Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 49 vom 27. Februar 1930. S. 4.
englische Schiedsgericht der englischen Firma Forler & Co, die vor dem Kriege in Magdeburg landwirtschaftliche Maschinen fabrizierte, eine Entschädigung von fast 9 Millionen Mark zu⸗ gesprochen hatte, obwohl eine Entschädigung von 3 Millionen Mark von neutralen Sachverständigen für ausreichend gehalten worden war. Das Abkommen wird vom Verein „Wiederaufbau im Ausland“ als verfassungsändernd bezeichnet, da den Deutschen, die Vermögen in England und seinen Kolonien hatten, nun die Möglichkeit genommen werde, ihre Rechte zu verfechten und ihnen der Weg zu den Liquidationsüberschüssen abgeschnitten wird. — Abg. Dr. Schnee (D. Vp.) führte aus, im Gegensatz zu der Idee des Joung-Plans könne von einer Gesamtliquidierung keine Rede sein, solange die früheren deutschen Kolonien sich unter der Mandatsverwaltung der ehemaligen Kriegsgegner befänden. Diese Kolonien repräsentierten nach dem Gutachten des verstorbenen englischen Sachverständigen Morel einen größeren potentiellen Wert als die gesamten Kriegskosten der Alliierten. Der Reichs⸗ bankpräsident Schacht habe in Paris für Deutschland überseeische Rohstoffgebiete gefordert, um es in den Stand zu setzen, Reparationen zu leisten. Diese wirtschaftliche Forderung sei als angeblich politisch beiseite geschoben worden, und es sei deshalb leider nicht möglich, sie im Rahmen der Verhandlungen über den JYJoung⸗Plan und die Ligquidationsabkommen zu er⸗ ledigen. Sie würden aber nach Abschluß dieser Verhandlungen in den Vordergrund treten. Der verstorbene Außenminister Dr. Stresemann habe wiederholt die Notwendigkeit der aktiven Beteiligung Deutschlands an dem Mandatssystem betont und noch im Juni 1929 im Reichstag erklärt, er stelle sich bezüglich der Notwendigkeit der Erlangung von koloniglen Rohstoffaebieten vollständig auf den von mir und dem Abg. Dr. Bell (Zentr,) ver⸗ tretenen positiven Standpunkt. Sein Nachfolger Dr. Curtius habe erklärt, er wolle Stresemanns Politik fortsetzen. Man werde deshalb, insbesondere auch bezüglich des Wiedereintritts Deutschlands in die überseeische Kolonisation, Schritte von ihm er⸗ warten, wie sie Dr. Stresemann nach Beendigung der Räumungs und Reparationsfragen in Aussicht gestellt habe. Zu dem Liquidationsabkommen erklärte der Redner, daß die mit England, Australien und Neuseeland geschlossenen Abkommen in Wirklichkeit keine Liquidation des Krieges im Geiste des all⸗ seitigen Entgegenkommens bedeuteten, sondern eine Fortsetzung der Kriegsmethoden, eine Fortsetzung der Plünderung darstellten. Der Redner ging dann mit scharfer Kritit auf das englische Liquidationsabtommen ein und fragte, mit welchem Recht ZSnowdens Amtsvorgänger 3 Jahre hindurch die Ueberschüsse aus den deutschen Liquidationen in den englischen Etat eingestellt und verausgabt habe. Ein solches Verfahren sei als grobe Verletzung des Versailler Vertrags zu betrachten. Die von Australien ge übte Liquidierungsmethode sei seinerzeit auch von der an. gesehenen australischen Zeitschrift Steade Review“ als ein krasses Unrecht und als ein Bruch der Bedingungen bezeichnet worden, unter denen im Kriege die Uebergabe von Deutsch⸗Neuguinea an die australischen Okküpationstruppen erfolgt sei. Damals sei in diesem als endgültig bezeichneten Vertrag ausdrücklich die Re⸗ spektierung des Eigentums der deutschen , . zugesagt worden. Die Pflanzer blieben auch auf ihrem Posten. Sie ver— mehrten durch ihre Arbeit noch den Wert der Pflanzungen. Umso empörender habe es wirken müssen, daß sie dann 2 Jahre nach Kriegsende plötzlich vertrieben worden seien und ihr Eigen tum, auch das später erworbene, ihnen einfach geraubt sei. Die Liquidgtionsabkommen mit England, Australien und Neuseeland seien zu ber unbefriedigend. Redner loß: Wir werden uns auch in Zukunft mit fer gegen das Privateigentum gerichteten englischen Haltung nicht abfinden können. Wir hoffen, daß in England einmal jene Kreise die Oberhand bekommen, die diese Methoden verurteilen, und daß die Wahrung der Heiligkeit des Privateigentums sich auch einmal in England durchsetzen wird. Das würde auch im Interesse Englands selbst liegen und im Interesse der friedlichen Verständigung der Nationen. — Abg. Toni Sender (Soz.): Die Grundlage für die Liquidations⸗ abkommen ist das Sachverständigengutachten, das in Ziffer 142 die Anrechnung der liquidierten Werte auf die neuen Repara⸗ tionsverpflichtungen ausschließt. Wer der Auffassung ist, daß im Kriege die Macht das Recht bricht, darf sich jetzt nicht darüber aufregen, daß England auf Grund von Kriegsmaßnahmen der⸗ artige Maßnahmen durchführt. Durch das Abkommen wird keine zu leb h. Belastung geschaffen. Wenn der Abg. Dr. Rei⸗ chert meint, es sei ein nationales Unglück, den Vertrag zu unter⸗ schreiben, so bin ich der Ansicht, daß es ein noch schwereres Un⸗ glück wäre, wenn die Abkommen nicht getätigt werden, da dann die Liquidationen weiter gingen. Jetzt ist deren Einstellung sichergestellt. Wir bedauern auch, daß in England nicht in gleicher Weise, wie in Italien und Frankreich, bereits liguidierte Werte uns gutgebracht werden. In der , , Weise, wie der Abg. Reichert, kann man nichts erreichen, ondern nur auf dem Wege der internationalen Ver⸗ . und wir werden unsere ganzen Bemühungen aufwenden müssen, um die Strömungen in England zu fördern, die auf eine Revision des Abkommens hinzielen. — Abg. Dauch (D. Vp.) hielt das englische Abkommen für höchst unbefriedigend. England, der , Gegner des bolsche⸗ wistischen Rußlands, habe sich in diesem Abkommen über die sonst so oft betonte Heiligkeit des Privateigentums in einer Weise hinweggesetzt, die man nur als schlimmsten Bolschewismus be⸗ zeichnen könne. Die von den Pariser Sachverständigen empfohlene Riegelung auf der Grundlage „gegenseitigen Entgegenkommens“ hätte nach kaufmännischer Sai e nur so ausgelegt werden können, daß beide Teile sich etwa auf die Hälfte einigten. Wenn in diesem Falle England 90 vH behalten hätte, so habe es damit die Grundsätze verleugnet, die ein fairer Kaufmann bei einer solchen Empfehlung seiner eigenen Vertreter beachte. Grundsätz⸗ lich müßten wir darauf hinweisen, daß eine gedeihliche Entwick⸗ lung der Weltwirtschaft gar nicht möglich sei, wenn die im letzten Kriege beobachteten Methoden bestehen blieben. Unsere Re⸗ gierung sollte nach dem Abschluß des Joung⸗Plans die Initiative ergreifen, um gemeinsam mit den an dieser Frage gleich falls stark interessierten Vereinigten Staaten einen wirtschaftlichen Kellogg⸗ Pakt vorzubereiten, der die Behandlung des Privateigentums im Kriegsfalle regele. (Rufe bei den Sozialdemokraten: Nach dem Kellogg⸗Pakt darf es ja keinen Krieg mehr geben.) Vorsitzende Abgeordneter Heimann (Soz.) mitteilte, ist Reichs⸗ außenminister Dr. Curtius durch eine Erkältung an das Bett gefesselt, hofft aber, am Donnerstag wieder der Sitzung bei wohnen zu können. Min—⸗Rat Fuchs (Reichsfinanzministerium) erklärte auf die Anfrage des Abgeordneten Dr. Reichert nach der Belastung Deutschlands durch das Ausgleichsverfahren sowie nach einer etwaigen zusätzlichen Zahlung Deutschlands aus diesem Grunde, daß seit dem Inkrafttreten des Dawes⸗Plans eine Ver⸗ pflichtung Deutschlands zur Bezahlung dieses Ausgleichssaldos nicht mehr besteht. Die früheren Zahlungen haben wir nicht aus Entgegenkommen geleistet, sondern auf Grund einer im Artikel 296 des Versailler Vertrages festgelegten Verpflichtung. Danach mußten wir die sich zu unseren Ungunsten ergebenden Aus⸗ gleichsdebet⸗Salden allmonatlich in bar an den betreffenden Staat zahlen. Im ganzen haben wir von Mitte 1920 bis Mitte 1922 rund 617 Millionen Goldmark bezahlt, davon an England rund 1460 Millionen Goldmark. Während der Inflation, im Jahre 1922, haben wir die Zahlungen eingestellt. Frankreich hat darauf mit Sanktionen geantwortet. Erst durch den Dawes⸗ Plan sind wir diese Zahlungspflicht endgültig losgeworden, da diese Last durch die Annuitäten mit abgegolten wurde. Wie der Herr Reichsminister des Auswärtigen in seiner Plenarrede schon ausgeführt hat, hat die Haltung der englischen Regierung bei den Verhandlungen über das Liquidationsabkommen auch bei der deutschen Regierung eine große Enttäuschung und lebhaftes Be⸗ dauern hervorgerufen. Es ist trotz der stärksten Bemühungen nicht möglich gewesen, ein günstigeres Ergebnis zu erzielen. Die
Wie der
englische Regierung hat von vornherein eine Verpflichtung zur Herausgabe der Liquidationsüberschüsse rundweg bestritten. Sie hatte die Liquidationserlöse . schon endgültig vereinnahmt und in ihren Etat eingestellt. Sie machte infolgedessen geltend, daß sie zur Herausgabe dieser Summen erst durch ein besonderes Gesetz ermächtigt werden müßte. Wir haben England darauf hingewiesen, daß es kein Recht gehabt habe, über diese Summen . verfügen, solange die Repaationskommission keine Ent⸗ cheidung darüber getroffen habe, doch stellte sich England auf den Standpunkt, in dieser Beziehung freie Hand zu haben. Daß nach dem Abkommen sogar gewisse Vermögenswerte des noch nicht liquidierten Eigentums aus der Freigabemasse ausscheiden, ist außerordentlich bedauerlich. Die englischen Behörden haben uns aber erklärt, von diesen Ausnahmebestimmungen nur in be⸗ sonderen Fällen Gebrauch machen zu wollen und haben uns eine Liste dieser Ausnahmen übergeben, die im Laufe der Verhand⸗ lungen noch verkleinert worden ist. Sie umfaßt Werte im Be⸗ trage von 11 bis 12 Millionen Mark, die sich unter Umständen noch verringern können, falls die über sie schwebenden Prozesse von den deutschen Berechtigten gewonnen werden. Ferner hat England darauf verzichtet, einen Prozeß weiter zu führen, der in Amerika mit dem Ziele der Herausgabe deutscher Wertpapiere zum Zwecke der Liquidation schwebte. Die deutsche Regierung hat das Abkommen trotz der schweren Bedenken unterzeichnet, da die englische Regierung unzweideutig zu verstehen gegeben hat, daß sonst die Liquidationen weiter durchgeführt werden. Im Gegensatz zu Kanada haben sich Australien und Neuseeland dem Beispiele Englands angeschlossen. Die südafrikanische Regierung dagegen ist bereits früher in sehr liberaler Weise verfahren. — Abg. Dr. Schnee (D. Vp.) betont der Abg. Sender gegenüber, es sei ein von Deutschland immer anerkannter völkerrechtlicher Grundsatz gewesen, daß die Heiligkeit des Privateigentums im Landkrieg anerkannt werde. Es sei England gewesen, das die Plünderungsgebräuche der Piraterie auf den Lanbkrieg übertragen habe. Ich habe als Gouverneur von Deutsch⸗Ostafrika, so fuhr der Redner fort, im Weltkrieg zunächst kein englisches Privat⸗ eigentum heschlagnahmt. Erst als ich zu meinem Erstaunen von den englischen Methoden und von den daraufhin in Deutschland als Repressalie getroffenen gesetzlichen Maßnahmen erfuhr, sah ich mich zu entsprechenden Anordnungen in der Kolonie genötigt. Im englischen Oberhaus und in der englischen Oeffentlichkeit ist von angesehenen Staatsmännern die Verletzung der Heiligkeit des Privateigentums im Kriege verurteilt worden. Ich muß es als unerhört bezeichnen, wenn jetzt, 12 Jahre nach dem Kriege, von der englischen Regierung noch immer mit solchen Kriegs⸗ methoden fortgefahren wird. — Abg. Laverrenz (D. Nat.) wies daraufhin, daß es vor dem Haager Schiedsgericht für die Auslegung des Dawes⸗Plans leider nicht gelungen sei, Beträge aus den deutschen Annuitäten frei zu machen zur Abgeltung der Liquidationsgeschädigten. Das aber hätte bei den se, nr. über den Joung-Plan unbedingt nachgeholt werden müssen, ist aber leider nicht gelungen. Die Folge wäre die, daß die deutschen Liquidationsgeschädigten für ihre Verluste in Höhe von 7,68 Mil⸗ liarden Mark nur etwa 16 Prozent Entschädigung erhalten würden, die sie auf Grund des unzulänglichen Kriegsschädenschlußgesetzes beanspruchen könnten. In dem deutsch⸗englischen Liquidations⸗ abkommen seien besonders die Artikel 5 und 6 um deswillen so gefährlich, weil sie die Freigabe des deutschen Eigentums so außer⸗ ordentlich einschränkten, daß voraussichtlich so gut wie nichts gerettet werden würde. Statt W bis 40 Millionen deutsche Ver— ie, we, zurückzuerhalten, würden wir womöglich noch zu⸗ zahlen müssen. — Abg. Dr. Köhler (Zentr.) bezeichnete die zur Debatte stehenden Liquidationsabkommen als einen der peinlichsten Abschnitte des Joung⸗Planes. Ein Teil davon ist doch nur unter der direkten Drohung zustande gekommen, 33 sonst einfach mit den Liquidationen fortgefahren wird. Die Möglichkeit zur Aus— i nenn dieser Drohung hatten die Gegner. Für eine richtige harakterisierung des englischen Vorgehens fehlen mir die parlamentarischen Worte. Dabei ist es gleich, ob es sich um eine konservative oder um eine Arbeiterregierung handelt, in diesem Punkte sind sie alle leich. Gerade das Auftreten des Schatzkanzlers Snowden und der Druck, den er ausgeübt hat, kann von keiner Seite entschuldigt werden. Er hat das Abkommen nicht auf der Grundlage gegenseitigen Entgegenkommens abgeschlossen, sondern unter brutalster Macht⸗ ausnutzung. Dabei muß man sich erinnern, welche Hoffnungen früher die deutschen Liquidationsgeschädigten auf den englischen Sinn für fair play gesetzt hatten. Diese Hoffnungen sind bitter enttäuscht worden. Ist es richtig, daß die belgische Regierung während der Verhandlungen über das Markabkommen weiter liquidiert hat? — Abg. i Dernburg (Dem.): Man wird jedes Work unterschreiben, das hier über die Unsittlichkeit des Vorgehens unserer Gegner gesprochen worden ist. Wir haben ja hit dem Kriegsbeginn 1914 viel schlimmere Verletzungen des Völkerrechts zu beklagen, ich erinnere nur an die furchtbare Hungerblockade. Es ö. auch richtig, daß durch das brutale Vor⸗ gehen der englischen Regierung die englische Kreditfähigkeit in er Welt e his wird. Die Erörterung dieser Dinge hat aber wenig praktischen Wert, weil wir nur ja oder nein sagen können und ein Nein dem Gegner die Möglichkeit gibt, unbeschränkt weiter zu liquidieren. ir haben hier Material gewonnen für eine neue Kodifizierung des Völkerrechts, die hoffentlich länger hält als die gegenwärtige. — Ministerialrat Fuchs (Reichsfinanz- ministerium) gab sodann Auskunft . die verschiedenen An⸗ ,. Soweit die Liquidationen abgeschlossen sind, werden die Frlöse von dem liquidierenden Staat dem anderen Staat durch die Ausgleichsämter gutgeschrieben. Da England diese Gut⸗ schriften immer dem Gange der Liquidationen folgend erteilt, sind diese Gutschriften Englands noch nicht abgeschlossen. Infolgedessen ist England gegenüber der Fall noch nicht praktisch geworden, der ich aus Artikel 243 a des Versailler Vertrags ergibt, nach welchem ie endgültig festgestellten , zugunsten Deutschlands auf unserer Reparationsschuld verrechnet werden sollen. Durch die Empfehlung des Joung⸗Plans in Artikel 142 über den Schluß des Reparationskontos ist eine neue Lage geschaffen worden. Damit ist die Verpflichtung der Gläubigerregierungen zur Er⸗ teilung der Gutschriften für die Ueberschüsse auf Reparations⸗ konto ohne weiteres in Wegfall gekommen. Der Herr Abg. Dr. Quaatz hat sich 6 den Standpunkt gestellt, daß durch das Abkommen eine e sungswidrige Enteignung herbeigeführt werde. Davon kann keine Rede sein. Schon im Versailler Ver⸗ trag Artikel 297 ist den Gläubigerregierungen das Recht zur Liquidation, d. h. zur Enteignung des deutschen Privatvermögens eingeräumt worden mit der Wirkung, daß die Liquidationserlöse zur 3 von Ansprüchen der Gläubigermächte einbehalten werden dürfen. Der Herr Abgeordnete Laverrenz hat nach den Artikeln 5 und 6 des deutsch⸗polnischen Abkommens gefragt. In Artikel 5 ist be⸗ stimmt, daß Deutsche, über deren Vermögen Freigabeprozesse schweben, nicht auf Grund des Abkommens die Freigabe ver⸗ langen können. Gewinnen sie aber den Freigabeprozeß, so bleibt ihnen das Recht auf Freigabe auf Grund des Urteils selbst⸗ verständlich unberührt. Ebenso wird durch Artikel 6 das Recht der deutschen Berechtigten, das Liquidationsrecht der englischen Regierung nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags an⸗ zufechten, nicht berührt. — Abg. Dr. Reicher (D. Nat.) fragte, wie die deutschen Unterhändler in dem deutsch⸗englischen Liquidationsabkommen dem Satz zustimmen konnten: „Das Recht, deutsche Güter, Rechte und Inleressen zu beschlagnahmen, zurückzubehalten und zu liquidieren oder zu belasten, wird nicht aufgehoben oder abgeändert.“ Darin liegt doch eine dauernde Bedrohung und Gefährdung der deutsch⸗englischen Handels⸗ beziehungen. Wo ist die einwandfreie Erklärung Englands, das dentsche Privateigentum anzuerkennen und zu schützen? Im Entschädigungsprozeß der englischen Maschinenfabrik Fewler & Co ist den Engländern dreimal so viel an Entschädigung zuge⸗
sprochen worden, wie ein neutraler Sachverständiger für richtig hielt. Das Urteil nebst Zeugenaussagen sollte dem Reichstag vorgelegt werden. Der Redner forderte von der Regierung eine schriftliche Uebersicht über den Gesamtumfang der Liquidationen deutschen Eigentums in allen in Betracht kommenden Ländern. — Abg. Dr. Quaatz (D. Nat.) widersprach der Auffassung des Ministerialrates Fuchs, daß das deutsch⸗englische Abkommen auf dem Versailler Vertrag basiere. Die Heranziehung des Artikels 142 der Empfehlungen der Sachverständigen ist einseitig. Der Ausschuß der Sachverständigen hat in den Artikeln 142 bis 145 die Regelung der Fragen im Geiste allseitigen Entgegenkommens empfohlen, die Ausführung aber den Regierungen überlassen. Artikel 113 enthält eine einseitige Empfehlung der Gegenseite. In dem Abkommen hat dieser Gegnerstandpunkt, vorwiegend also der englische Standpunkt, gesiegt, der in der weitesten ge keit als Raubstandpunkt bezeichnet wird. Wir beantragen, die deutschen Sachverständigen hier über den Sinn dieser Be⸗ stimmungen zu hören. Wenn Sie diesen Antrag wieder ablehnen, zeigen Sie, daß Sie deren Interpretation fürchten. — Ministerial-⸗ raf Fuchs Reichsfinanzministerium) erwiderte demgegenüber, daß er nicht behauptet habe, daß die einseitige Empfehlung der Gläubigersachverständigen im Artikel 143 des Young⸗Plans die deutsche Regierung gebunden habe und die Rechtsgrundlage des deutsch⸗englische Abkommen in Parallele zu der Rechtslage des deutsch⸗englische Abkommen in parallele zu der Rechtslage des Versailler Vertrags gesetzt. — Abg. Dr. De rnburg (Dem) wies noch auf die Rede des Reichsaußenministers hin, daß im Kreis der Sachverständigen eine Einigung über die Angelegen⸗ heit nicht habe erzielt werden können; die deutschen Sachver⸗ ständigen hätten jedenfalls ihre Zustimmung nicht gegeben. — Der deutschnationale Antrag, die deutschen Sachverständigen hier zu hören, wurde abgelehnt. Die weitere Aussprache über das deutsch⸗englische Abkommen wurde vertraulich zu Ende ge⸗ führt. Der Ausschuß vertagte sich auf den 27. Februar.
— Der Volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichstags be⸗ schäftigte sich am 26. d. M. mit der Verlängerung des Ver⸗ mahlungszwanges für Inlandsweizen. Der Ver—⸗ mahlungszwang ist bisher durch Verordnung der Reichsregierung herbeigeführt worden. Das Reichsernährungsministerium erbat heute die Ermächtigung, wenigstens die Verordnung in der gegenwärtigen Form, die bei der Vermahlung von Weizen die Verwendung von mindestens 50 vn Inlandsweizen vorschreibt, ohne Befragung des Ausschusses verlängern zu dürfen. Da sich hiergegen Bedenken geltend machten, so schlug der Vorsitzende, Abg. Sim on-⸗Franken (Soz.), vermittelnd vor, der Regierung diese Ermächtigung zunächst nur auf drei Monate, also für die Monate März. April und Mai zu er⸗ teilen. Dieser Vorschlag fand dann die Billigung des Ausschusses. — Der Volkswirtschaftliche Ausschuß hatte die Absicht. am nächsten Freitag, dem 28. Februar, in die zweite Lesung des Gaststättengesetzes einzutreten. Diese Sitzung ist jetzt auf Wunsch des Zentrums ab⸗ gesagt worden. Der Volkswirtschaftliche Ausschuß wird die Ver⸗ handlungen über das Schankstättengesetz erst am Donnerstag, dem 6. März, aufnehmen.
*
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Der Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche ist bom Schlacht⸗ und Viehhof in Elberfeld am 23. Februar und vom Schlacht und Viehhof in Chemnitz am 25. Februgr, das Erlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche vom Schlacht⸗ und Viehhof in Elberfeld am 24. Februar, der Ausbruch und das Erlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche vom Schlacht⸗ und Viehhof in Zwichau am 25. Februar 1930 amtlich gemeldet worden.
Handel und Gewerbe. Berlin, den V. Februar 1930.
Nach dem Geschäftsbericht der Oberhausener Bank Aktiengesellschaft, Oberhausen⸗Rheinland, für das Geschäftsiahr 1929 wurde die Stadt Oberhausen von der wirt⸗ schaftlichen Depression weniger berührt, doch war das Kreditbedürfnis, vornehmlich des Mittelstandes, außerordentlich groß. Die Kreditoren — vornehmlich Einlagen und Sparkonten — stiegen gegen das Vor⸗ jahr um etwa 660 006 RM. Der Abschluß gestattet wie im Vorjahr 8 vH vorzuschlagen.
— Nach dem Bericht der Sächsischen Staatsbank, Dresden, über das Geschäftsjahr 1929 belief sich die Zabl der geführten Konten Ende 1929 auf 27 579 gegenüber 18930 Ende 1928, der Gesamtumsatz auf einer Seite des Hauptbuchs im Jahre 1925 auf 12593 Millionen RM gegen 12140 Millionen RM im Jahre 1928. Die Gewinn- und Verlustrechnung weist Einnahmen im Be⸗ trage von 4827 321 RM auf, denen 2 860 104 RM an Unkesten gegen überstehen. Es wird vorgeschlagen, von dem nach Vornahme von Rückstellungen, Abschreibungen auf Bankgebäude, sonstige Grand stücke und Einrichtungen sowie einer Zuweisung an die Versorgunge— kasse bzw. für Unterstützungszwecke ausgewiesenen Reingewinn von 1565 136 RM dem Rücklagestock 389 000 RM zuzuführen und den Rest mit 1166 136 RM an die Landeshauptkasse auszuschütten. Die offenen Rücklagen würden damit den Betrag von 8ol7 0600 Rwe erreichen.
— Nach dem Bericht der Sächsischen Bank zu Dresden über das Geschäftsjahr 1929 brachte dasselbe eine dauernde starke Inanspruchnahme des Instituts mit sich. Dieselbe führte zu einer beständigen Ausnutzung des der Bank zustehenden Notenkontingents von 70 600 000 RM. Der Durchschnittsnotenumlauf betrug im Jahre 1929: 66 434 400 RM (1928: 6d 597 609 RM). Die durchschnitt⸗ liche Netendeckung betrug 271 031 471 RM in Gold — 315657 vy, 13 802 207 RM in Devisen — 20 775 vH, zusammen 52432 vy. Der Wechseleingang betrug 391 830315 RM (I928: 396 902135 Mo. Die Wertsumme der protestierten Wechsel betrug 6 781 979 RM — 1,13 vo (1928: 5 708 0857 RM — 1,44 99). Nach Abzug der gesamten Handlungsunkosten, sowie der Steuern vertrags⸗ und jatzungsgemäßen Tantiemen und Gratifikationen ergibt sich einschließlich des Vortrages aus dem Jahre 1928 in Höhe von 58 181 RM ein Reingewinn von 2314003 RM. Hiervon Jollen der Rücklage 600 900 RM zugeführt, 11 v Dividende auf 15 900000 RM — 1650000 RM.ꝛ perteilt und der Rest von 64003 RM auf neue Rechnung vorgetragen werden.
Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 26. Februar 1930: Ruhrrevier: Gestellt 21 841 Wagen, nicht gestellt — Wagen.
Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Ersten Beilage.)
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7
Anzeigen nimmt an die
ettdruck (zweimal unter⸗
8
26.
Berlin, Freitag, den 28. Februar, abends. Poftschecttonto: Berlin 41821.
1930
Inhalt des amtlichen Teiles:
Deutsches Reich.
Bekanntmachung zu der dem Internationalen Uebereinkommen 3 den Eisenbahn⸗Personen⸗ und Gepäckverkehr beigefügten Liste
Bekanntmachung zu der dem Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahn⸗Frachtverkehr beigefügten Liste.
Preuszen.
Anzeigen, betreffend die Ausgabe der Nummern 5 und 6 der Breußischen Gesetzsammlung.
Amtliches.
Deutsches Reich.
Betganntmachung
zu der dem Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahn⸗-Personen- und Gepäckverkehr bei⸗ gefügten Liste. Die Liste der Eisenbahnstrecken, Kraftwagen⸗ und Schiff⸗ fahrtslinien, auf die das Internationale Uebereinkommen über den Eisenbahn⸗Personen⸗ und Gepäckverkehr e, . findet (Deutscher Reichs und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 37 vom 13. Februar 1930), wird, wie folgt, geändert: Unter Polen“ ist im Teil B. II. tschechoskowakischer Ver waltungen als neue Nummer einzutragen: 20. bei Zebrzydowice bis Zebrzydowice!)).
Unter Schweiz sind im Teil A. Ta. Ifd. Nr. 1 die Worte „der von ihnen betriebenen Bulle —Romont⸗ Bahn; ferner“ zu streichen.
Bei 1d. Nr. 28 Ber — Gryon — Villars — Chesieres⸗Bahn ist das
Wort
„ausschließlich“ durch 'einschließlich' zu ersetzen.
Als neue Id. Nr. sind einzutragen:
5. Bulle —Romont⸗Bahn.
8. Langenthal —-Huttwil⸗Bahn, einschließlich der von ihr betriebenen Huttwil -Wolhusen⸗Bahn und Ramsei— Sumiswald = Huttwil⸗Bahn.
10. Eisenbahn Mendrisio= Stabio Grenze).
30. Brunnen — Morschach — Axenstenstein⸗Bahn.
52. St. Gallen — Speicher —Trogen⸗Bahn.
Als Fußnote ist auf Seite 40 einzufügen:
) Der Betrieb der Eisenbahn Mendrisio—=— Stabio Grenze ist vorläufig seit 31. Mai 1928 eingestellt.
Die gegenwärtigen Ziffern 5, 6 und 7, 8— 13, 30— 50, 51 - 65 werden in 6, 7, 9, 11 — 16, 31 — 1 und 53 — 67 abgeändert.
Die Aenderungen zu den lfd. Nr. 8, 10, 28, 30 und 52 treten am 20. März 19360 in Kraft.
Unter „Gechoslovakei' ist im Teil B. II. Polnischer Verwaltungen die Nummer hö bei Petrovice u Bohumina bis Petrovice u Bohumina zu streichen. ;
. In den Anmerkungen am Schlusse der Abschnitte Polen“ und Gechoflovakei! sind die Ziffein bezüglich der beiden Verwaltungen entsprechend richtigzustellen.
Berlin, den 25. Februar 1930. Der Reichsverkehrsminister. J. A.: Grunow.
Bekanntmachung
zu der dem Internationalen Uebereinkommen über
den Eisenbahnfrachtvertehr beigefügten Liste.
Die Liste der Eisenbahnstrecken, Kraftwagen⸗ und Schiff⸗ fahrtslinien, auf die das Internationale Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr Anwendung findet (Deutscher Reichs- und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 38 vom 14. Februar 1930), wird, wie folgt, geändert:
Unter „Polen“ wird in Abschnitt B. II. als neue Ziffer 20
nachgetragen: — 20. bei Zebrzydowiee bis Zebrzydowice). Ferner wird unter, Polen“' in der Anmerkung am Schluß bei dem Hinweis auf die Gechoflovakei die Angabe „Ziffer 55 bis 60
ersetzt durch: Ziffer 56 bis 60.
Unter Schweiz“ wird in Abschnitt A. a) Ziffer 1 die Zeile Bulle Romont⸗Bahn und der“ gestrichen. Dafür wird als neue Ziffer 5 daselbst nachgetragen: 5. Bulle Romont⸗Bahn. Die Ziffern 5 bis 23 werden in 6 bis 24 abgeändert.
Unter CGechoslovafei⸗ wird in Abschnitt B. IL die Ziffer 565. bei Petroviee u Bohumina bis Petrovice u Bohumina!) * gestrichen.
Ferner wird unter Gechollova lei in der Anmerkung am Schluß bei dem Hinweis auf Polen die Angabe „Ziffer 21, 22, 23 ersetzt duich: ;
Ziffer 20 bis 23.
Berlin, den 25. Februar 1930.
Der Reichsverkehrsminister. J. A.: Grunow.
Preußen. Bekanntmachung.
Die am 25. Februar 1939 ausgegebene Nummer 5 der Preußischen Gesetzsamm lung enthält unter
Nr. 13 459 das Gesetz über die Preußische Staatsbank (See⸗ handlung) vom 22. Februar 1930, und unter .
Nr. 13 470 den Beschluß über die Abänderung des Erlasses vom 10. September 1874 (Gesetzsamml. S. 310).
Umfang 4 Bogen. Verkaufspreis 0,20 RM.
Zu beziehen durch R. von Decker's Verlag (G. Schend), Berlin W. 9 Linkstraße 35, und durch den Buchhandel.
Berlin, den 28. Februar 1930.
Schriftleitung der Preußischen Gesetzsammlung.
Bekanntmachung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 6 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 13471 das Gesetz, betreffend Veränderung der Grenzen der Kreise Wittlich und Berncastel im Regierungsbezirk Trier, vom 20. Tebruar 1930, unter .
Nr. 13 472 das Gesetz über die Erweiterung des Stadtkreises Burg, vom 20. Februar 1930, und unter
Nr. 13 473 die Bekanntmachung über die Haftung des Staates und anderer Verbände für Amtepflichtverletzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt gegenüber Angehörigen der Freien Stadt Danzig, vom 21. Februar 1936.
Umfang J Bogen. Verkaufspreis 0,20 RM.
Zu beziehen durch R. von Decker's Verlag (G. Schenck), Berlin W. 9, Linkstraße 35, und durch den Buchhandel.
Berlin, den 28. Februar 1930.
Schriftleitung der Preußischen Gesetzsammlung.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Der Reichsrat hielt gestern unier dem Vorsitz des Staatssekretärs *r ert eine Vollsitzung ab, in welcher er, dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungbverleger zufolge, die Empfehlungen des Wirtschaftsausschusses der internationalen Wirtschaftskonferenz zur Handelspolitik und das Gutachten des Reichswirtschaftsrats dazu sowie den Verwaltungsbericht der Reichsbank für 1929 zur Kennt⸗
nis nahm.
Für den aus der , für Schund⸗ und Schmutzschriften in Leipzig ausscheidenden Direktor des Landes sjugendamts in Hamburg, Dr. Hertz, wurde Amts⸗ gerichtsdirektor Müller⸗ Hamburg als ständiger Beisitzer in die Oberprüfstelle berufen.
Genehmigt wurden die , ngen des Revisions verbandes gewerblicher Genossenschaften Württem⸗ bergs E. V., des bisherigen Verbandes württembergischer Handwerkergenossenschaften in Stuttgart. Die Satzungtände⸗ rungen wollen die Aufnahme auch reiner Handwerkergenossen⸗ schaften ermöglichen.
Annahme fand der Gesetzentwurf über das deutsch⸗ polnische Ueberleitungs abkommen über Personen⸗ standsregister. Dieses Abkommen soll Schwierigkeiten aus⸗ räumen, die sich dadurch ergeben, daß Siandesamtsregister von Gebieten, die ganz oder teilweise bei Deutschland geblieben sind, in polnische Hände gefallen sind.
Genehmigt wurde der Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und der Deutschen Wirtschaftsdienst G. m. b. H. über Wahrnehmung des Handelsaustunftsdienstes. In dieser G. m. b. H. sollen alle bisher bestehenden Stellen zusammen⸗ gefaßt werden, die sich mit dem wirtschaftlichen Nachrichten⸗ dienst, namentlich aus dem Auslande, beschäftigen. Die Deutsche Wirtschaftsdienst G. m. b. H. soll einen fen iche? Zuschuß vom Reich erhalten, als ö dienen und ihr Nachrichtenmaterial täglich in der Industrie⸗ und Handelszeitung veröffentlichen.
ustimmung fand ferner das Abkommen über inter⸗ nationale Ausstellun gen. Die Klagen über allzu häufige ausländische Messen hatten zu einer internationalen Konferenz geführt., die im November 1928 statifand. Das jetzt vor⸗ liegende Abkommen ist von dieser n, g. ausgearbeitet worden. Es bezieht sich nur auf die internationalen, , wieder⸗ kehrenden Ausstellungen von längerer Dauer. essen sind von dem Abkommen ausgenommen, weil sie in der Regel kürzere Zeit als drei Wochen dauern. Auch Kunstausstellungen sind aus⸗ genommen. Für Ausstellungen gleicher Art sind bestimmte Zeitabstände vereinbart. Jede Ausstellung muß angemeldet und amtlich anerkannt werden. Die vertragschließenden Staaten haben sich verpflichtet, nur auf diese Weise anerkannte Aus⸗ stellungen zu fördern und zu unterstützen. Nicht anerkannte Ausstellungen dürfen sie keine Zoll⸗, Tarifermäßigungen und
anerkannten Ausstellungen dürfen diese Staaten nicht annehmen. Der deutsche Einfluß in dem gemeinsamen Ausstellungsbüro ist in dem Abkommen gewahrt.
Der Reichsrat genehmigte ferner einige Verordnungen, die
Ausführungsbestimmungen zum Lebensmittelgesetz darstellen. Es handelt sich um Verordnungen über Nitrit⸗ pökelsalz. Honig, Kunsthonig, Kaffee, Kaffee⸗Ersatzstoffe und Kaffeezusatz stoffe. Der Besoldungs- und Ruhegehaltshaushaltsplan für die höheren Beamten der Reichsversicherungs⸗ anstalt für Angestellte wurde in derselben Form ge⸗ nehmigt wie für 1929. . ;
Der Reichsrat beschäftigte sich dann mit dem von der Regierung vorgelegten Entwurf eines Brotgesetz es und einem Antrag des Reichsernährungsministers zur Roggen⸗ preisstützung.
Dazu führte der bayr. Min.⸗Dir. Frhr. von Im hoff als Bericht⸗ eistatter aus: Die verhängnisvolle Lage auf dem Roggenmarkt hatte dazu geführt, daß der Roggenpreis auf 152 M je Tonne, also 15 4 unter dem Vorkriegspreis gefallen war. Infolge der Interventionskäufe ist inzwischen der Preis wieder auf 163 M gestiegen und hält sich gegenwärtig auf dieser Höhe. Der Auslandsmarkt ist jedoch stark beengt. Deutschland muß ihn mit Polen und Rußland teilen. Die Verständi⸗ gung mit Polen mag ein gegenseitiges Unterbieten verhindern, sie vermag aber nicht die Aufnahmesähigkeit des Auslandsmarktes zu erweitern. Die Reichsregierung hat deshalb durch Stützungskäufe auf den inner- deutschen Preis einzuwirken versucht und erstrebt eine weitere Steigerung des Roggenverbrauchs durch Erlaß eines Brotgesetzes. Die Reichsregierung wünscht ihre Stützungstätigkeit durch eine Rückendeckung für die Getreidehandelsgesellschaft zu sichern und beantragt des halb. den Reichsfinanzminister zu ermächtigen, mit Mitteln des Reiches bis zu 15 Millionen Æ für Verluste einzustehen, die die Getreide⸗ handelsgesellschatt in den Haushaltsjahren 1929 und 1930 unter Um⸗ ständen erleiden würde. Bei den eingehenden Beratungen in den Reichs- ratsausschüssen war sich die Mehrheit mit der Reichsregierung darüber einig, daß die von landwirtschaftlicher Seite mehrfach gestellte For= derung, den Wert der Einfuhrscheine für Roggen auf die Höhe des jetzigen Roggenzolls zu bringen, ihn also von 60 auf 90 K zu er⸗ höhen, keinen gangbaren Weg zur Stützung des Roggenpreises dar⸗ stellt. Wenn mann diesen Weg ginge, dann wurde der Einfuhrscheinwert voraussichtlich überhaupt höber werden als der Weltmarktpreis. In den Ausschüssen wurden aber mehrfach Bedenken laut gegen die volks—⸗ wirtschastliche Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der Magazinierungs-⸗ politik. Es wurde darauf hingewiesen, daß das Noggenpreisvroblem vor allem auch ein Verfütterungsproblem ist, daß also der Roggen⸗ preis nicht nur vom Roggenweltmarkt abhängig ist, sondern auch vom Weltmarkt für Futtermittel überhaupt. Solange also der Auslands⸗ markt die Zölle überspringt und ausländische Futtergerste und Maig billiger sind als inländischer Roggen wandere der sonst verfütterte Inlandsroggen auf den Brotgetreidemarkt und vermehre damit den Druck auf die Ausfuhr. Jede Roggenstützungsaktion im Innern bleibe wirkungslos, solange nicht die Einfuhr von Futtergerste und Mais durch Zollmaßnahmen gedrosselt werde. Als Haupthindernis wurde dabei 2 auf den jugoslawischen Handelsvertrag hingewiesen. Ferner wurde eine Verbilligung des Roggenbrots von einigen Seiten als besonders geeignet zur leichteren Steigerung des Roggenbrotverbrauches empfohlen. Schließlich kam aber die weitüberwiegende Mehrheit zu dem Er⸗ gebnis, daß man, wie die Lage heute sei, dem Antrage der Regierung, eine Zubuße bis zu 15 Millionen zu leisten, zustimmen müsse. Durch das Brotgesetz soll Gewähr dafür geschafft werden, daß der Verbraucher, der Roggenbrot haben will, auch wirklich gutes reines Roggenbrot erhalten kann. Die bisherige Werbetätigkeit allein hat diese Aufgabe nicht zu lösen vermocht. Der Gesetzentwurf sucht das Ziel dadurch zu erreichen, daß er zunächst einmal drei verschiedene
Brotarten aufstellt: Roggenbrot, das mindestens 95 Prozent Roggen⸗ mehl enthält, Weizenbrot, das mindestens 95 Prozent Weijenmehl enthält, und schließlich Roggen⸗ und Weizenmischbrot, daß nach der überwiegenden Mehlsorte zu bezeichnen ist. Des weiteren gibt der Gesetzentwur Vorschriften über den zulässigen Höchstjatz von Backhilfs⸗ mitteln und über die Kennzeichnung der Biotarten im Verkehr. Er will weiter für eine angemessene Preisbildung Sorge tragen. Aus diesem Grunde soll im ganzen Reiche einheitlich Brot nur zu sestem Gewicht und veränderlichem Preis gehandelt werden, statt wie bisher, namentlich in Norddeutschland zu veränderlichem Gewicht und sestem Preis. Die zulässigen Fehlergrenzen sollen die obersten Landes⸗ behörden festsetzen. Spezialbrote bleiben zugelassen. In den Be⸗ ratungen der Ausschüsse wurden namentlich die Bedenken der Bäcker eingehend gewürdigt. Die Ausschüsse sind jedoch einstimmig zu der Ueberzeugung gekommen, daß ein Versuch mit dem Brotgesetz gemacht werden muß, wenn es auch nur eine kleinere Teilaktion zugunsten der Landwirtschaft innerhalb des großen Roggenproblems bedeute. Ein⸗ heitlich war die Auffassung der Ausschüsse auch darin, daß ohne eine gleichzeitige großzügige und nachdrückliche Propaganda zur Aufklärung und zur Erweiterung des Verständnisses für das Roggenbrot nach der Einährungs⸗ und volkswirtschastlichen Seite hin das Brotgesetz ein Fehlichlag sein würde. Dabei war nicht nur an Aufklärung und Werbung durch Flugblätter. Vorträge usw. gedacht, sondern im wesentlichen auch durch Schaffung von Musterbeispielen und Gewährung von 8 an Bäcker, die in größeren Städten vorbildlich vorangehen.
nd in Hand damit müßte die Verbilligung des Roggenbrois für die Zeit der Einführung gehen. Die Ausichüsse haben an dem Gesetz verschiedene Aenderungen vorgenommen. Wesentlich sind jedoch nur folgende: Der Reichsregierung wurde die Ermächtigung erteilt, zu bestimmen, was Backhilfsmittel sind. Daduich soll das sonst not⸗ wendige umstaäͤndliche Verfahren vermieden werden. Ferner soll die Vorschrijt estes Gewicht“, „variabler Preis? auch für Weizenbrot gelten. Die Vorschrijten des Lebensmittelgesetzes sollen unberührt bleiben. — Erörtert wurden in den Ausschässen auch zwei die Oeffent⸗
ähnliche Erleichterungen gewähren. Einladungen zu nicht
lichteit viel beschäftigende Fragen, und zwar zunächst die Fiage,