1929 / 97 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 Apr 1929 18:00:01 GMT) scan diff

= —— —— W d 63

Reichs- und Staatsanzeiger Nr. vom 25. April 1928. S. 4.

tomme die Denkschrift des Innenministeriums über den Finanz— ausgleich etwas spät. Wir verlangen, so betont der Redner, daß die Oberrechnungskammer nicht noch weiter ausgeschaltet werde, Zie müsse neben den Revisionsgesellschaften ein Prüfungsrecht haben unter möglichster Vermeidung von Doppelarbeit. Schon die Tatsache, daß die Oberrechnungskammer die Einsichtsbefugnis habe, sei hoch einzuschätzen. (Sehr wahr! rechts) Im Haus⸗ halt sei ein Loch von 25 Millionen, weil das Reich diesen Be trag zwar in Aussicht gestellt, aber nicht gegeben habe. Es habe sich in die inneren Verhältnisse Preußens eingemischt, indem es sich das Recht angemaßt habe, über die Verwendung dieser 25 Millionen zu bestimmen. Die Ueberweisungssteuern sollten sich in diesem Jahr erheblich höher stellen; es sei aber zweifel⸗ haft, ob diese Ueberweisungen auch so hoch ausfallen werden, vie man annehme. Vor allem sei dringendste Sparsamkeit nor vendig, wenn man auch auf an sich vielleicht notwendige staat⸗ liche Neubauten verzichten müsse. Besonders gelte es, die dringenden Nöte Ostpreußens zu berüchsichtigen. Mät Geld sei 's allein nicht getan. Notwendig seien steuern⸗ und zollpolitische Maßnahmen! (Sehr richtig! rechts) In einem Leitartikel der Daily Mail“ werde von ungeheuren Ersparnissen gesprochen, die in Deutschland gemacht worden seien. Die markschreierische Art über das Anwachsen der Bestände der deutschen Sparkassen habe da zu ganz falschen Schlüssen geführt; das gelte nicht nur für das Ausland, sondern auch für unser eigenes Land Man solle an den völlig unrichtigen Einheitsbewertungen nicht vor übergehen, wenn man über das deuische Volksvermögen spreche. Der Redner beschäftigt sich sodann mit den Pariser Verhanh⸗ lungen und bedauert, daß der Kampf der deutschen Sach⸗ verständigen so sehr erschwert worden sei. Jedenfalls, wenn die Verhandlungen scheitern sollten, sei das nicht ein allzu großes Unglück. Eine Katastrophe wäre es jedoch, wenn Deutschland sich zu Leistungen verpflichten würde, die wirtschaftlich untrag bar seien.

Das Haus unterbricht hierauf die Aussprache, um die jweite Beratung der Gewerbesteuner fortzusetzen.

Es wird zunächst die namentliche Abstim mung zum 5 3 der Vorlage wiederholt, bei dem sich am Vortage die Beschlußunfähigkeit des Hauses herausgestellt hatte, da

die Opposition keine Karten abgegeben hatte, Die Be⸗ stimmung, über die abgestimmt wird, spricht die Ver

längerung des geltenden Gesetzes um ein Jahr aus. Es werden insgesamt 306 Karten abgegeben. Mit Ja stimmen 210, mit Nein 96 Abgeordnete. Es beteiligten sich diesmal zie Wirtschaftspartei, die Deutsche Volkspartei und die Christ⸗ lichen Bauern. Sie gaben Nein-Karten ab, ebenso die Kom⸗ muͤnisten, die schon am Vortage sich an der Abstimmung beteiligt hatten. Der Versuch, wiederum die Beschluß⸗ infähigkeit des Hauses herbeizuführen, war damit gescheitert. Die Bestimmung, die die Verlängerung des bestehendes Ge setzes ausspricht, war angenommen.

Auch 5 4 des Gesetzes, der bestimmt, daß das Gesetz mit dem 1. April 1929 in Kraft tritt, wird angenommen, womit die zweite Lesung der Gewerbesteuer erledigt ist. .

Es folgt die namentliche Abstimmung über den kom⸗ munistischen Mißtrauensantrag gegen den Finanzminister, der mit der Verbindung der Preußenkasse mit der Raiffeisenbank begründet worden ist. Die Deutschnationalen und die Deutsche Volkspartei be⸗ teiligten sich nicht an der Kartenabgabe. Das Mißtrauens⸗ votum wird mit 207 Stimmen der Regierungsparteien gegen 70 Stimmen der Kommunisten und kleiner Gruppen bei 15 Enthaltungen der Wirtschaftspartei abgelehnt.

Es folgen die Abstimmungen zur zweiten Lesung des Kultusetats. Bei den dauernden Ausgaben des Ministeriums liegt ein deutschnationaler Antrag vor, statt 34 Ministerialräte nur 32 zu bewilligen. Nach der einfachen Abstimmung, bei der Kommunisten, Rechtsparteien und die kleinen Gruppen für den deutschnationalen Antrag aufstehen, erklärt Vizepräsident Dr. Wiemer den deutschnationalen Antrag für angenommen, worauf bei den Regierungs⸗ parteien stürmische Entrüstungskundgebungen und Rufe „Schiebung“ ertönen, die für die nächsten Minuten den weiteren Abstimmungsverlauf unverständlich machen. Die Regierungsparteien wollten offenbar zum Ausdruck bringen, daß der deutschnationale Antrag in der Tat keine Mehrheit gefunden habe.

Im übrigen werden die Haushaltstitel festgestellt. Den kommunistischen Antrag auf Stre nn g r Mittel für die Kirche wird in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 333 gegen 46 Stimmen der Antragsteller a b⸗ gelehnt.

Annahme finden Ausschußanträge, die u. a. einen neuen Titel mit 25 000 RM für die Einrichtung eines

Instituts für geschichtswissenschaftliche Fortbildung vorsehen. Weiter angenommene Ausschußanträge erhöhen die Mittel für Musikpflege um 25 906 RM auf 95 0h0 RM und die Bedürfniszuschüsse für die staatlichen öffentlichen höheren Schulen um 136 009 auf 360 709 860 RM. Der Ausschuß antrag, der die Zuschüsse für private höhere Schulen für die weibliche Jugend um 500 000 auf 1,8 Millionen Mark kürzen

wollte, wird abgelehnt. Weiter findet ein Entschließungs⸗ antrag des Hauptausschusses Annahme,, der das Staats⸗

miniflerium ersucht, den Neubau der, Universitäts-Frauen= klinik in Königsberg, für den die Mittel für Grund und Boden bereits vorgesehen sind, möglichst bald in Angriff zu nehmen und die erste Baurate in den nächsten Haushalt ein⸗ zustellen. Neu eingestellt wird ein erster Teilbetrag von 10h 000 Mark für den Neubau eines Absonderungshauses an der Univerfität Göttingen. Der volksparteiliche Antrag auf Erhöhung der Mittel für die Landesbühnen-Organi⸗ sation um 806 900 auf zwei Millionen Mark wird gegen die Antragsteller abgelehnt.

Abgelehnt wird der deutschnationale Streichung der 1,1 Million für die pädagogische

Antrag auf Akademie in

Bonn, ebenso der wirtschaftsparteiliche auf Kürzung dieser Mittel. Das gleiche gilt für entsprechende Anträge für die

pädagogischen Akademien in Frankfurt a. M., Elbing und Kiel, so daß es überall bei den Etatsansätzen bleibt. An⸗ genommen wird ein kommunistischer Antrag, dem Landtag eine statistische Erhebung über die soziale Herkunft und Lage der Akademieschüler in Preußen vorzulegen. Der sozial⸗ demokratische Antrag, möglichst noch 1929 in Berlin eine pädagogische Akademie zu errichten, auf der jeder ohne Rück⸗ sicht auf seine religiöse oder weltanschauliche Stellung aus⸗ gebildet werden könne, geht an den Unterrichtsausschuß.

Die Abstimmungen über die übrigen Ausschußanträge sollen später erfolgen. Die angefochtenen Titel des Kultus⸗ etats sind damit erledigt.

Das Haus setzt die Aussprache zur zweiten Beratung der Allgemeinen Finanzverwaltung fort.

Abg. Dr. Leidig (D.. Vp.) betont, die 25 Millionen, die als Abschlagszahlung des Reiches für die preußischen Forderungen bereits in den Etat eingesetzt waren, müßten nach den neuerlichen

Dispositionen des Reichs wieder entfernt werden, so daß man von einem Ausgleich im preußischen Haushalt noch nicht sprechen könne. Immerhin sei zu beachten, daß der preußische Etat ab⸗ hängig sei vom Reichshaushalt, es sei heute das Verhältnis das umgekehrte wie vor dem Kriege. Die Volkspartei habe gegen den vorliegenden Haushaltsplan im allgemeinen nichts ein⸗ zuwenden. Allerdings fordere die Beamtenpolitik auch beim Finanzetat die Kritik heraus. Hier lasse der Finanzminister die wünschenswerte Objektivität vermissen. Er hoffe, daß der Minister, gegen dessen Persönlichkeit sonst in keiner Weise Ein⸗ wendungen erhoben werden könnten, auch hier einer Besserung zugänglich sei. (Heiterkeit; Was die Verhandlungen in Paris anginge, so sei das, was man unterschreibe, ein Wechsel, den man einlösen müsse. Deshalb dürfe man nux das untersch reiben, was man leisten könne. Zwischen der Auffassung des preußischen Ministerpräsidenten, der man in jeder Weise zustimmen könnte, und der des Reichskanzlers Müller scheine hier eine gewisse Inkongruenz zu bestehen. Jedenfalls hänge die Gestaltung auch des preußischen Etats von der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältniffe ab. Durch weite Kreise gehe wieder eine Furcht vor einer neuen Inflation. Schuld daran seien die falschenr wirtschaftlichen Maßnahmen. Die Transferklausel sei jedenfalls von ausschlaggebender Bedeutung. Parker Gilbert sei hier auch der Vertrauensmann für Deutschland und müsse die Transfer⸗ bestimmungen im Interesse der Sicherung der deutschen Währung in Anwendung bringen, sobald die Notwendigkeit es erheische, Bei Verwendung der Anleihe dürfe der Finanzminister nicht allein die Frage entscheiden, welche Aufgaben dringlich seien, hier müsse der Landtag mitentscheiden. Hier könne die Auffassung doch auseinandergehen. Was die Stellung der staatlichen Gesell⸗ schaften, wie der Preußag usw., angehe, so sei es richtig, daß man sie beweglicher gemacht und von kamerglistischen Hemmungen befreit habe. Ihre Geschäftstätigkeit müsse aber einer stärkeren Kontrolle durch das Parlament unterliegen. Wenn man später lediglich über Geschäftsberichte sich unterhalte, so habe das nicht allzuviel Zweck. Es müßten zur xechten Zeit wichtige Dinge, vielleicht in einem besonderen Ausschuß des Landtags, zur Be⸗ sprechung gelangen, solange man noch Einfluß auf die Gestäaltung nehmen könne. Allerdings dürften diese Dinge nicht parteipolitisch angefaßt werden. Wir müssen auch versuchen, die 3 Millionen Fehlbetrag einzusparen. Das sei besonders bei Bauten möglich, z. B. bei den pädagogischen Akademien. Bei Kliniken, die hygienisch nicht einwandfrei seien, dürfe man aller⸗ dings nicht sparen. Im übrigen zurück zur altpreußischen Sparsamkeit!

Abg. Becker⸗Wilmersdorf (Komm.) wendet sich dagegen, daß die werktätigen Massen die Repargtionslasten, aufbringen sollen. (Das Haus hat sich inzwischen völlig geleert. Auch von Mitgliedern der Kommunistischen Partei ist außer dem Redner niemand im Saal.) Weiter kritisiert der Redner eingehend die staatliche Elektrizitätswirtschaft und erklärt, staatliche ind kom⸗ mnunale Betriebe ordneten sich heute schon völlig unter die Ein— flüsse des privaten Großtkapitals. Die Kommunistische Partei werde gegen die kapitalistische Staatz⸗ und Finanzpolitit Preußens, die einer Diktatur des Großkapitals auf allen Gebieten gleichlomme, mit allen Mitteln ankämpfen. (Inzwischen hat sich wieder eine Reihe von Abgeordneten im Saal eingefunden.)

Abg. Haase⸗Liegnitz (Wirtsch. P.) heb hervor, daß die diesjährige Beratung des Haushalts der Finanzverwaltung in eine ernste und recht ungewöhnliche Zeit falle. In den Staats⸗ und Reichskassen sei Ebbe. Die 1924 noch vorhandenen erheb⸗

J 9 236. . 2 z 2 6 zo Marisfor lichen Ueberschüsse seien inzwischen zuühesetzt, und die Pariser Reparationsverhandlungen hätten bisher zu keinem Ergebnis

geführt. Das Kapital trete in Deutschland eine Herrschaft an pie niemals in der Vergangenheit. Die Großbanken brächten heute der Staatsregierung gegenüber schon den Wut auf, für die Stützung der Stagtsfinanzen erhebliche Gegenforderungen zu stellen. Parker Gilbert habe in seinem Reha rat onsbericht arch darauf hingewiesen, daß eine der Ursachen des Wohn un gsele nde die geringe Beteiligung des Privatkapitals sei. Diesen Vorwurk müsfe das Privatkapital abweisen, weil es durch die Zwangs. wirtschaft nicht in die Lage versetzt sei, aktiver mitzugrheiten, Man billige dem privaten Hausbesitz noch nicht ein mal , für Reparaturarbeiten zu, obwohl selbst an den ö öffentlichen Hand nach dem Kriege bereits für mehr als 10 N i lionen Reparaturen notwendig gewesen seien. Wenn man jetzt erstrebe, den Bürobetrieb der Behörden zu med erni ieren e müßte man da bedeutend schneller arbeiten. Wie auf diesem Gebiete noch alles im argen liege, habe u. a. der Langkoph⸗ Prozeß ergeben, wo festgestellt wurde, daß Langkopp einmal drei

Tage lang vergeblich im Wartezimmer gesessen habe, Eine wefentliche Rollée bei der Beurteilung der angeblich günstigen

Lage Deutschlands in Paris habe die Feststellung der . Finheitswerte, die viel zu hoch eingeschätzt worden seien gespielt. Dent Osten sei nicht zu helfen init Zuwendungen . 5 lungen, sondern nur dadurch, daß man dem östlichen dan en, und der östlichen Industrie Absatzgebiete schaffe. Zuni . fordert der Redner eine möglichst schnelle en r eln, es Polizeilastenausgleichsgesetzes, da die Polizeilasten in einze nnen Gemeinden zu einer ungeheuren Steigerung der Realsteuern geführt hätten.

Finanzminister Dr. Höp her Große Anfrage Nr.

Genossen. Die

Aschoßf: Ich beantworte 53 der Abgeordneten

8

zunächst die 3 rdne Dr. von Winterfeld und Behauptung, die Breußische Zentralgenossenschaftskasse habe ihre Zinssätze von 7 vd auf 73 vH erhöht, ist unzutreffend. Die von der Preußischen Zentralgenossen schaftskasse vorgenommene Ne u⸗ regelung der Zinssätze hat, für das gesamte Kredit— engagement berechnet, gegenüber dem Stande vom 31. Dezember 1927 eine Erhöhung von O08 vH, gegenüber dem

vor Inkrafttreten der Neuregelung eine Erhöhung um Damit erledigt sich die Be⸗

Stande un⸗

mittelbar 0,2 bis 0,3 vs zur Folge gehabt. hauptung, die Preußische Zentralgenossenschaftskasse habe durch die Neuregelung eine Mehreinnahme an Zinsen von 5. Millionen Mark, sowie das Bedenken, daß das Zinsniveau der gesamten deutschen Wirtschaft einen neuen gefährlichen Antrieb nach oben erhalten habe. ö Die Gründe der Zinserhöhung liegen, wie der Herr Präsident der Preußenkasse bereits neulich im Hauptausschuß ausgeführt hat, einmal in den veränderten Finanzierungsmöglichkeiten der An stalt Rückgang kurzfristiger Personalkredite der Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt zu Vorzugsbedingungen, für die bei der Anspannung des Geld⸗ und Kapitalmarktes ein Ersatz in ander⸗ weitigen billigen Kreditquellen nicht zu finden war, Rückgang der Ueberziehungen durch Rückzahlungen und Umwandlung in ge⸗ nehmigte Kredite sowie in der Notwendigkeit, für die Anforde⸗ rungen, mit denen die Anstalt anläßlich der Rationalisierung des ländlichen Genossenschaftswesens, insbesondere in Verfolg der Liquidation der Deutschen Raiffeisenbank A. G. und der genossen⸗ schaftlichen Unternehmungen des Reichslandbundes sowie in Ver— folg der Bereinigung des genossenschaftlichen Kreditengagements in den östlichen Landesteilen zu rechnen hat, die erforderlichen Rückstellungen zu schaffen. Die Erhöhung von 7 vH auf 736 vH hat nur einige innerhalb Gesamtengagements nicht erhebliche Kreditteile betroffen. Die Auswirkung dieser Erhöhung wird für eine Reihe von Ver⸗ bandskassen durch die gleichzeitige Umwandlung von Ueber

des

ziehungen in genehmigte Kredite nahezu ausgeglichen. Dies gilt

insbesondere für die ostpreußischen Verbandskassen.

Aus dem Bericht der Preußenkasse für das Jahr 1938, der ja

demnächst nunmehr auch dem Landtage vorgelegt werden wird, ergibt sich, daß im Laufe des Rechnungsjahres 19s die Kredit⸗ einräumungen um 45 Millionen erhöht worden sind. Das be—⸗ deutet natürlich eine Ermäßigung des Zinssatzes, da ja für Ueberziehungen bekanntlich ein viel höherer Zins gerechnet wird als für die Kreditinanspruchnahme innerhalb der Kreditein⸗ räumung. Ich habe neulich schon in anderem Zusammenhange darauf hingewiesen, daß wir Kreditüberzziehungen zurzeit nicht mehr haben, sondern daß dank weitherziger Krediteinräumung zurzeit alle geforderten Kredite innerhalb der Krediteinräumung liegen und daher den geringeren Zinssatz haben. Der Durchschnitt der von der Preußischen Zentralgenossen⸗ schaftskasse im regelmäßigen Kreditverkehr berechneten Zinssätze lag bisher unter dem Diskontsatz der Reichsbank. Diese im Ver⸗ gleich zu den Sätzen des Geldmarkts günstigen Bedingungen haben zu einer Zinsermäßigung bei den letzten Kreditnehmern nicht geführt. Der diesen berechnete Zinssatz hat sich vielmehr durchweg den Bedingungen des örtlichen Geldmarkts angepaßt. Die bisherige Zinspolitik der Preußischen Zentvalgenossenschafts⸗ kasse hat demnach nicht den Kredit für den Einzelschuldner billiger, sondern nur die Zuschläge der genossenschaftlichen Zwischenstellen höher werden lassen. Die Preußische Zentralgenossenschaftskasse hält einen Abbau der genossenschaftlichen Zinsspanne für er⸗ forderlich und möglich. Sie hat daher mit der Zinserhöhung die Bedingung verbunden, daß diese eine Erhöhung der Sätze für den letzten Kreditnehmer nicht zur Folge hat.

Im Januar dieses Jahres hat die Preußische Zentral⸗ genossenschaftskasse eine Reduzierung ihrer Zinssätze in Höhe des Reichsbankdiskonts vorgenommen, obgleich die von ihr auf⸗ genommenen Kredite eine Verbilligung im gleichen Umfange nicht erfahren haben.

Eine Veranlassung, die Zinsregelung rückgängig zu machen, liegt daher nach Auffassung des Staatsministeriums nicht vor.

Meine Damen und Herren, ich darf dann noch einige Aus⸗ führungen in Beantwortung der Fragen machen, die heute im Laufe der Aussprache an mich gestellt worden sind. Ich stimme mit dem Abg. Dr. von Kries vollkommen darin überein, daß es

keine erfreuliche Angelegenheit ist, beim Haushalt der all- gemeinen Finanzverwaltung hier im Plenum zu reden. Die Fragen, die hier zur Erörterung stehen, sind in der Regel mit

einer Fülle von Zahlen verbunden, und solche Zahlen vorzu⸗ tragen, ist unzweifelhaft der Hauptausschuß der beste Ort. Ich habe daher auch bereits im Hauptausschuß eine ausführliche Dar= stellung der Finanzlage des preußisischen Staats nach dem Stand des Jahres 1928 und der künftigen Entwicklung, wie ich sie sehe, gegeben. Ich darf auf diese Ausführungen hier Bezug nehmen.

Der Abg. Dr. von Kries hat dann einige Aus⸗ führungen gemacht über den Finanzausgleich oder besser ge⸗ sagt über das preußische Ausführungsgesetz zum Finanzausgleich. Auch hier kann ich mich beschränken, da wir uns heute abend im Hauptausschuß mit dieser Materie zu befassen haben. Ich möchte nur auf eins hinweisen, nämlich auf die großen Schwierigkeiten, die in dieser Frage liegen und für die ein Beweis ja auch die umfangreiche, eingehende Denk⸗ schrift des Innenministeriums darstellt. Wenn der Herr Ab⸗ geordnete Dr. von Kries meinte, daß diese Denkschrift bereits vor acht Wochen fertiggestellt gewesen wäre und daher dem Land⸗ tag schon früher hätte vorgelegt werden können, so darf ich darauf erwidern: es mag richtig sein, daß der erste Entwurf dieser Denkschrift schon vor einigen Wochen im Innenministerium fertig⸗ gestellt war; aber es mußten doch auch Verhandlungen mit den beteiligten Ressorts über den Entwurf dieser Denkschrift statt— finden. Diese Verhandlungen waren nicht ganz einfach. Die Denkschrift ist jedenfalls dem Landtag so zeitig zugeleitet worden, wie es eben möglich war.

Meine Damen und Herren, in der Sache selber kann man über den Finanzausgleich das eine grundsätzlich sagen: Es wäre natürlich ein stärkerer Lastenausgleich innerhalb der preußischen Gemeinden und Gemeindeverbände durchaus möglich und vielleicht auch nach mancher Seite hin erwünscht. Auch ich würde einen stärkeren Lastenausgleich auf dem Gebiete der Schulen und der Polizei für außerordentlich zweckmäßig halten. Aber man muß sich darüber klar sein, daß ein solcher stärkerer Lastenausgleich auf dem Gebiete der Schulen und der Polizei nicht auf Kosten des Staates erfolgen kann, wenn ihm nur seine heutigen Einnahmen bleiben. Meine Damen und Herren, wir kennen diesen stärkeren Ausgleich in anderen deutschen Ländern. Ich erinnere an Bayern, an Württemberg, an Baden und andere Länder. Da finden Sie in der Tat einen stärkeren Lastenausgleich auf dem Ge— biete der Schulen und der Polizei. Aber er kann doch nur des⸗ halb durchgeführt werden, weil diese Länder im Verhältnis zu den Gemeinden größere Anteile aus den Ueberweisungen der Ein— kommen- und Körperschaftssteuern für sich zurückbehalten. In Bayern beträgt der Anteil des Staates an den Ueberweisungen der Einkommen- und Körperschaftssteuer 60 „v, in Württemberg 667. , in Baden 65 95, in Hessen 65 3 und in Preußen nur 55 75 und nach Abzug der Dotationen, die für die Provinzen ab⸗ gezweigt werden, nur 49, 23. Will man einen stärkeren Lasten⸗ ausgleich auf dem Gebiet des Schulwesens und der Polizei auf Kosten der Allgemeinheit, also auf Kosten des Staates, so ist die Folge die, daß man den Anteil des Staates an den Ueber⸗ weisungen erhöht. Ein anderer Weg ist nicht denkbar.

Herr

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

Verantwortl. Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft,

39

Berlin Wilhelmstraße 32

Acht Beilagen

(einschließl. Börsenbeilage und drei Zentralhandelsregisterbeilagenm.

C

r / ,

n .

Deutsche Freußischer

zi

Erscheint an jedem Wochentag abends. Bezugspreis vierteljährlich 9 Ge Alle

8W 48, Wilhelmstraße 32.

einschließlich des Portos abgegeben. Fernsprecher Fh Bergmann 7573.

Postanstalten nehmen Bestellungen an, in Berlin für Selbstabholer auch die Geschäftsstelle

Cinzelne Nummern kosten 30 en“, einzelne Beilagen kosten 10 Gum Sie werden nur gegen bar oder vorherige Einsendung des Betrages

Neichsanzeiger atsanzeiger.

*

rx . 97. Reichsbankgirokonto.

Anzeigenpreis für den Raum einer fünfgespaltenen Petitzeile l, 05 M 6 Einheitszeile 1,75 eM ͤ telle Berlin 8M. 48, Wil helmstraße 32. sind aut einseitig beschriebenem Papier völlig druckreif einzusenden, insbesendere ist darin auch anzugeben, welche Worte etwa durch Sperr druck (einmal unterstrichen) oder durch Fettdrucꝝk (jweimal unter—⸗ strichen) hervorgehoben werden sollen. Befristete Anzeigen müssen 3 Tage vor dem Einrückungstermin bei der Geschäftsstelle eingegangen sein.

5 2 1 8 . einer drei 359 ' veschãfts 8 a

Anzeigen nimmt an die Alle Druckaufträge

*

Berlin, Freitag, den 26. April, abends.

Postscheckkonto: Berlin 41821. 1 929

Inhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich.

Exequaturerteilungen. Verordnung üher die Anmeldung von Schäden infolge Liquidation südafrikanischer Wertpapiere in Frankreich.

der

Amtliches.

Deutsches Reich.

Dem tschechoslowakischen Generalkonsul in München, Dr. Artur Pack, und dem französischen Konsul in Mainz, James Fernand Roger Guritte, ist namens des Reichs das Exequatur erteilt worden.

Verordnung über die Anmeldung von Schäden in folge der Liquidation südafrikanischer Wertpapiere in Frankreich.

Vom 25. April 1929.

Auf Grund des 8 55 des Liquidationsschädengesetzes in der Fassung vom 20. November 1923 (RGGBl. I S. 1148) und des 5 26 des Kriegsschädenschlußgesetzes vom 30. März 1928 (RGBl. J S. 120) wird hiermit verordnet:

Schäden, die dadurch entstanden sind, daß die französische Regierung auf den Inhaber lautende Aktien (bearer sbares) von Gesellschasten mit dem Sitz in der Südafrikanischen Union liguldiert hat, sind bis zum 31. Juli 1929 und, wenn der Ge— schädigte seinen Wohnsitz oder dauernden Ausenthalt im Aus— land hat, bis zum 30. Sentember 1929 beim Reichsentschädi⸗ gungsamt für Kriegsschäden, Berlin⸗Friedenau, Rheinstraße 45/46, anzumelden. Soweit eine solche Anmeldung bereits erfolgt ist, bedarf es einer erneuten Anmeldung nicht. . . Rach den im Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkten ist die Geltendmachung von Entschädigun gsansprüchen ausgeschlossen.

Berlin, den 25. April 1929.

Der Reichsminister der Finanzen. M

J. V.: Popitz.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Der Reichsrat beschäftigte sich in seiner öffentlichen Voll— sitzung am Donnerstag mit dem Gesetzentwurf über die wirtschaftliche Hilfe für Ostpreußen.

Der Berichterstatter, Ministerialdirektor Freiherr von Im⸗ ehh, wies darauf hin, daß der Entwurf in erweiterter Fort⸗ etzung der bisherigen Ostpreußenhilfe eine umfassende, syste⸗ matische Aktion von. ae fh ineinandergreifenden Hilfsmaß⸗ nahmen vorsieht. Bei dem Charakter der wirtschaftlichen Verhält⸗ nisse Dstpreußens erstrecken sich die Maßnahmen vorwiegend auf eine Behebung der landwirtschaftlichen Not. Zunächst sollen durch eine Lasten en lung für sämtliche landwirtschaftlichen Betriebe günstigere Wirtschaftsbedingungen geschaffen werden. Vorgesehen ind Erlaß der Rentenbankgruündschuldzinsen, die für drei Jahre auf. Reichsmittel übernommen werden, was einen jährlichen Zuschuß des Reichs von 6, 4 Millionen bedeutet, sowie Erleichterung der Landwirtschaft von kommunalen Lasten auf drei Jahre, wofür ein Betrag von je sieben Millionen Mark vorgesehen ist. Im Zu⸗ sammenhang damit sollen die Frachtkosten verringert und die Schiffahrtsabgaben auf dem Königsberger Seekanal ermäßigt werden. Hierfür sind ebenfalls auf drei Jahre je 10 Millionen Mark für die Fraͤchtkosten und je 500 000 Mark für die Schiffahrts— abgaben eingesetzt. Auch sollen zur Sicherung der Inbetrieb⸗ haltung der Kleinbahnen einmalig rund 1,7 Millionen aus Reichs⸗ mitteln verwendet werden. Mit diesen allgemeinen Maßnahmen gl die Grundlage entstehen, um an die Hauptaufgaben, die Ent⸗— chuldung und Stützung der gefährdeten Grundstücke, heranzugehen. Der Gesetzentwurf setzt sich zur Aufgabe, durch planinäßigen An—⸗ lauf gefährdeter Gründstücke einem panikartigen Abgleiten der Güterßpreise und einer fortschreitenden Devestierung Einhalt zu tun. Es sind deshalb vorgesehen 20 Millionen Darlehen zu Siedlungszwecken nach den Reifha⸗Richtlinien und 18 Millionen als Zuschuß an Preußen zur Verwendung für Neu⸗ und Anlieger⸗ stedlingen. Von der Schaffung einer besonderen Neuorganisalion ist abgesehen. Daneben tritt die Fortsetzung der bisherigen Um⸗ huldingsaktign. Im Rahmen dieser Aktion soll zunächst die Ausfüllun des erststelligen landwirtschaftlichen Realkredits zsdurch er eichtert werden, daß der Kurs von etwa 40 Millionen Mark Goldmgrkpfandbriefe durch Reichsmittel gestützt wird. Ins⸗ gesamt. ist für die Zwecke des Kursausgleichs ein Zuschuß von ö Millionen eingesetzt. Vor allem aber trifft hier der Gesetzentwurf Maßnahmen zur Gewährung von Umschuldungskrediten in Höhe von 62 Millionen Mart in der Weise, daß der Finanzminister ermächtigt wird, eine Garantie für eine Anleihe von 59 Millionen und für bereits gegebene Kredite von 12 Millionen zu übernehmen.

Bis zur Aufbringung der Anleihen sollen vom Reich Vorschüsse gegeben werden können. Zur Erleichterung der Zins⸗ und Til⸗ gungsraten für Kredite aus der Fünfzigmillionen⸗Anleihe wird ein jährlicher Zuschuß bis zu 1,5 Millionen ausgesetzt. Als letzte Gruppe der Hilfsmaßnahmen ist noch eine Kredit- und Grundstücks⸗ regulierung für solche notleidenden Betriebe in Aussicht genommen, die von der Umschuldung wegen ihrer fortgeschrittenen Ver⸗ schuldung nicht erfaßt werden können, und für die auch ein Ankauf nicht in Betracht kommt. Der Gesetzentwurf ermächtigt auch hier den Reichsfinanzminister, zur Erleichterung der Beschaffung von Kreditmikteln eine Garantie in Höhe von 17.5 Millionen, zu übernehmen. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Reichs zuschüsse von insgesamt 8 Millionen Mark. Sie sind u. a. bestimmt insbesondere zur Erleichterung der Kreditgewährung an landwirt schaftliche Pächter, Kleinbesitzer, Binnenfischer sowie zur Erhöhung des schon aus der bisherigen Ostpreußenhilfe gebildeten Betxiebs⸗ erhaltungsfonds. Zusaminengefaßt wirkt sich die Hilfe des Reichs für 1929 aus in rund 59 Millionen Mark Zuschüssen, 20 Millionen Mark Darlehen und 79,5 Millionen Mark Garantien. Außerdem kann das Reich auf garantierte Anleihen Vorschüsse bis zu 57,5 Mil⸗ lionen Mark geben. Die Ausführung der Maßnahmen ist Sache der preußischen Landesregierung im Benehmen mit der Reichs⸗ regierung. Die unmittelbare Leitung und Ueberwachung der hauptsächlichsten Maßnahmen obliegt einem besonderen Kommissar, der von der preußischen Landesregierung im Einvernehmen mit der Reichsregierung ernannt wird.

Namens der Ausschüsse beantragte der Berichterstatter die Annahme der Vorlage. Die Vollversammlung nahm die Vorlage einstimmig an.

Im Zusammenhang hiermit wurde der Ergänzungs⸗ etatfü'r 1929 abgenommen, der die finanzielle Deckung für die in der Ostpreußenvorlage geforderten Mittel enthält. Damit ist der frühere Beschluß des Reichsrats erledigt, wo mach 25 Millionen vom Reichsrat zur Hilfe für Ostpreußen und andere Grenzgebiete eingesetzt worden waren, während die Regierungsvorlage hier einen Leertitel eingesetzt hatte.

Im weiteren Verlauf der Sitzung genehmigte der Reichs⸗ rat die Satzungsänderungen der Süddeutschen BodenkreditBank (München), der Braunschweig⸗Hannover⸗

schen Hypothekenbank (Braunschweig) und der Berliner Hy⸗ pothekenbank.

Angenommen wurden ferner die Gesetzentwürfe über ein Luft verkehrsabkommen mit Holland und mit Norwegen.

Ferner genehmigte der Reichsrat die Verordnung über Einrichtung ünd Ankegung der Handwerksrolle sowie die Bekanntmachung über die Wahlordnung für die Wahlen der Mitglieder der Handwerkskammern und ihrer Stellvertreter. Die Verordnung und die Bekanntmachung sind notwendig geworden durch die Handwerksnovelle.

Weiter wurde angenommen eine Verordnung zur Ab⸗ wehr der Einschleppung der Kirschfliege. Danach dürfen vom 1. Mai ab Kirschen aus dem Ausland nicht eingeführt werden, die mit Maden behaftet sind.

In den preußischen Staats verba nd wurde eine Anzahl von Ausländern aufgenommen.

Ferner wurde eine Verordnung über die hinteren Leuchtzeichen der zweirädrigen Kraft⸗ und Kleinkraft⸗ räder sowie der Fahrräder und der Gesetzentwurf über weitere Hinausschiebung der Bindung der Länder und Gemeinden an die nach dem Reichsbewertungsgesetz festgestellten Einheits⸗ werte genehmigt. Die Hinausschiebung ist notwendig ge⸗ worden, weil das Steuervereinheitlichungsge⸗ setz noch nicht zustande gekommen ist.

Angenommen wurde eine Verordnung über Feststellung der Verteilungsschlüssel nach 5 2Za Absatz 4 des Finanzausgleichsgesetzes. Als Stichtag für den neuen Verteilungsschlüssel war der 30. März 1929 vorgesehen. Um diesen neuen Schlüssel möglichst lückenlos zu gestalten, hat sich die Hinausschiebung dieses Termins als zweckmäßig herausgestellt. Der Reichsrat beschloß, daß erst der 31. Mai 1930 Stichtag für den neuen Verteilungsschlüssel sein soll.

Angenommen wurde ferner ein Antrag des Reichsfinanz⸗ ministers, betr. steuerliche Begünstigung von fünf öffentlich⸗ rechtlichen und zwei privaten ausländischen Anleihen. In Frage kommen Anleihen des Provinzialverbandes der Pro⸗ vinz Hannover (4 Millionen Dollar), des Magistrats Berlin (15 Millionen Dollar), der Stadt Köln (1,15 Millionen Pfund Sterling), der Stadt München (1,625 Millionen Pfund Ster⸗ ling), des Ruhrverbandes Essen G6 Millionen Dollar), der Ruhr-Ferngasgesellschaft (12 Millionen Dollar) und der Ilseder⸗Hütte (10 Millionen Dollar). Vor allem handelt es sich um die Befreiung von der Kapitalertragsteuer.

Als Beisitzer und Stellvertreter zum Staats⸗— gerichtshof für das Deutsche Reich für die schwebenden Eisenbahn⸗ und Postabfindungsklagen gegen das Deutsche Reich wurden vom Reichsrat bestimmt für die Eisenbahn⸗ klagen als Beisitzer Professor Dr. Schneider⸗Baden und Staatssekretär z. D. Dr. Teber⸗Preußen, als Stellvertreter Staatsrat Dr. von Wolff⸗Bayern und Ministerialrat Ruhstrat⸗ Oldenburg, für die Postabfindungsklagen als Beisitzer Staats⸗ rat von Wolff⸗Bayern und Ministerialdirektor Schwahn⸗Meck⸗

lenburg⸗Schwerin sowie als Stellvertreter Prof. Dr. Streit⸗ Sachsen und Ministerialdirektor Dr. Fischer⸗Württemberg.

Die vom Reichstag angenommenen Gesetzentwürfe zur Abänderung der Verordnung über Errichtung von Arbeits⸗ kammern im Bergbau, über die deutsch⸗litau⸗ ischen Verträge und Abkommen, über die deutsch⸗ rumänische Erklärung, betreffend die Wiederinkraft⸗ setzung der Bestimmungen des Haager Abkommens über den Zivilprozeß, über den Welt fun kvertrag und be⸗ treffend das Internationale Uebereinkommen über die Ein⸗ richtung von Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen wurden vom Reichsrat mit der Formel „Kenntnisnahme ohne Einspruch“ endgültig erledigt.

Der griechische Gesandte Canellopoulos hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt Legationssekretär

die Geschäfte der Gesandtschaft.

Deutscher Reichstag. April 1929. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger)

Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 3 Uhr.

. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung der von den Regierungsparteien beantragten Erhöhung der Anleiheermächtigung, die der Ausschuß vormittags genehmigt hat.

Abg. Graf von Westarp (D. Nat) hätte es für richtiger gehalten, wenn die Regierung von vornherein eine klare Vorlage gemacht hätte, bei der Irrtümer vermieden worden wären, auf Grund deren sich der Heffentlichkeit eine gewisse Beunruhigung bemächtigt hat. Die. Ausschußverhandlungen hätten den un⸗ geheuren Ernst der Finanzlage des Reiches gezeigt. Man müsse anerkennen, daß der Reichsfinanzminister in voller Offenheit die Lage geschildert habe. Der Redner pricht die Erwartung aus, daß die angekündigte Revision der Arbeitslosenversicherung noch vor dem Sommer erfolge. Im übrigen biete das Programm der Finanzministers keineswegs ausreichende Sicherheiten, daß man mit der notwendigen Schnelligkeit der Verhältnisse Herr werde. Eine Beruhigung der Wirtschaft könne nur durch volle Klarheit und Wahrheit erreicht werden. Diese diene auch dazu, dem Aus⸗ lande endlich den richtigen Begriff von der deutschen Leistungs-⸗ fähigkeit beizubringen. Dem vorliegenden Gesetzentwurf werde die deutschnationale Fraktion nicht zustimmen.

Hierauf nimmt der Reichsfinanzminister Dr. Hilser⸗ ding das Wort. Seine Rede wird nach Eingang des Steno⸗ gramms im Wortlaut mitgeteilt werden. .

Abg. Stoecker (Komm.): Hilferdings Maßnahmen zur Be- seitigung der gespannten Kassenlage sind nur eine neue Belastung der Arbeiterschaft. Man will die großen Summen der Erwerbs⸗ ,,, durch eine Reform, d. h. eine Verschlechterung der Arbeitslosenversichernng, auf die Arbeiter abwäljen. Ihre elenden Erwerbslosenbezüge sollen noch weiter herabgesetzt werden. Das haben Graf Westarp und Leicht im Ausschuß offen ausgesprochen und der Vertreter des demokratischen Börsen⸗ und Bank⸗ kapitals, Bernhard, hat sich sofort angeschlossen. Freilich, wenn man wie Bernhard für drei einfache Schiedsrichtersitzungen in der Volksbühne 10000 Mark aus den Taschen der Arbeiter bekommt (stürmisches Hört, hört!), dann kann man leicht über Mißstände in der Erwerbslosenfürsorge reden.

Abg. Dr. Frick (Nat. Soz): Außer Bernhard hat auch sein Rassengenosse und Busenfreund des Herrn Barmat, das ehren werte Mitglied dieses Hauses Heilmann, 11 000 Mark bekommen. Diese Republik ist nicht nur moralisch und politisch, sondern auch fingnziell bankrott. Hilferding mußte zugeben, daß das chronische Defizit jetzt bereits 1635 Millionen beträgt. Neun Prozent Zinsen muß das Reich dafür den Banken zahlen. Wovon wollen Sie denn die von den sogenannten Sachverständigen in Paris angebotenen 1650 Millionen jährlich zahlen? Augenblicklich machen Sie sich stark, aber der Umfall wird bald kommen. Wir verlangen einen Volksentscheid über diese Schicksalsfrage.

Abg. Döb rich (Christl. Nat. Bauernp.): Dr. Frick hat recht. Aber die Reparationen sind nicht der einzige Grund des dauern⸗— den Defizits, der zweite Grund ist die überspannte Sozialpolitik. Wir verlangen unverzüglich einen Gesetzentwurf, der die uner⸗ träglichen Mißstände der Erwerbslosenversicherung beseitigt. Eine Senkung der Realsteuern ist immer noch nicht eingetreten. Wir beantragen, um sie zu ermöglichen, die schleunige Vorlegung eines Gesetzes, das die durch das letzte Besoldungsgesetz geschaffenen Beamtenbezüge unter Schonung der Wirtschaft kürzt, und eines Gesetzes, das die Diäten der auswärtigen Reichstagsmitglieder um 29, der Berliner um 40 vH kürzt. . ö Abg. Keil (Soz): Die Ursache der Nęt liegt darin, daß man in früheren Jahren außerordentliche Ausgaben durch laufende Einnahmen gedeckt hat. Man hätte schon von 1926 an auf das jetzt beginnende Notjahr Rücksicht a. sollen. Die Dar⸗ stellung Stoeckers war tendenziös, einseitig und unvollständig. Nicht alle Parteien haben im Ausschuß die Erwerbslosenfürsorge für die Finanznot verantwortlich gemacht. Ich selbst z. ö habe davor gewarnt, die anormalen Verhältnisse des strengen Winters 1928/1929 bei einer vielleicht in einzelnen Punkten notwendigen Reform der Erwerbslosenversicherung zugrunde zu legen. Wenn der Versicherung nicht so große Summen zur Verfügung gestellt worden wären, dann hätten übrigens dieselben Summen vom

(64. Sitzung vom 25.

D