1927 / 247 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Oct 1927 18:00:01 GMT) scan diff

Schulentwicklung die Simultanschule in irgendeiner Form ver- wirklicht hat, diese Simultanschule vor der Zerstörung durch dieses Gesetz geschützt wird. Wir sehen auch in der weltlichen Schule als Antragsschule eine ebenso große Gefahr geistiger Isolierung breiter Volksschichten, die sich mit klassenmäßiger Isolierung ver⸗ binden wird und eine Kluft von Jugend auf befestigen wird, die dauernd zu überbrücken im Grunde Sinn und . der neuen Republit war. In bezug auf die Staatshoheit in der Schule ist das Bedenkliche des Entwurfs, daß er Staat und Ge⸗ meinde jeder Verfassungsmöglichkeit über die Schule beraubt und das Schicksal der Volksschule dem Kampf der Kulturparteien rest⸗ los preisgegeben ist. Soweit auch der Staat seine Schulaussicht behauptet, als Schulverwaltung dankt er in weitgehendem Maße ab, und noch viel einschneidender ist in dieser Beziehung die Ent⸗ rechtung der Gemeinden. Ihnen läßt die Ausdehnung des An⸗ tragsrechtes der Eltern kaum noch einen Spielraum für Ausgleich und planmäßige Gestaltung der Schule. Sie werden verdrängt durch die Elternrechte. Zum Wesen der Elternrechte bemerkt die Rednerin, daß auch die Demokratische Partei die elterliche Ver⸗ antwortung für die weltanschauliche Erziehung des eigenen Kindes respektiere, aber nur in dieser Bedeutung und Ausdehnung. Das Gesetz aber gibt der Elternschaft das Recht, durch Mehrheits⸗ abstimmung über die Gestaltung einer Schule, auch über die Kinder anderer, mitzuentscheiden. So wird neben der Demokratie der bürgerlichen Gemeinde eine zweite Demokratie der Erziehungs⸗ berechtigten eingebaut. Die Auswirkung des den Eltern zu⸗ eschobenen Kampfes um die Schulform wird und muß dauernder ' mc! sein. Alle Praktiken des politischen Kampfes werden in diesem Kampf um die Jugend auch angewendet werden, und das Wesen der Religion wird durch ihn gewiß nicht veredelt werden. Die Rednerin spricht dann über die Wirkung des Gesetzes auf die Stellung des Lehrers. Charakteristischerweise hat keine der Re⸗ gierungsparteien die Frage der Lehrerschaft, die Kernfrage für die e ahn; des Schulwesens, auch nur berührt. Man könne dem Lehrer noch soviel Zusicherungen geben, daß seine Stellung als Staatsbeamter durch das Gesetz unberührt bleibt, wenn die Schule in dem vorgesehenen Maße . der Parteien wird, so wird es faktisch auch der Lehrer. Er konimt unter eine für ihn unerträgliche Gesinnungskontrolle einer kulturpolitisch dauernd fanatisierten Elternschaft. Die Frage, was aus dem Lehrer werden soll, der den Religionsunterricht in einer von der Kirchenaufsicht nicht gebilligten Form erteilt, wurde in dem Dürxischschen Entwurf wenigstens klar beantwortet: er könnte . werden. Daß in diesem Entwurf diese Frage unentschieden gelassen wird, macht die Situation für den Lehrer wahrlich nicht besser, um so weniger, wenn man in Betracht zleht, daß nach der Ankündigung des Ab— geordneten Rheinländer das Zentrum sich bemühen wird, die Mit⸗ wirkung der Kirche in der Aufsicht über den Religionsunterricht noch zu verstärken. Der Entwurf 6, mit einer entschiedenen Skepsts gegenüber dem deutschen Volk, wie es heute ist, auf Formen und Ordnungen der Vergangenheit zurück. Wir sehen in unserem Volke auch auf weltanschaulichem und religiösem Gebiet strebende und ringende Kräfte, denen wir ebenso wie den großen Traditionen im Rahmen der nationalen Einheit des Bildungswesens unter der Obhut des Staates Freiheit der Entfaltung geben wollen. (Beifall bei den Demokraten.) ;

Abg. Clara Zetkin (Komm): Die Entwicklung der kultu— rellen Dinge sei in schneller Bewegung, aber nicht nach vorwärts, sondern nach rückwärts. Der vorliegende Entwurf , noch das wenige Gute des Entwurfs von 1922. Allerdings sei alles, was in dem Entwurf von Keudell zu tadeln . Keime schon im Entwurf des sozialdemokratischen Stagtssekretärs Schulz von 1922 vorhanden. Der Keudellsche Entwurf bringe die Kleri⸗ kalisierung der Schule. Viel wichtiger sei der Unterschied zwischen dem Entwurf der Ausführungshestimmungen und der Verfassung. Ter produktive Arbeitsunterricht sei schon in dem Schulzeschen Entwurf vernächlässigt worden. Wenn so etwas an dem grünen Holze der Sozialdemokratie geschehe, was solle man von dem dürren Holze der Deutschnationalen erwarten? (Heiterkeit) Die Rednerin bezeichnet es als notwendig, festzustellen, in welchem Maße die deutsche Kultur auch international beeinflußt und angeregt sei. In dem Entwurf sei aber zu erkennen, wie die dentsche Kultur in kriegshetzexischem Sinne des neudeutschen Imperialismus gefördert werden solle. Demgegenüber müsse die Erziehung zur revolutionären internationglen Solidarität des Proletariats erzwungen werden. Der vorliegende Entwurf be⸗ ,, sich im wesentlichen auf die Entscheidung zweier Fragen: er Weltlichkeit und der Einheitlichkeit der Schule, und zwar zuungunsten dieser beiden Gedanken. In dem Entwurf werde mit der Weltlichkeit der Schule auch die Einheitlichkeit preis⸗ egeben. Schon in der Gestaltung der Gemeinschaftsschule mit em Religionsunterricht als ordentlichem Lehrfach sei dies der Fall. Dazu komme der hervorragende Einf ö. der den kirch⸗ fichen Vertretern der K kirchlichen Instanzen und der die igion tas lichaft en auf den Religionsunterricht eingeräumt werde. Wie vertrage sich das mit dem Aussichtsrecht des Staates? Aber nicht nur die Kinder des Volkes, 6 auch die Lehrer würden in ihrer geistigen Entwicklung dadur aufs schwerste getroffen. Wenn der ö Entwurf auch einige Verbesserungen bringe, so habe man doch alle Aussicht, 6 auch einmal einen amerikanischen n , zu erleben. Es komme zu einer Zersplitterung des Schu wesens, deren höchster Gipfel durch das baherische Konkordat erreicht sei: zu der ein⸗ klassigen ungeteilten Volksschule. Die deutsche Bourgeoisie habe es nicht verstanden, die Froße des nationalen Einheitsstaates nicht einmal auf wirtschaftli hem Gebiete zu lösen. Einen Ausgleich 3 das Recht der sogenannten „Erziehungsberechtigten“ bilden, en Inhalt des Unterrichts zu überwachen. Dabei 6 nur zu fragen, ob die Erziehungsberechtigten auch zugleich die Erziehungs⸗ befähigten sind. Diese Frage sei schon a der steigenden Ahl jugendlicher Verwahrloster und Verbrecher zu verneinen. Die Eltern seien vielfach selbst nicht recht erzogen und zu einer richtigen sozialen Erziehung ihrer Kinder nicht imstande. Das Gesetz trage die religiösen, die Weltanschauungskämpfe in die Familien, in die Gemeinden hinein. Die Kommunisten ver⸗ langten nicht einzelne Weltanschauungsschulen oder einzelne welt⸗ liche Schulen, sondern die volle Weltlichkeit aller Schulen. Jetzt seien die einzelnen weltlichen Schulen nur Aussätzigenschulen ür Dissidentenkinder. Die Entwicklung des Volksschulwesens in der Sowjetunion sei eines der glänzendsten Ruhmesblätter der neurussischen Geschichte. Eine ähnliche Entwicklung sei in Deutsch⸗ land aber erst möglich nach der Zertrümmerung der Herrschaft der k Bas Reichsschulgefetz solle das Handelsobjekt der bestehenden Regierungskoalition sein. Den Sozialdemokraten, denen die Ministersessel schwerer wiegen als die proletarische Ein⸗ heitsfront, suchen durch Nachgeben in der Schulfrage ihre Koalitionsfähigkeit zu bewahren. Die Rednerin ruft denjenigen, die die Jugend als politisches Handelsobjekt behandeln, ein drei⸗ maliges „Pfui“ zu. Auch auf kulturellem Gebiete könne nicht mehr die Bourgeoisie, sondern müsse das Proletariat die Ent⸗ wicklung weiterführen. Die , ,. wolle die Volksschule nur als Instrument zur Aufrechterhaltung ihrer Macht benutzen. Religion sei Opium für das Volk.

Abg. D. Dr. Dr. Bredt (Wirtschaftl. Vereinig.):: Abgesehen von der Ablehnung des Schulgesetzentwurfs im Reichsrat ist auch hier im Reichstag die Verwirrung auf den Höhepunkt gestiegen. Eine klare Linie ist überhaupt nicht mehr zu erkennen. Ich habe einmal ein Initiativgesetz eingebracht, das auf Betreiben des Zentrums nicht einmal in den Ausschuß verwiesen wurde, obwohl mein Entwurf gerade die Zentrumsanträge aus der Ausschuß⸗ zeratung von 1923 berücksichtigt hatte. (Hört, hört!! Auch den 3 ,, , betrachtet das Zentrum nur als Ver⸗ andlungsbasis. Die Koalition scheint nicht mehr zu bestehen. Das ist, nach den letzten Reden des Grafen Westarp, auch kein Wunder. Die Abgeordnete Zetkin lehnt die geistige Knechtung der Kinder ib. Aber der Himmel bewahre uns vor dem Zwangsschulgesetz der Sowjets, das sie selbst uns geschildert hat. Das Schulkompromiß on Uäeimar läßt überhaupt staatliche und weltanschauliche Bevor⸗

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mundung nicht mehr zu. Diese Lösung der Verfassung halten wir für glücklich. Wir lehnen jeden Zwang ab. Das deutsche Volk halten wir für vernünftig genug, um sich in seiner Mehrheit für die christliche Schule zu entscheiden. Wir wollen aber auch den Sozialdemokraten ihre Weltanschauung lassen. Die geistliche Schul⸗ aufficht in altem technischen Sinne lehnen wir ab. Aber sie ist längst beseitigt, und kein Mensch denkt an ihre Wiedereinführung. Der Religionsunterricht muß natürlich überwacht werden. Das hat die Reichsverfassung auch klar zum Ausdruck gebracht. Wir glauben nicht, daß es dem Willen der Bevölkerung entspricht, die Simultanschulen da, wo sie noch bestehen, zu spalten. Sie sollen bestehen bleiben. Die fünfjährige Schonfrist des Herrn von Keudell ist ein unmögliches Kompromiß. Wir wollen es den Ländern selbst überlassen, ob sie die Simultanschulen bestehen lassen wollen. Auch Sachsens Wunsch, seine nach der Revolution geschaffenen Gemein⸗ schaftsschulen zu behalten, kann man erfüllen. Im ganzen bildet der Keudellsche Entwurf eine durchaus brauchbare Grundlage für die Ausschußwerhandlungen; wir sind mit seiner ganzen Tendenz einverstanden, können allerdings noch nicht erklären, daß wir mit allen Einzelheiten einverstanden sind. Der Mittelstand ist der Träger der christlichen Weltanschauung (Beifall bei der Wirtschaft⸗ lichen Vereinigung), die in diesem Entwurf auch ihren Einfluß auf die Schule erhält.

Abg. Thusnelda Lang⸗Brumann (Bayr. Vpt. Auch die Bayerische Volkspartei betrachtet den Entwurf als geeignete Grundlage zur weiteren Arbeit im Bildungsausschuß. Er erscheint uns allerdings zu kompliziert, er hätte sich vielleicht auf fünf Paragraphen beschränken und alles weitere der Landesgesetzgebung überlassen können. Es ist nicht richtig, wenn in den sogenannten Simultan schulländern das Antragsrecht der Eltern auf Äenderung der Schulform eingeschränkt werden soll. Keine Schulform sollte eine Vorzugsstellung erhalten. In einigen Jahren wird sich dann herausstellen, welche Schulform am lebensfähigsten ist. Wir sind immer für die Gleichberechtigung eingetreten, um so merkwürdiger berührt es uns, daß die Anhänger der Gemeinschaftsschule jetzt die Bekenntnisschule zu einer Sonderschule herabdrücken wollen. Die Eltern haben für das leibliche Wohl ihrer Kinder zu sorgen, da ö sie in dem, was sie am meisten mit ihren Kindern ver⸗ bindet, im Seelischen, nicht mitreden dürfen? Wie erschütternd ist die Angst der Mutter, wenn sie zum ersten Male ihr Kind in die Schule schicken muß: Was machen Sie aus meinem Kind? Diese Angst ist der beste Beweis für das Bestimmungsrecht der Eltern. (Sehr richtig! bei der Bayerischen Volkspartei. Wehren müssen wir uns gegen den Vorwurf, wir hätten den früheren Schulgesetz⸗ entwurf scheitern lassen. Keine der heutigen Regierungsparteien trug daran die Schuld. Uns ist die Jugend zu heilig, um mit ihrem Schicksal politische Geschäfte zu machen. Der Entwurf gibt allen Schularten die gleiche Entwicklungsmöglichkeit. Vielleicht er⸗ reichen die Anhänger der Gemeinschaftsschule ihr Ziel. Aber jeden Zwang lehnen wir ab. (Beifall bei der Bayerischen Volkspartei.)

Abg. Scholem (linke Komm.) erklärt, es seien lediglich Eier⸗ tanzreden zum Schulgesetz gehalten worden; bei einigen Reden habe man den Eindruck gewinnen müssen, als ob es sich um einen Zeit⸗ vertreib, wie er in den katholischen Sonntagsblättern stehe, handle. Die Ausführungen des Abgeordneten Runkel hätten bewiesen, daß die Deutsche Volkspartei ihren Liberalismus längst aufgegeben habe. Die Sozialdemokratie befinde sich beim nl n fh im Schlepptau der bürgerlichen liberalen Schwätzer, sie habe in ihrem Kampf gegen das Schulgesetz tatsächlich schon Bankerott gemacht. Die sozial . Führer arbeiteten gegen das 0 . nur mit Mätzchen. Die Rede der Rechtskommunistin Frau Zetkin sei an ich überflüssig gewesen, denn die Rechtskommunisten wollten auch nichts anderes als die Sozialdemokraten. Der . gegen das Schulgesetz sei lediglich ein Kampf gegen die 69 1⸗ schaft. Nur durch eine revolutionäre Aenderung der Gesellschaft werde die Schule verändert werden können.

Abg. Dietrich⸗Franken (Nat. ⸗Soz.) betont, daß seiner Partei die Berücksichtigung der NRassenlehre und der Volkslehre in der Schule das wichtigste sei. Beide Fächer hätten aber bisher keinen Raum in der Schule gefunden. Der Entwurf kümmere 6 nicht um die Auswüchse des Schmutzes und Schundes und der jüdischen Kinoreklame. Die 1 träten für die Ge⸗ e, auf . Grundlage ein. Der Staat habe die Pflicht, die Kinder unbeschadet des Elternwillens christlich zu erziehen. Die Gleichstellung der weltlichen Schule durch den Ent⸗ wurf stelle ein Dangergeschenk dar. Das Schulgesetz zerreiße das Volk und sei geradezu eine nationale Gefahr. Auch die Gleich⸗ stellung der jüdischen S ule lehnten die Nationalsozialisten ab, auch seien sie gegen die Wiedereinführung der geistlichen Schul⸗ aufsicht. Der Redner erklärt zum Schluß, di seine Partei gegen den Entwurf schwerste Bedenken habe und ihn in seiner jetzigen Form ablehne.

Abg. von Grgaefe⸗Mecklenburg Völk): Der Zeitpunkt für ein Reichsschulgesetz ist denkbar u nt g weil keine Einigkeit im Volke besteht. In der Regierung selbst sind merkwürdige Gegensätze auch Gegensätze zur Stimmung in der Bevölkerung. Wenn ein hoher Beamter den ö seines Ministers zerzaust, kann kein Vertrauen aufkommen. Hätten wir etnen vblkischen Staat, dann gübe es keinen Streit um die Schulhoheit des Staates und der Kirche. Der Staat muß die Schulhoheit haben, wenn er eine Zusammenfassung des Volkstums darstellt. Davon kann bei der

usammensetzung des deutschen Volkes keine Rede sein. Das Volk ist nicht das wahre Volkstum. Wir stehen vor der Gefahr, daß wir im Süden eine Schule unter römisch⸗katholischem Einfluß be⸗ kommen und im Norden eine Internationale , n. ule. Wir billigen dem Staat die Schulhoheit zu, aber der Wille der Eltern muß auch für die Erziehung maßgebend sein.

Abg. Dr. Löwen stein (Soz.): Die weltliche Schule ist das Schulideal der größten deutschen, der Sozialdemokratischen Partei, nicht nur gewisser Leute, wie Herr von Keudell sagt. Wir ver⸗ langen eine Verweltlichung des ganzen Schulwesens. Das Reich ist weltlich, die Gemeinden sind weltlich. Die weltliche Schule ist die allgemeine öffentliche Schule, die Schule des Staates. Entscheidend sind die Bedürfnisse der Gesellschaft, in die die Kinder hineinwachsen sollen. Wir wehren uns dagegen, daß die weltliche Schule nur eine Sektenschule, eine Schule gewisser Welt anschauungen sei. Deshalb lehnen wir auch die Bekenntnisschule ab, auch diejenige, die uns die Abgeordnete Zetkin vorführt. Wir wollen keinerlei dogmatische Bindung. Weltliche Fragen dürfen nicht umgedeutet werden in theologische oder Weltanschauungs⸗ ,,. Herr von Keudell sollte sich nicht auf 60 Millionen Menschen mit christlicher Weltanschauung berufen, diese Schar ist viel geringer. Herr Mumm hat auch kein Recht, die weltliche Schule in eine religionslose Schule umzudeuten. Die Religion ist für uns eine theologische, aber keine Gesellschaftsfrage. Wir verstehen es, wenn armselige Menschen um ihr tägliches Brot beten, und wir wollen diesen Menschen gar nicht eine Aufklärung geben. Wir wissen, daß die religiösen Formen nur die Folgen einer wirtschaftlichen Lage der Unterdrückung und Ausbeutung sind. Aber wir wollen dem Volke zeigen, daß das Proletariat die Macht gewinnen muß, um sich selbst zu befreien. Deshalb kämpfen wir aufs schärfste gegen die Umwandlung der Religion in eine soziale Reaktion. Wir wollen die historischen Formen der Religion nicht abschaffen, dazu haben wir nicht den Beruf, der Sozialismus befaßt sich nicht mit der Religion, wir werten nur die Realitäten, die zur gesellschaftlichen Entwicklung des Proletariats führen. Wir lassen in unseren Reihen jedem Freiheit, aber wir fördern die lebendigen Kräfte der Gesellschaft und des Staates. Wir wollen den Staat in den Vordergrund stellen, weil wir in ihm den Ausdruck unserer Gedanken sehen. Die Verfassung ist der Ausdruck des politischen Willens des Volkes. Sie ist abänderungsfähig, aber das hängt von den Macht⸗ energien ab. Von dem Naturrecht der Eltern wird zuviel Wesens gemacht. Im bayerischen Landtag ist einmal von bischöflicher Seite erklärt worden, daß der Staat oder die Kirche auch eine religiöse Erziehung eines Kindes selbst gegen den Elternwillen erzwingen könne, weil nichts über das Recht der Kirche gehe.

Das Elternrecht ist durchaus nicht unbeschränkt, die Verfassung gibt in Schulfragen den Eltern nur das Antragsrecht auf Errich⸗ kung einer Schule und das Recht, zu bestimmen, ob das Kind den Religionsunterricht besuchen soll oder nicht. Wir Sozialisten sind keine Gegner der Elternrechte, aber wir wollen sie nur da, wo sie hingehören. Die Erziehung war Sache der Familie, so lange sich das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in der Familte abspielte. Heute ist das anders. Trotzdem wollen wir praktische Mitwirkung der Eltern im Schulleben. Aber wir wollen kem politisches Elternrecht. Das Antragsrecht der Eltern soll ja umgewandelt werden in ein Recht der Kirche. Wir können nicht eine Schule schaffen, wie wir sie wollen, sondern wir sollen ein Schulgesetz schaffen auf Grund der Verfassung. Darum verstehen wir den kommunistischen Antrag nicht. Sie zu den Kommunisten) glauben doch selbst nicht, daß Sie eine h für die Aenderung der Verfassung . Unsere grundsätzliche Stellung, die Forderung der weltlichen Schule, ist bekannt, zu ihrer Bekundung brauchen wir diesen Antrag nicht. Dagegen ist die Verfassung, so wenig sie uns be⸗ a, ein Bollwerk gegen die Begehrlichkeit der anderen, auf as wir nicht verzichten wollen. Für uns ist deshalb die Frage entscheidend, ob dieser Entwurf mit der Verfassung in Einklang teht. Und da lautet die Antwort: Ex 6 zur Verfassung in triktem Gegensatz. Daß nach der Verfassung die Gemeinschafts—⸗ chule die Regelschule sein soll, ist vom Reichsgericht entschieden. Auch der Zentrumsmann Mausbach erkennt das an, wenigstens tat er das bis zum Jahre 1921. Nach dem Entwurf dagegen kann diese Regelschule überhaupt nur in Ausnahmefällen entstehen. Sie wollen angeblich das Elternrecht. Der Entwurf aber will ohne Befragung der Eltern die bisherigen evangelischen und katholischen Schulen zu Bekenntnisschulen ,, die sie bisher nicht waren. Sie waren bisher Staatsschulen mit liberalem Religionsunterricht, ohne Bindung an die Religionsgesellschaften. Schließlich wird der Staatsgerichtshof darüber zu entscheiden haben, ob dieses Gesetz verfassungsändernd ist. Dr. Runkel ist über den Entwurf sogar noch ö angen, indem er die Simultanschule zur christlichen Weltanschauungsschule machen wollte. Er hat in der Nationalversammlung ö bst festgestellt, daß sie das nicht sein sollte. In der ganzen Verfassung ist nirgends ein Aufsichtsrecht der Religionsgesellschaften verankert. Es ist nur gesagt, der Religionsunterricht solle nach den Grund⸗ sätzen der Religionsgesell an, erteilt werden. Ob das geschieht, hat der Staat selbst nachzuprüfen, und er kann das, denn diese . sind bekannt. Die Organisationen der Religions⸗ lehrer selbst haben ja denn auch erklärt, sie würden unter der Knute des Geistlichen keinen Religionsunterricht mehr erteilen. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Darauf wird die Weiterberatung auf Donnerstag 13 Uhr vertagt; außerdem Handelsverträge mit . Japan und anderen Staaten; Versorgung der Kriegsbeschädigten.

Ein Antrag Koenen Comm), am Donnerstag zunächst den Bergarbeiterstveik zu beraten, wird abgelehnt.

Schluß nach 19 Uhr.

Statistik und Volkswirtschaft.

Nachweisung der Einnahme an Kapitalverkehrsteuer. M April 1927 April 926 . uc Septbr. 1927 Seytbr. 1926 RM al RM I RM

Gegenstand der Besteuerung

LGesellschaftssteuer. Aktiengesellschaften und ᷓommanditgesellschaften auf Aktien ; Gesellschaften mit beschränk⸗ ter Haftung ; S844 926 60 Bergrechtliche Gewerkschaften 45 86350 Andere Kapitalgesellschaften 90 Andere Erwerbsgesellschaften und die übrigen juristischen Personen⸗

II. Wertpapiersteuer.

Verzinsliche inländische Schuld. und Rentenver⸗ schreibungen, Zwischen⸗ scheine und Schuldver⸗ schreibungen über zinsbare Darlehns- oder Renten⸗ schulden

Verzinsliche ausländische Schuld und Rentenver⸗ schreibungen u. Zwischen⸗ scheine ö

Für ausländische Aktien und andere Anteile sowie für ausländische Genußscheine und Zwischenscheine

III Börsenumsatz⸗

st euer. Anschaffungsgeschäfte über Aktien und Anteile sowie verzinsliche Werte...

IV. Aufsichtsratsteuer. Auffichtsratsteuer nebst Zu⸗ . schlag und Verzugszinsen ) 4211 301 * 70 897 80 6 os 289 26 Zusammen .. . 8 vab gos S2 67 63 490 bb Sh 374 s

) Durch das Könperschaststeuergesetz vom 10. August 1925 (RGBl. L S. 208) vom 1. Januar 1925 ab außer Kraft getreten. Es werden nur die Steuerveträge von aussichtsratsteuerpflichtigen Vergütungen gemäß 5 32 Abs. 2 des Gesetzes, welche vor dem 1. Januar 1925 sällig waren und noch nach dem Kapitalverkehrsteuergeset vom 8. April 1922 (RGBl. 1 S. 3654) aufgekommen sind, nachgewiesen.

Berlin, den 20. Oktober 1927.

Statistisches Reichsamt. Wagemann.

26 5l7 216 3311 935 934

h 260 294 33 4549127 Itzd oh 27 99 905 17 60776 18 635

2 066 2335

121 479 dob b2bh 93 644016

1 554 631 95 9 416 557 865 7917316

g2 316 400 185 950 26 1019859

S6 366 40 1 894 118200 49123

4 089 874 16543 036 327 1929 07 119 03

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: J. V.: Oberrentmeister Meyer in Berlin. in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (J. V. Meyer) in Berlin.

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Nr. 247. Reich sbankgirokonto. dan . a

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Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Der Reichsrat hielt gestern unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Dr. Hofmann eine öffentliche Vollsitzung ab. Zugestimmt wurde nach dem Bericht des Nachrichten büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger dem ,. über die Internationalen Abkommen, betreffend die Krankenversicherung der Arbeitnehmer in Gewerbe und Handel und der Hausgehilfen sowie die Krankenversicherung der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft.

In der e. des Internationalen Arbeitsamts waren im Juni Beschlüsse gefaßt worden über Grenzen und allgemeine Richtlinien für die Versicherung der genannten Personen. Mit diesem Uebereinkommen . das geltende deutsche Recht durch- weg in Einklang. Der Berichterstatter hob auch hervor, daß die Richtlinien im Grunde nichts anderes bedeuten, als die Ueber⸗ nahme der deutschen Grundsätze in die völkerrechtliche Ordnung.

Ferner wurde angenommen ein Gesetzentwurf, betreffend eine Abrede zwischen der deutschen Regierung und der Regierungskommission des Saargebiets über Angelegen⸗ heiten der Sozialversicherung des Saar⸗ gebie tes.

Im Saargebiet sind eigene Versicherungsämter errichtet worden. Dieses Ausscheiden aus der deutschen machte eine Auseinandersetzung nötig, die im Jahre 1922 zu dem so⸗ genannten Frankfurter Abkommen führte, das damals vom

eichsrat genehmigt wurde. Die hisherigen Abmachungen sind infolge Entwertung der deutschen Mark und der veränderten Währungsverhältnisse im Saargebiet nicht ausgeführt worden. Neue Verhandlungen haben zu einer neuen Abrede geführt. Diese neue Abrede erweitert das frühere Abkommen, indem auch die Knappschafts⸗Berufsgenossenschaft und die Angestellten⸗Versiche⸗ rung einbezogen worden sind. Ferner erfahren die Sozialrentner des Saargebiets nicht unwesentliche Verbesserungen ihrer Bezüge.

Der Reichsrat stimmte sodann dem vom Finanzminister vorgeschlagenen . der Kapitalrentensteuer für einige Auslandsanleihen zu.

Es handelt sich dabei um die Anleihe des preußischen Staates, ferner um Anleihen der Provinz Hannover, der Stadt Dresden, des Ruhrverbandes, der Landeszentralbank A. G. in Berlin, der Sächsischen ere, g n, Tn, fein in Dresden, des Rheinisch⸗ Westfälischen Elektrizitätswerkes, der Vereinigten Stahlwerke A.⸗G. in Düsseldorf, der Elektrizitäts⸗Gesellschaft Lahmeyer in Frankfurt a. M., der Deutschen Rentenbank⸗Kreditanstalt und einer Reihe von Hypothekenbanken. Der Reichsrat stimmte der beantragten teuerlichen Begünstigung zu mit einigen Vorbehalten bezüglich der Hypothekenbanken. hier sollen die Aufsichtsbehörden darüber wachen, daß die Anleihen auch tatsächlich für die Zwecke verwendet werden, daß sie, sofern sie noch nicht ab⸗ geschlossen sind, innerhabb einer bestimmten Zeit meg e, werden und daß die Gesamtbelastung auf Grund der Anleihen sich in bestirimten Grenzen hält, ebenso die Belastung, die von den Anleihen auf das LVub lilum übergeht.

Schließlich verabschiedete der Reichsrat noch endgültig einige vom Reichstag unverändert angenommene Vorlagen, darunter die Flugverkehsabkom men mit Ftalien und Großbritannien.

Nach Erledigung der Tagesordnung nahm der preußische Staatssekretär Fr. Weissmann das Wort zu folgenden Ausführungen:

Meine sehr verehrten Herren! Sie werden sich erinnern, daß in der öffentlichen Vollsitzung des Reichsrats vom 14. Juli dieses Jahres der Herr Reichsminister des Innern Dr. v. Keudell Vorwürfe gegen den preußischen Bevollmächtigten Ministerial= direktor Dr. Badt erhoben hat, und auch daran, daß in der . folgenden Sitzung der preußische Ministerpräsikent diese Borwürfe . hät und daß der Reichsrat beschlossen hatte, über

lese Angelegenheit in einer Ausschußsitzung zu beraten. . Ausschußsitzungen haben stattgefunden. Im Anschluß an giese ö haben in Uebereinstimmung und im Ein⸗ vernehmen mit dem Ausschuß des Reichsrats Verständigungs⸗ versuche zwischen der preußischen Regierung und der Reichs⸗ regierung, namentlich zwischen dem Reichsminister des Innern und dem von ihm angegriffenen Ministerialdirektor Dr. Badt statt⸗ gefunden. Zu unserem greßen Bedauern sind diese Verständigungs. dersuche gescheitert. Sie haben zu keinem Resultat geführt. Sehr dringend ist es notwendig, daß diese an sich sehr wenig erfreuliche Affäre zu einem Ende gebracht wird. Die preußische Regierung legt Wert darauf, daß der Reichsrat mit ihr darin übereinstimmt, daß dieser Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Vollsitzung des Reichsrats am Donnerstag nächster Woche gesetzt wird. Selbst⸗ verständlich überläßt sie es dem Reichsrat der Herr Bericht— erstatter ist nicht anwesend ob noch eine Ausschußsitzung in dieser Sache stattfinden soll. Es ist Zeit, daß diese Angelegenheit geklärt wird. Sie werden wissen, Saß nach der vorigen Vollsitzung in einer Reihe von Zeitungen gestanden hat, daß man sich darüber wundere, daß die Angelegenheit nicht zur Sprache gebracht sei— Damit diese Angelegenheit endlich aus der Welt geschafft wird, habe ich meinen Antrag gestellt. Ich bitte, daß der Reichstat und auch die Reichsregierung der Ansetzung des Termins für den nächsten Donnerstag keine Schwierigkeiten bereitet.

Der Vorsitzende erklärte, daß die Regierung den Antrag nur zur Kenntnis nehmen könne.

Auf Anfrage des . Behr bestätigte Stagtssekretär

Weismann nochmals, da

legung des Konflikts, leider gescheitert seien. nochmals im Reichsrat verhandelt werden. 4 . Ausschußberatung nötig werden sollte, zusammentreten werde. Graf Behr: Ich ö. zu, daß die Sach in aber doch der Ansicht, wenn der Aus⸗—

der Ausschuß in kürzester Zeit, falls

bereinigt werden muß,

die Verhandlungen, betreffend Bei⸗ Es müsse deshalb

Er nehme an, daß

auch im Plenum

schuß irgend weitere Verhandlungen will, daß man sich heute noch

nicht unter allen Umständen darauf festlegen so das Plenum mit der Sa

Donnersta⸗

chon am nächsten

ll zu 23

Staatssekretär Weissmann: Damit bin ich einverstanden, daß, wenn der Ausschuß noch zu neuen Beweiserhebungen oder

anderen Dingen kommen sollte, so daß es nicht am Donnerstag im Plenum darüber zu verhande

n,

n .

die

wieder abgesetzt wird. Nach meiner Kenntnis wird es aber nicht der Fall sein, sondern der Ausschuß wird in kurzer Zeit fertig sein. grundsätzlich damit ein⸗ verstanden, daß eventuell schon am nächsten Donnerstag die Angelegenheit im Plenum erörtert werde.

Der Reichsrat erklärte sich

ner über die Reichseinnahmen und —ausgaben in

den

Monaten April bis August des Rechnungsjahres 1927.

April-Juni Juli 19277

I. Uebertrag aus dem Rechnungs⸗ jahr 1926, und zwar:

a) Bestand zur Deckung restlicher Verpflichtungen aus dem Jahre 1926 (Ausgabereste abzügl Ein⸗ nahmereste) 348,5

b) Reinüberschuß des Jahres 1926 199.5 548,0

II. Einnahmen

(Soll nach dem Haushalt für 1927 S669, 6)

1. aus Steuern, Zöllen und Ab⸗ gaben .

2. aus der Münzvrägung *.

3. Ueberschuß Post und Reichs⸗ druckerei ; .

4. Vorzugsdividende aus den Vor⸗ zugeaftien der Deutschen Reichs- bahn⸗Gesellschaft ;

5. Sonstige Verwaltungseinnahmen

1925,83 0

s

299 52.7

August

zu⸗

1927 1927 sammen . Betrage A. Ordentlicher Haushalt. in Millionen Reichsmark

948,

70 0

1660

Summe der Einnahmen

200g.)

1034,

III. Ausgaben: (Soll nach dem Haushalt für 1927 8659, 60) 1. Steuerüberweisungen an die Länder 2. Besoldungen 3. Versorgung und Ruhegehälter einschl. der Kriegsbeschädigten⸗ renten k 4. Sozialversicherung Hö. Erwerbs losenfũrsorge stützende) ; . 6 Heer sächliche Ausgaben 7. Marine lächliche Ausgaben 8. Verkehrswesen . . ö 9. Reichsschuld: Verzinsung und Tilgung K 10. Reichsschuld: Anleiheablösung II. Schutzpolizet . 12. Innere Kriegslasten. .... 13. Reparationszahlnngen ... 14. Sonstiges

(unter⸗

Summe der Ausgaben

987,4

769,4

Mithin Mehrausgabe

313

Mithin Mehreinnahme .

2146

237.5

B. Außerordentlicher Haushalt. J. Uebertrag aus dem Rechnungsjahr 1926, und zwar Mehrausgabe gegenüber der Einnahme, die au späteren Anleiheerlösen abzu⸗ decken ist 290 0 II. Einnahmen: (Soll nach dem Haushalt für lii27?. . 9.5 Soll aus Anleihen 4664 . Gesamtsoll 4752) 1. Verwaltungseinnahmen 2. Erlös aus der Ho / Anleihe 1927

1, 1014

Summe der Einnahmen

1025

April⸗Juni Juli August zu⸗ 1927 1927 1927 sammen Betrãge III. Ausgaben: in Millionen Reichsmark

(Soll nach dem Haushalt für 1927 UG.

Außerdem 281,6 Mill. RM Aus⸗ gaberest aus 1926, die neben den obengenannten 290 Mill. Reichsmark aus späteren An⸗ leiheerlösen zu decken sind)

1. Erwerbslosenfürsorge (pro⸗ dukt ive .

2. Verkehrswesen

3. Innere Kriegslasten.

4. Reparationszahlungen .

ö. Sonstiges

Summe der Ausgaben Mithin Mehrausgabe Mithin Mehreinnabme

Abschluß. A. Ordentlicher Haushalt:

1. Bestand aus dem Rechnungsjabr 13226. 2. Ueberschuß aus April bis Äugust 1927.

B. Außerordentlicher Haushalt:

1. Bestand aus dem Rechnungsjahr 1998 ... 2. Zuschuß aus April bis August 1927 .

Insgesamt Bestand .

Anmerkung:

1. Aus den Steuereingängen im Monat Juli 19227 sind im August 1927 noch 126,9 Mill. RM und aus den Steuereingängen im Monat Augast 1927 sind im September 1927 noch 38,5 Mill. Reichsmark gesetzliche Anteile an die Länder ausgejahlt worden.

2. Eine ausführliche Uebersicht über den Stand der Reichsschuld

wird jeweils am Schlusse des Vierteljahis veröffentlicht werden. 3. Der Stand der schwebenden Schuld am

36. 6. 1927 31.7. 1927 31. 8. 1927

1. Zahlungsverpflichtungen aus

der Begebung von Schatz⸗

anweisungen w 9, 9,7 9, 4

2. Sicherheitsleistungen .. h, 51,0 50,9

3. Darlehen von der Post . . 110,0 60,0 600

4. Der verhältnismäßig günstige Abschluß des ordentlichen Haus- halts für die Monate April —August hat zwei Ursachen. Einmal sind die Einnahmen wegen der in diese Zeit fallenden Ab⸗ schlußzahlungen auf die Einkommen⸗, Körperschaft⸗ und Umjatz⸗ steuer jür das Steuerjahr 1926 und dadurch, daß in die ersten fünf Monate zwei Vorauszahlungstermine für diese Steuern fallen über den Durchschnitt hinaus gestiegen. Ferner ist in den Bestand der gesamte Veberschuß des Jahres 1926 mit 195,5 Mill. Reichsmark enthalten und nicht nur der auf fäns Monate ent— fallende Anteil. Auf der anderen Seite sind die Ausgaben bisher weit hinter dem Durchschnitts⸗ soll für fünf Monate zurückgeblieben. Während die Ausgaben. für die laufende Verwaltung sich, ziemlich k auf das ganze Jahr verteilen, sind im Haus

altsplan große Posten enthalten, deren Schwergewicht in die zweite Hälfte des Rechnungsjahres fällt. So sind z. B. für die Einlösung der Auslosungsrechte der Anleibeablösungsschuld im Oktober 75,5 und im Januar 138.5 Mill. RM zu zahlen. Die im Jahre 1925 bereitgestellten 10 Mill. RM zur Gewährung von Barabsindungen an Reichsanleihealtbesitzer, die in dem Be⸗ stand mit enthalten sind sind wegen der damit verbundenen Vor- arbeiten erst zum kleinen Teil in Anspruch genommen. Der größte Teil dieser Ausgaben fällt in das zweite Halbjahr, das weiterhin durch die erhöhten Revarationszahlungen ab Sepiember stärker belastet wird. Ferner sind im zweiten Halbjahr 50 Mill. NRM an die Reichsanstalt für Arbeits losenversicherung. 40 Mill. RM für Zwecke der Invalidenversicherung sowie erhebliche Summen aus dem Härtefonds für Notopserabsindungen zu zahlen. Schließlich werden die Ausgaben für die Krijenfürsorge und die Besoldungs— erhöhungen das zweite Halbjahr stärker belasten, als es in den ersten fünf Monaten der Fall war. Alle diese Umstände werden dazu führen, daß die in den ersten füns Monaten angesammelten Bestände bis zum Schlusse des Jahres vollständig aulgezehrt werden, soweit sie nicht für noch nicht erledigte Restverpflichtungen vorzuhalten sind oder in den ungedeckten Ausgaben des außer- ordentlichen Haushalts Anlage finden.

Der settländische Gesandte Dr. Woit ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der litauische Gesandte Sidzikauskas hat Berlin ver— lassen. Während seiner Abwesenheit führt Legationssekretär Lozoraitis die Geschäfte der Gesandtschaft.

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