1929 / 50 p. 17 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Feb 1929 18:00:01 GMT) scan diff

Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 50 vom 28. Februar 1929. S. 4.

sehen und doch zu gleicher Zeit bemüht sein, der Jugend körperliche Entspannung, Freude und sittliche Kraft zu geben. Deshalb soll auch das Wohnheim für berufstätige Frauen nicht nur eine An— gelegenheit jeder einzelnen Frau und der großen Berufsverbände sein, sondern eine große soziale Volksangelegenheit. Ich weiß, daß Frauenkultur nur in ganz bestimmten feinen und vergeistigten Formen geschaffen werden kann und möchte deshalb in Verbindung mit den Verbänden an diesem Werke arbeiten.

Bezüglich des sozialen Ausbildungswesens möchte ich folgendes sagen: Die Wohlfahrtsschulen konnten im vergangenen Jahre, nachdem gewisse Schwierigkeiten der äußeren Ausgestaltung überwunden worden waren, ihren inneren Aufbau zielbewußter in Angriff nehmen. Die meisten Schulen haben endlich eine hauptamtliche Lehrkraft anstellen können. In einer Lehrplankonferenz, die mein Ministerium im Oktober vorigen Jahres veranstaltete, wurden die von den Schulen durch— gearbeiteten Lehrpläne mit Männern und Frauen der praktischen Wohlfahrtspflege, der Wissenschaft und der Verwaltung eingehend besprochen. Ich hoffe, im nächsten Jahre der Prüfung selbst und dem Aufbau des praktischen Bewährungsjahres meine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Wohlfahrtsschulen sollten im tiefsten Sinne des Wortes soziale Siedlungen sein, die ganz stark mit dem L ben und den Nöten des Volkes verbunden sind, und in denen auch viele Schülerinnen, besonders in den Großstädten, ein modernes Wohnheim finden sollten.

Die soziale Ausbildung der Fürsorger, Wohlfahrtspfleger oder sozialen Beamten hat sich langsam, aber stetig weiter ent⸗ wickelt. Drei Wohlfahrtsschulen für Männer, nämlich die in Berlin, im Johannisstift in Spandau und im Stephanstift bei Hannover, sind bis jetzt von mir vorläufig staatlich anerkannt worden. In fast allen Gegenden Preußens sind in Verbindung mit den Wohlfahrtsschulen, z. B. in Köln, Düsseldorf, Berlin, Kiel, Königsberg, Breslau, Nachschulungskurse für Fürsorger ver⸗ anstaltet worden. Ich hoffe, daß auch die Anstalt der geschlossenen Fürsorge und des Strafvollzugs sozial ausgebildete Kräfte in verantwortungsvollen Posten anstellen werden. Es scheint mir ebenfalls wichtig zu sein, die neuzeitlichen Bestrebungen auf dem Gebiet der Körperkultur, der Jugendpflege und der Jugend⸗ bewegung in das Ausbildungswesen des sozialen Lebens und der sozialen Beamten einzugliedern.

In letzter Zeit hat besonders die Fürsorgeerziehung das Interesse der Oeffentlichkeit auf sich gezogen. Ein näheres Eingehen auf die Angriffe, denen die Fürsorgeerziehung neuer⸗ dings ausgesetzt gewesen ist, möchte ich mir für die Antwort vor⸗— behalten, die ich nachher auf die großen Anfragen Nr. 58 und 63 erteilen werde. In diesem Zusammenhang darf ich mich auf einige Ausführungen allgemeiner Art beschränken.

Die Fürsorgeerziehung ist zahlenmäßig im Rückgange be⸗ griffen. Der Bestand an Zöglingen hat sich in Preußen im Laufe der letzten Jahre von 64 831 auf 62 130, also um rund 2700, ver⸗ mindert. Der Zuschuß des Staates zu den Kosten der Fürsorge⸗ erziehung betrug im Rechnungsjahr 1928 rund 27 200 000 RM gegen⸗ über einem Haushaltsansatze von 330 000 RM. Gegenüber dem Vorjahre bedeutet dies eine Mehrausgabe von etwa 1 360 000 Rwe. Für 1929 wird der Zuschuß auf 28 Millionen Reichsmark ge⸗ schätzt. Daß der Rückgang im Bestande an Fürsorgezöglingen nicht auch von einer Verminderung der Fürsorgeerziehungskosten begleitet war, erklärt sich hauptsächlich aus der Erhöhung der Besoldung für das Erzieherpersonal und für die Beamtenschaft der Fürsorgeerziehungsbehörden. Nicht unerhebliche Kosten sind ferner durch die fortschreitende Modernisierung der Fürsorge⸗ erziehungsheime entstanden. In dem bevorstehenden Rechnungs— jahre wird aber die ansteigende Bewegung der Fürsorgeerziehungs⸗ kosten aller Voraussicht nach zum Stillstand kommen. Die An— nahme der Neuüberweisungen zur Fürsorgeerziehung ist teils eine Folgeerscheinung der Geburtenausfälle während der Kriegsjahre, teils eine Wirkung des fortschreitenden Ausbaues der vorbeugenden Jugendfürsorge. Weiter ist sie aber auch zu einem wesentlichen Teile dadurch verursacht, daß die Rechtsprechung mehr und mehr dazu übergeht, die Fürsorgeerziehung nur bei bereits eingetretener oder gar erheblich fortgeschrittener Verwahrlosung, aber nicht mehr zur Abwendunng einer erst drohenden Verwahrlosung an⸗— zuordnen. Neber die rechtlichen Gesichtspunkte, die für diese Ent⸗ wicklung bestimmend waren, über die verhängnisvollen Folgen, die sich daraus für die Durchführung der Fürsorgeerziehung er⸗ geben, und über die Möglichkeiten der Abhilfe habe ich mich bereits eingehend im Hauptausschuß geäußert. Ich darf mich deshalb hier darauf beschränken, noch einmal zu betonen, daß durch die Anhäufung schwerst erziehbarer Elemente in unseren Anstalten die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Erziehungs⸗ personals nahezu unerfüllbar werden und daß hierin ein wesent⸗ licher Grund für die Zöglingsrevolten zu suchen sein dürfte, die sich unlängst in mehreren Anstalten ereignet haben. Ueber eine Reihe anderer die Fürsorgeerziehung betreffender Fragen werde ich mich in meiner Antwort auf die beiden großen Anfragen aus⸗ führlicher äußern.

Hinsichtlich der Bekämpfung des Alkoholmißbrauches halte ich eine noch stärkere Förderung der vorbeugenden Fürsorge für notwendig. Hierzu gehört in erster Linie eine von jeglicher Uebertreibung freie Aufklärung der Bevölkerung über die Schäden des Mißbrauches alkoholhaltiger Getränke. Das Material für eine erfolgversprechende Auftlärungsarbeit kann nur auf Grund einwandfreier objektiver und wissenschaftlicher Forschung ge— wonnen werden. Ich habe mich entschlossen, derartige wissen⸗ schaftliche Arbeiten, deren Ergebnisse der alkoholgegnerischen Arbeit zugänglich gemacht werden, finanziell soweit als möglich zu unterstützen. In diesem Zusammenhange darf ich besonders auf das von dem Professor Müller-Heß in Bonn geleitete In⸗ stitut für gerichtliche und soziale Medizin verweisen, das sich eingehend mit der wissenschaftlichen Erforschung der Ursachen und der praktischen Methoden zur Bekämpfung der Trunksucht befaßt. Von größter Wichtigkeit ist auch die Aufklärung und Erziehung der Jugend zu alkoholfreier Lebensführung, eine Forderung, die heute von keiner Seite mehr ernsthaften Wider⸗ spruch findet. Es wäre zu begrüßen, wenn sich vor allen Dingen die Schule mehr als bisher in den Dienst der alkoholgegnerischen Arbeit stellen würde. Der Wanderuntérricht allein kann die Aufgabe, die Ingend zur Enthaltsamkeit zu erziehen, nicht be⸗

friedigend löfen. Das Ziel muß sein, die Lehrerschaft allgemeiner für die wichtigen Aufgaben zu interessieren und die Aufklärung über die Schäden des Alkoholgenusses für Jugendliche in den Unterrichtsplan aufzunehmen. Ich werde deshalb den Be⸗ strebungen, die durch Kurse und planmäßige Aufklärungsarbeit die Alkoholfrage an die Lehrerschaft heranbringen wollen, be⸗ sonders weitgehende finanzielle Unterstützung angedeihen lassen. Ein wirksames Mittel zur Eindämmung des Alkoholgenusses ist auch die Bereitstellung von alkoholfreien Getränken zu billigen Preisen. Nach wie vor werde ich deshalb die Errichtung von Milchausschankstellen und die Herstellung gärungslos gewonnener Fruchtsäfte nachdrücklich fördern.

Die Beschäftigung unterstützter Arbeitsloser bei öffentlichen Notstandsarbeiten wurde auch in diesem Haushaltsjahre soweit irgend möglich der Entwicklung des Arbeitsmarktes angepaßt.

Trotz der ernsten Finanzlage des Reiches und Preußens, die gewisse Einschränkungen bei der Bexeitstellung von Reichs- und Landesmitteln der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge für die verstärkte Förderung von Notstandsarbeiten erforderlich

machte, gelang es in der ersten Hälfte des laufenden Rechnungs⸗

jahres, zwischen 9 und 10 vH der in der Arbeitslosen⸗ und Krisenfürsorge Unterstützten bei Notstandsarbeiten zu beschäftigen. Der frühzeitig einsetzende scharfe Frost brachte dann bedauerlicher⸗ weise die Mehrzahl der Notstandsarbeiten zum Erliegen. Mit Einsetzen offener Witterung wird jedoch die Beschäftigungsziffer bei Notstandsarbeiten wieder wesentlich ansteigen. Auch ist Vor— sorge dafür getroffen, daß diejenigen arbeitsmarktpolitisch und volkswirtschaftlich wertvolleren Notstandsarbeiten, die infolge des Frostes im laufenden Rechnungsjahr nicht beendet werden konnten, im neuen Rechnungsjahre in erster Linie bei der Ver— teilung der Reichs- und Landesmittel Berücksichtigung finden. (Sehr richtig! im Zentrum.)

In welchem Umfang es gelang, den vol ksWwirtschaft⸗ lichen Wert der Notstandsarbeiten weiter zu steigern, geht daraus hervor, daß von den im laufenden Rechnungsjahre bei Notstandsarbeiten insgesamt geleisteten Arbeitslosentage⸗ werken auf die volkswirtschaftlich ja nicht so hoch veranschlagten Sport⸗ und Erholungsanlagen 7 vp, dagegen auf die volkswirtschaftlich wertvollen Meliorationen fast der doppelte Betrag, nämlich 13 vp, auf Kraftgewinnungs⸗ anlagen 6 vH, auf Straßenbauten 37 vH, auf Baustoffherstellung und Vorbereitung von Siedlungs⸗ gelände 2 vh und auf sonstige Tiefbauten, unter denen Kanalisations⸗ und Wasserversorgungsanlagen eine besondere Rolle spielen, 35 vY entfallen.

Im übrigen war das laufende Haushaltsjahr für die Ent⸗ wicklung der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge insofern von besonderer Bedeutung, als die auf Grund des Gesetzes für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung neu gegründete „Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ auch auf dem Gebiete der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge eine ganze Reihe von Auf— gaben übernahm, die bisher von den Landesbehörden durch⸗ geführt wurden. So nahm der Herr Reichsarbeitsminister mit dem 1. Oktober 1928 die Reichsmittel der wertschaffenden Arbeits⸗ losenfürsorge aus der Verwaltung der obersten Landesbehörde heraus und übertrug sie der Reichsanstalt, trotzdem er auf Grund des § 139 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes die Möglichkeit gehabt hätte, die Reichsmittel, wie es bis dahin geschehen war, durch die oberste Landesbehörde verwalten zu lassen. (Hört, hört! im Zentrum) Die Verhandlungen zwischen Reich und Ländern über das durch die Herausnahme der Reichsmittel aus der Landesverwaltung erforderlich werdende neue Geschäftsverfahren gestalteten sich verhältnismäßig schwierig. Sie wurden durch einen Kompromiß beendet, der seinen Niederschlag in der „Verordnung“ des Reichsarbeitsministers „über verstärkte Förderung von Notstandsarbeiten“ fand, die mit Zustimmung des Reichsrats erlassen wurde. Das auf Grund dieser Verordung am 1. Oktober 1928 in Kraft ge— tretene Geschäftsverfahren für die Förderung von Notstands— arbeiten ist in einer Reihe von Punkten wesentlich umständlicher als das bisher übliche Verfahren. (Hört, hört! im Zentrum.) Wie sich seine praktische Auswirkung künftig bewähren wird, läßt sich zurzeit noch gar nicht übersehen. Jedoch zeigen sich schon jetzt bedenkliche Verzögerungen im Geschäftsgang, sowohl bei der An— erkennung wie bei der Abrechnung der Notstandsarbeiten bei den Landesarbeitsämtern.

Auf dem Gebiete des Landarbeiter wohnungs⸗— baus erhöhte sich die Zahl der durch zinslose Tilgungs⸗ darlehen geförderten Wohnungen bis zum 1. Januar 1929 auf 37970 Wohnungen, also auf rund 38 000 Wohnungen, unter denen sich rund 17000 Landarbeitereigenheime befinden. Der Anteil der Landarbeitereigenheime an der Gesamtzahl des jähr⸗ lichen Bauprogramms ist auch in diesem Haushaltsjahr in einer erfreulichen Steigerung begriffen. Begünstigt wurde diese Ent⸗ wicklung durch eine ganze Reihe von Erleichterungen für di Grhauer von Sgandatrbeiterer gen heimen, die auf meinen Antrag hin von den Reichsressorts zugestanden wurden; so gelang es, den förderungsberechtigten Personenkreis auch auf landwirtschaftliche Zeitarbeiter und Torfarbeiter auszudehnen, ferner die Höhe der Tilgungs⸗ darlehen besonders bei Eigenheimen wesentlich zu erhöhen und schließlich besondere Zinszuschüsse aus Reichsmitteln die Ver⸗ billigung erster Hypotheken bei Landarbeitereigenheimen, die in der Rechtsform der Reichsheimstätte erstellt werden, zur Ver⸗ fügung zu stellen.

Um die Förderung von kleineren Mietwohnungen für Landarbeiter trotz der ablehnenden Stellungnahme der Reichs⸗ ressorts zu ermöglichen, wurden in einer ganzen Reihe von Fällen Hauszinssteuerhypotheken für den Einbau von Miet— wohnungen in Landarbeitereigenheimen bexreitgestellt. Von der Möglichkeit, Landarbeitereigenheimd in der Rechtsform der Reichsheimstätte zu begründen, wurde insbesondere in den Ostprovinzen reger Gebrauch gemacht. So wurden bis zum 1. Januar 1929 rund 1560 Reichsheimstätten für Landarbeiter aus dem Fonds der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge

gefördert.

Die Förderung des Frühgemüsebaues aus Mitteln der werischaffenden Arbeitslosenfürsorge wird, soweit es sich um die von mir gemeinsam mit dem Herrn Landwirtschafts⸗ minister eingeleiteten allgemeinen Maßnahmen handelt, mit dem Ablauf dieses Rechnungsjahres zum Abschluß gebracht werden. Es ist jedoch gelungen, für besondere Notstandsbezirke, in denen für berufsüberzählige Unterstützungsempfänger neue Arbeits⸗ möglichkeiten erschlossen werden müssen, so besonders im Ruhr⸗ gebiet, von Fall zu Fall weitere Mittel der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge für die Errichtung von Frühgemüseanlagen bereitzustellen. Auch die Ueberführung derartiger berufs⸗ überzähliger Arbeitskräfte in aufnahmefähigere Gebiete auf dem Wege der Umsiedlung wurde im laufenden Haushaltsjahr unter Einsatz nicht unbeträchtlicher Mittel der wertschaffenden Arbeits⸗ losenfürsorge fortgeführt.

Ich muß dann wohl, weil die Frage im Hauptausschuß eine große Rolle gespielt hat, noch etwas sagen über die Neu⸗— gründung von Betriebs- und Innungskran ken⸗ kassen. Ich bitte dabei zunächst zu beachten, daß meinem Ministerium nur die Ausführung der Bestimmungen der Reichs⸗ versicherungsordnung obliegt, und daß ich Neugründungen nicht verhindern kann, wenn sie nach dem Gesetz zulässig sind. Die Be⸗ schwerden, welche in diesen Angelegenheiten an mich gelangen, werden stets nach allen Richtungen hin sorgfältig geprüft, können aber nicht berücksichtigt werden, wenn sie nach den gesetzlichen Vor⸗ schriften unbegründet oder belanglos sind. So kann es keinen Einfluß auf die Entscheidung des Ministeriums haben, wenn be⸗

hauptet wird, die Krankenversicherung werde durch die Gründung

neuer Kassen „zersplittert“; denn die Zersplitterung als solche ist im Gesetz als ein Grund zum Versagen der Genehmigung nicht vorgesehen. Auch die Behauptung, die Leistungsfähigkeit einer Allgemeinen Ortskrankenkasse werde gefährdet, steht der Neu⸗ gründung von Krankenkassen nicht ohne weiteres entgegen; denn das Gesetz sagt in nicht mißzuverstehender Weise, daß eine Kasse nicht als gefährdet gilt, wenn sie nach Errichtung einer neuen Krankenkasse mehr als 1000 Mitglieder behält. (Zuruf bei der Sozialdemokratischen Partei) Ich komme auch darauf, wenn Sie nur einen Augenblick warten. Die Bestimmung ist zwingend, daß die neue Kasse nicht abgelehnt werden kann, wenn die ander Kasse noch mehr als 1000 Mitglieder behält. Die Ortskranke—

kassen müssen diese Bestimmung kennen und dürften gar nicht erst versuchen, mit der Behauptung der Gefährdung ihrer Leistungsfähigkeit sich über Neugründung von Innungskranken⸗ kassen zu beschweren, wenn sie noch mehr als 1000 Mitglieder be⸗ halten. Ob ich das als richtig ansehe, ist nicht entscheidend. Ich muß dem Gesetz Rechnung tragen; ich bin dazu da, die Gesetze zu beachten und ihnen nachzukommen. Ich kann keine neuen Gesetze machen. (Zuruf bei der Sozialdemokratischen Partei) Dann bitte sorgen Sie dafür, daß die Bestimmung der Reichsver⸗ sicherungsordnung abgestellt wird. Ich bin auch dafür zu haben.

Eine weitere Voraussetzung ist, daß die satzungsmäßigen Leistungen der neuen Kassen denen der maßgebenden Ortskranken⸗ kasse mindestens gleichwertig sind. Dies festzustellen, ist mit ge⸗ wissen Schwierigkeiten verbunden, wenn die Ortskrankenkasse Mehrleistungen der verschiedensten Art gewährt. Aber die Ver⸗ sicherungsämter haben es an einer genauen Prüfung der ein⸗ schlägigen Fragen nicht fehlen lassen. Die Gleichwertigkeit der Leistungen wird durch den Beschlußausschuß des Versicherungs⸗ amtes und auf Beschwerde vom Oberversicherungsamt endgültig festgestellt. Ich habe keinerlei Befugnis, in solche Verfahren der Versicherungsbehörden einzugreifen (Zuruf bei der Sozial⸗ demokratischen Partei: Ist aber geschehen Im Behaupten scheinen Sie sehr groß zu sein! Bringen Sie den Beweis, wo ich eingegriffen habe! Ich habe keine Befugnisse und kein Recht dazu, habe es auch noch nicht getan. (Zuruf bei der Sozialdemokratischen Partei.) Wenn Sie das behaupten, haben Sie die Pflicht der Beweisführung!

Offenbare Mängel des Verfahrens sind aber auch nicht zu meiner Kenntnis gelangt und von keiner Seite erhoben. Den Herrn Reichsarbeitsminister habe ich gebeten, dahin zu wirken, daß die Reichsregierung die im Gesetz vorgesehenen näheren Be⸗— stimmungen über die Durchführung der Vorschrift trifft, was bis jetzt noch nicht geschehen ist, wodurch aber das Verfahren nicht un⸗ wesentlich erleichtert werden könnte.

Die dritte Voraussetzung für die Errichtung neuer Betriebe und Innungskrankenkassen ist, daß ihre Leistungsfähigkeit für die Dauer gesichert ist. Ob dies jeweils der Fall ist, ist eine Tat— frage, für die sich allgemeine Regeln nicht aufstellen lass— Selbstverständlich ist die Frage auch von der Zahl der Kas mitglieder abhängig; aber eine Mindestzahl ist nur für Betriebs— krankenkassen, nicht auch für Innungskrankenkassen gesetzlich be—⸗ stimmt, ein Zeichen, daß der Gesetzgeber die Bildung von Innungskrankenkassen noch erleichtern wollte. (Sehr richtig! bei der Wirtschaftspartei.) Ich habe mich nicht danach zu richten, wie ich zu diesen Dingen stehe. Ich habe nach den Gesetzen zu sehen, die grundlegend sind.

Die Mitgliederzahl ist dann noch, wenn das Gesetz es auch nicht ausdrücklich hervorhebt, von Bedeutung für die Bildung der Kassenorgane. Reicht die Zahl der Kassenmitglieder nicht aus, um Vorstand und Ausschuß nach den Grundsätzen der Verhältnis⸗ wahl ordnungsmäßig zu bilden, so kann die Genehmigung zur Errichtung der Krankenkasse nicht erteilt werden. Dieser Gesichts⸗ punkt wird jetzt bei meinen Entscheidungen besonders berück⸗ sichtigt, nachdem in einer Besprechungen mit allen Beteiligten

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

Verantwortl. Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗AUktiengesellschaft, Berlin. Wilhelmstraße 32.

Sieben Beilagen leinschließl. Börsenbeilage und zwei Zentralhandelsregisterbeilagen),

ers ö d ) . ,, e ,, 2. . He , , e , n ,,, .

* * ö. ö . . ( . n . .