenum. Ich darf vielleicht als selbstverständlich voran⸗ schicken, daß ich jedes Wort, das ich im Ausschuß gebraucht habe, für mich ebenso verbindlich ansehe wie die Ausführungen, die ich hier in der Vollversammlung mache.
Er hat dann ferner zu den Formulierungen über Staat und Staatsform gesprochen. Ich darf vielleicht ganz allgemein zu den Formulierungen das eine sagen: Es ist ja bekannt, daß wir unter den jetzigen Verhältnissen ohne Formulierungen nicht existieren können. Sie sind uns nicht nur Gewohnheit, sondern Lebensbedürfnis geworden. Zwei Gefahren liegen in einem Uebertreiben der Formulierungen beschlossen. Einmal die Ge⸗ fahr, sich durch Formulierungen auseinanderzureden, die Einig⸗
Barbezahlung oder vorherige Einsendung des Betrages
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keit immer weiter zu untergraben. Das liegt nicht im Sinne der Stärkung unseres Staatswesens, von der auszugehen ich mir erlaubte. Dann aber ist ein allzu häufiges Wiederholen der For- mulierungen über die verschiedenen staatsrechtlichen Begriffe meines Erachtens nicht nur von mißgünstigen Kritikern, sondern auch von ehrlich besorgten Männern nicht als ein Zeichen der Stärke, sondern vielleicht als ein Zeichen der Schwäche unseres Staates anzusehen. Auch das ist ein Eindruck, den ich vermeiden möchte und dem ich entgegentreten will.
Es sind dann eine Reihe von Fragen gestellt worden, die im Ausschuß zu beantworten ich bereits die Ehre gehabt habe. Ich darf wiederholen: das Republikschutzgesetz läuft an sich am 1. Juli ab. Die Frage, welche Bestimmungen des Gesetzes auf⸗ rechterhalten bleiben müssen, wird zurzeit vom Reichsjustizmini⸗ sterium und meinem Ministerium geprüft (Zuruf links: Es ist nicht mehr viel Zeit!, und alsdann wird die Sache dem Kabi⸗ nett vorgelegt werden. (Zuruf links: Wann? — Welches sind Ihre Ansichten darüber? Mit meiner Ansicht halte ich bis zum Abschluß der Prüfung zurück. — Mit dieser Frage hängt die Frage einer eventuellen Rückkehr des Kaisers zusammen, die ich bereits im Ausschuß als nicht akut zu bezeichnen mir erlaubte, und zu der das Reichskabinett Gelegenheit haben dürfte, falls es erforderlich wird, bei der Entschließung über die Frage der Verlängerung des Republikschutzgesetzes Stellung zu nehmen.
Die beschleunigte Einbringung des Ministerpensionsgesetzes, bei der bekanntlich der Herr Finanzminister federführend ist, liegt der Reichsregierung sehr am Herzen.
Was die Bestimmungen über die Arbeitszeit der Beamten anlangt, so liegt, wie der Herr Abgeordnete Sollmann erwähnte, ein Antrag des Reichsfinanzministers vor. Ex beschränkt sich auf die Hoheitsbeamten. Verhandlungen mit anderen Ministerien sind in dieser Frage noch erforderlich.
Die Richtlinien über Einstellung und Befähigung von Be— amten werden demnächst das Kabinett beschäftigen.
Ueber die Frage des Tragens von Abzeichen seitens der Be— amten während der Dienstzeit liegen eine Reihe von älteren Er⸗ lassen vor. (Zuruf links: Das Kabinett wird Stellung nehmen. — Heiterkeit links. — Sie irren. — Der erste geht davon aus, deß selbstverständlich nicht nur Abzeichen von Vereinigungen verboten sind, welche den gewaltsamen Umsturz bezwecken, son⸗ dern daß auch mit Rünsiccht auf den amtlichen Verkehr mit dem Publikum das Tragen gewisser provozierender Abzeichen unter- sagt ist. Ferner hat der Herr Reichspostminister mit Rücksicht auf die lebhafte Berührung der Postbeamten mit dem Publikum das Tragen von politischen Abzeichen untersagt. (Zuruf links: Und der Reichsminister? — Der schweigt. — Ich teile hier mit, was der Herr Reichspostminister angeordnet hat. (Zurufe links: Dazu brauchen wir keinen Minister. — Bei der Post werden noch Briefträger gesucht. — Glocke des Präsidenten — Die preuße Regierung hat, wie ich Ihnen der Vollständigkeit halber und zur Befriedigung Ihrer Wißbegier nicht vorenthalten möchte, das Tragen außerdienstlicher Abzeichen jeder Art und Form während des Dienstes allgemein verboten. Meine Kennt- nis beruht auf dem Studium der Akten; zu einer derartigen Stellungnahme hat das Reichsinnenministerium offenbar noch keine Veranlassung gefunden. (Zuruf links: Und der jetzige?)
Ich bin nach dem Stand der Titel⸗ und Ordensfrage gefragt worden. Auch hier darf ich wiederholen, was ich bereits im Aus- schuß gesagt habe, daß ich mit Rücksicht auf die schwebenden Ver— handlungen mit den Ländern mich über diese Frage zurzeit nicht zu äußern beabsichtige. (Zuruf links: Gibt es überhaupt eine Frage, zu der Sie sich äußern?) Aehnlich liegen die Dinge be⸗ züglich des Ausführungsgesetzes zum Artikel 43 der Reichs- verfassung, über das ich zu sprechen Gelegenheit haben werde, wenn der Gesetzentwurf eingebracht ist. Ich lehne es ab, mich hierzu zu äußern, ehe ich selbst zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen habe. (Zuruf links: Hie Rhodus, hic saltah
In Beantwortung der Interpellation der kommunistischen Fraktion zu dem Reichskonkordat mit dem Heiligen Stuhl bin ich wieder in der glücklichen Lage, auf meine Darlegungen im Aus- schuß Bezug zu nehmen. Ich wiederhole: „Zu der in der Oeffent⸗ lichkeit mehrfach erörterten Konkordatsfrage hat die Reichs- regierung bereits in der am 7. Februar 1927 durch W. T. B. aus- gegebenen offiziellen Pressenotiz ausführlich Stellung genommen. Wie darin bemerkt, haben Verhandlungen zwischen der Reichs⸗ regierung und dem Heiligen Stuhl über den Abschluß eines Reichs⸗ konkordats anläßlich der Bildung der neuen Reichsregierung nicht geschwebt. Diese Frage ist in keinem Stadium der Besprechung