1927 / 283 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Dec 1927 18:00:01 GMT) scan diff

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des westlichen Industriegeblets vermeidet. Wenn die von Auf⸗ hauser erwahnten „Kriegstassen. tat sachlich beste hen ollten, Jo muß doch auf die schon lange bestehenden Gewerkschastsstreitkassen hingewiesen werden. Im demokratischen Staat müssen wir doch leiches Recht für alle gelten lassen. Die Kartelle sind . die Irganisation des Absatzes unentbehrlich. Auswüchse sollen be—⸗ kanipfit werden. Vorgussetzung für eine Gesundung der Wirt⸗ chaft ist eine stabile Wahrung und die Sicherheit, daß die Wirt⸗ chaft von neuerlicher Belastung verschont bleibt, Diese Sicher⸗ eit haben wir bei der bisherigen Entwicklung 3 Etats nicht, deshalb müssen wir das Erfordernis der außersten Sparsamkeit energisch in den Vordergrund stellen. Die Dawes⸗Last ist, das hat sich bereits herausgestellt, in vollem Umfange technisch nicht erfüll⸗ bar. Sie .. überhaupt nur erfüllbar durch einen Ausfuhrüber⸗ n Da eine Steigerung der Ausfuhr in dem erforderlichen Imsang leider unmöglich scheint, muß man jetzt schon die Er⸗ füllung verneinen. Bedauerlicherweise hat man dem Arbeiter nicht gesagt, daß die Dawes⸗Last mit durch ihre Arbeit aufgebracht werden muß. Die Verwaltungsreform wird keine großen Er⸗ zarnisse ermöglichen. Der Fehler liegt im parlamentarischen ystem, dem teuersten der eh Und das gilt besonders für die Gemeinden, deren Stadtparlamente ihren Wählern die kalte Sozialisierung verehren wollen. Wenn Berlin schon 50 009 Hektar Boden besitzt, so zeigt das, wohin die Reise geht; in zahlreichen Städten herrscht nicht die Spaxsamkeit, die in dem verarmten Deutschland notwendig wäre. (Lärm links) Dig sozialdemokra⸗ tischen Anträge sind nicht demokratisch, sie wollen alle Macht in den Handen der Massen vereinigen. Nicht zur Unzufriedenheit, wie Sie (zu den Sozialdemokraten) es wollen, sondern zur ver⸗ antwörtlichen Mitarbeit müssen wir die Arbeiter erziehen. Er⸗ iehen Sie die Arbeiter dazu, daß der Stimmzettel nicht dazu a ist, eine materielle Lage zu verbessern. (Beifall rechts; Lachen und lronisches Händeklatschen bei den Sozialdemokraten.) Darauf wird die Weiterberatung auf Freitag, 15 Uhr, vertagt. Schluß 18 Uhr.

preußijcher Landtag. 314. Sitzung vom 1. Dezember 192, 13 Uhr. (Bericht des Nachrichtenburos des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Der Preußische Landtag nahm heute seine Plenarsitzungen wieder auf, tonnte aber die auf die Tagesordnung gesetzte zweite Beratung des Preußischen Besoldungsgesetzes noch nicht in Angriff nehmen, weil diese Vorlage noch in der Ausschuß⸗ beratung liegt. ö ö

Hunächst gedachte Präsident Bartels, während sich die Abgeordneten von ihren Sitzen erhoben, mit ehrenden Worten des ganz plötzlich verstorbenen Zentrumsabgeordneten Regierungsrats Dr. Hager⸗Berlin, der auf Landeswahl⸗ vorschlag gewählt war.

Dann beantragten die Abgg. Sch wenk⸗Berlin und Kilian (Komm.), zunächst Anträge ihrer Partei zu beraten, die sich u. a. gegen die dritte Verordnung zur Lockerung der Zwangswirtschaft wenden, wonach die Zwangs⸗ wirtschaftsgesetz dort außer Kraft treten sollen, wo kein Wohnungsmangel mehr besteht, und die weitere Maßnahmen gegen die von der Reichsregierung beabsichtigte Lockerung des Mieterschutzes verlangen.

Abg. Kloft (Zentr.) widerspricht der sofortigen Behandlung dieser , Anträge. (Lärm bei den Kommunisten und Rufe: „Weil Hirtsiefer Ihr Mann ist!“. Die Kommunisten hätten im Aeltestenrat Gelegenheit gehabt, sachlich über die Be⸗ ratung dieser Anträge mit den anderen Parleien u verhandeln, wenn diese Anträge wirklich so dringend seien. Das hätten sie nicht getan. —⸗

Rach weiheren Ausführungen des Abg. Pieck (Komm.) werden die kommunistischen Anträge als durch den Wider⸗ spruch des Abg. Kloft (Zentr.) für erledigt rn,

Auf Antrag Müller-⸗Hessen Komm.) wird dem Hauptausschuß ein kommunistischer Antrag überwiesen, der eine Notstandsaktion für 16 Bauern eines Dorfes im Dill⸗ kreise verlangt, die durch eine Brandkatastrophe schwer geschädigt wurden.

Es folgte die Fortsetzung der zweiten Beratung der Landgemeindeordnung.

Präͤsident Bartels teilt mit, daß im Aeltestenrat be⸗ schlossen sei, die zunächst vorgesehene ngmentliche Aobstimmung über den 8 1, bei der das Haus im Sommer beschlußunfähig wurde, auf Sonnabend 2 Uhr zu vertagen, .

Abg. Lüdicke (D. Nat.) erklärt, dieser Aeltestenratsbeschluß sei nur mit einer Stimme Mehrheit zusta Ve gekommen; seine Partei widerspraͤche dieser Vertagung.

Abg. Kilian (Komm) schließt sich dem Widerspruch an. Es habe keinen Zweck, die Beratung , ehe man wisse, ob sich für dieses reaktionäre Gesetz überhaupt eine Mehrheit im Landtag finde. Wenn man etwas Positives erreichen wolle, ö man den kommunistischen Antrag auf Auflösung der Gutsbezirke vorweg behandeln. (Gelächter bei den Sozialdemokraten) ;

Abg. Riedel (Dem, erklärt, im Aeltestenrat hätten sich die Parteien bei ihren Erwägungen lediglich von n, , n. gründen leiten lassen. Sie hätten nicht die Absicht g die 6. Plenarsitzung des Landtags allein mit einer Geschäfts⸗ orbnungsdebatte auszufüllen. (Rufe rechts; Fauler Zauber!

Der Antrag des Aeltestenrats, die Abstimmung über §51 zu vertagen, wird durch Auszählung mit 185 Stimmen der Regierungsparteien gegen 153 Stimmen der Nechtsparteien, Wirtschaftlichen Vereinigung und Kommunisten angenommen.

Beim § 2, der zum Ausdruck bringt, daß das Ge etz sich auf die Gemeinden erstrecke, die bisher ländliche Verfassung besaßen, und daß Streitigkeiten darüber, ob eine Gemeinde Stadt- oder Landgemeinde ist, im Verwaltungsstreitverfahren entschieden werden sollen, wird ein Ant rag von Eynern (D. Vp. abgelehnt, der Landgemeinden in der Regel zu Stadt⸗ gemeinden erst dann mächen will, wenn mehr als I5 000 Einwohner vorhanden sind, während die Vorlage sich mit 10000 Einwohnern begnügt.

Ein Antrag Mirbach (D. Nat.), den 5 2 an den Ausschuß zurückzuverweisen, wird zur namentlichen Ab⸗ stimmung gestellt. Dabei geben die Rechtsparteien, die Wirt⸗ schaftliche Vereinigung, die Völkischen und die Kommunisten keine Karten ab. In der Abstimmung werden nur 175 Stimmen gezählt. Das Haus ist also beschlußunfähig.

Präsident Bartels schließt die Sitzung und bexuft auf sofort eine neue ein, in der der 53 zur Debatte gestellt wird, ber bestimmt, daß zum Gebiete einer Landgemeinde alle die Grundstücke gehören, die ihr bisher angehört haben. 53 wird in einfacher Abstimmung, auch mit den Stimmen der Deutschen Volkspartei, angenommen.

Beim 8 4, der die Eingemeindungsfragen regelt, be⸗ gründet Abg. Dr. von Eyn ern (D. Vp.) einen Antrag seiner Partei, diese Materie durch Streichung der 55 4 bis 12 über⸗ haupt aus dem Gesetz herauszunehmen. Für den Fall der Annahme dieses Antrages legt er noch eine Entschließung vor, die das Staatsministerium ersucht, einen Gesetzentwurf vor⸗ zulegen, der das Eingemeindungsrecht zusammenfassend regelt.

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Abg. Killian (Komm) lehnt die Vorlage als reakttonäres Machwert ab Die alten Methoden der Bevormundung sollten auch bei der Landgemeindeordnung wieder gesetzlich sestgelegt werden, so wolle es die preußische Koalition. So solle auch bei Eingemeindungen nicht der Wille des Volkes, sondern der Wille der Regierung entscheiden; deshalb habe man den Bürger⸗ schaflsentscheid im , . fallen lassen. Seine Partei verlange, daß bei kommunalen Vereinigungen ein Mehrheitsbeschluß der Gemeindevertretungen und bei , der Volksentscheid bestimme. Die Zusammenschließung von zemeinden müsse ein reiwilliger Akt sein, der sich ohne jede Hemmung auswirken könne. Tas müsse auch für die Gutsbezirke gelten, die die Rechte moglichst erhalten wolle, weil sie eine große Machtposition be⸗ deuteten, die außerdem noch mit steuerlichen Vorteilen für den Großbesitz verknüpft sei. Deshalb wolle die Rechte die Guts⸗ bezirke und auch die kleinen Gemeinden erhalten. Der Antrag auf Eingemeindung müsse zur Ueberwindung solcher Wider⸗ stände außer von den Gemeinden auch vom Kreisausschuß gestellt werden können, wie die kommunistische Fraktion es beantrage. Die ganze Verwaltungsreform sei am falschen Ende angefaßt. Man müsse an der Spitze anfangen und erst einmal Regierungs⸗ präsidium und Oberpräsidium zusammenlegen und außerdem mit dem Einheitsstaat Ernst machen. Auch müsse zuvor die Frage entschieden werden, oh die Landkreise so bleiben sollen; ein paar Hundert von ihnen seien völlig überflüssig. Es müßten Einheiten gebildet werden auf Grund der politischen und wirt⸗ schaftlichen Notwendigkeiten. Heute regiere aber der Landrat bis in die Großstadt hinein.

Hierauf vertagt das Haus die Weiterberatung auf Freitag, 12 Uhr. Außerdem westfälisches Eingemeindungs⸗ gesetz, kleine Vorlagen, Abstimmungen.

Schluß 16 Uhr.

Barlamentarische Nachrichten.

In der Sitzung des Haushaltsausschusses des Reichstags am 3H. November nahm Reichsfinanzminister Dr. Köhler bei Schluß der Verhandlungen das Wort, um folgende Erklärungen abzugeben: „Ich bin davon unterrichtet worden, daß in weiterem Umfange die Vorlage der Regierung verändert worden ist. Ich halte mich für verpflichtet, darauf hinzuweisen, daß die Einstufung der Pensionäre und Altpensionäre Gegenstand besonderer Sorge und Prüfung der Reichsregierung gewesen ist. Wir haben insbesondere genaue Fühlung mit dem größten Lande darüber genommen. Wir waren gewiß bereit, den Wünschen im Nahmen des finanziell Möglichen soweit entgegenzukommen, wie es irgendwie tragbar ist. Üeber den gegebenen finanziellen Ge⸗ samtrahmen aber hinauszugehen, ist der Reichsregierung seiner⸗ zeit nicht möglich gewesen, weil die finanziellen Aufwendungen nicht bloß für die Reichshoheitsbehörden, sondern auch für die Betriebsverwaltungen und auch für Länder und Gemeinden hier ihre Grenze finden. Ich möchte deshalb dringend darauf hinweisen, daß es uns nicht möglich ist, über den Gesamtrahmen der Kosten hinauszugehen. Ich will entgegenkommend versuchen, mit dem Ausschuß wie bisher über Wege zu beraten, ob in die sem Ge⸗ samtrahmen Verschiebungen möglich sind, aber ich muß heute laut erklären, daß dies über das finanzielle Gesamtausmaß hinaus, das der Vorlage zugrunde liegt, nicht möglich ist. Ich werde dies bei der Einbringung des neuen Etats noch des näheren darlegen. Im Rahmen des finanziell Möglichen werde ich gern bereit sein, Wünschen zu entsprechen. Ueber den Gesamtrahmen kann unter keinen Umständen hinausgegangen werden.“

Der Haushaltsausschuß des Reichstags setzte am 30. November unter dem Vorsitz des Abg. Heimann (Soz.) die Beratung der Besoldungsvorlagen fort. Zunächst fand dabei eine Aussprache über die Steuer⸗ Und JZollorganisation statt. Zur Ergänzung seiner gestrigen Erklärung nahm sofort bei Beginn der Sitzung Reichs⸗ finanzminister Dr. Köhler das Wort: Ich habe auf Wunsch geftern die Auffassung und Meinung des Reichs finanz⸗ ministeriums zu dem neugeschaffenen 8 24 des Besoldungsgesetzes zum Ausdruck gebracht. Ich bin gebeten worden, nun auch die Stellung der Reichsregierung hierzu kundzutun. Es ist nun ver— sucht worden, eine Sitzung des Kabinetts noch gestern zusammen⸗ zuberufen. Dieser Versuch ist indessen gescheitert, weil zwei Minister an der Sitzung nicht teilnehmen konnten. Ich bin also nicht in der Lage, jetzt eine Stellungnahme der Reichsregierung zum Ausdruck zu bringen. Die Reichsregierung behält sich aber bor, eine Erklärung zum Gesamtkomplex des 8 24 vorzulegen, so⸗ bald sie die Möglichkeit hat, zu den Fragen Stellung zu nehmen, was voraussichllich heute oder morgen der Fall sein wird. Abg. v. Gusrard (Zentr.): Ich nehme Kenntnis von dieser Erklärung, daß wir vor Eintritt in die zweite Lesung der Vorlage die Erklärung der Reichsregierung über ihre Stellung, ins⸗ besondere zum 5 24, erhalten. Darauf trat der Ausschuß in die Tagesordnung ein. Ministerialdirektor Ern st erläuterte nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger an Hand eines graphischen Schemas den Be ördenaufbau der Reichszollverwaltung, deren Kern das Hauptzollamt ist. Der Redner verwies auf die gute Note, die die deutsche Zollverwaltung bei den Verhandlungen in Genf bekommen habe. Sie habe den neuen Vorschlägen dort zustimmen können, weil sie in dieser Organisation den übrigen Ländern vorangegangen sei. (Zuruf. Stolz sei er auf den Vorwurf, die Zollverwaltung sei ein Sklave des Handels und der Industrie. Ihre Aufgabe sei nicht in erster Linie eine rein finanzielle, sondern sie sei eine en inent wirtschaft⸗ liche Verwaltung, bestimmt, der Wirtschaft zu helfen; in welchem Umfange, darüber könne man streiten, das bestimmten die Gesetze. Natürlich sträube sich seine Verwaltung nicht gegen eine Fort⸗ entwicklung. Der Sparkommissar habe eine Abteilung bei der Zollverwaltung errichtet und prüfe Vereinfachungen. Der Redner kr auf . der Abgg. Dr. Qu gatz (D. Nat.) und

dorath (D. Vp die Ueberordnungsverhältnisse usw, in dieser Verwaltung auseinander, welche neben dem Hauptzollamt und den Zollämtern auch die Landesfinanzämter, die Abteilung für Zoͤlle und Verbrauchsabgaben mit den entsprechenden Lehranstalten und der technischen Prüfungs⸗ und Lehranstalt, die Reichsmonopol⸗ verwaltung, das Reichsfinanzzeugamt usw. umfaßt. Der Redner skizzierte die möglichen Laufbahnen für die einzelnen Beamten⸗ gruppen dieser Verwaltungen von den Gehilfen, Zollassistenten üufw. bis zu den Zollräten und Zolldirektoren. Abg. Lucke irtschafth Vereinig) fragte nach dem Dienst der He ilfen der Zolldistriktsinspektoren und ob es nicht möglich sei, die Leute, die vom Grenzdienst kämen, bald in den inneren Dienst zu be⸗ fördern. Ministerialdirektor Ernst erklärte, die Verwaltung bemühe sich, diese Leute nicht zu lange an der Grenze zu be⸗ lassen, sie zum Teil in die Steuerverwaltung u übernehmen oder fie sonst zu befördern. Auch auf Einzelstellen seien sie in verantwortlichem Dienst. Vors. Abg. Heimann (Soz.) dankte dem Ministerialdirektor für seine Aufklärungen. Ministerialdirektor Zarden erläuterte die Frage des Sitzes und der Abgrenzung der Landesfinanzämter. Gesetzlich neu zu regeln sei diese Frage wegen Ablaufs der gegenwärtigen gesetz⸗ lichen Regelung am 14. April 1928. Für die Finanzämter und ihre Abgrenzung sei ein besonderes Gesetz nicht nötig, der Reichs⸗ finanzmonister könne ihre Hebie mit den Länderregierungenzab⸗ grenzen. Sie seien aber nicht willkürlich gewählt, sondern gingen auf bestimmte bestehende Organisationen zurück. Auf ein Finanz⸗ amt kämen rund 63 000 Einwohner, in Preußen 79 0900, auf das eine Finanzamt in Lippe⸗Detmold sämtliche 81 000 Einwohner. In Bayern kämen auf jedes Finanzamt nur rund 34090 Ein⸗ wohner, aber diese bayerischen Finanzämter, aufgebaut auf den früheren Rentämtern, hätten neben den rein steuerlichen Aufgaben eine Reitze anderer Aufgaben mit zu lösen. Die Aenderung der Bezirke sei auch eine Bauaufgabe, denn es müßten Gebäude für die Aemter und die Beamten geschasffen werden. Der Redner setzte dann die Aufgaben der einzelnen Beamtenkateggrien genau auseinander. Das Ziel sei jetzt, daß der einzelne Beamte den

lebens erforderlich Das zeige z. B. die Tatsache, dag wir 497 Millionen Steuerrüc⸗ stände hatten, die natürlich viel Schreiberei erforderten, Tazu komme die Belastung mit den umfangreichen Statistiken, von denen man die einzelnen Aemter zurzeit noch nicht entlasten könne. In den Gruppen bevorzuge man aus praktischer Gründen das Hilfsarbeiterversahren, einer sei Gruppenleiter, ihm müßten sich auch die anderen Beamten, Regierungsräte unterordnen Es kämen noch viel zu viel Sachen an die Zentralinstanz. Das Er— laßgebiet sei freilich eines der unerfreulichsten. Tie Zentrale bemühe sich, ihre Erlasse möglichst einzuschranten. aber man müsse doch dafür sorgen, daß möglichst einheitlich in den ver⸗ schledenen Aemtern gegenüber den Zensiten verfahren werde. Besondere Buchprufer und Betriebsprüfer habe man für die sormale Prüfung der großen Konzernbetriebe, ferner für die Textilbetrlebe, Brauereibetriebe usw. Die kleinen und mittteren Beiriebe müßten aber die regul'ren Beamten an Hand der Praxis felbst prüfen können. Das Steuergeheimnis müsse unter allen Umstanden gewahrt bleiben. Aber bei der beschränkten Zahl der Stellen schwämmen manche Buch⸗ und Betriebsprüser wieder in die Industrie ab Die Verwaltung habe Fortschritte bezüglich der Anstellung der Buchprüfer usw. gemacht. Abg. Schmidt⸗-Stettin (D. Nat.) erläuterte eine Resulution, die von fast allen Parteien unterstützt wum de, die Reichsregierung zu ersuchen, dem Ausschuß eine Nachweisung über die Zahl der Abteilungen, der besonderen Gruppen, der Neferenten, Hilfs⸗ reserenten, Amtmänner in den Büros der Zoll⸗ und Steuer direktionen und der anderen Beamten, getrennt nach Landes⸗

einzelnen Gruppen, und ihre Zahl bei den finanzämtern und den Oberpostdirektionen vorzulegen.

Aog. Dr. Quaatz (D. Nat.) bemerkte, er sehe nicht ein, aus welchem Grunde wir das Gruppensystem bei den Zollamtern noch weiter beibehalten, ebenso stehe es bei den Steuerbehörden. Statt des Gruppenjystems empfehle er das Dezernen iensystenm mit möglichst großer Selbstandigkeit, Eine besondere Buch⸗ und Be⸗ triebsprüfungsstelle erscheine ihm falsch. Die Buch⸗ und Be⸗ triebsprüjung in der jetzigen Ausdehnung halte er für gefährlich. Wie stark ö jetzs die Bedeutung des Laienelements, das früher einen ziemlichen Umfang gehabt habe. Die Finanzgerichtsbarteit liege im argen. Im Namen seiner politischen Freunde bat der Redner, in der Aufhebung der Finanzämter trotz ihrer großen Zahl vorsichtig zu sein. Ueber die Abgrenzung der Landes⸗ flnanzämter und der Finanzämter erbitte er nähere Aust unst. en terialdirektor Ern st. erhob Bedenken gegen das. Der Abg. Dietrich (Dem) fragte, inwieweit die

zernentensystem. r . Landesorganisation mit der Reichsorganisation verkoppelt sei, und wieweit noch beide nebeneinander arbeiteten. Abg. Ste in⸗ kopf (Soz) fragte nach der Einstufung in die Gruppe 1b, der k 9 die seine Freunde nicht wünschten. Ministerialdirettor Zarben verwies den Abg. Dietrich auf eine Uebersicht, die vor einem Jahre überreicht sei und die erforderlichen Angaben ent⸗ halte. Das Gruppensystem könne gewiß im Lause der Jahre vermindert werden, zurzeit sei das nicht möglich, . müsse man wieder mehrere Vezernenten nebeneinander anstellen, und die Folge seien' dann verschiedene Entscheidungen desselben Landes- inanzamtes. Auch mehrere Abteilungsdirektoren nebeneinguder eien aus dem gleichen Grunde nicht zu empfehlen. Eine. Spitze müsse da sein, die übrigen müßten sich unterordnen. Zuviel Ge⸗ schäste könne man nicht in einer Präsidialstelle vereinigen, . ken sie manchmal wieder an die Abteilungen zur nochmaligen Prüfung zurückgehen. Die Abgrenzung der. Landesfinanzämter sei noch nicht idéal, aber sie konne nur gesetzlich geändert werden. Das größte Landesfinanzamt ö Münster mit 5 Millignen. Ein wohnern; Berlin umfasse 4 Millionen, Düsseldorf 3.3 Millionen, Hannover 3,7, Stuttgart 2,7 Millionen, Dresden 2,3 Millionen usw. Das kleinste ö. Oldenburg. Hier eine Aenderung zu schaffen, hänge auch von politischen Gesichtspunkten ab. Tas Laienelement sei in dem Steuerausschuß beim Finanzamt bei der Veranlagung und bei den Oberbewertungsausschüssen vertrgten, übrigens auch beim Reichsfinanzhof. Bei diesem seien 4300 Ver⸗ . anhängig gemacht. In weitgehendem Maße ö. dessen Futscheidungen vom Laienelement beeinflußt. Der Redner ver⸗ teidigte endlich die Exrichtung der Buch⸗ und Betriebsprüfungs⸗ stelle in der Zentralstelle, die gegenwärtig 18 bis 29 Personen umfasse, durch Hinweis auf ihre geschich liche Entwicklung. und auf ihre Erfolge. Kenne man erst die Struktur der Wirt⸗ schaft, eine Kenntnis, die durch die Inflation verloren gegangen sei, dann könne man zu einer Aenderung gelangen. Zurzeit sei man erst im Anfang dieser Erkenntnis. Abg. Stein⸗ kopf (Soz.) kritisierte den vorgetragenen Gruppenaufbau in den oberen Stellen, namentlich bezüglich Gruppe 2p. Vorsitzender Abg. Heimann (Soz) bat, nunmehr diese Erörterung ab⸗ zubrechen, um endlich die Besoldungsvorlage zu Ende zu bringen. Die Resolution Schmidt-⸗Stettin wurde genehmigt. Die Beratung wandte sich den Ueberleitu ngsvermerken in Verbindung mit dem 8 7 zu, der die allgemeinen Vorschriften für den Ueberkritt aus einer Besoldungsgruppe in eine andere enthält, und mit dem 527 der Uebergangsvorschrißften. Bericht⸗ erstatter Abg. Stein kopf (Soz.) legte die Vorschriften dar und bat um Mitteilung der Grundsätze, die diesen Vorschriften zugrunde lägen. Zum 5 22 hat der Redner einen Antrag . den Absatz 1 zu streichen. Ministerialdirektor Dr. Loth holz: Der Vorredner fragte, welche besonderen Grundsätze für die Aus⸗ arbeitung der Ueberleitungsbestimmungen, maßgebend gewesen seien. Für diese Ausarbeitung der Bestimmungen sind nicht abstrakte Grundsätze aufgestellt, sondern es ist Dienstalterstufe mit Dienstalterstufe verglichen und auf Grund dieser Vergleichung die entsprechende Ueberleitung vorgeschlagen worden. Es wurde bereits bei früherer Gelegenheit in diesem Ausschuß darauf hingewiesen, daß die Bestimmung des 3 22 e 1 Satz 3 zu bedenklichen Aus= wirkungen führen kann. Die Reichsregierung hat sich infolgedessen veranlaßt gesehen, diese Bestimmung einer erneuten Nachprüfung zu unterzichen, und sie hat sich dabei davon überzeugt, daß entgegen ihrer ursprünglichen Annahme gewisse Befürchtungen in personal⸗ politischer Hinsicht nicht von der Hand zu weisen sind Die Regie⸗ rung bittet daher, diesen Antrag Steinkopf anzunehmen und da—⸗ darch den 5 22 Abf. J des Entwurfs eines Besoldungsgesetzes in der Fassung der Regierungsvorlage zu streichen. Abg. Stein kopf (oz) zog den genannten Antrag zurück. Abg. Morgth (D. Vp) bat namens seiner politischen Freunde, über diesen Vor⸗ gang die Ansicht des Reichsfinanzministers einzuholen. Dazu er⸗ klärr Ministerialdirektor Lothholz -er habe seine Ausführungen im Namen des Finanzministers gemacht, bitte deshalb, dem Stand⸗ punkt der Regierung zu folgen und den Antrag wieder gufzu⸗ nehmen. Abg. Torgler (Komm) erklärte, daß er grundsätzlich gegen die Regierungsvorlage stimmen werde. Abg. Steinkopf (Soz) erklärte für seine Freunde, daß sie sich der Abstimmung entbalten würden. Abg. Lucke (Wirtschaftl. Vereinig) beantragte grundsätzlich eine Tieserstufung der Beamten allex Zentral- und Reichsnättelbehörden in den Besoldungsgruppen A 1 bis A 4a.

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

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einschließlich des Portos abgegeben.

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Inhalt des amtlichen Teiles: Deutsches eich.

Bekanntmachung über Aenderungen im Bestande der nicht⸗ ständigen Mitglieder des Reichsversicherungsamts. Aufhebung des Verbots eines Bildstreifens. Fil mverbot. Breuszen.

Ernennungen und sonstige Personalveränderungen.

Amtliches. Deutsches Reich. Betanntmachung

über Aenderungen im Bestande der nichtständigen Mitglieder des Reichsversicherungsamts.

Vom 30. November 1927.

Gemäß 5 G in Verbindung mit 8 50 Satz 2, 5 166 Abs. ? Saß 2, 3 der Reichsversicherungsordnung treten für den Rest der gegenwärtig laufenden Wahlzeit als stellvertretende nichtständige Mitglieder des Reichsversicherungsamts ein 1. aus dem Kreise der gewerblichen Versicherten: a) der Güterbodenvorarbeiter Ernst Brückner zu Erfurt, Marstallstraße 16, b) der Gewerkschaftsangestellte Hermann Westphal zu Erfurt, Augustinerstraße 26, ; e) der chir. Instrumentenmacher Ernst Martins zu Tuttlingen, Stockacher Straße 80; 2. aus dem Kieise der landwirtschaftlichen Versicherten: a) der Landarbeiter Hermann Ebel zu Werneuchen, Kreis Oberbarnim, Chausseestraße Ziegelei —, b) der Holzhauer Josef Eckert zu Horbach in Baden. Berlin, den 30. November 1927. Das Reichsversicherungsamt. Schäffer.

Aufhebung des Verbots eines Bildstreifens.

Der lt. Bekanntmachung im Deutschen Reichs⸗ und Preußischen Staatsanzeiger Nr. 271 vom 19. 11. 1927 ver⸗ botene Bildstreisen „Eins und eins drei“ Priüf⸗ nummer 17 249, Antragsteller und Ursprungsfirma: Prometheus⸗ Film⸗-Verleih G m. b. H., Berlin, ist auf Grund des 57 des Neichslichtmpielgesetzes durch Entscheidung der Filmprüßfstelle Berlin vom 18. November 1927 unter Prüfnummer 17327 mit dem Haupttitel „Eins und eins drei“, 6 Akte 2173 m und 9,57 m Lusschnitten zur öffentlichen Vorführung im Deutschen Reiche, jedoch nicht vor Jugendlichen, zugelassen worden.

Berlin, den 1. Dezember 1927.

Der Leiter der Filmprüfstelle Berlin. Mildner.

F inbwerl n

Die öffenlliche Vorführung des Bildstreifens: „Eine kleine Freundin braucht ein jeder Mann“, h Atte, 2155 m, Antragsteller und Ursprungsfirma; Paul Heidemann— Produttion G. m. b. H. Berlin, ist am 28. November 192. unter Prüfnummer 17431 erneut verboten worden (vergl. Reichsanzeiger Nr. 274 vom 23. 11. 1927). Berlin, den 1. Dezember 1927. Der Leiter der Filmprüfstelle. Mildner.

Preuszen.

Ministerium des Innern.

Das Preußische Staatsministerium hat den Schriftleiter Wilhelm Elfes aus München⸗Gladbach zum Polizeipräsidenten in Krefeld ernannt.

für Laudwirtschaft, Domänen

und Forsten.

Die Forstrentmeisterstelle für die Oberförsterelen

lagdebhurgerforth und Schweinit mit dem Amtesitz in

Loburg ist zum 1. Februar 1928 zu besetzen. Bewerbungen müssen bis zum 20. Dezember 1927 eingehen.

Ministerium

Nichtamtliches.

Dentscher Reichstag. 348. Sitzung vom 1. Dezember 197. Nachtrag.

Die Rede, die der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns in Beantwortung der sozialdemokratischen Interpellation über die Wirtschaftspolitik der Reichsregierung gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm folgendermaßen:

Meine Damen und Herren! Der Herr Reichswirtschafts⸗ minister hat den ersten und, wir mir scheint, den wichtigsten Teil der Interpellation Müller (Franken) beantwortet. Der zweite Teil der Interpellation befaßt sich mit Fragen der Lohnpolitik, der sozialen Renten und mit den für die Fürsorge maßgebenden Bestimmungen. Der Nachdruck liegt dabei, wie ich glaube, auf der Lohnpolitik. Die aufsteigende Konjunktur des letzten Jahres hat bekanntlich eine beachtliche Steigerung der Löhne im Gefolge gehabt. Ich betone ausdrücklich diesen Zusammenhang der Lohn— steigerung mit der Konjunktur; denn jede behördliche Einwirkung auf die Lohngestaltung ist ihrer Natur nach begrenzt, und zwar begrenzter, als manch einer annimmt. Sie muß es um so mehr sein, als in erster Linie die Parteien selbst die Aufgabe haben, sich über Lohn⸗ und Arbeitsbestimmungen und ihre Durchführung zu verständigen. Die behördlichen Stellen können eine solche Ver⸗— ständigung anbahnen. Sie können sie fördern, können im Rahmen dieser Möglichteiten gewisse Härten beseitigen, aber die Lohn⸗— entwicklung maßgebend zu bestimmen, das liegt nicht in ihrer Macht. Daher besteht auch der Einfluß des Reichsarbeits⸗ ministeriums auf diesem Gebiete im wesentlichen in einer Ver⸗ mittlungstätigkeit bei freien Verhandlungen. Verbindlichkeits⸗ erklärungen bilden nicht die Regel und sollen es nicht tun. Unter normalen Verhältnissen sollen sie auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Im übrigen ist das Reichsarbeitsministerium bei der Verbindlichkeitserklärung an den gegebenen Inhalt der Schieds— sprüche gebunden. Es muß sich auf ein Ja oder Nein beschränken. Irgendwelche Aenderungen an den Schiedssprüchen vorzunehmen, liegt bekanntlich nicht in seiner Macht.

Meine Damen und Herren, die amtlichen Schlichtungs— behörden, und zwar sämtliche bis hinauf zum Reichsarbeits⸗ ministerium selber, haben sich bei ihrer Tätigkeit stets von dem Bestreben leiten lassen, bei Neuabschlüssen von Tarifverträgen Löhne und Gehälter im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen zu heben. An diesem unserem Standpunkte wird sich auch in Zu⸗ kunft nichts ändern. Den Beweis dafür liefert meines Erachtens auch die Entwicklung des letzten Jahres. Das Tariflohnniveau ist nach den Berechnungen des Statistischen Reichsamtes, die einen gewogenen Durchschnitt der Löhne der wichtigsten Gewerbezweige darstellen, vom Januar 1927 bis November 1927 um rund 7 v5 gestiegen. Die Indexziffer hat sich in der gleichen Zeit um ungefähr 4 vH gehoben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß erfah⸗ rungsgemäß in Zeiten günstiger Konjunktur die wirklichen Ver— dienste im allgemeinen stärker anzusteigen pflegen als die tariflich vereinbarten Lohnsätze. Man darf also feststellen, daß das Niveau des Reallohnes der deutschen Arbeiterschaft, im Durchschnitt und im allgemeinen gesehen von Ausnahmen darf ich hier ab⸗ sehen —, sich ebenfalls gebessert hat. Ich bin mir bewußt, daß diese Entwicklung nicht allen Arbeitern zum Bewußtsein kommt, weil sehr viele von ihnen an den Folgen der Krisis vom Jahre 1926 heute noch schwer zu tragen haben. Es ist aber für die deutsche Wirtschaft in ihrer gegenwärtigen Lage unmöglich, in kurzer Frist alle Schäden der Vergangenheit wettzumachen. Wenn das be⸗ züglich der Löhne gilt, so muß selbstverständlich dieser Satz auch Geltung haben bezüglich der Unternehmergewinne und der Kapitalansammlung.

Meine Damen und Herren, damit komme ich auch zu der Frage der Einwirkung der Rationalisierung der Betriebe auf die Löhne. Die Reichsregierung und insbesondere auch das Reichs⸗ arbeitsministerium haben stets mit Entschiedenheit den Stand⸗ punkt vertreten, daß die Rationalisierung auch der Arbeiterschaft zugute kommen müsse, sei es durch Steigerung der Nominallöhne, sei es durch Senkung der Preise, die einer Steigerung des Real⸗ einkommens gleichkommt. Ueber die Frage, ob diese Beteiligung der Arbeiter an dem Ergebnis der Rationalisterung in den ab⸗ gelaufenen Monaten eine hinreichende gewesen ist, gehen natürlich die Auffassungen auseinander. Im Einzelfalle zu entscheiden, wer Recht hat, ist dabei außerordentlich schwierig, wenn nicht un⸗ möglich. Möglichkeit und Ausmaß der Lohnverbesserung auf Grund eines Rationalisierungsprozesses hängen eben von einer

ganzen Reihe von Faktoren ab, so insbesondere von der Kosten⸗ deckung der Rationalisierung. Auch die Produktionssteigerung ist nicht allein maßgebend, sondern vas auf Grund der Markt⸗ und Preislage im In⸗ und Ausland erzielte kaufmännische Ergebnis.

Meine Damen und Herren, die Sozialrenten haben in der letzten Zeit ebenfalls eine teilweise ganz beträchtliche Steige⸗ rung erfahren. Die Erhöhungen waren so groß, daß die Beitrags⸗ kraft der Versicherten sowohl wie der Unternehmer und auch die Leistungsfähigkeit des Reiches auf diesem Gebiete äußerst an⸗ gespannt sind. Selbst wenn man aus guten Gründen in diesem Zusammenhang von allen Einrichtungen der sozialen Fürsorge und ihren Kosten absieht, so muß man doch das Ergebnis fest— stellen, daß das Gesamtaufkommen an Beiträgen und Zuschüssen in der Sozialversicherung in diesem Jahre 3,5 Milliarden gegen annähernd 1,4 Milliarden im Jahre 1913 erreicht hat. Der Reichszuschuß ist gegenüber der Vorkriegszeit von 59 Millionen auf 302 Millionen angestiegen. Dabei wird aus diesen Beiträgen, abgesehen von der Angestelltenversicherung, nicht etwa, wie es vor dem Kriege der Fall war, ein Vermögen angesammelt wir sind vom Kapitaldeckungsverfahren bekanntlich abgegangen —, sondern diese höheren Beiträge sind erforderlich, um allein die laufenden Kosten zu decken. Seit der Festigung der Währung ist fast jedes Jahr ein Gesetz erlassen worden, das uns eine Er⸗— höhung der Renten in der Invalidenversicherung gebracht hat. Die monatliche Invalidenrente ist von 13 Mark im ersten Halb- jahr 1924 auf durchschnitilich 30 bis 35 Mark gehoben worden. Der tatsächliche Gesamtdurchschnitt betrug in der Vorkriegszeit rund 16 Mark, für die gewerblichen Arbeiter betrug er 19 bis 20 Mark. Auch die Bezüge der Angestellten sind seitdem wesent⸗ lich gehoben worden; desgleichen die knappschaftlichen Leistungen durch das bekannte Gesetz vom Sommer 1926. Auch nach der Ansicht der Versicherten selber haben die Beiträge in der Knapp— schaftsversicherung eine Höhe erreicht, die nicht mehr übersteigert werden kann. (Hört, hört! rechts) Gewisse Anträge auf Be⸗ freiung von den Knappschaftsverpflichtungen von seiten einzelner Industrien, speziell der Steinindustrie, haben ihren Hauptgrund in den hohen Beiträgen der Knappschaftsversicherung. Auch die Bergbauangestellten wenden sich gegen die Höhe der gegenwärtigen Versicherungsbeiträge. An⸗ gesichts dieser Tatsachen sind uns hier selbstoerständlich gewisse Grenzen in der Weiterentwicklung gezogen. Es darf auch nicht übersehen werden, daß trotz des äußeren Abschlusses der Sozialversicherung infolge des neuerdings noch durchzuführenden Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung doch noch gewisse Reformen auf dem Versicherungsgebiete unerläßlich und dringend sind, so die Verabschiedung des Gesetzentwurfs über die Kranken versicherung der Seeleute, der dem Reichstag zurzeit vorliegt. Aus Anlaß der Genfer Internationalen Uebereinkommen vom Jahre 1925 berät der Sozialpolitische Ausschuß ferner über Reformen der Unfallversicherung, die ohnedies im Rahmen unserer eigenen Bestrebungen gelegen haben.

Der Vollständigkeit halber sei auch das eine in diesem Zu⸗ sammenhang noch hervorgehoben: Die Umbildung der Arbeits- losenfürsorge in eine Arbeitslosenversicherung wird den Arbeits- losen für Zeiten der Erwerbslosigkeit eine Unterstützung sichern, die, im Durchschnitt gesehen, in einem günstigeren Verhältnis zu den Löhnen liegt, als das bei der Fürsorge der Fall gewesen war.

Auf die Bezüge der Fürsorgeempfänger steht der Reichs- regierung nur ein beschränkter Einfluß zu, da die Durchführung der öffentlichen Fürsorge Sache der Länder und Gemeinden ist und auch wohl sein muß. Was die Reichsregierung zur Anpassung der Bezüge der Fürsorgeberechtigten an die Preisverhältnisse tun konnte, hat sie getan. Abgesehen von verschiedenen anderen Maß nahmen zugunsten derjenigen, die in gehobener Fürsorge stehen, hat sie insbesondere durch Erlaß vom 2. September 1927 an die zuständigen Ministerien der Länder darauf hingewiesen, daß die Mietsteigerungen des laufenden Jahres durch rechtzeitige Maß- nahmen der Bezirksfürsorgeverbände den Hilfsbedürftigen trag⸗— bar gemacht werden müssen. Wo Klagen hervorgetreten sind, sind wir immer mit den betreffenden Landesregierungen in Ver⸗ bindung getreten.

Hinsichtlich der Frage der Fürsorge für die Kleinrentner darf ich mich auf das beziehen, was ich vor einigen Tagen im Sozial⸗ politischen Ausschuß erklärt habe. Was ich damals an augenblick⸗ lichen Maßnahmen versprach, ist seitens des Arbeitsministeriums bereits in die Wege geleitet worden.

Die Bezüge der Kriegsbeschädigten und Hinterbltebenen sollen durch ein neues Gesetz verbessert werden, das zurzeit im