Neichs und Staatsanzeiger Nr. 78 vom 31. März 1828. S. 2.
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als Beweis für die Richtigkeit der Kritik stellen können. Das hat er nicht nur vermocht, sondern er wird zugestehen müssen, daß seine Partei im Reich, in Preußen war sie nach dem Zusammen⸗ bruch zum Glück noch nicht an der Regierung, sich als regierungs⸗ unfähig erwiesen hat, so sehr, daß sie offenbar heute schon die Ueberzeugung hat, im nächsten Reichstag nicht mehr in die Regierung hineinzukommen (Zuruf rechts) — auch offenbar Ihrer Meinung nach ist die Enttäuschung bei Ihren bisherigen Koalitlonsfreunden im Reich so groß, daß Sie nicht damit rechnen, daß mit Ihnen im Reich eine Regierung gebildet werden wird. (Zurufe rechts: Woher wissen Sie das?) — Das weiß ich von dem Leitartikler der Kreuzzeitung. (gurufe rechts) — Wenn Sie meinen, daß Ihre eigenen Wortführer für Sie nichts be⸗ weisen, so möchte ich doch für mich folgende Ausführungen geltend machen, die sich in der Kreuzzeitung vom 10. 3. 1928 finden: Auch sollte man bedenken, daß aller menschlichen Voraussicht nach die Deutschnationalen, nachdem die letzte staatsbürgerliche Koalition im Reiche ein so wenig erfreuliches Ende genommen hat, für die künftige Zeit auf eine klare Oppositionsstellung an= gewiesen sein werden. Selbst wenn sich keine wesentliche Ver⸗ änderung in den Stärkeverhältnissen der Parteien ergibt, so ist doch die Aussicht sehr gering, daß sich eine staatsbürgerliche Koalition wieder zusammenfügen läßt. Die Deutschnationalen werden also Gelegenheit haben, wie in den ersten Revolutions⸗ jahren, mit denen die jetzige politische Periode starke Aehnlich⸗ keit hat, sich wieder als Oppositionspartei sans phrase zu stabilisieren. Zuruf rechts: Was beweist das für Sie?) — Das beweist für mich, daß weiten Kreisen des deutschen Volkes, die demnächst auch über die künftige Politik mit zu entscheiden haben, die Ueber⸗ zeugung beigebracht ist, daß Sie als regierungsfähig nicht mehr in Frage kommen. (Sehr richtig! links.)
Angesichts dieser Tatsache ist es von Ihrem Standpunkt zwar verständlich, aber doch politisch etwas sehr durchsichtig, wenn Herr Kollege Schlange⸗Schöningen auch in seiner vorgestrigen Rede hier wieder alle Schuld für das Versagen Ihrer Politik drüben jm Reiche auf die preußische Staatsregierung abwälzen möchte. Dabei sind alle die Fragen, die im Augenblick in der Oeffentlich⸗ keit zur Entscheidung stehen, Angelegenheiten, über die das Reich zu entscheiden hat. Sie sind in der Reichsregierung doch sehr stark vertreten, und es hat Sie niemand gehindert, das zu tun, was Sie für richtig gehalten haben, so daß man sich wirklich wundern muß, warum Sie nun auch noch trotz der Regierungs⸗ tätigkeit Ihrer eigenen Freunde reichlich zu klagen Anlaß haben. (Abg. Steuer: Sie werfen doch der Reichsregierung dauernd Knüppel zwischen die Beine) — Das hat Herr Kollege Schlange⸗ Schöningen auch behauptet. Aber auf meine Frage, die ich neulich hier im Parlament angesichts dieser Behauptung mir schon einmal zu stellen erlaubte, welche Tatsachen Sie anführen können, in welcher Weise der Reichsregierung die sogenannten Knüppel zwischen die Beine geworfen worden sind, haben Sie nicht eine einzige Tatsache angeben können. (Rufe rechts: Reichs⸗ rat — Im Reichsrat nimmt die preußische Staatsregierung, die dort nur die Hälfte der Stimmen hat, die sie haben müßte, den Standpunkt wahr, der gemäß der Koalition hier in Preußen wahrgenommen werden muß. (Zuruf rechts: Dann sind Sie doch für den Reichsrat mit verantwortlich! — Nein, Herr Kollege, das ist nicht wahr! Die preußische Staatsregierung ist im Reichsrat wiederholt unterlegen. Aber wenn sie nicht unter⸗ legen ist, sondern in einzelnen Fällen im Reichsrat die Mehrheit hatte, so beweist das nur, daß sie nicht lediglich auf einem preußischen Standpunkt steht, sondern daß auch die übrigen Länder im Reichsrat mit Preußen der gleichen Meinung waren. Im übrigen können Sie doch wahrhaftig nicht annehmen, daß, nachdem Sie wieder einmal in die Reichsregierung eingezogen waren, es nun ausgerechnet Aufgabe des Preußischen Staats⸗ ministeriums ist, Ihre Politik zu machen. Wir werden, wie bisher, auch in Zukunft unsere eigene Politik machen und das tun, was wir für richtig halten. Sie, meine Damen und Herren von der Rechten, sind also angesichts Ihrer „Erfolge“ drüben im Reiche die allerletzten, die ein moralisches Recht haben, die preußische Staatsregierung so zu kritisieren, wie Sie das immer inn, und wie es neulich auch Herr Kollege Schlange⸗Schöningen in seiner Rede hier getan hat.
Meine Herren, Sie werden aber auch bei einer Politik, wie Sie fie bisher getrieben haben, niemals bei den republikanischen Parteien koalitions⸗ und regierungsfähig werden. In der Politik ist eine klare Linie und eine ehrliche offene Ueberzeugung die erste Boraussetzung. Es liegt doch eine erhebliche politische Doppelzüngigkeit in dem Verhalten, das die Deutschnationalen im Reiche in ihrer Politik gezeigt haben. Man kann nicht republi⸗ kanisch⸗demokratisch versprechen und nachher reaktionär und monarchistisch handeln, und wenn man das, wie Sie es getan haben, versuchen will, so ist eben die Folge die Auflösung der Koalition mit den anderen. (Zgurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei) — Ich bemerke das ja nicht, um es Ihnen zu
sagen, meine Herren; da ist ja Hopfen und Malz verloren. Nein, ich sage das in bezug auf Sie, indem ich es zugleich den Herren von der Deutschen Volkspartei sagen möchte. Es geht nicht, eine Stellung z. B. in der Flaggenfrage einzunehmen, wie Sie es bisher getan haben, und damit zu zeigen, daß Sie doch nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, und nachher sich wieder als regierungsfähig betrachten zu lassen. Wer mit republikanischen Parteien zusammen eine Koalition bilden will, kann das auf die Dauer nur, wenn er sich selbst zum republikanischen Standpunkt durchgerungen hat. (Zurufe bei der Deutschnationalen Volks⸗ partei; Wenn man auf dem Boden der Verfassung steht! — Was sagt denn die Verfassung? Sie müssen, meine Herren von der Voltspartei, sich mit der Tatsache abfinden, daß jedenfalls die Sozialdemokratische Partei auf dem Standpunkt steht: in der Republit dürfen nur die Republikaner regieren und nicht die Monarchisten. (Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei: Verfassung! — Verfassungsbrecher! — Die Republik kann doch in edem Augenblick geändert werden!) Der Redner der Deutschnationalen Volkspartei hat auch vieder die alte Behauptung aufgestellt, daß durch die Be⸗ mtenpolitik der preußischen Staatsregierung das ganze zeamtentum zerstört würde (sehr richtig! bei der Deutsch⸗
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seitern wieder einen Seitenhieb versetzen zu können. Ich will nicht näher darauf eingehen; die Frage ist hier wiederholt sehr eingehend erörtert worden. Aber ich habe das Gefühl, meine Herren, als ob diese Kritik von Ihnen doch nicht so ganz ehrlich und aufrichtig gemeint sei und nur zu politischen Zwecken immer wieder hervorgeholt wird. Vor mir liegt der Bericht über eine Kreistagsitzung im Kreise Sensburg in Ostpreußen vom 10. Juni 1927. Anlaß der Kreistagsitzung war die Verab⸗ schiedung des damaligen Landrats, eines Außenseiters, meines Freundes Seemann. Der Vertreter des Landrats, der deutsch— nationale Landespräsident Dr. Stepntat-Bokellen, hatte Ver⸗ anlassung genommen, Herrn Seemann, dem scheidenden Landrat, in sachlichen ruhigen, sehr netten Worten zu bescheinigen, daß er, obwohl Außenseiter und Gegner, die Voraussetzungen für ein gutes Zusammenarbeiten mit der deutschnationalen Kreistags⸗ fraktion geboten und sonst sein Amt vorzüglich geführt hat. Das erwähne ich nicht allein; denn solche Beweise zugunsten von Außenseitern gibt es massenhaft. Nein, dieser Landespräsident Dr. Steputat⸗Bokellen sagt zum Schluß seiner Ausführungen noch folgendes — deswegen lese ich es Ihnen vor —: Es ist uns eine Ehrenpflicht, diese Feststellung — nämlich das Lob des Landrats Seemann — gerade in einer Zeit zu machen, in der jeder Rechtspolitiker für vogelfrei erklärt wird, der einem politischen Gegner sach⸗ lich gerecht zu werden versucht, um fruchtbare Arbeit im Inter⸗ esse der Heimat und des Vaterlandes zu leisten. (Hört, hört! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Wenn Sie in dieser Weise Ihre Leute, wie es ja übrigens bei Ihnen Tradition ist, unter Druck setzen, dann muß es sehr schlimm sein, wenn hier ein Mann sich bewogen fühlt, das öffentlich festzustellen. Das zeigt aber auch, daß Sie innerlich über sehr viele der von der republikanischen preußischen Staatsregierung berufenen Außen⸗ seiter ganz anders denken, infolge ihrer sachlichen Tüchtigkeit auch ganz anders denken müssen, als Sie vorgeben. Ihre ganze Kritik zeigt doch nur, wie sehr Sie noch an dem alten politischen System hängen, das ja längst nicht mehr in diese Zeit paßt und überholt ist. Gewiß, Sie haben unendlich viel ver⸗ loren, in Preußen mehr als im Reich; Ihre Vorherrschaft im Staat und im Staatsapparat ist ja seit der Umwälzung endgültig dahin, Sie waren früher alles, und heute sind Sie nicht mehr als jeder andere Staatsbürger. Kein Standes⸗ und Kastenvorrecht hilft Ihnen mehr draußen im Lande, wenn Sie sich nicht durch eigner Hände Arbeit emporarbeiten können. Es ist ja noch gar nicht solange her, daß in junkerlichem Uebermut einer Ihrer Führer, Herr Oldenburg von Januschau in der Vorkriegszeit in bezug auf die Stimmen des Volkes und ihre Bedeutung gesagt hat: vox populi vox Rindvieh. Heute — das ist das Peinliche an Ihrer Situation — müssen Sie unter der Herrschaft des all⸗ gemeinen Wahlrechts um diese Stimmen des Volkes sich be⸗ mühen und betteln. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volks⸗ partei: Das war damals auch soh — Wirklich? Hier im Land⸗ tag? Nein, sehr geehrter Herr Kollege, das öffentliche Dreiklassen⸗ wahlrecht, bei dem Sie die Gewalt hatten, weil bei den Ländern die Verwaltungsmacht und die öffentliche Staatsmacht sitzt, das bestand damals und das ist heute dahin. Heute können Sie keinen Gutsarbeiter mehr zur Wahl kommandieren und können Sie die Arbeiter auch nicht mehr kontrollieren, wie sie wählen. Sie haben tatsächlich unendlich viel verloren; aber Sie sollten Ihrem Aerger, Herr Kollege Semmler, nicht in allzu naiver Form Luft machen, wie Sie es heute tun. (Sehr gut! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Sie sagen, die preußische Regierung habe keine Taten auf⸗ zuweisen. Wenn Sie das angesichts des Rechenschaftsberichts, den der Herr Ministerpräsident durch den Mund meines Herrn Kollegen Hirtsiefer hier erstattet hat, immer noch behaupten wollten — was Sie übrigens schon vorher hätten wissen können —, dann wäre das, muß ich sagen, der Gipfel der Demagogie. An⸗ gesichts dieser Tatsachen, für deren weiteste Verbreitung gesorgt werden wird, und zwar vor allem in den Bezirken, in denen Sie noch dominieren, ist Ihre Kritik letzten Endes außerordentlich kleinlich. Sie ist aber nicht nur kleinlich, sie ist auch unehrlich, weil Sie wissen müssen, daß infolge des Versailler Vertrages die Möglichkeiten, überhaupt etwas zu schaffen, äußerst beschränkt sind. Sie müssen wissen, daß die Summe des Notetats der Vor⸗ kriegszeit heute für außenpolitische Zwecke zwangsweise auf⸗ gewendet werden muß. Trotzdem find so hohe Summen, wie Sie es in dem Rechenschaftsbericht gehört haben, für den Wieder⸗ aufbau in Preußen aufgewendet worden. Meine Herren, das ist eine grandiose Leistung. Diese Summen sind auch nicht zum wenigsten für die Bedürfnisse der Kreise, die zu vertreten Sie vorgeben, nämlich für die Landwirtschaft aufgewandt worden. Herr Kollege Schlange⸗Schöningen hat in seiner Rede be⸗ hauptet, die preußische Staatsregierung, die Weimarer Koalition habe nichts für seine östliche Heimat getan. (Sehr richtig! bei der Deutschnationalen Volkspartei) Ja, meine Damen und Herren, was hat denn das alte Preußen für Ihre östliche Heimat getan? Was das neue Preußen tut, das ist zum großen Teil ein Nach⸗ holen dessen, was Sie früher versäumt haben. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Bereisen Sie doch die Gegenden so systematisch, wie ich sie im Laufe des letzten Jahres bereist habe, und Sie werden mit Erschütterung sehen, wieviel das alte Preußen versäumt hat, obwohl es finanziell viel mehr hätte aufwenden können, als heute geleistet werden kann. Auf dem Gebiete des Wohnungswesens, der Landarbeiterwohnungen, der Schulen, der sozialen Fürsorge ist kaum etwas getan worden. Heute hat das neue Preußen die Verpflichtungen zu übernehmen — und über⸗ nimmt sie gern — das nachzuholen und noch viel mehr zu tun, als bisher geschehen ist. (Zurufe.) — Wollen Sie das bestreiten? Aus den Zahlen, die der Herr Kollege Dr. Hirtsiefer vorgetragen hat, geht hervor, daß auf gewissen Gebieten das Dreifache dessen für die Landwirtschaft aufgewendet worden ist, als vor dem Kriege aufgewendet worden war. (Zurufe bei der Deutsch⸗ nationalen Volkspartei) Diese Mittel, die wir dafür aufgewendet haben, stammen aus den Kreisen der Republikaner, die die Land⸗ wirtschaft haßt; denn die Landwirtschaft zahlt ja weniger, als sie an Aufwendungen zurückerhält. (Große Unruhe.) Aber selbst wenn die preußssche Staatsregierung auf solche
bemüht haben.
als Ganzes erhalten ist und Ruhe und Ordnung aufrechterhalten
worden sind, aufrechterhalten worden ist gegen Ihre Anhänger (nach rechts), die dauernd die Ruhe und Ordnung zu stören sich Hören Sie doch einmal, was ein prominentes Blatt des Westens der Deutschen Volkspartei, nämlich die „Kölnische Zeitung“, im Anschluß an den Limbourg⸗Prozeß in ihrer Nummer vom 29. 1. 1928 unter der Ueberschrift Umschan und Ausschau, Rheinland, Preußen, Reich“ schreibt: . Wieder einmal hat die Entwicklung bewiesen, wie unendlich viel die Rheinlande Preußen verdanken. Vornehmlich sollten sich das alle die merken, die je nach Geschmack und Richtung über den Geist von Potsdam, Berliner Tyrannei oder eine marxistische Preußenpolitik zetern. Es ist nicht daran zu rütteln, daß Preußen auch nach dem Umsturz seine geschichtliche Aufgabe, Rückgrat des Deutschen Reichs zu sein, unabhängig von seinen jeweiligen Regierungen in vorbildlicher Weise er⸗ füllt hat. Was wäre denn im Jahre 1923 aus dem Westen ohne die starke Klantmer Preußens geworden? Damals brannte es in Sachsen und Thüringen; Bayern leistete sich seinen Bürgerbräuputsch und träumte von einem Marsch nach Berlin. Als ein einsamer Block stand Preußen da, umwittert von seinen magnetischen Strömen, letztes Aufgebot, letzte doffnung Deutschlands in der Brandung des Zeitgeschehens. Vor dem Sturz ins Bodenlose hat Preußen, und nur Preußen allein, die Rheinlande bewahrt; mehr noch, es hat auch Deutschland gerettet. Das schreibt in richtiger Erkenntnis der Situation, der Bedeutung der stabilen politischen Verhältmisse in Deutschland ein Blatt der Deutschen Volkspartei. (Z3urufe rechts) — Herr Kollege, ich wünschte den Herren nur, Sie wären hier auch so. Ich lann Sie nicht hindern zu sagen, was Sie sagen wollen. Herr Kollege Schlange⸗Schöningen hat dann in bezug anf öffentliche Ruhe und Ordnung gesagt: Ich muß Ihnen den Vorwurf machen, daß Sie es verhindert haben, daß das Volt zur Ruhe und zur Sammlung gekommen ist. Wenn Herr Kollege Schlange⸗Schöningen hier der preußischen Regierung vorwirft, daß sie es verhindert habe, daß das Voll zur Ruhe und Sammlung gekommen ist, so ist das eine so grobe Entstellung der klar vor aller Augen liegenden Tatsachen, daß ũsie sich eigentlich von selber richtet. War es in Preußen oder in Bayern, wo es in det Inflation je zum Hitlerputsch gekommen ist, waren das Kreise, die der preußischen Regierung nahe standen? Tragen solche Kreise nicht die Verantwortung für den Kapp-⸗Putsch, der im Jahre 199 Volk und Wirtschaft bis hart an den Rand des Abgrundes gebracht hat? Und wenn der Herr Abg. Schlange⸗Schöningen im späteren Teil feiner Rede noch die Wehrverbände begrüßte, dann kann man nur immer wieder vor aller Oeffentlichkeit betonen, daß es gerade diese Wehrverbände und die ihnen nahestehenden Gruppen und Grüppchen sind, die das Moment der Gewalttat und der Be— seitigung der Weimarer Verfassung in den innerpolitischen Kampf hineingebracht haben. (Zuruf bei der Deutschnationalen Vollt—⸗ partei) — Meine Herren, das können Sie doch nicht bestreiten! Wenn die innerpolitische Konsolidierung gehemmt worden ist, bevor sie den heutigen Stand erreichte, so vor allem durch die Verbände, Vereinigungen und Organisationen, deren mehr oder weniger unverhülltes Ziel die Beseitigung der Verfassung und die Errichtung der Diktatur war. Es ist ein Verdienst gerade meines Ressorts, des preußischen Ministeriums des Innern und der Polizei, daß alle Pläne, die auf Aehnliches abzielten, rechtzeitig aufgedeckt und die Organisationen in ihrer unteyirdischen Arbeit gestört worden sind. Der Staatsgerichtshof zum Schutz der Republik hat in seiner Verhandlung vom 21. bis 29. April vorigen Jahres die Frage, ob z. B. der „Wikingbund“ bestrebt war, die verfassungsmäßig festgelegte Staatsform des Reiches und der Länder zu untergraben, bejaht. Ja, wollen Sie sagen, daß einn derartiges Tun etwa die Ruhe und Ordnung fördert und daß bei einem solchen Tun die Wirtschaft, die Sie, meine Herren von der Volkspartei, in der Hauptsache ja mit vertreten, in ruhiger Arbeit aufbauen kann? Gerade dadurch, daß dieses Treiben der Ver⸗ bände in Preußen nicht das Ausmaß annehmen konnte wie bei⸗ spielsweise in Bayern und auch anderwärts, gerade dadurch hut sich die preußische Staatsregierung große Verdienste erworben, gerade dadurch ist Ruhe und Ordnung gesichert, und gerade da⸗ durch ist der Wiederaufbau der Wirtschaft möglich gewesen. (Gehe wahr! bei der Sozialdemokratischen Partei) Es kann also gat keinem Zweifel unterliegen, auf welcher Seite die Schuld liegt daß das deutsche Volk erst allmählich zur inneren Ruhe helanzt ist. Herrn Schlange⸗Schöningen und seiner Freunde Verdienst il es wahrlich nicht. Sehr richtig) Es ist nicht Ihr Verdienff daß in Preußen seit Jahren Ruhe und Ordnung herrschen um daß sich die Autorität des Staates nach dem Zusammenbruh 6 stark gefestigt hat — allerdings nicht in Ihrem Sinne, sondern im republikanisch⸗demokratischen Sinn. (Zuruf bei der Dentsh⸗ nationalen Volkspartei) — Ja, meine Herren, in der Verfassung ist der republilanische Staat festgelegt, und wenn Sie dagegen mit Gewalt angehen wollen, so stören Sie damit die Ruhe in Ordnung. (Erneute Zurufe bei der Deutschnationalen Volll⸗ partei) — Ich will im einzelnen keine Beispiele anführen. Dit Parteien der heutigen preußischen Staatsregierung haben uc dem Zusammenbruch ja kein beneidenswertes Er e von Ihnen übernommen. Es ist trotzdem gelungen, aus den dame Trümmerhaufen Staat und Staatsgefüge zu erhalten, nicht in letzt dank der wahren vaterländischen Selbstverleugnung der . Masse der werktätigen Bevölterung, die häufig genug ihre in. Interessen zurückstellte, um des Ganzen, um des gen,, willen. Und es ist wieder Demagogie, der heutigen Regen die Schäden und Lasten zum Vorwurf zu machen, die 4 der Politik der Vorkriegszeit und der Kriegszeit ihre y. haben. (Sehr richtig! bei der Soʒialdemokratischen Partei) denn Sie von der Rechten bzw. der hinter Ihnen stehende . des jetzt draußen im Lande mit der Not der Bevölkerung treibe 3 ist, gelinde gesagt, ein Verbrechen an Staat und an der . bevölkerung. (Sehr richtig! bei der Soʒialdemolratischen n
Die Verständigen aber, die sich in ihrer Sympathie , tatkräftigen Wollen für die Landwirtschaft von Ihnen mug nicht überbieten lassen, die auch durchaus nicht der Staatsregng sympathisch gegenüberstehen, rücken längst von ; Kreisen ab. (Sehr wahr! bei der Sozialdemotr ai n
Ihnen und le .
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Taten nicht hinweisen könnte, dann hätte sie allein schon ungeheuer⸗
ationalen Volksparteih, und hat dann geglaubt, den Außen⸗
liches dadurch geleistet, daß der Staat durch die stabile Regierung
Lachen rechts) Es ist gerade in dem Bericht, den dert
Lin wirken. Das gilt für alle Staatsbürger, selbstverständlich auch
Kullspartei)
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srtfiefer Ihnen hier im Namen des Ministerpräsidente
e n gebracht hat, festgestellt — ich . 9. Eiaatsregierung bestreitet ja nicht, daß viele landwirisc ꝛstuhe Betrieb notleidend sind, aber sie wendet sich auf das uu ge. ö gegen die ganz unmögliche Behauptung von dem an . Bankerott der gesamten Landwirtschaft. Ich halte eine n ; i emeine Behauptung aber auch keineswegs für im . . kandwirtschaft selbst liegend; denn es ist doch klar ban ö * pon Ihnen bei den Geldgebern ein erhebliches ,,, 36. die Kreditfähigteit der einzelnen Betriebe gesät wird sseh . hei der Sozialdemokratischen Partei)h, und daß dadurch H. . ö die Sie vertreten wollen, in erster Linie geschädigt ö ö sache ist jedenfalls, daß Hunderttausende von luubwir cha tlih ᷣ Betrieben heute noch vollständig existenzfähig sind, und die ga n regierung tut, wie sie es in den letzten Jahren schon getan ; n alles Erdenlliche, was im Rahmen ihrer finanziellen und 9 e paltungsmäßigen Möglichkeit liegt, um dem ganzen Volk , gesunde Landwirtschaft zu erhalten. ö ö
Von rechtsgerichteten Kreisen in der Presse ier i
nir der Vorwurf gemacht worden, daß . 9. ö 9. . vom 21. Februar d. J. die ,, ufgefordert habe, beschleunigt Bericht zu erstatten 16. gage, Stimmung und Haltung der landwirt- schaftlichen Bevölkerung sowie darüber, wie die in den letzten Wochen vielfach zu Tage getretene Mißstimmun und Unruhe in den betreffenden Kreisen beurteilt worden ist h .
cchte es als eine selbstverständliche Pflicht der Regierun seih. zeitig Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern daß ud zen. liche Ruhe und Ordnung wirklich gestört wird. Ich würde . zflicht versäumt haben, wenn ich hier nicht vorbeugend geen l hätte. Ich wundere mich übrigens, meine Damen und Herren pon rechts, außerordentlich darüber, daß gerade Sie dem Inne ministerium diesen Vorwurf machen. Sie selbst sind es doch ö nicht laut genug nach der Polizei und dem Staatsanwalt rufen innen, wenn andere Kreise der Bevölkerung zur Wahrnehmun
shrer Interessen von ihrem Koalitions⸗ Versammlungs⸗ 91 Demonstrationsrecht Gebrauch machen. (Sehr wahr! bei der Eozialdemokratischen Partei) Ich habe gegenüber einem solchen Verlangen von Ihnen ein Eingreifen immer abgelehnt und das Recht jedes Staatsbürgers betont, im Rahmen der Gesetze seine Forderungen in ruhiger, friedlicher Weise zu vertreten und dafür
sir die bäuerliche Bevölkerung. Gegen diejenigen aber, welche sir Gewalt aufreizen oder eine ungesetzliche Handlung begehen wird entschieden eingeschritten werden. Ich werde überall da wo 6. nötig ist — und gleichgültig, gegen wen — zum Schutze der zffentlichen Ruhe und Ordnung die bewaffneten Staatsorgane bolizei und Landjägerei, in Erscheinung treten lassen. Eehr lichtig! bei der Sozialdemokratischen Partei) Dadurch brauche ich niemand in seinem friedlichen und gesetzmäßigen Willen be— drückt zu fühlen. Von der Waffe wird nur im äußersten Notfalle ind nur in der Abwehr Gebrauch gemacht werden, schon um des⸗ pillen, weil bei der Verwendung von Waffengewalt meist nur die Unschuldigen getroffen werden, die eigentlichen Drahtzieher nimlich diejenigen, die durch Worte oder Rede zur Erzeugung miner erregten Stimmung oder gar zu Gewalttaten beitragen lleiben ja meist unbehelligt. (3urufe bei der Deutschnationalen dolls partei) — Seien Sie froh, daß die Revolution so glimpflich ö i Ihnen umging! (Erneute Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei) — Es sah gar nicht so aus, als ob Sie sich damals pehren wollten. Ich habe nur festgestellt, daß Ihre Leute als Vittende zu mir gekommen sind, aber nicht als sich Wehrende. Sie . auch gar keine Ursache, sich zu wehren. (Fortgesetzte große nruhe bei der Veutschnationalen Volkspartei Was sich aber die Führer des Landbundes, die ja alle auf Ihrer Seite zu finden . in den letzten Wochen geradezu an Aufreizungen zu Ge— pa mn geleistet haben, das darf ich Ihnen doch einmal mit ein . belegen. Sie haben ja die Möglichleit, durch Ihren e. ö. Redner zu sagen, ob Sie das billigen oder gar für ö. Nieden und Zitate die Verantwortung zu übernehmen bereit ö. Auf der Kreislandbundversammlung in Emden Ende zebrnar 1928 wurde eine Entschließung gefaßt und an die Be⸗ when abgesandt, in der es heißt:
ö. beschreiten zur Erlangung unseres Rechts und zur Er⸗— ö ang unserer Existenz noch einmal den legalen Weg, sind 9 ent, Veaß nahmen und Taten bereit. Die heute ö. e, sind zum Aeußersten bereit und Kö er, wenn nicht durchgreifende Maßnahmen 9 verstehen Sie unter Taten? (Zurufe bei der Deutsch⸗ sonalen Volkspartei.)
. Landbundversammlung in Soldin am 27. Fe⸗ 3. ö ö ertlãrte ein Redner unwidersprochen:
. Tritte des Landvolkes müssen erst auf der Straße . aß den Herren von der preußischen Regierung der
wacelt. Wo bleibt der deutsche Mussolini?
ear einer Entschließung des Kreislandbundes Züllichau⸗ . . vom 14. Februar d. J. heißt es u. a.: 3 6. Not wird schließlich unser moralisches Recht auch über ain ö hinweggehen müssen. Jer: 8 hört! — Zurufe bei der Deutschnationalen — Also Sie billigen das? Sie stellen sich ebenfalls H des Gesetzes. Das ö interessant! . n, des Kreislandbundes Kalau bringt in ni dom 3. Februar 1828 auf der ersten Seite eine große Liste e , in der es heißt: . alle Behõrden gewarnt und darauf aufmerksam er in ö. en, helfend einzugreifen, ehe es zu spät ist, ehe auch i . Bernkastel vor sich geht, ehe das Pulverfaß ein , aufgespeicherter Bauernwut eyplodiert Es geht eseen . Hof zu Hof; noch ist Bernlastel nicht ver⸗ nniennen a die allerhöchste Zeit, eine ungeheure Gefahr zu leott gewol ie Geschichte lehrt, daß Bauern revolutionen die bon ns . Hölle auf Erden zu sein vermögen. der Versammlung des Kreislandbundes in Oberbarnim
n Bri e zen am 5. März 1998 wurde zur Mobilmachung des
Neichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 78 vom 31. März 19288. S. 3
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. werden nicht gefaßt. In allen Ortschaften ist , , organisieren, insbesondere mit Sicherstellung der . 3. i ermittlung, der Marschbereitstellung aller 16. bis an , Schriftliche Bereiterklärung ist zu fordern. Wir
. , ,, ,, . weiter zu ertragen. Die
art Stall; der Stall bleibt unser.
ö be der Deutschnationalen Volkspartei. — — 3 . Partei: Hört, hört!! — n, zitiert. Mich interessiert nur, ob Sie ( rechts) das billigen. ie merken anscheinend e . worauf es hier ankommt. Ich stelle enen, 2 33 3. Zitate billigen. Aber außerdem stelle 9 , . 91 3. : 9 . e eder fest, da ,, zwar offiziell nach dem Willen ö. . 1 he, 6 die pre che Staatsregierung richtet, in Wirk⸗ der i n n , ,, . n,
l zartei. — Große Unruhe bei . . Volkspartei) Denn wenn ö. die , . ö 4 Sie . über mangelnde Fürsorge
. rtsc ellagen, so ist ja dafür das Reichs- . zuständig: Ihre Leute, die darin a. (Sehr . e hu * ö. in Ihnen unbequem, das zu sagen und die . 9 ö. ennen u geben, und Sie trauen Ihren Leuten die . 6 . . man Ihnen glaubt, wenn Sie sagen, der Kampf
. n,, n. ,. richten.
. irn — um sortzusahren — ist unter dem Bei . in einer Reihe von j . . ommenden Agrarrevolution und der
26 ichkeit des Marsches nach Berlin die Rede 9 esen. In den „Mitteilungen des Landbundes Ostpriegnitz“ E. . 16. März über die Vorgänge in Kyritz heißt es:. e, .. Ie. Kommission zum Finanzamt ging und der . dem Landratsamt ihr folgte, erschien leider eine eilung Schupobeamter, die durch ihre Anwesenheit die ver= e,. Landwirte zu ungeheurer Empörung reizte.
. . . ö immer von den Kommunisten (auf
e ,,. hört. — Sehr richtig! bei der Sozial e,, bie ; bis dahin in Ruhe und Ordnung ihre ; he hei den Behörden vorbrachten und eigentlich nur durch
ufe ihren starken Unwillen über das überflüssige Beamten⸗ heer im Finanzamt ausdrücken wollten, wurden durch die vor⸗ , ,, Pistolen und Gummilnüppel derartig gereizt, daß I , dee sheer in Massen und das Leben des
Mit „Pleitegeier“ ist der Reichsabler, der verfassungsmäßi Reichsadter gemeint. (Hört, hört! bei der , Partei und bei den Deutschen Demokraten.)
Zwischendurch, als die Hälfte der Versammelten schon im Ab⸗
marsch war, erschallte plötzlich der Ruf: „Zwei Kameraden sind
verhaftet! Dies veranlaßte zur umgehenden Rückehr und
194 Erzwingung der Freilassung, die auch durchgesetzt wurde
Meine Damen und Herren, wenn das ein Arbeiterblatt ge⸗ schrieben hätte und wenn Arbeiter das getan haben würden, dann möchte ich Ihr Geschrei gehört und Ihre Interpellationen gesehen haben, mit denen Sie hier im Landtag aufgewartet hätten und in denen Sie von Versagen der Staatgautorität gesprochen hätten
(ehr richtig! bei ber Sozlalbemokratischen Partes) Der Herr Abg. Schlange⸗Schöningen hat ja sogar — um das in diesem Zusammenhange zu erwähnen — die große Geschmack⸗ losigleit gehabt, auf der Ostmarkentagung der Deutschnationalen ö 25. Februar in Stoly zu sagen: ̃
In Ostpreußen muß der K ppelte Fi
. . ö ampf gegen eine doppelte Front (hört, hört! bei der Sozialbemokrati ; ü 6 , , z tischen Partei und bei den
einmal gegen den Gegner jenseits der Gren
ö . en e,. jens ze und dann gegen (hört, hört! bei der Sozialdemokratischen Partei und bei den Deutschen Demokraten), die uns nicht nur im Stiche läßt, s sogar i 3 96. he läßt, sondern uns sogar in den
Das heißt: die verfassungs mäßig bestehende, die Mehrheit des preußischen Volkes hinter sich habende Staatsregierung wird in eine Linie gestellt mit dem Gegner jenseits der Grenze! (Hört hört! bei der Sozialdemokratischen Partei und bei den Deutschen Demokraten. Das ist nicht nur eine Geschmacklofigkeit, sondern es ist eine Unverfrorenheit von Ihnen. (Sehr richtig bei der Sozialdemokratischen Partei und bei den Deutschen Demokraten. — Unruhe rechts.)
Aber, meine Herren, die großen Worte, die Sie da daußen
anstimmen und über Ihre Landbundziitungen und durch Ber⸗ sammlungsredner hierher gelangen lassen, schrecken uns nicht.
Sehr gut! bei der Sozialdemokratischen Partei. — Zurufe rechts)
Vir wissen, wie fest die heutige Staatsmacht steht, und die Staats⸗
regierung läßt sich auch in keiner Weise irgendwie drängen. Aber wenn hier gestern vom Abg. Heilmann in seiner Rede der Sorge
Ausdruck gegeben worden ist, daß während der Wahl vie not⸗
wendige Wahlfreiheit infolge dieses auf dem Lande von Ihren
Das ist unsere
Leb⸗
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Fristen zu verlängern, habe ich die erforderliche Antwort bereits durch den Amtlichen Preußischen Pressedienst gegeben . . ; keine Rede davon sein, diese Fristen, die durchaus augreichend e nach denen die Beschlüsse gefaßt worden sind, irgendwie hingus⸗ zuschieben. Es ist aber doch wieder sehr bezeichnend a die politische Rechte dieses Hauses, daß sie sich gegen dle Aushebum der Gutsbezirke damals sogar mit dem Mi el der wer eee. tarischen Obstruktion gewandt hat, um dadurch elnen Zustand aufrecht znerhalten, an dem doch weder die Bauern noch die dandgrheiter noch die Landgemeinden, sondern hůchsten nur die 12 000 Guts besitzer der Gutsbezirke ein Interesse haben können hre Einstellung zu den Gutsbezirken und die Tatsache, daß ie * Auflösung immer wieder beklagen, beweist nur, daß die Deutschnationale Volkspartei eine Interessenvertretung der alten junkerlichen Kaste hier in Preußen ist: (Sehr wahr! linl⸗ 2 , und Zurufe rechts) Wenn Sie damit in den Wahltanips J dann kann das den repnublikanischen Parteien nnr Mit der Regierungstätigkeit der Weimarer Koalition ihn den letzten 3*„ Jahren kann sich, glaube ich, die preußische Etaats⸗ regierung durchaus sehen lassen. Gewiß bleibt noch sehr viel zu lun übrig. Der Wiederaufbau dessen, was in Trümmer gegan gen ist, wird noch lange Jahre intensiver Arbelt bedürfen der nächste Landtag wird endlich auch eine großgilgige 3 2 waltu ng sreform in Angriff nehmen müssen; die Vor⸗ grbehen dazu sind ja bereits im Gange. Wenn auch nach meiner Ansicht und gerade nach meiner Ansicht auf diesem Gebiete bisher nicht genügend geschehen ist, so wiegt das meines Erachtens nicht e. schwer. Jedenfalls braucht sich die Staatsregierung einen eee vurf nicht zu machen und sich vor allen Dingen auch einen Vorwurf nicht von der Opposition gefallen zu lassen. Au der , , n,. hat es jedenfalls nicht gelegen, wenn auf dem Gebiete der Verwaltungsreform nicht mehr geschehen ist. Wieso wollen Sie es bestreiten, Herr Kollege Dr. von Campe? Reine großzigige Verwaltungsreform hätte in diesem Hause eine Mehr⸗ . ( gefunden. (Abg. D. Dr. von Campe: Wozu sind Sie Minister? Schaffen Sie die Mehrheit! Sie behaupten immer Sie hätten die Mehrheit! — Da ich diese Mehrheit hier im Hause⸗ swangaldufig nicht schaffen konnte, habe ich geglaubt, auch bie Regierungspolitit der letzten Jahre so beeinflussen zu fönnen daß die Mehrheit nach den nächsten Wahlen für die gerwaliungs⸗ reform vorhanden sein wirh. Uebrigens, Herr Kollege Dr. von Campe, habe ich Sie boch nicht aus der Regierung hinausgejagt. Sie hätten ja in der Regierung bleiben können; dann wäre die hreite Hasis ja vorhanden gewesen. Ich weiß daß Ihnen das, wasz Sie im Jahre 1995 getan haben, n wischen sehr leih geworden ist. (Zurufe bei der Deutschnationalen Bolta-= partei) Ich will darüber aber nicht weiter reden, Jehensalla hätten Sie an der Mehrheit beteiligt sein können wenn Eie es nur gewollt hätten. Der Ruf nach her Verwaltungzresorm ist ja nicht nen; er ist mindestens 50 Jahre alt, und wenn aua- gerechnet die Weimarer Koalition eine Berwaltungsreform, und zwar ohne ihre Schuld — wie ich noch einmal sage nicht hat durchführen können, so ist das kein Armutszeugnis flit sie. Bas dem Grunde nach bei allen Berwaltungtreformplanen, wle sch sie
auffasse, zunächst durchzuführen ist, das ist ja gleich nach dem Zusammenbruch dadurch geschehen, baß mit dem alten System des Dreitlassenwahlrechts aufgeräumt wurhe und an seine Itelle has allgemeine, gleiche, geheime, direlte Verhältniswahltecht, und jwar in allen Körperschaften im Reiche, im Staate wie in ben amn, nalen Verwaltungen getreten ist. meine Damen und Herren, reden über bie fruchtlosen Debatten im Parlament Der tiefere Grund Ihrer Angriffe gegen das Parlament ist ja aber darin zu suchen, daß dieses Parlament und bie Art wie es zu⸗ sammentommt, bedeutet eine Beseitigung des früheren Hortechta der Besitzenden. (Lebhafte Zustimmung links) Aber ohne diese öffentlichen Tribünen im Reiche, wie in hen Ländern und in ben KCommunalverwaltungen draußen hätten wir nicht die ersorder⸗ lichen Ventile, die ein Voll in Not, wie has hbeutsche, braucht um sic immer wieder in allen seinen Schichten friedlich Gehör in ver⸗ schaffen. Gu ruf rechts: Ist es infolgedessen besser geworben) .
Ich weiß ja, daß Sie Gegner des heutigen Wahlrechts find und es beseitigen wollen. (Erneute Zurufe rechts) — Ich freue mich daß Sie mir dauernd bestätigen, daß Sie noch für bas alte Prei- llassenwahlrecht sind und das allgemeine gleiche geheime un direkte Wahlrecht verpönen. Es ist jedenfalls insofern besser ee worben, als das Volk nunmehr die Möglichkeit hat sich hier in diesem hohen Hause Gehör zu verschafsen. Viese Möglichteit hatt es früher nicht, denn da regierten Sie auch durch das Wahlrecht ganz allein, und das war der Nachteil. . Meine Damen und Herren, die Staatsregierung wie jede andere hätte ihre gute Arbeit nicht leisten kõnnen ohne das Parlament. Ihr gelegentlicher Ruf nach einem Mussolini, meine Damen und Herren, verbirgt ja doch nur Ihren lebhaften Punsch nach der alten Herrschaft und Ihre Abneigung gegen bas NMit⸗ regieren der breiten Masse. Die preußische Staats regierung hatt das, was sie gemeinsam mit dem Parlament und mit ihren Ber waltungaorganen in den letzten Jahren getan hat, aber nicht un önnen, wenn nicht im Lande selbst die Selbstverwaltungslörper
Sie,
Leuten ausgeübten Terrors nicht mehr gewährleistet sein sollte, so kann ich nur sagen: Durch ein systematisches Zusammenarbeiten der Schutzpolizei mit der Landjägerei wird dafür Sorge getragen werden, daß Ihr Terror es nicht hindert, daß eine ungehinderte Wahlagitation stattfinden kann. (Lebhaftes Hravo bei der Sozial⸗ demokratischen Partei und bei den Deutschen Demokraten. — Unruhe und Zurufe bei der Dentschnationalen Volkspartei) Bie wir bisher mit Ihnen fertig geworden sind, werden wir auch welter mit Ihnen sertig werden. (Zustimmung bei der Zozlal⸗ demokratischen Partei. — Zurufe bei der Deutschnationalen BVollspvartei) — Nein, ich bin mir gleich geblieben, in jedem gleich geblieben! Der deutschnationale Redner, Abg. Schlange⸗Schöningen, hat dann wieder die Auflösung der Gutsbezirke bellagt. Diese Auf⸗ lösung der Gutsbezirle ist ja durch ein in diesem Hause be⸗ schlossenes Initiativgesetz erfolgt. Hierzu liegt ja auch die deutsch⸗ nationale Anfrage vor, die verlangt, daß die Fristen geändert werden sollen, die auch verlangt, daß in gewisse Maßnahmen des Herrn Oberpräsidenten in Stettin eingegriffen wir. Auf diese
ü aufgerufen und folgende Entschließung gefaßt:
Forderung in der deutschnationalen Anfrage, die sestgesetzten
ftandig eine rege Mitarbeit in der Richtung des Wollen der Staats tagier ung er freulicherweise gezeigt hätten. Durch das all- gemeine gleiche geheime und direlte Wahlrecht ift ja auch in den Zelbstverwaltungstsëcperschaften die Zahl der zur Mitarbeit am Riede raufbau des Reiches und Preußens interessierten und be⸗ teiligten Staatsbürger gegen früher unendlich erhöht worden Die demokratisch? Verfassung hat sich her in der gläanzendsten BWeise bewahrt. (ehr richtig! links. — Lachen rechts) Sie hat die Staatsbürger nicht nur zur Mitarbeit, sondern zugleich zur Mitverantwortung und damit zum Verantwortung bemußtsein in einem Maße erzogen, wie eß unter dem alten Treltlassenwahl⸗ recht niemals möglich war. So hat sich die Demokratie, auch die so weitgehende wie hier in Preußen und Deutschland, glänzend bewährt. Sie hat jeden alls ein Berantwortungzbem ußtsein in der Bevöllerung hervorgerufen und erzogen, wie es ante dem Dreillasse nwahlrecht nmwemals mählich war, und ich lann mir angesichts dieser positiven Erscheinungen zugunften des heutigen Systems, meine Damen und Herren, nicht denken, daß nach diesen Erfahrungen ein erheblicher Teil der preußischen Wahler bei den kommenden Maiwahlen sich noch für das alte antidemokratfsche,