1929 / 55 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Mar 1929 18:00:01 GMT) scan diff

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57J. Sitzung vom 4. März 1929, 12,20 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger

Der Preußische Landtag begann in seiner heutigen Sitzung die allgemeine Aussprache zum Justizetat.

Abg. Heilmann (Soz.) führte u. a, aus: Aus der dies⸗ jährigen Justizdebatte schalten wir zwei Kapitalfälle aus, den Magbeburger Mordprozeß Schröder und den Femefall Schulz. Im Fall Schulz liegt dem Rechtsausschuß ein Gnadengesuch vor, das noch sorgfältig geprüft werden wird. Die deutsch⸗ nationalen Anträge zum Fall Schröder sind um so unverständ⸗ licher, als im Ausschuß die deutschnationalen Redner zugegeben haben, daß an der Ermordung des Helling der Fabrikant Haas völlig unbeteiligt sei. War Hags also unschuldig, dann waxen Kölling und Hoffmann im Begriff, einen Justizmord zu begehen ssehr wahr! links), und jeder, der das verhindern wollte, ver— dient unseren Dank und unsexre Anerkennung. Die Frage muß nunmehr nicht sein, erneut die Unabhängigkeit der Richter zu betonen, sondern, wie man die Richter an der Verfolgung Un⸗ schuldiger hindern kann, auch da, wo die frische Energie eines Hörsing nicht vorhanden ist. Wenn die Deutschnationalen glauben sollten, der Fall Schröder sei noch in irgendeinem Punkt un⸗ geklärt, müssen sie einen Untersuchungsausschuß beantragen. Haben 6 dazu nicht den Mut, sollen sie den toten Helling endlich ruhen lassen. Die empfindlichsten Fehlurteile des letzten Jahres betrafen den 5 193 Str⸗G⸗B. die Wahrung berechtigter Inter⸗ essen bei Reichsgerichtsräten, Landbundmitgliedern und gewöhn lichen Menschen; und sie betrafen weiter die Fälle des Gesetzes zum Schutz der Republik. Eine Republik, die sich straflos beschimpfen läßt, hat ihre Daseinsberechtigung verwirkt. Leider aber hat z. B. das Prenzlauer Gericht im Falle Düsterberg es für straflos gehalten, daß der Angeklagte erklärte, die deutsche Republik beruht auf Meineid und Hochverrat. Als Friedrich der Große in das Schlesien seiner deutschen Kaiserin einbrach, war das für den Formaljuristen Meuterei und Rechtsbruch. Und als General Horck entgegen dem ausdrücktichen Befehl seines Königs in Tau⸗ roggen den Vertrag mit den Russen abschloß und damit die deütschen Freiheitskriege eröffnete, war das für den Formal⸗ juristen Meuterei, Verrat und Rechtsbruch. (Rufe bei den Deutsch nationalen: „Er hat seinen Kopf zur Verfügung gestellt!“ Wenn die Revolntion 1918 mißglückt wäre, wäre wohl auch mancher Kopf gefallen. Aher die deutsche Republik beruht nicht einmal auf einem solchen Verrat, sondern auf der Weimarer Verfassung, die eine freigewählte Nationalversammlung uns gegeben hat nach dem Wunsch der Mehrheit des Volkes. Ein preußischer Richter, der das noch nicht weiß, verdient mit Schimpf und Schande von. seinem Vlatz weggejagt zu werden. (Lebhafte Zustimmung links.— Gegenrufe bei den Deutschnationalen. Der Redner erinnerte dann an die frühere Rechtsprechung, in Mafjestätsbeleidigungs⸗ prozessen und schilderte u. a. den Fall des sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Marckwald, der vor dem Kriege wegen der Kritik eines Denkmals der Königin Luise in Königsberg zu 1, Jahren Gefängnis verurteilt wurde und diese Strafe ver⸗ büßen mußte. (Hört, hört! links) Jetzt dagegen habe ein Schöffengericht z. B. den Stahlhelmführer Stadler freigesprochen, der den Staat einen Misthaufen nannte, der sich nur hielte, weil er so lange schon gelegen habe, daß er außen verkrustet sei. (Lebhaftes Hört, hört! links) Ein alter hoher Richter hat mir erklirt, ein solches Urteil sei von bewußter Rechtsbeugung nicht mehr fern. Wir sagen mit dem Senatspräsidenten beim Reichs⸗ gericht Reichert, 66 solcher Vorfälle ist es notwendig, nicht die äußere, sondern die innere Unabhängigkeit der Richter von Parteileidenschaft und Stahlhelmgeist zu erwirken. Das wird freilich schwer sein, so lange das Reichsgericht unter dem Vorsitz von Lorenz Ausdrücke wie „schwarz⸗rot⸗-hühnereigelb“ für straffrei erklärt. Wir sagen: Wer die rechtmäßige Fahne seines Landes schmäht, ist ein Mann ohne Nationalgefühl und nationale Ehre. Sehr richtig Das Reichsgericht dagegen meint, wenn man in nationalsozialistischen Zeitungen sage, unter der fluchbeladenen Herrschaft von Ebert sei Korruption, Bestechung und Diebstahl in die Verwaltung eingefallen und im neuen System sei das Wort Eyre gestrichen, so betreffe das nicht den neuen Staat. (Stürmisches Hört, hört! Zuruf des Abg. Steuer D. Nat.: „Das gilt auch nur für Leute wie Sie!“ Gegenkundgebungen links Herr Steuer kann sich demaskieren wie er will:; er ist zum Glück nicht preußischer Richter. In den juxistischen Kollegs erzählte man sich früher scherzhaft das Urteil eines schwähischen Gerichts, das einen Angeklagten freisprach, der das bekannte Götz⸗gitat gebraucht halte. Das Gericht meinte, dieses Zitat werde ortsüblich gebraucht, um ein Gespräch einzuleiten, ihm eine andere Wendung zu geben oder es abzuschließen. (Große Heiterkeit. Man werde abwarten, wann das Reichsgericht dahin komme, festzulegen, daß Ausdrücke wie „schwarz⸗rot⸗mostrich“ oder schwarz-rot⸗-hühnereigelb“ ortsüblich seien, um entweder durch Handbewegungen oder Augenblinzeln anzudeuten daß man eigent⸗ lich etwas ganz anderes meine. (Erneute Heiterkeit) Die Führung der Oyposition in den Richtervereinen hat in den Händen von politischen Beamten der Berliner Stgatsanwmaltschaft gelegen, und von soölchen Beamten, die der Minister erst in der letzten Zeit befördert hat. (Lebhaftes Hört, hört! links. Die Personalpolitik des Ministers bemüht sich zwar, zuverlässig zu sein. Es pflegt auch alle Jahre einmal vorzukommen, daß ein sozialdemokratischer Richter befördert wird. Als dies im letzten Jahre geschah, er⸗ schienen hinterher zmei Richtervereine in Audienz heim Justiz⸗ minister und wrotestierten dagegen. Im demokratischen Staat muß die Unabhängigkeit der Richter gewahrt, werden; aber die Richter müssen auch die Unahhängigkeit der Justizverwaltung wahren Das qute Verhältnis zwischen Parlament und Justiz- verwaltung, von dem der Minister sprach, bezieht sich nur auf die Strafabteilung. Das engherzige Verhalten der Zivilabteilung wird jedenfalls von meinen Freunden abgelehnt. Der Redner trug dabei u. a. den Fall einer Perserin vor, die sich in Köln mit' einem Weingutsbesitzer verheiraten will und der der Ministeraldirektor Lindemann von der Zivilverwaltung des Ministerinms den Dispens verweigerte, weil der Frau nach dem für sie gültigen Koran die Ehe mit einem Christen verboten sei. Lebhattes Hört, bört! Der Justizminister hat bei der Aufzählung der Gesetze an denen er mitarbeiten will, das hoffentlich bald fommende Reichsgesetz veraessen, das die Aufhebung der Renten der Standesherren aussvricht. Es ist unerträglich, daß noch heute Misssonen gezahlt werden für die Abgeltung des ius primae noctis und der Indenzinsen. Und wenn der Minister eifrige Ritarbeit an der Strafrechtsreform zugesagt hat, muß er den Aunssyrnuch des allseitig verehrten Gebeimrats Kahl bedenken, daß die Strafrechtsreform' nur kommen kann, wenn die Todesstrafe fällt. Sowjetrußland. Italien und andere Diktaturen brauchen, weil sie Diftaturen sind, die Todesstrafe und benutzen sie reichlich. Herode despglb aber muß die Republik sie aufheben, denn ihr stagtliches Wesen verträgt sie nicht. Danton mußte seinen Kopf auf den Block legen, weil er der Meinung war, daß der Staat genug Blut vergossen hat. Dem Justizminister rufen wir ein Wort Dantons zu in seinem Kampf für Abschaffung der Todes⸗ strafe: Nur Mut, Bürger, nur Mut! (Lebhafter Beifall.)

Abg. Dr. Dee rberg (D. Nat.) erklärte, die Rede des Abg. Heilmann (Soz.) zeige, daß die Verhandlungen im Plenum nicht von der Ruhe getragen zu sein schienen wie sie es im Hauptaus⸗ 6 gewesen wären. Er habe ein Zerrbild der Fustiz gezeichnet! Sehr richtig! rechts) Auch er, der Redner, sei in der Lage, un⸗ gerechte Urteile gegen rechts zu kxitisieren. Bezeichnend sei. daß im Stettiner Fememord zwei Geschworene fungieren sollten, die Kommunisten seien. Die Geschworenen hätten sich für un— befangen erklärt und das Gericht habe darauf den Antrag auf Ablehnung zurückgewiesen. Wie könnten aber Kommunisten über sogenannte Fememörder gerecht urteilen! Drei Monate Ge⸗ fängnis habe ein Polizeimajor erhalten, weil er ein verrostetes Maschinengewehr aus Nachlässigleit nicht beseitigt habe! Ist das

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Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 54 vom 5. März 1929. S. 4.

ein gerechtes Urteil? Jedenfalls dürften Ausnahmefälle nicht daran rühren, daß die preußische Justiz auf einer außerordent⸗ lich großen Höhe gestanden habe. Der Redner behandelt sodann eingehend den Fall des Oberleutnants Schulz. Die Unruhe über dieses Urteil müsse beseitigt werden. In einer Entscheidung über Leben und Tod sei ein unhaltbares Urteil gefällt. Die schwersten Zweifel an diesem Urteil würden auch von Gelehrten von Rang zum Ausdruck gebracht, von Professoren und Per⸗ sönlichkeiten aus den verschiedensten Berufskreisen. Auch von Linkskreisen werde eine Revision gefordert. So habe selbst eine republikanische Zeitschrift das Urteil abfällig kritisiert. Auch der Verteidiger bon Hölz, fuhr der Redner fort, ist für Schulz ein⸗ getreten; er hat gesagt, daß das gesamte Bild von Schulz völlig verzerrt worden sei, daß er nach seiner Ansicht aus rein idealen Gründen gehandelt habe. Eine Revision des Urteils muß kommen! Das Gericht hat dem zum Tode Verurteilten die Ehrenrechte nicht aberkannt, weil er aus vaterländischen Gründen gehandelt habe. Wenn das Urteil nicht vollstreckt wird ist das eine Vergünstigung? (Zuruf rechts: Nein Wäre das Beil über Schulz gefallen, so wäre es nicht nur gefallen über einem der besten deutschen Männer, sondern über die ganze deutsche Justiz! (Zuruf aus der Mitte: Wie steht es also mit der Ab⸗ schaffung der Todesstrafe?! Der gesamte Indizienbeweis, der sich auf ein Telephongespräch stützt, ist zusammengebrochen. Die aus— schlaggebende Aussage wurde abgegeben von einem Zeugen, der

um seinen Kopf kämpfte und auf ein milderes Urteil hoffte, wenn er Schulz belastete. Die Polizeiberichte über diesen Zeugen, der wegen Betruges, Unterschlagung usw. vorbestraft war, sind die denkbar ungünstigsten. Der Verteidiger des Oberleutnants Schulz hat über diesen Zeugen neuerdings festgestellt, daß er das von ihm unterzeichnete Honorarabkommen aus dem Rechtsan— waltsbüro gestohlen hat. (Hört, hört!! Und das Zeugnis dieses Herrn von Poser, eines solchen Zeugen, wird zur Unterlage genommen, um einen der besten und ehrenwertesten Männer zum Tode zu verurteilen! (Hört, hört! Alles spricht dagegen, daß Schulz die Täter angestiftet hat! Wer hat Wilms getötet? Eine Gruppe von Menschen aus den oberschlesischen Kämpfen, die in Döberitz und Rathenow sich in den Arbeitskommandos befanden und die gewillt waren, eigene Strafjustiz gegen Verräter zu üben, gegen Verräter, die das ganze System an den Feind ver⸗ raten wollten. Und diese Leute sollten sich haben anstiften lassen? Sie hatten eigene Initiative genug, Verräter beiseite zu. schaffen! Das Gericht aber sagt, ein Kopf müsse das Ganze geleitet haben. Wo liegt hier die Logik? Diese entschlossenen Leute brauchten den Entschluß zur Tat nicht wecken lassen also ent— fallen die Voraussetzungen für die Anstiftung! So haben denn auch alle auf das bestimmteste ausgesagt, daß sie von Ober⸗ leutnant Schulz nicht angestiftet worden seien. Sehen Sie sich die ganze Persönlichkeit des Oberleutnants Schulz an! Er war nicht ein Mann, einen Mord zu begehen oder zu einem solchen anzustiften. Auch sein Regimentskommandeur hat ihm ein glänzendes Zeugnis ausgestellt und ihn geschildert als den Tapfersten der Tapferen, den besten Kameraden! Als einen Mann, streng und gerecht, von glühender Vaterlandsliebe beseelt und von fast kindlich weichem Gemüt, das Vorbild eines preußischen Offiziers. Und einen solchen Mann, der nur das Beste für sein Land wollte und sich auch dem neuen Staat zur Verfügung stellte, hat man auf Grund eines solchen Zeugen zum Tode verurteilt. In allen anderen Prozessen ist festgestellt worden, daß er nicht der Anstiftung sich schuldig gemacht habe. Und ausgerechnet im Fall Wilms soll er angestiftet haben? Und ein Moment ist auch von den Verteidigern nicht vorgebracht. In einem späteren Prozeß hat Schulz auf die Frage des Rechts⸗ anwalt Appelt beschworen, daß er von der beabsichtigten Tötung des Wilms keine Kenntnis gehabt habe. Kann man über den Schwur eines solchen Mannes wie des Oberleutnants Schulz einfach zur Tagesordnung übergehen. Und warum hat man, wenn man ihm nicht glaubte, nicht das Meineidsverfahren einm geleitet? Offenbar, weil die Staatsanwaltschaft selbst den Eid für wahr hielt! Ich fordere den Landtag auf, für die Unschuld dieses Mannes einzutreten! Der Rechtsausschuß hat Fehlurteile geprüft und korrigiert. Er möge auch im Fall Schulz eingreifen und die Staatsanwaltschaft zum Wiederaufnahmeverfahren anweisen. Denken Sie an die verworrenen Zustände der Inflationsjahre. Wie kann man da die Dinge nachträglich richtig konstruieren? In anderen Fällen hat man das berücksichtiggt bei Schulz, der nur für Staat und Volk aus Idealismus gehandelt hat, ist man anderer Ansicht gewesen! Wer den Separatismus gesehen hat und seine Schreckenstaten, wer die Fälle von Verrat am eigenen Lande erlebt hat, wer sich erinnert, wie im Westen der Feind, im Osten der Pole einrücken wollte und im Innern der Bolschewismus drohte der weiß, wie die Dinge damals in Deutschland aussahen! Und da stellen Sie sich die Gemüts⸗ verfassung von Männern vor, wenn sie Verräter in ihren Reihen sahen! Da fragt es sich, ob hier objektiv und subjektiv über⸗ haupt von einem Delikt die Rede sein kann! Wenn ein Staat und ein Volk so in Not ist, wenn jeden Augenblick der Feind einbrechen will: Kann man da einen Notstand leugnen? Muß man starr daran festhalten, man dürfe einen Mann nicht töten, der offensichtlich Verrat begeht und die Gefahr des Einbruchs des Feindes heraufbeschwört? Ist da nicht Selbstjustiz das einzige Mittel? Diese Frage if ja auch auf die Frage des Professors Grimm von dem militärischen Sachxverständigen be⸗ jaht worden! Und von den einfachsten Soldaten will man ein anderes Urteil fordern! Herr Minister! Ihnen und dem ganzen Landtag rufe ich zu: Machen Sie das Unrecht gut, das an diesem Mann begangen worden ist. Auch der General von Seeckt hat ausgesprochen, daß sich den Arbeitskommandos gegenüber Fehl⸗ urteile ergeben müßten. Die Generalamnestie kann nicht genügen für einen Mann wie Schulz. Seine Handlung kann nicht der eines gemeinen Verbrechers gleichgestellt werden! Wenn unsere christliche Religion sich durch Jahrtausende als Religion des Volkes erhalten hat, so liegt das auch daran, daß Christus zum Tode verurteilt wurde, obgleich Pilatus das Wort aus⸗ sprach: Ich finde keine Schuld an ihm. Trotzdem mußte er aus politischen Gründen den Kreuzestod sterben! Nicht als Partei⸗ mann, sondern als gerecht denkender Deutscher sage ich Ihnen: Ich finde an Schulz keine Schuld. (Lebhafter Beifall rechts.) Abg. Rhiel (Z3entr)) erklärte Bemerkungen des Abg. Heil⸗ mann (Soz. gegenüber, der Minister habe nicht nur gelobt, sondern Licht und Schatten richtig verteilt. Den Fall Schulz wolle er nicht behandeln; das sei nicht Sache des Landtags⸗ plenums. Zu loben sei bei diesem Haushalt die Sparsamkeit, mit der er äufgestellt sei. Notwendig sei der Ausbau der Justiz= gebäude und bessere Sorge für die Bibliotheken der Gerichts⸗ behörden. Hier müßten mehr Mittel eingesetzt werden. Es müßten angesichts der großen Zahl der Hilfsarbeiter mehr plan⸗ 3 Stellen geschaffen werden. Der Redner behandelte die Frage der Vertrauenskrise in der Justiz. Die Presse habe nach dem Kriege es an ruhiger Beurteilung von Urteilen fehlen lassen. Das sei in den letzten Jahren durch die Initiative des Justizministers Dr. Schmidt besser geworden. Die, Urteile in Magdeburg und Prenzlau forderten allerdings stärkste Kritik heraus! Der Redner lehnte die Aufführung des Stückes „Die Verbrecher“ ab: die in dem Stück geübte Kritik ginge guch von völlig falschen Voraussetzungen aus. Der Zustand müsse auch aufhören, daß prinzipiell die beruflichen Richter angegriffen und die Laienrichter gelobt würden. Die Häufigkeit der Eide müsse eingeschränkt werden. Zu begrüßen sei die beabsichtigte Ein⸗ führung des Lose⸗Blatt-Grundbuchs Zu kritisieren seien die zu hohen Gebühren und Kosten, besonders auch in Angelegenheiten des Erbbaurechtes. Mit Rücksicht gerade auf die kleinen Leute sollte man in ,,, auf den vorherigen Nachweis der Zahlung der Prozeßkosten der 1. Instanz verzichten, damit diese Leute nicht um ihr Recht kämen. Zum Schluß forderte der

Redner den Minister auf den bisher beschrittenen Weg ent⸗— schlossen weiterzugehen. (Beifall beim Zentrum.)

Abg. Obuch (Komm ) betonte, die Justiz sei auch nur Menschenwerk, ausgeübt von Menschen auch zu staatlichen Zwecken. Die Vertrauenskrise betrachtet der Redner als einen Beginn der Erkenntnis, daß die Justiz nur ein in juxistische Formen gekleideter Kampf um soziale Machtfragen sei. Ob die Klassenjustiz eine monarchistische oder eine republikanische sei könne den großen Massen ganz gleichgültig sein. Diese Re zublik sei nicht einmal eine soziale Demokratie, sondern nur das Organ des Großkapitals, und die Justiz sei eine niedere kapitalistische Interessenjustiz. Die Opposition der Rechten gegen die Justiz sei lächerlich. Gegen Oberleutnant Schulz seien noch zwei andere Mordanklagen nicht erledigt. Der Redner wandte sich gegen das Eintreten Dr. Derbergs für die Haftentlassung des Ober⸗ leutnants Schulz; die Arbeitermassen würden eine solche nicht verstehen. Die Rede des bürgerlichen Justizministers set eine Einseifung des Parlaments gewesen Vizepräsident Dr. Wiemer erklärte diesen Ausdruck dem Minister gegenüber als unangemessen. Von den Laienrichtern würden viel zu wenig aus dem Arbeiterstande genommen. Der Entwurf des neuen

strafgesetzbuchs entspreche durchaus nicht dem modernen Rechts⸗

empfinden; er halte vor allem die Todesstrafe aufrecht. (Abg. Schulz⸗Neukölln Komm: Ein Schritt vorwärts, zehn Schritt rückwärts! Der Redner verteidigte die Anwendung der Todesstrafe in Sowjetrußland. Reichspräsident Ebert habe dagegen durch Bestätigung der Todesurteile von Ausnahme⸗ gerichten nach dem Kapp⸗Putsch in der leichtfertigsten, jg ver⸗ räterischsten Weise gegen die Arbeiter gehandelt (Vizepräsident Dr. Wiemer ersuͤchte den Redner, sich nicht in solcher Weise über den verstorbenen ersten Reichspräsidenten zu äußern) Der Redner sucht dann an einer Reihe von Beispielen die Parteilich⸗ keit der Justiz zuungunsten der Arbeiterklasse nachzuweisen. Zur Meineidsseuche bei der Justiz komme noch eine ganze Reihe anderer Seuchen, u. a. die Presseverfolgungsseuche. Beim Schutze der Arbeiterinteressen versage die Justiz.

Abg. Eichhoff (D. Vp.) erklärte, daß der Minister zugehagt habe, Parität walten zu lassen bei seiner Personalpolitik. Das müsse nun auch wirklich geschehen. Es sei sehr nützlich gewesen, daß diese Frage von ihm im Hauptausschuß angeschnitten worden sei. Dem Minister sei zuzugeben, daß in konfessionell einheitlich zusammengesetzten Gegenden die Anstellung von Richtern der⸗ selben Konfession nützlich sein könne. Aber das treffe doch ganz und gar nicht für alle Fälle zu. Man habe die Erfahrung ge⸗ macht, daß die Bevölkerung auch mit Richtern von einer anderen Konfession durchaus gut ausgekommen und gut gefahren sei. Auf jeden Fall trete bei größeren Gerichten das konfessionelle Moment vollständig zurück. Hier dürfe nur allein das sachliche Moment ausschlaggebend sein. Es müsse also ein, Ausgleich erfolgen und dazu könne auch eine Konfessionsstatistik dienlich sein. Aber seine Fraktion lehne es ab, eine Konfessionsstatistit zu dem Zweck aufzunehmen, um den Besitzstand irgendeiner Konfession zu garantieren. Sie sei unter allen Umständen gegen eine schema⸗ tische Anwendung der konfessionellen Gesichtspunkle. Der Redner wies darauf hin, daß im Bezirk Köln zurzeit sämtliche leitenden Stellen mit Katholiken besetzt seien. Auf eine Aenderung dieses Zustandes müsse der Minister Bedacht nehmen. Es würde sicher⸗ lich zur Festigung des Vertrauens in seiner i ,, bei⸗ tragen, wenn man sehe, daß er auch Ausnahmen von seinen kon fesstonellen Gesichtspunkten machen könne. Für einen evange⸗ lischen Rheinländer sei es ein niederdrückendes Gefühl, daß er in seiner eigenen Heimat nicht fortkomme, weil er nicht Katholik sei. Vielleicht biete sich Gelegenheit, bei der Besetzung der zwei freien Präsidentenstellen in Westfalen, wo bisher von acht Stellen sechs mit Katholiken besetzt seien, einen Ausgleich herbeizuführen. Durchaus zu begrüßen sei die Erklärung des Ministers, daß er keine Gesinnungsschnüffelei leide, sondern sich nur nach dem Beschlusse des Landtags von 1922 richte, wenn er die Frage nach der Einstellung zur heutigen Staatsform stelle. Bedauerlich bleibe die Bevorzugung solcher Leute, deren Re⸗ publikanertum erst allerneuesten Darums ei und die sich erst in jungster Zeit plötzlich zu den Regierungsparteien bekannt hätten. Charakterfeste Männer seien dies häufig nicht und ihr Verhalten wirke nicht vorbildlich. Auch würden häufig durch diese Bevor= zugung dienstlich besser Qualifizierte zurückgesetzt. Die Gebunden⸗ heit des Ministers an die Parteien sei allerdings bekannt und erkläre manches. Das dürfe aber nicht zur Politisierung der Justiz führen. Erfreulicherweise werde zugegeben und auch von der anderen Seite anerkannt, daß die Vertrauenskrisis abebbe. Aber wenn man schon Gründe gegen die Justiz suchen wolle, so finde man schon solche, um sie anzugreifen. So habe man jetzt die Meineidskampagne begonnen, obwohl doch feststehe, daß die Richter nur die bestehenden le,. anwendeten, worgus man ihnen unmöglich einen Vorwurf machen könne. Seine Partei sei uach gegen eine allzu starke Vermehrung der Eide. Sie hoffe, daß au dem Wege der Reichsgesetzgebung hier Abhilfe geschaffen werde. Die Angrifse der „Deutschen Zeitung“ auf seine Ausführungen über die Urteile in Fällen der Verletzung des Republikschutzgesetzes im Hauptausschuß müsse er energisch zu rückweisen. Er erkläre wiederholt, daß er Urteile, die dem Interesse der heutigen Staats⸗ form nicht gerecht würden, bedauern müsse. Schließlich empfahl ber Redner die Annahme des Doppelrichterantrags, trug Wünsche der Beamten und Notare vor, bat um Förderung der Gerichts- hilfe und erklärte eine Bereinigung der Grundbücher für not- wendig. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)

Abg. Dr. Grzim ek (Dem) bekannte sich zum Grundsatz der Unabhängigkeit der Richter. Man müsse aber, wie sich die Dinge nun einmal entwickelt hätten, prüfen, wie diese Unabhängigkeit am besten Bestand haben könne. Es habe sich gezeigt, . auch die Rechte Oppositionsreden gegen die Richter halte, wie es stark aus der Rede des Abg. Dr. Deerberg geklungen habe, (Sehr wahr! links. Im deutschnalionalen „Oderboten“ werde aus Anlaß des Stettiner Femeprozesses dem Oberstaatsanwalt „sture Zwie⸗ spältigkeit“ vorgeworfen und hinzugefügt, er habe sich Scheu klappen umgelegt. (Hört, hört! links und Rufe: „Das verstehen Sie unter Staatsautorität!“ Einer der richterlichen Beisitzer werde als Mann mit „versonnenem Wasserkopf“ geschildert. (Heiterkeit) Diese Angriffe unterschieden sich nur dadurch von denen der Linken, daß sie scharf persönlich zugespitzt seien, wäh— rend die Linke sich lediglich gegen die Sache wende. In allen Ländern mit Rechtsregierung, insbesondere in den Diktgturen, ereigne sich stets zweierlei; Die Freiheit der Presse verschwinde und in ihrem Gesetze die Unabhängigkeit der Richter. Die Un= abhängigkeit der Richter müsse verknüpft sein mit der Freiheit der Kritik; und der Richter habe die Wahl, entweder diese Kritik zu dulden und auch einmal auf sie zu arg oder er müsse auf das Palladium der richterlichen Unabhängigkeit verzichten.

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

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6 9 8 Nr. 55. Neichsbantgirotont. Verlin, Mittwoch, den 6. März, abends. Postschecttonto: Berlin A621. 1929 Inhalt des amtlichen Teiles: durch erneute Zulassung des Bildstreifens vom 23. Februar 1929 betreten und verlassen, dort reisen, sich dort aufhalten und nieder—⸗

Deutsches Reich.

Bekanntmachung über den Londoner Goldpreis.

Bekanntmachung der Filmprüfstelle Berlin, lassungskarten.

Anzeige, betreffend die Ausgabe der Nummer 10 des Reichs⸗ gesetzblatts Teil II.

Im Nichtamtlichen Teil

ist das deutsch· persische Niederlassungsabkommen sowie das Handels- Zoll= und Schlffahrtsablommen zwischen dem Deutschen Reich und Persien veröffentlicht.

betreffend Zu⸗

Amtliches.

Deutsches Reich.

Get annt machung

über den Londoner Goldpreis gemäß § 2 der Ver— ordnung zur Durchführung des Gesetzes über wert— beständige Hypotheken vom 29. Juni 1923 (RGBl. 1 S. 482). Der Londoner Goldpreis beträgt sür eine Unze Feingold . 84 sh 103 d, für ein Gramm Feingold demnach .. 32,7576 pence. Vorstehender Preitz gilt für den Tag, an dem diese Bekannt⸗ machung im Reichsanzeiger in Berlin erscheint, bis einschließlich des Tages. der einer im Reichsanzeiger erfolgten Neuveröffentlichung borausgeht. Berlin, den 6. März 1929

Reichsbankdirektorium. Dreyse. Fuchs.

Bekanntmachung, betreffend Zulassungskarten.

1. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 284 vom 28. De—⸗ zember 1928 „Nachtgestalten (Nur ein Gassenmädel) sind ab 26. Fe— bruar 929 ungültig. Nur die durch erneute Zulassung des Bild— streifens vom 31. Januar 1929 unter Prüfnummer 21 552 mit gleichem Haupttitel erteilten Zulassungskarten sind gültig.

2. Die Zulassungé karten Prüfnummer 7769 vom 10. Oktober 1923 „Das unbekannte Morgen“ sind ab 26. Februar 1929 ungültig. Nur die durch erneute Zulassung des Rildstreifens vom 11. Februar 1929 unter Prüfnummer 21 57? mit dem neuen Haupttitel „Schicksal,

Deine Wege sind wunderbar“ erteilten Zulassungskarten sind gültig. 3. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 290 vom 29. Dezember 1928 Der lebende Leichnam“ sind ab 28. Februar 1929 ungültig. Nur die durch erneute Zulassung des Bildstreifens vom 13. Februar 1929 unter Prüfnummer 21 687 mit gleichem Haupttitel erteilten Zulassunaskarten sind gültig. . 3

4. Die Zulassungskarten Prüfnummer 18 730 vom 16. April 1928 „Das arößte Oyfer‘ sind ab 1. März 1929 ungültig. Nur die durch erneute Zulassung des Bildstreifens vom 14. Februar 1929 unter Prüäfnummer 21 712 mit gleichem Haupttitel erteilten Zu— lassungekarten sind gültig ;

„5H. Die Zulassungskarten Prüfnummer 82 vom 6. Juli 1920 Die Luftvirgten' sind ab 6. März 1929 ungültig. Nur die durch eineute Zulassung des Bildstreisens vom 15 Februar 1929 unter Prüfnummer 21 726 mit dem Haupttitel „Luftpiraten“ erteilten Zu— lassungskarten sind gültig. ;

6. Die Zulassungékarten Prüfnummer 21 103 vom 14 Dezember 19283 Der Fall Sonia Petrowa. Die Seuche der Abtreibung vor dem Volksgericht“ sind ab 2. März 1929 ungültig. Nur die durch erneute Zulaßsung des Bildstreifens vom 15. Februar 1929 unter Prüfnummer 21 717 mit dem neuen Haupttitel Der Fall Sonsa Petrowa Glück und Leid der Liebe. Die Seuche der Abtreibung vor dem Volkegericht“ erteilten Zulassungskarten sind gültig.

7. Die Zulassungekarten Prüfnummer 604 vom 19. Oftob 1920 „Der Verächter der Todes“ sind ab 2. März 1929 ö Nur die durch erneute Zulassung des Bildstreifens vom 15. Februar 1929 unter Prüsnummer 21 727 mit gleichem Haupttitel erteilten Zulassungskarten sind gültig.

53. Die Zulassungs karten Prüfnummer 21 414 vom 14. Januar 1929 Elternpflichten in der gefiederten Welt“ sind ab 28. Februar 1929 ungültig, wenn sie nicht berichtigt sind. .

J. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 068 vom 5. Dezember 1928 „Vorsvannfilm Rutschbahn“ sind ab 28. Februar 55 un⸗ aũltig wenn sie nicht den Haupttitel ‚Vorspannfilm: Rutschbahn. Schicksalekämpfe einer Sechzehnjährigen“ tragen

10. Die Zulassunge karten Prüsnummer 21 061n vom 5. Dezember 1928 Rutschbahn' sind ab 28. Februar 1929 ungültig ö sie nicht den Haupttitel Rutschbabn. Schicksalskämpfe einer Sechzehn. jährigen“ tragen.

11. Die Zulassungskarten Prüsnummer 21 2366 vom 4. Januar e Die Abenteurer G. m. b. H. sind ab 9. Mär; 1929 ungültig. 16 die durch eineute Zulassung des Bildstreifens vom 22. Februar 9 9 unter Prũfnummer 21 762 mit dem Hauvttitel „Abenteurer

m. b. H.“ erteilten Zulassungefarten sind gültig.

12. Die Zulassungs arten Prüsnummer 21 288 vom 28. Dezember

Schiff in Not“ erteilten Zulassungskarten sind gültig. Berlin, den 27. Februar 1929. Der Leiter der Filmprüfstelle. Mildner.

Bekanntmachung.

des Reichsgesetzblatts Teil! enthält:

völkerung, vom 27. Februar 1929. Umfang 4 Bogen. Verkaufspreis 0, s5 RM. Berlin, den 5. März 1929.

Reichsverlagsamt. Dr. Kaisenberg.

Nichtamtliches.

Dentsches Reich.

. Reich srat hat in seiner gestrigen öffentlichen Voll sitzung einen Gesetzentwurf zur Regelung älterer staat licher Renten angenommen.

darin im einzelnen aufgeführt. Nach dem Bericht des Nach

25 Prozent. Die Geltendmachung ist an eine Ausschlußfrist gebunden. Bei Werten über soll ein Senat des Reichsgerichts und

darunter das zuständige Oberlandesgericht

Bayerns angenommen.

lassungsabkom mens sowie des

und persischen Bevollmächtigten unterzeichet worden sind. Die Abkommen sind noch nicht in Kraft, unterliegen vielmehr noch der Zustimmung der deutschen wie der persischen an der Gesetzgebung beteiligten Körperschaften.

Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien Der Deutsche Reichspräsident und

Seine Kaiserliche Majestät der Schah von Persien, von dem Wunsche beseelt, entsprechend dem Freundschafts⸗ vertrag vom heutigen Tage das Niederlassungsrecht der deut⸗ schen Staatsangehörigen in Persien und der 9 Staats⸗ angehörigen in Deutschland zu regeln, haben beschlossen, ein Niederlassungsabkommen abzuschließen, und haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt,

Der Deutsche Reichspräsident:

Herrn Ixiedrich Werner Graf von der Schulenburg, Deutschen Außerordentlichen Gesandten und Bevoll⸗ mächtigten Minister in Teheran,

Seine Kaiserliche Majestät der Schah von Persien:

Seine Exzellenz Herrn Mirza Mohamed Ali Khan Far⸗ zine, Gerenten Seines Ministeriums der Aus⸗ wärtigen Angelegenheiten,

die nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten die nachstehenden Be— stimmungen vereinbart haben:

Artikel.

Die Angehörigen des einen vertragschließenden Stagtes werden in dent Gebiete des anderen Stgates hinsichtlich ihrer Person und ihrer Güter nach den Grundsätzen nd der Uebung des allgemeinen Völkerrechts aufgenommen und behandelt. Sie genießen dort den ständigen Schutz der Landesgesetze und behörden für ihre Person und für ihre Güter, Rechte und Inter⸗ essen. Sie können unter der Bedingung, daß, und solange als ie die auf diesem Gebiet geltenden Gesetze und Verordnungen

528 Schiff in Rot? sind ab 16. Piärz 1529 ungültig. Nur die

obachten, das Gebiet des anderen verträgschließenden Staates

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 16

die Richtlinien über Gesundheitsfürsorge in der versicherten Be

Nachstehend wird der deutsche Wortlaut des Nieder⸗ ! Handels⸗, Zoll⸗ und Schiffahrtsabkommens h , . die am 17. Februar 1929 in Teheran von dem deutschen

unter Prüfnummer 21 781 mit dem neuen Hauyttitel 8. O. S8.

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Die in Betracht kommenden Renten privaten oder öffentlich⸗rechtlichen Ursprungs werden richtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger werden die Rentenverpflichtungen normal in Höhe von 8 Prozent auf⸗ gewertet, bei Abfindung für Aufgabe von Grundbesitz auf

bestimmte 10 000 M bei Werten 9 i entscheiden. Auch der Weg des Güteverfahrens ist zugelassen. Hatten die Parteien bereits früher ein Schiedsgericht verabredet, ohne daß es zum Schiedsspruch kam, so soll jeder Partei ein Rückgriffs— recht zustehen. Die Landesgesetzgebung erhält das ausdrückliche Recht, im Rahmen der Grundsätze des Gesetzentwurfes auch noch andere Rentenverpflichtungen neu festzusetzen oder abzu— lösen. Die Ausführungsbestimmungen fel nen der Zustim⸗ mung des Reichsrats. Das Gesetz wurde gegen die Stimme

lassen. In allen diesen Angelegenheiten genießen sie eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die den Angehörigen des meist—

begünstigten Staates gewährte Behandlung. Die vorstehenden Vorschriften hindern jedoch keinen der ve

tragschließenden Staaten, jederzeit Bestimmungen zu treffen, um die Einwanderung in sein Gebiet zu regeln oder zu verbieten, lofern diese Bestimmungen nicht eine Maßnahme unterschiedlicher Behandlung darstellen, die besonders gegen alle Angehörigen des anderen vert . s

a schIlioß 80 . . igschließenden Staates gerichtet ist

Arti tel 2

Die Bestimmungen dieses Vertrages beeinträchtigen nicht das Recht jedes der vertragschließenden Staaten, Angehörigen des anderen Staates im einzelnen Falle infolge gerichtlicher Verfügung oder aus Gründen der inneren oder äußeren Sicherheit des Staates oder auch aus Gründen der Armen⸗, Gesundheits- und Sittenpolizei den Aufenthalt zu versagen.

Die Ausweisung wird unter Bedingungen rungen der Hygiene werden.

r Bedi, „die den Anforde⸗ und Menschlichkeit entsprechen, durchgeführt

Artikel 3

. Die Angehörigen jedes vertragschließenden Staates haben im Gebiet des anderen Staates, sofern sie die Landesgesetze und ver⸗ ordnungen beobachten, das Recht, in gleicher Weise wie die In- länder jede Art von Gewerbe und Handel zu betreiben und jedes Sandwerk und jeden Beruf auszuüben, soweit es sich nicht um ein Staatsmonopol oder um die Ausbeutung eines vom Staate verliehenen Monopols handelt.

Diese Vorschrift findet auch insoweit keine Anwendung 5

Fjiogens . . zy MI * . d . die Eigenschaft als Inländer nach den genannten Gesetzen 18 Verordnungen eine unerläßliche Bedingung für die Ausübung

eines Berufes bildet

Attiengesellschaften und Handelsgesellschaften jeder Art ein⸗

schließlich der Industrie⸗ Finanz, Versicherungs⸗, Verkehrs- und Transportgesellschaften, die im Gebiet des einen vertragschließenden Staates ihren Sitz haben und gemäß den Gesetzen des Landes ihres Sitzes errichtet und anerkannt sind, werden auch in dem Gebiet des anderen Staates in ihrer Rechts-, Geschäfts- un Prozeßfähigkeit anerfannt. . . Ihre Zulassung zur Ausübung einer geschäftlichen Tätigkeit im Gebiet des anderen Staates bestimmt sich nach den dort geltenden Gesetzen und Vorschriften.

Hinsichtlich der Voraussetzungen ihrer Zulassung, der Aus— übung ihrer Tätigkeit und in jeder enderen Beziehung können die genannten Gesellschaften unter der Bedingung, daß sie die Gesetze und Vorschriften des Niederlassungsstaates beobachten sich dort jeder Handels- und Gewerbetätigkeit widmen, der sich gemäß Artikel 3 die Angehörigen des Landes, wo sie errichtet worden sind, widmen können. Die genannten Gesellschaften müssen in jeder Beziehung wie die gleichartigen ünternehmungen der meift— begünstigten Nation behandelt werden

Artikel 5 „Die Angehörigen und die in Artikel 4 aufgeführten Gesell⸗ schaften des einen vertragschließenden Staates genießen im Gebiet des anderen Staates sowohl für ihre Person wie für ihre Güter Rechte und Interessen in bezug auf Steuern, Gebühren und Ab= gaben jeder Art sowie alle anderen Lasten fiskalischen Charakters in jeder Beziehung bei den Finanzbehörden und Finanzgerichten die gleiche Behandlung und den gleichen Schutz wie die Inländer.

. Die Angehörigen jedes der vertragschließenden Staaten haben im Gebiet des anderen Staates, wenn sie die dort geltenden Gesetze und Verordnungen beobachten, das Recht, dort jede Art von Rechten und von beweglichem Vermögen zu erwerben, zu besitzen ünd zu veräußern. Sie werden in dieser Hinsicht wie die Angehörigen der me begůnsti gten Nationen behandelt. Hinsichtlich der Grundstücke und der Rechte an Grundstücken werden die Angehörigen jedes der vertragschließenden Staaten im Gebiet des anderen Staates in jedem Falle wie die An— gehörigen der meistbegünstigten Nation behandelt. Bis zum Ab— ö eines besonderen Abkommens besteht Einverständnis, daß ie deutschen Staatsangehörigen in Persien nur berechtigt sind, Grundstücke, die sie als Wohnung und zur Ausübung ihres Be— rufes oder Gewerbes benötigen, zu erwerben, innezuͤhaben oder zu besitzen. . Artikel 7 Die Wohnungen und alle Grundstücke, die von Angehörigen eines vertragschließenden Staates im Gebiet des anderen Staates in Uebereinstimmung mit den Vorschriften dieses Abkommens er— worben, besessen und gemietet werden, können Haussuchungen oder Durchsuchungen nur unter den gleichen Bedingungen ünd Förmlichkelten unterworfen werden, die durch die für Inländer geltenden Gesetze dog rieben sind. Ebenso . Geschäftsbücher, Abrechnungen oder Urkunden irgendwelcher Art, die sich in den Wohnungen oder Geschäfts⸗ räumen der Angehörigen des einen vertragschließenden Staates im Gebiet des anderen Staates befinden, nur unter den Be— dingungen und Förmlichkeiten einer n oder Beschlagnahme unterzogen werden, die durch die gektenden Gesetze für die In— länder vorgeschrieben sind. en Die Angehörigen jedes vertragschließenden Staates genießen im Gebiet des anderen Staates in allem, was den . und behördlichen Schutz ihrer Person und ihrer Güter angeht, die gleiche Behandlung wie die Inländer. Sie haben insbesondere freien und völlig unbehinderten Zu⸗ tritt zu den Gerichten und können vor Cell unter den gleichen Bedingungen wie die Inländer auftreten. Jedoch werden bis

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