1927 / 117 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 May 1927 18:00:01 GMT) scan diff

Interessennahme oder Vorsicht in diesem Zusammenhange vor⸗ zuwerfen. Im Handelsministerium habe der Fehler nicht gelegen. Man müsse aber vom Handelsministerium erwarten, daß es in Zukunft dahin wirke, daß bei ähnlichen Maßnahmen eine etwas glücklichere Hand walte.

Abg. Johanna Ludewig (Komm.) re , ge. daß an dem Kurssturz an der Börse einzelne Großbanken viel verdient hätten; . B. schätze man den bei der Baisse gemachten Verdienst allein kei einem bestimmten Direktor der Deutschen Bank auf 2 bis 6 Millionen. Es handele sich bei dem ganzen Kurssturz nur um einen ganz gewöhnlichen Börsenjobber- und Schiebertrick. Deshalb müss * kommunistische Antrag angenommen werden, die Börsen⸗ gewinne wegzusteuern.

Auf Ausführung der Abg. Hanna (Soz.) erwidert ein Regierungsvertreter, daß der Finanzminister gegenüber dem Handelsminister zugestimmt habe daß der Etatposten „Reise⸗ kosten für Gewerbeaufsichtsbeamte“ nötigenfalls um 100 000 Mark überschritten werde.

Damit schließt die Besprechung.

Ohne Aussprache werden die Etats der Por⸗ zellan⸗MManufaktur, des Gesetzsammlungs⸗ amtes und des Deutschen Reichs⸗ und Preußischen Staatsanzeigers erledigt.

Beim Haushalt der Justizverwaltung erklärt

Abg. Kenkel (D. Nat.: In der Linkspresse werden mir, offenbar veranlaßt durch den Abg. Kuttner, immer wieder Vor— würfe gemacht, daß ich ein Begünstiger des Spitzelwesens sei. Es ist mir im vorigen Jahre möglich gewesen, einen der sozial⸗ demokratischen Beleidiger zu belangen. Es handelte sich um ein Verfahren gegen den verantwortlichen Redakteur der „Königs⸗— berger Volkszeitung“. Mitten in der Beweisaufnahme hat dann der Verteidiger des angeklagten Sozialdemokraten ohne irgendeine Veranlassung erklärt, namens seines Mandanten nähme er alle gegen den 33 Kenkel erhobenen Vorwürfe mit dem Ausdruck es tiefstens Bedauerns zurück. (Lebhaftes Hört, hört! rechts.) Der Angeklagte sei auch bereit, sämtliche Kosten des , , zu übernehmen. (Erneutes Hört, hört! rechts Zu den Ausfüh⸗ rungen des Abg. Kuttner am 6. Mai über meine „Zusammen— änge mit dem 6 n n,. erkläre ich: 385 habe mit dem

lauener Prozeß viel weniger zu tun als beispielsweise der Abg. Heilmann. Der im Plauener Prozeß vielgenannte Akten⸗ verkäufer Kranz ist im Frühjahr 1925 bei mir gewesen. Er hatte mir Aktenmaterial vorgelegt, ich glaube von den Deutschen Werken, und behauptete, diese Akten seien der Schlüssel zum ganzen . Ich habe ihm empfohlen, diese Atten dem Vor⸗ sitzenden des w einzusenden. Von Herrn Dr. Stresemann war bei dieser Besprechung mit keinem Wort die Rede. (Hört, 3. rechts. Ein Ansinnen, daß ich die Akten er⸗— werben syollte, habe ich abgelehnt. (Erneutes Hört, hört! rechts) Einige Wochen später saß ich in dem Büro eines hohen Reichs⸗ beamten, der der Zentrumspartei angehört. Ich könnte diefen hohen Reichsbeamten als Zeugen dafür benennen, daß ich ihm damals von dem Aktenangebot und meiner Weigerung, die Akten zu kaufen, Mitteilung gemacht habe. Der Abg. Kuttner hat mir weiter vorgeworfen wenigstens fand ich das in der Presse, obwohl im Stenogramm seiner Rede davon nichts enthalten ist ich hätte aus dem Hinterhalt den ersten Schuß auf Höfle abgegeben. Ich habe bexeits früher einmal erklärt, daß ich mich dazu bekenne, die erste Notiz gegen Höfle in die Zeitungen ge— geben zu haben, auf die die ,, Höfles erfolgt ist. er den Gang des Barmat⸗Proʒesses , wird mit mir der An⸗ sicht sein, daß jeder, der etwas zur Aufklärung . dunklen Sache Höfle beigetragen hat, sich verdient gemacht hat. (Sehr richtig! rechts) Und nun kommt der Hauptschlager des Herrn Kuttner! Ich soll einen aus der , . talt Entlassenen namens Zäuner, unterstützt haben. Das ist richtig. (Hört, hört links) Am 1. Oktober 1936 besuchte mich ein Herr Zäuner. Er erzählte, daß er im Jahre 1918 mit einem der Barmats zu tun gehabt hätte., (Huruf links: Das war natürlich eine gute r , Für sie nach links) sicher. Zäuner hatte damals ein , . hinter sich, fühlte sich zu hart bestraft und wollte ein Wiederaufnahmeverfahren . Ich empfahl n sich entweder an den Herrn Justizminister ober an den echtsaussch des Landtages zu wenden. Daß verurteilte oder ea,, efangene sich, wenn sie glauben, ihnen sei Unrecht eschehen, an Abgeordnete wenden, ist doch nichts Ungewöhnliches. 3. r richtig! rechts. Gelächter links) Ich 1. mir aber eim Fall ö ogar ein leib⸗ . sozialdemokratischer Staatsminister si für. Straf⸗

äuner in Erinnerung gerufen, 34 angene interessiert hat, so der Minister Grzesinstt für einen

den Sozialdemokraten nahestehender Publizist, Stefan Großmann, die Spalten seines „Grünen Tagebuchs“ und au Morgen“ zur Verfügung stellte und sogar eine Sammlung für diesen Zuchthäusler veranstaltete. Ich . mir; Was diese

e 8 äusler in Kassel. Ich habe weiter daran 1 daß ein

des Montag

Leuchten am republikanischen Nachthimmel dürfen, darfst du dir auch erlauben. (Sehr gut! und Heiterkeit rechts Zäuner hatte auch einen Zivilprozeß, bei dessen Akten sich ein Brief befindet, der viele im Barmat⸗Prozeß genannte Personen auf das schwerste belastet. (Hört, hört! rechts.) Zäuner bat den Präsidenten des Strafvollzugsamts und noch andere . en um die Ge⸗ nehmigung zur Veröffentlichung dieses Materials, die ihm aber nicht erteilt wurde. Es handelt sich also nicht um angebotene Meineide, von denen Sie, Herr Kuttner, . 4 sondern Um dokumentarisches Material, was sogar burch die Hände der Behörden. ing und bei dem mir nur dunkel ist, warum die Be— hörden . für den Barmat⸗Pro wichtige Material nicht verwendet haben. (Sehr fi n, rechts) Die ganze Attacke des Herrn Kuttner . mich hatte offenbar nur den Zweck, mich zur voreiligen Preisgabe des Materigls . veranlassen. (Sehr cht g ö Abg. Kuttner rn 3 haben Sie denn das Geld bezahlt? Der eine sammelt Briefmarken, der andere 6 ich sammle derartige interessante Dokumente der Zeitgeschichte. (Sehr gut! rechts). Ich bin nicht ein Intimus von . und Caspary, zähle diese beiden aber zum Kreise meiner ich persönlich stehe mit ganzem Herzen zu ihnen. Diese beiden Männer haben nach meiner AÄnsicht roße . um den preußischen Staat, und wenn man ihnen freie Hand gelassen hätte, so bin ich davon über— gt, würden noch einige Herren die Anklagebank zieren ie jetzt no frei . aufen. (Hört ört! rechts. Kußmann und Caspary befinden sich noch im Dißziplinarverfahren. Dabei it ihnen als Beamten Hand und Mund gebunden; sie können sich gegen die infamen Angriffe, die seit 255 Jahren in einer Weise, wie dies in Preußen noch nie möglich war, gegen . erhoben werden, nicht verteidigen. (Sehr wahr! rechts.

geordneter Kuttner Soz.): K ohne Auftrag! deiterkeit links. Es ist schade, daß Kußmann Fenn zu Kuttner) nicht mit dem Mund und mit der Hand (Unruhe und Zurufe links) zurzeit antworten kann. Aber jeder Abgeordnete hae sigentlich die sittliche Pflicht, dafür zu sorgen, daß er nicht unter Ausnutzung ,. Immunität Staatsbeamte angreift, die sich in einem schwebenden e g . und sich nicht wehren können. Ich 6. ein solches k für eine bodenlose Schlechtigkeit. . ehr richtig! rechts. Gelächter links. Da der . ich nicht bewogen fühlte, zu erklären, 3 das Ver⸗ ahren gegen Kußmann und Casparh no he, und man daher nicht irgendwelche Feststellungen gegen dlese beiden treffen könne rechne ich es mir zur Ehre an, das n zu tun. Man soll doch nie ö daß Kußmann durch zwei Instanzen in einem ö erichts ver fahren ,, worden . Ich hoffe der Tag bald da sein wird, an dem ö von Ihnen (nach links) gegen Kußmann erhobenen Vorwürfe wi erlegt sein werden. Und wenn der Abgeordnete Kuttner darauf verwies der noch in ein Landesverratsverfahren verstrickte Assessor Dietz habe erklärt,

es diesem überlassen, wenn er 3 seiner Freund

Baemeister hätte ihm gesagt, Kußmann sei für eine Flasche Wein und ein Abendbrot zu haben, s lehnt Baemeister eine solche Aeußerung entschieden ab. n seinem ganzen Leben hat er mit Kußmann noch nie eine Flasche Wein geleert. (Abgeordereter Kuttner Soz : Vielleicht mit Caspary!). Das weiß ich nicht. 6 links. Abgeordneter Wiedemann D. Nat.): Wir ennen Ihre Kuttnerei) Kußmann bedauert, daß er Ihnen nicht auf prozessualem Wege und auf anderem Wege auf Ihre Angriffe antworten kann. (Rufe links: Was sind das für andere Wege?) Und was die privaten 1 gegen Kußmann anlangt, so will 4 hier auch, wie der Abgeordneke Kuttner, aus Gerichisekten

itfeilung machen. Danach schwebt gegen den Bankdirektor, den Frau Kuttner erwähnt hat, ein Verfahren wegen Untreue und Betruges gegen seine eigene Bank (hört hört! gn. Rufe links: Das hat doch mit seiner Frau nichts zu tun!) und ein anderes Verfahren wegen Notzucht, begangen an einer minder⸗ jährigen Angestellten. (Hört! hört! rechts.) Ich gratuliere Ihnen, 8 Kuttner, zu einem solchen Kronzeugen. (Sehr gut! rechts)

ehr und 83 komme 3 zu der Ueberzeugung: Hinter der Löwenhaut, mit der sich Herr Kuttner umgibt, verbirgt sich doch nur ein Karlchen Mieslick. (Lebhafter u nn rechts.)

Justizminister Dr. Schmidt: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Kenkel hat mir eben im Laufe seiner Ausführungen den Vorwurf gemacht, ich hätte zwei Richter, die Herren Kußmann und Caspari in meinen Ausführungen bei der Etatsberatung nicht in Schutz genommen. Ich habe in meiner Ein—⸗ führungsrede gesagt, daß ich bereit wäre, über dieses trübe Kapitel meiner Verwaltung wie ich mich ausdrückte Auskunft zu geben, aber nur, wenn das ausdrücklich verlangt würde. Es ist dann von Herrn Kollegen Kuttner nach dem Stande des Ver« fahrens gegen den Assessor Kußmann gefragt worden, und da habe ich in meiner zweiten Rede gesagt:

Was die Disziplinarsache gegen den Gerichtsassessor Kußmann angeht, so haben wir von der Zentrale alles Material, das uns zugegangen oder bekanntgeworden ist, sofort an die zuständige Stelle weitergeleitet. Mehr kann ich in diesem Augenblick über diese Angelegenheit nicht sagen.

Es dürfte ja doch auch dem Herrn Kollegen Kenkel bekannt sein, daß wenige Tage danach, nämlich am 11. Mai, der Disziplinar⸗ senat des Kammergerichts Hernr Kußmann suspendiert hat. (Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, ich glaube, aus dieser Tatsache ist wenigstens nachträglich die Berechtigung meiner damaligen Zu— rückhaltung herzuleiten. Ich konnte damals nicht mehr sagen, und ich werde auch in diesem Augenblicke, so lange das Verfahren schwebt, hier von dieser Stelle aus nicht mehr sagen. (Sehr richtig!)

Abg. Kasper (Komm,) erkennt Besserungen im Strafvollzug an; sie könnten sich aber nicht auswirken, da es an dem ausreichend achgemäß vorgebildeten Begmtenpersonal fehle. Die Beamten eien allgemein überlastet. Vor allem seien die Besoldungsver—

,. der mittleren unh unteren Beamten zu bessern und dabei die Gleichstellung der weiblichen Beamten durchzuführen. Schluß , . werden müsse mit dem . Einheitliche

ichtlinien sür die Vor⸗ und Ausbildung der Beamten seien vom Ministerium herauszugeben.

Abg. Kuttner (Soz) wendet sich gegen die Ausführungen des Abg. Kenkel (D. Nat.), der bei dem Versuch, die erhobenen An⸗ griffe zu entkräften, über alles Mögliche geredet 9. was nicht wahr sein solle. Auf das wirklich Vorgetragene habe er restlos die Wahrheit der Behauptungen bestätigen müssen. Der Abg. Kenkel

at zugeben müssen, daß er den Artikel über den . Iktentransport, der den ersten Vorwand für das Einschreiten der Staatsanwaltschaft gegen Minister Höfle gegeben hat, ver— öffentlicht hat. Die Behauptungen dieses Artikels hat er sich Wort für Wort aus den Fingern gesogen! Hört. hört! links) Es war in dem Artikel behauptet worden, Höfle habe mit dem Personenauto seines Nachbarn Akten aus dem Ministerium geholt; die Akten seien in einer Schokoladenfabrik vernichtet worden. Nach dem Ergebnis der daraufhin veranlaßten Haus⸗ e ng bei Höfle wurde festgestellt, daß von Akten überhaupt keine ede war. Herr Höfle hat Privatsachen, Bücher, Zigarren usw. und was sich sonst angehäuft hatte, unter Benutzung des Autos eines befreundeten Nachbars in seine Wohnung schaffen lassen. Das geschah nicht zu nächtlicher Stunde, sondern am hellen Tage. Als die Haussuchung stattfand, stand noch alles so verpackt und ver⸗ schnürt bei köln wie es aus dem Ministerium abgeholt war,. Es iwwar auch ein Teil noch 14 Tage lang im Ministerium noch ebenso verschnürt geblieben, da Höfle sich nicht weiter darum bekümmert hat. Verbrannt worden 1 in der Schokoladenfabrik . nichts. Alle die von Kenkel in dem Artikel gemachten Behaup⸗ tungen ö unwahr. (Unterbrechungen bei den Deu chnationalen; i es Abg. Wiedemann D. Nat.: Die reine Kuttnerei!) rch die Beweisaufnahme sind auch die Behauptungen des Artikels völlig widerlegt worden. (Widerspruch bei den Nationalen.) Abg. Kenkel gibt auch zu, daß er einen aus dem n ent⸗ 36. Hochstapler dauernd mit Geldmitteln unterstützt hat. X . mich im Rechtsausschuß wiederholt mit den Abgg. Dr. rg und Eichhoff und anderen zusammengefunden in ge⸗ meinschaftlicher Arbeit, wenn es galt, Folgen verletzter Gerechtig⸗ keit auszugleichen. Dabei ist es niemand n diese Leute dauernd mit Geld zu unterstützen. Was ist also das Motiv für Herrn Kenkel bei der Unterstützung des 83 Zäuner ge⸗ wesen? Auf wiederholte Anfragen hat Kenkel in überheblichem riefmarken, der andere Münzen, der andere anderes. a, wer eine Vorliebe für Schweinehunde hat, der sammelt eben Schweinehunde! (Vizepräsident Dr, v. Kries erklärt, den Ausdruck rügen zu müssen, wenn er auf einen Abgeordneten Bezug haben sollte) Nicht nur Herr Kenkel, sondern auch Herr Kußmann hat sich um ö dne beworben, dessen Spezialität die e . ist. Vielleicht können sich die . auch über ihre Beziehungen zu Michael eg, den e in ihrem . als einen ostjüdischen 4 en Schieber

Ton erwidert, der eine sammle

zeichnen müßten, äußern. Sie haben ihn besucht, und das auch an Luxusstätten, wo Herr Holzmann erhebliche Zechen hat bezahlen müssen. Was hat wohl diese Beziehungen so wertvo emacht? Vielleicht kann sich Herr Kenkel darüber ãußern. ö iedemann (D. Nat.: Sie vergessen den Polizei⸗ räsidenten Richter und den Reichskanzler Bauer! Die 3 wohl nicht mit Cin en Schiebern , , er Abg. Kenkel habe die Vorwürfe hinsichtlich seiner Verbindung mit Kußmann nicht in Abrede stellen können. Der Abg. Bac⸗ meister habe seinerzeit den Bankdirektor Weixler aufgefordert, dem berüchtigten Schlichting ein Darlehen zu geben, wenn man ihn gegen Severing gebrauchen könne. Auch in dieser Beziehung seien die Einwendungen des Abg. Kenkel ue f . 5. aft mit Kuß⸗

mann rühme; über Kußmann habe ein Urteil ausgesagt, daß er einen Ehebruch als Geschäftsführung ohne Auftrag aufgefaßt habe. Man könne Kußmann als einen Zuhälter ä,. Wenn sich der Abg. Kenkel der ö Kußmanns rühme, dann werfe das ein Licht auf seine Charakterveranlagung. (Sehr richtig!

links.) Der Redner betont, daß seine sämtlichen Vorwürfe gegen

Kußmann und Caspary bisher nicht widerlegt worden seien. Von einer , Kußmanns könne nicht im entferntesten die Rede sein, da Kußmann sämtliche rechtsstehenden Zeitungen zur Verfügung ständen. Er, Redner, sei nur deswegen gegen Kuß⸗ mann, Caspary und Vel er vorgegangen, weil diese ihr Amt als Staatsbeamte zu einer strupellosen ö. olitischen Hetze und zu einer Verbindung mit dem Spionagebüro Knoll mißbraucht hätten. Man müsse weiter an die Hetze des Abg. Baemeister und anderer

rechtsstehender Politiker gegen verdiente Beamte des Preußischen Justizministeriums, wie u a. gegen den Staatssekretär Fritze und Coen den Beamten Kuhnert, erinnern. Es sei ihnen gelungen,

eamte des Justizministeriums aus dem Amte zu hetzen. Der Redner erklärt, daß seine Angriffe sich von denen der deutsch⸗ nationalen Abgeordneten nur darin unterschieden, daß seine, des Redners, Behauptungen sich als wahr herausgestellt hatten, die Behauptungen der anderen Seite jedoch restlos als unwahr. Der Redner bespricht dann den Fall des Landgerichtsdirektors Löwen⸗ thal in ge burg der seinerzeit als Vorsitzender den Pre Cern den Mörder Schröder im Falle Haas geführt habe. er

berlandesgerichtspräsident in Naumburg habe Löwenthal eine Rüge erteilt, weil dieser sich mit dem demokratischen Landtags abgeordneten Dr. Bohner unterhalten habe, und zwar zu einer Zeit, als der Abgeordnete 36 im Landtag den k um Auskunft gebeten hätte, ob sich in Magdeburger Richterkreifen Anzeichen passiven Widerstandes bemerkbar gemacht hätten. Diese Entscheidung des Naumburger ,,, müsse vom Justizminister revidiert werden. s handle sich hier bei den Magdeburger Richtern um eine Fronde. Den Magdeburger Richtern sei die Durchsetzung ihres Standesdünkels die Haupt⸗ sache, und sie schreckten dabei vor keinem Mittel zurück.

Justizminister Dr. Schmidt: Die Angelegenheit, die der Herr Abgeordnete Kuttner soeben erörtert hat, und die Anfrage, die er an mich gerichtet hat, fällt auch in die Rubrik derjenigen Sachen, über die ich hier im gegenwärtigen Moment noch nicht ausführlich sprechen kann. Es trifft zu, daß der Oberlandes gerichtspräsident in Naumburg dem Land- gerichtsTdirektor Dr. Löwenthal nicht eine Rüge, sondern eine Mahnung erteilt hat chört, hört!), und zwar auf Grund der Mitteilungen, die hier im Hause der Herr Kollege Dr. Bohner bei der vorjährigen Magdeburg-Debatte war es wohl gemacht hat. Es trifft aber nicht zu, Herr Kollege Kuttner, daß in dieser Angelegenheit die Entscheidung bei mir ruhe, sondern der Oberlandesgerichtspräsident hat dabei im Rahmen seiner eigenen Befugnisse und Zuständigkeiten gehandelt. Trotzdem bin ich auf Grund der Tatsache der erteilten Mahnung in einen Schrift wechsel mit dem Oberlandesgerichtspräsidenten in Naumburg ge⸗ treten. Dieser Schriftwechsel hat aber erst in den allerletzten Tagen stattgefunden und ist noch nicht abgeschlossen.

Weiteres kann ich im gegenwärtigen Moment nicht sagen.

Abg. Kenkel (D. Nat.) bezeichnet es als unanständig, wenn man in einer Sache, in der, wie im Falle Zäuner, Berufung eingelegt sei, schon vor einem rechtskräftigen Urteil Feststellungen machen wolle. Was die vom Abg. Kuttner erwähnten Zeitungs. artikel über die Justiz anlange, so habe er, Redner, nichts dagegen, daß die Affäre Weißmann⸗Gutjahn wieder aufgerollt werde. Dies könne nur dem ,, Braun, dessen rechte Hand Weißmann sei, unangenehm sein, denn bisher seien die in einem offenen Briefe an den Ministerpräsidenten , Beschuldigungen gegen Weißmann noch nicht in gebührender 6 nachgeprüft worden. (Hört, hört! rechts.

Damit schließt die Aussprache zum Justizetat. Gegen 6 Uhr vertagt das Haus die Fortsetzung der Etat= beratung auf Donnerstag, 11 Uhr vormittags. Am Donners⸗

tag soll die dritte Lesung des Etats beendet werden; und es wird eventuell eine Abendsitzung zu Hilfe genommen werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Reichstagsausschuß für soziale An. elegenheiten setzte in seiner gestrigen Sung unter dem orsitz des Abg. Esser (Zentr.) die Beratung des Gesetzentwurfs

über die Arbeitslosenversicherung fort. Bei der fort- gesetzten Besprechung des Abschnittes „Aufbringung der Mittel“ der Arbeitslosenversicherung wurden Fragen angeschnitten, die über das Gebiet der Arbeitslosenversicherung hinausgehen und das Gebiet der Krankenversicherung berühren. Es handelt sich, nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungs verleger, hier um die Fragen: 1, Zulassung von Ersatzkassen zur öffenklich⸗rechtlichen Krankenversicherung, 2. die Erhöhung der Ver sicherungspflichtgrenzen in der Krankenversicherung der Angestellten, 3. Aenderung des 5 180 der R⸗V-O. (Berechnung der Beiträge nach dem tatsächlichen Arbeitsverdienst statt noch niedriger liegender Grundlöhne. Die Regierungsparteien vertraten in dieser Frage folgenden Antrag Andre (Zentr.): „Die Reichsregierung wird ersucht, dem Reichstag spätestens im Herbst dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorzulegen, der: 1, die Voraussetzungen für die Zu⸗ lassung von Ersatzkassen zur öffentlich⸗rechtlichen Krankenversiche⸗ rung neu regelt und der zugleich die Rechte und Pflichten der Er Erlen festsetzt; 2 in der Krankenversicherung der Angestellten ie Versicherungspflichtgrenze erweitert und mit dem sozialen Bedürfnis in Einklang bringt und 3. die Vorschriften der knapp— ate en Krankewersicherung über den Grundlohn, soweit mög- ich auf die allgemeine Krankenversicherung überträgt und der zu ker eine angemessene Grenze für den Beitragssatz und das ankengeld zieht. Abg. Hoch Soz) widersprach diesen Vor⸗ . der Fegierungsparteien Vor Monaten habe er auf die otwendigkeit der Regelung dieser Fragen bei Gelegenheit der Beratungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes hingewiesen. Nachdem nunmehr die Behandlung der Frage akut geworden sei, versuche die Regierungskoalition, durch Annahme der Entschließung mit einer zukünftigen Regelung zu vertrösten. Von den Rednern der Regierungspartejen wurde geltend gemacht, daß man zunächst das Wichtigste erledigen müsse. Sei es möglich, werde man die Fragen des 5 180 R. V.⸗O. noch mit zu erledigen suchen; die heiden anderen Fragen jetzt bis zur Sommerpause noch zu er⸗ ledigen, erscheine unmöglich. Von sozialdemokrgtischer Seite wurde die Erledigung aller drei Fragen gefordert, die jg rechtzeitig an⸗ gemeldet worden seien. Nach 6 erregter Aussprache, die schließlich zu ber Gefahr führte, daß die Beratungen über die Arbeitslosen⸗ bersicherung vollstänbig abgebrochen und bis zum Herbst vertagt würden, einigten sich die Regierungsparteien mit den Sozial⸗ demokraten dahin, die Einleitung zu der im vorhergehenden mit geteilten Entschließung folgendermaßen zu fassen: „Die Reichs- regierung wird ersucht, dem Reichstag bei Beginn der zweiten Lesung der Arbeitslosenversicherung (also nicht: spätestens im Herbsih den in der Entschließung bezeichneten Gesetzentwurf vor⸗— zulegen.“ 71 dieser Fassung wurde die Entschließung angenommen, und der Ausschuß wird die restlichen Paragraphen der Arbeits⸗ losenversicherung in erster Linie nunmehr weiter erledigen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Verantwortlicher Schriftleiter: Direkltor Dr. Tyrol. Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.

Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft. Berlin, Wilhelmstr. 32.

Fünf Beilagen

leinschließlich Börsen Beilage und Erfte bis Dritte Zentral ⸗Handelsregister Beilage

Deutscher Reichsanzeiger Freußischer Staatsanzeiger.

1

Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 8, Neichsmarnh. Alle Postanstalten nehmen Bestellung an, jür Berlin außer den Postanstalten und Zeitungsvertrieben für Selbstabholer auch die

Geschäftsstelle Sw. 48, Wilhelmstraße Nr. 32. Einzelne Nummern khosten 6,39 Reichsmark.

Fernsprecher: Zentrum 1573.

Anzeigenpreis für den Raum

einer 6 gespaltenen Einheitszeile (Petit 1,95 Reichsmark, einer 3 gespaltenen Einheitszeile 1,75 Neichs:mark.

Anzeigen nimmt an

die Geschäftsstelle des Reichs- und Staatsanzetgers Berlin Sw. 48, Wiihelmstraße Nr. 32.

Mr. 117.

Weichs bankgirokonto.

Berlin, Freitag, den 20. Mai, abends.

Postscheckkonto: Berlin 41821. 1 92 7

Sinzelnummern oder einzelne Beilagen werden nur gegen Barbezahlung oder vorherige Sinsendung des Betrages

Inhalt des amtlichen Teiles:

Denutsches Reich.

Verordnung über die Fälligkeit des zweiten Teilbetrags der Vorauszahlungen nach dem Aufbringungsgesetz für 19277. Bekanntmachung, betreffend ein privates Versicherungtz⸗

unternehmen. Filmverbot. Preuszen.

Ernennungen und sonstige Personalveränderungen. Mitteilung über die Verleihung der Rettungsmedaille.

Amtliches.

Deutsches Reich.

Ver ordnung über die Fälligkeit des zweiten Teilbetrags der Vorauszahlungen nach dem Aufbringungsgesetz für 1927. (Fünfte Durchführungsverordnung zum Aufbringungsgesetz.) ; Vom 19. Mai 192.

Auf Grund des 15 des Aufbringungsgesetzes vom 30. August 1924 (RGBl. II S. 269) verordnet die Reichs⸗ regierung:

Einziger Paragraph: Der zweite Teilbetrag der Vorauszahlungen nach dem Auf

bringungsgesetz ür das Kalenderjahr 1927 ist statt am 1. Junt 1927 erst am 15. Juli 1927 an die Finanzämter zu entrichten.

Berlin, den 19. Mai 1977. Der Reichs minister Der der Finanzen. Reichs wirtschaftsminister. J. A.: Dorn. J. A.: Schäffer.

Betanntm achung.

Der Herr Reichswirtschaftsminister hat durch Erlaß vom 12. Februar 1927 die von der Atlas Assurance Company, Limited in London beantragte Erlaubnis zum Betriebe der Feuerversicherung im Gebiete des Deutschen Reichs erteilt. Berlin, den 17. Mai 19.

Das Relchsaufsichtsamt für Privatversicherung. 3. 3 Br lat.

Filmverbot.

Die öffentliche Vorführung des Bildstreifens: „Hoch⸗ zeitsnacht“ 7 Akte 2391 m, Antragsteller und Ursprungs⸗ firma: F. P. S. Film⸗Gesellschaft m. b. H., Berlin, ist am 17. Mai 1927 unter Prüfnummer 488 verboten worden.

Berlin, den 19. Mai 197. Der Leiter der Filmoberprüßfstelle. Dr. Seeger.

Preußen.

Ministerium des Innern.

Das Preußische Staatsministerium hat mittels Erlasses vom 22. April 1927 verliehen:

Die Rettungsmedaille am Bande an:

Helmut Cornelius, Drogistlehrling, Emmendorf, Kreis Uelzen,

Ernst Cziersky, Monteur, Benrath a. Rh., Kreis Düsseldors⸗Land,

Max Engels, Händler, Pröbbernau, Kreis Elbing,

Loddy de Haas, Zahnarzt Dr. med. Tanten, Kreis Mörs,

Willi Huch Oberrealichüler, Halle a. S.,

Erich Jo st Pianobauer, Berlin-Neukölln,

Wishelm Koch Drahtzieher, Damm,

Helmuth Launer, Steuermann, Düsseldorf,

Roderich Lämmerhirt, Schüler, Berlin-Oberschöneweide,

Gustav Quentemeyer, Schleifer, Oberwengern, Kreis Hagen⸗Land,

Erich Schiborr, Feuerwehrmann a. D., Königsberg i. Pr.,

Paul Steinke, Polizeiwachtmeister. Berlin⸗Grunewald,

Karl Schneider, Steuersekretär, Stiehlen i. Schl.,

Edmund Rödiger, Gemeindebeamter, Berlin.

Der Regierungsrat Wening in Olpe ist zum Landrat ernannt worden.

e / ../ .

einschließlich des Portos abgegeben.

Nichtamtliches.

Denutsches Reich.

Der Reichsrat erteilte in seiner gestrigen öffentlichen Vollsitzung mehreren kleineren vom Reichstag angenommenen Gesetzen seine endgültige Zustimmung. Er erklärte sich ferner nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger einverstanden mit der vom Reichstag be⸗ schlossenen Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Republikschutzgesetzes um zwei Jahre. Gegen das Gesetz erklärte sich nur der Vertreter der Provinz Pommern.

Das Jugendschutzgesetz (Schutz der Jugend bei Lust⸗ barkeiten) wurde auf Antrag Preußens an die Ausschüsse zurückverwiesen. Das eben erst vom Reichstag herüber⸗ gekommene Gesetz über die Erlaubnispflicht für Her⸗ stellung von k wird auf Antrag Bayerns vor der endgültigen Genehmigung durch den Reichsrat einer Aus— schußberatung unterzogen werden. Die endgültige Erledigung soll in einer Vollsitzung des Reichsrats in der nächsten Woche erfolgen, die Sitzung wird voraussichtlich am Mittwoch nach⸗ mittag stattfinden.

Angenommen wurden weiterhin ein Gesetzentwurf über die Wiederinkraftsetzung des Freundschafts- und Handels⸗ vertrages zwischen Deutschland und Bolivien sowie ein Gesetztentwurf, betreffend das Uebereinkommen und Statut üher die internalionale Rechts ordnung der Eisenb ahnen. Der Reichsrat ertlärte sich einverstanden mit den Beschlüssen des Deutschen Dampfkesselausschusses, betreffend Aenderungen der Werkstoff⸗ und Bauvorschriften für Landdampfkessel und genehmigte einen Gesetzentwurf zur Aenderung der Pachtschutzordnung.

Danach soll die Geltungsdauer der Ende September dieses Jahres ablaufenden Pachtschutzordnung um zwet Jahre verlängert werden. Die Verhältnisse sind nach Ansicht der Regierung noch nicht so stabilisiert, um dauernde Vorschristen über die im Bürgerlichen Gesetzhuch geregelte Pacht treffen zu können.

Der Reichsrat genehmigte ferner den Gesetzentwurf über Aenderung der Rechtsanwaltsor dnung.

Es handelt sich hierbei darum, daß wegen der außerordentlich gesteigerten Geschäftslast der Berliner Anwalttz kammer die Höchstzahl der Vorstandsmitglieder von 20 auf 36 erhöht wird und nicht bloß wie bisher zwei Abteilungen von Ehrengerichten gegründet werden können, sondern nach Bedarf mehr Abteilungen.

Beim Reichsgericht sind die Stellen eines Senatspräsidenten, zweier Reichsgerichtsräte und eines Reichsanwalts neu zu be⸗ etzen. Der Reichsrat erklärt sich damit einverstanden, daß die Stelle des Senatspräsidenten dem bisherigen Reichsgerichtsrat Friedrich Flad in Leipzig, die beiden Reichsgerichtsratsstellen dem im bayerischen Justizdienst stehenden Dr. Keßler und dem Oberlandesgerichtsrat Dr. Güngerich⸗Darmstadt und die Reichsanwaltsstelle dem preußischen Oberlandesgerichtsrat Dr. Karl Nagel übertragen werden.

Der Reichsrat erklärte sich ferner damit einverstanden, daß den Schuldverschreibungen des Bezirksverbandes Oberschwäbische Elektrizitätswerke in Biberach, den Goldmark⸗ pfandbriefen des Erbländischen Ritterschaftlichen Kreditvereins in Sachsen zu Leipzig und den Goldkreditbriefen der Land⸗ ständischen Bank des ehemaligen Sächsischen Martgrastums Oberlausitz in Bautzen die Mündelsicherheit zuerkannt wird.

Der litauische Gesandte Si dzikauskas ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Deutscher Reichstag. Nachtrag. 317. Sitzung vom 18. Mai 1927.

Die Rede, die der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns in Beantwortung der sozialdemokratischen Interpellation wegen der Aufhebung der Verordnung über die Höchstbezugs⸗ dauer in der Erwerbslosenfürsorge gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm wie folgt:

Meine Damen und Herren! Motiven gesucht, die mich zu dem Rundschreiben und zum Erlaß der Verordnung über Erwerbslosen- und Krisenfürsorge veran⸗ laßt haben sollen. Er glaubte, irgendwelche Motive annehmen zu dürfen, die außerhalb der Sache selbst liegen. Derartige Motive haben mir vollständig ferngelegen. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wie ich auf den Gedanken hätte kommen können, ich könnte etwa durch solche Verordnungen die Ver⸗

Der Herr Vorredner hat nach

handlungen über die Erwerbslosenversicherung, die zurzeit schweben, irgendwie erleichtern. Wenn ich solche Pläne gehabt hätte, dann hätte ich das Gegenteil dessen tun müssen, was ich getan habe; dann hätte ich mich vor einer solchen Verordnung hüten müssen, die doch heißes Eisen ist.

Wir wenden uns, glaube ich, besser den sachlichen Gründen zu, die mich bei meinem Vorgehen geleitet haben. Wie ist der Tat- bestand? Durch Rundschreiben des Arbeitsministeriums vom 22. April dieses Jahres ist für drei Gewerbe, für das Spinnstoff⸗ gewerbe, für das Vervielfältigungsgewerbe und für die Gärtnerei, die normale Höchstdauer der Erwerbslosenunterstützung von 26 Wochen wieder eingeführt worden. Ferner wurden durch dieses Rundschreiben die Länder ermächtigt, dieselbe Maßnahme für andere Berufe zu treffen unter der Voraussetzung, daß für diese ein gleich günstiger Arbeitsmarkt vorliege. Weiterhin hatte das Reichsarbeitsministerium dem Reichsrat den beanstandeten Ent⸗ wurf einer Verordnung unterbreitet, der die Krisenfürsorge nicht aufheben an eine allgemeine Aufhebung der Krisenfürsorge denkt gar kein Mensch, auch niemand im Arbeitsministerium —. sondern lediglich ähnlich wie die Erwerbslosenfürsorge ein⸗ schränken sollte.

Das erste Rundschreiben vom 22. April 1927 beruht auf den gesetzlichen Bestimmungen der Erwerbslosenfürsorge. Das hat zu meiner Freude auch der Herr Vorredner ausdrücklich anerkannt. Diese Bestimmungen sehen im 5 18 Absatz 1 eine normale Unter⸗ stützungshöchstdauer von 26 Wochen vor. Ueber diese 25 Wochen hinaus darf die Unterstützung nach 5 18 Absatz 2 nur für solche Berufe ausgedehnt werden, die einen „besonders ungünstigen“ Arbeitsmarkt aufweisen. Ich darf den betreffenden Abschnitt hier vorlesen:

Abweichungen von der normalen Unterstützungsdauer, die in Absatz 1 vor⸗ gesehen ist bestimmt der Reichsarbeitsminister oder die von ihm bezeichnete Stelle. Insbesondere kann die Höchstdauer der Unterstützung für Angehörige von Berufen, die einen besonders günstigen Arbeitsmarkt aufweisen, bis auf 13 Wochen beschränkt, für Angehörige von Berufen, die einen besonders ungünstigen rbeitsmarkt aufweisen, über 26 Wochen hinaus ausgedehnt werden. Die gesetzliche Voraussetzung der Ausdehnung über 26 Wochen ist also ein „besonders ungünstiger“ Arbeitsmarkt. Der Vor⸗ sitzende des öffentlichen Arbeitsnachweises kann aber weiterhin nach Absatz 3 des angeführten 5 18 in einzelnen Fällen zur Vermeidung besonderer Härten die 26 Wochen überschreiten und weitere 13 Wochen Unterstützung bewilligen, so daß also im ganzen dann 39 Wochen Unterstützung herauskommen würden. Diese Möglichkeit bleibt selbstverständlich auch nach dem Rund«— schreiben vom 22. April für die darin genannten Berufe bestehen.

Beschwerden über die vorgenannte Verordnung würden dem nach nur dann berechtigt sein, wenn für die in Betracht kommenden Berufe der Arbeitsmarkt besonders ungünstig wäre. Wie hat sich nun aber der Arbeitsmarkt entwickelt? Im all⸗ gemeinen kann zwar der Arbeitsmarkt auch heute noch nicht als günstig bezeichnet werden. Aber er hat sich doch in den letzten Monaten so sehr gebessert, wie wohl niemand von uns es —=n Anfang des Jahres hätte erwarten können. awo siasva Hauptunterstützungsempfänger in der Erwerbrl. sen/ ka boa von 1838 000 am 15. Janmnr dieses Jahres auf 871 000 am 1. Mai zurückgegangen. Wie aus den Wochenberichten der öffent⸗ lichen Arbeitsnachweise hervorgeht, hält diese Entwicklung auch heute noch an. Wir haben also seit dem 15. Januar dieses Jahres einen Rückgang in der Zahl der in der Erwerbslosen⸗ fürsorge Unterstützten von rund einer Million zu verzeichnen.

Wie steht es nun demgegenüber mit der Krisenfürsorge? Demgegenüber ist die Zahl der in der Krisenfürsorge Unter- stützten vom 15. Januar bis 15. April spätere Zahlen liegen hier noch nicht vor nur um 100 000 gestiegen. Am 15. April betrug die Zahl der in der Krisenfürsorge Betreuten 234 000.

Auch andere Statistiken, die wir über die Entwicklung des Arbeitsmarktes haben, zeigen durchaus die gleich günstige Ent— wicklung. So sind die Zahlen der bei den öffentlichen Arbeits- nachweisen eingetragenen Arbeitsuchenden und die Arbeitslosen⸗ ziffern der Gewerkschaften in den letzten Monaten ganz erheblich zurückgegangen.

Aus dieser allgemeinen Lage des Arbeitsmarktes heben sich nun aber einige Berufe ab, die eine besonders günstige Ent⸗

wicklung aufweisen. Das sind vor allem die drei Berufe, die durch

22

1

3 .

3