1935 / 26 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Jan 1935 18:00:01 GMT) scan diff

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Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 26 vom 31. Januar 1935.

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Im Interesse der Klarheit und Sicherheit des Rechts⸗ verkehrs bejaht die Vorschrift des 8 3 . 3 die bisher sehr bestrittene Frage, ob Satzungen zu ihrer Rechtsgültigkeit öffentlicher Bekanntmachung bedürfen. Sie regelt zugleich den Tag des Inkrafttretens der Satzungen; danach gilt, daß eine Satzung am Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft fritt, wenn die Satzung nicht selbst einen anderen Zeit⸗ punkt bestimmt. Im Zusammenhang hiermit wird auch die bisher nicht einheitlich beantwortete Frage, ob eine Satzung sich rückwirkende Kraft beilegen kann, dahin geregelt, daß eine solche Rückwirkung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zulässig ist. Die besondere Genehmigung der Aufsichtsbehörde entspricht in diesem Falle dem Bedürfnis, unbillige Be⸗ schwerungen der betroffenen Kreise durch rückwirkende Vor⸗ schriften möglichst zu beschränken.

Die vorerwähnten Grundsätze gelten auch für die Aende⸗ rung von Satzungen und entsprechend auch für die Aufhebung von Satzungen, ohne daß es insoweit im Gesetz besonderer Erwähnung bedarf.

Eine besondere Stellung unter den Satzungen nimmt die Hauptsatzung G6 3 Abs. 2) ein. Die Hauptsatzung ist das Ver⸗ fassungsstatüt der Gemeinde, das sie selbst feststellt. Dabei sind die Gegenstände, die in der Hauptsatzung zu regeln sind, in der Gemeindeordnung selbst abschließend bestimmt. Im einzelnen ist danach der Hauptsatzung zugewiesen:

1. die Bewilligung angemessener Aufwandsentschädigungen an ehrenamtlich tätige Bürgermeister, Beigeordnete und Kassenverwalter sowie die Festsetzung von Durchschnitts⸗ sätzen für die Entschädigung anderer ehrenamtlich tätiger Bürger (58 27), .

die Regelung der Frage, ob und welche Ehrenbezeich⸗ nungen solchen Bürgern verliehen werden können, die mindestens 20 Jahre ein Ehrenamt ohne Tadel verwaltet haben (8 28), ;

3. die Bestimmung der Zahl der Beigeordneten (6 34),

4. die Regelung der Haupt- oder Ehrenamtlichkeit von Stellen der Bürgermeister und Beigeordneten G 39),

die Vorbildung für hauptamtliche Bürgermeister und

Beigeordnete in Stadtkreisen (6 40,

y5. die Wiederberufung hauptamtlicher Bürgermeister und Beigeordneten auf Lebenszeit (5 44),

die Regelung der Frage, ob der Bürgermeister, die Bei⸗ geordneten und die Gemeinderäte bei feierlichen Anlässen eine Amtstracht oder ein Amtszeichen tragen G 47),

die Bestimmung der Zahl der Gemeinderäte G 49),

die Bestellung von Beiräten für bestimmte Verwaltungs⸗ zweige 58).

Bei der Bedeutung dieser Satzung für das gesamte Ge⸗ meindeleben ist sie gegenüber den sonstigen Satzungen insofern hervorgehoben, als sie nur mit Zustimmung des Beauftragten der NSDAP. erlassen werden kann (6 33) und der Genehmi⸗ gung der Aufsichtsbehörde bedarf. .

Zu § 4: Wie bereits im allgemeinen Teil der Begrün⸗ dung hervorgehoben worden ist, steht die Frage der terri— torialen Gliederung der Gemeinden als der untersten Ver⸗ waltungseinheit zur Zeit im Mittelpunkt lebhafter Erörte— rungen. Es ist deshalb geboten, in der Deutschen Gemeinde⸗ ordnung wenigstens in einem Grundsatz zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Das geschieht in § 4.

1. Der 5 1 bezeichnet es als allgemeine Aufgabe der Ge⸗ meinde, die in der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat zusammenzufassen. Diese Aufgabe kann die Gemeinde nur erfüllen, wenn ihr Gebiet so be⸗ messen ist, daß die örtliche Verbundenheit der Einwohner gewahrt bleibt. Diesem Grundsatz würde es wider— sprechen, Gemeinden zu schaffen, die nach ihrem Ge— bietsumfang diese Voraussetzung nicht mehr erfüllen.

„Die Gemeinde kann den ihr in § 2 übertragenen Auf⸗ gaben nur gerecht werden, wenn sie über eine aus⸗ reichende Leistungsfähigkeit verfügt. Soweit dies nicht der Fall ist, muß die Möglichkeit gegeben sein, durch Bildung engerer Gemeindeverbände und durch sonstige Gemeinschaftseinrichtungen die Erfüllung der öffent⸗ lichen Aufgaben auch für solche Gemeinden sicherzu⸗ stellen. Diese Möglichkeiten eröffnet die Vorschrift des § 120.

Die Durchführung der Grenzänderungen bei Ge— meinden ist im übrigen in den §8§ 13 ff. im einzelnen geregelt. ;

3u § 5:

.Die Gemeindeordnung geht von dem Grundsatz der Einwohnergemeinde aus. Wer in der Gemeinde wohnt, unterliegt danach als Einwohner der Herrschaftsgewalt der Gemeinde (vgl. z. B. 8s§8 17, 18). Dabei legt das Ge⸗ setz den öffentlich⸗rechtlichen Wohnsitzbegriff zugrunde.

Eine besondere Stellung unter den Einwohnern nehmen die Bürger ein. Bürger sind, wie sich aus 5 19 der Gemeindeordnung ergibt, die deutschen Staats⸗ bürger, die das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens einem Jahr in der Gemeinde wohnen und die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen.

Das Gesetz hält an dieser schon früher gebräuch⸗ lichen Trennung zwischen Einwohnern und Bürgern auch nach Fortfall der öffentlichen Wahlen deshalb fest, weil die Bekleidung gemeindlicher Ehrenämter nicht jedem Einwohner, sondern nur solchen Persönlichkeiten ö kann, die die besonderen Voraussetzungen des

ürgers erfüllen. Im übrigen wird auf die Begrün⸗ dung zu 5 19 Bezug genommen.

Es ist ein cherer er f . Merkmal gemeindlicher Selbstverwaltung, daß in ihr der ehrenamtlichen Mit⸗ wirkung der Bürger in weitem J,, Raum gegeben ist. Die Gemeindeordnung ist in zahlreichen Vorschriften bemüht, das . Element in der Selbstver⸗ waltung nicht nur zu erhalten, . nach Möglich⸗ keit auszubauen. Diesem Bestreben entspricht auf der anderen Seite die Verpflichtung des Bürgers, sich zur Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeit jederzeit zur Ver⸗ fügung zu stellen und ehrenamtliche Tätigkeit als un⸗ eigennützigen Dienst an ee ,,,. zu betrachten 6 5 i 9. 9

u z 6: Der 6 gibt in wenigem Sätzen eine zusammen⸗

6 e Darstellung des Aufbaues den neuen Gemeindever⸗

affung, wie sie in dem Fünften Teil der Gemeindeordnung eregelt ist. Auf die Begründung zu den einzelnen Vor⸗ en dieses Teiles wird Bezug genommen.

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Zu § 7: Auf die besondere Bedeutung einer geordneten und gesunden Finanzwirtschaft der Gemeinden ist bereits in dem allgemeinen Teil der Begründung hingewiesen. Der F 7 bringt in grundsätzlicher Form die den Gemeinden auf diesem Gebiet obliegenden Pflichten zum Ausdruck und be⸗ zeichnet die Gesunderhaltung der Gemeindefinanzen unter Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Kräfte der Abgabe⸗ pflichtigen als oberstes Ziel gemeindlicher Wirtschaftsführung. Die Vorschriften, die im einzelnen diese Zielsetzung sichern, enthält der Sechste Teil der Gemeindeordnung, auf dessen Begründung Bezug genommen wird.

Zu 88:

Die Vorschrift des 58 Abs. 1 hat im Zuge des Neuauf⸗ baues des Reiches grundlegende Bedeutung. Während die Aufsicht über die Gemeinden bisher ausschließlich Aufgabe der Länder war, überführt die Gemeindeordnung diese Aufsicht nunmehr auf das Reich und zieht damit die Folgerungen aus der reichsrechtlichen Regelung des Gemeinderechts. Das schließt selbstverständlich nicht aus, daß der Reichsminister des Innern im Wege der Durch⸗ führungsverordnung für eine Uebergangszeit Aufsichts⸗ befugnisse bei den Zentralbehörden der Länder beläßt; auch in diesem Falle wird jedoch das Reich die großen Richtlinien für die Handhabung der Aufsicht geben.

„Im nationalsozialistischen Staate ist für eine Betrach⸗ tung des Verhältnisses von Staat und Gemeinde, wie sie den liberalistiscAhen und parlamentarischen Staat be⸗ herrschte, kein Raum (vgl. den allg. Teil der Begrün⸗ dung). Die Aufsicht des Staates kann deshalb ihre Auf⸗ gabe nicht mehr allein darin erblicken, die Innehaltung der der Selbstverwaltung gezogenen Schranken zu über⸗ wachen; sie muß sich darüber hinaus als vornehme Pflicht angelegen sein lassen, die Gemeinden in ihren Rechten zu schuͤtzen und die gemeindliche Selbstverwaltung nach Kräften zu fördern. Diese Grundgedanken bringt 5 8 Abs. 2 zum Ausdruck.

Zum Zweiten Teil.

Benennung und Hoheitszeichen der Gemeinden.

Zu g 9: Die Deutsche Gemeindeordnung schafft einheit⸗ liches Recht für alle deutschen Gemeinden. Damit verläßt sie den in zahlreichen Ländern bestehenden Zustand der Sonder⸗ regelung der Verfassungsverhältnisse für einzelne Gemeinde⸗ arten (vgl. die früheren Städte⸗ und Landgemeindeordnungen). Diesen Sonderregelungen liegen weitgehend historische Ge⸗ gebenheiten zugrunde, für die eine sachliche Begründung im Laufe der Entwicklung immer mehr verlorengegangen ist. Die durch die Gemeindeordnung herbeigeführte Vereinheit⸗ lichung des Verfassungsstandes schließt im übrigen nicht aus, daß Einzelfragen der Gemeindeverfassung für Gemeinden be—

stimmter Größe (vgl. z. B. 5 39) und besonderer Bedeutung

wie etwa die Stadtkreise (ogl. 5 40) besonders geregelt werden.

Die Gemeindeordnung hat auch den Verfuch des preußi— schen Gemeindeverfassungsgesetzes nicht weiter verfolgt, für bestimmte typische Gemeinden, wie z. B. die Bauerndörfer, verfassungsrechtliche Besonderheiten vorzusehen, da ein zwingendes Bedürfnis für solche Einrichtungen kaum vorliegt.

Bei diesen Ausgangspunkten bleibt für eine Einteilung der Gemeinden nach ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Stellung kein Raum mehr. In 89 sind deshalb lediglich die Bezeichnungen der Geineinden geregelt. Danach führen sie grundfätzlich die Bezeichnung „Gemeinde“. Ausnahmen be— stehen nur nach folgenden Richtungen:

1. Gemeinden, die nach der bisherigen Rechtslage die Be⸗ zeichnung „Stadt“ führten, behalten diese Bezeichnung, gleichgültig, ob sie daneben früher nach einer Städte⸗ ordnung verwaltet wurden oder nicht.

Soweit Gemeinden bisher sonstige besondere Be⸗ zeichnungen führten, wie z. B. Kreisstadt, Bad, Flecken, Markt usw., verbleibt es hierbei. Dagegen fällt die Be⸗ zeichnung „Landgemeinde“, die keine besonde re Be⸗ zeichnung im Sinne des 5 9 Abs. 1 Satz 2 ist, all⸗ gemein fort.

Diesen durch die Gemeindeordnung geschaffenen Zustand kann nicht die einzelne Gemeinde, sondern nur der Reichsstatt⸗ halter ändern, dem diese Zuständigkeit im Interesse mög⸗ lichster Entlastung der Zentralstellen übertragen ist. Der⸗ artige Aenderungen können stets nur nach Anhörung der Ge⸗ meinde ausgesprochen werden und haben sich im Rahmen allgemeiner Richtlinien zu halten, die der Reichsminister des Innern vorschreiben wird.

Nur die durch § 9 bestimmten oder auf seiner Grundlage festgesetzten Bezeichnungen sind für den amtlichen Verkehr maßgebend. Andere Bezeichnungen sind insoweit unzulässig.

Zu § 106: Die Aenderung von Gemeindenamen und die

Bestimmung der Namen neugebildeter Gemeinden galten

bereits bisher als Hoheitsrechte des Staates, wenn auch auf diesem Gebiete der Staat regelmäßig nur dann tätig wurde, wenn die Gemeinde selbst entsprechende Anregungen gab. F 10 behält diesen Zustand bei. Daraus folgt, daß die Ge⸗ meinde im amtlichen Verkehr nur den Namen führen darf, den sie entweder bisher führt oder der ihr durch staatshoheit⸗ lichen Akt verliehen worden ist.

Zuständig zum Ausspruch von Namensänderungen, zur Bestimmung der Namen neugebildeter Gemeinden und zur besonderen Benennung von Gemeindeteilen ist ausschließlich der Reichsstatthalter, der zuvor die beteiligte Gemeinde zu hören hat. Auch hier soll die Zuständigkeit des Reichsstatt⸗ halters die Zentralinstanzen entlasten; dabei wird sich aller⸗ dings im Interesse einer Abstimmung der Gemeindenamen für das ganze Reich nicht vermeiden lassen, in der Aus⸗ führungsanweisung vor Ausspruch von Namensänderungen usw. die Herbeiführung der Stellungnahme des Statistischen Reichsamts vorzusehen. Ebenso wird vorgeschrieben werden, daß sonstige interessierte Dienststellen, wie z. B. Reichsbahn, Reichspost usw., vorher zu hören sind.

Zu § 11:

Die Sonderstellung der Gemeinden als öffentlicher Hoheitsträger kommt auch darin zum Ausdruck, daß sie ein Dienstsiegel führen.

Aus den gleichen Erwägungen sieht 5 11 Abs. 2 die Möglichkeit der Verleihung des Rechts zur Wappen- und Flaggenführung an Gemeinden vor. Dieses Recht ver⸗ leiht nach Anhörung der Gemeinde der Reichsstatthalter,

der auch Wappen und Flaggen ändern kann. Die Zu⸗ ständigkeit des Reichsstatthalters rechtfertigt sich aus den

zu 9, 19 erörterten Gründen, wobei vorbehalten bleibt, auch hinsichtlich der Gemeindewappen im Inter⸗ esse einer guten und einheitlichen Heraldik die Archiv⸗ behörden im Wege der Ausführungsanweisung in diesen Fragen einzuschalten.

Zum Dritten Teil.

Gemeindegebiet.

Zu § 12: ;

§ 12 Abs. J geht bei der Festlegung des Gebietes der einzelnen Gemeinden von dem Zustand aus, der bei Inkrafttreten der Gemeindeordnung besteht. Dabei ist jedoch nicht der tatsächliche, sondern der rechtliche Zu⸗ stand maßgebend. Soweit bei dieser Regelung über die Grenzen einzelner Gemeinden Zweifel offen bleiben oder in Zukunft entstehen, trifft die Aufsichtsbehörde hierüber Entscheidung; diese Entscheidung ist endgültig. In Abkehr von der Regelung in einzelnen Ländern findet demnach in Zukunft ein Verwaltungsstreitverfahren über diese Fragen unmittelbar oder im Anschluß an die Entscheidung der Aufsichtsbehörde nicht mehr statt, da die Aufsichtsbehörde weit eher in der Lage ist, bei der⸗ artigen Streitigkeiten auf einen gütlichen Ausglei hinzuwirken. Damit läßt sich in vielen Fällen eine au praktisch zweckmäßige Löfung erreichen, die bei rein recht⸗ licher Entscheidung nicht immer, gewährleistet ist. Im übrigen wird das Verfahren für die Entscheidung der⸗ artiger Grenzstreitigkeiten in der Ausführungsanweisung näher geregelt werden.

„512 Abs. 2 stellt grundsätzlich fest, daß jedes Grund⸗ stück zu einer Gemeinde gehören soll. Soweit dieser Zustand bisher deshalb noch nicht herbeigeführt ist, weil hier und dort die Eingliederung sogenannter kommunal⸗ freier Grundstücke in Gemeinden aus Versehen usw. noch nicht erfolgte, wird eine allgemeine Bereinigung durchgeführt werden. Abweichend von dieser grund⸗ sätzlichen Regelung läßt jedoch der 5 12 Abs. 2 Satz? die Möglichkeit des Verbleibs von Grundstücken außerhalb des Gemeindegebiets aus besonderen Gründen zu. Diese Ausnahme, für die stets ganz besondere Gesichtspunkte vorliegen müssen, ist in bestimmten Fällen (z. B. große Waldgebiete, Wassergebiete usw.) auch im Interesse der Gemeinden selbst zweckmäßig. Die für die Wahrneh⸗ mung öffentlicher Aufgaben bei solchen Grundstücken not⸗ wendigen Vorschriften erläßt der Reichsminister des Innern gemäß 8 119 Nr. 2 durch Verordnung. Bis zum Erlaß dieser Verordnung wird das bestehende Landesrecht auf Grund der Vorschrift des § 121 aufrecht⸗ erhalten bleiben. ;

Zu § 13: Der § 13 bedeutet einen Schlußschritt in der Entwicklung, die das sogenannte Eingemeindungsrecht im letzten Jahrzehnt genommen hat. Er stellt als obersten Grundsatz die alleinige Maßgeblichkeit des öffentlichen Wohles für die Aenderung von Gemeindegrenzen fest und entzieht damit diese Frage der subjektiven Sphäre der Interessenten. Gemeindegrenzänderungen sind danach nicht mehr von irgend⸗ einer Zustimmung von Gemeinden abhängig, sondern wer⸗ den lediglich durch das übergeordnete . der Allge⸗ meinheit bestimmt. Welche Grundsätze für die staatliche Grenzänderungspolitik im einzelnen und bei einer Neugliede⸗ rung der Gemeinden nach territorialer Größe zur Anwen⸗ dung kommen sollen, ist in 5 4 angedeutet.

Sz 13 bezieht sich auf jede Form der Aenderung des Ge⸗ meindegebiets (zum Beispiel Eingliederung, Zusammen⸗ legung, Auflösung und Neubildung von Gemeinden). Er sieht darüber hinaus auch die Möglichkeit der Erklärung von Gemeinden und Gemeindeteilen zu gemeindefreien Grund⸗ stücken (6 12 Abs. 2) vor, wobei selbstverständlich ist, daß solche Gebietsänderungen ebenso wie die Aufrechterhaltung ge⸗ meindefreier Grundstücke durch ganz ,. Gründe g⸗ rechtfertigt sein müssen.

Zu § 14: .

„Die Aenderung von Gemeindegrenzen erfolgt durch Hoheitsakt des Staates (vgl. 8 15). Es sprechen jedoch Gründe verwaltungsmäßiger Zweckmäßigkeit dafür, bei der Vorbereitung derartiger Grenzänderungen den Ge⸗ meinden zur Klärung der zahlreichen mit einer solchen Maßnahme zusammenhängenden Fragen eine Mit⸗ wirkungsmöglichkeit zu geben. S 14 Abs. 1 läßt demnach Verhandlungen der Gemeinden über die Aenderung ihres Gebiets grundsätzlich zu. Derartige Verhandlungen sind jedoch nur dann sinnvoll, wenn sie nach den all⸗ gemeinen Grundsätzen staatlicher Grenzänderungspolitik irgendwie Aussicht auf spätere Verwirklichung haben. Ist dies nicht der Fall, so führen derartige Verhand⸗ lungen nur zu einer zwecklosen Beunruhigung der be⸗ teiligten Bevölkerung. Aus diesem Grunde verpflichtet § 14 Abs. 1 die Gemeinden, die Absicht ö Verhand⸗ lungen vor ihrer Einleitung der Aufsichtsbehörde recht⸗ zeitig mitzuteilen, die nach 3 14 Abs. 2 in geeigneten Fällen auch die Leitung der Verhandlungen übernehmen kann. Macht sie von dieser Befugnis Gebrauch, so sind den Gemeinden in der Folgezeit Verhandlungen nur noch auf Anberaumung durch die Aufsichtsbehörde hin gestattet.

Das Rechtsinstitut der sog. Eingemeindungsverträge ist in den letzten Jahren lebhaft umstritten gewesen. In der Vergangenheit ist es wiederholt vorgekommen, daß die Bereitwilligkeit von Gemeinden zu einer Grenz— änderung durch weitgehende, wirtschaftlich nicht immer vertretbare Versprechungen der aufnehmenden Ge⸗ meinden erkauft worden ist, deren spätere Durchführung im übrigen sehr oft unterblieb. Das hat in eingeglie⸗ derten Gebietsteilen ö zu Verstimmungen und Verärgerungen geführt, die besser vermieden worden wären. Das preußische Gemeindeverfassungsgesetz hat deshalb den Abschluß derartiger Verträge überhaupt für unzulässig erklärt. S 14 Abs. 3 geht nicht so weit, sieht aber bei Bejahung der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Verträge vor, daß sie nur wirksam werden, wenn sie bei Aenderung des Gemeindegebiets bestätigt werden. Da⸗ mit kann den oben erwähnten Bedenken hinreichend vor⸗ gebeugt werden. Im übrigen wird auch beg] Sorge getragen werden, daß die Durchführung von Zusagen in Eingemeindungsverträgen auch dann . wenn durch die Eingemeindung die Rechtspersönlichkeit einer vertrag⸗ schließenden Gemeinde und damit der Vertragsberech⸗ tigte untergeht. ;

Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 26 vom 31. Januar 1935.

S. 3

Zuständig zum Ausspruch der Bestätigung ist, wie sich aus 5 15 ergibt, der Reichsstatthalter.

Zu 15: ö

JZ 15 stellt zunächst klar, daß Gemeindegrenzänderungen im Einzelfalle entsprechend ihrem Wesen als organisato⸗ rischer Staatshoheitsakte nicht Gegenstand der Gesetz⸗ gebung, sondern der verwaltungsmäßigen Entscheidung sind. Sie spricht der Reichsstatthalter nach Anhörung der Gemeinde und nach näherer Vorschrift der Aus führungs⸗ anweisungen der sonst beteiligten Stellen 6. B. Justiz⸗ verwaltung wegen der Rückwirkung auf die Gerichts⸗ bezirke usw.) aus. Auch hier ist ebenso wie in den Fällen der 5 9 = 11 die Zuständigkeit des Reichsstatthalters aus Gründen möglichster Entlastung der Zentralinstanzen vorgesehen. Es bleibt jedoch vorbehalten, im Wege der Anweisung an die Reichsstatthalter einheitliche Richt⸗ linien zu geben und zugleich folgende Anordnungen zu treffen: . .

a) Die Erledigung geringfügiger Gebietsänderungen läßt entsprechend der bisherigen Praxis eine Ueber⸗ tragung der Zuständigkeit des Reichsstatthalters auf nachgeordnete Behörden zu. ö.

b) Bei Gebietsänderungen von größerer Bedeutung bleibt im Interesse einheitlicher Handhabung eine über den Erlaß von Richtlinien hinausgehende Ein⸗ schaltung der Zentralinstanzen vorbehalten, ö Im übrigen wird zur Klarstellung bemerkt, daß sich

die Zuständigkeit des Reichsstatthalters nach 5 15 nur auf die Aenderung von Gemeinde grenzen bezieht. Hat die Aenderung der Gemeindegrenzen zugleich eine Aende⸗ rung der Grenzen von Landkreisen und Provinzen im Gefolge, so behält es bis zum Erlaß der neuen Ver⸗ fassungsgesetze für die Gemeindeverbände bei den bestehen⸗ den Vorschriften sein Bewenden.

Im Zusammenhang mit der Aenderung des Ge⸗ meindegebiets hat der Reichsstatthalter in jedem Falle auch den Tag ihrer Rechtswirksamkeit zu bestimmen. Des weiteren ist, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht, im Interesse klarer Rechtsverhältnisse vorbehaltlich der späteren Auseinandersetzung (6 15 Abs. Y) die Rechts⸗ nachfolge zu regeln, die reibungslose Ueberleitung des Ortsrechts zu sichern und die neue Verwaltung zu ordnen. Anordnungen der letztgenannten Art sind insbesondere die Anrechnung der Wohndauer in der früheren Wohn⸗ gemeinde zum Erwerb des Bürgerrechts, die Ergänzung ehrenamtlicher Gemeindeorgane, die Beendigung ihrer Amtszeit u. a. m. Dagegen beziehen sich derartige An⸗ ordnungen nicht auf die Rechtsverhältnisse der hauptamt⸗ lichen Gemeindebeamten, die in dem Reichsgesetz vom 30. Juni 1933 (Reichsgesetzbl. 1 S. 433) besonders ge⸗ regelt sind.

Hinsichtlich der Regelung der Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten in 5 15 bedarf nur die Frage der Exrörte—⸗ rung, wem die Bewirkung dieser Auseinandersetzung zu übertragen war. Nach früherem Recht waren insoweit die Verwaltungsbeschlußbehörden und die Verwaltungs⸗ gerichte weitgehend beteiligt. Nach Beseitigung der Be⸗ schlußbehörden in großen Ländern kommt diese Lösung ohnehin in Fortfall. Aber auch eine Uebertragung der Auseinandersetzung auf die Verwaltungsgerichte empfiehlt sich nicht. Die in diesem Verfahren zu entscheidenden Fragen liegen weit weniger auf dem Gebiete der Rechts⸗ findung als vielmehr auf dem des billigen Ausgleichs zwischen den Beteiligten, der viel zweckmäßiger durch eine Verwaltungsbehörde als durch ein Verwaltungs⸗ gericht herbeigeführt werden kann. Dabei ist nicht ver⸗ kannt worden, daß es sich hier für die Gemeinden um oft recht weittragende Fragen namentlich finanzieller Art handelt. Es wird deshalb in der Ausführungsanweisung ein in gewissem Umfang förmliches Verfahren vor der Aufsichtsbehörde vorgeschrieben werden, das den Be⸗ teiligten nicht nur rechtliches Gehör sichert, sondern auch die Möglichkeit einer kontradiktorischen Verhandlung offen läßt.

Die Frage, ob die Auseinandersetzung nicht ebenso wie der Ausspruch der Grenzänderungen dem Reichsstatt⸗ halter zu übertragen sei, hat das Gesetz verneint. Die Auseinandersetzung erfordert möglichste Nähe der ent⸗ scheidenden Behörde zu den Beteiligten, die nur die Auf⸗ sichtsbehörde besitzt.

Die weiter in 5 15 Abs. 2 vorgesehenen Vorschriften sollen der möglichst schnellen Herbeiführung eines klaren Rechtszustandes zwischen den Beteiligten nach Abschluß der Auseinandersetzung dienen. Aus diesem Grunde ist auch der Aufsichtsbehörde, nicht den Gemeinden, die Auf⸗ gabe zugewiesen, die zuständigen Behörden um die Be⸗ richtigung des Grundbuches, des Wasserbuches und anderer öffentlicher Bücher zu ersuchen.

Zu S 16: Es entspricht der Auffassung des Gesetzes über die Rechtsnatur von Grenzänderungen als ausschließlich staatlicher Hoheitsakte, wenn 5 16 die Rechtshandlungen, die aus Anlaß der Aenderung des Gemeindegebiets erforderlich werden, von öffentlichen Abgaben, Stempeln und Gebühren freistellt. Diese Kosten und die weiter in 8 16 Satz 2 ge⸗ nannten den Gemeinden aufzuerlegen, ist bei dem oben ge⸗ nannten Ausgangspunkt sachlich nicht begründet.

Zur Klarstellung wird im übrigen bemerkt, daß Rechts⸗ handlungen im Sinne des §. 16 nicht nur solche sind, die sich unmittelbar aus der Grenzänderung ergeben, sondern au ih die in Durchführung einer Auseinandersetzung gemä

15 Abs. W erforderlich werden.

Zum Vierten Teil.

Einwohner und Bürger.

u 517: 817 regelt die allgemeinen Rechte und Pflichten der Einwohner. Diese Rechte erschöpfen sich anders als bei den Bürgern in der Mitbenutzung der öffentlichen Ein⸗ richtungen der Gemeinde, der es im übrigen überlassen bleibt, in Ermangelung eie gl her Vorschriften Voraussetzungen, Bedingungen und Ärk diefer Benutzung zu regeln. Auf der anderen Seite sind die Einwohner ebenso wie die Bürger verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen. Der Umfang dieser Verpflichtung wird in der Gemeindeordnung selbst nicht ache. geregelt. Bis zum Erlaß eines Reichsgenieinde⸗ abgabengesetzes bleiben insoweit die bestehenden gesetzlichen und ortsrechtlichen nch ftzn maßgebend. ;

Im Rahmen des? 17 Abs. 2 werden den Einwohnern solche Grundbesitzer und Gewerbetreibende gleichgestellt, die

zwar nicht in der Gemeinde wohnen, dafür aber Grundbesitz oder Gewerbebetrieb in der Gemeinde haben. Im übrigen finden nach 5 17 Abs. 3 die für die Einwohner und die außerhalb wohnenden Grundbesitzer und Gewerbetreibenden getroffenen Vorschriften für juristische Personen und ö entsprechende Anwendung. Eine nähere Begründung zu diesen Vorschriften ist nicht er⸗ forderlich.

Zu 8 18: Die Frage, inwieweit die Gemeinde die Ein⸗ wohner zum Anschluß und zur Benutzung bestimmter öffent— licher Einrichtungen zwingen kann, war in den bisherigen Landesgesetzen nicht einheitlich beantwortet. Während ein— zelne Länder die Einführung eines derartigen Zwanges nur durch Polizeiverordnung zuließen, gaben andere, wie z. B. Preußen im ,, Bayern und Thü⸗ ringen, den Gemeinden die Befugnis, im Satzungswege teils einen Anschlußzwang, teils einen Anschluß⸗ und Benutzungs⸗ zwang vorzuschreiben. Dabei waren jedoch weder der Um— fang dieser Zwangsrechte noch ihre Voraussetzungen überein⸗ stimmend geregelt.

Bei der in der Gemeindeordnung zu treffenden Regelung war vorab die Frage zu entscheiden, ob die Einführung des Anschluß⸗ und Benutzungszwanges der Polizei vorzubehalten oder der Gemeinde . zu überlassen . Die Gemeinde⸗ ordnung entscheidet sich für die letztere oösung Dafür war weniger der Gedanke maßgebend, daß das Nebeneinander gemeindlicher Regelung, durch die die betreffende Einrichtung den Einwohnern zur Verfügung zu stellen war, und polizei⸗ licher Ordnung, die den Anschluß⸗ und Benutzungszwang an⸗ ordnete, nicht befriedigend sei, als vielmehr der, daß die Vor⸗ aussetzungen für polizeiliche Maßnahmen jeder Art, Gefähr⸗ dung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, auf diesem Gebiete zu eng sind. Die Gemeinschaft ',. ert nach den heutigen Anschauungen den unbedingten Vorrang vor den Interessen des einzelnen. Wenn eine Gemeinde bereit ist, den Einwohnern, einem dringenden öffentlichen Bedürfnis entsprechend, eine den gesundheitlichen Erfordernissen dienende Einrichtung zur Verfügung zu stellen und dies nur bei Beteiligung aller Einwohner möglich ist, so muß sie nach dem oben erwähnten Grundgedanken in der Lage sein, auch etwa widerstrebende Elemente in den Dienst der Gemein⸗ schaftsaufgabe zu zwingen. Diese Möglichkeit ist heute durch sz 18 eröffnet. Dabei sei jedoch ausdrücklich klargestellt, daß ein derartiger Zwang aus rein fiskalischen Gründen nicht eingeführt werden kann.

Diese weitgehende Befugnis gemeindlicher Selbstgesetz⸗ gebung darf selbstoerständlich nicht zu unbilligen Belastungen der Einwohnerschaft führen. Deshalb läßt 8 18 die Einfüh— rung eines Anschluß⸗ oder Benutzungsziwanges nur durch Satzung zu, die nach dem Willen des Gesetzes die allgemeine . der Einrichtung, ihre Benutzung unter Ausspruch des Anschluß⸗ oder Benutzungszwanges und auch das von den Einwohnern zu entrichtende Entgelt zu regeln hat. Abweichend von der Regelung des § 3 bedürfen solche Satzungen in vollem Umfange, also bezüglich aller oben ge⸗ nannten Bestandteile, der Genehmigung der Aufsichtsbehörde; die Aufteilung des Satzungsinhaltes auf mehrere Satzungen beseitigt diese Genehmigungspflicht nicht. Darüber hinaus bleibt es der Ausführungsanweisung überlassen, vor der Ge⸗ nehmigung solcher Satzungen ein Verfahren vorzuschreiben, das auch die Einwohner mit ihren Wünschen zu Worte kommen läßt. Den besonderen Bedürfnissen einzelner Teile der Einwohnerschaft trägt im übrigen auch bereits die Vor⸗ schrift des 3 18 Abs. 2 Rechnung, die eine Beschränkung des Anschluß und Benutzungszwanges nach sachlichen Gesichts= punkten zuläßt. Diese k ermöglicht es 3. B., bestimmte Industriewerke, die auf die Benutzung be⸗ sonderen Wassers angewiesen sind oder die bei besonders großem Verbrauch durch die Wasserentnahme aus der ge⸗ meindlichen Wasserleitung unbillig belastet würden, von der Benutzung der allgemeinen Wasserleitung freizustellen.

Der Kreis der Einrichtungen, zu deren Gunsten ein Anschluß⸗ und Benutzungszwang vorgeschrieben werden kann, ist im Gesetz nicht e bestimmt. Diese Art der Rege⸗ lung empfahl sich deshalb, weil das Bedürfnis auf diesem Gebiet sehr stark dem Wandel und der Entwicklung unter⸗ liegt. Dabei wird jedoch die Ausführungsanweisung dafür Sorge trägen, daß einer zu weitgehenden Anwendung der⸗ artiger Zwangsrechte über das sachliche Bedürfnis hinaus durch Richtlinien an die zur Genehmigung zuständigen Auf⸗ sichts behörden vorgebeugt wird. Zur Klarstellung wird im übrigen noch darauf hingewiesen, a6 die in § 18 genannten Einrichtungen nicht notwendig im Eigentum der Gemeinde stehen ungen. Es genügt . daß die Gemeinde sich auf derartige Einrichtungen im Wege des Vertrages oder sonstwie so weit Einfluß verschafft, daß ein allgemeines Be⸗ nutzungsrecht der Einwohner zu angemessenen Bedingungen gesichert ist.

In 518 Abs. 3 werden den Gemeinden die zur Durch⸗ setzung des Anschluß⸗ und Benutzungszwanges erforderlichen Zwangsmittel gegeben. Das Verfahren, in dem diese Mittel zur Anwendung kommen, ist in den Satzungen selbst zu regeln. Wegen der Rechtsmittel gegen die Verhängung der⸗ arliger Zwangsmittel wird im übrigen auf 5 29 Bezug ge⸗ nommen.

Zu § 19: Der Gemeindebürger ist insoweit aus den sonstigen Einwohnern herausgehoben, als nur, wer das Bürgerrecht besitzt, zu ehrenamtlicher Tätigkeit herangezogen werden kann und zur Uebernahme ehrenamtlicher Tätigkeit verpflichtet ist. Von diesen Gesichtspunkten aus waren dem⸗ gemäß die Voraussetzungen des Bürgerrechts zu regeln.

1. Es . selbstverständlich, daß nur deutsche Staatsbürger zu ehrenamtlicher Tätigkeit in der Gemeinde heran⸗ ezogen werden können. Diese Vorschrift wird nach der

Neuregelung des deutschen Staatsbürgerrechts erhöhte

Bedeutung erlangen.

Bei der Bestimmung des Lebensalters, das für den Er⸗ werb des Bürgerrechts maßgebend sein soll, war zu er⸗ wägen, ob insoweit die Vollendung des 21. Lebensjahres, der Beginn der Volljährigkeit, oder ein späterer Zeitpunkt estzusetzen sei. Das Gesetz hat ö. hier für die

ollendung des 25. Lebensjahres entschieden. Dafür war en fein die Erwägung maßgebend, daß die Be⸗

kleidung ,, Ehrenämter ein gewisses Maß

von Erfahrungen voraussetzt, das vor Exreichung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres regelmäßig nicht er⸗ worben ist, andererseits aber auch das Beispiel anderer Gesetze des neuen Reiches, die die Wahrnehmung . amtlicher Aufgaben an die Vollendung des 25. Lebens⸗ jahres binden.

Wer in eine Gemeinde zuzieht, gewinnt erst allmählich die tiefere Einfühlung in die örtliche Gemeinschaft und lernt erst allmählich die örtlichen Verhältnisse und Ge⸗ gebenheiten so weit kennen, daß er mit Erfolg eine ehrenamtliche Tätigkeit wahrnehmen kann. Aus diesen Gründen war es geboten, den Erwerb des Bürgerrechts an eine mindestens einjährige Wohndauer in der Ge⸗ meinde zu knüpfen.

Von dieser Regelung sind jedoch nach zwei

Richtungen hin Ausnahmen zugelassen oder möglich:

a) Hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete wer⸗ den im Regelfalle nicht aus der Bürgerschaft der eigenen Gemeinde, sondern von auswärts berufen. Es ist selbstverständlich, daß sie das Bürgerrecht auch ohne einjährige Wohndauer in der Gemeinde mit dem Antritt des Bürgermeister⸗ bzw. Beige⸗ ordnetenamtes erwerben müssen (9gl. 5 19 Abs. )).

b) Auch in anderen Sonderfällen kann es geboten sein, einem Einwohner das Bürgerrecht ohne Rücksicht auf die Wohndauer zu verleihen. Diese Durch- brechung des gesetzlichen Grundsatzes darf jedoch immer nur Ausnahmeerscheinung sein und ist des⸗ . an die Genehmigung der Aussichtsbehörde ge⸗ unden (8 19 Abs. 3). Dazu wird ausdrücklich be⸗ merkt, daß die Verleihung des Bürgerrechts unter Abweichung von sonstigen Voraussetzungen des 519 Abs. 1 schlechthin ausgeschlossen ist.

„Das Ruhen des Bürgerrechts der Soldaten entspricht der Sonderstellung, die die Wehrmacht im Staate einnimmt.

Zu § 20: Der 20 unterscheidet zwischen dem Erlöschen und der Verwirkung des Bürgerrechts. Die besondere Er⸗ wähnung der Verwirkung soll die Bedeutung des Bürger⸗ rechts für das bürgerliche Leben und die bürgerliche Ehre hervorheben; sie hat, wie sich aus 5 20 Abs. 3 ergibt, den Charakter einer Strafe und soll zugleich auch die Aemter⸗ annahme⸗ und ⸗führungspflicht (838 23, 24) sichern.

Die Gründe, die zum Erlöschen und zur Verwirkung des Bürgerrechts führen, brauchen nicht näher erörtert zu werden. Es bedarf lediglich noch eines Hinweises darauf, daß 5 20 Abs. 3 die öffentliche Bekanntmachung der Ver⸗ wirkung des Bürgerrechts nicht zwingend vorschreibt, sie viel⸗ mehr in das pflichtgemäße Ermessen der Gemeinde stellt, die damit auch besonderen Fällen Rechnung tragen kann.

Zu S 21: Es war nach dem früheren Recht in manchen Ländern ein Vorrecht der Städte, Ehrenbürgerrechte zu ver⸗ leihen. Nach der Vereinheitlichung der Gemeindeverfassung für alle Gemeinden steht dieses Recht nunmehr jeder Ge⸗ meinde zu, da heute ein innerer Grund für die Beschränkung nicht mehr besteht. Dabei geht das Gesetz selbstverständlich davon aus, daß auch nach Ausdehnung des Kreises der be⸗ rechtigten Gemeinden Ehrenbürgerrechte nur in solchen Fällen verliehen werden sollen, in denen hierzu ein ganz besonderer Anlaß für die Gemeinde besteht, da nur unter dieser Voraus⸗ setzung das Ehrenbürgerrecht die vom Gesetz gäwollte Be⸗ deutung und Wertschätzung behalten wird.

Das Ehrenbürgerrecht kann sowohl deutschen Staats⸗ bürgern als auch Ausländern verliehen werden. Im letzteren Falke ist die Verleihung aus verständlichen Gründen nur mit Genehmigung der Aufssichtsbehörde zulässig. Für die Ab⸗ erkennung des Ehrenbürgerrechts ist die Genehmigung all⸗ gemein vorgeschrieben; dadurch soll ein Schutz gegen willkür⸗ liche und sachlich nicht gerechtfertigte Aberkennungen gegeben werden, die Verstimmungen und Strömungen entspringen und für den betroffenen Ehrenbürger eine ungerechtfertigte Beeinträchtigung seiner Ehre bedeuten würden.

Daß im Falle der Verwirkung des Bürgerrechts auch etwa verliehene Ehrenbürgerrechte verwirkt sein müssen, ist selbstverständlich (5 21 Abs. 3).

Zu § 22:

1. Die Auswahl einer Reihe von gemeindlichen Ehren—⸗ beamten, wie z. B. der ehrenamtlichen Bürgermeister und Beigeordneten sowie der Gemeinderäte, ist in der Ge⸗ meindeordnung besonders geregelt (gl. 41, 51). Ihre Ernennung richtet sich im übrigen nach 8 37 der Ge⸗ meindeordnung. . ;

Die Vorschrift des 5 22 Abs. 1 bezieht sich unter diesen Einschränkungen nur auf sonstige Ehrenbeamte und auf die zur Wahrnehmung einer sonstigen ehrenamt⸗ lichen Tätigkeit Bestellten, die nicht zu Ehren beamten ernannt werden. Die Bestellung zu solchen Ehrenämtern und zu sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit legt die Ge⸗ meindeorbnung in die Hand des Bürgermeisters. Sie ht im übrigen davon ab, die Zeit dieser ehrenamtlichen Tätigkeit festzusetzen, da die Verhältnisse zu verschieden sind, als daß sie einheitlicher Regelung zugänglich wären. Es bleibt deshalb dem Bürgermeister überlassen diese Zeit im Einzelfalle zu bestimmen; darüber hinaus hat er die Möglichkeit, die Bestellung jederzeit zurückzunehmen.

Wenn nur der Bürger eine ehrenamtliche Tätigkeit wahr⸗ nehmen kann, so ergibt sich daraus von selbt, daß der Verlust des Bürgerrechts jede ehrenamtliche Tätigkeit beendet. Das gilt nicht nur für die in 5 22 Abs. 1 Satz 1 genannten Ehrenbeamten und zu ehrenamtlicher Tätig⸗ keit bestellten Personen, sondern ebenso auch für die in § 22 Abs. 1 Satz 3 erwähnten Ehrenbeamten.

Zu § 23: 3

In S 5 Abs. 2 ist die Verpflichtung des Bürgers aus⸗ ö lin Kräfte jederzeit ehrenamtlich dem Wohle der Gemeinde zu widmen. Aus § 23. Abs. 1 ergibt sich, daß der Bürger auf Grund dieser Pflicht eine ehrenamt⸗ liche Tätigkeit übernehmen und sie während bestimmter Zeit, nämlich bis zur Höchstdauer von 6 Jahren 6 23 Äbs. 1 Nr. Z, ausüben muß. Entzieht er sich der Ueber⸗ nahme ehrenamtlicher Tätigkeit oder ihrer mindestens ,, Ausübung, so verstößt er damit gegen seine ürgerpflicht, es sei denn, daß ihm ein wichtiger Grund zur Seite steht. Der 5 23 Abs. 1 zählt in Fortentwicklung des früheren Rechtszustandes eine Reihe von Gründen auf, die regelmäßig als wichtig zu betrachten sind. Diese Aufzählung ist jedoch nicht erschöpfend, so daß auch sonstige wichtige Gründe Berücksichtigung finden nen, In der Aufzählung des 3 33 Abs. 1 ist im übrigen bemerkenswert, daß die Bekleidung eines öffentlichen Amtes nicht ohne weiteres von der Wahrnehmung ehren⸗

amtlicher Tätigkeit in der Gemeinde freistellt, sondern nur dann, wenn die Anstellungsbehörde feststellt. daß die ehrenamtliche Tätigteit mit ben dienstlichen Pflichten