Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 67 vom 20. März 1929. S.
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lediglich, wie früher in Preußen, eine Ermächtigung an den Finanzminister oder eine Verpflichtung für ihn sei. Abg. Dr. Schreiber (Z3entr): Das Reichsfinanzministerium hat der suggestiven Wirkung des Salzburger Juristentags nachgegeben Die Reichshaushaltsordnung solle das stabile finanzpolitische Element darstellen, das Etatgesetz den notwendigen labilen Faktor. Wenn man die Stellung des Reichsfinanzministeriums stärken will, so darf dabei die Verantwortlichkeit der Ressorts nicht er⸗ schlaffen. Die Ausgabebewilligung wird praktisch, aber auch etatrechtlich die Ausgabewirkung nach sich ziehen. Darunter darf
das unerläßliche Moment der Wirtschaftlichkeit night leiden. Ministerialdirektor Dr. Graf von Schwerin: Wir haben
nicht die Beschlüsse des Juristentages zugrunde gelegt, sondern sie nur erwähnt, um auf die dort behandelten Grundsätze und Probleme des Etatsrechts nochmals aufmerksam zu machen. Die Ressorts müssen mehr und mehr das Gefühl bekommen, daß sie sparen müssen, auch ohne Druck des Finanzministers oder des Sparkommissars In Amerika ist das ein Sport der Ressorts geworden. Auch das Budgetrecht des Reichstags wird durch diese Vorlage gestärkt. Das Budgetirecht des Reichstags wird durch einen Notetat beeinträchtigt. Die „Vorherigkeit“ des Budgets wird durchbrochen entweder 1. durch einen Nachtragsetat oder 2. durch die über- und außerplanmäßigen Ausgaben. Er (Redner) halte es für zweckmäßiger, bei unvorhergesehenen Ausgaben von einem Nachtragshaushalt abzusehen, denn dessen Vorlage steigere erfahrungsmäßig die Neuanforderungen. Die Vorgriffe seien ja auch nichts anderes als überplanmäßige Ausgaben. Die Ueber⸗ tragbarkeit der Fonds sei gerade im Interesse der Sparsamkeit eingeführt und habe sich in der Vorkriegszeit auch dahin bewährt. Sie vermeide, daß die noch nicht verausgabten Summen am Schluß des Rechnungsjahres unwirtschaftlich ausgegeben würden. Die politische Frage, die von den Vorrednern angeschnitten worden sei, ob Ausgabeermächtigung oder verpflichtung, sei in der Be⸗ gründung nicht entschieden worden. Diese Frage werde dem⸗ nächst im Zusammenhang mit einer Petition im Unterausschuß zu klären fein. Abg. Torgler (Komm.) widersprach der Auf⸗ fassung, daß Nachtragsetats nur Anreiz für die Ressorts und die Parlamente zu neuen Ausgaben seien. Die Wirtschaft mit den überplanmäßigen Ausgaben sei gefährlicher. Die Vorgriffs wirtschaft sei auch nur ein Weg, illegal das zu erreichen, was die Ressorts legal nicht erreichen könnten. Die Ressorts könnten sich leider fast immer auf die Zustimmung des Finanzministeriums berufen. Die Verschärfung der Haushaltsordnung werde leider daran schwerlich etwas ändern. Abg Bernhard (Dem.) forderte vom Finanzminister schärfere Kontrolle der „Reste“, die angesammelt würden. Die Titelausschaltung sollte nur bis zu einem gewissen Grade gehen, damit der Zweck noch erkannt werde. Er könne die Kritik an dem Wege des Nachtragsetats gegenüber den überplanmäßigen Ausgaben nicht teilen. Er erinnere an die Dienstwohnung des Ministers Curtius, die habe gebaut werden müssen, obwohl Curtius selbst erklärt habe, er ziehe nicht hinein, und die dann ein Jahr lang leergestanden habe, Hier wäre ein Nachtragsetat doch richtiger gewesen. An ein Ressort⸗ ethos glaube er nicht. Er würde gern die Stellung des Reichs⸗ finanzministers auch gegenüber dem Reichstag stärken, aber die Abgrenzung sei schwierig. Denn tatsächlich werde daraus, wenn der Staatssekretär so kraftvoll sei, wie der jetzige im Finanzministerium, eine Dikigtur der stabilen Büro⸗ kratie gegenüber den wechselnden Ministern. Ein suspensives Veto fei aber dem Finanzminister vielleicht zu geben, mit dem er gewisse Posten dem Parlament zurückreiche. Abg. Hergt (D. Nat.) mearhte darauf aufmerksam, daß, wenn man zu eingehende einengende Vorschriften schaffe, man dadurch die freudige Mitarbeit der Ressorts in ihren Feinheiten völlig ertöte und das Gegenteil von dem erreiche, was man wünsche. Redner wandte sich auch gegen die Art, wie die „illegalen“ Deckungsfähigkeiten hier behandelt werden, auch vom Unter⸗ ausschuß. Es komme dann die Reaktion der Ressoris gegen diese Einengung. Neben dem Etat herlaufend könne der Reichstag — also neben der Ermächtigung zur Ausgabe — noch eine gesetz⸗ liche Verpflichtung für den Finanzminister zur. Ausgabe schaffen. Zum Mißtrauensvotum gegen den Finanzminister könne man im äußersten Falle greifen Abg. Stücklen (Soz) widersprach der Auffassung, daß die Ermächtigung des Finanzministers zur Aus⸗ gabe keine politische Verpflichtung enthalte. Erhebe man das zum Gesetz, so sei der ganze Etat nur ein Wunschzettel des Reichs⸗ lags. Das gehe nicht an. Redner erwähnte den einstigen Vor⸗ schlag, z. B. den Wehretat nur in einer bestimmten Summe zu bewilligen, deren Verteilung man dem Wehrministerium über⸗ lasse. Der Reichstag müsse nach seiner Meinung unsinnige Forde⸗ rungen ablehnen. Er habe starke Bedenken gegen jeden Nach⸗ tragsetat. Außerplanmäßige Ausgaben könnten so plötzlich auf⸗ treten, daß ein Nachtragsetagt nicht mehr gemacht werden könne. Man könne vielleicht den Ausweg wählen, daß alle Monat ein Nachweis der überplanmäßigen Ausgaben gegeben werde. Abg. Dr. Qu aatz (D. Nat. vermißte die Anwesenheit des Ministers. Medicus curat se ipse. Der Reichstag, der Parlamentarismus gingen gleich zu zwei Aerzten, dem Haushaltsausschuß und, dem Rechtsausschuß. Das sei schon im gewöhnlichen Leben unrichtig. Der Rechlsausschuß sei hier gewiß entbehrlich. Im Finanz⸗ ministerium würden Studien über das Etatrecht anderer Länder gemacht; er bitte, diese Studien auch den Untertanen, dem Aus⸗ Hhuß zugänglich zu machen. Renner kritisierte dann die Form ber Vorlage über die Reichshaushaltsordnung. Praktisch sei die Forderung unmöglich zu erfüllen, daß man für jede Ausgabe, bie man wünsche, zugleich die Einnahme bestimme. Die Ein⸗ nahmen des Reiches seien ja keine addierten Posten wie etwa die eines Warenhauses. Eine gewisse Elastizität brauche jeder Etat, Uebertragbarkeit und gegenseitige Deckungsfähigkeit seien nicht zu entbehren; sie dürften aber nicht ausarten. Den Rest einfach am 1. April zurückzunehmen, verhindere unter Umständen, z. B. bei begonnenen Arbeiten, Sparsamkeit. Mißbrauch sei natürlich möglich und müsse unterbunden werden. Redner erinnerte an die Sorgen, die bei Kanalbauten entständen, und ,. wie früher in Preußen, neben dem Etat ein besonderes Anleihegesetz zu machen. Ministerialdirektor Dr. Graf von Schwerin
ir . bereits erklärt, jede neue Anforderung von Mitteln für das Extraordinarium, zum Beispiel für jeden neuen Kanal⸗ bau, in Form eines Sondergesetzes zu stellen, aber zur Voll⸗ ständigkeit des Etats diese Ausgabe auch in den Etat einzustellen. Damit haben wir die Vorteile der früheren preußischen Uebung mit unserem Etat auch verbunden. Vorsitzender Abg. Heimann (Soz.) machte darauf aufmerksam, daß das Wichtigste die Fertig⸗ stellung des Sachetals sei, die sofort nach Ostern in Angriff ge⸗ nommen werden müsse. Die hier aufgeworfenen Fragen seien außerordentlich interessant, erforderten aber zu ihrer. Lösung gründliches Studium und längere Zeit, als der Ausschuß gegen⸗ wärtig zur Verfügung habe. Er bitte deshalb, gegenwärlig von einer grundlegenden Aenderung des Etatsrechts abzusehen und sich auf die Einarbeitung der Erfahrungen von 1927 und 1928 in das Etatgesetz 1929 zu beschränken. Die sachliche Inangriff⸗ nahme des Etats 1929 dürfe nicht verzögert werden. Die Novelle bringe 32 Abänderungen; vielleicht könne die Regierung hergus⸗ ö. was unentbehrlich notwendig sei. — Ueber diesen Vor— lag einer Zwischenlösung entspann sich eine längere Erörte⸗ rung zur . dabei wurde geltend gemacht, daß man dann beim bisher geübten System verbleibe, also am Etat 1929 gewissermaßen einmal eine Probe mit den neuen Bestim⸗ mungen mache, die der Rechnungsunterausschuß vorschlage. Für die Theorie des Etatsrechts solle man eine Beratung ansetzen, wenn man die drängenden praktischen Aufgaben erledigt habe. Auf Anfrage des Abg. Heim ann (Soz.), wie lich die Regierung dazu stelle, erwiderte Ministerialdirektor Dr. Graf von Schwerin: Wir haben nur solche Dinge in die Novelle auf⸗ genommen, die aus den Beratungen des Unterausschusses oder
aus den Entschließungen des Reichstags, aus den Denkschriften des Rechnungshofes oder aus sonstigen Notwendigkeiten hervor⸗ gegangen sind, alles Aenderungen, in denen wir glaubten, mit dem Reichstag konform zu gehen. Ministerialrat Dr. Win zer⸗ ling unterstützte diese Ausführungen vom Standpunkt des Rechnungshofes aus. Abg. Dr. Schreiber (Zentr. trat für Vertagung der Novelle und aller grundsätzlichen Fragen zum Etatsrecht ein, da sie gründlich jetzt nicht mehr zu erledigen seien. Beschlossen wurde, die Beratung über die Novelle zur Haushalts⸗ ordnung auf spätere Zeit zu vertagen und zunächst wie bei den früheren Etats auch im Haushalt 1929 zu verfahren. Die Vor⸗ chriften, die mit Rücksicht auf die Vorlage der Novelle nicht in das Etatsgesetz 1929 aufgenommen worden sind, sollen nunmehr in dieses hineingefügt werden. — Die weitere Beratung des Rechnungsunterausschusses wurde vertagt.
Der Haushaltsausschuß des Reichstags setzte am 19. d. Mts. die weitere Beratung des Berichts des Rechnungsunterausschusses über die Reichshauhaltsrechnung 19237 fort. Abg. Heinig (Soz.) bat als Berichterstatter um Annahme des Berichtes. Abg. Dr. Schreiber (entxr.) stellte fest, daß er nicht in allen Einzelheiten der Fassung mit dem Bericht einverstanden sei, z. B. bezüglich des Auswärtigen Amtes. In der Abstimmung wurde der Bericht gutgeheißen, und es wurden folgende Beschlüsse und Entschließungen einstimmig genehmigt: 1. a) Die in der Anlage 1 der Reichshaushaltsrechnung zusammengestellten und begründeten Haushaltsüberschreitungen und außerplanmäßigen Ausgaben vorbehaltlich der späteren Beschlußfassung über die Be— merkungen des Rechnungshofs, b) die in der n fn, UU dieser Rechnung nachgewiesenen, im Haushaltsplan nicht vorgesehenen Einnahmen aus der Veräußerung von reichseigenen Sachen oder Rechten vorbehaltlich der verfassungsmäßigen Entlastung zu ge⸗ nehmigen; 2. folgenden Entschließungen zuzustimmen: a) die Reichsregierung zu ersuchen, bei der Aufstellung und Ausführung von Haushaltsplänen, erstmalig für das Rechnungsjahr 1929, die Feststellungen und Bemerkungen des Rechnungsunterausschusses des Reichshaushalts zu beachten, b) den Reichsminister der Finanzen im besonderen zu ersuchen, bei der Ausführung der Haushaltspläne und der Aufstellung der Haushaltsrechnungen darauf zu achten, daß den Feststellungen und Bemerkungen des Rechnungsunterausschusses des Reichshaushalts Rechnung getragen wird, ej den Rechnungshof des Deutschen Reiches zu ersuchen, bei der Rechnungsprüfung die Feststellungen und Bemerkungen des Rechnungsunterausschusses des Reichshaushalts zu berücksichtigen und die von dem Unterausschuß erbetenen Gutachten gemäß § 161 RHO. an den 5. Ausschuß (Reichshaushalt) zu erstatten. Mehrere
Schreiben des Finanzministers, betreffend Ausnahmen von 53 40 des Besoldungsgesetzes, betreffend Nachweisung über
die Zahl der bei den Listenftellen eingetragenen, noch nicht beschäftigten Wartestandsbeamten usw., betreffend Uebersicht über die in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1928 bereitgestellten über⸗ und außerplanmäßigen Ausgaben im Betrage von 15 000 Reichsmark und darüber wurden dem ständigen Unter⸗ ausschuß bzw. dem Rechnungsuntergusschuß überwiesen. Es folgte das weitere Schreiben des Finanzministers (19. 7. 1928), betreffend Tausch eines reichseigenen Grundstückes. Abg. Dr. Schreiber Zentr.) forderte eine Geländepolitik auf weitere Sicht. Zum h . müsse die * . Reichsanstalt hinaus⸗ verlegt werden. Man hätte hier in Da 3. eine Vorratswirtschaft für solche Zwecke treiben sollen. Das Schreiben wurde zur Kenntnis
enommien. Das Schreiben, betreffend Personalver⸗— tärkung beim Reichsentschädigungs amt, wurde durch . erledigt. Die zum Reichsbesoldungsgesetz
inerzeit eingebrachten Anträge wurden durch diese Beschluß⸗ al nn, für erledigt erklärt. Der Ausschuß vertagte sich auf den 20. März.
— Der Geschäftsordnungsausschuß des Reichstags lehnte in seiner Sitzung am Dienstag eine größere Anzahl von Straf⸗ verfolgungsanträgen gegen Mitglieder des Reichstags ab. Gegen die Stimmen der Deutschnalionalen wurde dagegen einem Vorführungsbefehl gegen den Abg. Strasser (Nat. Soz.) zu⸗ gestimmt, ebenso wurde in einem weiten Falle beschlossen, der Strafverfolgung gegen den Abg. Strasser wegen Beleidigung stattzugeben.
Der Hauptausschuß des Preußischen Landtages erledigte gestern den Rest zum K n,, durch Vornahme der Abstimmungen über Volksschu lehrerbildung und Volksschul⸗ wesen. Sämtliche Streichungsanträge der Deutschnationalen wurden abgelehnt, darunter der Antrag auf Streichung von zwei pädagogischen Akademien. In der Junglehrerfrage soll es bei der bisherigen Regelung bleiben.
— Der verstärkte Gemeindeausschuß des Preußischen Staats⸗ rats begann gestern vormittag die Vorberatung der Vorlage über die kommunale Neugliederung des he n f westfälischen Industriegebiet s. In der ersten Lesung des Entwurfs gaben die einzelnen Fraktionen noch keine bindenden Erklärungen ab. Es wurden an Hand der . die Einzel⸗ probleme besprochen. Man begann mit der Regelung auf dem linken Rheinufer. Bedenken wurden dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge geltend gemacht gegen die Vorschläge des Entwurfs hinsichtlich der Stadtgemeinde München-Gladbach⸗Rheydt. Es wurde darauf hin⸗ gewiesen, daß Gladbach kein Siedlungsland notwendig habe, daß es als Stadt noch wenig entwickelt und daß die Landgemeinde nicht einverstanden sei. Immerhin scheint sich für die Vorschläge des Entwurfs eine Mehrheit zu fahen, In der Frage der Bildung der Stadtgemeinde Krefeld⸗Uerdingen wurde hervorgehoben, daß eine völlige Verständigung zwischen der Stadt und den Gemeinden vorliege. Deshalb dürften sich hier keine besonderen Schwierigkeiten mehr ergeben. Hingewiesen wurde auch auf den Sondervertrag zwischen Krefeld und Uerdingen, der eine , n, Stellung für beide Teile gewährleistet. Be⸗ züglich der Bildung der Stadigemeinde Neuß ist eine Verständi⸗ gung zwischen den beteiligten Gemeinden zu verzeichnen, die allerdings von der Vorlage insofern abweicht, als in der Frage der Eingliederung von Uedesheim eine andere Regelung vor⸗ geschlagen wird, die Aussicht auf Berücksichtigung haben dürfte. Sodann wurde die Gebietsregelung auf dem rechten Rheinufer erörtert. Zur Bildung der Stadtgemeinde Du isburg⸗Ham⸗ born wurde der Wunsch Duisburgs als berechtigt bezeichnet, der Stadt die Möglichkeit zu geben, nach Süden hin Siedlungs⸗ gelände zu gewinnen. Jedenfalls wird die Frage der Vereinigung Duisburg-Hamborn noch eingehende Exörterungen notwendig machen, zumal ein nachdrücklicher Widerspruch Hamborns gegen die Vereinigung vorliegt. Auseinander gingen die Ansichten in der Frage Kheinhausen und Homberg. Besyonders be⸗ züglich Homberg könnte mit einer Aenderung des Regierungs⸗ vorschlags gerechnet werden. Die größten Schwierigkeiten liegen offenbar in dem Problem der Bildung der Stadtgemeinde Ober⸗ hausen. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Provinzgrenze durch das Gebiet läuft und daß Sterkrade starken Widerspruch erhebt. In der Frage der Stadtgemeinde Essen kamen besonders die Meinungsverschiedenheiten zum Ausdruck, die hinsichtlich Steele und Werden bestehen. Hier liegt ein Antrag der Arbeitsgemein⸗ schaft vor, das nördlich der Ruhr liegende Gebiet, also auch Steele, nach Essen zu geben, und das Gebiet südlich der Ruhr in den neuen Landkreis einzugliedern. Was die Bildung der neuen Stadtgemeinde Düsseldorf angeht, so ist hier von be⸗ sonderer Bedeutung die Frage der Zuteikung von Büderich. In dieser Frage wie auch hinsichtlich der Zuteilung von Benrath traten starl Meinungsverschiedenheiten auf. Hingewiesen wurde in der Aussprache auch auf den Wunsch von Kaiserswerth, nach Düssel⸗ dorf zu kommen. — In der ,, wurde die Vor⸗ beratung des Umgemeindungsgesetzes für den Westen fortgeführt.
Bezüglich der Zusammenfassung der Städte Wald⸗Höhscheid, Gräfrath, Ohligs und Solingen zu einer Stadt⸗ gemeinde Solingen dürfte sich der Ausschuß trotz des Widerspruchs der Stadt Ohligs für eine Zusammenfassung dieser fünf Städte entscheiden. Für die Vereinigung der beiden Städte Barmen und Elberfeld scheint eine Mehrheit vorhanden zu sein. Zweifelhaft it es im Augenblick noch, ob die neue Stadt in dem Maße erweitert werden soll, wie es die Vorlage vorsieht. Das hängt im wesentlichen mit dem Schicksal des Kreises Lennep zu⸗ sammen. Ferner wurde zur Angelegenheit der Bildung der Stadt- gemeinde Recklinghausen der Anspruch Recklinahausens auf das Amt Herten besprochen, der in der Vorlage nicht berücksichtigt worden ist. Es hat den Anschein, als ob im Ausschuß keine große Stimmung für die Eingliederung von Herten in Reckling⸗ hausen vorhanden ist. Was die idr n der Stadtgemeinde Dortmund anlangt, so soll bekanntlich der Kreis Hörde in den Stadtkreis Dortmund aufgenommen werden. Besonderen Widerständen scheint diese Erweiterung nicht zu begegnen. Be⸗ züglich der Stadtgemeinde Witten ist die Erörterung im Sinne der Regierungsvorlage vor sich gegangen. Der zur Bildung der Stadtgemeinde Hagen über die Vorlage hinaus gemachte Vor⸗ schlag einer Vereinigung von Haspe mit Hagen wurde im Aus— schuß erörtert. Es ist zweifelhaft, ob sich eine Mehrheit für diesen Vorschlag finden wird. Die Neuordnung der Landkreise wird sich voraussichtlich im wesentlichen nach der Regierungsvorlage — 9 Der Ausschuß wird seine Beratungen heute fort⸗ setzen.
Handel und Gewerbe. Berlin, den 20. März 1929. Telegraphische Auszahlung.
20. Mär; 19. März
. Geld Brief Geld Brief Buenos⸗Aires. 1 Pap. Pef ,,, ,, Canada ..... 1 kanad. 4, 184 4,192 4,186 4,194 Japan . . . . . 1 Jen 1875 13836 13758 1882 Katro .... l ägypt. Pfd. 20, 938 21,00 2 M 2101 Konstantinopel 1 türk. 20 9 ö , 20,438 20,478 20,445 20, 485 New York ... 18 4.2105 4,2185 4,2105 4,2185 Rio de Janeiro 1 Milreis O0, 00 O02 O, pol O,H03 Uruguay .... 1 Goldpeso 4266 4,274 4,266 4,274 Amsterdam⸗
Rotterdam . 100 Gulden 168,64 168,98 168,67 168,96 Athen... 100 Drachm. 5, 44 5, 45 5, 4 5.45 Brüssel u. Ant⸗
werpen ... 100 Belga h8, 5 hg, 57 58, 455 h8, 575 Budapest ... 100 Pengö ,, ,, Danzig .. . .. 100 Gulden 81,0 81, 86 81, z? 81,885 Helsingfors .. 100 finnl. 10,592 105512 10592 103612 Italien .. .. 100 Lire 27,95. 22.09 2205 22,09 Jugoslawien . 100 Dinar 7,395 7,409 ,, Kopenhagen .. 100 Kr. 180 117 1125 118 4 Lissabon und
Oporto ... 100 Escudo 18,82 18, 86 18,82 18, 86 ,,, . 112,29 112,51 112,32 112,54 w 16,44 16,48 16,445 16, 485 J 12, 457 12, 487 12, 463 12.483 Reykjavik (Island) .. 190 isl. Kr. 99,31 92,49 92,31 92, 49 Riga ...... 100 Latts 80,91 81,07 80, 89 1, 05 Schweiz . ... 100 Fres. 80, 995 81, 155 81,01 81, 17 Sofia .. . .. 1600 Leva 354. 3 607 3641 3.04 Spanien . ... 100 Peseten 63,483 63, 60 63,34 63, a6 Stockholm und
Gothenburg. 100 Kr. 112,46 112,68 112,49 112,71 Talinn (Reval,
Estland). .. 100 estn Kr. 112,17 112,39 112,19 112,41 Wien .... . 100 Schilling! 59. 65 59, 285 b9, 145 59, 265
Ausländische Geldsorten und Banknoten.
20. März 19. März P Geld Brief Geld Brief Sovereigns .. Notiz 20,61 20,69 20,51 20, 69 20 Fres. Stücke ür — — — — Gold⸗Dollars .] 1 Stück 4,24 4,26 4,24 4,26 Amerikanische: lob -h Doll. 18 4204 4224 4204 4,224 2 und 1 Doll. 1 65 4, 194 4,214 4, 193 4,213 Argentinische . 1 Pap. - Pes. . 16 1,49 1,769 Brasilianische . 1 Milreis O 485 0,505 O. 485 O, 05 Canadische ... 1 kanad. 4,162 4,182 — — Englische: große 1 * 20 45 2053 20,43 20,51 * u. darunter 1 * 20,415 20 495 20, 422 20, 50 Türkische. ... 1 türk. Pfd. — — — — Belgische ... 1090 Belga b8, 8 58,52 58,3 58, 57 Bulggrische .. 100 Leva = — — — Dänische .... 100 Kr. 111,91 112,35 111,98 112,42 Dan; iger. ... 100 Gulden 8l,4 81,86 Sl, 54 1, 86 smnifche . . . . 160 estn. Kr. 111,98 11247 . . Finnische .... 100 sinnl. A tot 1966 106,52 1056 Franz sische .. 100 Fres. ,,, 1647 16,53 Holländische .. 100 Gulden 168,31 168,99 168,28 188,96 Italienische: gr. 100 Lire 2226 22, 4 22, ls 22, 24 100 Lire u. dar. 100 Lire 22,3 22, 39 22,25 22, 34 Jugoslawische . 100 Dinar 735 7167 ö ,. Lettländische .. 100 Latts 80, s9 81,01 — — Norwegische .. 100 Kr. 1II,98 11242 112,18 112,62 Oesterreich.: gr. 100 Schilling 59,98 59,32 — — bb Sch. u. dar. 100 Schilling; 5,14 58,38 9, lo B69, 34 Rumänische: 1000 Lei und neue 500 Lei 100 Lei 2, 48 2,50 — — unter 500 Lei 100 Lei — — — — Schwedische .. 100 Kr. 112,18 112.62 112,23 112, 657 Schweizer: große 100 Fres. 8,3 81,36 Sl, o3 81,35 (00 Fres. u. dar. 100 Fres. 8l, 093 81,35 sl, 93 81,365 Spanische . .. 100 Peseten 64 26 64,54 64, 18 64, 44 Tschecho⸗ slow. hoh u. 60 . 100 Kr. 12.442 12502 12.43 12,49 bo00 Kr. u. dar. 100 Kr. 1215 1251 1245 12,51 75.0, 7a
Ungarische . . . 100 Pengs — —
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Bekanntmachung lassungskarten.
der Filmprüfstelle Berlin, betreffend Zu⸗
Amtliches.
Deutsches Reich.
Durch. Beschluß der Filmoberprüfstelle vom 19. März 1929 . durch Entscheidung der Filmprüfstelle Jerlin vom 13. August 1928 — Nr. 19722 — ausgesprochene Zulassung folgender Teile des Bildstreifens: „Die Kosaken“ der Firma Universum Film A. G. Berlin, verboten worden:
In Akt nach Titel 1:
Dem Gefangenen wird ein Stüc glühender Kohle in die Hand
gegeben, Länge: O, 87 m. Ein Türke hebt das glühende Eisen und fährt dem gefangenen Hetman über die Augen, Länge: 1,19 m;
nach Titel?:
Ein Türke nähert das glühende Schwert den Augen Lukaschkas,
Länge: O46 m.
Die von der Filmprüfstelle Berlin am 18. Oltober 19238 ausgestellten Zulassungskarten verlieren mit dem 20. April 1929 ihre Gültigkeit, sofern sie nicht vorstehendem Beschluß ent— sprechend berichtigt sind.
Berlin, den 19. März 1929.
Der Leiter her Filmoberprüfstelle. en. Dr. Seeger.
Bekanntmachung, betreffend Zulassungskarten.
. Zulassungs karten Prüfnummer 21 684 vom 14 Februar 1929 „Ein tleiner Vorschuß auf die Seligkeit? sind ab 14. März 1929 ungültig, wenn sie nicht das Ausfertigungsdatum „28. Februar 1929 tragen.
2. Die Zulassungskarten Prünummer 20 053 vom 8. September 1928 „Teppiche und ihre mechanische Herstellung“ sind ab 12. März 1929 üngültig, wenn sie nicht den Haupttitel „Moderne Teppich⸗ fabrikation“ tragen.
3. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 464 vom 17. Januar 9 „Mediemischer Film der Charits Berlin“ sind ab 185. März 9 ungültig, wenn sie nicht berichtigt sind.
4. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 501 vom 22. Januar 19229 Durch Nacht zum Licht“ sind ab 19. März 1929 ungültig, wenn sie nicht das Ausfertigungsdatum „4. März 1929“ tragen.
5. Die Zulassungekarten Prüsnummer 21 5652 vom 31.3 Januar
1929 Nachtgestglten (Nur ein Gassenmädel)“ sind ab 19. März 1929 ungültig, wenn sie nicht berichtigt sind. 56. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 1929 Menschenleben in Gefahr“ sind ab 22. März 1929 ungültig, wenn sie nicht den Haupttitel „Dienst am Nächsten“ tragen. . J. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 788 vom 23. Februar 1929 „Lepain, der König der Verbrecher“, sind ab 22. März 1929 ungültig, wenn sie nicht berichtigt sind und den neuen Haupttitel Lux. Der König der Verbrecher“ tragen.
8. Die Zulassungskarten Prüfnummer 11 213 vom 14. Sep— tember 1925 „Wie verkaufe ich ein Kino“ sind ab 24. März 1929 ungültig, wenn sie nicht das Ausfertigungs datum „9. März 1929“ tragen.
9. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 166 vom 14. De zember 1928 .Wenn ein Seemann eine Frau ist“ sind ab 24. März 1929 ungültig, wenn sie nicht das Ausfertigungs datum ‚9. März 1929“ tragen.
10. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 195 vom 17. De— zember 1928 „Die nacklen Tarsachen' sind ab 24. März 1929 un— gültig, wenn sie nicht das Ausfertigungs datum „9. März 1929“ tragen.
'. 1. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 4594 vom 17. Januar 1929 „Karneval des Lebens“ sind ab 24. März 1929 ungültig, wenn sie nicht das Aussertigungsdatum „9. März 1929 tragen.
ö. 12. Die Zulassungskarten Prüsnummer 21 2652 vom 28. Dezember 1923 „Der Adjutant des Zaren. Der Adjutant Sr. Maiestät“ sind 3b 24. März 1929 ungültig, wenn fie nicht den Haupttitel „Der Adsutant des Zaren. Der Adjutant Seiner Majestaͤt. Das große Geheimnis“ tragen.
un . Zulassungs karten Prüfnummer 21 692 vom 14. Februar 29 „Nachtwelt (Picadilly)“ sind ab 12. Marz 1929 ungültig. Nur die durch Ineute Zulassung des Bildstreifenz vom 25. Februar 1929 unter Prüfnummer 21 797 mit gleichem Haupttitel erteilten Zu— lassungskarten sind gültig.
Berlin, den 20. März 1929. Der Leiter der Filmprüfstelle. Mildner.
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21 763 vom 21. Februar
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59. Sitzung vom 20. März 1929.
Re , , (Bericht des Nach ichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Präsident Löbe eröffnete die Sitzung um 3 Uhr.
Auf der Tagesordnung stand die zweite Beratung des Notetats, der bis zum 30. Juni Geltung haben soll. Der Ausschuß hat die von der Regierung erbetene Er— mächtigung, bereits über ein Viertel der Etatsansätze ver⸗ fügen zu dürfen, auf ein Fünftel gekürzt.
Abg. Frhr. von Richthofen (D. Nat) wies daß Not heute unsere gesamte Wirtschaft und unser beherrsche. Sie sei in erster Linie dadurch entstanden, daß man die Landwirtschaft, die Grundlage unserer Volkswirtschaft, ver⸗ nachlässigt habe. Wir haben es, so erklärte der Redner, mit einer vertikalen Entwicklung der Not nach oben aus der Zelle der Landwirtschaft heraus zu tun. Daraus entstand die horizon al Not, die sich nun durch den gesamten Staat bis zur Spitze aus gedehnt hat. Der Redner warf dann einen Rückblick auf die Entstehung der Not. Vor dem Kriege konnte sich die Produktion in drei Jahrzehnten je Flächeneinheit verdoppeln, ja, in vielen Produkten sogar darüber hinaus erhöhen. Der Krieg brachte dann die zwangsläufige Herunterwirtschaftung der Landwirtschaft mit sich. Nach dem Kriege stand die Landwirtschaft unter Zwangs⸗ wirtschaft, während die meisten anderen Berufsstände freie Wirt⸗ schaft hatten. Der Zwangswirtschaft folgte scheinbar eine freie Wirtschaft mit gleichzeitiger Stabilisierung der Währung. Tat⸗ sälich erhielt aber die Landwirtschaft nicht die freie Wirtschaft, sondern sie stand unter Ausfuhrsperre ihrer Produkte, während für die übrigen Berufsstände zum größten Teil der stärkste utz, die Einfuhrsperre, bestand. Dazu stand die Landwirtschaft drei Vierteljahre länger unter der Zwangswirtschaft, indem sie für ihre Produkte nur Papiergeld, das sich rasch entwertete, erhielt, während sie für alle Betriebsmittel einschließlich der Steuern Goldwerte zahlen mußte. Dieser Uebergang war der stärkste Grund für die heutige verzweifelte Lage der Landwirtschaft. Der Redner wies dann auf die Schaffung der festen Währung durch
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i ; Drittel des Wertes der Währung leistete. Durch die politische Maßnahme der Ausfuhrsperre und der Einfuhr billiger Nahrungsmittel aus dem Ausland waren die Lebensmittel billig, und dadurch konnte die damals stark ge⸗ fährdete Währung wiederum nur gehalten werden. Damals leistete die Landwirtschaft der allgemeinen Volkswirtschaft un⸗ geheure Vorschüsse. Man gab ihr damals den Rat, sich neu zu verschulden. Das sei auch erreicht worden. Der Redner schilderte dann die weitere Entwicklung, wie die Preisschere immer weiter auseinanderklaffte und die Landwirtschaft sich immer tiefer verschulden mußte. Der Redner ging auf die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion in Amerika ein und betonte die Notwendigkeit eines ausreichenden Zollschutzes. Trotz aller un⸗ geheuerlichen Hemmungen habe die deutsche Landwirtschaft ihre Produktion seit dem Kriege und der Zwangswirtschaft beinahe wieder auf die alte Höhe gebracht. Damit habe sie den einwand⸗ freiesten Beweis für die Möglichkeit der Produktionssteigerung erbracht. Wenn irgendwo das Fremdwort „Rationalisierung“ durchgeführt sei, so dürfe die Landwirtschaft dies für sich in Anspruch nehmen. Der Redner betonte, daß die Landwirtschaft durch ihre Produktionsstärkung in schwerster Zeit bewiesen habe, daß sie zum Staat positiv eingestellt sei. Sie bekämpfe mit gesetzlichen Mitteln einen nach parteiischen Grundsätzen arbeitenden Staat. Das sei ihr gutes Recht. Wir bekämpfen, so erklärte er, eine Ausgabenwirtschaft, die nicht mit der tatsächlichen wirt schaftlichen Notlage rechnet. Wie wir zum Vaterland eingestellt sind, das hat die Tat Helfferichs, der die Währung schuf, und die Landwirtschaft, die sich an erster Stelle dafür verschuldete bewiesen. Der Redner wandte sich dann gegen die Steuertheorie des Professors Areboe; sie sei rein konfiskatorisch und nicht etwa auf die notwendigen Bedürfnisse und die Steuerbefriedigung der Regierungen zu beziehen. Dagegen hob er die Verdienste des Geheimrats Sering um die Bekämpfung der Schuldlüge und des Dawesvertrags herbor. Tausend solche Professoren wie Areboe — dann ist Deutschland verloren! Tausend solche Advokaten wie Klepper — Deutschland, dann wärest du verraten! Kommt für die Landwirtschaft jetzt nicht schnelle Hilfe, dann ist sie und damit unsere gesamte Volkswirtschaft nicht mehr zu halten, dann wird aber die Not auf immer verankert. Der Redner gab zum Schluß die Stellungnahme der deutschnationalen Fraktion zum Notetat in folgender Erklärung bekannt: Die Vorlage des Notetats ist nur deshalb notwendig geworden, weil die jetzige Regierung, obwehl sie seit drei Vierkeljahren besteht, nur mik einer bisher überhaupt nicht dagewesenen Verspätung den Etat hat vor— legen können. Dies . ein neuer Beweis für die Handlungs⸗ unfähigkeit dieses Reichstags und der von ihm gebildeten Re⸗ gierung. Der. Beschluß, den Notetat zwar auf ein Vierteljahr aufzustellen, die Regierung aber nur zur Ausgabe von einem Fünftel der Etatsansätze zu ermächtigen, ist ein Mißtrauens⸗ votum der Regierungsparteien gegen die eigene Regierung und ein weiterer Beweis für die Unmöglichkeit der Regierungsver⸗ hältnisse. Wir sind nicht gewillt, durch Bewilligunig des Not⸗ etats unsererseits eine Vexantwortung für den Weiterbestand dieser Regierung zu übernehmen und werden deshalb gegen den Notetat und das Etatsgesetz stimmen.
Abg. Torgler (Komm,); Die Bezeichnung „Notetat“ ist zu bescheiden. Es handelt sich vielmehr um ein Ermächtigungsgesetz. Vor zwei Jahren war die Ermächtigung auf vierzehn Tage be⸗ schränkt, im vorigen Jahr auf sieben Tage; diesmal aber sind es drei Monate. Wer einem solchen Ermächtigungsgesetz zustimmt, muß Vertrauen zur Regierung haben. Auch die Deutschnationalen haben im Ausschuß dieses Vertrauen gehabt. Jetzt scheinen sie
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ü . Zweifellos ist es unangenehm, daß ͤ erforderlich ist. Aber das ist auf politische Ursachen zurückzuführen. Der Notetat ist natürlich ein Ermächtigungs⸗ gesetz. Sein Nachteil ist, daß er den Behörden großen Spielraum läßt. Herr Torgler hat verschwiegen, daß die Liste der über die Ermächtigung hinaus schuß genehmigt werden soll. damit das zen nach Sparsamkeit sind verständlich. Der Ausschuß hat ens beschlossen, nicht ein Viertel, sondern nur ein Fünftel des Jahresbedarfs zu bewilligen. (
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ner noch ü . Schon am 19. April nimmt der Ausschuß seine Arbeiten wieder auf, er 11 1 319 NM jo rin 1 = 65 1 . . wird also die Regierung überwachen können. Torgler gehört ja
dem Aus schuß an. Jede einzelne Forderung, namentlich die der Marine, werden wir genau nachprüfen. Im übrigen vermindern
die Neubauten die Zahl der Erwerbslosen. Die von Herrn von Richthofen geschilderte Not der Landwirtschaft hat mit dem No gar nichts zu tun. Die Ablehnung des Entwurfs durch ꝛ chnationale und Kommunisten überrascht niemand.
Die Kommunisten beantragen ein Mißtrauens⸗— votum gegen den Reichsfinanzminister Dr. Hilferding. Ueber diesen Antrag wird am
Donnerstag entschieden werden.
Unter Ablehnung kommunistischer Abänderungsanträge wurde sodann der Notetat in zweiter und dritter Lesung gegen die Stimmen der Deutschnationalen, Christlich⸗Natio—⸗
nalen Bauernpartei, Nationalsozialisten und Kommunisten
angenommen.
Es folgte die erste Beratung der Novelle zur Verordnung
* * . I. ) über die Arbeitskam mern im Bergbau. Die
Wahlperiode der Kammern soll von zwei auf vier Jahre ver⸗ längert werden. ö. Abg. Jada ch (Komm), erklärte, alle die sozigspolitischen Gesetze des sozialdemokrgtischen Reichsarbeitsministers lägen in der Richtung einer Beschneidung und Beseitigung der Rechte der Irbeiter; Der Arbeitsminister behaupte, daß Sitzungen der Arbeiterlammern nicht nötig seien, weil die Bergarbeiter genügend geschützt seien. Die Sicherheit im Bergbau habe aber nicht zu-, sondern abgenommen. Das zeige die alljährliche Zunahme der tödlichen Unfälle und der Krankheitsfälle. Ebenso seien die Real⸗ höhne gegenüber der Friedenszeit gesunken. Die Leistungen der Arbeiter dagegen gestiegen. Das bedeute eine vermehrte Aus⸗ beutung der Arbeitskraft.
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Der Entwurf wurde dann in erster und zweiter Lesung angenommen. . Hierauf vertagte sich das Haus auf Donnerstag 1 Uhr: Dritte Beratung über das Genfer Protokoll, betreffend Ver⸗ bot des Gaskrieges, kleine Vorlagen.
Schluß gegen 4 Uhr.
Preußischer Staatsrat. Sitzung vom 20. März 1929. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)
Der Staatsrat stimmte in seiner heutigen Sitzung zunächst einem . zu, der eine Verlängerung des preußischen Ausführungsgesetzes zum Finanzausgleichsgesetz bis zum 1. April 1930 vorsieht. In der Begründung dieses Gesetzentwurfs wird u. 4. darauf hingewiesen, daß die Notlage der Provinz Ost⸗ preußen es geboten erscheinen lasse, die von Reich und Staat unternommenen produktiven Hilfsmaßnahmen nicht durch einen zu hohen Steuerdruck in ihrer Wirkung beeinträchtigen zu lassen. Unter diesem Gesichtspunkt verdiene die von dem Provinzialverband der Provinz Ostpreußen geäußerte Absicht Anerkennung und Unterstützung, für das Rechnungsjahr 1929 auf jede Provinzialumlage zu verzichten, um so die der Pro⸗ vinz angehörigen Stadt⸗ unh Landkreise und die den letzteren