1927 / 78 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 Apr 1927 18:00:01 GMT) scan diff

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versäumnis abzuweisen seien. Seine Partei sei bereit, an der Schlußgesetzgebung mitzuarbeiten. Die Mittel ließen sich durch schärfere Ersassung der Besitzsteuern und der Erbschaftssteuer auf bringen. Gegen eine Heraussetzung der Umsatzsteuer würde seine Partei allerdings die schärfste Opposition machen müssen.

Der Etan für die Kriegslasten wird gemäß dem Ausschuß⸗ antrag unverändert nach dem Regierungsentwurf bewilligt.

Gegen 1 Uhr wird die Sitzung bis 5 Uhr unterbrochen.

Vizepräsident Dr. Riseßer eröffnet die Nachmittags⸗

sitzung um 3 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Haus⸗ halts des Reichsfinanzministeriums und des Haushaltsgesetzes.

Abg. Simon⸗Schwaben (Soz ) erhebt Protest dagegen, daß die Regierungsparteien, um das Defizit von 3 Milliarden zu decken, eine Reihe wichtiger sozialpolitischer Ausgaben gestrichen haben. Dabei sei noch ein Rückgang der Umsatz⸗ und Lohnsteuer zu verzeichnen, denen ein sprunghaftes Anwachsen der Zollein nahmen und der Verbrauchssteuern gegenüberstehe. Die Massen⸗ steuern seien also gestiegen und belasteten besonders die kinder⸗ reichen Familien sehr stark. Die Steuerleistungen der Besitzenden müßten durch Ausbau der Besitzsteuern entsprechend erhöht wer⸗ den, so durch Erhöhung der Börsenumsatzsteuer, der Erbschafts⸗ steuer und durch Aufhebung der Steuerfreiheit der Spekulations⸗ gewinne. Das Mißverhältnis zwischen der Besteuerung von Stadt und Land sei nachgerade ein öffentlicher Skandal geworden. Die Zteuersabotage vollziehe sich unter Führung der landwirtschaft⸗ lichen Organisationen, sogar solcher mit Behördencharakter, wie der Bayerischen Bauernkammern. (Hört, hört!! Das Reichs⸗ bewertungsgesetz könne nur bei tatsächlicher Durchführung seiner Richtlinien wirksam werden. Was gedenke das Finanzministerium gegen diesen Totschlag jeder Steuermoral zu tun? Die klein⸗ bäuerlichen Betriebe seien dabei aber nach Möglichkeit zu schonen Diese Finanzämter ständen nicht erst vor dem Zusammenbruch, sondern ein Teil sei schon zusammengebrochen, weil gar keine systematische Arbeit geleistet werden könne, Mit der Arbeitskraft der durch Abbau verringerten Beamten sei Raubbau getrieben worden. Durch die passive Resistenz des Publikums und sogar absichtliche Sabotage sei die Arbeit der Steuerbeamten zu einem Martyrium geworden. Preußische Beamte seien in Bayern sogar gesellschaftlich sabotiert worden, unter dem Motto: Bayern den Bayern! Bayern habe mit seinen 58 Steuerarten die teuerste und komplizierteste Steuerverwaltung. Die Rückstände an Reichs⸗ steuern seien auf 700 Millionen Mark angewachsen; das berge die Gefahr eines großen Verlustes der Reichskasse. Daher sei die Eintreibung dieser Rückstände und die endliche Durchführung der Veranlagung zu fordern. Der Redner bringt dann Wünsche be⸗ züglich einzelner Beamtenkategorien, vor. Das Ueberstunden⸗ wesen in der Finanzverwaltung sei ein Verbrechen am Volke und an den Erwerbslosen. Jetzt dürfe nicht mehr bloß geredet und wieder geredet werden, sondern der Finanzminister müsse endlich

Taten sehen lassen. Der Redner fordert eine fortlaufende Steuerstatisti. Die Steuerlasten müßten endlich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt werden. Eine Aus⸗

höhl ung und Antastung der Steuerhoheit des Reiches zugunsten der Länder dürfe nicht erfolgen.

Abg. Dr. Gereke (D. Nat): Der Etat ist sparsam auf⸗ gestellt; die sächlichen Ausgaben sind etwas erhöht, dies ist aber burch Beschränkung der personellen Ausgaben ausgeglichen. Die Finanzämter sind aber überlastet, und darunter leiden die Steuer⸗ pflichtigen selbst. Bei den Finanzämtern ist ein Personalabbau nicht mehr möglich, und die Arbeitsfreudigkeit der Beamten muß leiden, wenn sie trotz aller Ueberstunden die Arbeit nicht auf⸗ arbeiten können. Die Ramscharbeit der Finanzämter, von der gesprochen wird, muß durch eine Reorganisation beseitigt werden. Bel den schlechten Beförderungsverhältnissen wandern die besten Köpfe in Pxivatstellungen ab. Es laun nicht auf die Dauer bestehen bleiben, daß ein Prokurist besser besoldet ist als ein leitender Beamter in der Finanzverwaltung. Die Ueberlastung der Landesfinanzämter und Finanzämter muß nicht nur durch Personalvermehrung, sonde en auch durch eine Rationalisierung lberwunden werden. Ich bitte auch um eine baldige Vorlegung des Rahmengesetzes für die Realsteuern, Die Steuerzahler hahen ein Interesse daran, daß sie alle ihre Steuern möglichst an eine einzige Stelle abführen können; deshalb muß eine Zusammen⸗ legung der Annahmestellen stattfinden. Auf den Vorwurf der Sten 'rsabotage gegen die Landwirtschaft war ich gefaßt; aus der Denkschrift des Finanzministers geht aber hervor, daß bei 13 Landesfinanzämtern überhaupt keinerlei Anstände vorliegen, und bei den übrigen 13 nur ganz geringe Mängel entstanden sind. Der Vorwurf ist also ganz unbegründet. Daß die land⸗ wirtschaftlichen Organisationen ihre Mitglieder objektiv über ihre Steuerpflicht aufklären, ist doch kein Vorwurf; aber es besteht nicht der geringste Versuch, eine bewußte Steuersabotage anzu— regen. Wenn zuviel Steuern veranlagt sind, ist es doch eine Pflicht, die Steuerzahler darüber au zuklären. In manchen Finanzbezirken ist einfach bestimmt worden, daß die oder die Zteuersumme aufgebracht werden müsse, und die Ausschüsse sollten dann fehen, wie sie sie herausbekommen. Einzelne Fälle von Hinterziehungen darf man nicht verallgemeinern. Wir haben selbst einmal in einer Entschließung ein entschiedenes Vorgehen egen wirkliche Steuersaboteure verlangt, denn wir wollen urchaus eine gerechte Steuerveranlagung. (Beifall rechts.)

Abg. Schetter (Zentr.): Die Reichsfinanzverwaltung muß o organisiert sein, daß sie die Steuern gerecht verteilen und daß ie sie voll hereinbekommen kann. Der Steuerbeamte ist allerdings im Volke der bestgehaßte Mann, und eine ö Presse macht noch Stimmung gegen die Steuerbehörde. Da ist es Pflicht des Parlaments, zwar Kritik zu üben, aber gerecht zu sein. Andererseits kann der Steuerzahler verlangen, daß er nicht durch Stenen ruiniert und nicht unnütz belästigt wird. Die fortgesetzten Aenderungen der Steuergesetze haben im Volk . und Mißstimmiung verursacht, aber in letzter Zeit ist die Tätigkeit mehr gerecht anerkannt worden. Es muß Ruhe und Stetigkeit in die Steuerverwaltung gebracht werden, es darf nicht so viel eändert werden, damit sich die Bevölkerung in die Steuern ö 6 kann. Ebenso notwendig ist die ungestörte Arbeit der Beamten in Anbetracht des Reiches. Die Beamten müssen Ruhe aben, sich in die neuen Gesetze einzuarbeiten. Die Veranlagungs⸗ ormulare müssen vereinfacht und vereinheitlicht werden, damit em Volke unnütze, saure Arbeit erspart wird. Die Verringerung der Zahlungstermine haben wir mit Freude begrüßt. Die uneinbringlichen Steuerrückstände aus früheren Jahren bis 1921 sollten niedergeschlagen werden; . schleppen sich von einem Jahr zum andern durch. Der ungleichen Steuerverteilung auf Kosten der Lohnstenerpflichtigen setzt die Finanzverwaltung nicht genügenden Widerstand entgegen. Der Steuexrückgang bei der Einkönimenstener der Landwirtschaft ist auf die gesunkene, Ren tabilität zurückzuführen, und läßt nicht auß die Steuerdrückerei schließen. Wo solche Fälle vorkommen, muß streng einge riffen werden Die Neubewertung nach dem Bewertungsgesetz hat zu manchem Rückgang geführt, aber sie ist zumeist mit Hilfe der Berufsorganisationen lorrekt durchgeführt worden. Die Durch⸗ , der Einheitsbewertung war eine Riesenaufgabe, zumal ie geeigneren Grundlagen fehlien Aber nicht richtig ist die Auf⸗ assung, daß das Bewertungsgesetz ein Messer ohne Klinge sei.

zir halten es nicht für richtig, das Jahr 15927 wieder mit einer Neubewertung zu belasten. Für den Vorschlag. die Einkommen⸗ steuer wieder nach dem dreijährigen Durchschnitt zu veranlagen, können wir in diesem Augenblick uns nicht erwärmen, da die Einkommensverhältnisse 2 nicht wieder stabil genug geworden 6 Ob eine einzige Steuer für die lab rr gn nach der

odenfläche, Ertragsfähigkeit, Bodenqualität und Absatzmöglich⸗ keit zu einer Vereinfachung des Systems führen würde, müssen wir 6 bezweifeln; denn die Verhältnisse des einzelnen sind doch

individuell. Wenn auch die Bauern nicht zur Buchführung zu

bestimmen sind, können sie doch eine gerechte Veranlagung ver⸗ langen. Dem Ausbau der Steuer nach dem Verbrauch muß volle Ausmerksamkeit geschenkt werden. Die Verschwiegenheit der Stenerbeamten muß vollkommen gewahrt bleiben, deshalb ist die Zahl von vierhundert Privatangestellten zu hoch. Die Beamten müfsen vermehrt werden, damit der drohende Zusammenbruch der Steuerverwaltung vermieden wird, Für diesen Zweck könnten schon einige Millionen aufgewendet werden. Die Steuerbeamten , überlastet. Im übrigen muß allerdings die , en anderen Verwaltungen in sparsamer Wirtschaft vorangehen. (Beifall im Zentrum.)

Abg. Dr Cremer (D. Vp) bezeichnet den freudigen Optimismus des früheren Reichsfinanzministers ND. Reinhold seinerzeit als durchaus berechtigt. Er habe aber seinem Nach⸗ 3. das schwere Stück der Ausgabendeckung hinterlassen. Mit großem Bedauern sei zu sehen, daß die Gedanken einer groß⸗ zügigen Zusammenfassung der in den verschiedensten Ressorts ver⸗ streüten Stellen der Bauverwaltung einstweilen sich als nicht vealisterbar erwiesen hätten. Es sei nicht richtig, die unteren Instanzen der Reichsbauverwaltung den. Ländern zu überlassen. Der Redner bittet, auf die Lösung dieser Aufgabe hinzuarbeiten Der Abbau der Beamten der Reichsfinanzverwaltung sei etwas sbereilt vorgenommen worden; erfreuliche rweise seien inzwischen manche Beamte wieder eingestellt worden. Die reichseigenen Betriebe seien teilweise abgestoßen bezw. zusammengelegt. Das sei zu begrüßen. Die Gewinnzahlen dieser reichseigenen Betriebe eien erfreulich angewachsen. Brauche der Minister tatsächlich eine Vermehrung der Beagmtenschaft, so könne man sich nicht dagegen stemmen. Grundsätzlich müsse man aber mit einer mög⸗ lichst geringen Anzahl auskommen, allerdings ohne daß die sach⸗ gemäße Erledigung der Geschäfte insonderheit in der wichtigen Reichsfinanzverwaltung darunter leide. Bei der notwendigen Vermehrung der Beamtenstellen handle es sich u. 4. auch um eine Auffrischung des Nachwuchses. Die Forderung der Einstellung weiblicher Beamten in geeignete Gtellen, wie sie in der Ent⸗ schließung des Ausschusses aufgestellt sei, solle sich nicht nur auf die Ministerium beziehen. Die Finanz⸗ und Steuerbehörden hätten sich allmählich in ihre Arbeit immer mehr hineingefühlt. Much die Klagen über barsches Auftreten der Beamten hätten erfreulicherweise nachgelassen. Immerhin beklage sich in den kleineren Städten inmitten agrarischer Bevölkerung gerade der gewerbliche Mittelstand über eine Ueberschätzung seiner Ein⸗

nahmen. Die Buch⸗ und Betriebsprüfung sei eine durchaus not⸗ wendige Ergänzung der Tätigkeit der Steuerbehörden. Die

Stenerstatistiken sollten möglichst bald der Presse, mindestens aber dem Parlament zur Kenntnis gebracht werden. Es sei nicht auf eine Vergrößerung der Finanzämter, sondern auf eine stärkere Dezentralisierung hinzuarbeiten. Darüber müsse schon bald Klarheit geschaffen werden Die Kassen mehrerer Finanzämter sollten vereinigt werden, ebenso seien andere Reichs- und Staats⸗ kassen den Finanzamtslassen anzugliedern. Die Zollverwaltung befinde sich heute gegenüber anderen Beamtenkategorien etwas im Hintertreffen Da sollte man dieser Karriere wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zuwenden. Mit Rücksicht auf den sehr an⸗ strengenden Grenzzolldienst 3, ihre Dienstzeit entsprechend abgekürzt werden. In bezug auf die Unterbringung der eigenen Betriebe der Finanzverwaltung scheine diese etwas großzügiger

vorzugehen. Die Bauten müßten aber auch mit der gebotenen Sparsamkeit ausgeführt werden. 8 hoffen sei, daß der jetzt begonnene Kurs der Ersparnispolitik sich im Laufe dieses

Sommers derart befestige, daß die Erfordernisse des nächsten Etats ohne besondere Fonds, die dann nicht mehr vorhanden seien, gedeckt werden könnten. Die Beamtenschaft aber müsse nun endlich zu einer gerechten Neuordnung ihrer Bezüge kommen, die ihr in Aussicht gestellt worden sei. Zum Schluß erörtert der Redner die Frage, ob dieser Etat in der vorgesehenen Weise überhaupt ausgeführt werden könne. Bedenten aber müsse der deutsche Urwähler, daß für das deutsche Bolk die Zeit der . Feste noch nicht gekommen sei, sondern daß es sich immer noch mühsam durch die sauren Wochen hindurcharbeiten müsse.

Abg. Höllein (Komm): Der Massenbetrug scheint die einzige Staatsmaxime der Deutschen Republik zu sein. Als man den Bürgerblock zusammengeschoben hatte, bekam der Finanz⸗ minister von den Teutschnationglen den Auftrag, die Finanz politik seines Amtsvorgängers herunterzureißen. Herr Köhler hat uns gesagt, daß alle Etatsreserven erschöpft seien, es hat sich äber gezeigt, daß Herr Köhler ebenso flunkern kann wie sein Vor⸗ gänger oder ihn sogar noch übertrifft. Vizepräsident Dr. Rießer vügt diesen Äusdruckss. Um den Etat balanzieren zu können, entdeckte man, daß die Einkommensteuer und andere Steuern viel zu niedrig im Etat angesetzt seien und daß die Regierung noch über alle möglichen Kassen und Käßchen

verfüge. Für die Fürstendotationen, fuhr Redner fort, ist immer Geld da, aber die Hexxren, die

den Namen Gottes im Munde führen und ihn stets miß— brauchen, haben nichts übrig für die Aermsten der Armen, auch nicht für die Kinder, die ohne Frühstück in die Schule gehen müssen. Auch das christliche Zentrum macht das mit. Wir werden diefe Schandpolitik immer an den Pranger stellen. Die Bürgerparteien treiben eine Finanzpolitik, die zur Täuschung der breilen Massen dienen soll. Das geschieht in der demokratischsten Republik, die in Weimar auf dem Papier verankert worden ist. Der Minister sagte, eine Steuererhöhung käme nicht in Frage. So las man's vor Tisch, aber er hatte noch nicht seinen Käse aufgegessen, da präsentierte er die Rechnung dem deutschen Volke, allerdings nicht den Vollgefressenen, ondern denn armen Massen durch die Mieterhöhungen. An die hbesitzende Klasse macht der Bürgerblock Geschenke, Auf Verlangen der bayerischen Partikularisten soll die Biersteuer bestehen bleiben. Die Finanzverwaltung verfügt über ein ungeheures Heer von Beamten, auf je 9090 Einwohner entfällt ein Steuer- oder Zoll⸗ beamter. Ein P ungeheurer Beamtenapparat ist notwendig durch die komplizierte Steuermachevpei des Reichstags. Die Steuner⸗ het ind' so kompliziert, daß sich niemand mehr auskennt und er Besitzende immer ein Hintertürchen findet, durch das er si

von der Steuer drücken kann. Es schreit doch nach Abhilfe, da

700 Millionen Steuerrückstände vorhanden sind. Um. diese schleunigst einzutreiben, müssen genügend Beamte zur Verfügun gestellt werden. Die Steuern werden jetzt noch biel mehr 41 die Schultern der Besitzlosen abgemalt, als es unter der Monarchie der Fall war. (Hört, hört! rechts) Die großen Betriebe müßten durch die Buch rüfer aufs schärfste kontrolliert werden. Aber nur die kleinen Betriebe werden vücksichtslos an⸗ gefaßt. Ein Gewerbetreibender in Berlin war nach seinen An⸗ gaben auf 40090. Mark Einkommen eingeschätzt, die Buchprüfung ergab die Richtigkeit, aber trotzdem Cent ihn das Finanzamt um mehrere 1909 Mark höher ein. Wenn man bei den großen Betrieben ebenso vorginge, würde man Geld genug haben. Dieser Regierung sagen wir den Har Kampf an. Werft dieses Scheusal in die Wolfsschlucht. Heiterkeit.)

Abg. Dietrich⸗Baden (Dem.): Durch die Zahl der Steuerrückstände darf man sich nicht so sehr schrecken lassen, wir nehmen ja in jedem Monat 600 Millionen ein. Es muß auch Rücksicht auf die Steuerzahler geübt werden. Der Wiederaufbau der Steuerverwaltung war eine Riesengufgahe. Der große Beamtenapparat war nötig durch die fortwährenden neuen Ver— ordnungen. Ich möchte dem Finanzminister den Rat geben, einmal ein Jahr lang so wenig wie möglich an die nachgeord⸗ neten Stellen zu schreiben. (Heiterkeit, Den nachgeordneten Stellen muß ein größeres Maß von Selbständigkeit und Selbst⸗ verantwortung eingeflößt werden. Wir beantragen eine Aen⸗ derung der Besteuerung der Landwirtschaft, bei der die Leistungsfähigkeit nicht danach bemessen wird, was der Mann herauswirtschaftet, sondern, was er herauswirtschaften könnte. Bei uns in Baden und überhaupt in Süddeutschland wird darüber geklagt, daß wir viel stärker zu den Steuern heran⸗ gezogen werden, als es in anderen Teilen des Reiches geschieht. In den großen Industriezentren gibt es immer Leute, die sich um die Steuern herumzudrücken verstehen. Diese Dinge, auch die Besteuerung der Landwirtschaft, müssen einmal zahlenmäßig

genau klargestellt werden. In der Bewertung nach dem Wehr⸗ beitrag bestehen große Ungerechtigkeiten; wenn also die Be⸗ wertung auch noch für 1977 gelten soll, so vermehrt sich die Ungerechtigkeit. Steuerbeamter zu sein, ist heute kein angenehmes Geschäft, um so mehr muß eme ungerechte Behandlung der Beamten vermieden werden. In Baden wird über ungerechte Zuteilung der Beamtenstellen geklagt. Wir haben schließlich den Wunsch, die Veranlagung zur Einkommensteuer wieder nach Jahresdurchschnitten erfolgen möge, zunächst nach einem zwei⸗ jährigen und dann nach dem dreijährigen Durchschnitt.

Abg. Mollath (Wirtschaftl. Vereinig) führt Klage über das heutige System der Steuereinschätzung und über die steaer— liche Behandlung des erwerbstätigen Mittelstandes. Es werde durchaus nicht verkannt, daß ein großer Teil der deutschen Finanzbeamtenschaft das Bestreben zeigt, ihrer Aufgabe in objektiver Weise gerecht zu werden. Was nütze aber dieser ernste Wille, wenn er fabotiert werde, oft genug von mittleren Ver⸗ waltungsbehörden. Der Redner verweist auf die Tätigkeit des Referenten für Grundbewertungssteuern vom Landesfinanzamt München, dessen Maßnahmen bei der Bevölkerung berechtigte Erbitterung hervorgerufen haben. Allmonatlich würden in einer Betriebsstatistik die durch Steuerstrafverfahren von den einzelnen Finanzämtern erreichten Nachzahlungen und Steuer— strafen einzeln aufgeführt, wobei das Finanzamt an der Spitze marschiere, welches die höchsten Beträge herausgeholt habe. Hier liege ein außerordentlich gefährliches System vor, welches sicher nicht dazu beitrage, eine sachgemäße und objektive Prüfung der Angaben der Zensiten zu fördern. Es ergebe sich ganz klar, daß das ganze Steuersenkungsprogramm des ver⸗ gangenen Jahres durch übermäßige Steuereinschätzungen wieder hereingebracht werden solle. Da könne man sich über bedauer⸗ liche Zwischenfälle, wie die Winzerunruhen an der Mosel und den verhängnisvollen Vorfall im Finanzamt Neukölln, nicht wundern. Der Redner fragt den Minister, ob es zutreffe, daß durch das Landesfinanzamt die ursprüngliche Richtigkeit der An⸗ gaben des Betreffenden festgestellt worden seien., und daß die Feststellungen des Finanzamts Neukölln falsch gewesen wären. Was gedenke der Minister zu tun, um die Schuldigen zur straf— rechtlichen Verantwortung zu ziehen? Der Minister habe auch noch keine Stellung genommen zu dem vom Abg. Kling vor— getragenen Vorfall in der Oberpfalz, wo man vor der Vor⸗ nahme einer Vollstreckung einen Bauern buchstäblich gefesselt habe. Bei dem Hereinholen der gestundeten 600 Millionen Steuern müsse auf die besonderen Verhältnisse der Steuerzahler Rücksicht genommen und rücksichtsloses Vorgehen der unter⸗ geordneten Stellen, insbesondere dem gewerblichen Mittelstand gegenüber, verhindert werden. Es wäre interessant, zu erfahren, wieweit die Großbanken, die jetzt ihre glänzenden Bilanzen ver— öffentlicht hätten, an den gestundeten Millionenbeträgen beteiligt eien. Der Redner bringt weiter noch Beschwerden gegen einzelne Finanzämter zum Vortrag. So sei festgestellt worden, daß in Altdamm ein früherer Steuersekretär erhebliche Steuerbeträge unterschlagen habe und hierauf sämtliche Zahlungen der Zen— siten als ungültig erklärt und diese selbst zu nochmaliger Zahlung der gesamten Steuerbeträge aufgefordert worden seien. G3 habe erst des Eingreifens des Reichsfinanzministers bedurft, um diese unerhörte Maßnahme zurückzuziehen. Hier scheine doch im ganzen System etwas faul zu sein, und die Zensiten würden anscheinend als „Freiwild“ betrachtet. Wir brauchten ein neues Finanzausgleichsgesetz, das alle Teile des deutschen Volkes unmittelbar an den Aufgaben des Staates interessiere.

Abg. Dr. Horlacher (Bayr. Vp) verlangt Vereinfachung der Steuerverwaltung. Mißgriffe bei der Steuereinziehung, die

die Bevölkerung erregten, müßten vermieden werden. Redner wendet sich gegen den vom Abg. Dr. Cremer empfohlenen

Zentralismus in der Finanzverwaltung. Bei Eintreibung der Steuerrückstände müsse schonend vorgegangen werden Mit den Behauptungen über die ungeheure Höhe der indirekten Abgaben zuungunsten der Besitzlosen treibe die Linke eine Hetze; sie be⸗ rücksichtige nicht, was an Steuern in den Gemeinden zu zahlen sei⸗ Stenersabotgge würden von seinen Freunden durchaus miß—= lilligt. Es sei allerdings keinesfalls verwunderlich, wenn bei der Bewertung von Grundbesitz das Gutachten der Landwirte anders ausfalle als das der Behörden. Es seien aber auch ungesetzliche Handlungen der Steuerbehörden vorgekommen. Abg. Kube (Völk) beantragt Vertagung. Die Unterstützung dieses Antrags reicht nicht aus.

Reichsminister Dr. Köhler nimmt hierauf das Wort. Seine Rede wird nach Eingang des Stenogramms veröffent⸗ licht werden. .

Abg. Meier⸗Baden (Soz.) verlangt vor allem Gexechtig- keit in der Verteilung der Steuern auf die verschiedenen Polks— kreise. Wenn die Lohnsteuerpflichtigen bis zum letzten Pfennig besteuert werden, müssen Kontrollmaßnahmen geschaffen werden, die die Steuerhinterziehungen der veranlagten Steuerzahler un⸗ möglich machen. Durch strenge Buchführung muß die gerechte Lastenverteilung kontrolliert werden. Auch die Offenlegung der Steuerlisten würde das Gewissen der Steuerzahler gegenüber dem Staate und dem Volke stärken.

Ministerialdirektor Zarden erklärt, die Einrichtung der Buch. und Betriebsführer werde unter allen Umständen bei— behalten werden. .

Abg. Do r sch (D. Nat.) führt die einzelnen Steuerlasten an, die die Landwirtschaft zu tragen habe. Die Landwirtschaft zahle heute noch Rentenbanksteuer, damit alle Leute in, Deutschland eine feste Währung hätten. (Lachen links) Dazu kämen die sozialen Lasten. Die Finanzämter hatten sich in Hessen nicht gerade gut eingeführt; man sei gewaltsam in die Häuser eingedrungen, um nach Geld zu suchen. .

Abg. Diez (Zentr.) kritisiert die Organisation des Brannt- weinmonopols, wobei der Staat noch 6 müsse. Die Ver⸗ Hun seien unhaltbar und eine gründliche Umkehr notwendig. Das heutige System begünstige den Schmuggel und die Steuer— hinterztehung.

Ministerialdirektor . geht auf einen Einzelfall ein, den der Abg. Diez vorgebracht hat. Die Monopolverwaltung habe den Schwarzbrennern in Baden nicht auf andere Weise bei⸗ kommen können als dadurch, daß 6 sich eines Verräters bediente. Da sich herausstellte, daß dieser selbst Hinterziehungen begangen habe, so hätte er die versprochene Belohnung nicht bekommen,. Den kleinen Brennern, die wegen geringfügiger Vergehen in Baden ihr Brennrecht verloren hätten, wolle das Finanzministerium das Brennrecht wiedergeben, nachdem der Kampf mit den Schwarz⸗ brennern jetzt zu Ende geführt sei.

Abg. Putz (Komm.) bespricht die Steuerhinterziehungen der Großbauern in der Rhön. .

Abg. Bülow (Soz) weist an Hand der Denkschrift der Reichsregierung nach, daß in großem Umfange bei der Durch⸗ führung der Bewertung Steuersabotage getrieben worden sei.

Abg. Marie Arning (Soz.) kritisiert, daß die von der eng⸗ lischen Regierung für die deutschen Kriegsgefangenen bereits aus⸗ gezahlten vier Millionen Mark noch nicht verteilt worden sind.

Hierauf vertagte sich das Haus auf Freitag, 10 Uhr.

(aFortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Einzelnummern oder einzelne Beilagen werden nur gegen Barbezahlung oder vorherige Sinsendung des Betrages

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Inhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich.

Exequaturerteilung.

Vetanntmachung, betreffend die Umsatzsteuerumrechnungssätze auf Reichsmark für den Monat März 1927.

Bekanntmachung, betreffend die Festsetzung des Börsenpreises von Wertpapieren.

Verordnung über die Geschäftsbedingungen der Börse in Hamburg für den Zeithandel in Getreide.

Anzeige, betreffend die Ausgabe der Nummer 13 des Reichs—⸗ gesetzblatts Teil II.

Preuszen.

Bekanntgabe der vom H. bis 23. März d. J. zu Wohlfahrts—⸗ zwecken genehmigten öffentlichen Sammlungen. Bescheid über die Zulassung von Zündmitteln.

Amtliches. Deutsches Reich. Dem Königlich schwedischen Konsul in Dresden Dr. Herbert

Klippgen ist namens des Reichs das Exequatur erteilt worden.

Bekanntmachung.

Die Umsatzsteuerumrechnungssätze auf Reichs⸗ mark für den Monat März 1927 werden auf Grund von 58 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Be⸗ kanntmachung vom 8. Mai 19356 (RGBl. 1 S 218) in Ver⸗ bindung mit 8 45 der Durchführungsbestimmungen zum . vom 25. Juni 1926 (RGBl. 1 S. 323) wie

folgt festgeseßzt:

id. Nr Staat Ein heit RM 1 Belgien 100 Belga 98, hl 2 Bulgarien 100 Lewa 3.05 3 Dänemark 100 Kronen 11240 4 Danzig 100 Gulden 81,77 D England 1 Pfund Sterling 20,47 6 Finnland 100 finnische Mark 10, 62 7 Frantreich 100 Frances 16, 0 8 Griechenland 100 Drachmen D, 46 2 TVollaud 100 Gulden 168, 73

10 Jtalien 100 Lire 19,01 11 Jugoslawien 100 Dinar 7, 41 12 Norwegen 100 Kronen 109,80 13 Deuisch Oesterreich 100 Schilling 29,33 14 Portugal 100 Eecudo 21, 8 15 Rumänien 100 Lei (Noten) 265 16 Schweden 100 Kronen 112,77 17 Schweiz 100 Francs 81, 10 18 Spanien 100 Peseta 73, 36 19 Tcchecho⸗Slowakei 100 Kronen 1249 26 Türkei ltürtisches Pfund 2, 13 21 Un garn 100 Pengö 73, 61 272 Argentinien 100 Papierpeso 178,11 23 Brasilien 100 Milreis 49, 85 24 Kanada 1 Kan. Dollar 421 25 Uruguay 1 Goldpeso 4,24 26 Vereinigte Staaten

von Amerika 1Dollar 4,22 27 Japan 100 Yen 207, 17 28 Aegvpten l ägyptisches Pfund 20,99

Die Festsetzung der Umrechnungssätze für die nicht an der Berliner Börse notierlen ausländischen Zahlungsmittel erfolgt spätestens in der Mitte dieses Monats.

Berlin, den 1. April 1927.

Der Reichsminister der Finanzen. J. A.: Zarden.

Betanntmachung.

Auf Grund des 89 der Bekanntmachung, betreffend die Feststellung des Vörsenpreises von Wertpapieren vom 21. No⸗

vember 1912 (RGBl. S. 537) in der Fassung der Verordnung

vom 22. Mai 1925 (RGBl. 1 S. 73) wird hiermit folgendes

bekanntgemacht: Der Börsenvorstand in Berlin bat beschlossen, die Preise der Teltower Kanaltenrain Aktiengesellichaft in

Liguidation vom 1. April lv27 ab in Ausnahme von § 1 Abs.?2

einschlietz lich des Portos abgegeben.

der erwähnten Bekanntmachung statt nach Prozenten des Nennwerts in Reiche mark für jedes Stück sestzustellen.

Berlin, den 31. März 1927. Der Reichswirtschaftsminister. J. A.: Dr. Reichardt.

Verordnung über die Geschäftsbedingungen der Börse in Hamburg für den Zeithandel in Getreide. Vom 22. März 197. *)

24 Grund des 5 67 des Börsengesetzes vom 27. Mai 1906 (RGB. S. 215) wird nach Zustimmung des Reichsrats hiermit verordnet:

Die nachstehenden Geschästsbedingungen der Börse in Hamburg für den Kauf und die sonstige Anschaffung von Gerste, Mais, Weizen und Roggen werden mit der Maßgabe genehmigt, daß es den Ver⸗ tragichließenden gestattet ist. Vereinbarungen über die in diesen Be⸗ stimmungen nicht geregelten Punkte zu tieffen.

Berlin, den 22. März 1927. Der Reichswirtschaftsminister. Curtius.

Geschäftsbedingungen der Börse in Hamburg für den Kauf und die sonstige Andchaffung von Gerste, Mais, Weizen und Roggen. 1.

Zu liefern ist:

1 bei Geisie: gute, gesunde Futtergerste harte glasige Gersten, wie z. B. nordafrikanische, ausgeschlossen;

2. bei Mais: guter, gesunder Mais;

3. bei Weizen! gesunder, trockener und für Müllereizwecke gut verwendbarer Weizen mit einem Normalgewichte von 76,5 Kilogramm je Hektoliter. Von der Ueserung aus⸗ geschlossen sind: Rauhweizen, Kubanka. und anderer aus— ländischer Hart. (Grieß Weizen, seiner künstliche Mischungen verschiedenartiger Sorten;

4. bei Roggen: guter, gesunder, trockener Roggen, frei von Darrgeruch, mit einem Noimalgewichte von 71 Kilogramm je Hektoliter. =.

Die Lieferung hat innerhalb der von den Parteien vereinbarten Zeit nach Wahl des Verkäufers zu ersolgen.

III.

Der Preis ist für je 1000 Kilogramm in Reichsmark lose transito frei Groß Hamburg festzusetzen.

Erfüllungsort für die Zahlung ist Hamburg, für die Lieferung der Lagerort, Gerichtsstand ist Hamburg.

Den Geschätten sind die vom Vorsland des Vereins der Getreide⸗ händler der Hamburger Böise erlassenen Bestimmungen, betreffend Einschuß und Nachschußpflicht, zugrunde zu legen.

V. § 1. Die zu liefernde Ware ist amudienen:

a) in zugelassenen Lagerhäusern, welche sich in Hamburg, Altona, Harburg oder Wilhelmeburg befinden.

b) in Schiffen, welche sich im Hasengebiet Hamburg, Altona, Harburg oder Wilhelmsburg befinden und aus denen auf den Kai oder in Flußtahrzeuge gelöscht werden taun oder welche an einem zugelassenen Lagerhaus liegen. Die Namen der Läagerhäuser, aus denen geliesert werden kann sind durch Beschluß des Vorstands des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse sestzustellen und bekanntzumachen.

§ 7. Es darf nur eine Ware geliesert werden, welche vor der Andienung, frühestene aber an den drei der Andienung vorhergehenden Werftagen, von drei vom Vorstand des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse für die in Frage tommenden Geneidearten er nannten und von der Deputation für Handel Schiffahrt und Ge— werbe beeidigten Sachverständigen untersucht und als lieterbar be— funden worden ist. Bei der Untersuchung der Ware und Feststellung eines Mehr⸗ oder Minderwerts sind bei Mais Qualität und Be⸗ schaffenheit, bei Weizen und Roggen Qualität. Beschaffenheit und Naturalgewicht, bei Geiste Beschaffenheit. Naiuralgewicht und Besatz zu berücksichtigen. Ergibt sich auf Grund dieser Untersuchung bei Gerste und Mais ein Mehr- oder Minderwert bis zu drei vom Hundert, bei Roggen bis zu zwei vom Hundert und bei Weijen ein Mehrwert bis zu diei vom Hundert oder ein Minderwert bis zu zwei vom Hundert des. Wertes gelunder Durchschnittéqualität, so ist der Käuser zur Abnahme unter Vergütung des Mehrweits beiehungs— weise Abzug des Minderwerts verpflichtet. Ein Mehrwert bei Gerste, Mals und Weizen über die vom Hundert und bei Roggen über zwei vom Qundert ist nicht zu vergüten.

Bei einem Minderwerte bei Gerste und Mais von mehr als drei vom Hunteit, bei Weizen und Roggen von mehr als zwei vom Hundert ist die Ware nicht lieferbar.

§ 3. Die Andienung und vieserung hat in Posten von je 30 t schriftlich unter Beifügung einer Beicheinigung über die Lieseibarkeit zu ersolgen nnd muß dem Käufer an einem Werktag bis 115 Ubr mittags zugestellt sein. Endigt die Lieferzeit an einem Sonn oder

) Veröffentlicht im RGBl. Teil 1 Nr. 14 Seite 79.

Feiertage, Jo muß die Andienung spätestens am vorhergehenden Werktag erfolgen. Die Andienung kann an Dritte weitergegeben werden. Die Weitergabe muß unverzüglich erfolgen. Die Umlaufszeit der An⸗ dienung endigt nachmittagü 3 Uhr am Andienungetage.

§z 4. Der Verkäuier ist verpflichten jeden einzelnen Posten oder Kavenmg von einer Stelle zu liesern. Die Ware ist innerhalb von drei Werktagen, einschließlich des Tages der Andienung, Zug um Zug gegen Zahlung abzunehmen

§z 5. Das Andienungeschreiben und die Bescheinigung der Sach⸗ verständigen müssen enthalten

a) bei Lieferungen vom Schiffe:

1. das Datum,

2 den Namen des Schiffes und des Schiffers beziebungs— weise die Kahnnummer sowie der Räume, in denen die Ware sich befindet.

3. den Standort des Schiffes vorbehaltlich einer Aenderung seitens der Hafenbehörden;

b) bei Lieserungen vom Lagerhause:

1. das Datum,

2. die genaue Bezeichnung des Postens nach Lagerhaus, Lagerraum und Menge.

§z 6. Der Empiänger hat die Kosten der Uebergahe und Ab⸗ nahme der Ware zu tragen, soweit sie die ortsüblichen Sätze nicht überschreiten. Etwaige Mehrkosten fallen dem Verkäufer zur Last. Ueber die Angemessenheit der Kosten enischeidet im Streitfall der Vorstand des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse.

§5 7. Der Verkäufer hat das Recht, füns vom Hundert mehr oder weniger zu liefern. Ergibt sich bei einem Posten ein Fehlgewicht von mehr als fünf vom Hundert, so kann die Abnahme abgelehnt werden. Die Ablehnung muß inrerhalb der vertragsmäßigen Ab- nahmesrift erklärt werden. Das Mehr⸗ oder Mindergewicht wird zum Preise des Abnahmetaas, falls jedoch die Abnahme nach Ablauf der vertragsmäßigen Friist erfolgt, zum Preise des letzten Tages der Abnahmesrist berechnet

§ 8. Im Falle des Verzugs darf der nichtsäumige Teil die An⸗ nahme der Teistung ablehnen, nachdem er dem jäumigen Teile eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung gestellt hat und diese Fuist fruchtlos verlaufen ist. Der Tag des Eingangs der Nachfrist⸗ stellung wird bei der Berechnung der Nachfrist nicht mitgerechnet.

§z 9. Stellt eine Partei ihre Zahlungen ein, so hat der andere Teil unabhängig von der bedungenen Lieserjeit unverzüglich, pätestent aber einen Tag, nachdem er von der Zahlungseinstellung Kenntnis erhalten hat oder Kenntnis haben mußte, ohne vorherige Androhung die Glattstellung des Vertrags vorzunehmen. Die Glattstellung erfolgt nach Wahl der nichtsäumigen Partei im ganzen oder in Teilen, entweder durch Eindeckung kauf beziehungswejsse -verkauf oder durch Verrechnung. Ter Gindeckungskauf beziehungsweise verkauf hat an der Homburger Börse für die bedungene Lieserzeit durch einen vom Vorsland des Vereins der Getreidebändler der Hamburger Börse ernannten, zu Zwangstäufen und wverkäufen berechtigten Makler zu

erfolgen. Die Veriechnung erfolgt auf Grund des am Tage der Glattstellung für die bedungene Lieserzeit an der Ham- burger Börse amtlich festgestellten Preise oder, wenn mehrere

Preise festgestellt sind., des Burchschnittspreises. Der bei der Glatt⸗ stellung sich ergebende Prieisunterschied ist sofort lällig. An Zinlen sind vom Tage der Glaktstellung bis zum eisten Tage der vertrags—⸗ mäßigen Lieferzeit zwei vom Hundert über Reichebankdiskont zu ver güten. Die üblichen Matlergebübren und sonstigen Unkosten, welche bei dem Eindeckungekauf beziehungsweise ‚verkau entstehen, sind so⸗ wohl in diesem Falle als auch im Falle der Verrechnung vom Säumigen zu vergüten.

§ i65. Als Feiertage gelten die in Hamburg staatlich aner— kannten allgemeinen Feiertage. .

§z 11. Aue Streitigkeiten aus dem Vertrage zwischen Parteien, auf welche die Voraussetzungen des S3 des Börlengesetzes zutreffen, sind durch ein Schiedegericht unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte endgültig zu entscheiden. Die Schiedsrichter werden vom Vorstand res Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse auf ein Jahr gewählt und thre Namen öffentlich bekanntgegeben. Jede Parlei wählt aus der Liste der Schiedsrichter einen Schiedsrichter. Die beiden Schiedsrichter erwählen einen Obmann, ebenfalls aus der Liste der Schiedsrichter.

Im übrigen finden die Bestimmungen der Schiedsgerichtsordnung für das Schiedegericht des Vereins der Getreidebhändler der Ham— burger Börse sinngemäße Anwendung.

§ 12. Für gerichtliche Entscheidungen und die Anordnung richter⸗ licher Handlungen im Sinne der 85 1015 und 104 der Zivilyrozeß⸗⸗ ordnung ist je nach dem Werte des Streitgegenstandes das Amts gericht oder Landgericht in Damburg zuständig.

Bekanntmachung.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Num mer 18 des Reichsgesetzblatts Teil U enthält:

das Gesetz über die vorläufige Regelung des Reichshaushalts für das Rechnungsjaht 1927, vom 31. Marz 1927,

die Bekanntmachung über den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf einer Auestellung, vom 18. Mär; 1927 Nie Bekanntmachung über den Schutz von Erfindungen. Mustern und Warenzeichen auf einer Ausstellung, vom 29. März 1927,

die Betanntimachung über das weitere Hinausschiehen des Zeit⸗ punkts, an dem der Freundichasts⸗, Handels- und Schiff ahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und den Vereinigten Staaten von Mexiko außer Kiast tritt, vom 28. Mäiz 1927.

Umisang 4 Bogen Verkaufspreis 15 Rpf.

Berlin, den 2. April 1927.

Gesetzlammlungsamt. Dr. Kaisenherg.