geübt wird, für eine Ehrenpflicht und für im Interesse der repu⸗ blikanischen gesunden Fortentwicklung Preußens ansehen, wenn Preußen derartige Beamte in seinen Staatsdienst aufnehmen würde. (Lebhafter Beifall links und im Zentrum. — Zurufe und Unruhe rechts.) *
Im übrigen möchte ich zu dieser Sache nur noch eins sagen. Als eine Brüskierung der Reichsregierung kann doch dieser Schritt Preußens nicht aufgefaßt werden. (Lachen und Zurufe rechts) Denn die Reichsregierung hat doch selber durch den Mund des Herrn von Keudell erklärt, daß ihr daran liege, den Mann nicht auf die Straße zu setzen, sondern ihm eine ent⸗ sprechende Tätigkeit zu geben. Leider hat sie ihm nicht gegeben werden können, und ich glaube, sie muß uns dankbar sein, daß wir für ihn eine geeignete Tätigkeit gefunden haben (sehr gut! und Heiterkeit links),, um so dankbarer, da wir damit einen allgemeinen Wunsch der Reichsregierung erfüllt haben. Im vorigen Jahre ist durch ein Rundschreiben des Reichsministeriums des Innern, unterzeichnet Külz, den Länderregierungen ans Herz gelegt worden, mehr als bisher Beamte der Reichs verwaltung wieder in Staatsdienst zu nehmen, damit ein gewisser Wechsel stattfindet (Heiterkeit), damit die Herren nicht gar zu sehr im Reichsdienst einseitig werden. (Erneute Heiterkeit) Als wir die Anstellung des Herrn Brecht beschlossen haben, haben wir geglaubt, im Sinne dieser Aufforderung der Reichsregierung zu handeln. (Große Heiterkeit. — Lebhafter Beifall und Hände⸗ klatschen links.)
Herr Abgeordneter Schlange hat eingangs seiner Rede gemeint, er wolle hier ein abschließendes Urteil über meine Tätigkeit als Ministerpräsident fällen. Das Urteil ist sehr mager ausgefallen. Ich möchte aber dagegen einwenden, daß es doch jetzt meiner Ansicht nach noch zu früh ist, ein abschließendes Urteil über meine Tätigkeit zu fällen. (Sehr richtig! links) Ich bin bereits sehr lange preußischer Minister und leite auch jahrelang die Staatsgeschäfte. (Zurufe rechts: Leider!) Aber ich bitte doch die Herren auch von der Deutschnationalen Volkspartei, mit dem abschließenden Urteil zu warten, bis ich meine Tätigkeit an dieser Stelle abschließe. Erst dann können Sie doch ein abschließendes Urteil fällen. Es ist ja möglich, vielleicht bietet sich im nächsten Jahre, wenn ich mein 10 jähriges Ministerjubiläum feiere, die Gelegenheit, einmal über dieses erste Jahrzehnt meiner Tätigkeit ein abschließendes Urteil zu fällen. (Heiterkeit) Wenn Herr Abgeordneter Schlange dann unter den Festrednern sein sollte — mit seinem Urteil — mag es auch noch so herbe ausfallen, wenn er sich nur bemüht, es mit ruhiger Sachlichkeit auszusprechen — wird er mir große Freude machen. (Anhaltender stürmischer Beifall bei der Sozialdemokratischen Partei, bei den Deutschen Demokraten und im Zentrum.)
Die Entgegnung des Ministerpräsidenten auf die Aus⸗ führungen des Abg. Dr. Leidig (D. Vp.) lautet:
Meine Herren! Nur noch wenige Wort zu den Aus— führungen des Herrn Abgeordneten Leidig! Herr von Campe wird mir zugeben, daß ich recht habe, wenn ich ihm jetzt unter Hinweis auf diese Ausführungen des Herrn Kollegen Leidig sage: sie waren ein Musterbeispiel dafür, wie, wenn von zwei Männern dieselbe Sache vertreten wird, doch ein ganz anderer Ton zum Ausdruck kommt. Wenn ich in demselben Ton mit der Reichsregierung ver⸗ handelte, wie ihn der Herr Abgeordnete Leidig beliebte, und wenn der Erfolg vom Ton abhinge, dann würde ich bei der Reichs⸗ regierung noch sehr viel weniger erreichen, als bis jetzt erreicht worden ist. (Abg. Dr. Leidig: Ich habe Sie gar nicht aufgefordert, in meinem Ton mit der Reichsregierung zu verhandeln! — Ich will Ihnen bloß darstellen, daß ich nicht immer den überaus kon⸗ zilianten Ton des Herrn Dr. von Campe treffen kann, wie Sie, sein engerer Parteigenosse, ihn auch nicht immer treffen. Wir sind also im Ton verschieden, und damit müssen wir schon rechnen.
Wenn der Herr Abgeordnete Leidig, in einer doch recht durch⸗ sichtigen Spekulation auf die Empfindungen der Herren vom Zentrum meinte, ich hätte hier den Herrn Reichskanzler ange⸗ griffen, so, glaube ich, hat er doch meine Rede nicht richtig gehört oder zum mindesten nicht richtig aufgefaßt. Ich bitte ihn, mir auch nur eine Stelle zu nennen, die als ein Angriff auf den Herrn Reichskanzler ausgelegt werden kann. Ich muß diesen Vorwurf deswegen zurückweisen. Es ist mir gar nicht eingefallen, den Herrn Reichskanzler im Zusammenhange mit dieser Aussprache irgendwie anzugreifen.
Des weiteren hat der Herr Abgeordnete Leidig gemeint, ich hätte die Bevölkerung des Ostens gegen die Reichsregierung erst aufgepeitscht. Das ist ein Irrtum von ihm; das stimmt nicht. Ich habe vielmehr aus einer ganz begreiflichen Erregung der Ost= bevölkerung heraus eine Unzahl von Protesten aus dem Osten erhalten; Deputationen haben sich bei mir angemeldet. Ich habe zu erkennen gegeben, es sei zweckmäßiger, zur Reichsregierung zu gehen und dort vorstellig zu werden. Sie haben mir erklärt, sie wollten bei mir vorstellig werden, denn sie verlangten, daß auch ich mich für die Interessen des Ostens bei der Reichsregierung ein⸗ setzte. So kann also keine Rede davon sein, daß ich den Osten auf⸗ gehetzt hätte, ich habe nur meine Pflicht erfüllt und mich zum Für⸗ sprecher für die östlichen Interessen gemacht. Diese Empörung ist erst ausgelöst worden, als bekannt wurde, welche Pläne die Reichs⸗ regierung für die Verteilung der 25 Millionen aufgestellt hatte. (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien Demgemäß muß ich auch die Belehrung des Herrn Abg. Dr. Leidig über das, was meine Pflicht sei, zurückweisen. Was meine Pflicht als Minister⸗ präsident ist, muß ich selbst beurteilen. (Abg. Dr. Leidig: Ich auch) — Sie können Ihr Urteil haben, können aber nicht ver⸗ langen, daß ich Ihr Urteil für mich als maßgebend betrachte. Meine Beurteilung ist entscheidend, und ich habe bei meiner lang⸗ jährigen Tätigkeit doch immerhin wohl bis zu einem gewissen Grade bewiesen, daß ich in der Beurteilung und der Erfüllung meiner Pflichten schließlich im wohlverstandenen Interesse unseres Landes gehandelt habe. Denn so leicht ist es nicht gewesen, in den letzten Jahren, den preußischen Staatskarren, da eine Gruppe rück⸗ wärts, eine andere vorwärts zog, immerhin in einer konstanten Vorwärtsbewegung im Gleise zu halten, so daß wir vor Krisen, wie sie oft im Reiche und in anderen Länder vorhanden gewesen waren, bis zu einem gewissen Grade verschont geblieben sind (sehr wahr!), und konstatieren können, daß wir eben durch diese Politik bei uns in Preußen ruhige, konstante Berhältnisse geschaffen und erhalten haben, die uns die Möglichkeit gegeben haben, auch unserer Wirt⸗ schaft zu einem Aufstieg zu verhelfen. In diesem Sinne werde ich
auch weiter meine Pflicht erfüllen. Bravoh Ich glaube, damit auf dem rechten Wege zu sein. Ich nehme gern Ratschläge an, Be⸗ lehrungen aber in der Form, wie sie mir heute vorgetragen worden sind, muß ich ablehnen. Bravo!)
285. Sitzung vom 13. Mai 1927, vormittags 11 Uhr 15 Min. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *)
Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Haushalts des Fin anzministeriums. Mit der Beratung verbunden wird die Besprechung einer großen An⸗ zahl von Anträgen. Sie betreffen die Höherstufung und Neu⸗ schaffung von Beamtenstellen, staatliche Arbeitgeberdarlehen bei Wohnungsbauten für preußische Staatsbedienteste, Reform der Besoldungsgesetze und Aenderung des Gesetzes zur Ergänzung der Abgabengesetze, Berücksichtigung der Katholiken bei Einstellung von Beamten, Anwärtern und Hilfsarbeitern, Schaffung eines neuen preußischen Disziplinar⸗ gesetzes und Beamtenrechts, Beteiligung des Staates an wirt⸗ er chr Unternehmungen. Auch kommunistische Anträge gegen die Hauszinssteuer, gegen das Gesetz über die Ver— mögensauseinandersetzung mit den Hohenzollern und die Ab⸗ findungs⸗ und Aufwertungsforderungen der ehemaligen Fürsten und Standesherren stehen mit zur Besprechung, ebenso die große Anfrage über die Zahlung der staatlichen Bei⸗ 66 an die Stadt Hannover anläßlich der Typhusepidemie und die kommunistische Interpellation, die sich gegen die Rück⸗ kehr des früheren Kaisers richtet.
Abg. Rhiel⸗Fulda 537 erstattet den Bericht über die Verhandlungen des Hauptausschu ses.
Finanzminister Dr. Höpker⸗A schoff: Meine Damen und Herren, der Haushalt des Finanzministeriums ist im Haupt⸗ ausschuß eingehend besprochen worden. Ich kann es heute nicht als meine Aufgabe betrachten, noch einmal auf alle die Fragen einzugehen, die dort zur Erörterung gestellt und von mir beant⸗ wortet worden sind, sondern ich glaube, mich heute auf die wichtigsten Fragen beschränken zu sollen, die im Hauptausschuß aufgeworfen worden sind, zunächst auf die Frage der Be⸗ soldungsreform.
Der Herr Berichterstatter ist bereits auf diese Frage einge⸗ gangen. Es liegt dem Landtage auch eine Resolution des Haupt⸗ ausschusses vor, welche sich mit der Frage der Umgruppierung und der Schaffung von neuen Stellen beschäftigt. Endlich steht heute auf der Tagesordnung auch ein Urantrag, der die Reform der Besoldungsgesetze fordert.
Im Laufe der Beratung über die einzelnen Etats waren zu⸗ nächst vom Hauptausschuß zahlreiche neue Stellen und außer⸗ ordentlich zahlreiche Umgruppierungen beschlossen, neue Stellen in einer Gesamtzahl von 6275, Umgruppierungen in einer Gesamt⸗ zahl von 383 497. Der Hauptausschuß hat auf Vorschlag des Unter⸗ ausschusses beschlossen, von der Bewilligung solcher neuen Stellen und von solchen Umgruppierungen mit Rücksicht auf die Erklärung abzusehen, die ich im Hauptausschuß über die bevorstehende Be⸗ soldungsreform abgegeben habe. Ich habe im Hauptausschuß ge⸗ sagt, daß ich mit dem Herrn Reichsfinanzminister eine Verein⸗ barung darüber getroffen habe, daß noch im Laufe dieses Rech⸗ nungsjahres das Gesetz über die Aenderung der Besoldungsbezüge der Beamten unter allen Umständen verabschiedet werden soll. (Abg. Schwenk Oberhausen]: Die Presse berichtet anders!)
Es ist die Frage aufgeworfen worden, mit Wirkung von welchem Tage an diese neuen Besoldungsbezüge in Kraft treten sollen. Auf diese Frage kann ich ohne vorhergehende Ver⸗ ständigung mit dem Herrn Reichsfinanzminister keine Erklärung abgeben. Wenn aber in der Oeffentlichkeit berichtet wird, daß, als ob der Herr Reichsfinanzminister bereit, zu einem sehr frühen Zeitpunkt solche Besoldungserhöhungen zuzugestehen, und daß dieser Plan nur an dem Widerstand des preußischen Finanz⸗ ministers scheitere, so ist diese Darstellung eine glatte Unwahrheit. (Lebhaftes Hört, hört! links.)
Meine Damen und Herren, davon kann gar keine Rede sein. Es herrscht auf diesem Gebiet bei dem Herrn Reichsfinanzminister und bei mir der entschlossene Wille, vollkommen einheitlich vor⸗ zugehen und auf diesem Gebiet eine Verständigung zwischen dem Reich und Preußen herbeizuführen. (Bravo! links.) Anders ist es ja auch kaum möglich. Wir können unsere Besoldungsgesetze nicht anders aufziehen, als es das Reich tut, und wir können ins⸗ besondere Besoldungserhöhungen nicht zu einem anderen Zeitpunkt in Kraft treten lassen als das Reich. Also ein gemeinsames Vor⸗ gehen von Reich und Preußen ist notwendig und wird, wie ich nicht bezweifle, in Vereinbarung mit dem Herrn Reichsfinanz— minister erzielt werden. Da aber diese Verhandlung noch nicht zum Abschluß gekommen ist, kann ich über den Zeitpunkt noch nichts sagen, sondern kann ich nur wiederholen, daß der Herr Reichsfinanzminister und ich entschlossen sind, diese Besoldungs⸗ gesetze noch im Laufe dieses Rechnungsjahres unter allen Um⸗ ständen zur Verabschiedung zu bringen. (Lebhaftes Bravo! links und im Zentrum) Wenn das aber so ist, daß diese Besoldungs⸗ reform noch im Laufe dieses Rechnungsjahres zur Verabschiedung gebracht werden soll, wird es unmöglich sein, noch vor der Ver— abschiedung der Besoldungsreform Besoldungsänderungen für ein⸗ zelne Beamtengruppen vorzunehmen. (Zuruf im Zentrum.) Ich habe das im Hauptausschuß dargelegt und kann feststellen, daß der Hauptausschuß sich dieser Auffassung angeschlossen hat. Ich glaube auch, daß diese Auffassung richtig ist. Wir sind uns doch alle darüber klar, daß unsere Besoldungsgesetze manche Spannung, um nicht zu sagen Ungerechtigkeit, enthalten (sehr richtig! links), und daß das alles nur durch eine planmäßige Umgestaltung aus⸗ geglichen werden kann, daß einer solchen planmäßigen Um⸗ gestaltung aber zugunsten und ungunsten einzelner Beamten⸗ gruppen vorgegriffen werden würde, wenn man schon jetzt mit Wirkung vom 1. April ab auf den verschiedensten Gebieten Um⸗ gruppierungen vornehmen würde. Darum würde ich dem Hause sehr dankbar sein, wenn es sich dem Beschluß des Hauptausschusses, vorläufig keine Umgruppierung vorzunehmen, anschließen würde.
Sodann eine zweite große Frage, die im Hauptausschuß ein⸗ gehend behandelt worden ist und auf die soeben der Herr Bericht⸗ erstatter noch einmal eingegangen ist, nämlich die Frage der Ge⸗ staltung der Steuerverwaltung im Reich, in den Ländern und in den Gemeinden. Als ich diese Frage im Haupt— ausschuß angeschnitten habe, hat sich daran gegen meinen Willen eine Debatte über die Verfassung des Deutschen Reichs überhaupt geknüpft, Einheitsstaat oder Bundesstaat. Wenn ich heute noch
Mit Ausnahme der durch Sperrdruck heworgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
einmal hier auf diese Frage eingehe, so tue ich das ganz gewiß nicht in der Absicht, der Debatte, die gestern eine große Rolle ge⸗ spielt hat, neue Nahrung zu geben, sondern ich tue es, weil der Hauptausschuß mir zur Pflicht gemacht hat, den Landtag über die Entwicklung au diesem Gebiet auf dem laufenden zu halten, und weil sich inzwischen Dinge ereignet haben, die sicherlich das Interesse des Landtags finden werden. Der Herr Reichsfinanz⸗ minister Köhler hat jüngst in einer Rede im Verein der Berliner Kaufleute seine Pläne in großen Zügen dargelegt und darauf hingewiesen, daß die Reichsregierung den parlamentarischen Körperschaften noch im Laufe des Sommers zwei Rahmengesetze über die Grundvermögenssteuer und die Gewerbesteuer, ein Reichsgesetz über die Hauszinssteuer und ein Gesetz über die Zu⸗ sammenfassung und Vereinheitlichung der Steuerverwaltung vor⸗ legen würde. Ich habe bereits im Hauptausschuß auf diese Pläne des Reichs hingewiesen und im Zusammenhang damit dargestellt, wie die Rechtslage heute im Reich, in den Ländern und den Ge⸗ meinden ist.
Ich darf mit einigen Worten auf diese Ausführungen zurück kommen weil sie zum Verständnis der weiteren Darlegungen über die Pläne des Reichs erforderlich sind. Das Reich verwaltet nicht allein die Reichssteuern, sondern es verwaltet auf Grund des §8 19 der Reichsabgabenordnung in weitem Umfange auch Landes⸗ und Gemeindesteuern. Insbesondere ist das in Süddeutschland der Fall. Dort gehen die Kompetenzen der Reichsfinanwerwaltung sogar noch weiter; dort werden nicht nur Landes und Gemeindesteuern von der Reichsfinanzverwaltung verwaltet, sondern es ist dort auch die Ver mögensverwaltung und das Rechnungs- und Kassenwesen der Reichs finanzverwaltung übertragen. Im Gegensatz hierzu hat sich Preußen bisher noch eine verhältnis⸗ mäßig selbständige Landessteuerverwaltung erhalten. Von den preußischen Steuern wird nur eine Steuer, nämlich die Stempelsteuer, durch die Reichsfinanzverwaltung auf Grund des § 19 der Reichsabgabenordnung verwaltet. Bei der Gewerbesteuer allerdings haben wir zwei Möglichkeiten. Unser Gewerbesteuergesetz sieht die Verwaltung durch die Reichsfinanz⸗ verwaltung, die Finanzämter, vor, sofern nicht die Stadt= und Land⸗ kreise die Verwaltung der Gewerbesteuer übernehmen. Auf Grund dieser Bestimmung wird dann auch tatsächlich die Gewerbesteuer in einer ganzen Reihe von preußischen Gemeinden durch die Reichs finanzbehörden verwaltet; insbesondere ist dies in Berlin der Fall. Aber abgesehen von diesen Fällen der Verwaltung der Stempelsteuer durch Reichsbehörden und der Verwaltung der Gewerbesteuer in einigen Gemeinden durch Reichsbehörden wird die preußische Steuer⸗ verwaltung noch als selbständige Verwaltung geführt. So wird die Gewerbesteuer, abgesehen von den obenerwähnten Ausnahmen, durch Landesbehörden veranlagt, und daran ändert auch die Tatsache nichts, daß sich hierbei das Land der Kreise als einer Auftragsverwaltung bedient, und daß diese Steuer den Gemeinden selber zugute kommt. Die Erwerbssteuerausschüsse der Stadt- und Landkreise sind, soweit sie die Gewerbesteuer verwalten, Beauftragte des Staates; sie führen hier eine Auftragsverwaltung. Allerdings wird die Steuer, wie ich schon sagte, von den Gemeinden eingezogen, und die Gemeinde als Steuergläubiger entscheidet über Erlaß, Stundung und Nieder⸗ schlagung der Steuer. Bei der Grundvermögens⸗ und Hauszins—⸗ steuer liegen die Dinge so, daß sie als eigentliche Landessteuern von staatlichen Behörden nicht nur veranlagt, sondern auch verwaltet werden, nur daß sich der Staat bei der Einziehung dieser Steuern der Gemeinden bedient und daß die Gemeinden darüber hinaus wenigstens zür Grundvermögenssteuer noch Zuschläge erheben können. Alles dies ändert nichts daran, daß es sich um Landessteuern handelt, die durch Landesbehörden verwaltet werden.
Wenn man diese Verhältnisse im Reich miteinander vergleicht, insbesondere auch die Verschiedenheiten betrachtet, die in Preußen und in den süddeutschen Staaten herrschen, so ergibt sich, daß auf diesem Gebiet eine außerordentlich große Zersplitterung besteht. Welches Ziel verfolgt nun das Reich auf dem Gebiet der Zu⸗ sammenfassung der Steuern und insbesondere der Steuerverwaltung? Es ist mir in der Erörterung dieser Frage eine gewisse Zurück haltung dadurch auferlegt, daß die Entwürfe der Reichsregierung dem Preußischen Finanzministerium zwar bereits mitgeteilt worden sind, aber doch nur zu einer vertraulichen Behandlung, und daß ich daher in der Erörterung nur von dem ausgehen kann, was der Reichs finanz⸗ minister selber der Oeffentlichkeit bereits kundgetan hat, und was auch sonst durch Ausführungen von anderer Stelle der Oeffentlichkeit bekanntgeworden ist. Das Reich will also Rahmengesetze für die Realsteuern schaffen und wird natürlich in diesen Rahmengesetzen nicht nur die subjektive und objektive Steuerpflicht abgrenzen, sondern auch Bestimmungen über die Höhe des Steuergrundbetrags auf⸗ nehmen, so daß also den Ländern und Gemeinden bei diesen Real⸗ steuern nur noch die Befugnis bliebe, alliährlich zu bestimmen, wieviel Steuereinheiten sie von diesen Steuergrundbeträgen erheben wollen. Bei der Hauszinssteuer wird die Regelung nach den Er⸗ klärungen des Reichsfinanzministers noch weitergehen, und das ent— spricht auch dem Gesetzentwurf über die Aenderung des Finanz- ausgleichs insofern, als in diesem Gesetzentwurf von der Reichs⸗ regierung die Vorlage eines Reichsgesetzes über die Hauszinssteuer verlangt wird. Die Hauszinssteuer wird also in Zukunft eine Landessteuer sein, die nach Maßgabe eines besonderen Reichsgesetzes erhoben wird. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die Grund⸗ gedanken dieses Hauszinssteuergesetzes etwa den Grundgedanken ent⸗ sprechen werden, die ich seinerzeit vor Weihnachten bei der ersten Lesung des Etats hier dem Landtag gegeben habe.
Nun aber, meine Damen und Herren, die Frage der Steuerverwaltung! Ich habe auf die große Zer⸗ splitterung hingewiesen. Wer diese Zersplitterung verfolgt und außerdem dabei im Auge hat, welche Reichssteuern und Landes⸗ steuern erhoben werden, der wird sich der Tatsache nicht ver⸗ schließen können, daß die großen Reichs- und Landessteuern aus bestimmte Steuergrundlagen zurückzuführen sind, also beispiels— weise auf den Einheitswert des Vermögens und als Teile davon auf den Einheitswert des landwirtschaftlichen Vermögens, des Gewerbekapitals und der Grundstücke, zweitens auf den Umsatz, drittens auf das Einkommen und als Teil davon auf den Ge— werbeertrag, biertens auf die Lohnsumme und fünftens auf das Grundbermögen oder die Friedensmiete bei der Hauszinssteuer, je nachdem, welcher Maßstab gewählt wird. Nach den Aus⸗ führungen des Herrn Reichsfinanzministers ist nun offenbar der
Gedanke der, daß diese Besteuerungsgrundlagen, welche bei den Reichs- und Landessteuern wiederkehren und beiden Steuerarten
3 weite Beilage
zum Deut schen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger
Nr. 112.
Berlin, Sonnabend, den 14. Mai
1927]
(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
irregeführt, ohne sich ernsthaft um eine Be⸗ soldungsneuregelung zu kümmern. Im Gegenteil hätte die Deuischnationale Reichstagsfraktion Anträge in dieser Richtung niedergestimmt. Nun dürfe man aber die Beamten nicht länger warten lassen. (Sehr richtig! links.) Gehälter wie die der Gruppe 2 mit 103 Mark und auch Bezüge der folgenden Gruppen seien heute unmöglich und müßten wesentlich erhöht werden. Aber auch die miltleren und höheren Beamten seien heute in erschreckender Weise verschuldet, was auch aus staatspolitischen Gründen nicht angängig sei. Die Gehälter der höheren Beamten seien auch nicht ausreichend. Während früher, unter der Mon⸗ archie, ein Staatsminister jährlich über 52 090 Mark Einkommen gehabt habe, das steuerfrei gewesen sei, bekomme heute ein Staatsminister 36 000 Mark jährlich, von denen er och höh0 Mark Steuern zahlen müsse. Die Bezahlung der ersten Veamten des Staates sei, namentlich wenn man auch die Ge⸗ hälter der Privatindustrie zum Vergleich heranziehe, voll ständig unzulänglich. (Sehr richtig! links. Der Staat habe allerdings, wie der deutschnationale Redner erklärte, die Pflicht, die Ver⸗ sorgungsanwärter unterzubringen. Es sei aber eine bewußte Irreführung der öffentlichen Meinung, wenn der deutschnationale Abg. König erkläre, die Zivilversorgungsberechtigten könnten nicht in erforderlichem Maße untergebracht werden, weil zuviel nach dem Parteibuch gefragt würde. Das habe man früher getan, als man die Postbeamten zwang, einen Revers zu unter⸗ schreiben, daß sie bei Strafe der Dienstentlassung keine sozia⸗ sistische Zeitung lesen dürften. (Große Unruhe rechts.) Die Republik wäre vielleicht weiter gekommen, wenn sie auch mit etwas weniger Rücksichtnahme vorgegangen wäre.
Damit schließt die allgemeine Besprechung. Das Haus unterbricht die Fortsetzung der Beratung um eine Stunde.
Agitationsanträgen
Abendfitzung.
Tas Haus setzt nach Eröffnung der Sitzung um 7 Uhr die Beratung des Haushalts des Finanz⸗ ministeriu ms bei der Einzelberatung fort, die ohne wesentliche Aussprache erledigt wird.
Die einzelnen Kapitel und Titel werden bewilligt. Ein Antrag der Deutschen Volkspartei auf. Erhöhung der Auf⸗ wandsentschädigungen der Oberpräsidenten und Regierungs⸗ präsidenten wird gegen die Rechtsparteien abgelehnt.
Damit ist die zweite Beratung des Haushalts des Finanzministeriums erledigt.
Hierauf stimmt das Haus ab über den Antrag des Haupt⸗ ausschusses, die zum Haushalt 1927 gestellten Anträge auf Hö 3 n und Neuschaffung von Be⸗ am ten stellen abzulehnen. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartei und der Kommunisten angenommen. Eine große Reihe von Anträgen auf Höherstufungen von Beamten usw. wird dem Beamtenausschuß überwiesen.
Angenommen wird auch der Antrag, in der Ber⸗ anlagunge der preußi sichen Steuern keinerlei Maßnahmen, insbesondere keinerlei Vereinbarungen mit dem Reich zu treffen, über die nicht vorher mit dem Landtag eine BVerständigung erzielt ist, sowie dafür zu sorgen, daß über keinerlei Umorganisation innerhalb der Zuständigkeit preußi⸗ scher Behörden mit dem Reich verhandelt wird, bevor der Ländtag seine Zustimmung gegeben hat.
Das Haus nimmt hierauf die restierenden Ab⸗ stim mungen zu den einzelnen Etats vor. Ohne erhebliche Aussprache werden nacheinander angenommen die Etats der Do mänenver waltung, der Forst⸗ verwaltung, der Gestüts verwaltung und der land wirtschaftlichen Verwaltung nach den Vor⸗ schlägen des Hauptausschusses unter Berücksichtigung der vom sogenannten „Köpfungsausschuß“ vorgenommenen Strei⸗ chungen von Titelerhöhungen. Beim Haushalt der Land⸗ wirtschaftlichen Verwaltung wird in namentlicher Abstimmung mit 83 gegen 155 Stimmen ein Antrag Dermietzel (D. Nat.) abgelehnt, der für die Förderung der bäuerlichen Forstwissen⸗ schaft, insbesondere der Waldbaubereine einen neuen Titel von 500 000 Mark einsetzen wollte.
Ohne Tebatte werden dann die Etats der gotterie verwaltung, Münzverwaltung, des Landtags, des Staatsrats und des Fnnen⸗ ministe riums nach den Ausschußbeschlüssen in zweiter Lesung bewilligt. Auch die Hauptausschußanträge zur zweiten Lesung des Kultuseta ts finden Annahme. Dahei werden u. a. bewilligt 400 000 Mark als erste Rate für den Neubau einer Augenklinik in Berlin, 40 000 Mark für die Schaffung einer religionskundlichen Sammlung an der Universität Marburg, So 0 0 Markt für Erweiternngsbauten bei der Tech= nischen e Berlin und 450 000 Mark bei der Tech⸗ nischen Hoch ule in Hannover. Der Titel „Zur Verfügung für Kunstzwecke“ wird um 142 000 auf 509 000 Mark erhöht mit der erweiterten Zweckbestimmung der Unterstützung not⸗ leidender deutscher Schriftsteller. J
ö. Weiter wird ein neuer Titel angenommen, der 10000 Reichsmark bereitstellt zur Beschaffung von Reichsfahnen für Schulgebäude besonders bedürftiger Schulverbände.
Damit ist auch die zweite Lesung dieses Etats beendet.
Sodann werden noch die ausgesetzten Abstimmungen zur 2. Lesung des Wohlfahrtsetats vorgenommen. Dabei werden die Mittel für soziale Hilfe an fittlich und sexuell ge⸗ fährdeten Personen um 66 000 auf 150 990 Reichsmark erhöht. Die Mittel zur Erforschung der Krebskrankheit werden um 19009. auf 30 000 Reichsmark, die zur Unterstützung der öffentlichen und privaten Wohlfahrtspflege um 100 090 auf 200 900 Reichsmark, die zur Unterbringung gesundheitlich ge⸗ , e. und unterexnährter Kinder um 100 000 auf 400 000
eichsmark erhöht. Schließlich wurde noch ein neuer Titel in den Wohlfahrtsetat eingefügt, der zur Förderung der Kinder⸗ . 1 Million Reichsmark einsetzt. Damit waren die Ab⸗ timmungen zur zweiten Lesung des Wohlfahrtsetats beendet.
Gegen 95 Uhr vertagt sich das Haus auf Sonnabend, 10 Uhr vormittags: Zweite Lefung des Haushalts der All⸗ gemeinen Finanzverwaltung und Etatsgesetz.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Aeltestenrat des Reichstags bestimmte gestern die Geschäftsdispositignen des Plenums bis zu der Pause, die Ende der nächsten Woche wegen des sozialdemokratischen Parteitages vorgesehen ist. Heute soll die zweite Lesung des Jugendschutzgesetzes zu Ende geführt werden und außerdem die kleinen Vorlagen über die Einfuhrscheine und den deutsch⸗ bulgarischen Vertrag über den Rechtsverkehr bergten werden. Wann die dritte Lesung des Jugendschutzgesetzes stattfinden wird, steht noch nicht fest. Am Montag nächster Woche werden die An⸗ träge zur Krisenfürsorge und in zweiter Lesung die Vorlage über den? Verkehr mit! Lebensmitteln auf die Tagesord⸗ nung i werden. Am Dienstag der Mittwoch kemmt das Gesetz über das Zündholzmonopol an die Reihe wenn es bis dahin vom Ausschuß an das Plenum gelangt ist. Am Dien tag wird ferner der Abgeordnete Bell SZentr.) einen Bericht über die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses für die Kriegsursachen erstatten. Am Mittwoch und Donnerstag sollen die Anträge der Demokratischen Partei über die Beamten⸗ besoldung zur Diskussign gestellt werden. Ob sodann noch das Republikschutzgesetz in Angriff genommen werden kann, ist noch nicht entschieden. Die Vorlage über die Portoerhöhung wird in der nächsten Woche noch nicht auf die Tagesordnung gestellt werden.
— Im Recht saus schu des Reichstags wurde gestern unter dem Vorsitz des Abg. H. E ahl (D. Vp.) die Aussprache über die Entschließung von Richthofen (Dem) über die Au f⸗—
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ieder bereit, eine Auf⸗ l⸗
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1 Ml Rü des betreffenden Aufwertungsberechtigten fällig gewordenen Aufwertungssumme festgestellt und anerkannt wird. Weiter wird die Regierung ersucht, nach Möglichkeit Richtlinien wegen der vorzeitigen Ausschüttung der Aufwertungsbeträge im Benehmen mit den. Versicherungsgesellschaften auszuarbeilen dergestalt, daß a) in erster Linie die Leibrentenversicherung bedürftiger älterer Versicherker, b) in zweiter Linie die bisher schon fällig gewordenen Versicherungsbeträge aufgewertet werden. =— Der Ausschuß beschäftigte sich hierauf mit den Ankrägen, die zum An(e iheablösungsgesetz geftellt worden sind. Abg. Dr. Be st begründete dazu einen von ihm eingebrgchten Gesetzen wurf, der die Anleiheablöfung auf eine neue Grundlage stellen wird. Der Entwurf verlangt die Aufwertung aller Markanleihen des Reiches auf 550 vH des Erwerbspreises. Bei der vor den 1. Juli 19299 erworbenen Anleihen soll der HSGoldwert, der Anleihe als Erwerbspreis gelten. Die Anleihe ablösungsschuld soll vom 1. Januar 1986 an mit 3. vH verzinst werden. Bis zum 1. Juli 1930 soll durch Gesetz be⸗ stimmt warden, ob eine böhere Verzinsung zu erfolgen hat. Be⸗ dürftigen Anlelhebesitzern foll eine Vorzugsrente von 5 vH gewährt werden. Die Markanleihen der Länder und Gemeinden sollen in ähn⸗ licher Weise aufgewertet und verzinst werden. Bedürftigen, die aus Not ihren Anleihebesitz um einen Markbetrag veräußert haben, der um mindestens 5 Goldmark Hinter der Hälfte des Wertes zurück bleibt, soll für den erlittenen Währungsverlust durch Zuteilung von Schuldverschreibungen der entsprechenden Ablösungsanleihe Ersatz ge⸗ währt werden. Dr. Best berechnet den zur Durchführung seines Enkt⸗ wurfs erforderlichen Betrag auf rund 717 Millionen Mark. Die Deckung werde möglich sein nach einer Revision des Dawes⸗ abkommens. Nach Annahme des Aufwertungsentwurfs werde sich diese Revifion erreichen lassen, denn Dawes selbst habe die hohen Deutschland auferlegten Lasten damit begründet, daß . seine innere Schuld mil einem Federstrich beseitigt habe. Falle durch An⸗ nahme eines gerechteren Aufwertungsgesetzes dieser Grund weg, dann sei damit auch die 3 für die hohe Belastung Deutschlands im Dawes⸗Ahkommen gefallen. Als weitere Deckungsmöglichkeiten schlug Dr. Best eine wirksamere Besteuerung des Vermögenszuwachses und der Inflationsgewinne vor. Die Gemeinden seien zu einer ge— rechten Aufwertung durchaus in der Lage angesichts der Steigerung ihrer Vermögen und der geradezu verschwenderischen Wirtschaft, die von ihnen auf Kosten der geschädigten Gläubiger getrieben werde. Geheim⸗ rat Norden vom Reichsfinanzministerium berechnete bei einer Durch⸗ ührung des Bestschen Entwurfs die Jahresbelastung des Reiches auf 20 Millionen, 26 auf 115 Millißnen mehr als bei der jetzigen Regelung. Dabei falle noch die mit der jetzigen Regelung verbundene Tilgung fort. Für die Länder würde sich eine jährliche Belastung von 110 Millionen ergeben gegenüber den jetzt erforderlichen 35 Millionen. Bei dem gegenwärtigen Stand der Reichsfinanzen sei die von Dr. Best erstrebte Neuregelung ganz undurchführbar. Gegen den Entwurf ,, auch große verwaktungstechnische Bedenken, denn die Ab- ösung des Anleihealtbeßitzes ö. schon zum allergrößten Teil erledigt. Der R ringend, es bei der bisherigen Regelung
spätestens am
zahlbarer der zugunsten
eichfingnzminister bitte der Anleiheablöfung zu belasten. — Auf die Frage des Vorsitzenden wurde nach kurzer Geschäftsordnunge debatte von der Ausf ußmehr⸗ heit gegen Dr. . die Kommunisten und Sozialdemokraten be-⸗ schlossen, von einer Einzelberatung des Bestschen Entwurfs abzusehen. Abg. Freiherr von . (Dem.) begründete folgenden Antrag: „Die Reichsregierung wird ersucht, unverzüglich einen Ge— ene. vorzulegen, durch den im Wege einer ,. verzinslichen mtauschanleihe oder auf andre geeignete Weise die Altbesitzer von Reichsanleihen an Stelle von Anleiheablösungsschuld und Auslosungs⸗ rechten in den Besitz eines Wertpapieres gesetzt werden, ye, Wert einer mindestens 12 prozentigen Aufwertung des an n ichen Be⸗ trages der in Anleiheablösungsschuld um inc en eichsanleihe ent- pricht und das laufend mit mindestens ph e verzinst wird.“ n der 6 — führte Freiherg von Richthofen aus, für den redit des Reiches sei es sehr bedenklich, wenn es seinen Schuldnern
jetzt eine 8 prozentige Aufwertung gewährt, während für andere Gläubiger durch Reichsgesetz eine wesentlich höhere Aufwertung vor= geschrieben sei. Die Annahme des , . Antrages werde für die Reichskasse nu eine jährliche Mehrbelastung von rund 25 Mil lionen bedeulen. Der Wegfall der schnellen Tilgung sei unbedenklich, denn es sei nicht ö warum nicht auch die kommenden Ge— schlechter der jetzigen chwerbedrängten Generation einen Teil, der y, nehmen sollen. Auch der deutschnationale Fraktions⸗ führer Graf Westarp habe sich in einem Artikel für eine Regelung ausge sprochen, die der Tendenz des demokratischen Antrags entspricht. — Die Weiterberatung wurde auf heute vertagt. Reichstagsausschuß für en, stellte gestern zunächst unter Vorsitz des Ubgeordneten Esser (Zentr) den Bericht über den Gesetz⸗ entwurf zur Abänderung der Arbeitszeitverordnung fest. Bekannt⸗ lich hat fich der schon im Laufe des letzten. Jahres unternommen Versuch, im Verwaltungsweg eine Einschränkung der Ueberarbeit und eine strengere Durchführung der Arbeitszeitvorschriften zu erreichen, nicht als ausreichend erwiesen. Unter diesen Umständen soll eine sofortige Abänderung der Arbeitszeitverordnung vor⸗ genommen werden. Dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge soll aber nach Ansicht der Reichsregierung diese Notregelung nicht das geltende Arbeitszeitrecht völlig um⸗ stürzen und die endgültige Regelung vorwegnehmen, die das berelts dem Reichsraf vorliegende Arbeitsschutzgesetz bringen soll. Sie muß sich vielmehr auf, die dringlichsten Abänderungen der Ärbeitszeitverordnung beschränken, besonders auf die Beseitigung derjenigen Vorschriften, die in den bei Erlaß der Arbeitszeit- verordnung bestehenden Ausnahmeverhältnissen ihren, Grund hatten, unter den heutigen veränderten Verhältnissen aber nicht mehr berechtigt oder erforderlich erscheinen. Zugleich muß die strenge Durchführung des geltenden Rechtes stärker als bisher gesichert werden. — Der Ausschuß wandte sich darauf der weiteren Beratung des Gesetzentwurfes über Arbeit slosenver⸗ sicherung zu. Erledigt wurde der Abschnitt, der die Spruch⸗ behörden der Arbeitslosenversicherung umfaßt. Alsdann wurde der fünfte Abschnitt des Gesetzentwurfs behandelt, der die Maßnahmen ur Verhütung und Beendigung der Arbeitslosigkeit zum Inhalt at. Entsprechend einem Antrage der Regierungsparteien wurde ber diefen Abschnitt eröffnende 3 115 in folgender von der Regierungsvorlage veränderter Fassung vom Ausschuß an⸗ genommen: „Arbeitslosigleit wird in erster Linie durch Ver— mittlung von Arbeit verhütet und beendfgt. Für die Arbeits- vermittlung gelten die Vorschriften des zweiten Abschnittes dieses Gesetzes.“ Es wurden dann noch einige weitere Paragraphen dieses Abschnittes ohne wesentliche Aenderungen entsprechend dem Wortlaut der Regierungsvorlage genehmigt. Weiterbergtung heute. — Dem Reich stagsgusschuß für Bildung s⸗ wesen, der unter Vorsitz des Abg. D. Mum m (D. Nat) gestera tagte, lagen zunächst verschiedene Anträge, betreffend Lehrer- bildung, vor. Ein Antrag der Sozialdemokraten verlangte die Neuordnung der Lehrerbildung, wonach die an öffentlichen oder privaten Lehranstalten anzustellenden Lehrer und Lehrerinnen bor ihrer Ausbildung für das Lehramt eine Höhere Lehranstalt mit Erfolg befucht haben müssen oder durch eine besondere Prüfung nachgewiesen haben müssen, daß sie die auf einer Lehranstalt ver⸗ mittelte Bildung besitzen. Höhere Lehranstalten im Sinne dieses Gesetzes sollen aher nur Vollanstalten sein, die zum ordentlichen Studinm an den Hochschulen (Universität und Technische Hochschule) berechtigen. Die Vorbildung i berufstechnische Lehrer und Lehrerinnen an Berufsschulen soll an diese Bestimmung nicht gebunden sein. Zur Berufsausbildung soll der Besuch einer Uni⸗ bersität oder einer Technischen Hochschule und praktisch pädagogische Schulung erforderlich sein. Für technische Lehrkräfte können be⸗ sondere Hochschulen für die Berufsausbildung eintreten. Die näheren Anforderungen für den Bildungsgang der Lehrer sollen im Wege der Verordnung durch die Reichsregierung mit Zu⸗ stimmung des Reichsrats geregelt werden. Die bisherigen Anstalten zur Ausbildung von Volksschullehrern und Volksschullehrerinnen sollen aufgehoben werden. Statt der Aufhebung soll aber auch ein Abbau zulässig sein, der klassenweise durchgeführt werden muß. Bis zum 30. September 1929 kann nach dem Antrage die Be fähi⸗ gung als Lehrer und Lehrerin an einer öffentlichen Lehranstalt noch nach den bisherigen von den Ländern erlassenen Bestimmungen erworben werden. Nach dem 30. September 1929 soll indes die Lehrbefähigung nur nach den auf Grund der xeichsrechtlich er= lassenen Vorschriften erworbenen Kenntnisse erteilt werden. Volks⸗ schullehrer und Volksschullehrerinnen, die die bisherigen Anstalten ur Aushildung von Volksschullehrer und Volksschullehrerinnen efucht haben, sollen nach bestandener Seminarabgangsprüfung 9. Lehrerprüfung) an den Universitäten und 1
— Der soziale An⸗
Technischen Hoch⸗ chulen des Deutschen Reiche als ordentliche Hörer zugelassen werden können mit der Berechtigung zur Ablegung einer . prüfung in Pädagogik.! — Ein anderer sozialdemokrgtischer Antrag. der die Vorbildung für die Lehrerbildung nach Artikel 143 Abs. 2 der Reichsverfassung betrifst, verlangt, daß als dementsprechende Vorbildung für die Seh erbildung der erfolgreiche Lesn einer Vollanstalt, also die Rei seprüfung, ie ern rer soll. — Dem⸗ gegenüber verlangten die Deutschnationalen in einem Antrage folgende Fassung. für den grundlegenden Paragraphen eines Gesetzentwurfs, betreffend die Vorbildung für die Lehrer⸗ bildung nach Artikel 143 Abf. 2 der Reichsverfassung: „Die an öffentlichen Lehranstalten fest anzustellenden Lehrer und Lehre⸗ rinnen müssen eine höhere emen, n, mit Erfolg besucht oder durch eine Prüfung nachgewiesen haben, daß 6 die auf einer solchen Lehranstalt dermittelte Bildung besitzen. Im Sinne dieses Gesetzes sind. öhere Lehranstalten Schulen, deren Abschlußprüfung die Reifeprüfung ist. Auf Lehrer und Lehrerinnen für Taub⸗ stummenblinde findet dieses Gesetz keine Anwendung, ebensowenig auf fest angestellte, bereits vorgebildete oder in der Berufs⸗ vorbildung stehende Personen.“ Laut Bericht des Nachrichten⸗ büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger wurde seitens der Regierung um Vertagung der Beratung der verschiedenen Anträge . damit die Reichsregierung erft Verhandlungen mit den ändern darüber führen und eine in Regelung erreichen könne. Ueber diese Erklärung entspann sich eine ausgiebige Er⸗ örterung zur Geschäftsgrdnung, die aber bereits der sachlichen Erörterung weit vorgriff. Schließlich wurde beschlossen, in die Beratung der Anträge erst im Spätherbst zu treten, um der Reichsregierung zu den vorbereitenden Verhandlungen mit den Ländern 33 zu lassen. — Es folgte die Beratung einer sozigl—= demokratischen Entschließung, bels gen Berufsschulkurse für Schulentla ö Die sozialdemokratische Entschließung 6 zunächst fest, daß das große U. der arbeitslosen Jugend- ichen die zukün if Entwicklung der Jugend gefährde. Der Uebergang der Schulentlassenen aus der Gebundenheit der Bolks- . in die gesundheitlich und sittlich gefährdete trostlose Lage er Berufslosigkeit bedeute gerade in dem Alter von 14 bis
en e r für die soziale und sitt⸗ liche Weiterbildung. Die Kurse, die für Erwerbslose, von dem Reichsarbeitsministerium unterstützt, von Ländern und Gemeinden eingerichtet worden sind, gäben Har Gelegenheit zur Weiter⸗ bildung, sie genügten jedo nicht den Anforderungen einer syste⸗ matischen und umfassenden Weiterbildung. Die Reichsregierung
16 Jahren eine verhängnisvolle 96
wird deshalb a . im Zusammenwirken mit dem Reichsarbeits⸗
ministerium und im Einvernehmen mit den Ländern . ein⸗ bis zweijährige Berufss 666 9 Schulentlassene als Pfli . zu schaffen, die, wie die Volksschule, unentgeltlich sind, und für die