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Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 140 vom 19. Juni 19230. S. 2.
sagen: über das Lebenswerk Adolf von Harnacks haben Sie keine Hände⸗ klatschen b der Deutschen Volkspartei, in der Mitte und links) Sonntag den großen Theologen und Patrioten zu
spezifische Urteilsfähigkeit! (Stürmisches Bravo! umd
—
Wir haben am
Grabe getragen; es sind ihm von allen Seiten, gerade von der evangelischen Theologie, warme Nachrufe gewidmet worden. Wenn
Harnack auch in seinen liberalen Auffassungen umstritten ist, aber
an der Herausarbeitung seines gewiß subjektiv empfundenen Wesens des Christentums — Gott unser Vater, wir seine Kinder,
—
wir also Brüder! — hat er sich in seiner Weise ein großes Ber⸗ Entwicklung des evangelischen Christentums er⸗ worben (lebhafte Zustimmung), und Sie werden schwer enttäuscht sein, wenn ich in diesem politischen Zusammenhang aus einem
dienst um die
bei mir eingegangenen Brief nur eine Stelle eines bedeutenden evangelischen Theologen vorlese, ohne hier heute das Ganze dar⸗ legen zu können. (Abgeordneter Dr. Frick: Wer ist das?) — Das werden Sie zur rechten Zeit erfahren, Herr Dr. Frick; Sie können dann einen anderen rufen, wenn sich Ihnen einer zur Verfügung stellt. (Zuruf von den Deutschnationalen: Wir haben ein Inter⸗ esse daran, den Namen zu erfahren) Ich will nur eine Stelle aus dieser Zuschrift anführen und bitte, diese Ausführungen in aller Ruhe entgegenzunehmen:
Dagegen fällt außerhalb einer evangelisch⸗christlichen An⸗ rufung Gottes um Befreiung des Vaterlandes, was nicht der eigenen Vertiefung in Gottes Anspruch an den Beter selbst, der eigenen Prüfung, Aufrichtung, Erhöhung und inneren Kräftigung dient, sondern statt dessen den Blick auf Fehler und Ungerechtigkeiten anderer ablenkt, die an der äußeren und inneren Not des Volkes die Schuld zu tragen scheinen. Den strafenden Zorn Gottes über das Unrecht anderer herabzuflehen, ist vom christlich⸗evangelischen Standpunkt ein Stück unvoll⸗ kommener alttestamentlicher Frömmigkeit,
(große Heiterkeit und Zurufe)
über die der Christ, wenn er betend vor Gott steht, nach der
Weisung Jesu hinausgehoben werden soll zur Fürbitte für die
Beleidiger und Verfolger. Wenn man im politischen Kampfe
Menschen, deren Wirken nach der eigenen politischen Einsicht
als volksschädigend erscheint, durch scharfe Kritik bloßstellt oder
herabsetzen zu müssen glaubt, so ist das eine Sache, die jeder mit seinem eigenen politischen Gewissen ausmachen muß.
Jedenfalls aber gehört eine solche Kritik an der Gesinnung
anderer nach evangelischen Grundsätzen nicht in das an den
Vater Jesu Christi zu richtende Gebet hinein.
(Sehr richtig
Das gilt natürlich alles in ganz besonderem Maße für ein den
Schülern zum Gebrauch darzubietendes Gebet.
Das ist ein Teil eines bei mir eingegangenen vorläufigen Gut⸗ achtens eines evangelischen Theologen, den zu nennen ich privatim selbstverständlich jederzeit bereit bin. Das Gutachten ist noch nicht ganz abgeschlossen. Ich habe sogar in diesem Gutachten des evangelischen Theologen gelesen, daß im Sinne alttestament⸗ licher Auffassungen Herr Dr. Frick Gebete eingeführt hat, die zu ine Baer; Daß, fes me mtlichor Dina acete— keit.)
Aber wozu noch der Streit? Die Frage steht vor dem Staatsgerichtshof. (Abgeordneter Graf zu Reventlow: Herr Minister, Sie wissen doch, daß Jesus von den Juden gesagt hat: Der Teufel ist euer Vater! — Lachen und Zurufe.) Ich glaube, wir werden gut daran tun, theologische Disputationen hier tun⸗ lichst zu vermeiden. (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen. — Lachen) Warum sollte ich Ihnen darauf nicht Antwort geben? Aber Sie haben doch keine Veranlassung zu lachen. (Abgeordneter Graef Thüringen): Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Sie können zehn andere Gutachten einholen, die das Gegenteil sagen! Ich gehe mit Ihnen eine Wette ein: — ich bin ein bißchen unterrichtet — ich glaube nicht, daß es in Deutschland — ich sage das einmal als eine Hoffnung — einen evangelischen Theologen gibt, mag er der Orthodoxie oder dem Liberalismus angehören, der sich dieser Verteidigung zur Verfügung stellen wird. (Lebhafte Zustimmung.) Das glaube ich nicht! (gurufe von den Sozialdemokraten: Münchmeier.) Um der Lehre Christi und um des Glaubens willen kann ich das nicht annehmen.
Aber wer hat diesen Streit über die verfassungsrechtliche Grundlage gestern eigentlich möglich gemacht? Was gibt dem Reichsinnenminister die Möglichkeit, die Frage vor den Staats⸗ gerichtshof zu bringen? Das ist der Absatz 2 des Artikels 146 der Reichsverfassung, und dieser Abschnitt ist durch das Bemühen der Deutschnationalen Volkspartei in die Weimarer Verfassung hineingekommen. Es ist das der Antrag Mumm, und Sie mögen in den Verhandlungen nachlesen (Abgeordneter Dr. Spahn: Das habe ich gestern schon gesagt) — ich muß es aber wiederholen, weil es nicht alle begriffen haben, es waren nicht alle da — Sie mögen nachlesen, daß dieser Absatz aus einem ganz besonderen Anlaß in die Verfassung hineingekommen ist. Sie, meine Damen und Herren von rechts, und auch alle aus der Mitte haben An⸗— laß, sich der Konsequenzen einer solchen Gebetsempfehlung be⸗ wußt zu sein. Was der einen Gruppe billig ist, ist der anderen radikalen Gruppe morgen recht, und an diesem Streifall, der nur vor den Staatsgerichtshof gebracht werden soll, soll Sinn und Bedeutung des Streitfalles mit Thüringen unter historischer Wertung der Verfassung ausgetragen werden. Dann hat ja Thüringen die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen.
Inzwischen, sehen Sie denn nicht, daß nun natürlich auch die angegriffene deutsche Judenschaft sich in Versammlungen und in der Presse zur Wehr setzt? Und wer wollte ihnen das verdenken! Wir wollen uns aber auch in der Aussprache über Wesen und Bedeutung dieses Vorgangs, den der Herr Staatsminister Frick in Thüringen geschaffen hat, an eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus überhaupt heranmachen. Herr Dr. Frick hat den zweiten Fall sehr ausführlich behandelt, ohne allerdings die Richtlinien in ihrer Gesamtheit zur Grundlage seiner Aus⸗ führungen zu machen. Er hat gemeint, ich hätte meine Aus⸗ führungen lediglich auf den Erlaß des Herrn Reichswehrministers gestützt. Das ist mir nicht eingefallen! Uebrigens hat dieser Er⸗ laß des Reichswehrministers wie so manches, was aus dem Wehr⸗ ministerium hinausgeht, seinerzeit im „Völkischen Beobachter“ gestanden. Es war also alles, was der Herr Reichswehrminister gesagt hat. Gegenstand der öffentlichen Kritik gewesen. (Ab⸗
geordneter Dr. Frick: Es ist ja in allen Werften angeschlagen worden!) — Gut, es scheint aber nicht in allen Teilen verstanden gewesen zu sein. Ich kann nur sagen: Was hier der Herr Reichs- wehrminister angeführt hat an Vorwürfen, aber auch an Aus- stellungen an der Propaganda der Nationalsozialisten, ist doch mindestens dazu angetan, daß neben dem Reichswehrminister aus) der Innenminister Veranlassung nahm, hier nach dem rechten zu sehen. Ich sehe von der Art der Sprache ab, die hier charakterisiert ist, ich weise aber insbesondere auf die Tatsache hin, daß in einer Partei, die den Führergedanken in einem Aus⸗ maße in den Vordergrund stellt, daß der Führer gleichsam in seiner Person die überlegene Staatsmacht und den Staatswillen in der Zukunft repräsentieren soll, in der Person Ihres Führers
Hitler, in einer Partei, die auch dem Unterführer gegenüber den Geführten eine Sprache der Festigkeit, die an die Zeiten des Römertums erinnern soll, gebietet, auch eine Sprache gegenüber der staatlichen Autorität geführt wird, wie sie heute in einer Perfönlichkeit verkörpert wird, die in Ehrwürdigkeit vor uns steht, daß der Reichswehrminister Veranlassung nehmen mußte, auf eine so furchtbare Sprache hinzuweisen, wie sie hier in nationalsozialistischen Blättern gegenüber dem Reichspräsidenten geführt wird: (Lebhafte Zustimmung.)
Das hilflose Gestammel des Reichspräsidenten läßt uns kalt. (Pfuil⸗Rufe.)
Wir sehen den Tag kommen, an dem der Fluch eines ganzen Volkes über das Grab eines alten Mannes hinweggellt.
(Entrüstete Pfuil⸗Rufe) — Meine Damen und Herren, wundern Sie sich dann, wenn der Herr Reichswehrminister besorgt ist, daß durch eine solche Aussprache die Disziplin und die Manneszucht in der kleinen deutschen Armee Schaden leiden könnte? (Lebhafte Rufe: Sehr wahr! Wundern Sie fich, wenn nicht nur die jetzigen Autoritäten im Reichswehrministerium und in der Heeresleitung in ihren Darlegungen auf Dinge zurückgehen, die seinerzeit schon General von Seeckt hinausgegeben und dann in seiner Besorgnis im Jahre 1923 gesagt hat:
Diese Bestrebungen gehen auf eine Verleitung der Offiziere und Mannschaften zum Ungehorsam gegen die Befehle ihrer Vorgesetzten hinaus und bedeuten den verbrecherischen Versuch, die Disziplin in der Armee zu erschüttern,
und wenn der Herr Reichswehrminister Groener auf der Grund⸗ lage eines großen Materials schreibt: das gilt auch heute noch? (Hört, hört!) Bitte, stellen Sie sich hierher und des avouieren Sie diese fürchterlichen Kampfschriften, die doch geeignet sind, auch heute noch unsere kleine Armee in ihren Grundfesten zu er— schüttern. ;
Aber bitte, ich habe dieser Tage eine illustrierte Zeitung in die Hand genommen. Sie liegt hier vor mir. Ich will sie auf den Tisch des Hauses legen. Hier sehen Sie eine Kompagnie von Reichswehrsoldaten. Da ist der Herr Reichswehrminister karikiert. Daneben find lachende Nationalsozialisten, die die Autoritäten verhöhnen. Das ist doch nichts anderes, als die Disziplin der uns gebliebenen kleinen Wehrmacht aufs empfind⸗ lichste zu treffen. Und kehrt man um und liest einmal einen Artttei, wie er vor mir liegt, in dieser zugellosen Sprache höchster Ueberheblichkeit, so finden wir den Satz Adolf Hitlers selbst:
Wir sind nicht ein Teil des Parteilebens der Nation, sondern
wir müssen uns zu dem extremen Bekenntnis durchringen, daß
die Nation unsere Bewegung ist.
(Lachen links) Meine Damen und Herren, hämmern Sie einmal diese Ueberheblichkeit in die Köpfe der Wehrleute hinein, in die Köpfe der Polizei, und dann fragen Sie noch, ob es eine Re⸗ gierung geben kann, die Ihnen für eine solche Propaganda und zur Einstellung Ihrer Leute noch Reichsmittel zuweisen soll. (Sehr gut! in der Mitte — Zurufe von den Nationalsozialisten) — Ach, ich denke nicht daran, mögen Sie darüber urteilen, wie Sie wollen — das mir vorliegende Material zur Beurteilung der National⸗ sozialisten und die Richtlinien, die ich als Minister einzuhalten habe und über die ich gleich ein Wort sprechen will, erlauben es mir pflichtmäßig nicht, ohne Verletzung meiner Amtspflicht der thüringischen Regierung diese Polizeigelder zu überweisen. (Sehr gut! bei der Deutschen Volkspartei, in der Mitte und links.)
Dieser Tage wurde mir ein Flugblatt, wohl aus dem jetzigen Wahlkampf in Sachsen, überreicht. Es ist vom 24. Mai. Natürlich wird gegen die Erfüllungs⸗ und Unterwerfungspolitik Front ge⸗ macht. Darüber können Sie streiten. Mögen Sie die Dinge kritifieren, die geschehen sind, Sie werden uns dann aber auch einmal dartun müssen, was Sie praktisch tun wollen, wenn Sie irgendeine Verantwortung übernehmen könnten. (Lebhafte Zu⸗ stimmung. — Zuruf von den Nationalsozialisten: Ihre Tätigkeit i0mn Spa — Meine Tätigkeit in Spa? Wollen Sie Kritik daran üben? (guruf von den Nationalsozialisten: Sie denken wohl eben daran?) — An meine Tätigkeit in Spa? Die war im Jahre 1920. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Photographien! — Ich bin jederzeit in der Lage, über meine Tätigkeit in Spa Rechen⸗ schaft abzulegen. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Gewiß, Sie streiten über alles, das wissen wir! — Gegenrufe links.)
Hier aber ist ein Flugblatt, das jedermann zur Einsicht vorgelegt werden kann. Da steht klipp und klar:
Der Weg dazu ist die deutsche Revolution, die einzig und allein
die Freiheit aller ehrlich Schaffenden bringen wird. Sie steht
unter dem Zeichen des Hakenkreuzes, und die Revolution wird
vertreten durch die Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei. (Abgeordneter Dr. Frick: Es gibt doch auch eine geistige Revo⸗ lution! — Große Heiterkeit links)
Meine Damen und Herren, ich habe deshalb nicht den Ver⸗ faffungsstreit in diesem Augenblick hervorgerufen. Ich habe mich lediglich gefragt: ist der Reichsinnenminister in der Lage, auf Grund der Vereinbarung des Reiches mit den Ländern die Polizeigeder weiterzuzahlen. Ich habe erklärt, daß ich dazu nicht in der Lage bin. In diesen Grundsätzen für die Ge⸗ währung eines Reichszuschuffes für Polizeizwecke ist klipp und klar gesagt, daß das unpolitische Berhalten des einzelnen Beamten im Dienst unbedingt gewährleistet sein muß. (Abgeordneter Dr. Frick: Wo haben Sie den Beweis, daß das nicht der Fall ist7) — Dieses „unbedingt“ ist nicht gewährleistet (Abgeordneter Dr. Frick: Warum?) im Hinblick auf die von Ihnen angedrohte Revolution, durch keines Ihrer Mitglieder, gleich auf welchem
Es dreht sich aber zweitens nicht um einen zwi Reich und Thüringen bzw den Ländern geschlasen e im Sinne der Magbarkeit vor dem Staatsgericht'he * wir in Leipzig diskutieren werden. In Il ist ausd
Liegen die in Ziffer J, L bis Vll aufgestellten
vor, so beteiligt sich das Reich an den Kosten de
der Länder nach folgenden Grundsätzen.
Es müssen also nach Prüfung und nach dem Erme Reichsmimisteriums des Innern Vowaussetzungen fin . währung dieser Beihilfe für die Polizei vorliegen. Augenblick, wo, genau wie in der Reichswehr, die M nationalsozialistischer Zellenbildungen gegeben ist, sowie . Ernennung eines nationalsozialistischen Beamten, sind 2
otausser 1 Schun
das hat mit der Verfasfung zunächst gar nichts zu tun. neter Dr. Frick: Doch) Hier werden die vertraglichen zit
verletzt, und ich glaube, ein Staatsgerichtshof wird den e minister des Innern und der Reichsregierung die politj g
bei der Mehrheit.) Ueber die politische Verantwortung hin dem Reichstag Rede und Antwort zu stehen. Abe Dr. Frick: Das ist eine reine Rechtsfrage) — Das wet
frage, nicht nur mit der Reichsregierung und mit großen
des deutschen Volkes auseinanderzusetzen haben, sondern nut dem gesamten Reichstag. Hier in diesem Saale können 8 Antrag stellen, ob es einen Minister geben soll und geben der auf der Grundlage des uns vorliegenden Materia ihre Gruppe zur Zeit als eine schlechthin revolutionäre en die Hand dazu bietet, das kleine Machtinstrument, die Reichswehr und den kleinen Poligzzeikörper, der den Länden vertraut ist, und der in Notständen vertraglich auch dem zur Verfügung gestellt werden muß, mißbrauchen zu lasen können hier darüber entscheiden lassen, ob der Augenhht kommen ist, Sie in den Sattel zu heben, Ihrer angelin Revolution die Wege zu ebnen oder ob wir dem deutschenz und dem deutschen Staat stützend und helfend wie imme
Die zweite Rede:
Meine Damen und Herren! Ich nehme an, daß die n des tragischen Lübecker Vorganges auch in der Speziah⸗ eine Rolle spielen wird, so daß wir dann in die Lage verset eventuell ergänzende Ausführungen zu geben. Ich habe s reits einer Anzahl Herren den Reisebericht des Herrn Puro Taute gegeben. Sie können daraus entnehmen, daß wir h sind, diese Dinge in aller Offenheit zu klären, soweit das in Macht des Reichsgesundheitsamtes liegt. Tatsache ist doch, es der Landesregierung anheimgegeben ist. Nun habe ich h abend gesehen, daß von Herrn Calmette ein Brief veröffen ist, der nun allerdings geeignet ist, erneut unsere Aufmenh keit auf die Vorgänge in Lübeck zu lenken. Wenn Sie meim klärung, die ich zu Beginn der Sitzung abgegeben hahe, go ansehen, so habe ich sehr wohl kritischen Erwägungen Ram geben. Aber vor Abschluß einiger Wochen kann eben eine gültiges Ergebnis nicht mitgeteilt werden, wobei für die G die große Sorge besteht, daß eine Anzahl dieser Kinder aufg hinaus unter Beobachtung und Schutz gestellt werden misu
Nun sind im Laufe der Debatte bisher schon eine son Anzahl von Einzelfragen gestellt worden, daß man tatsächlih paar Stunden dazu benutzen müßte, um auf alles zu antmm Ich glaube aber nicht, daß Sie Lust haben, bis heute 12 Uhr allein die Generaldebatte auszudehnen. Es sim einige sehr wichtige auch politische Dinge noch kurz zu berih Da möchte ich zunächst dem Herryn Abgeordneten Crispien worten, der die Frage nach dem Rundfunk und der Dient keit des Rundfunks für politische und Weltanschauungègun wenn ich das allgemein zusammenfasse, angeschnitten hat. Bestimmungen stammen, wie sie heute noch gelten, au Jahre 1927. Damals haben der Herr Reichsminister des nern von Keudell und der preußische Ministerpräsident h durch gemeinsamen Erlaß in den Richtlinien die Veihrih von Maifeiern im Rundfunk für unstatthaft erklärt. Maßg war die Erwägung, daß die Maifeiern parteipolitisch anstaltungen darstellen und von weitesten Kreisen der Oefen keit als parteipolitische Demonstrationen angesehen werden. referiere über den damaligen Ausgleich zwischen Reih Preußen. Reichsminister Severing hat im Jahre 1929 den laß gebilligt, so daß auch unter seiner Amtszeit eine anstaltung oder Uebertragung der Maifeier im Rundfunt stattfand. Es bildet hiernach lediglich die Fortsetzung eine Jahren geübten Praxis, daß auch in diesem Jahre die l tragung der vom Sozialistischen Kulturbund veranstalteten feier durch den Rundfunk nicht zugelassen werden konnte geordneter Crispien: Diesmal haben Preußen und it Deutsche Welle einverstanden erklärt! — Ich darf Ihnen? über diese Dinge Auskunft geben. Ich habe gar kein anlassung, da zurückzuhalten.
Die Maifeier in diesem Jahre, deren Vorbereitung it den sozialistischen Zeitungen genau verfolgt habe, war stenl! einen Gefichtspunkt des Kampfes gegen die Regierung Ln gestellt worden. In dem Aufruf der Gewerkschaften — mm
das bedauern oder nicht — war eine sehr starke Stellunme gegen die Regierung Brüning vorhanden, so daß es für m
möglich war, in dieser kurzen Zeit die grundsätzliche lintte zum Abschluß zu bringen, wie wir es in Zukunft ben Richtlinien zu halten gedenken, inwieweit von Weltansham gruppen — und das ist der Sozialistische Kulturbund
anstaltungen als Ganzes zu übertragen sind. Jederzein Damen und Herren, werde ich die Hand dazu bieten, dos allen Gruppen Teile von Veranstaltungen übertragen 2 seien es Vorträge oder Darbietungen dichterischer, fünf ; oder mushhallscher Art. Es ist also nicht scher, Aue
aus Veranstaltungen jeglicher Richtungen im . übertragen. Anders ist die Frage — und die ist grumson Art — inwieweit Beranstaltungen als Ganzes im M
Beamtenposten in Deutschland er stehen mag.
übertragen werden follen. Ich habe auf da lebhafteste be
rüti .
aussetzungen für das Reich hinfällig. (Abgeordneter Fug. ist ein Rechtsbruch) — Gut, klagen Sie auf diesen Athg ͤ
antwortung niemals abnehmen können. (Lebhafte Zusen
nicht zu entscheiden haben. Sie werden sich, wie in der
Seite stehen sollen. (Bravo! und Händeklatschen bei der Mehth
Neichs - und Staatsanzeiger Nr. 140 vom 18. JInni 1939. S. 2.
¶ Zeranstaltungen der verschiedensten Richtungen Gegenstand i . Erwägungen geworden lind. Das trifft den Sozialistischen po iriche nicht allein. Was diesem Kulturbund heute recht ist, alturbun anderen kulturellen Verbänden selbstverständlich billig. 1 m mm dem Herrn preußischen Ministerpräsidenten ge⸗ habe 3 ich verstehe, daß er in diesem Jahre bereit sei, dem
f schen Kulturbund den Rundfunk zu öffnen, daß damit aber * ich in diesem Augenblick ein Vorgang geschafsen werden * der die grundsãätzlichen Erörterungen, die jetzt notwendig
beeint . ; ue. ; . Regierung Brüning hat es nicht ermöglichen lassen, in
En Jahre die grundsätzliche Frage neuer Richtlinien zum Ab⸗ . . bringen Ich habe dem Herrn preußischen Minister⸗ — * deshalb geantwortet, daß es mir eine besondere Auf⸗ * sein wird, zu prüfen, inwieweit nun unter einer gewissen e nnen Vereinbarung kulturpolitische Veranstaltungen als ganzes im Rundfunk zu übertragen sind. ö
; Ich lann mir z. B. vorstellen, daß eine evangelische Gruppe, tholische Gruppe, auch eine Gruppe anderer, etwa frei⸗ cher Weltanschauung wünscht, ihre Veranstaltung als ganzes auf die Deutsche Welle zu bringen. Ich kann mir auch 4 daß Versuche gemacht werden, Anschauungen, die z. B. n christlichen Auffaffungen diametral gegenüberstehen, auch als ganzes zu übertragen. Die Richtlinien find noch nicht gefunden, inen solchen Ausgleich zu schaffen.
Bie Sie wissen, sind die Vorwürfe gegen den Rundfunk von gistlicher Seite, auch von mir nahestehender Seite, in dem letzten Bierteljahr sehr lebhaft gewesen. Sehr richtig! in der Mitte.)
h habe eine ganze Anzahl dieser Dinge geprüft, habe aber auch Dinge, die mir als zu weitgehend und zu engherzig erschienen, hne weiteres zurückgewiesen. Ich kann mir von einer über⸗ niebenen Zensur in diesen Dingen nichts versprechen. Aber dar⸗ sber muß doch wohl ein Zweifel nicht mehr obwalten, daß in siner Familie, die die Rundfunkapparate in ihrem Hause hat, ame gewisse Gewähr für die Eltern bestehen muß, daß ihre Kinder geschützt sind vor Anschauungen, die sie in ihrer Familie sonst nicht dulden, und von denen sie nicht dulden, daß sie in ihrer Familie Engang finden. Diese Gewähr muß gegeben werden. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Und die anderen?) — Ich weiß gar nicht, H Sie glauben, daß eine Familie, die etwa Ihrer Auffassung nahesteht, durch Dinge, die im Rundfunk verbreitet werden, verletzt perden kann. Ich kenne keine Rundfunkveranstaltungen, wo das zutrifft. Es werden z. B. keine Propagandavorträge gegen die Sozialisten oder gegen den Sozialismus schlechthin veranstaltet. Erneuter Zuruf von den Sozialdemokraten.) — Von Ihrer Seite snd im Rundfunk eine ganze Anzahl Vorträge gehalten worden, die Ihnen durchaus erlaubt haben, auch die Probleme des Easialismus darzulegen. Ich muß schon sagen, ich würde es für rerfehlt halten, wenn der Rundfunk als solcher irgendwie propa⸗ gandistisch schlechthin in den Dienst der verschiedenen Gruppen, uch der Weltanschauungsgruppen, gestellt würde. Es muß doch eine Möglichkeit geben, daß im deutschen Volke geredet werden lenn, ohne daß eine der Weltanschauungsgruppen durch Anhören kon Rundfunkveranstaltungen verletzt wird. Es ist unmöglich, einer Familie zuzumuten, dem Rundfunk sich anzuschließen, wenn sie wünschen, daß diese oder jene Dinge in ihrer Familie nicht Echärt werden. (Abg. Erispien: Das gilt für die Maifeier nicht! — Erlauben Sie, die Maifeier des Sozialistischen Kulturbundes ist die Veranstaltung einer in sich geschlossenen Weltanschauungs⸗ gruppe. Es gilt jetzt, abzuwägen, inwieweit Veranstaltungen won solchen Gruppen als Ganzes übertragen werden können. Ich kin nicht in der Lage (Zuruf links), eine Verantwortung ohne krundsätzliche Prüfung der Frage zu übernehmen. Ich bin auch nicht in der Lage, in Fortsetzung der Politik, die mein Amts⸗ bergänger Severing im Benehmen mit dem Herrn preußischen Ninisterpräsidenten Braun seit Jahren geübt hat, von heute auf morgen diesen Standpunkt aufzugeben. Sie müssen auch mir erlauben, daß ich ebenso wie Ihre Minister, die vor mir im Amt waren, eine gewisse Zeit brauche, um den Anhängern verschiedener Beltanschauungen über die Uebertragung solcher Veranstaltungen in sprechen. Eine solche Zeit war mir nicht zur Verfügung gestellt. Ein zweiter wichtiger Punkt, der geeignet war, in der Oeffent- lihleit ein gewisses Aufsehen zu erregen, war die bekannte Frage, bes der Herr preußische Ministerpräsident in Sachen des Staats- bericht hofs gesagt und welche Auswirkung dieses politische Pro⸗ lm in der Oeffentlichkeit gewonnen hat. Wenn ich mich recht kunnere, war es der Herr von Kardorff, der diese Frage an mich htl hat. Ich will darüber einiges sagen. Der Herr preuhische Ninijterprasident hat im Preußischen Landtag vor einiger Zeit iber die Entscheidung des Staatsgerichtshofs wegen der Teilnahme kr Beamten am Volksbegehren „Freiheitsgesetz' und am zweiten kolöentscheid Ausführungen gemacht, die in der Presse vielfach mndollständig umd entstellt wiedergegeben worden find. Gegenstand ke Angriffe bilden hauptsächlich diejenigen Ausführungen des derrn preußischen Ministerpräsideten, in denen er trotz der Ent⸗ Peidung des Staatsgerichtshofs das Recht für das Preußische wuatzministerium in Anspruch nimmt, gegen Beamte, die sich am ballebegehren und Volksentscheid beteiligt haben, disziplinarisch ngehen. sowie die weitere Aeußerung, daß der Staatsgerichts⸗ bei der Entscheidung der Frage, ob der vorliegende Fall zu rm Zuständigkeit gehöre und ob die deutschnationale Landtags⸗ ** zur Erhebung der Klage aktiv legitimiert gewesen sei, sich
vom Gesichtspunkt politischer Zweckmäßigkeit als vom echtsstand punkt habe leiten lassen.
Den ausweislich der amtlichen Stenegramme von dem Herrn neußischen Ministerpräsidenten gemachten Ausführungen kann en darüber entnehmen, daß er — wie vielfach behauptet 1 sich über die Entscheidung des Staatsgerichtshofs habe 9 gsetzen und dem Staatsgerichtshof den Vorwurf einer e de tgune machen wollen. Der herr preußische Minister⸗ . ent hat mir überdies bestätigt, daß es ihm völlig fern⸗
eden habe, einen solchen orwnrf gegen den Staatsgerichtshof in erheben. hre 2 einzelnen möchte ich zu den Ausführungen des Herrn
uzischen Ministerpräsidenten folgendes bemerken:
ine ka denleris
Vas die Aeu erung über die Disziplinarverfahren gegen Be⸗ . kerung inn Inder gekommen ist. (Abgeordneter Dr. Spahn: Er selber ist
2 die sich am Volksbegehren beteiligt haben, anbelangt, so hat Herr preußische Ministerpräsident ausdrücklich erklärt, daß
—
nächtigen könne. Gerade die lebhaft betriebene Agitation
beabsichtigt sei, nur gegen solche Beamte disziplinarisch vor⸗ zugehen, die sich aktiv am Volksbegehren beteiligt, nicht aber gegen solche, die sich nur eingezeichnet hätten. Dieses Vorgehen hält sich durchaus im Rahmen der Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Der Staatsgerichtshof bezeichnet lediglich die bloße Eintragung beim Volksbegehren und die Stimmabgabe beim Volksentscheid als zulãssig: dagegen weist er ausdrücklich darauf hin, daß bei einem weiteren Eintreten des Beamten für ein Volksbegehren oder einen Volksentscheid insbesondere in agitatorischer Form die Prüfung der Frage offenbleibe, ob darin nicht eine Disziplinarverfehlung liege. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Na also) Wenn der Herr preußische Ministerpräsident bei der Gelegenheit noch be⸗ merkt hat, daß das Urteil des Staatsgerichtshofs das Staats⸗ ministerium rechtlich nicht gehindert hätte, gegen Beamte auch wegen der bloßen Einzeichnung zum Volksbegehren einzuschreiten, so hat er damit lediglich seine Rechtsauffassung ausgesprochen, ohne dabei irgendwie die Autorität des Staatsgerichtshofs in Frage zu stellen. Tatsächlich hat ja auch das preußische Staats ministerium von Disziplinarmaßnahmen in den erwähnten Fällen grund⸗ sätzlich Abstand genommen.
Zu der weiteren Aeußerung des Herrn Ministerpräsidenten, der Staatsgerichts hof habe das Vorliegen einer Verfassungs⸗ streitigkeit und die Aktivlegitimatiom der deutschmationalen Sand= tagsfvaktion vermutlich mehr aus politischer Zweckmäßigkeit als vom Rechtsstandpunkt aus angenommen, darf ich folgendes bemerken.
Der Begriff der Verfassungsstreitigkeit und der Klageberechti⸗ gung vor dem Statsgerichtshof ist in der Reichsverfasfung nicht ausdrücklich geregelt. Beide Fragen sind bis heute in der Staats⸗ rechtswissenschaft strittig geblieben. Auch die Gesichtspunkte, nach denen die beiden Fragen zu entscheiden sind, liegen nicht fest. So hat der bekannte Staatsrechtslehrer Professor Triepel auf der Tagung der deutschen Staatsrechtslehrer am 23. April 1928 in Wien in seinem Referat über Wesen und Entwicklung der Staatsgerichtsbarkeit ausgeführt, daß die entgegenkommende Haltung des Staatsgerichtshofs bei Prüfung der Zulässigkeit ein⸗ delner Klagen vermutlich daraus zu erklären sei, daß für däe Entscheidung in diesen Fällen andere gerichtliche Instanzen nicht zuständig erschienen.
Die hier in Frage stehende Aeußerung des Herrn Preußischen Ministerpräsidenten bringt für den vorliegenden Fall nur einen ähnlichen Gedanken zum Ausdruck, enthält aber — wie bei um= befangener Beurteilung zugegeben werden muß — auch nicht entfernt einen kränkenden Vorwurf gegen den Staatsgerichtshof.
Es sind nun eine Reihe von Fragen im Laufe der Debatte an mich gestellt worden, unter anderem auch über das Fürsorge⸗ gesetz, die bei den einzelnen Kapiteln des Haushalts, sei es durch direkte Bescheidung der Frau Abgeordneten Neuhaus, sei es sonst bei der Besprechung, noch ausführlich dargelegt werden können.
Die dritte Rede: Die Darlegungen betreffen nicht rein das persönliche
lische Abhandlung von Loysi steht uf dem Inder) — Das ist wieder etwas ganz anderes. Diese Sache kenne ich auch, daß Loysi sich in gewissem Sinne auf Harnack gestützt hat. Soeben haben Sie aber doch ausgeführt, daß Harnack auf dem Inden stehe. (Biderspruch vechts) Ich weiß auch in etwa über die Loysischen Gedankengänge Bescheid.
Ich habe mich dann mit Ihnen, Herr Kollege Dr. Spahn, noch kurz in bezug auf die Staatsform auseinanderzusetzen. Ich habe es nicht verstanden, daß Sie in diesen Streitfall vom heutigen Tage die Staatsform hineingezogen haben. Mir ging es darum, darzutun, daß in einer so unendlich schweren Zeit eine Staatskrise, mutwillig oder revolutionär, herbeizuführen ein Verbrechen an unserem Volke ist. Das habe ich treffen wollen, und in diese Auseinandersetzungen mit Herrn Dr. Frick find Sie in gewissem Sinne dazwischengetreten. (Zurufe links: Er hat sogar Beifall geklatscht) In diesem Streit zwischen Herrn Frick und mir möchte ich Sie nicht sehen.
178. Sitzung vom 18. Juni 1930. Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger. ]
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 10 Uhr. Die Beratung des Haushalts des Reichsmini⸗ steriums des Innern wird fortgesetzt.
Abg. Moses — bespricht das Lübecker Kindersterben und verweist auf den Brief Professor Calmettes, wonach in Lübeck ein fürchterlicher Irrtum begangen worden sein muß. Das wissenschaftliche Urteil müsse man den Sachverständigen allein überlassen. Hier gelte es allein, die ethische, — und strafrechtliche Seite zu prüfen. Die Lübecker Affäre sei eine Müttertragödie ohne Ende. Es stehe fest, daß eine Prüfung des Schutzstoffes vor Abgabe an die Säuglinge in Lübeck überhaupt nicht vorgenommen wurde, und daß man das Reichsgesundheits⸗ amt erst 18 Tage nach dem Ausbruch des Kindersterbens benach- richtigt hat. Rettung der eigenen Autorität sei das einzige Ziel der Lübecker Aerzte gewesen. Prof. Deicke habe sogar das Be⸗ weismaterial, die noch vorhandenen Bakterienkulturen, vernichtet. Trotzdem warte der Staatsanwalt das Ergebnis der wissenschaft⸗ lichen Untersuchung ab. Würde er wohl einem Heilkundigen gegenüber auch so vorsichtig vorgehen? Es werde auch behauptet, ö esellschaftliche Zusammenhänge in Lübeck die Untersuchun behinderten. Namhafte Kinderärzte hätten ebenso wie d Reichsgesundheitsamt größte . mit dem Calmette⸗Ver⸗ in empfohlen. Man dürfe Opfer auf dem Altar der Wissen⸗ chaft nicht immer vom e, Volk verlangen. Es mögen sich 2000 Aerzte finden, die solche umstrittenen Mittel an sich und ihren eigenen Kinder ausprobieren. Die ärztlichen Standes⸗ vereine hätten bis auf den heutigen Tag zu Lübeck nicht Stellun genommen. Leider halte man es für Kollegenpflicht, den Kol⸗ legen in jeder Weise zu decken. Die Zeitschrift zur Bekämpfung des Kurpfuschertums habe über diese größte Kurpfuscherei nicht ein Sterbenswörtchen gebracht. Wir brauchten an den Kranken⸗ anstalten keine experimentierwütigen Wissenschaftler. Das Wohl des Kranken sei das höchste ärztliche Gebot. (Lebhafte Zu⸗ stimmung bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Dr. Runkel (D. Vp.) . die Kulturbegeisterung der Weimarer Nationalversammlung, die in der Verfassun ihren Niederschlag gefunden habe. Es sei eben die Zeit na
Fragengebiet, sondern die Fragen von dem Lebenswerk des Pro⸗ fessors von Harnack, den wir vor wenigen Tagen zu Grabe ge⸗ tragen haben. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß ich mit Herrn von Harnack anläßlich der sehr schönen Stunden, in denen er die Kaiser⸗Wilhelm⸗Gesellschaft oben im Hauptausschuß neben mir vertrat, über die thüringische Angelegenheit gesprochen habe, wobei er mir darlegte, daß vom evangelisch⸗theologischen Standpunkt aus die Gebete abwegig find. Ich habe ausgeführt, daß ich mich nicht nur auf das Zeugnis Harnacks berufen kann, sondern daß ich daneben auch eine andere theologische Autorität beigezogen habe, um vom evangelisch⸗theologischen Standpunkt aus ein sachgemäßes Referat über diese Dinge zu bekommen. Ich habe lediglich in diesem Zusammenhang gesagt, und zwar auf einen Zwischenruf des Herrn Abgeordneten Dr. Spahn, daß er als katholischer Abgeovydneter für dieses Urteil nicht zuständig sei. Ich lege größten Wert darauf, in der thüringischen Gebetsfrage zu wissen und dartun zu können, welches gerade die Auffassung der evangelischen Kirche ist. Ich weiß auch, daß von den thürin⸗ gischen Stellen der evangelischen Kirche, wie Herr Frick selbst zugegeben hat, Bedenken geäußert worden sind. Daraus habe ich mur die politische Folgerung gezogen, daß es äußerst wichtig ist für die Entwicklung des deutschen Toleranzbegriffs, in dieser Angelegenheit zu einer endgültigen Klarheit zu kommen. Ich habe Sie hierbei persönlich nicht angegriffen. Wenn Sie nun aber behaupten und sagen wollen, Harnack stehe auf dem Index, so find wir doch hier im Deutschen Reichtag keine Index⸗ kommission. (Sehr richtig! links) Das hat mich nicht ge⸗ hindert, in aller Offenheit zu sagen, wie bedeutungsvoll das Lebenswerk Harnacks auch für die Entwicklung des evangelischen Christentums in Deutschlands und wie wichtig seine Mitarbeit an der Weimarer Verfassung war, wie wir noch bei den letzten Gedenkworten für Harnack gehört haben. Gerade durch seine selbstlose Hingabe an das Werk der neuen Verfassung hat er den evangelischen Landeskirchen Deutschlands einen Dienst ge⸗ leistet, den anzuerkennen die evangelischen Landeskirchen Anlaß haben, offen zuzugeben und auszusprechen.
Wenn ich als katholischer Abgeordneter und als Minister ein freundliches Wort über Harnack sage, so entspricht das dem menschlichen, väterlich freundschaftlichen Verhältnis, in dem Harnack zu uns seit Kriegsende gestanden hat. Wir haben auch schwere Stunden erlebt, und es war nicht immer leicht, an diesem Platz zu stehen und Verantwortung zu übernehmen in der Drang sal jener Tage. Da war Harnack allen Trägern der Reichs⸗ und Staatsgewalt in der Nachkriegszeit in Deutschland ein treuer Freund und Berater. Er war es — so führte ich vor kurzem aus — der den Fall des deutschen Volkes am tiefsten sah und ihn sehr tief gefühlt hat, und weil er den hohen Absturz unseres Volkes sah und auch die großen Gefahren für das evangelische wie für das katholische Christentum in Deutschland, hat er allen hilfreich die Sand geboten und hat auch im Verfassungswerk von Weimar das Lebensrecht der evangelischen Landeskirchen ge⸗ sichert, ich weiß nicht, warum Herr Dr. Spahn gerade in diesem doch immerhin beachtlichen Streitfall darauf hinweist, daß Harnack in bezug auf sein „Wesen des Christentums“ auf den
gar nicht darauf gekommen! Ich habe nur gesagt: die katho⸗
dem Versailler Vertrag gewesen, wo — 66 uns geblieben sei als das starke Bewußtsein, daß wir ein Volk seien. Ein Fehler sei es gewesen, die Kulturangelegenheiten dem Innenminister zu übertragen, weil dieser keine Zeit habe, sich diesen Fragen zu widmen. Ein selbständiges Kulturamt, wie es die Deutsche Volkspartei von Anfang an verlangt habe, würde die Aufgabe besser erfüllen können. Ein weiterer Fehler sei es gewesen, daß man nicht rechtzeitig das ganze Schulwesen einheitlich von Reichs wegen geregelt habe. Jetzt werde es 9 mehr gelingen, alle Schulprobleme in einem Gesetz zu lösen. Schuld sei der von den Deutschnationalen überspannte Gedanke des Elternrechts. Dieses dürfe nicht dem Staatsrecht übergeordnet sein. Der Staat sei in erster Linie der zur le, . Berechtigte. Der Redner empfiehlt dem Innenminister, bei der Aufstellung eines neuen Entwurfs für ein Reichsschulgesetz alles wegzulassen, was die rundsätzliche Regelung übersteige und daher das Ganze bei der eratung gefährden könne. Der jetzige Innenminister habe das Format zum Kulturminister (Heiterkeit; denn er stehe dem christlichen Gedanken nahe. Er scheine auch Verständnis für den liberalen Gedanken zu haben. uf dem Schulgebiet habe der Liberalismus die Simultanschule geschaffen. Daß diese nicht lo 4 1 sei, wie der Katholizismus behaupte, beweise die Tatsache, aß Männer wie Ebert und . durch diese Schule ge⸗ angen seien. Diese Schule müsse also erhallen werden. Daß n Skulturamt solle die Kulturarbeit der Länder nicht aus⸗ schließen. Die Verdienste Preußens auf diesem Gebiete seien ungeheuer. Ob alle kleinen Länder ebenso geeignet seien zur Mitarbeit und eine eigene Kultur hätten, sei dahingestellt. In Thüringen . sich zum mindesten eine eigene Kultur an (GSeiterkeit). Ein homerischer Zweikampf zwischen dem Innen⸗ minister des Reiches und dem Kulturminister eines Landes, wie der gestrige, sei nicht erhebend. Solche Verhältnisse forderten geradezu eine Reichs reform heraus. Das Tiefreligiöse, Ties⸗ innerliche könne man nicht durch Erlasse über Schulgebete reglementieren. Die Sprache der von Frick empfohlenen Gebete sei keineswegs 2 Sonst würde ja Dr. Frick nicht nötig gehabt haben, gestern hier 2561 einen Kommentar zu geben Heiterkeit und Zustimmung,) Eine Empfehlung sei übrigens * die nachgeordneten Behörden immer eine Anordnung. Die parteipolitische Verhetzung der Jugend müsse unter allen Um⸗ ständen verhindert werden. Wir hätten in Deutschland nun ein⸗ mal verschiedene em, m, . Da (lönnten wir ohne Toleranz einfach nicht leben. Schließlich bekämpft der Redner aufs heftigste die Auslieferung der Nofretete⸗Büste an Aeghpten. Diefes Kunstwerk sei unersetzlich. Auf Grund von Art. 150 Abs. 2 müsse der Reichsinnenminister die Auslieferung ver- hindern. Auch der Welfenschatz müsse. Deutschland erhalten werden. Der Redner bespricht dann die N und wendet sich dagegen, die Kinder während der heißen Hochsommer⸗ tage in der Schule festzuhalten. K Abg. D. Strathmann (D Nat, wies zunächst auf die ewaltig anwachsende Gefahr des Verfalls unseres Volkstums hin. 6 krilisierte in diesem Zusammenhang 1 Notopfer⸗ programm des Reichsfinangministers und ging weiter auf die geistigen Wurzeln dieser E 3. inungen ein, nämlich auf die Frage des ern. Kulturbolschewismus. Er forderte in diesem gesaenele n auch, den Artikel 135 der Reichsver⸗ fassung, der den Schutz der ungestörten Religionsübung zusichert, — durchzuführen. Er streifte ferner die Frage der thürin- gischen S ,. und verhehlte nicht, daß die ihnen ö auszusprechende religiöse Kritik durchaus nicht von der Sand gewiesen werden könne. A sei es zweifelhaft, ob die gewiß beabsichtigte gute Wirkung, religiosen elebung zu dienen, durch die Form der Gebete gefördert werde, Ob aber deshalb der Staatsgerichtshof mit ö. Angelegenheit zu besassen war, sei eine völlig andere . iel größere Bedeutung komme hier dem Erlaß nes in Wahrheit freiheitlichen, nämlich dem Pillen der christlichen Elternschaft Rechnung tragenden Schulgesetzes zu. Der Redner . te sich dann 9 mit eineni Aufenf der „Germania“, der die ki einer christlichen Front zur Wahrung