räumung verknüpft. Aus Art. 431 des Versailler Vertrages haben
Nelchs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 280 vom 30. November 1929. S8. 4.
Maul auf, um die Sowjetunion herabzureißen. Sie heulen über die Nulacken. Aber Tausende von deutschen Kleinbauern müssen aus⸗ wandern, ohne daß sie auch nur einen Pfennig erhalten. Trotz aller 3 jedoch wird der Fünfjahresplan in Nußland durchgeführt, der
ozialismus ausgebaut. Ihr (zu den Soz.) hättet zu gern den Sie ber Noten Armee an der chinesischen Grenze verhindert. Es ist er. nicht gelungen. Ein Hurra der siegreichen Roten Armee! (Hhände⸗ klatschen bei den Kommunisten.) Skatt der siebentägigen ist in Ruß⸗ land bereits die Fünftagewoche eingeführt. In fünf Jahren wird Rußland so weit sein, den Siebenstundentag einzuführen. Was könnt Ihr (zu den Soz.) dagegen mit dem Joungplan bieten. Wie Lenin mit dem russischen Volt den Vertrag von Vrest⸗Litowsk in einen Fetzen Papier verwandelte, so wird das deutsche Proletariat den Youngplan zerreißen. Neben uns steht die Solidarität der Arbeiter⸗ schaft der anderen Länder. Schöne Führer zur Freiheit sind die alten kaiserlichen Offiziere. Die Plauener Spitzenfabrikanten, Münchener Kommerzienräte und ehemaligen Prinzen von Preußen, der Kohlen— industrielle Petschek, der aus der Tschechei stammt, sie alle finanzieren Hitler, und zwar mit Petschek gemeinsam als Aufsichtsratsmitglieb auch der sozialdemokratische Gewerkschafter Waldhecker. (Hört, hört! bei den Kommunisten.) Das wahre Gesicht dieser nationalsozialistischen „Arbeiterpartei zeigt sich in den vertraulichen Schreiben dieser Partei an Kapitalisten wie Kommerzienrat Bosch um finanzielle Unter⸗ stützung mit dem Hinweis, daß nur diese Partei „auf gerechte Weise erworbenes Eigentum“ gegen den Bolschewismus schützen könne. Das ist dieselbe Partei, die in einer Programmschrift erklärt, sie wolle im Bündnis mit der Sowjetunion das Proletariat vom Druck des internationalen Kapitalismus befreien! (Widerspruch des Abg. Dr. Feder Nat.-Soz. ) Wir freuen uns auf den 22. Dezember. Wir werden Spalier bilden für die Hitler, Hugenberg, Seldte. Das Pro⸗ letariat wird sich merken, wer zum Wahllokal geht. (Zuruf bei den Kommunisten: Severing, schreibe Dir das auf!! Nieber mit dem
Noungplan und seinen Zuhältern, nieder aber auch mit der faschistischen
Demagogie! (Beifall bei den Kommunisten.) Abg. Schreck ⸗Baden (Komm.) erhält nachträglich einen Ord⸗ nungsruf wegen eines beleidigenden Zwischenrufs. Abg. von Freytagh-Loringhöven (D. Nat.): Mit den ver⸗ werflichsten Mitteln hat man das Volksbegehren bekämpft. Es genügt, an den Terror gegen wirtschaftlich Abhängige zu erinnern. Einem Kriegsbeschädigten z. B. hat man die Lotterie⸗Kollekte entzogen. (Hört! hört! bei den Deutschnationalen) Das war ein tief bedauerlicher Akt der Rache. (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen) Der Redner kritisiert weiter das Verhalten des Staatsgerichtshofs, das für die Beamten die größte Unsicherheit zur Folge gehabt habe. Es liegt ein seltsamer Widerspruch zwischen Worten und Taten der Reichsregierung. Sie stellt das Freiheitsgesetz als bedeutungslose Torheit hin, kämpft trotzdem dagegen mit einem fieberhaften Eifer, der nur aus Furcht 6 sein kann. Ich lasse die Frage, ob die Andeutung, die der ranzösische Außenminister gemacht hat, als habe er damit zu rechnen, daß das Verfahren des Volksbegehrens auf das schleunigste erledigt wird, auf die Haltung der deutschen Reichsregierung Einfluß geübt hat, ganz aus dem Spiel; ich weise nur auf die Tatsache hin, daß die Anseßung der Abstimmung auf den 22. Dezember, den Goldenen Sonntag, kein Wahltag ün Sinne der Verfassung ist. Unzählige Deutsche wollen sich zwei Tage vor Weihnachten nicht mehr mit politischem Streit befassen. Da liegt also eine häßliche Spekulation auf unsere religiösen Einpfindungen vor. Sabotage ist die Forderung einer verfassungändernden Mehrheit. Ich kann mich hier auf einen ganz Unparteiischen aus dem Lager der Gegner, auf den Abgeordneten Prof. Dr. Bredt berufen. Das Gutachten der Regierung ist unhaltbar. Man siellte schließlich fest, daß die Paragraphen 1—3 verfassung⸗ ändernd seien. Ich bedaure, daß der Außenminister den Saal ver⸗ lassen hat. Wie denkt denn eigentlich das Auswärtige Amt über diese Auslegung? Würde sie anertannt, dann wäre das Auswärtige Amt künftig nicht mehr in der Lage, Verträge auf außenpolitischem Gebiete abzuschließen, dann würde dieses Recht ausschließlich dem Reichs⸗ präsidenten zustehen. (Sehr richtig! rechts7ꝰ Das Prinzip, der Ge⸗ waltentrennung ist eine außerordentlich strittige Sache. Die Fest⸗ stelling genügt vollkommen, daß ein solches Prinzip allenfalls in der konstitutionellen Monarchie gilt, daß aber in einer parlamentarischen Republik dafür gar kein Platz ist. Denn ein parlamentarisches Ka— binett ist ja nichts weiter als ein Ausschuß des Parlaments. Jedes Mißtrauensvotum, jede Entschließung des Reichstags greift in die Exekutive ein. Wenn der Reichsinnenminister vorhin die Frage unseres ersten Redners, wer denn bas Gutachten gemacht habe, damit beant⸗ wartet hat: Die Reichsregie cung, so ist diese Antwort wirklich nicht restlos aufklärend, zeigt aber, daß der Innenminister die Verantwortung dafür nicht übernehmen möchte. Sie zeigt aber auch, daß Karlchen Mießnick fröhliche Auferstehung feiert. (Heiterkeit In seiner Rundfunkrede hat der Reichsinnenminister die Behauptung aufgestellt, daß die Reichs⸗ regierung sich den Protest gegen die Kriegsschuldlüge zu eigen gemacht habe. Irgendwelche Aktionen sind seitens der Reichsregierung in dieser Vichtung aber nicht unternommen worden. Im Oktober 1925, als die Deutschnationalen in der Reichsregierung saßen, ist beschlossen worden, den Widerruf des Anerkenninisses der deutschen Kriegsschuld den Mächten zu notifizieren, aber unmittelbar nach dem Ausscheiden der Deutschnationalen wurde diese Notifizierung teils völlig un⸗ beantwortet gelassen, teils mit größter Schärfe zurückgewiesen. Im Fahre 1927 hat der Reichspräsident in seiner Tannenbergrede einen erneuten Protest gegen die Schuldlüge ergehen lassen. Dieser Protest ist nachher von den amtlichen Stellen der deutschen Reichsregierung, ins⸗ besondere hier von dem Reichskanzler Marx paralysiert worden. Es ist erklärt worden, daß es sich nur um die rein moralische Reinigung des deutschen Namens handele. Natürlich können die Fesseln des Versailler Vertrags nicht auf einmal fallen; wir glauben aber, durch einen förm⸗ lichen Widerruf eine neue Grundlage schaffen zu können. Bitte, lesen Sie die Rede des französischen Außenministers Briand vom 9. November im Wortlaut. Danach ist unter seiner Führung die Bedeutung des Versailler Vertrags nicht gemindert, sondern vermehrt worben. Das heißt, daß es im Laufe einer mehrjährigen Verständigungspolitik den Franzosen elungen ist, uns Bedingungen aufzunötigen, die man damals in der eit unserer völligen Schwäche für etwas Unmögliches hielt. (Hört, ört! bei den Dentschnationalen, Zuruf bei den Kommunisten: Und jre Abstimmung beim Dawesplan?) Der Dawesplan hat uns die französische Hegemonie gebracht. Jetzt will man durch den JYoungplan uns sechzig Jahre hindurch Tribute auferlegen, die dem Volke das Gefühl der Freiheit nehmen. Ein Volk, das die Früchte seiner Arbeit abführen muß, kann nicht denken und handeln wie ein freies Volk. Darüber hinaus ist der NVoungplan mit der Frage der Rheinland⸗
wir ein Recht auf Räumung ohne Gegenleistung. Briand betonte auf das schärfste, daß das Rheinland einzig und allein als Pfand für die Reparationen gilt, daß Frankreich nur im Verein mit seinen Verbündeten im Rheinland bleiben kann. Die englische Arbeiter⸗ Partei hat sich aber von Anfang an für die Zurückziehung der englischen Truppen ausgesprochen. Wenn wir diese Situation ausnutzen, be⸗ kommen wir die Rheinlandräumung ohne Gegenleistung. (Lachen bei der Mehrheit.) Eine Verknüpfung der Rheinlandräumung mit dem Youngplan darf also unter keinen Umständen erfolgen (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen). Am 4. August ist ein vorläufig noch geheim gehaltener Vertrag über die Eisenbahnen im Rheingebiet beschlossen worden. Die französische Kammer war tief befriedigt davon, daß eine Reihe von Bahnlinien zerstört, das Bauprogramm einge⸗ schränkt und eine zeitlich nicht beschränkte Ueberwachung eingeführt werden soll. (Lebhaftes Hört, hört! bei den Deutschnationalen) Statt dessen will Briand das Saargebiet vor Ablauf der fünf Jahre zurück= geben, wenn er Zugeständnisse hinsichtlich der Berg⸗ und Hüttenwerke und der Zölle erhalte. Bis jetzt haben wir noch nicht gehört, daß die Reichsregierung dieses franko-dentsche Kondominat über das Saar= e. ablehnt. ginßn kommt noch die Verständigung mit Polen auf rund des Liquidationsabkommens, das eine schwere Schädigung der deutschen Interessen bedeutet. Diese politische Unterwerfung und Versklavung macht eine Zustimmung zu dem Youngplan unmöglich.
(Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen.) - bg. Dö brich Christl. Nat. Bauernp): Den Regierungs⸗
nach ihrem Belieben. Die Rede des Ministers entsprach nich: dem Ernst der Sache, mit der es uns ernst ist. Eine so schlechte Rede hätten wir dem Minister nicht zugetraut. Die Bauernkreise wissen, daß es so wie bisher nicht weitergehen darf, wenn der Bauernstand nicht vernichtet werden soll. Nur eine vorüber⸗ gehende Verbesserung bringt anscheinend nach den bloßen Ziffern der Youngplan, aber es handelt sich doch um mehr, um eine Beugung unter den Kapitalismus. Der Dawesplan war schon auf einer Bedingung aufgebaut, die unerfüllbar ist. Unseren Bauern geht es schlechter als den Bauern in irgendeinem anderen Staat. Der Dawesplan bot wenigstens die Revisions⸗ möglichkeit, ja sogar die Revisionspflicht, wenn sich seine Belastung als untragbar herausstellte. Bis jetzt konnte ber deutsche . verlangen, wenn ihm der Sack der Belastung zu schwer war, Daß er ihm erleichtert wurde; nach dem MWungplan muß er den Sack unerleichtert 62 Kilometer durchtragen, er darf ihn hoh rn, einmal unterwegs absetzen. Das Verhältnis der Gläubiger zu Deutschland ist wie das Spiel der Katze mit der Maus. Wir geben jetzt alle , Verhandlungen aus der Hand. Was . uns denn der Völkerbund genützt? Die deutschen Minder⸗ eiten werden von anderen Staaten hinausgeworfen. In England denken die Arbeiter ganz anders als bei unz, dort‘ treiben sie englische Politik, wie gerade jetzt die Arbeiterminister zeigen. An dem Versailler Vertrag wird nicht das geringste geändert, seine harten Bestimmungen werden rücksichtslos angewendet. Frankreich rüstet immer mehr, baut immer mehr Festungen, wir zerstören unsere Eisenbahnen. Wir müssen endlich mit der Illusionspolitik 3 n machen, wenn uns nicht schließlich die Erde zur Hölle werden soll. Wir haben auch Bedenken gegen den 5 J und werden sie zum Ausdruck bringen. Aber machen Sie doch ein besse ves Gesetz, wenn wir nicht zugrunde gehen sollen. (Beifall rechts.)
Abg. Be st (BVolksrechtsp.): Der Youngplan soll die Repa⸗ rationslasten, die der Dawesplan den Leistungsfähigen auferlegt hat, auf die Schultern der Schwachen abladen. Denn die In⸗ dustriebelastung soll aufgehoben werden. Die Krie sschuldlüge soll bestehen bleiben. Auch die Höhe der Lasten dez ö ist untragbar. Ferner wird auf die deutsche Zährung keine Rück⸗ sicht mehr genommen. Einseitiger Widerruf kann jedoch das Schicksal Deutschlands nicht ändern. Ein Volk, das in Ketten liegt, kann nicht mit dem Kopf durch die Wand. Der HJHoungplan muß nur verbessert werden. Wenn das nicht gelingt, solle inan sich auf den Dawesplan zurückziehen.
Abg. Oberfohren (D. Nat.) bean tragt Uberweisung an den Rechtsausschuß.
Abg. Dr. Frick (Nat. Soz) bezweifelt die Beschlußfähigkeit des Hauses. Nach einigen Minuten, während deren die Abgeord⸗ neten durch das Glockensignal herbeigerufen werden, stellt Prä⸗ sident Löbe die Beschlußfähigkeit fest.
Die Ausschußüberweisung wird gegen die Stimmen der e, ,, kationalsozialisten und Christlich Na⸗ tionalen Bauern abgelehnt.
Die zweite Lesung der Vorlage erfolgt am Sonnabend um 10 Uhr.
Schluß gegen 7 Uhr.
Preußischer Landtag. 108. Sitzung vom 29. November 1929, 10,20 Uhr. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Der Preußische Landtag überweist zunächst einige An⸗ träge an die Ausschüsse und beginnt dann mit der Besprechung über die Große Anfrage der Regierungsparteien über das Schicksal des Besitzes der Saargruben.
Die Interpellation verweist auf die Bemühungen fran⸗ zösischer Wirtschaftskreise, die Saargruben mit französischer Kapitalbeteiligung zu versehen, und auf Bemühungen deutscher Wirtschaftskreise, die Gruben dem Privatkapital zu überlassen, und fragt die Regierung, ob sie bereit sei, entgegen diesen Gerüchten bei der Reichsregierung für die bedingungs⸗ lose Rückgabe der Saargruben an den Preußischen Staat ein— zutreten.
Abg. Haas⸗ Köln (Soz.) begründet die Anfrage. Er betont u. a die Bemühungen der französischen Wirtschaft um den . der Saargruben, wle des Saargebiets überhaupt, seien zehn Jahre vergeblich verlaufen und würden auch in alle Zukunft ohne Resultat bleiben. (Beifall.) Deutschland sei immer ein mindestens ebensoguter Abnehmer der Saarprodukte wie jetzt Frankreich. Uan sehe aber bei den Bemühungen interessierter Kreise um die Saar⸗ gruben erneut die internationale Solidarität des Kapitals. (Sehr wahr! links Im „Hamburger Fremdenblatt“ seien ausführlich die Bestrebungen gewisser deutscher Wirtschastskreise geschildert, lieber die Gruben in gemeinsamen deutsch⸗französischen Privat⸗ besitz gelangen zu lassen, als sie dem e ger, Staat zurück⸗ zugeben. Besonders ein rheinischer Großindustrieller, der auch an der Saar Besitz habe, vertrete diese These. (Lebhafte Rufe links: „Wie heißt der Mann?“ Es ist der Großindustrielle Otto Wolf aus Köln. (Lebhaftes hört, hört! Dieser Mann hat erklärt, wenn man die Saargruben in Privatbesitz bekäme, könnten die Kohlenpreise zum Steigen gebracht werden. Das fordere er, denn wenn er nichts verdiene, oder gar zusetzen soll, verschachere er lieber seinen Besitz. Das internationale Privatkapital wolle also auf dem Rücken der Saarbevölkerung Geschäfte machen. Das müsse die Preußenregierung dadurch verhindern, daß sie für rest⸗ lose Rückgabe der Saargruben in den preußischen Staatsbesitz ein⸗ trete, wie dies auch die „Kölnische Volkszeitung“ und alle anderen rheinischen Blätter forderten. Alle anderen Fragen könnten dann in Handelsverträgen mit Frankreich vereinbart werden.
In Beantwortung der Großen Anfrage führt Minister⸗ präsident Dr. Braun folgendes aus:
Ministerpräsident Dr. Braun. Meine Damen und Herren! Dem Staatsministerium sind in der letzten Zeit allerdings Mit⸗ teilungen darüber zugegangen, daß interessierte Persönlichkeiten der Privatwirtschaft am Werke sein sollen, die Rückgabe der Saargruben in das Eigentum des Preußischen Staates zu ver⸗ hindern chört, hört! bei der Sozialdemokratischen Parteih und Einfluß auf sie durch Beteiligung privatwirtschaftlichen Kapitals zu erreichen. Diese Versuche sollen sich einmal nach der Richtung erstreckt haben, daß innerhalb Deutschlands Stimmung für solche Gedanken in der Presse und in maßgeblichen Kreisen der deutschen Industrie gemacht worden ist. Darüber hinaus soll sogar auch in Frankreich mit verschiedenen Kreifen in der gleichen Richtung Fühlung genommen worden sein. (Hört, hört! in der Mitte und links)
Die Staatsregierung weiß, daß es sich bei solchen Versuchen nur um ein unverantwortliches Vorgehen einzelner handeln kann. Die Staatsregierung erklärt aber ausdrücklich, daß sie jeden dahingehenden Versuch auf das schärfste verurteilt. Jeder private Eingriff, der gegen die Zurückführung der Saargruben in den
parteien ist jedes Mit⸗ recht, um sich an der Macht zu halten. —
Sie jonglieren zu diesem Zweck mit der Weimarer Verfassung
gegenwärtigen Zeitpunkt eine schwere Gefährdung der nationalen Möglichkeiten Deutschlands und eine Verletzung der berechtigten Interessen der Saarbevölkerung. Sehr richtig! Die Staats⸗ regierung wird allen solchen gegen das nationale Interesse ge⸗ richteten Versuchen entschieden entgegentreten. (Bravo) Die Staatsregierung weiß, daß sie mit dieser Auffassung auch den einmütigen und wiederholt geäußerten Willen der gesamten Saar⸗ bevölkerung zum Ausdruck bringt. .
Zu der Frage der Rückgabe der Saargruben an den Preußi⸗ schen Staat hat die Staatsregierung seit dem Ausscheiden des Saargebiets aus der preußischen Staatshoheit ständig in klarer, einheitlicher Linie die auch rechtlich unanfechtbare Auffassung ver⸗ treten, daß bei der Rückliederung des Saargebiets dem Preußi⸗ schen Staat ein unbedingter Anspruch auf die uneingeschränkte und unbelastete Rückführung der Saargruben in den Staats besitz zusteht. Im Januar 19277 hat die Staatsregierung diesen ihren Standpunkt in einem Kabinettsbeschluß ausdrücklich festgelegt. An dieser Stellungnahme hat sich nichts geändert. Die Staats⸗ regierung hält nach wie vor an ihrer Forderung fest, wie sie auch der klaren Rechtslage entspricht.
Der Reichsregierung ist diese Stellungnahme der Staats⸗ regierung auch bekanntgegeben worden. Insbesondere ist auch der Kabinettsbeschluß vom Jahre 1927 der Reichsregierung offiziell mitgeteilt worden. Noch vor wenigen Tagen hat die Staatsregierung in einem besonderen Schreiben an den Herrn Reichskanzler erneut darauf hingewiesen, daß sie ihrer ständigen Stellungnahme entsprechend den Anspruch erheben muß, das volle Verfügungsrecht über die Saargruben ohne jede Bindung zurück⸗ zuerhalten. (Bravo Der Herr Reichskanzler hat auf dieses Schreiben hin zu Ausdruck gebracht, daß die Reichsregierung die Auffassung der preußischen Regierung in dieser Frage völlig teile, und die bestimmte Versicherung abgegeben, daß sich die Reichs⸗ regierung für die Durchsetzung der preußischen Auffassung mit allen Mitteln einsetzen würde. (Starker Beifall in der Mitte und links.)
Die Debatte eröffnet
Abg. Häll!ebrandt (Zentr), indem er u. a. ausführt: Als augenblicklich einziger parlamentarischer Vertreter des Saargebiets im Preußischen Landtag habe ich seit 1918 besonderz den wirt— schaftlichen Unsinn erfahren, der durch die Bestimmung des Versagiller Vertrages geschaffen worden ist. Die Bevölkerung an der Saar hängt mit allen Fasern ihres Herzens an der deutschen Schicksalsgemernschaft. Sie ist deutsch in guten und in bösen Tagen. Lebhafter Beifall.) Auch einsichtige Menschen in Frank⸗ reich bekennen, daß die Saarbevölkerung niemals französisch werden wird. Der Zentrumsführer Prälat Kaas hatte recht, als er in Saarbrücken ausführte: „Eigentlich hätte der Völkerbund und Frankreich an dem Tage aus Saarbrücken ausziehen u en. als Bent eye nd in Genf einzog!“ Von den schwebenden Ver handlungen erwarten wir die resttöse Rückgabe des Saargebiets überhaußt an das Reich, die restlose Rückgabe der Saargruben an den preußischen Stgatsbesitz. Im Vordergrunde sollte nicht das Geschäft, sondern die Frage, wie daz an der Saarbevölkerung be⸗ gangene Unrecht wieder gutgemacht wird, stehen. Franzöfische BVerständigungsreden, denen die Tat fehlt, machen bei uns keinen Eindruck. Wir sind dem Herrn Ministerpräsidenten dankbar, daß er die Auffassung der preußischen Staägtsregierung hier noch ein? mal eindeutig vorgetragen hat. Ich kann erklären: Die Saar— bevölkerung vertritt die gleiche Auffa sung. Um jeden Zweifel auszuschließen, möchte ich nochmals feststellen: Wir erwarten von den Verhandlungen: 1. die restlose politische Wiederangliederung des Saargebiets an das Reich bzw. die Länder Preußen und Bayern; 2. restlose Rückgabe der Gruben an den preußischen und bayerischen Staat. Keinerlei Beteiligung Frankreich ober fran⸗ zösischer Industrieller an den Saargruben. Führung der Gruben durch die Staaten Preußen und Bahern unter völliger Aus— schaltung privater Unterüehmungen; 3. Freigabe der früheren Reichsbahnen, soweit sie im Saargebiet liegen und heute noch unter französischer Verwaltung stehen. Ueberhaupt Ausscheiden jeglichen französ„ischen Einflusses in öffentlichen Angelegenheiten unseres Gebietes. Namens der gesamien Saarbe völkerung richte ich von dieser Stelle die Bitte an die Führer der innerdeutschen Wirtschaft, uns im Stadium des Endkampfes keine Schwierig⸗ keiten zu machen. Ja, wir warnen mit größtem Ernst vor 57 ersdiensten französische Industrielle, die umherziehen, um mit Hilfe der Privatwirtschaft eine Internationalisierung der Saar⸗ gruben zu erreichen. Wir haben zur deutschen Verhandlungs⸗ delegation das Vertrauen, daß sie ihre Mission im hier begeichneten Sinn vertreten wird. Dabei haben wir noch den Wunsch, daß sie sich bei allen entscheidenden Gelegenheiten den Rat der aus dem Saargebiet bestimmten Vertreter nutzbar machen wird. Saar⸗ bergbau und ⸗-industrie sind absolut lebensfähig. Wir hoffen, daß Reich und Preußen für den Tag der Rückgliederung ein groß⸗ zügiges Programm bereithalten, an dessen Cen hn, sofort erangetreten werden kann. Insbesondere erwarten wir, daß der Herr Handel sminister als zukün tiger Berwalter der Gruben seine in diesem hohen Hause feierlichst gemachten Zusagen, daß jeder Saarbergmann sein Brot auf heimischer 26 e verdienen kann, wahr machen wird. Die Drohungen Otto Wolfs lassen die Ar⸗ beiterschaft an der Saar kalt. Die Saararbeiterschaft ist elf Jahre mit Frankreich fertig geworden, sie wird auch mit Reaktionären aus Deutschland fertig werden. (Lebhafter Beifall links und im Zentrum.) Abg. Bachem (D. Nat.): Wir freuen uns über die Einigleit in diesem wichtigen Gegenstand und darüber, daß der Vertreter des Saar . den Geist der Saarbevölkerung hier so treffend schildern konnte. Wir bedauern aber, daß unser schon viel früher borgelegter Saarantrag nicht längst erörtert wurde, weil man damals bei der Regierung glaubte, über die Saar erst sprechen zu können, wenn die Verhandlungen erledigt wären. Meine Fraktion steht völlig einheitlich auf dem Boden der Erklärung des ge, d . In weitestgehendem Maße billigen wir auch die Vorwürfe, die der Abgeordnete 4 24 Otto Wolf
erhoben hat. 8 will den Versuch machen, zunächst die , , . Zeite des Saarproblems zu lösen und die olitische zurückzulassen. Es wäre erwünscht, daß der preußische Minister⸗
präsident durch eine 4 Erklärung die Priorität der politischen Fragen festste t und bei der Reichsregierung fordert, daß die deutschen Unterhändler entsprechend angewiesen werden.
(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)
Verantwortl. Schriftleiter: Direktor Dr. Ty ꝓol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechmungsdirektor Mengering in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft. Berlin Wilhelmstraße 32.
Sechs Beilagen
uneingeschränkten Staatsbesitz gerichtet ist, bedeutet besonders im
— — — — 4 .
leinschließl. Börsenbeilage und zwei Zentralhandelsregisterbeilagen)
— — — — — 6 3 —
z —
D *