1932 / 146 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Jun 1932 18:00:01 GMT) scan diff

Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 146 vom 24. Juni 1932. S.

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Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 1146 vom 24. Juni 1932.

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Brief an den stellvertretenden Ministerpräsidenten. Der An⸗ trag mißbilligt, daß Präsident Kerrl zu dieser innerdeutschen Angelegenheit auch die ausländische Presse eingeladen habe.

Als Abg. Bugdahn (Soz) das Wort zur Begründung des Antrags erhält, übernimmt Vizepräsident Haake zum erstenmal die Führung der Geschäfte. Abgeordneter Bugdahn erklart in seiner Begründung u. a., der Antrag habe eine interessante Vor⸗ geschichte, denn er habe ursprünglich dem Präsidenten Kerrl nationale Würdelosigkeit zum Vorwurf gemacht, worauf der Antrag vom Landtagspräsidenten nicht zum Druck zugelassen worden sei. Als der Redner weiter darlegt, daß noch andere Formulierungen gemacht werden mußten ehe der Präsident den Antrag zuließ, machen die Nationalsozialisten lautes Volls⸗ gemurmel“, so daß der Redner auf den Tribünen unverständlich bleibt. Vizepräsident Haale ersucht wiederholt um Ruhe. Un⸗ umstößlich fest stehe jedenfalls, daß sich Präsident Kerrl eine Verletzung der nationalen Interessen des deutschen Volkes hahe uschulden kommen lassen, als er die ausländische Presse auf⸗ ö sich mit innerdeutschen Streitigkeiten zu beschäftigen. Sehr wahr! links. Lärm bei den Nationalsozialisten. Reichs⸗ räsident von Hindenburg habe die Anbiederung der Ngtional⸗ e rn an die ausländische Presse auch empfinden müssen, als er selbst einen an ihn gerichteten Brief der Reichsleitung der Nationalsozialisten erst vier Stunden später erhielt ols die aus⸗ ländischen Journalisten im „Kaiserhof“. (Hört, hört! links.) Der jetzige sozialdemokratische Antrag entspreche der deutschen Auffassung von der Erledigung deutscher Angelegenheiten; die Sozialdemokraten hofften, daß eine große Mehrheit des Hauses durch die Annahme des Antrages diese deutsche Auffassung auch . den Landtag bekunden würden. (Beifall bei den Sozial⸗ emokraten.)

Abg. Lohse (Nat. Soz.): Wer Herrn Bugdahn hier eben gehört hat, könnte der Meinung sein, daß er ein erzreaktionärer CThauvinist wäre. In der Tat hat aber Herr Bugdahn hier als Vertreter der Partei der Deserteure gestanden, die diese Schweinerei der letzten dreizehn Jahre verschuldet hat. (Hände⸗ klatschen bei den Nationalsozialisten; die Sozialdemokraten und der größte Teil des Zentrums verlassen den Sitzungssaal.) Wir verbitten uns von dieser Seite Vorwürfe wegen nationaler Würdelosigkeit Der Redner zitiert Aufzeichnungen eines Magde⸗ burgers, Vater, der seinerzeit Sekretär der S. P. D. gewesen sei. Daraus ergebe sich, daß die Sozialdemokraten bewußt noch während des Krieges Zersetzungsbestrebungen gefördert hätten. Der Redner betont, die Ngtionalsozialisten lehnten es ab, über die Maßnahmen ihres Präsidenten mit solchen Herren Verhand⸗ lungen zu führen. (Sehr richtig! bei den Nationalsozialisten.) Die parteiische Einstellung des Präsidenten, so fährt er Fort, haben wir sechs alten ,, , hier am eigenen Leibe n den vergangenen Jahren verspürt. Man soll die Toten ruhen lassen, sonst würde ich Ihnen ausfürlich über die Schikanen des Präsidenten Bartels berichten können. Wir decken, was unser Präsident getan hat, und wünschen, daß er die Geschäftsordnungs⸗ befugnisse aufs schärfste anwendet, damit das Haus so arbeiten kann, wie es im Interesse Preußens liegt. (Beifall bei den Nationalsozialisten.)

Abg. Kasper (Komm.): Wir Kommunisten lehnen es ab, uns in den edlen Wettstreit zwischen S. P. D. und Nazis über sogenannte nationale Würde einzumischen. Der vorliegende Antrag der S. P. D. ist lediglich ein Betrugsmanöver, das den Kampf gegen den Faschismus der Arbeiterklasse vortäuschen soll. Der Antrag zeigt die parlamentarische Versumpfung und Ver⸗ lumpung der S. . D. Führerschaft. Wir führen den Kampf nicht gegen Personen und nicht im Parlament. Wir kämpfen außer⸗ zarlamentarisch gegen den Faschismus und werden uns an der Abstimmung über den sozialdemokratischen Antrag nicht beteiligen. Der Redner weist noch unter dem Beifall der Kommunisten ent⸗ schieden die Behauptung der sozialdemokratischen Presse zurück, als ob die Kommunisten es verschuldet hätten, daß gestern ein Nationalsozialist endgültiger Landtagspräsident geworden sei.

Abg. Stendel (D. Vp.: Wir würden es für richtiger ehalten haben, wenn bei rein innerstaatlichen Auseinander⸗ k die ausländische Presse nicht zugezogen wäre. Wir halten es aber auch im Interesse des Ansehens des Parlaments für . den gestern erst gewählten endgültigen Präsidenten des Hauses gleich mit einem solchen Antrag zu bedenken. Wir bitten, daß in Zukunft vielleicht Ueberlegungen im Sinne unserer Auf⸗ fassung angestellt werden und werden den Antrag ablehnen.

Damit schließt die Aussprache.

Abg. Bugdahn (Soz.) erklärt in einem kurzen Schlußwort: Ich lehne es als Kriegsteilnehmer ab, mich gegen den albernen Vorwurf zu wehren, einer Partei der Deserteure anzugehören. Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten. Rufe bei den National⸗ ö Das ist sie doch! Der von Herrn Lohse zitierte Vater dar niemals Sekretär der Sozialdemokratischen Partei in Magde⸗ burg, sondern Miiglied des Spartakusbundes, der die S. P. D. auf das schärfste bekämpft hat. Die Ausführungen des Abg. Lohse haben uns nur bewiesen, daß das Verstoßen gegen die nationalen Interessen nicht eine Einzelerscheinung bei den Nationalsozialisten ist, sondern eine Massenerscheinung. (Beifall bei den Sozialdemo⸗ kraten.)

Der sozialdemokratische Antrag wird gegen die Sozial⸗ demokraten und einige Zentrumsmitglieder abgelehnt.

Abg. Dr. Freisler (Nat. Soz.) bringt hierauf einen An⸗ trag der Nationalsozialisten ein, der als öffentlichen Ausdruck der Abkehr des deutschen Volkes von der Erfüllungspolitik verlangt, daß der 28. Juni, der Tag der Unterzeichnung des Versailler Diktats, zu m völkischen Trauertag erklärt werde, der den rechtlichen Charakter eines gesetzlichen Feiertages erhalten 3 Er verlangt, daß dieser Antrag debattelos sosort verab⸗ chiedet werde

Abg. Winzer (Soz.) betont, über einen so wichtigen Antrag könne man nicht ohne Aussprache entscheiden.

u Damit ist der nationalsozialistische Antrag für heute er⸗ edigt.

Es folgt die Beratung von Anträgen des Hauptaus⸗ schusses über die Arbeitslosigkeit.

Abg. Dr. Klein (Nat. Soz.) verliest eine Erklärung, in der die entschlossene Abkehr der Volkswirtschaft vom kapitalistischen Denken und die Abwendung vom undeutschen Geist der fran⸗ iche Revolutionsideologie gefordert wird. Notwendig sei die lufrichtung eines Staatsgeistes, der im Dienst an der Nation seine höchste Würde und Pflicht sehe. Der Staat müsse aus den ierigen Klauen von Interessentenhaufen befreit und zur wahr⸗ 656 Führung aller Lebensorgane des Volkes fähig gemacht werden. Erst dann werde es möglich sein, mit Erfolg ein um⸗ 1 Arbeitsbeschaffungsprogramm durchzuführen. Nur eine on allen internationalen, liberalistischen und marxistischen Ten⸗ denzen freie Wirtschaft werde dem deutschen Volk endlich wieder die Möglichkeir geben, in Ruhe und Frieden seinen Gewerbefleiß u betätigen. Die Voraussetzungen dafür könne nur ein national⸗ ö Staat schaffen. Die Nationalsozialisten werden der lufhebung der Kürzung der Wohlfahrts- und sonstigen Unter⸗ stützungen ihre Zustimmung geben.

Abg. Gertrud Hanna (Soz): Seit der Einbringung der Anträge über die Arbeitsbeschaffung und seit der Besprechung in diesem Hause sind die Aussichten, die Arbeitslosigkeit zu über⸗ winden und damit die Not des Volkes zu vermindern, noch erheb⸗ lich kleiner geworden. Inzwischen ist die Regierung Brüning durch das Kabinett der Barone verdrängt worden, ein Kabinett, das in seinen Proklamationen und seinen Notverordnungen ge⸗ zeigt hat, daß es zu einer Politik entschlossen ist, die man in dem

Satz zusammenfassen kann: Arbeiter, laßt alle Hoffnung fahren. Die Notverordnung vom 14. Juni wird im Gegenteil in ihrer Auswirkung die Not ungeheuer vermehren. Sie beseitigt die gesamte Sozialpolitik der Nachkriegszeit und zu einem erheblichen Teil auch die Sozialpolitik der Borkriegszeit. Alle Lasten werden auf die Schultern der Arbeitnehmer gelegt. Dagegen werden den besitzenden Kreisen noch Liebesgaben zugeschanzt, wie durch den Ankauf der Gelsenkirchener Aktien. In der Finanzgesetzgebung stehen den Ländern viel geringere Möglichkeiten zur Verfügung als dem Reiche. Deshalb müssen alle Parteien, die es ernst meinen mit der Ueberwindung der Arbeitslosennot, sich hinter ihre Staatsregierung stellen, um sie vorwärtszutreiben, die Reichsregierung einzuwirken, damit durchgreifende Maßnahmen geschaffen werden. U Antrag auf Verkürzung der Arbeitszeit wird bei der Zusammensetzung dieses Hauses eine Mehrheit nicht finden. Wir verzichten daher darauf, im Augenblick diesen An⸗ trag wieder vorzulegen, erklären aber ausdrücklich, daß wir damit unsere Absicht, auch durch Verkürzung der Arbeitszeit die Arbeits⸗ losigkeit überwinden zu helfen, nicht fallen lassen. Wir wenden uns auch gegen die nationalsozialistischen Währungspläne. Das sogenannte Federgeld ist nichts anderes als eine Binnenwährung, als ein neues Papiergeld, für das ein Zwangskurs sestgesetzt werden soll. Das bedeutet eine neue Inflation. Die National⸗ sozialisten bezeichnen das, was sie nicht verstehen, als marxistische Wirtschaftsführung. Die marxistische Wirtschaftsführung ist aber etwas ganz anderes, als was wir gegenwärtig in der Wirtschaft erleben. Es ist eine Fehlleitung des Kapitals, wenn beispiels⸗ weise die Bemberg⸗A.⸗G. in Siegburg eine Kunstseidefabrik er⸗ richtet, die 5 Millionen Mark kostet, aber gar nicht erst in Betrieb genommen worden ist. Marxistisch aber ist das, was der Allge⸗ meine Deutsche Gewerkschaftsbund an Vorschlägen zur Rettung der Wirtschaft beschlossen hat. (Rednerin verliest Abschnitte aus diesem heute veröffentlichten Programm.) Die Rede von Strasser hat im Reichstag eine Reihe von Sätzen vorgebracht, die den Ge⸗ dankengängen von Karl Marx entnommen sind. Es fragt sich aber, wieweit die e, . bereit sind, die ch in die Praxis umzusetzen. Wir lehnen die Forderung auf Ein⸗ führung der Arbeitsdienstpflicht ab. Die Arbeiter würden sich zur Arbeit drängen, wenn Arbeit da wäre. Arbeitsdienstpflicht soll eine Art Wehrpflicht nach den Wünschen der Nationalsozia⸗ listen werden. Wir lehnen den Antrag ab und beantragen namentliche Abstimmung darüber. Die Sozialdemokraten stimmen dem nationalsozialistischen Antrag auf Beseitigung der anonymen Kapitalgesellschaften und der staatlichen Kontrolle des Bank⸗ und Börsenwesens zu, ebenso dem Verlangen, bestimmte Arbeiten be⸗ sonders zu fördern.

Auf Antrag der Kommunisten wird beschlossen, den Antrag auf Wegsteuerung aller Einkommen über 12000 RM zwecks höherer Unterstützung der Unter⸗ stützungsempfänger und Arbeitsbeschaffung sowie auf Nicht⸗ durchführung der in den letzten Notverordnungen angeord⸗ neten Einkommensgrenzen und Massensteuern mit der Be⸗ ratung zu verbinden.

Abg. Schwenk (Komm.) nimmt Bezug auf einen Brief des Ministerprasidenten Braun an den früheren Reichskanzler Brüning. Reichspräsident von Hindenburg habe aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Durch die Notver⸗ ordnungspolitik in Preußen werde die Erwerbslosigkeit ungeheuer

gesteigert. Das soeben veröffentlichte Programm der Gewerk⸗

schaften enthalte nichts als Deklamationen. Alle Maßnahmen, die zur Verwirklichung des Programms führen könnten, würden mit aller Energie von den Sozialdemokraten und den Gewerk⸗ schaftsführern abgelehnt. Die Nationalsozialisten hätten das geistige Eigentum von Karl Marx mißbraucht, um die hungernden Massen der verzweifelten Arbeitslosen damit zu ködern. Der von der Regierung Papen angekündigte Aufbauplan sei nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver für den Mißerfolg in Lausanne. Die auf Verhängung des Belagerungszustandes hinzielenden Absichten der Reichs regierung seien ein Beweis für die Ohnmacht der Regierung, die sozialen Probleme zu meistern. Die National⸗ sozialisten würden jetzt zu einer Stellungnahme gezwungen werden, nachdem sie seinerzeit durch Provozierung der Schlägerei im Landtag einer solchen ausgewichen seien.

Abg. Dr. von Waldthausen (D. Nat.) erklärt ein⸗ leitend, er wolle nicht zur Frage der Arbeitsbeschaffung über⸗ haupt sprechen. (Zuruf der Kommunisten: Das kann man Ihnen nachfühlen) Die Deutschnationalen, betont der Redner, sind grundsätzlich einverstanden mit dem Entschließungsantrag, der darauf hinansläuft, neue Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Wi glauben aber nicht, daß ein solches Arbeitsbeschaffungsprogramm eine wesentliche Milderung der Arbeitslosigkeit bringen kann. Um eine Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft zu erreichen, kommt es darauf an, die Hindernisse zu beseitigen, die dem Wiederaufleben der deutschen Wirtschaft ö , . sie endlich von den Hemmnissen und Schwierigkeiten zu befreien, die ihr in all den .. tärkster marxistischer Einflüsse ug gene g sind. Die Wirtschaftskraft ist systematisch unterhöhlt und n Fall gebracht worden. Nicht verständlich ist, wie man Arbeits⸗ beschaffung verbinden will mit der Beseitigung anonymer Kapitalsgesellschaften. Die Kontrolle des Bank⸗ und Börsen⸗ wesens kann nur eine Angelegenheit des Reiches sein. Wir beantragen, die Worte „durch eine Beseitigung der anonymen Kapital ge ell schaften/ in dem Antrage zu streichen. Es können unter dieser Bezeichnung nur e gehn verstanden werden. Auch wir bedauern gewisse Verfehlungen in solchen Gesellschaften. Wir sind allerschärfste Gegner von Auswüchsen, die bei verschiedenen Gesellschaften in den letzten Jahrn zutage etreten sind. In solchen Fällen muß die Staatsgewalt diejenigen Persönlichkeiten, die an der Ehre des deutschen Kaufmanns ge⸗ ündigt haben, schwer e r Aber aus solchen bedauerlichen Vorfällen heraus die Gesellschaften in Bausch und Bogen zu ver⸗ urteilen, muß man sich doch überlegen. Das sehen wir nicht ein. Auch der Reichsverband der Deutschen Industrie hat mit aller Klarheit diese Dinge gekennzeichnet und ist aufs schärfste von solchen Machenschaften abgerückt. Wenn Treue und Glauben in Deutschland auch bei der Unternehmerschaft hier und da gelitten haben, so it das darauf zurückzuführen, daß wir in Deutschland überhaupt seit 13 Jahren immer mehr das Gefühl für Anstand und Ehrlichkeit verloren haben. Wenn Sie (zu den National⸗ sozialisten) diese Gesellschaften aufheben wollen, so müssen Sie auch wissen, was Sie an deren Stelle setzen wollen. Wenn Sie die Gemeinde oder den Staat an deren Stelle setzen wollen, dann kann ich Ihnen mit absoluter Sicherheit voraussagen, daß wir damit auf die Dauer zu einer Bürokratisierung der . Wirtschaft kommen mit all den bekannten schlimmen Folgen. Dann Adieu! Unternehmergeist und Unternehmerenergie! Schließen wir die Konkurrenz der freien Wirtschaft aus durch Beseitigung sämtlicher Aktiengesellschaften, dann erleben wir mit aller Sicherheit eine Bürokratisierung der gesamten großen Wirt⸗ chaft in Preußen und in Deutschland, die ein Hemmnis aller⸗ chwerster Art für die wirtschaftliche Entwicklung sein wird. Glauben Sie denn, daß man Männer, wie Krupp, wie Thyssen und Klöckner, durch Direktoren r, . kann, daß die es fertig bringen, die Werke in kritischen Zeiträumen besser zu führen und ür ihre Angestellten und Arbeiter mehr herauszuholen? Wenn l der Krupp⸗Betrieb sozialisiert worden wäre, wäre die Iamstellung dieses Riesenwerks auf Friedensbedarf völlig miß⸗ lungen. Zehntausende von Arbeitern wären auf die Straße geflogen. Es ist das unsterbliche Verdienst unserer großen Industrieführer, daß sie Zehntausenden von Menschen die Mög⸗ lichkeit gegeben haben, zu arbeiten und für sich und ihre Tamilien Brot zu verschaffen. (Zuruf der Nationalsozialisten: Das sind doch keine anonymen Gesellschaften! Ich rechne die großen Wirt⸗ schaftsführer unseres Volkes zu den verdienstvollen Männern,

die wir überhaupt gehabt haben, sie haben in Preußen und

Deutschland Arbeitsmöglichkeiten ganz großen Stils geschaffen.

Es war ja der Kriegsgrund Englands, die deutsche Industrie zu zerschlagen. Nun wollen Sie das alles zerschlagen und an die Stelle einer anonymen Gesellschaft politisch abhängige Persönlich⸗ keiten stellen. Das können wir Deutschnationalen nicht mit⸗ machen. Sollen denn auch die mittleren und kleineren Gesell⸗

schaften verschwinden? Wir haben infolge der Goldmark⸗

umstellung ganz kleine Aktiengesellschaften bekommen. Wollen Sie ein Familienunternehmen, wie das der Familie Krupp, auch dem Staate überliefern? Was uns not tut, ist die Befreiung der deutschen Wirtschaft von allen Hemmnissen die ihr auferlegt worden sind, damit sie wieder aufblühen kann. Die Annahme des Antrages, alle Arbeiten zu den Tariflöhnen aus dem Jahre 1930 auszuführen, würde eine außerordentliche Verteuerung bedeuten, für die die nötigen Mittel nicht herbeizuschaffen sind. Ueber den Antrag auf Wegstenerung der Einkommen über 12 000 Mark kann jeder ernste Mann nur lachen. Wenn Sie die Millionärsteuer in dieser Weise durchführen wollen, so vergißt man, daß manche Leute mit hohem Einkommen überhaupt kein Vermögen mehr besitzen, sondern mit ihrem Einkommen Schulden abbezahlen müssen. Der Antrag müßte also statt Millionärsteuer zunächst einmal die Ueberschrift: „Sonderbesteuerung der hohen

Einkommen“ tragen. Und was würde dann aus der dringend

nötigen Eigenkapitalbildung unseres Volkes werden?

Abg. Dr. Christ ian sen (D. Vp.) erklärt, daß die Anträge bezüglich der Arbeitsbeschaffung weder neu sind, noch praktisch wirksam sein werden. Es sei ein grundsätzlicher Irrtum, daß überhaupt ein zusätzliches Arbeitsprogramm nötig sei. Wenn nur Reich, Länder und Gemeinden ihre normalen Bauaufgaben er⸗ füllten, könnten 15 bis 2 Millionen Menschen in den Arbeits⸗ prozeß eingeschaltet werden. Die Frage der Finanzierung sei darum die bei weitem wichtigere. Außergewöhnliche Zeiten er⸗ forderten außergewöhnliche Mittel. Die Reichsregierung versuche eine Baufinanzierung mit Wechseln. Dieses Programm ist aber bei einem Normalbauetat von 3 Milliarden kein Programm mehr. Wir müssen in der Kreditbeschaffung neue Wege gehen. Man kann sich dabei durchaus an die Kriegsfinanzierung durch Dar⸗ lehnskassenscheine halten. Wichtig ist nur die Konsolidierung und

die unbedingte Unterbindung jeder Inflation. In dem Augen⸗

blick, in dem Reich, Länder und Gemeinden in die Lage versetzt

werden, ihre notwendigen Bauaufgaben zu erfüllen, tritt auto⸗

matisch eine fühlbare Entlastung des. Arbeitsmarktes ein. Mit demselben Augenblick erledigen sich die ganzen Sorgen um den

Zusammenbruch der Sozialversicherung. Andererseits kann man

mit Anleihen alten Stils nicht auskommen. Man wird in der öffentlichen Arbeitsbeschaffung ähnliche Wege gehen missen, die in der privaten Bauwirtschaft mit Erfolg durch die Bausparkassen beschritten sind. Es nützt nichts, mit Palligtivmitteln helfen zu wollen, man muß endlich einmal den Mut haben, auf grundsätz⸗ lich neuen Wegen an das Problem heranzugehen.

Abg. Rüffer (D. Nat) meint, daß durch die verschiedenen

Notverordnungen der Regierung Brüning, die die Sozialdemo⸗

kraten tolerierten, die UÜnterstützungssätze gekürzt seien. Die Deutschnationalen lehnten auch die Kürzungen der Renten usw. in der Reichsnotverordnung vom 14. Juni ab, sie begrüßten aber, daß die jetzige Reichsregierung hohe Summen für die Arbeits⸗ beschaffung bereitstellen wolle. Die Ursachen der Arbeitslosigkeit seien in der falschen Wirtschaftspolitik der letzten 13 Jahre zu suchen. Durch Einführung der 40⸗Stunden⸗Woche könne man allerdings nicht der Arbeitsbeschaffung dienen, wie schon vor 7 Jahren Sachverständige festgestellt hätten. Arheit könne man nur beschaffen durch Wiedergesundung der Wirtschaft und Schaffung der Freiheit nach außen. (Beifall bei den Deutsch⸗ nationalen.)

Die Abstimmungen über die Arbeitsbeschaffung werden

auf Freitag vertagt.

Es folgt die Debatte über den kommunistischen Antrag auf Aufhebung der Kürzungen der Wohl⸗—

fahrts- und sonstigen Unterstützungen.

Abg. Hedwig Wachenheim (Soz) erklärt, daß ihre Frak⸗ tion dem kommunistischen Antrag nicht zustimmen könne; er würde auf dem Papier stehen bleiben, da die preußische Regierung Mittel dafür nicht zur Verfügung hat. Selbst die 2 regierung, die ja der preußischen Regierung noch unfreundlicher gegenüberstehe als die Kommunisten, hätte das anerkannt, indem sie den Gemeinden besondere Mittel für die Wohlfahrtspflege be⸗ willigt habe. Die Sozialdemokraten hätten einen Antrag ein— gebracht, der durchführbar sei und auch vom Hauptausschuß an⸗ genommen worden sei. Bei der Stellungnahme zur Fürsorge müßten die Sozialdemokraten sich gegen die Notverordnung der Regierung Papen wenden, jener Regierung, die nach Abmachungen mit Hitler und seiner Partei ihr Amt angetreten habe. (Lachen bei den Nationalsozialisten, Diese neue Notverordnung kürze alle Unterstützungssätze in nicht mehr erträglicher Weise. Die Sozialdemokraten verlangten Rückgängigmachung dieser Kür⸗ zungen, insbesondere auch der Senkung des Rechtsanspruchs in der Arbeitslofenunterstützung auf 6 Wochen. Die Regierung Papen, die Hilfsbedürftigen nur nehme, könne auch geben, aller⸗ dings Herrn Flick und Herrn Frick. Sie (zu den Nationalsozia⸗ listen) haben Ihre braune Armee wiederbekommen, deren spiele⸗ rische Uniformen der Not des Volkes Hohn sprechen. Im gleichen Takt mit der Kürzung der Unterstützungen marschiert Ihr braune Armee. Sie können im „Angriff“ nicht rückgängig machen, was Ihre braune Armee überall zeigt, daß Sie und Papen und die Roötverordnung eins sind. (Beifall bei den Sozialdemokrgten; Zurufe bei den Nationalsozialisten, In ihrer weiteren Kritik der Reichsnotverordnung sagt die Rednerin u. a., daß in einzelnen Bezirks⸗Fürsorgeverordnungen „das Maß des Erforderlichen und Angemessenen“ von dem die Reichs verordnung spreche, bereits unterschritten fei. Sie verlangt, 2 eine weitere Kürzung der Unterstützungen vom Reich nicht mehr vorgenommen werde und ersucht auch die preußische Regierung, weitere Kürzungen nicht mehr vorzunehmen, sondern die aus den jetzt geltenden Richt⸗ sätzen entstandenen Härten auszugleichen. Die Sozialdemokraten würden nicht aufhören, für die sozialen Leistungen des Reiches zu kämpfen. Sie würden für diese sozialen Leistungen den Bahl⸗ ng, führen und damit gegen den Faschismus. Beifall bei den Sozialdemokraten.) .

Die Abstimmung wird auch hier auf Freitag zurüctgestellt und es beginnt nunmehr die Aussprache über die kultur⸗— politischen Anträge verschiedener Fraktionen. .

Abg. Kerff (Komm.) begründet die Anträge seiner Fraktion hierzu, die die Aufhebung aller Ausgaben für Kirchenzwecke ber⸗= langen sowie sich gegen das Verbot der kommunistischen Fren, denkerbewegung wenden und die Aufhebung der. Konkordat wünschen. Bei allen Streitigkeiten untereinander seien die Par⸗ teien von den Sozialdemokraten bis ff den Deutschnationalen einig im Kampfe gegen die Arbeiterklasse. (Sehr wahr! bei den Kommunisten.) Das allerchristlichste Zentrum werde sich zu gege⸗ bener Zeit auch dem blutigen Faschismus in die Arme werfen. (Huhu l (Rufe bei den Nationalsozialisten;) Der Kapitalismus habe Kulturbarbarei unter die arbeitenden Massen gebracht. le kapitalistisch faschistische Kulturreaktion werfe aber jetzt die Welt⸗ anschauungsfrage auf „Gott und national“, um damit die hun, gernden Millionen von ihrem wahren Feinde, dem usbeuteri he) Kapitalismus, abzulenken. (Sehr wahr! bei den Kommunisten So komme zu dem Generalangriff auf die Lebenslage der Ange! auf die uke der arbeitenden Klasse, der mit brutaler Ge= walt und Verboken geführt werde. Mit dieser Kulturrealtion wolle man die Voraussetzung für neue Verelendungsmaßnahmen an den Arbeitern schaffen. Das sei die Hauptaufgabe der Papenn= Regierung, die dabei von den Nationalsozialisten unterstützt würde

(Sehr wahr! bei den Kommunisten. Widerspruch und Zurufe bei den Nationalsozialisten Der Redner erörtert dann die deutschnationalen Uranträge zur Kulturdebatte, die deutlich eigten, daß dank der von den Sozialdemokraten geleisteten Hilfs⸗ er nz wir jetzt wieder soweit seien, daß die Volksschulen aber⸗ mals zu den Vorplätzen für die Kasernenhöfe gemacht werden sollten. (Sehr wahr! bei den Kommunisten.)

(Inzwischen ist Kultusminister Grimme mit seinen Beamten auf der Regierungsbank erschienen.)

Abg. Oelze (D. Nat) begründet die deutschnationalen An⸗ träge. Der Redner betont, daß es mit der ruhigen Arbeit in den Schulen seit der Revolution zu Ende sei, weil die Männer der Revolution sich sofort bemüht hätten, die Arbeit in den Schulen arteipolitisch zu beeinflussen oder durch unzweckmäßige und über⸗ . Reformen Au stören. Die deutschnationalen Anträge ver⸗ angen u. a. die Stärkung der Verbindung zwischen Schule und Glaubensgemeinschaften, die Erwirkung eines Reichsschulgesetzes zur Sicherung der christlichen Erziehung, die Pflege des Wehr⸗ willens und des völkisch⸗staatlichen Willens an den Schulen, Her⸗ absetzung des Schulgeldes in höheren Lehranstalten, Senkung der Hochschulgebühren, Auflösung der weltlichen Schulen usw. Der Redner kritisiert die Tätigkeit der weltlichen Schulen, gegen die schwere Vorwürfe insbesondere im Falle Nowawes erhoben wor⸗ den seien, ohne daß das Ministerium ein Wort der Erwiderung auf die entsprechende Anfrage gefunden hätte. Auch der Inbegriff der modernen Schulreform, wie er sich in der Karl⸗Marx⸗Schule in Berlin⸗Neukölln zeige, wo die Schüler in der Prima sich selbst die 2 erteilten, habe zur Beunruhigung des gesamten Schulwesens beigetragen Gesteigert sei die Beunruhigung noch durch den unsittlichen Zwang zur Feier des 11. August. Es werde darüber hinaus auch gerüttelt an den inneren Grundlagen der Schule: Christentum und deutsches Volkstum. (Sehr wahr! bei den Deutschnationalen Der Redner protestiert gegen die religiösen Verunglimpfungen, die sich auch die sozialdemokratischen Freidenkerverbände leisteten. Es sei höchste Zeit, daß durch An⸗ nahme des deutschnationalen Antrages die weltliche Schule, die sogen. Sammelklassen, beseitigt werden. Der Aenderungsantrag aber, den das Zentrum hierzu vorgelegt habe, wolle als kleines Geschenk an die Sozialdemokraten, das die Freundschaft erhalten solle, die weltliche Schule erhalten. Die weltliche Schule verstoße aber gegen die Reichsberfassung. Wenn dem Zentrum wirklich das Christentum und die christliche Kultur das wichtigste Ziel seines Programms seien, wie es in den Zentrumszeitungen dargestellt werde, so sei zu sagen, daß das Zentrum seit 1925 die Möglich⸗ keit gehabt habe, eine tragfähige Regierung mit den Rechts⸗ parteien zu bilden zur Durchführung dieses Zieles. (Sehr wahr! bei den Deutschnationalen und Nationalsozialisten) Die Tat⸗ . aber, daß das Zentrum es vorzog, weiter mit der Sozial⸗ emokratie in Koalition zu bleiben und einen sozialdemokratischen Kultusminister zu dulden, beweise, daß das Zentrum das Christen tum doch nicht als oberstes Ziel vertrete. (Sehr wahr! rechts) Der Redner verweist u. a. noch auf die erhebliche Kürzung an den Staatszuschüssen für die höheren Schulen. Viele Gemeinden würden dadurch gezwungen, ihre höheren Schulen zu schließen und damit bedeutende Kulturfaktoren zu beseitigen. Auch hier verlangten die deutschnationalen Anträge Verhinderung des Kul— turabbaus. Kultusminister Grimme habe einmal erklärt, man solle die Kolonialfrage in den Schulen nur als Problem be— handeln, nicht als eine Tatsachenfrage. Demgegenüber ständen die Deutschnationalen auf dem Standpunkt, daß nicht nur die Kolonialfrage, sondern auch die Kriegsschuldfrage und die Frage des Schandvertrages von Versailles als lebenswichtige Tatfragen in den Schulen zu erörtern seien. (Händeklatschen bei den Deutsch

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nationalen und Nationalsozialisten.

Abg. Dr. Haupt (Nat. Soz) erinnert an das Wort Fried richs des Großen in seinem politischen Testament: „Ich bekam ein Erbe und mußte es erhalten und vermehren.“ So wie bei der Entstehung des preußischen Staates habe auch am Anfang der nationalsozialistischen Bewegung die Tat gestanden. In fünf oder zehn Jahren werde ein ganzer Bund von Gelehrten in Deutsch⸗ land sich auftun und wissenschaftlich beweisen, wie es gerade zu dem nationalsozialistischen Staat habe kommen müssen? Bücher aber seien nicht schöpferische Tat, sondern nur eine Registratur dieser Taten. Die nationassozialistische elementare Volksbewegung stamme aus tiefstem deutschem Volkstum. Erst wenn diese Volks— bewegung die Form des neuen Stagtes geschaffen habe, werde es Zeit sein für die änner der Wissenschaft, diese Tat zu registrieren. Auch die deutsche Jugendbewegung habe angefangen in den Kreisen von Sekundanern und Tertignern, die Führereigenschaften besessen hätten. Die erste große Blütezeit des deutschen Geisteslebens sei im dreizehnten Jahrhundert im Kreise des Landadels entstanden, der weder lesen noch schreiben konnte, der aber Manneszucht be⸗ wiesen habe. Der Nartionalsozialismus habe mit liberalistischem Geiste nichts zu schaffen, er fei mit dem Worte Begeisterung ver⸗ wandt. Zehn Jahre lang hätten die Nationalsozialisten Opfer für die Freiheit des deutschen Volkes gebracht. Am Ende des bürger— lichen Liberalismus stehe die nihilistische und kommunistische Be⸗ wegung, wie man sie heute vor sich habe. Das deutsche Volk, dessen Geschichte germanisch bestimmt sei, habe keine Veranlassung, sich beeinflussen zu lassen von Rußland, dessen Bevölkerung so wenig Hie und gestaltungsfähig sei, daß ihm die Verneinung aller bölkischen Werte von vornherein im Blute lag. Der bürgerliche Liberalismus wie der Liberalismus überhaupt, kenne nur zwei leitende Ideen: Die Internationale und den Klassenkampf. Auch die Deutsche Volkspartei sei klassenkämpferisch, wenn sie auch dem bürgerlichen Temperament entsprechend dies mit unbeschränkter Lon kurrenz umschreibe. Die von ihnen gewollte En dnn zum Weltbürgertum sei dasselbe, was man auf der marxistischen Seite unter „Internationale“ verstehe. Mit dem Aufklaärungslibe⸗ ralismus eng verbunden sei die Zerstörung jeder natürlichen Ge⸗ meinschaft des Staates, des Volkes und der Familie. Dlese Art der Befreiung von der natürlichen Gemeinschaft mache auch nicht halt vor der größten Gemeinschaft des Volkes. Der liberale Mensch wolle nicht, daß der Staat etwas Verpflichtendes sei, des⸗ halb drücke er ihn an die Wand, zersplittere ihn und löse ihn unter die Parteien auf. Was in der Weimarer Republik in den letzten Jahren an Kulturpolitik getrieben wurde, ist nichts als eine ʒJortsetzung privater Geschäfte mit kulturpolitischen Mitteln ge⸗ wesen. Es war keine leitende Idee vorhanden, kein Glaube, für den man kämpft, sondern man war auf die Verteilung einer An⸗ zahl gut besoldeter Stellungen bedacht. Die deutsche Kultur wird erst dann wieder lebendig werden, wenn ihr der Nationalsozia—⸗ lismus als eine wahre Volksbewegung wieder einen einheitlichen Glauben und Willen geben kann. Das Theater hat an sich die Aufgabe, Zielbilder völkischer Sehnsucht vor dem Beschauer auf⸗ eigen es soll die Werte des Volkstums verbreiten helfen. Die iberale Bühne aber ist ein Zweiggeschäft des allgemeinen jüdischen Geschäfts. Da hinter diesem Geschäft kein Glauben und keine völkische Idee mehr stand, so blieb nur noch übrig der Rückfall in eine formale Technik, in die Kunst der Bühnendekoration; die Technik der Bühne ist das einzige gewesen, was man an Sensation im Theater des letzten Jahrzehnts hat sehen können. Der Film beschränkt sich vielfach darauf, dem Proletarier das Bild des Glanzes eines vergehenden kapitalistischen Zeitalters vorzuführen. Das Radio unterliegt der Parteipolitik, es t eine Propaganda⸗ entrale für jüdisch-bolschewistische Jazzmusik und jüdische Ge⸗ . geworden. Die Malerei von heute beugt sich dem Diktat remdrassiger Händler. Was die Baukunst anlangt, so lehnen wir nicht an sich die moderne Architektur ab, wir meinen aber, daß das deutsche Volk es sich verbitten wird, daß neben seine alten geschichtlich gewordenen Kulturbauten und Wohnhäuser marok⸗ kanische Wüstenkasernen aufgebaut werden. Das Zentrum ist

nistische Fraktion hat ihm gewissermaßen als eine Sekte von Wiedertäufern (Heiterkeit rechts) ein Angebot gemacht, das damit endete, daß das Zentrum mit dem Moskauer Bolschewismus über den gemeinsamen Kampf gegen die deutsche Freiheitsbewegung verhandeln wollte. Das Zentrum ist schuldig an der Zerreißung des deutschen Lebens in den letzten Jahrzehnten, es hat sich dem liberalen Irrtum hingegeben, man könnte mit dem internatio⸗ nalen Marxismus Wirtschafts⸗ und Staatspolitik machen und gleichzeitig auch eine irgendwie positive Kulturpolitik betreiben. Es sind in den letzten Jahren Zenirumsführer zur Geltung ge⸗ kommen wie Wirth und Erzberger, die sehr viel mehr Aehnlichkeit haben mit Rathenau und dem ungläubigen Stresemann .... (Erregter Widerspruch der volksparteilichen Abgeordneten Stendel und Schwarzhaupt. Große Unruhe.) Der Redner verlangt den Aufbau der deutschen Volksschule nach völkischen Ideen und be⸗ mängelt im einzelnen die Lehrpläne der humanistischen Gym⸗ nasien, der Realgymnasien und der Oberrealschulen. Die Kultur eines Volkes könne niemals als ein isolierendes Phänomen be⸗ trachtet werden, sie sei niemals abzulösen von dem, was das Volk zu essen und zu trinken habe, wie es wohne und arbeite. Eine kulturpolitische Debatte könne nicht auf einen Isolierschemel gesetzt werden. Der Nationalsozialismus werde die Grundlagen deutscher Kultur⸗ und Bildungsarbeit neu aufrichten. Der Redner kritisiert weiter, daß an den Berliner Theatern 50 bis 60 vH der Schau⸗ spieler Ausländer seien. Der sogenannte paritätische Stellennach⸗ weis sei in Wirklichkeit ein Eingang zum Ghetto mit einem Ver⸗ bot für deutsche Schauspieler. Die Nationalsozalisten erwarteten weder eine wirtschaftliche noch eine kulturelle Erneuerung des deutschen Volkes durch parlamentarische Anträge, eine solche könne nur zustande kommen, wenn das Fundament von Grund auf er⸗ neuert werden. Eine deutsche Kulturpolitik könne nicht betrieben werden von Fraktionen liberalen Charakters, sondern aus völ⸗ kischen und deutschen Ideen heraus. (Beifall und Händeklatschen bei den Nationalsozialisten.)

Abg. Stendel (D. Vp.): Der Abg. Haupt hat soeben in seinen Ausführungen von dem „ungläubigen Dr. Stresemann“ gesprochen. Ich bin der Meinung, daß ein solches Werturteil über einen Menschen nur jemand abgeben kann, der den Mann auch gekannt hat. Ich stelle fest, daß Dr. Haupt niemals Stresemanns Schriften gelesen . kann, wenn er diese Behauptung aufstellt. Wir lehnen es ab, uns auf das tiefe Niveau eines Dr. Haupt herunterzulassen. (Große Unruhe und erregte Zwischenrufe bei den Nationalsozialisten. Es ist eine Geschmacklosigkeit sonder⸗ gleichen, von einem solchen Manne in dieser Art zu sprechen.

Darauf werden die Verhandlungen auf Freitag, 11 Uhr, vertagt. Auf die Tagesordnung wird noch der national⸗ sozialistische Antrag, den 28. Juni zu einem völkischen Trauer⸗ tag zu erklären, gesetzt.

Schluß nach 18 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Der bei der endgültigen Wahl des Präsidiums des Preußischen Landtags zum zweiten Vizepräsidenten gewählte Zentrums⸗ abgeordnete Baumhof f, der sich die Annahme der Wahl vor⸗ behalten hatte, hat nunmehr dem Landtagspräsidenten Kerrl mit geteilt, daß er sich entschlossen habe, die Wahl zum zweiten Vize⸗ präsidenten anzunehmen.

Der Aeltestenrat des Preußischen Landtags beschloß vor der nach 11 Uhr begonnenen Plenarsitzung, in der heutigen Sitzung

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noch die ganze umfangreiche Tagesordnung abzuwickeln, die für den jetzigen Sitzungsabschnitt vorgesehen war. Das Haus wird also außen der Verabschiedung der politischen Amnestie und anderen wichtigen Abstimmungen vor allem die Kulturdebatte be⸗

enden, ferner den Antrag auf Erklärung des 28. Juni (Unter⸗ zeichnung des Versailler Friedensdiktats) zum Trauertag erledigen sowie üben wesentliche Beschlüsse des Hauptausschusses in politischer und finanzie ler Hinsicht und über Anträge des Land⸗ wirtschaftsausschusses und des Siedlungsausschusses beraten. Die Erledigung dieser Tagesordnung macht es erforderlich, daß das Haus heute abermals eine Nachtsitzung abhält. Der nächste Plenarsitzungsabschnitt soll am 6. Juli beginnen und bis 9. Juli dauern. Hauptgegenstand dieser Tagungsperiode wird die erste Lesung des Haushaltsplans für 1932 sein. Die Rechtsparteien meinten, daß die Etatberatungen vor den Reichstagswahlen un⸗ zweckmäßig seien. Mit den Stimmen der Regierungsparteien und Kommunisten wurde jedoch der erwähnte Beschluß für den Tagungsabschnitt vom 6. Juli gefaßt, wobei die Kommunisten erklärten, daß sie zwar den Etat ablehnen würden, aben für die Beratung seien, um festzustellen, wie die Nationalsozialisten sich in sachlicher Hinsicht zu dem Etat einstellten.

Nummer 25 des Reichsgesundheitsblatts cheraus⸗ gegeben vom Reichsgesundheitsamt) vom 22. Juni 1932 hat fol⸗ genden Inhalt: Fortlaufende Meldungen über die gemein⸗ gefährlichen Krankheiten im In und Auslande. Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich) Preisänderungen in der Deutschen Ärznei⸗ taxe. (Preußen.) Straßen- und Hausierhandel mit Arznei⸗ und Geheimmittel. (Belgien. Einfuhr von Vieh über den Hafen von Zeebrügge. Tierseuchen in den Niederlanden 1930. Arbeiten aus dem Reichsgesundheitsamte. Vermischtes. (Deut⸗ sches Reich. , , Neugeborener. Studierende der Medizin, Zahnheilkunde, Tierheilkunde und Pharmazie. Heft ankündigung des Reichsmilchausschusses über Milch und ihren Verbrauch. Die deutschen Heilanstalten in der Nachkriegszeit. (Vereinigte Stagten von Amerika.) Schädigungen durch Radithor. Aerzte⸗Rundfunk. Geschenkliste. Monatsbericht über die natürliche Bewegung der Bevölkerung in deutschen und auslän⸗ dischen Gemeinden. März 1982. Wochentabelle über Ehe⸗ er nen, Geburten und Sterbefälle in den deutschen Groß⸗ tädten mit 100 000 und mehr Einwohnern. Geburts- und Sterblichkeitsverhältnisse in einigen größeren Städten des Aus⸗ landes. Erkrankungen und Sterbefälle an übertragbaren Krank⸗ heiten in deutschen Landern. Witterung im Mai 1932.

Handel und Gewerbe. Berlin, den 24. Juni 1932.

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts im Ruhrrebier: Am 23. Juni 19352: Gestellt 14175 Wagen.

Die EFlektrolytkupsernotierung der Vereinigung für deutsche Elektrolytkupfernotiz stellte sich laut Berliner Meldung des 1 am 24. Juni auf 5,00 (am 23. Juni 5ᷣl, 0 M ) ür g.

Nach dem Bericht des Vorstandes der Reiniger, Gebbert & Schall A,⸗G, Er langen, über das Ge— chäftssahr vom 1. März 1931 bis 29 Februar 1932 war die Ge⸗ ellschaft genötigt, in erweitertem Umfange Kurzarbeit einzu⸗ ühren, konnte aber bis zum Schluß des Geschäftsjahres ihre Be⸗ legschaft im ganzen auf der ungefähren Höhe des Vorjahres halten. Die verminderte Kaufkraft der privaten Abnehmer und die Kürzung der Ausgaben für medizinische Zwecke bei den

vollkommen zu einer liberalen Partei geworden. Die kommu⸗

KLrankenkassen, kommunglen und staatlichen Behörden im In⸗ und Auslande führten zu einem Rückgang der Bestellungen und des

Umsatzes. Es verbleibt ein Rohüberschuß von 114 855 RM, hier⸗ u tritt ein Vortrag vom Vorjahr von 259 127 Ri, zu⸗ 6 373 989 RM. Dagegen erfordern Abschreibungen auf Gebäude 56 891 RM, soziale Leistungen 28 263 RM, Zu⸗ weisung an die gesetzliche Rücklage 10 000 RM, Zuweisung an den Dispositions fonds 10 000 RM. Als Vortrag auf neue bleiben 84 826 RM.

Nach dem Geschäftbericht der Schlesischen Port land Zement ⸗Industrie, Akttiengesellschaft, Oppeln, für das Jahr 1931 betrug der Absatzrückgang mengen⸗ mäßig etwa 25 * und wertmäßig etwa 33 . Im Jahre 1931 wirkte sich zum erstenmal der Interessengemeinschaftsverirag mit Adler und Prüssing aus. Derselbe führt zu einer Ausgleichs⸗ zahlung von 113 790 RM an die Partner. Es bleibt ein Berlust von 495 405 RM, der sich durch den vorjährigen Gewinnvortrag um 255015 RM auf 240 390 RM. vermindert. Die Sächsisch⸗Thüringische Portland⸗Cement⸗Fa⸗ brit w,, n. & Co. Aktien⸗Gesellschaft, Gosch⸗ witz (Saale), erzielte nach ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1931 ohne Berücksichtigung der Abschreibungen einen Ueber— schuß von 58 223 RM. Derselbe erhöht sich durch die Ausgleichs- zahlung auf Grund des Interessengemeinschaftsvertrages um A253 RM auf insgesamt 129 476 RM. Bei der „ÄAdler“ Deutsche Por eland⸗Cement⸗Fabrik A⸗G. Berlin, betrug nach dem Geschäftsbericht für das Jahr 1931 ohne Berück⸗— ichtigung der Abschreibungen der Ueberschuß 67 864 RM. Dieses Ergebnis erhöht ich durch die Ausgleichszahlung auf Grund des Interessengemeinschaftsvertrages um 42 557 RM auf insgesamt 110 402 RM.

In Berlin festgestellte Notierungen für telegraphische Auszahlung, ausländische Geldsorten und Banknoten,

Telegraphische Auszahlung.

24. Juni 23. Juni Geld Brief Geld Brief Buenos ⸗Aires. 1 Pax.⸗Pes. 0948 O, 52 0,948 0,952

Canada.... 1 kanad. * 3,646 3, 654 3,536 3, 644 Istanbul .... 1 türk. Pfund 2,018 2,022 2.018 2022 Japan ..... 1 Jen 1,199 1,201 1.199 1,2901 Kairo ..... 1 agypt. Pfd. 15,59 15.63 15,63 15767 London ..... 18 15,20 15.24 16 157 New k 4,209 4,217 4209 45217 Nio de Janeiro 1 Milreis 9325 0,327 9.325 C0, 327 Uruguay .... 1 Goldpeso 14778 1,782 1l,õz78 1,782 Amsterdam⸗

Rotterdam 1090 Gulden 170,23 170,57 170,233 179,57

Athen ..... 100 Drachm. 2,747 2753 2,747 2.753 Brüssel u. Ant⸗

werpen ... 100 Belga o8, 56 58, 68 58, 54 58,66 Bucarest . . .. 100 Lei 6le . 2,518 2,524 Budapest ... 100 Pengö Danzig. .. 100 Gulden 83 37 8253 82,27 82,43

Delsingfors .. 100 FImk. 7To43 70h? 70b3 7,067 Italien l00 Lire 6 . 21,45 21,50 Jugoslawien. . 100 Dinar 6,793 6. 807 6,843 6, 857 Kaunas, Kowno 100 Litas 42,901 42, 09 42,01 42,09 Ropenhagen. . 100 Kr. S277 82,93 S3 02 85, 18 Lissabon und

6. Oporto . 100 Escudos 13,784 13,86 13.39 13,91 3 100 Kr. 7483 74,97 75,02 7b, 18

Paris ..... 100 Frs. 16,5 16,59 16,55 16,59 Prag... ... 100 12,465 12,485 12, 465 12,485 Reykjavik

(Island) .. 100 isl. Kr. 68, 43 68,57 68, 433 68,57 Riga ...... 100 Latts 79,2 79 88 79,2 79, 88 Schweiz.... 100 Frs. ol, 99 82, 98 81,93 8209 Sofia.. .... IH gewa 3057 J 563 3.637 J 5663 Spanien .... 100 Peseten 34,67 34,73 34,857 34.73 Stockholm und

Gothenburg. 100 Kr. 77,97 78, 13 78,2 78. 28

Tallinn (Reval, Estland). .. 100 estn. Kr. 199,9 199,61 10939 109,61 Wien. ..... 100 Schilling! 51,95 52, 0 bl. 99 52, 065

Ausländische Geldsorten und Banknoten.

24. Juni 23. Juni Geld Brief Geld Brief

Sovereigns .. Notiz 20,8Rð 20,46 20338 20 46 20 Fres.⸗ Stücke für 1616 16,22 16,16 16,22 Gold⸗Dollars .] 1 Stück 4,185 4,205 4 18895 4,205 Amerikanische:

10650 - 5 Doll. 13 420 c22 420 422 2 und 1 Doll. 18 4.20 422 4.20 4,22 Argentinische . 1 Pap.⸗Peso 0, S4 0, SK O0, . 0 86 Brasilignische . 1 Milreis 0.275 C295 0.27 0,29 Canadische ... 1 kanad. 3, 62 3, 64 3,61 3, 63 Englische: große 1 15, 18 15,22 165, 19 15,25 12 u. darunter 18 15, l85 15,22 15.19 15, 25 Türkische . . . . J türk. Pfund 1,99 2, 01 1,99 2, 01

Belgische. . 100 Belga bs, 40 58,64 58,3 58,62 Bulgarische Dänische .. Danziger .. Estnische ..

ob Kr. 8758 8979 8983 83 160 Gulden Zi 833 8353 83a slöß esn. Kr. 18553 18525 156,13 18535

. 9

innische . . 100 Fmk. 6,98 702 6,99 7,03

ranzösische 100 Frs. 1651 16,57 16,1 16.57

olländische .. 100 Gulden 169,36 170,54 169, 86 170,54 Italienische: gr. 100 Lire 216 6g 21,54 21,62

100 Lire u. dar. 100 Lire 21,54 21,62 21,54 21, 63 Jugollawische . 1060 Dinar 6,68 6, 72 6, 73 6,77 Lettländische . . 100 Lats Litauische ... 100 Litas 41,7? 41.88 41,72 41, 88 Vorwegische .. 100 Kr. 7465 74,95 74,89 7b, 15 Oesterreich. gr. 100 Schilling

1008ch. u. dar. 100 Schilling Rumänische:

1000 Lei und

neue 500 Lei 100 Lei 2,49 2.51 2.49 2,51

unter 500 Lei 100 Lei 2,46 2.48 2, 4s 2, 48 Schwedische .. 100 Kr. R 811 77,99 178,26 Schweizer: gr. 100 Frs. 8l, 4 82, 06 81,75 82,07

100 Frs. u. dar. 100 Frs. 8l,A 4 S2 06 Sl, 5 S2 07 Spanhsche rat. 1H Feseten 34653 3667 3463 zr! Tschecho low.

h000 u. 1000 K. 100 Ke 1 . 12.41 12,47

00 Kr. u. dar. 100 1847 12,53 1

Ungarische . .. 100 Peng ) nur abgestempelte Stücke.

O st devi fe n. Auszahlungen.

Warschau ... 100 31. 47,19 47,30 47,19 47.30 Posen .... 100 31. 4710 47,30 47,l0 47,30 Kattowitz ... 10031. 47, 1l9 47, 30 47, l0 47,30

Notennotierungen.

Polnische = ] 100 3li. 1 1690 730 ] 4695 4738