1930 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Oct 1930 18:00:01 GMT) scan diff

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Reichs und Staatsanzeiger Nr. 212 vom 16. Oktober 193090. S. 2.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Der Kaiserlich persische Gesandte Farzine ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Deutscher Reichstag. 2. Sitzung vom 15. Oktober 1980. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Sitzungssaal und Tribünen sind wieder überfüllt. Die

Regierungsbänke bleiben wiederum leer.

Alterspräsident Herold eröffnet die Sitzung um 3 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht 4 die Wahl des Reichstagspräsidenten. Die Wahl ist geheim, d. h. sie erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln, auf denen lediglich der Name des Gewählten steht.

Abg. Dittmann (Soz) schlägt den Abgeordneten Löbe wieder als Präsidenten vor.

Abg. Rippel (Christl.⸗Soz. Volksd.) gibt folgende Erklärung ab: Wir Abgeordnete des Christlich⸗Sozialen Volksdienstes sind mit einem großen Teil des Reichstages der Auffassung, daß das Ergebnis der Wahl vom 14. September eine Verschiebung der Machtverhältnisse nach rechts bedeutet und daß diese Tatsache bei der Zusammensetzung und dem Kurs der Regierung beachtet werden muß. Wir sind aber der Meinung, daß die Zusammen⸗ Enn des Vorstandes und auch des Präsidiums des Reichstags

urch die gegenwärtig noch gültige Geschäftsordnung nach §S§ 8 und 9 zu regeln ist. Wir bedauern, daß diese Zusammensetzung des Präsidiums, die nach vieljähriger Uebung nach der Stärke der Fraktionen getätigt worden ist, zu einer parteipolitischen Macht⸗ frage gestempelt werden soll. Unsere rein sachliche Einstellung gebietet uns daher, in dieser 4 geschäftsordnungsmäßigen, denn politischen a uns an den Wortlaut und Sinn der Geschäfts⸗ ordnung zu halten. Auch wenn die weltanschauliche und politische Einstellung des zur Wahl Vorgeschlagenen von uns abgelehnt wird, folgen wir doch dem Gesetz der Gerechtigkeit und Billigkeit.

Abg. Dauch (D. 6* schlägt für den Präsidentenposten den Abgeordneten Scholz (D. Vp.) vor.

Abg. Torgler (Komm) erklärt, es werde hier ausgehandelt, wer am besten geeignet sei, im Joung⸗Reichstag die arbeiterfeind⸗ lichen Gesetze , zu * Die Kommunisten, die einzige antikapitalistische Partei (Gelächter), schlage den Abgeord⸗ neten Pieck als Präsidenten vor. (Beifall bei den Kommunisten) Die Kommunisten dächten nicht daran, irgendeine Loyalitäts⸗ erklärung für die Geschäftsordnung abzugeben, im Gegensatz zu den Nationalsozialisten, die in der Fraktionsführerbesprechung ausdrücklich erklärt hätten, daß sie selbstverständlich diese Geschäfts⸗ ordnung mit ihren Strangulierungsbestimmungen respektierten. (Hört, hört! links)

Abg. Dr. Frick (Nat. Soz) won stürmischen Zurufen und Lärm der Kommunisten 2 erklärt, das deutsche Volk habe durch die Wahl seinen Willen zur Bildung einer anti⸗ marxistischen Front ausgesprochen und der Sozialdemokratie eine vernichtende Absage erteilt. (Beifall bei den Nationalsozialisten.) Es wäre eine Verfälschung des Volkswillens, wenn der gien eng

würde. Die Nationalsozialisten lehnten die Wahl von Maryisten wegen ihrer volks⸗ und staatsfeindlichen Einstellung grundsaͤtzlich ab, insbesondere die Wahl des r n nm m, Löbe. Stürmischer Beifall bei den Nationalsozialisten, Gegenkund⸗ ingen und Lärm bei den Sozialdemokraten) Zum Schluß tellt der Redner fest, daß seine Fraktion der Wahl des Front⸗ soldaten Dr. Scholz zustimmt.

Hierauf beginnt der Namensaufruf der Abgeordneten zur Abgabe der Stimmzettel. Der Aufruf 8 durch den Abg. Göring (Nat. Soz ). Es wurden insgesamt abgegeben 556 Stimmen, von denen 2 ungültig waren. Von diesen Stimmen entfielen 266 auf den Abg. Löbe (Soz), 179 auf den Abg. Dr. Scholz (D. Vp.), 58 auf den Abg. . (Komm.) und 41 auf den Abg. Gräf⸗Thüringen 8. at.). 2 Stimm⸗ zettel waren unbeschrieben. Da keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit von 278 Stimmen erhalten hatte, mußte Stichwahl zwischen Löbe und Dr. Scholz stattfinden.

Abgegeben wurden 565 Stimmzettel. Davon sind 77 Zettel ungültig. 269 lauten für den Abg. Löbe, 209 für den Abg. Dr. 26 6 Löbe ist also zum Präsidenten ge⸗ wählt. (Stürmischer Beifall bei den k Rufe rechts: Also mit der Minderheit des Hauses) Abg. Dr. Scholz beglückwünscht Präsident Löbe. (Während der Abg. Löbe sich zum räsidentensitz begibt, begleitet ihn an⸗ dauernder Beifall und Händeklatschen seiner Parteifreunde, worauf aus den nationalsozialistischen Reihen mit . und Pfeifen geantwortet wird) .

Präsident Löbe: Ich sage zunächst herzlichen Dank allen denjenigen, die 4 gewählt . (Aha! und Lachen rechts; Ruf: 30 000 MM) Sodann danke ich dem ehrwürdigen Alters präsidenten (Beifall), der trotz seines hohen Lebensalters die Mühewaltung dieser Tage auf sich genommen hat. Wir wünschen dem Herrn Alterspräsidenten Herold, der eine 41 jährige parla⸗ mentarische Tätigkeit hinter sich hat, noch recht lange seine volle Regsamkeit. (Lebhafter Beifall; fortgesetzter Lärm auf der rechten Seite des Hauses) Auch alle diejenigen, welche einen anderen Leiter der Verhandlungen vorgezogen hätten, wissen, welch ,. Amt Sie mir übertragen haben. (Lachen bei den National⸗ oziglisten Wir stehen vor Problemen, die die schwersten Ent⸗ cheidungen der n ., bedeuten. Um sie zu lösen, wird die erste Aufgabe sein, die unbedingte Arbeitsfähigkeit dieses Hauses zu sichern. (Andauernder Lärm bei den Nationalsozialisten, Glocke des Präsidenten Herr Abg. Goebbels, ich werde jetzt sehr . halten, aber ich werde Ihre Reden anhören 1 en. Hören Sie auch ee. an. Ich wollte eben einen ppell auch an Sie tzu den Nationalsozialisten) richten, die Arbeitsfähig⸗ keit des Hauses zu ermöglichen. Ich appelliere an die Mithiffe aller Gruppen des Reichstags, und ich glaube, daß dadurch die Erwartungen der Wähler am ehesten erfüllt werden. Unter andauerndem Lärm versichert Präsident Löbe schließlich, daß er die Geschäfte des Hauses 3 führen werde, und bittet,

trotzdem einen Marxisten zu seinem ersten ,. wählen

die Gegensätze zurückzustellen. (Cebhafter Beifall bei den Sozial⸗ demokraten; Lärm und Zwischenrufe auf der äußersten Rechten.)

Präsident Löbe eht sodann zur Wahl des ersten Vize⸗ präsidenten über und bittet um Vorschläge.

Abg. Dr. Frick (QNat. Soz ): Wir schlagen zum ersten Stell⸗ vertreter des Präsidenten unseren Abg. Stöhr vor.

Abg. Dittmann. 3 Im Namen der sozialdemo⸗ kratischen Fraktion habe ich gestern in der . erklärt, daß die sozialdemokrgtische Fraktion bereit sei, auch für den von der mat ona soriali ti schen Fraktion vorgeschlagenen Kan⸗ didaten zu stimmen hört, hört! bei den Sozialdemokraten), jedoch unter der Vorgussetzung, daß die nationalsozaliftische Fraktion bei der Wahl des Präsidenten für den sozialdemokratischen Kandidaten stimmen würde. (Gelächter bei den Nationalfozialisten. ) Der Standpunkt der sozialdemokratischen Fraktion ist in der Geschäfts⸗ ordnung festgelegt. Die Nationalsozialisten haben aber bei der

Wahl des Präsidenten nicht en den sozialdmokratischen Kandidaten gestimmt, baher wird die sozialdeniokratische Fraktion selbstver⸗ ständlich jetzt auch nicht für den Kandidaten der Nationalsozialisten stimmen. (Abg. Dreher ruft: Wir sind doch keine Gesinnungs⸗ lumpen wie Ihr! Abg. Dreher erhält für diese Bemerkung einen Ordnungsruf) Wir stimmen für den Kandidaten der⸗ jenigen Partei, die danach als die nächst stärkste rechtmäßigen Anspruch hat, für den Zentrumsabgeordneten Esser. (Beifall bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.) . ö

Abg. Kippel (Ehristi- Soz. Vollsdienst) erklärt für seine Partei: Wir stimmen für den Kandidaten der zweitstärksten Frak⸗ tion, den Abg. Stöhr. ĩ

Abg. Torgler (Komm.): Wir werden für den Abg. Pieck stimmen. Meine Herren Nationalsozialisten, Ihre Stimmabgabe für Dr. Scholz war eine einzige Sünde wider das Hakenkreuz. Schallende Heiterkeit, großer Lärm bei den Nationalsozialisten.) Der Redner versucht mehrmals weiterzusprechen, wird jedoch durch lärmende Schlußrufe der Nationalsozialisten daran ge⸗ 2 Schließlich verläßt er auf Zureden des Präsidenten das

ednerpult und der Lärm legt sich.

Es folgt nun die Wahl des ersten Vizepräsi⸗ denten. Sie erfolgt auf Vorschlag des Präsidenten Löbe nicht durch den zeitraubenden Namensaufruf, sondern durch Abgabe der Stimmzettel beim Betreten des Saales, also ähn⸗ lich wie sonst bei der Auszählung.

Die Wahl ergibt für den Abg. Stöhr (Nat. Soz.) 288 Stimmen, für den Abg. Esser (Zentr.) 171, für den Abg. Pieck (Komm.) 67 Stimmen. Ungültig waren 8 Stimmen. Abg. Stöhr ist somit zum ersten Vizepräsidenten gewählt. Das Ergebnis wurde von den Nationalsozialisten mit Heil⸗ rufen begrüßt. Der Abg. Stöhr nahm die Wahl an.

Als weiteren Vizepräsidenten schlägt Abg. Perlitius (Zentr.) den Abg. Esser vor. Abg. Esser erhält 427 Stim⸗ men, während 65 auf den Abg. Pieck entfallen. Ungültig und zersplittert waren 15 Stimmen. Abg. Esser ist damit zum zweiten Vizepräsidenten gewählt.

Bei der Wahl des dritten Vizepräsidenten erhält der Abg. Grae j (D. Nat. 227 Stimmen, während der Abg. Dr. Pfleger (Bayer. 2. für den die Sozialdemokraten n, . 176 Stimmen erhielt. 21 Stimmen wurden für en Abg. von Kardorff (D. Vp), 66 für den Abg. Pieck (Komm.) abgegeben. Da eine absolute Mehrheit nicht erzielt ist, muß eine Stichwahl zwischen den Abgg. Graef und Pfleger stattfinden. In der Stichwahl wird Abg. Graef⸗Thüringen (D. Nat.) mit 231 Stimmen gewählt, während 200 Stimmen auf den Abg. Pfleger (Bayer. Vp fallen. 67 Stimmzettel sind ungültig. 3.

Es folgt dann die Wahl von 12 Schriftführern. Die Aus⸗ zählung soll erst am Donnerstag stattfinden.

Mehrere Anträge der Parteien werden, soweit sie die Herabsetzung der eichstagsdiäten betreffen, dem Aeltestenrat, soweit sie die . der Minister⸗

ehälter betreffen, dem Haushaltsausschuß überwiesen. ed chen Löbe ig dabei der Hoffnung Ausdruck, daß die Anträge so schnell erledigt werden, damit die Neuregelung bereits mit dem 1. November in Kraft treten könne.

Gegen 8 Uhr vertagt sih das Haus auf Donnerstag 3 Uhr: Entgegennahme einer Erklärung der Reichsregierung in Verbindung mit der Notverordnung, dem Schuldentilgungs⸗ gesetz, en,. der Parteien 3. Aufhebung der Not⸗ verordnung, Revision des Joungplans, Einstellung der Re⸗ parationszahlungen, Erlaß einer Amnestie usw., ferner Aenderung des finnischen Handelsvertrags.

Freußischer Landtag. 176. Sitzung vom 15. Oktober 1930. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Auf der Regierungsbank hat Ministerpräsident Dr. Braun mit fast sämtlichen preußischen Staatsministern Platz genommen.

Das Haus tritt in die gemeinsame Beratung der Ur⸗ anträge der Kommunisten und der Wirtschaftspartei auf Aff fen, des Landtags, der kommunistischen An⸗ träge, die die mir e mn der Notverordnung des Reichspräsidenten und die Einstellung der JYoungzahlungen verlangen, und der deutsch⸗ nationalen, nationalsozialistischen und kommunistischen An⸗ träge wegen der parteipolitischen Betäti⸗ gung der eamten ein. Mit der Beratung verbunden wird auch der von den Demokraten wegen der Aus⸗

chreitungen in der Berliner Innenstadt anläßlich der Reichstagseröffnung eingebrachte Antrag. Die Redezeit beträgt für . Fraktion eine Stunde.

Ministerpräsident Dr. Braun: Meine Damen und Herren! Da die hier zur Beratung stehenden Uranträge der verschiedensten Parteien zumeist schriftlich eingehend begründet sind, möchte ich bereits, bevor eine mündliche Begründung noch erfolgt, kurz meinen Standpunkt zu diesen Anträgen darlegen. (Zurufe bei den Kommunisten: Nieder mit der Braun⸗Regierung!)

Meine Herren, es liegen Anträge vor, einmal den Landtag aufzulösen. Es liegt ein Antrag vor, die Erlasse aufzuheben, die ergangen sind, um die Notverordnungen des Herrn Reichspräsi⸗ denten vom Juli d. J. durchzuführen. Es liegen Anträge vor, die Joung⸗Zahlungen einzustellen. Es liegt ein Antrag vor, das Verbot gegen Beamte, sich in der nationalsozialistischen und kom⸗ munistischen Partei zu betätigen, aufzuheben, und zuletzt noch ein Antrag, das Verbot, das die Uniformierung der nationalsozia⸗ listischen Sturmtrupps in der Oeffentlichkeit verbietet, gleichfalls zu beseitigen. (Zuruf bei den Nationalsozialisten: Höchste Zeit) Ich bin der Meinung, daß das Gegenteil richtig isti

Meine Damen und Herren, um mit dem letzten zu beginnen, möchte ich erklären, daß die Aufhebung des nationalsozialistischen Uniformverbots vom 11. Juni d. J. so lange nicht in Frage kommt, als die Gründe, die zu dem Erlaß dieses Verbots geführt haben, noch bestehen (Zuruf bei den Nationalsozialisten: Bestehen nichth, die Gründe, die darin liegen, daß durch das uniformierte Auftreten dieser Gruppen ein unerträglicher Terror auf politisch anders Denkende ausgeübt wurde. Diese Gründe bestehen jetzt in verstärktem Umfange. Deswegen kann keine Rede davon sein, ee. 3 Verbot aufgehoben wird. (Bravo! bei den Sozialdemo⸗

raten.

*Mit Ausnghme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

Das Verbot für die Beamten, in der nationalso jah eder kommunistischen Partei sich zu betätigen, kann 2 nicht aufgehoben werden (Zurufe bei den Konmunsꝰ erhört), wenn anders der Staat sich nicht selbst unn (Zuruf bei den Nationalsozialisten: Berfaffungsbrechen Verbot ist ergangen, weil feststeht, daß die genannten 4 den gewaltsamen Umsturz anstreben. (Zuruf bei den gun ; sozialisten Wodurch steht das fest?)) Seien Sie etwas“ Sie hören es gleich. Und diese programmatische . Tätigkeit dieser Parteien zum Ausdruck kommende Tenden . auch heute noch, heute vielleicht noch in verstärktem Umfan bisher. Wenn Sie zwischengerufen haben: wo steht das 2 möchte ich auf folgendes aufmerksam machen. Was die ö nistische Partei betrifft, meine Herren, Sie bestreiten bo

daß Sie durch gewaltsame Mittel den heutigen Staat been wollen. (Zurufe bei den Kommunisten.) Da Sie das niz

streiten, kann ich mir ersparen, das Material, das ich dafi

hier vorzutragen. (Lärmende Zurufe bei den Kommun Wenn Sie das bestreiten wollen, lesen Sie sich nur einmal z (Lebhafte Zurufe bei den Kommunisten. Glocke dez n denten.)

Nun zu der gleichgearteten Parteigruppe auf der n Seite. Sie bestreiten, daß Sie Ihre Ziele durch gewaltsamen sturz erreichen wollen. (Zuruf: Aussage Hitlers in gan Allerdings, wenn man jetzt Zeugenaussagen Ihres Oberlon dierenden Hitler liest, erscheint es fast so, als ob Ihre nichts weiter ist, wie eine Gruppe von Unschuldslämmen auf ganz legalem Wege ihr drittes Reich errichten will. bei den Nationalsozialisten: Das waren eidliche Aussagenh Aussagen des Herrn Hitler werte ich ebenso hoch wie das h wort, das er 1933 in München gegeben hat. Erregte Zutus den Nationalsozialisten. Gegenrufe bei den Kommunssten den Sozialdemokraten) Im übrigen brauchen wir uns hier auf Aussagen zu versteifen, sondern ich kann Ihnen, meine hn (zu den Nationalsozialisten, das vor Augen halten, was e

Ihren Kreisen als Anweisung für die Tätigkeit Ihrer Fun

näre gedruckt verbreiten. Da habe ich doch wirklich einen

dächtigen Zeugen. Erst im Sommer d. J. hat die Nation

rale Korrespondenz von der Deutschen Volkspartei hen

gegeben, die ja doch im Reich jetzt sehr stark bemüht ist, jeg

Ihnen gemeinsame Sache zu machen einige Auszüge aus] offiziellen Schriften gebracht, unter anderem aus den „Fühn briefen“, d. h. aus den Anweisungen, die Ihren Funktion draußen für ihre Tätigkeit gegeben werden. Aus dem, wa aus diesen „Führerbriefen“ abgedruckt hat, will ich Ihnen ein vorlesen, was für Ihre Tätigkeit, für Ihre Tendenz charakters ist. In einem dieser „Führerbriefe“ vom Juli 1929 heißt e Alles, was der bestehenden Ordnung der Dinge schädlit findet unsere Unterstützung. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Alles, was geeignet sein könnte, diese gegenwärtige Onn der Dinge, die nach unserer Ansicht eben tödliche Unonn

ist, zu unterstützen, findet unsere Bekämpfung. Wir tu

Katastrophenpolitik

(lebhafte Rufe: Hört, hört! im Zentrum und bei den i

demokraten), weil nur die Katastrophe, das ist der Zusammenbruch des ralen Systems, die Bahn frei macht für jenen Neubau, den Nationalsozialismus nennen.

Und in dem „Führerbrief“, in der Anweisung an die Funliim

vom 15. April heißt es:

Wir müssen den Staat bekämpfen, den Staat unmittelbn

ruinieren, zersetzen vernichten.

(Erneute lebhafte Rufe: Hört, hört! in der Mitte und lin

Und Sie verlangen von demselben Staat, daß er Funktim

Ihrer Partei, die die Aufgabe haben, den Staat zu demi zu ruinieren, als Organe des Staates den anderen Staatsbin gegenüberstellt (lebhafte Rufe bei den Nationalsozialisten) si

soldet und sie als Respektspersonen für den Staat auftreten . Nein, ein Staat, der so handelte, würde sich selbst aufgeben, nn sich selbst vernichten und ruinieren. (Lebhafte Zust im mung in Mitte und links Zurufe rechts.)

In den Anträgen wird nun behauptet, daß diese Veron gegen die Reichsverfassung verstoße. Artikel 180 der M verfassung gewährleistet in seinem Absatz 2 allen Beamten Freiheit ihrer politischen Gesinnung und die Vereinigh

freiheit“. Damit ist aber kein Vorrecht für die Beamten stetnn sondern nach Artikel 118 hat jeder Deutsche das gleiche Rech

„Schranken“ sind ihm durch die „allgemeinen Gesetze“ ge Eins dieser allgemeinen Gesetze ist das preußische Disziplinath

das in seinem 5 2 den Beamten unter Strafe stellt, de

Pflichten verletzt, die ihm sein Amt auferlegt, oder der sich sein Verhalten in oder außer dem Amt der Achtung, des An und des Vertrauens, die sein Beruf erfordert, unwürdig Ein Beamter, der einer Partei angehört, die offen erklärt,d

den Staat ruinieren, zersetzen, vernichten will, begibt sich cl Rechts, weiter Beamter zu sein (lebhafte Zustimmung in der! und bei den Sozialdemokraten Zurufe bei den A

sozialisten); er zeigt durch sein Verhalten, daß er keinen Eim

die Bedeutung seines Diensteides, für die Würde und das sehen des Amtes hat, das er nach außen zu vertreten hat. Ern Zustimmung in der Mitte und bei den Sozialdemokraten rechts: Wie war es beim Munitionsarbeiterstreik?!! Ich nicht, ob da preußische Beamte mitgemacht haben. Es wäre sehr schlecht bekommen, viel schlechter, als es Ihnen jetzt belon

(Guruf bei den Nationalsozialisten) Ja, wir haben jett

freiheitliche Verfassung. (Große Heiterkeit rechtss.)

Den Anträgen auf Aufhebung der preußischen Ausführn

verordnungen zu der Notverordnung des Herrn Reichsprõsn vom 26. Juli 1990 kann gleichfalls nicht stattgegeben Denn die Dinge liegen da so: Die Nowerordnungen des ? Reichspräsidenten sind Reichsgesetze. Nach Artikel 14 der zn verfassung werden die Reichsgesetze von den Landesbehörden

geführt, wenn die Reichsgesetze nicht etwas anderes vorsch Die Erlasse, die hier in Frage kommen, sind von der prenßj

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Regierung gewissermaßen nur als Anleitung an die Gent behörden gegeben, die auf Grund ihres Selbstverwaltungs!— die ihnen in Notverordnungen gegebenen neuen Einnahmth ausschöpfen können. Die Entscheidung liegt also bei den?

Neichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 242 vom 16. Oftober 1930. S. 3.

ztörpern. Aufgabe der Staatsregierung war es, dafür, altungè körper . ö . * ; ewisse ordentliche, einheitliche Durchführung sicher⸗ eine g erforderlichen Anleitungen zu geben. Zudem liegt * ** bereits ein Ausführungsgesetz vor, zu dem der * . Stellung nehmen muß. btog dem na ft e c ; „un in dem Antrage der kommunistischen Fraktion davon . daß man alle diese Erlasse und die Notverordnungen * * und daß man die für die erhöhten Wohlfahrts⸗ ö der Gemeinden notwendigen Mittel dadurch erlangen ie eng. Schulz Neukölln): Ersticken Sie nicht an diesem mel? Glocke des Präsibenten.) Sie scheinen nicht zu * was in Ihrem Antrag steht. Wenn es in Ihrem Antrag daß Sie alle die für die Wohlfahrtsausgaben erforderlichen zel durch Streichung der Militär⸗ Kirchen⸗ Polizei⸗ und Hausgaben erlangen wollen, so lann ich nur darauf hin— . daß, wenn selbst Rußland die Militär= Polizei⸗ und ausgaben aus seinem Etat nicht streichen kann, Preußen noch weniger dazu in der Lage ist. (Sehr richtig Meine Herren, sind allerdings vielleicht imstande, zusammen mit Ihren natio— ialistischen Partnern die Staatsregierung in die Lage zu ver⸗ bei Polizei⸗ und Justizausgaben ganz erheblich zugunsten Bohhfahrts fürsorge zu sparen, wenn Sie sich in Ihrem bffent= n politischen Auftreten die Zurückhaltung angewöhnen, die seden vernünftigen Staatsbürger geboten erscheint. (Sehr ch Solche Anträge auf Streichung von Ausgaben zu stellen zu veröffentlichen, heißt doch geradezu, die Notleidenden (zen verhöhnen, denn Sie wissen, daß auf diese Weise das Geld beschafft werden kann. (Sehr richtig! Zurufe bei den munisten) Meine Damen und Herren, die Lage unseres es tt so ernst, und die Not, die durch die Weltwirtschaftskrise eigeführt ist (lebhafte Zurufe bei den Nationalsozialisten: ch Euch herbeigeführth, ist so groß, daß es geradezu ein Ver⸗ ben am Volke ist, wenn diese Not zu hemmungsloser politischer agogie mißbraucht wird. (Lebhafte Zustimmung. Zurufe den Kommunisten. Glocke des Präsidenten) Den not⸗ nden Volkskreisen wird nicht durch solche Versprechungen itt. Worauf jetzt alles ankommt, um unsere Wirtschaft ge⸗ 'n zu lassen, ist, Arbeit zu schaffen, d. h. Ruhe in das Wirt⸗ s- und Finanzwesen zu bringen. Jede Störung des Wirt⸗ lebens wirkt eben, insbesondere für die großen arbeitenden gmassen, verderblich. Diese gedeihliche Arbeit in der Wirt⸗ und in unserem Finanzwesen ist aber nur möglich, wenn nur im Inland, sondern auch im Ausland Vertrauen zu der gen, stetigen Fortentwicklung unserer Verhältnisse besteht. ben bei den Kommunisten. Zurufe rechts.) Wie sehr das n abhängig ist, beweisen doch am allerbesten die Auswirkungen Vahlausfalls vom 14. September. Sind noch nicht genügend lionen deutschen Kapitals, ist noch nicht genug deutsches Gold Ausland geflossen? (Lebhafte Zurufe rechts) Jede Million, au dem Lande geht, verringert die Arbeitsmöglichkeiten, sft weitere Arbeitslose, weitere Notleidende, schafft weitere Not veitesten Volkskreisen, auch in den Kreisen des Mittelstandes. hr richtig! bei den Sozialdemokraten. Zurufe bei den sonalsozialisten.) Damit komme ich zu dem letzten Antrage, dem Antrage auf liung des Landtags. Gerade im Zusammenhang mit dem, ich vorhin gesagt habe, wäre es geradezu unsinnig, auch noch n Schritt zu tun. Ich glaube, wir haben genug an den hen der Wahl vom 14. September. (Lebhafte Zurufe bei den munisten und bei den Nationalsozialisten Wenn ich vom teitandpunkt aus spräche, würde mich die Sache gar nicht hren. Sie mögen durch Ihre Lügen und durch Ihre hagogie vorübergehend einen Stillstand in der Entwicklung ner Partei schaffen, Sie werden aber niemals dadurch einen hen Niedergang herbeiführen können, wie er Ihnen schon nach igen Jahren beschert sein wird. Denn Lügen haben kurze e. Bravo! bei den Sozialdemokraten) Ich sage also: das fiche Volk hat an dem genug, was es bereits durch die Folgen r Wahl in allen Zweigen seiner Wirtschaft erlitten hat. ät diese Unruhe, diese Panik, die im Auslande erzeugt worden und die in dem Maße, wie sie Platz gegriffen hat, nach er Auffassung durch die Verhältnisse gar nicht gerechtfertigt noch zu erhöhen, indem nun auch noch der Landtag und, wie Deutschnationalen als Ergänzung fordern sie müssen ja Kampfgefährten von weiter rechts noch übertreffen —, auch dommunalkörperschaften aufgelöst und neu gewählt werden, habe ich kein Verständnis. (Lebhafte Zurufe bei den Kom⸗ sisten und rechts) Ich verstehe nicht, wie es für einen ver⸗ nortungsbewußten Mann möglich sein kann, in der jetzigen nation solche Forderungen zu vertreten. (Zurufe rechts: Sie an Ihrem Ministersitz) Diese billigen Späße von dem ben am Ministersessel könnten Sie sich ersparen. Da aber gesetzzt in der Presse und der Oeffeutlichkeit dieser Vorwurf berkehrt, will ich Ihnen nur das eine sagen: ohne mich über⸗ ju wollen, bin ich doch der Meinung, daß gerade der Um⸗ , daß ich so lange auf meinem Sessel „geklebt“ habe, zum en des preußischen und des deutschen Volkes gewesen ist. zhafter Beifall bei den Regierungsparteien. Lachen rechts bei den Kommunisten. Zuruf rechts: Das ist der größte „den Sie je gemacht haben). Denn hätten wir hier in zien, dem größten deutschen Staate, fortgesetzt in ähnlich n Zeitabständen Regierungskrisen gehabt, wie es im Reich zill war, dann sähe es vielleicht um unsere preußische und ze Wirtschaft sehr viel schlimmer aus. (Sehr wahr! bei den udemokraten) Und dann noch ein rein persönliches Wort U gser Frage, wenn Sie darauf so viel Gewicht legen! Ich Je für den, der die Arbeit eines Ministers und seine Ver⸗ nortung kennt, brauche ich nicht zu betonen, daß es wahrlich n., der Verantwortungsgefühl hat und an der Schwere erantwortung trägt, heute keinen besseren Augenblick gibt * wo er seinen Ministersessel verlassen kann. Ich weiß, 4 beute gibt, die Ministersessel anstreben. Ich begreife diese nicht. Ich muß offen gestehen: Wenn jemand die Wahl lebhafte Zurufe), den Posten des Direktors einer Müll—⸗ [er ichaft zu übernehmen, oder. sstürmische Zurufe. . Brolat! Große Heiterkeit) lassen Sie mich ist * Satz wenigstens zu Ende sprechen den eines rs, so würde ich es verstehen, wenn er sich für den ersteren

entschiede, denn erstens bekommt er da das doppelte Gehalt und e, hat er nicht mit so ekelhaftem Schmytz zu tun wie ein Minister in der Politik. (Lebhafte Zustimmung und Zurufe. Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, der Antrag auf Auflösung, der von der Wirtschaftspartei zuerst gestellt worden ist, die offenbar außerordentlich darauf versessen ist, die Wahlerfolge vom 14. Sep⸗ tember für ihre Partei noch zu erhöhen, wird auch mit den Gundsätzen der Demokratie begründet. Meine Damen und derren, es ist ein besonders groteskes Bild, wenn die geschworenen Feinde der Demokratie sich jetzt als Hüter der Prinzipien der Demokratie hinstellen. Eebhafte Zurufe bei der Wirtschaftspartei und den Nationalsozialisten: Weil Sie sie fortgesetzt brechen) Sie, meine Herren von der Rechten, mögen allesamt sehr kluge Leute sein, aber ich muß schon sagen Sie müssen es mir nicht als Unbescheidenheit auslegen, wenn ich es sage von der Demokratie verstehe ich mehr als Sie. (Lebhafte Zurufe: Wie Sie sie auffassen) Demokratie besteht nicht darin, daß jeden Sonntag und in der Woche noch einmal gewählt wird, sondern Demokratie besteht darin, daß das Volk, nicht wie früher ge⸗ hindert durch Dreiklassenwahlbestimmungen und sonstige Be⸗ schränkungen, sondern im gleichen und geheimen Wahlrecht seine Absicht, seinen Willen kundgeben kann, wer für die in der Ver⸗ fassung vorgesehene Periode die Gesetze bestimmt und die Ver⸗ waltung führt. In der Verfassung ist vorgesehen, daß der Land⸗ tag für vier Jahre gewählt wird. Ich sehe nun nicht ein, daß man alle Sonntag wählen soll, wenn in irgendeiner Gemeinde eine Stimmverschiebung vorkommt, wie es nach der Begründung des Antrags der Fall sein müßte. (Zuruf: Preußen ist doch keine Gemeinde) Es geht ja schon rückwärts bei Ihnen; bei den Ge⸗ meindewahlen, die nach der Reichstagswahl gewesen sind, geht es mit gutem Erfolge rückwärts. (Lebhafte Zurufe bei den National⸗ sozialisten) Schlagen Sie nur weiter Fensterscheiben ein; es geht in demselben Tempo weiter. (3urufe und Lachen bei den Nationalsozialisten Meine Damen und Herren, man kann also nicht, wenn hier oder dort eine Körperschaft gewählt worden ist, sei es eine Gemeindekörperschaft oder sonst dergleichen, wenn sich in diesem Parlament eine Aenderung in der Stimmtendenz gegenüber den vorhergehenden Wahlen zeigte, sofort sagen: dann müssen wir auch dieses Parlament auflösen, um dieser Volks— stimmung Rechnung zu tragen. Diese Volksstimmung kann sich alle paar Wochen ändern. Wollen Sie dann alle paar Wochen das Parlament neu wählen? Wie soll dann überhaupt eine konti⸗ nuierliche Arbeit möglich sein! (Lebhafte Zurufe)

Aus dem Umstande, daß die Reichstagswähler, durch die Auf⸗ lösung gezwungen, sich einen neuen Reichstag gewählt haben, der ein anderes Gesicht hat als der vorhergehende, ziehen Sie den Schluß, daß nunmehr auch der Landtag neu gewählt werden muß. (Zuruf des Abgeordneten Ladendorff.) Sie haben ja die Begründung in Ihren Antrag hineingeschrieben. Sie ziehen daraus den Schluß, daß nunmehr auch der Landtag neu gewählt werden müsse. Ich ziehe daraus den Schluß, daß eben die Reichs⸗ tagswähler in diesem Moment unter welchem Einfluß, will ich momentan unerörtert lassen einen anderen Reichstag gewählt haben. Daraus geht aber noch nicht hervor, daß die preußischen Landtagswähler jetzt auch einen andern Landtag wählen. (Lachen und Zurufe bei den Kommunisten und rechts. Sehr richtig! bei den Regierungsparteien) Man konnte mit dem Reichstag un⸗ zufrieden sein und trotzdem recht wohl mit der ruhigen Arbeit des Landtags durchaus zufrieden sein. (Fortgesetzte große Un⸗ ruhe und Zurufe von allen Seiten. Glocke des Präsidenten.) Ich möchte zu dem Auflösungsantrage nur noch folgendes sagen. Wenn man sich bei seiner Begründung auf demokratische Grund⸗ sätze beruft, so scheint es mir sehr viel zweckmäßiger und einer

rechts: Lautsprecherlh, wenn nach dem Ausfall dieser Reichstags⸗ wahl . .. (erneute Unruhe und Rufe rechts: Lautsprecher! Glocke des Präsidenten) ... wenn nach dem Ausfall dieser Reichstagswahl gerade die preußischen Wähler die Möglichkeit haben, nach anderthalb Jahren, nachdem sie sehen und beurteilen

konnten, wie diejenigen, die die Stimmungswelle des Volkes jetzt

hochgebracht hat, ihr Mandat ausgeübt haben, auf Grund dieser Erfahrung einen neuen Landtag zu wählen. . rechts und bei den Kommunisten) Das scheint mir sehr viel

vernünftigen politischen Erwägung, sondern mehr der Ausfluß der Verzweiflung und der Hoffnungslosigkeit ist, die in weitesten Volkskreisen eingerissen ist, zur Grundlage der Neugestaltung anderer gesetzgebender Körperschaften und Verwaltungskörper⸗ schaften nimmt. Gerade weil unser Volkskörper infolge des Krieges und der sich daraus ergebenden weltwirtschaftlichen Zu⸗ stände geschwächt ist, findet der Bazillus des nationalsozialistischen und kommunistischen Nationalismus ... (Lachen und Zurufe bei den Kommunisten) Sie Gu den Kommunisten) haben die Rechte ja im Wahlkampf mit Ihrer Propaganda gegen den Young⸗Plan noch übertroffen. (Stürmische Zurufe bei den Kommunisten. Ich sage: der Bazillus des nationalsozialistischen und kommunistischen Nationalismus findet gerade in diesem ge⸗ schwächten Volkskörper einen so fruchtbaren Nährboden. Wenn man diesen Zustand überwunden haben wird, wenn der kern— gesunde deutsche Volkskörper die Gegenkräfte mobilisiert haben wird, um diesen Krankheitserreger wieder auszuscheiden, dann wird dieser Zeitpunkt der beste sein, daß das deutsche Volk, zu ge⸗ sunder Vernunft zurückgekehrt, auf Grund gesunder vernünftiger politischen Erwägungen ein neues Parlament in Preußen schafft, das ebenso wie das bisherige in ruhiger, stetiger, verantwortungs⸗ bewußter Arbeit darangeht, unsere wirtschaftlichen, kulturellen Berhältnisse wieder einen Schritt vorwärts zu bringen.

Der Krieg hat uns Trümmer genug hinterlassen! Wir dürfen sie durch Glasscherben und weitere Trümmer nicht vermehren. Das hält das deutsche Volk, die deutsche Wirtschaft nicht aus. Deshalb ist es Aufgabe aller verantwortungsbewußten Kreise, die im öffentlichen Leben mitzusprechen haben, dafür Sorge zu tragen, daß das Fieber, von dem das deutsche Volk jetzt ge⸗ schüttelt wird, und das seinen Höhepunkt in diesem Wahlausgang gefunden hat, wieder zurückgeht und wir zur Gesundung kommen. Dann wird eine kontinuierliche Fortsetzung der bisherigen Auf⸗

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bauarbeit einsetzen können. (Zustimmung und Händeklatschen bei den Regierungsparteien. Lebhafte Zurufe bei den Kommu⸗ nisten Nieder mit der Regierung Braun! Große Unruhe. Glodte des Prãsidenten.)

Präsident Bartels fordert die Abgeordneten auf, von der Rednertribüne weg auf ihre Plätze zu gehen. Abg. Lohse (Nat. Sog), der dieser Anweisung nicht folgt, wird von der heutigen Sitzung ausgeschlossen. Als er trotzdem den Saal nicht verläßt, unterbricht der Präsident die Sitzung auf fünf Minuten. .

Nach Wiedereröffnung der Sitzung teilt Präsident Bartels mit, daß Abg. Lohse (Nat. Soz) auf acht Tage aus⸗ 3 *

Abg. Kube (Nat. Soz.) beantragt, den Fraktionslosen dieselbe Redezeit zu bewilligen wie den Fraktionen.

; 5 Bartels erklärt, daß ein solcher Antrag nicht zulässig sei. Der Aeltestenrat habe die Redezeit so festgesetzt.

Ein Antrag Borck (D. nat.) auf sofortige Ein⸗ berufung des ef fen ag wird abgelehnt.

Sierauf begründet Abg. Schwenk (Komm) die Anträge seiner Fraktion und erklärt, daß die Regierung Braun eine arbeiterfeindliche Politik treibe. er Antrag seiner Partei auf Einstellung der Zahlungen für den HJoung⸗Plan sei nur allzu berechtigt. Die arbeitenden Massen müßten die Kosten dafür zahlen. Die Kapitalisten verstünden es sehr gut, die Lasten auf die de , . und die kleinen Existenzen der Gewerbetreibenden abzuwälzen, Der YJoung⸗Plan sei nicht zu erfüllen und doch sei man bestrebt, dem internationalen Kapital seinen Gaunervertrag zu sichern. Die Dummheit, die zur Annahme dieses Vertrages ge⸗ 6 habe, sei schlimmer als ein Verbrechen. Eine unerhörte

erelendung des deutschen Volkes sei seine Folge. Welche Rolle spiele Herr Schacht heute, der sich als stellungsloser Privatmann“ in Amerika aufhält? (Heiterkeit) Will er später in Deutschland dafür wirken, daß die Aufträge der amerikanischen Bankiers gen werden? Die Nationalsozialisten trieben eine ganz

uchlerxische Politik. Das zeige das Auftreten Hitlers, der in

ipzig die wahren Ziele seiner Partei abgeschworen habe. Die Rede des Abg. Kube sei ganz offenbar „unter gedämpftem Trommelschlag“ gehalten worden. Steht Herr Kube schon vor der Tür des Innenministeriums? „Köpfchen, wohin rollst du? (Heiter⸗ leit) Schon jetzt zeige sich. daß das Brüning⸗Programm auf alle Fälle , ,, . werde, ob mit oder ohne Parlament! Zu be⸗ grüßen sei es, daß die Berliner Metallarbeiter sich zum Kampf entschlossen hätten. Es sei beschämend, wenn man dem Arbeiter sein Glas Bier als „Massenluxuskonsum“ noch weiter verteuern wolle. Die Preußenregierung und das preußische Parlament unter⸗ stützten diese Pläne. Deshalb müßten sie verschwinden! Man rede ö viel von Demokratie, dabei wisse man, daß die Diktatur im

Anmarsch sei. Den Absichten der Faschisten müsse die proletarische Diktatur entgegengesetzt werden! Hinter dem nationalsozialistischen Volksbegehren auf Auflösung des Preußischen Landtags stehe offenbar Herr Hugenberg; die Kommnnisten würden es nicht mit⸗ machen!

Abg. Ladendorff (Wirtsch. P) beantragt hierauf Herbei⸗ rufung des Ministerpräsidenten Braun. (Da der Ministerpräsident im Hause anwesend ist er hat seinen Abgeordnetensitz ein⸗ genommen —, erledigt sich der Antrag unter großer Heiterkeit des Hauses) Der Redner legt hierauf die Notwendigkeit der Landtagsauflösung dar. Dieser Landtag und diese Regierung in Preußen entsprächen nicht mehr dem wahren Willen der Wähler. Sie hätten das Vertrauen völlig verloren. Für die Weimarer Koalition in Preußen würde das Wahlergebnis noch viel un⸗ günstiger sein als im Reich. Die Demokratie der Preußenregierung sei mit wahrer Demokrgtie unvereinbar! Bezeichnend sei ja der if der Demokratischen Partei, trotzdem sie über die größte resse verfüge. Recht eigenartig muteten da die Worte an, die der preußische Finanzminister Dr. Höpker Aschoff bei der Grün⸗ dung der Staatspartei sagte: „Achten Sie darauf, daß der große Moment kein kleines Geschlecht findet!“ (Heiterkeit. Fest stehe jedenfalls daß die Weimarer Koalition keine Existenzberechtigung mehr habe. Nicht Staatsform, nicht Demokratie sei schuld an den heutigen Zuständen in Deutschland, sondern die Abhängigkeit der Politik von der Sozialdemokratie. Heute zeigten sich nur zu deutlich die Auswirkungen der Verständigungspolitik! Die Reichstagswahlen hätten ja den Sozialdemokraten auch die Quittung gebracht. (Anhaltende Unterbrechungen bei den Sozial⸗

demokrgten.·) Der Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung wirklichen wahren Demokratie entsprechender (Unruhe und Rufe werde immer mehr herabgedrückt; die Sozialdemokratie aber leiste

dabei die beste Unterstützung. Die Geschicke Deutschlands würden ja auch wesentlich bestimmt durch den Einfluß der preußischen Bestimmung im Reichsrat. Das zeige auch die Verhinderung des Amnestiegesetzes. Weg mit diesem Landtag!

(Große Unruhe

?

Abg. Borck (D. Nat) begründet den Antrag seiner Freunde, die Anordnung aufzuheben, die den Beamten die parte ipolitische Betätigung in der Nationalsozialistischen Partei verbietet, und den weiteren Antrag, neben dem Landtag auch sämtliche Provinzial⸗ und Kommunalparlamente neu wählen zu lassen. In striktem Gegen⸗ satz zu seinen heutigen Darlegungen habe der Ministerpräsident vor den Reichstagswahlen 1928 im Aeltestenrat erklären lassen, daß gleichzeitig mit dem Reichstag auch neu zum Landtag gewählt

mehr den demokratischen Grundsätzen zu entsprechen, als daß man werden müsse. (Gelächter links und Rufe: Damals standen wir

einfach den Ausfall dieser Wahl, der nicht das Ergebnis einer migen tene

wenige Monate vor Ablauf der Legislaturperiode!) Die Auflösung rbeigeführt werden, um endlich mit der

Mißwirtschaft des Systems Braun zu brechen. Für diese Miß⸗

wirtschaft der Regierung Braun sei vor allem das Zentrum ver⸗

antwortlich, das durch Zurückziehung seiner Minister in jedem

Augenblick die Regierung Braun beseitigen könne. (Lachen im k Das Zentruin schlucke aber sogar einen sozialistischen ultusminister, der gefährliche Schulexperimente mache. Es dulde n die die Rechtsunsicherheit erhöhten. Man finde zum ispiel in Moabit heute kaum noch einen nichtjüdischen Straf⸗ kammervorsitzenden. Fremdstämmige Richter sprächen Recht, das dem Volksempfinden zuwider laufe. Unter dem System Braun sei es sogar möglich, daß der Berliner Magistrat dem bloßgestellten Oberbürgermeister noch ein Huldigungstelegramm schickt. Alles das dulde das Zentrum. (Zuruf des Abg. Diehl 1Ztr.: Sie haben im Wahlkampf verloren, wir gewonnen! Im Laufe der weiteren Darlegungen des Redners kommt es zu lebhaften Auseinander⸗ setzungen zwischen Nationalsozialisten und Sozialdemokraten. Vizepräsident Baumhoff ruft einen Sozialdemokraten zur Ordnung und erregt große Heiterkeit, als er gleich darauf auch den Nafionalsozialisten Kerrl mit der Bemerkung * . ruft: Sie haben hier eben einen Ihrer Herren ollegen Ese ugerufen) In den erstrebten Neuwahlen müsse mit diesem Efe n . werden. Es werde auch Zeit, einmal mit der demokratischen Presse abzurechnen (Rufe links: Auch mit Fenster⸗ cheibenzerschlagen ?), die das. Volk über die wahren Ursachen . ö fortgesetzt ö ö Abg. Dr. W ü ne (Komm.) begründet den Antrag seiner Freunde, der die Beseitigung der k U. die ö Beamten die Zugehörigkeit zur . chen Partei ver⸗ biete. Im Gegensatz zu dem ausgesprochenen Willen der Nationalversammlung, endlich mit der Knechtung der Beamten⸗ schaft im allen Staat Schluß zu machen habe die sozigldemokratisch geführte een ge. Regierung immer shärfere Knechtungsbestim⸗ mungen eingeführt. Die Regierung Braun bestrafe zum Beispiel . dann einen Beamten, wenn er y. eine Spende in eine ommunistische Sammelbüchse lege. (Pfui⸗Rufe bei den Kommu⸗ nisten, Die Unfruchtbarkeit der Demokratie unter Führung der Sozialdemokraten zeige sich auch darin, daß sie in den vergangenen zwölf Jahren noch nicht einmal ein neues Beamtengesetz zustande⸗ gebracht habe. In längeren Ausführungen versucht der . noch nachzuweisen, daß gerade unter Führung des sozialdemokra⸗