Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 27 vom 1. Februar 1935.
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wirkungsrecht in Angelegenheiten der Gemeindever⸗ waltung. Dabei mußten für die Abgrenzung dieses Rechts folgende Gesichtspunkte maßgebend sein:
Die neue Gemeindeordnung beruht auf dem Grund⸗
satz der ausschließlichen Führerverantwortung. Mit diesem Gedanken ist eine dualistische Gestaltung der Ge⸗ meindeverfassung grundsätzlich unvereinbar, da sie sowohl die einheitliche und straffe Führung als auch die klare Verantwortung zerstört. Deshalb verbot es sich von selbst, den Bürgermeister, der durch das Vertrauen auch der Partei in sein Amt gelangt ist, in der eigentlichen Ge⸗ meindeverwaltung bei jeder Betätigung an die Mit⸗ wirkung einer anderen Stelle zu binden. Auf der anderen Seite ist jedoch nicht zu verkennen, daß auf bestimmte Entschließungen des Bürgermeisters infolge ihres eigen⸗ artigen Eharakters dem politischen Willen der Bewegung Einfluß eingeräumt werden muß. Das gilt vor allem für den Erlaß der Haupisatzung, des Verfassungsstatuts der Gemeinde, das auf lange Zeit hinaus die ihm nach dem Gesetz zugewiesenen Fragen abschließend regelt. Das gilt ferner auch für solche Entschließungen, bei denen es sich um die Anerkennung besonderer Verdienste um Volk, Staat oder Gemeinde handelt. In diesen Fällen hat deshalb das Gesetz die Entschließung des Bürgermeisters ausdrücklich an die Zustimmung des Beauftragten der NSDAP. gebunden und damit sein Mitwirkungsrecht sowohl festgelegt als auch begrenzt. „Wenn das Gesetz in diesem Umfange Entschließungen des Bürgermeisters von der Zustimmung des Beauftragten der NSDAP. abhängig macht, so muß eine Regelung für den Fall getroffen werden, daß der Beauftragte seine Zustimmung versagt. Das geschieht im § 33 Abs. 2.
a) Die Versagung der Zustimmung durch den Beauf— tragten der NSDAP. wird in politischen Erwägungen ihren Grund haben, während die Entschließung des Bürgermeisters in erster Linie von verwaltungs— mäßigen Erwägungen bestimmt sein wird. Der Ausgleich abweichender politischer und verwaltungs— mäßiger Erwägungen kann grundsätzlich nur von einer Stelle getroffen werden, die ihrer funktionellen Stellung nach beide Interessen zu wahren hat. Das ist der Reichsstatthalter, der einerseits eines der höchsten Staatsämter und andererseits eines der höchsten Parteiämter, das des Gauleiters, in seiner Person vereinigen wird. Er ist deshalb auf Anrufen des Bürgermeisters zur Entscheidung derartiger Streitfälle in Zukunft insoweit zuständig, als sie sich in Stadtkreisen ergeben. Wenn abweichend von diesen Grundgedanken die Entscheidung in den übrigen Fällen, also in den kreisangehörigen Gemeinden, nicht dem Reichsstatthalter, sondern der Aufsichtsbehörde übertragen worden ist, so waren hierfür ausschließlich Gründe ver— waltungsmäßiger Zweckmäßigkeit durchschlagend. Die Zuständigkeit des Reichsstatthalters auch in diesen Fällen hätte zu einer unerträglichen Zentralisierung und Verwaltungserschwerung ge⸗ führt, die in keinem Verhältnis zu der erheblich geringeren Bedeutung dieser Fälle in kleineren Ge— meinden gestanden hätte.
Die Hauptsatzung bedarf nach § 3 Abs. 2 der
Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Wenn im Falle der Versagung der Zustimmung der Reichs— statthalter zur Entscheidung zuständig ist, so ergibt sich damit die Notwendigkeit einer Klärung, inwie— weit diese Entscheidung des Reichsstatthalters, der selbst nicht Kommunalaufssichtsbehörde ist, später die zur Genehmigung berufene nachgeordnete Auf— sichtsbehörde binden soll. Dabei entstehen insoweit keine Schwierigkeiten, als der Reichsstatthalter und die Aufsichtsbehörde den einzelnen Fall überein⸗ stimmend beurteilen. Glaubt der Reichsstatthalter jedoch, der Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zu der von dem Bürgermeister beantragten Ent— scheidung nicht folgen zu können, so erfordert es die unbedingt notwendige Einheitlichkeit der Kom⸗ munalaufsicht, auf die nach den Ausführungen der Ziffer 5 der allgemeinen Begründung das Gesetz größten Wert legt, diese Meinungsverschiedenheit durch die oberste Aufsichtsbehörde, den Reichs⸗ minister des Innern, auszugleichen. Unter diesen Voraussetzungen ist gegebenenfalls nach Zustimmung des Reichsministers des Innern die Entscheidung des Reichsstatthalters für die Aufsichtsbehörde in allen Fällen bindend. Auch die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Ausländer sowie die Ab— erkennung des Ehrenbürgerrechts und von Ehren⸗ bezeichnungen bedürfen der Genehmigung der Auf⸗ sichts behörde (5683 21, 28); hierbei handelt es sich anders als bei der Hauptsatzung überwiegend um Entschließungen politischen Charakters, die die Kommunalaufsicht wenig berühren, so daß in diesen Fällen die freie Entscheidung dem Reichsstatthalter überlassen bleibt. Im Interesse eines möglichst reibungslosen Ablaufs der Gemeindeverwaltung ist in § 33 Abs. 2 ein besonderes Verfahren für die Fälle vorgeschrieben, in denen der Beauftragte der NSDAP. ein Zustim⸗ mungsrecht hat. Insbesondere wird ihm dort die Pflicht auferlegt, die Versagung seiner Zustimmung schriftlich zu begründen und bei der Hauptsatzung die Vorschriften zu bezeichnen, die seine Zustimmung nicht finden. Damit soll von vornherein die Grund⸗ lage für eine spätere sachgemäße Entscheidung ge⸗ schaffen werden.
Zu § 34:
Wie nach der bisherigen Rechtslage stehen dem Bürger— meister auch in Zukunft Beigeordnete als Stellvertreter ur Seite, die ihn vertreten und unterstützen. Diese 1 bleiben auch nach der neuen Gemeinde— ordnung aus dem Kreis der übrigen Gemeindebeamten dadurch herausgehoben, daß sie allein Vertreter des Bürgermeisters kraft Gesetzes sind (vgl. hierzu § 35). Ihre Rechtsstellung hat sich jedoch gegenüber dem Rechts— zustand nach einzelnen früheren Gemeindeordnungen insofern grundlegend gewandelt, als sie nicht mehr Mit— lieder eines die Verwaltung der Gemeinde führenden oerl sondern in jeder Beziehung den An⸗ weisungen des Bürgermeisters unterstehende Be⸗ amte sind.
Die Zahl der Beigeordneten ist im Gesetz selbst nicht bestimmt. Ihre Regelung bleibt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse der Haupt⸗ satzung überlassen. Dabei kann vorbehalten bleiben, im Interesse einer möglichst sparsamen Personalpolitik in der Ausführungsanweisung gewisse Richtlinien für die Höchstzahl namentlich der hauptamtlichen Beigeordneten zu geben.
„Die Amtsbezeichnungen der Beigeordneten sind in 8 34
Abs. B im Anschluß an die in weiten Reichsteilen be⸗ stehende Uebung gesetzlich bestimmt. Abweichende Be⸗ zeichnungen sind in Zukunft nur noch in Gemeinden, die nicht Städte sind, und zwar auf Grund besonderer Ver⸗ ordnung nach § 119 Nr. 3, möglich.
Die Vorschrift des 5 34 Abs. 2 hat jedoch nicht nur Bedeutung für die Amtsbezeichnungen der Beigeord⸗ neten, sondern, wie sich aus ihr in Verbindung mit den Vorschriften der 858 35, 40 und 41 ergibt, auch für ihre Rechtsstellung. Danach sind die Stellen des Ersten Bei⸗ geordneten und des Stadtkämmerers aus der Zahl der Übrigen Beigeordnetenstellen wegen ihrer besonderen Be— deutung bewußt herausgehoben. Das hat z. B. zur Folge, daß der zum Ersten Beigeordneten oder zum Stadtkämmerer berufene Beamte nur dieses Amt wahr⸗ zunehmen hat und im Falle des 5 44 nur die Wieder⸗ berufung in dieses Amt anzunehmen verhpflichtet ist. Maßgebend für diese Regelung war die Erwägung, daß die hier genannten Stellen nur mit Persönlichkeiten be⸗ setzt werden können, die eine ganz besondere Eignung für das betreffende Amt haben, und daß es nach der Ge⸗ staltung des Berufungsrechts auch dem sonst für die Verteilung der Arbeitsgebiete zuständigen Bürgermeister nicht überlassen bleiben kann, durch spätere Maßnahmen die von Partei und Staat getroffene Entscheidung über die Besetzung dieser besonders herausgehobenen Aemter zu ändern.
Zu § 35:
Nach der früheren Rechtslage war Voraussetzung der
Vertretung des Bürgermeisters durch die Beigeordneten, daß er selbst an der Wahrnehmung seiner Aufgaben be— hindert war. Dieser Zustand war weder rechtlich zwei⸗ felsfrei, noch entsprach er weithin geübter Praxis, namentlich in größeren Gemeinden. § 35 legt deshalb für die Vertretung des Bürgermeisters andere Gesichts⸗ punkte zugrunde.
a) Die Zusammenfassung der gesamten Verwaltung in der Person des Bürgermeisters (5 32) läßt es geboten erscheinen, dem Ersten Beigeordneten das Recht der all⸗ gemeinen Vertretung des Bürgermeisters auch ohne Rücksicht auf dessen etwaige Behinderung einzuräumen. Der allgemeine Vertreter ist dementsprechend nach außen hin jederzeit berechtigt, Verwaltungshandlungen jeder Art an Stelle des Bürgermeisters vorzunehmen. Dabei bleibt es dem Bürgermeister unbenommen, im Innen⸗ verhältnis diese Vertretungsbefugnis nach jeder be⸗— liebigen Richtung hin zu beschränken.
Die übrigen Beigeordneten, die nach 5 35 Abs. 2 nur Sondervertreter sind, sind zur allgemeinen Vertretung nur nach Maßgabe des § 35 Abs. 1 Satz 2 — 4 berufen.
b) Aus den oben erwähnten Gründen erweist es sich weiterhin als erforderlich, den Beigeordneten allgemein eine gesetzliche Vertretungsbefugnis auf den ihnen nach F 37 vom Bürgermeister zugewiesenen Arbeitsgebieten einzuräumen. Sie sind danach nach außen hin berechtigt, auf ihrem Arbeitsgebiet für die Gemeinde jederzeit rechtsverbindlich zu handeln. Auch hier ist der Bürger⸗ meister im Innenverhältnis befugt, diese Vertretungs⸗ befugnis zu beschränken, was auch schon darin zum Aus⸗ druck kommt, daß er nach 5 35 Abs. 2 Satz 2 jede An⸗ gelegenheit jederzeit an sich ziehen kann.
„Den Bedürfnissen einer größeren Verwaltung ist durch
die nach 5 35 Abs. 1 und 2 vorgesehenen Vertretungs⸗ möglichkeiten noch nicht genügt. 3 35 Abs. 3 läßt des⸗ halb die Beauftragten auch sonstiger Beamter und An⸗ gestellten zum Handeln für die Gemeinde zu. Diese Be⸗ amten und Angestellten sind an die Grenzen ihres jeder⸗ zeit widerruflichen Auftrages gebunden.
Zu § 36:
. Aus der Führerstellung des Bürgermeisters folgt bereits,
daß er die Gemeinde nach außen vertritt und daß Bei⸗ geordnete sowie sonstige Beamte und Angestellte namens der Gemeinde nur in Vertretung bzw. im Auftrage des Bürgermeisters handeln können. Dabei wird zur Klar⸗ stellung bemerkt, daß hierdurch eine Vertretung der Ge— meinde durch Dritte kraft Vollmacht nicht ausgeschlossen wird. Rechtshandlungen, die danach Vertretungs⸗ berechtigte im Rahmen ihrer Vertretungsbefugnis für die Gemeinde vornehmen, sind für sie grundsätzlich ver⸗ bindlich.
.Die Vertretung der Gemeinden bei Vornahme sog. Ver⸗
pflichtungsgeschäfte war nach dem bisherigen Landes⸗ recht in großem Umfange besonderen Vorschriften unter⸗ worfen. Insoweit war in manchen früheren Gemeinde- ordnungen vorgesehen, daß derartige Verpflichtungen nur schriftlich und bei Unterzeichnung durch zwei Beamte, im Preuß. Gemeindefinanzgesetz bei Erklärung des Bürgermeisters nur nach Herbeiführung eines Kenntnis⸗ vermerks übernommen werden konnten. Diese Vor⸗ schriften verfolgten gleichmäßig das Ziel, die Gemeinden vor unüberlegten und übereilten Erklärungen möglichst zu sichern. Dabei ist allerdings nicht zu verkennen, daß diese Sonderregelung zu einer nicht unerheblichen Be⸗ einträchtigung der Rechtssicherheit geführt hat, wie schon die recht umfangreiche Rechtsprechung des Reichsgerichts
auf diesem Gebiet zeigt.
Bei der endgültigen Regelung dieser Fragen in der Deutschen Gemeindeordnung mußten diese widerstreiten⸗ den Gesichtspunkte zu einem möglichst zweckmäßigen Aus— gleich gebracht werden. .
a) Im Interesse der Rechtsklarheit schreibt 5 36 Abs. 2
vor, daß Erklärungen, durch die die Gemeinde ver⸗
pflichtet werden soll, der schriftlichen Form bedürfen. Eine bloß mündliche Verpflichtung der Gemeinden ibt es danach in keinem Falle mehr. Auch sog. a, Verpflichtungen, die nach der bisherigen Rechtsprechung des Reichsgerichts schriftlicher Form nicht bedurften, sind in Zukunft an die Schriftform ebunden. Werden diese Formwvorschriften verletzt, . sind die Erklärungen nach 5 125 BGB. nichtig.
,
Unberührt sollen dabei Vorschriften anderer Ge⸗ setze bleiben, die für bestimmte Geschäfte weiter⸗ gehende Formvorschriften, wie z. B. notarielle Be⸗ urkundung usw., vorschreiben. Insoweit werden in der Durchführungsverordnung und in der Aus⸗ führungsanweisung die erforderlichen Vorschriften und Anweisungen gegeben werden.
Zur Klarstellung wird noch darauf hingewiesen, daß der Kreis der sog. Verpflichtungsgeschäfte im Sinne des § 36 Abs. 2B gegenüber der in 8 45 des Preuß. Gemeindefinanzgesetzes getroffenen Regelung auf solche Geschäfte beschränkt wird, die eine Ver⸗ pflichtung der Gemeinde zum Ziele haben. Der Formvorschrift unterliegen danach solche Geschäfte nicht, die ohne dieses unmittelbare Ziel lediglich eine Verpflichtung der Gemeinde im Gefolge haben können. Auf der anderen Seite ist der Kreis der sog. Verpflichtungsgeschäfte aber dadurch erweitert, daß nicht mehr allein Erklärungen im bürgerlichen Rechtsverkehr, sondern auch jede sonstige Erklärung, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, unter die Vorschrift des § 36 fallen.
Die besondere Verantwortlichkeit bei Abgabe der⸗ artiger Erklärungen bringt die Vorschrift des 5 36 Abs. 2 Satz 2 zum Ausdruck, derzufolge diese Er⸗ klärungen unter der Amtsbezeichnung des Leiters der Gemeinde handschriftlich zu 9 sind. Eine Vollziehung durch Stempel (Faksimile usw.) kommt demnach in Zukunft nicht mehr in Betracht. Auf der anderen Seite sind aber auch weitere Formen, wie z. B. die Beidrückung eines Siegels für die Ver⸗ bindlichkeit der Erklärung nicht mehr erforderlich.
In Abkehr von der Regelung früherer Gesetze und des Preuß. Gemeindefinanzgesetzes sieht 5 36 Abs. 2 davon ab, die Verbindlichkeit solcher Erklärungen, die der Bürgermeister selbst unterzeichnet, von der Mitzeichnung durch einen zweiten Beamten oder von einem besonderen Kenntnisvermerk abhängig zu machen. Eine solche Beschränkung wäre mit dem die Gemeindeordnung beherrschenden Grundsatz der Führerverantwortlichkeit nicht recht zu vereinbaren. Dagegen erscheint die Einschaltung eines Kontroll⸗ elements bei Vertretung des Bürgermeisters durch seinen allgemeinen Vertreter, die übrigen Bei⸗ geordneten oder sonstige Beamte und Angestellte zweckmäßig. Deshalb schreibt 5 36 Abs. 2 letzter Satz vor, daß die Erklärung im Falle der Vertretung des Bürgermeisters durch zwei vertretungsberechtigte Beamte oder Angestellte unterzeichnet werden muß.
Zu 5 37:
„Die Dienstvorgesetztenstellung, die 5 37 dem Bürger⸗ meister zuspricht, ist eine natürliche Folge des Führer⸗
rundsatzes und der Zusammenfassung der gesamten
zerwaltung in der Hand des Bürgermeisters. Als
Dienstvorgesetzter verteilt der Bürgermeister die Ge⸗
schäfte auf die Gemeindebeamten, gibt er die allge⸗
meinen und im Einzelfall erforderlichen Anordnungen und hat er im Rahmen der dienststrafrechtlichen Vor⸗ schriften Disziplinargewalt u. a. m. Dabei wird zur
Klarstellung bemerkt, daß sich diese, Befugnisse guch auf
die Beigeordneten beziehen, soweit sich nicht aus Sonder⸗
regelungen Abweichendes ergibt.
„Als Leiter der Gemeinde steht dem Bürgermeister in Zukunft in allen Fällen die Anstellung und Entlassung der haupt⸗ oder ehrenamtlichen Beamten, der Ange⸗ stellten und Arbeiter der Gemeinde zu. Dabei ist seine Entschließungsfreiheit jedoch nach mehreren Richtungen eingeschränkt. .
a) Soweit die Berufung, d. h. die Auswahl zum Be⸗
amten einer anderen Stelle zusteht (vgl. z. B. 585 41, 51), ist der Bürgermeister zur Anstellung ver⸗ pflichtet. Das gleiche gilt für die Entlassung, soweit eine Zurücknahme der Berufung oder der Ausspruch des Ausscheidens ausdrücklich anderen Stellen über⸗ tragen ist (vgl. z. B. 88 45, 54). In jedem dieser Fälle ist es jedoch der Ausspruch des Bürger⸗ meisters, der das Beamtenverhältnis begründet oder beendet. Zur Klarstellung wird dabei bemerkt, daß über das Ausscheiden von Beamten aus sonstigen Gründen, z. B. infolge Dienstunfähigkeit, auf eigenen Antrag, ausschließlich der Bürgermeister entscheidet, und zwar auch dann, wenn die Berufung einer anderen Stelle zusteht. Eine sparsame Personalpolitik der Gemeinden ist nach den Erfahrungen der Vergangenheit nur ge⸗ währleistet, wenn sie sich nach einem auf die not⸗ wendigen Bedürfnisse der Verwaltung abgestellten Stellenplan richtet. Deshalb schreibt 8 37 Satz 2 ausdrücklich vor, daß bei der Anstellung der Stellen⸗ plan einzuhalten ist. Damit ist zugleich die Ein⸗ richtung derartiger Stellenpläne jedenfalls für alle Gemeinden, die hauptamtliche Beamte beschäftigen, zwingend vorgeschrieben.
c) In einer Reihe von Gesetzen hat sich der Staat . der Besetzung von Gemeindebeamten⸗ stellen aus besonderen Gründen, die teils im allge⸗ meinen Interesse (z. B. Wehrmachtversorgung), teils in der Eigenart bestimmter Gemeindebeamtenstellen (3. B. Polizeibeamte) liegen, ein Mitwirkungsrecht vorbehalten. Diese Vorschriften bleiben auch, soweit sie in Landesgesetzen vorgesehen sind, grundsätzlich aufrechterhalten, es sei denn, daß einzelne dieser Vorschriften als mit den Vorschriften der Gemeinde⸗ n nicht vereinbar bezeichnet werden (ol.
Zu § 38: Es bedarf keiner näheren Begründung, daß auch die hauptamtlichen Bürgermeister und Beigeordneten in Angelegenheiten, die ihr eigenes Interesse im Rahmen des §z 25 berühren, nicht mitwirken können, und daß die aus der Treupflicht der gemeindlichen Ehrenbeamten herzuleitenden besonderen Bindungen (5 26) auch für sie gelten müssen.
Zu § 39: ;
1. Es ist eines der Ziele der Deutschen Gemeindeordnung, das ehrenamtliche Element in der Selbstverwaltung nicht nur zu erhalten, sondern nach Möglichkeit zu stärken und auszubauen. Sie darf dabei mit weit besserem Recht als 9 Zeit des Parteienstagtés davon ausgehen, daß die Besten des Volkes sich in Zukunft bereitwillig in den
D ö ⸗ , ee, m , e , ,
.
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Dienst der Gemeinschaft stellen werden und abseits von Parteigezänk dem Wohl der Gemeinde zu dienen gewillt sind. Aus diesen Gründen schreibt 5 39 Abs. 1 die grund⸗ sätzlich ehrenamtliche ,, . der Bürgermeister⸗ und Beigeordnetenstellen in allen Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern vor. Dabei verkennt die Gemeindeordnung jedoch nicht, daß die Möglichkeit der ehrenamtlichen Verwaltung auch in kleineren Gemeinden sehr stark von ihrer Besonderheit abhängen kann. Es ist deshalb unvermeidlich, z. B. bei besonders schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen, in Bade⸗ und Fremden⸗ verkehrsorten usw., auch für Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern die Möglichkeit der hauptamt⸗ lichen Verwaltung der Bürgermeister⸗ oder einer Bei⸗ geordnetenstelle vorzusehen. In derartigen Fällen bedarf es jedoch stets besonderer Regelung in der genehmigungs⸗ pflichtigen Hauptsatzung, um sicherzustellen, daß Aus⸗ nahmen von dem Grundsatz der Ehrenamtlichkeit auf das unabweisbar nötige Maß beschränkt bleiben. Gemeinden, die eine Einwohnerzahl von 10000 erreicht haben, lassen sich nach allen Erfahrungen nicht mehr ehrenamtlich verwalten. So entschieden die Gemeinde⸗ ordnung bei kleineren Gemeinden um eines Wesensmerk⸗ mals der Selbstverwaltung willen den Gedanken ehren⸗ amtlicher Verwaltung herausstellt, so muß sie in Ge⸗ meinden mit mehr als 10000 Einwohnern im Inter⸗ esse einer geordneten Verwaltung die Hauptamtlichkeit der Stelle des Bürgermeisters oder eines Beigeordneten fordern. In diesen Gemeinden stehen bereits so erheb⸗ liche Interessen auf dem Spiele, erfordert die Verwaltung bereits so weitgehende Sonderkenntnisse und den vollen Einsatz der Person, daß eine ehrenanttliche Verwaltung diesen Erfordernissen nicht genügen kann. ö Mit einer solchen Regelung ist dem Bedürfnis größerer Gemeinden jedoch noch nicht genügt. In ihnen muß vielmehr die Möglichkeit der Einrichtung weiterer hauptamtlicher Stellen eröffnet sein. Namentlich in Stadtkreisen ist zur Bewältigung des Arbeitsmaßes eine mehr oder weniger große Anzahl von Beigeordneten unentbehrlich. Bei der örtlichen Verschiedenheit überläßt es aber 5 39 Abs. 2 der Hauptsatzung, eine nähere Regelung zu treffen.
Zu S 40: 8 40 enthält gegenüber der Vorschrift des 339 für Stadtkreise weitergehende Bindungen hinsichtlich der Ein richtung hauptamtlicher Stellen und der Vorbildung der Per⸗ sönlichkeiten, die in diese Stellen berufen werden sollen.
1. Während nach 5 39 Abs. 2 in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern je nach den örtlichen Bedürfnissen die Stelle des Bürgermeisters oder eines beliebigen Bei⸗ geordneten hauptamtlich zu besetzen ist, kann bei dem Um⸗ fang und der Bedeutung eines Stadtkreises im allge⸗ meinen nicht darauf verzichtet werden, daß in ihm ent⸗ weder die Stelle des Bürgermeisters oder seines allge⸗ meinen Vertreters, des Ersten Beigeordneten, haupt⸗ amtlich verwaltet wird.
2. Eine weitere Bindung ergibt sich für Stadtkreise insofern, als die hauptamtlich eingerichtete Stelle des Oberbürger⸗ meisters oder des Bürgermeisters regelmäßig nur mit einer Persönlichkeit besetzt werden darf, die die Befähi⸗ gung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungs⸗ dienft hat. Diese durch die Vorbildung gewährleistete Sachkunde ist bei einer dieser Stellen in Gemeinden von der Bedeutung von Stadtkreisen in der Regel unent⸗ behrlich. .
Besonderen Fällen wird jedoch dadurch Rechnung etragen, daß die Aufsichtsbehörde Ausnahmen sowohl e nch der Hauptamtlichkeit der Stellen als auch hin— sichtlich der Vorbildung zulassen kann.
„Inwieweit darüber hinaus eine besondere Vorbildung für sonstige Stellen vorzuschreiben ist, überläßt das Ge⸗ setz der Hauptsatzung. Dabei hebt es die Stelle des Stadtkämmerers besonders hervor, da die mit der Ver⸗ waltung des städtischen Geldwesens zusammenhängenden Trrgen sachlich so bedeutungsvoll und auf der anderen Seite so schwierig sind, daß ihte Bewältigung nur in der Hand eines entsprechend vorgebildeten Fachbeamten ge— währleistet erscheint.
Zu 8 41: Es bedarf keiner besonderen Begründung, daß im neuen Staat für eine Wahl des leitenden Gemeinde— beamten kein Raum ist. Die Wahl durch die Bevölkerung unmittelbar oder durch eine sie repräsentierende Vertretungs⸗ körperschaft ist nach keiner Richtung hin geeignet, die Be⸗ rufung des Besten und Geeignetsten in die wichtigen Stellen leitender Gemeindebeamten zu sichern. Sie würde zudem mit dem vom Gesetz gewollten Führerprinzip und der Verant⸗ wortung des Bürgermeisters nach oben nicht zu vereinbaren sein. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß das Berufungs⸗ verfahren für die leitenden Gemeindebeamten in der Deut⸗ schen Gemeindeordnung grundsätzlich anders geregelt werden muß. Dabei mußten, entsprechend der Stellung dieser leitenden Gemeindebeamten als Wahrer des Einklangs von Gemeindeverwaltung und Partei, als Verwalter örtlicher bürgerschaftlicher Angelegenheiten und als Träger öffent⸗ licher Verwaltung drei Elemente in dieses Berufungsver⸗ fahren eingeschaltet werden, Partei, Bürgschaft und Staat: Die Partei als Repräsentant des Volkes muß in der Lage sein, auf die Besetzung der Stellen leitender Ge⸗ meindebeamten maßgebenden Einfluß zu üben, damit das Ziel des Gesetzes, den Einklang der Gemeindeverwal⸗ tung mit der Partei herzustellen, von vornherein ge⸗ sichert ist. Die Rechte der Partei übt ihr Beauftragter aus, der im Ausleseverfahren (bei der Berufung) zuerst tätig wird, indem er Vorschläge für die Besetzung der Iten macht. Dabei muß den Gemeinderäten als der dem genossenschaftlichen Element der Selbstverwaltung entsprechenden Einrichtung Gelegenheit en n werden, die aus der örtlichen Sphäre sich ergebenden Wünsche und n mn zur Geltung zu bringen. Durch dieses Verfahren soll die Auslese der gemeindlichen Amtsträger in enger Verbundenheit mit dem zur örtlichen Selbst— verwaltung berufenen Volke gewährleistet werden. Der Staat trägt die letzte Verantwortung für jede in ihm geübte öffentliche Verwaltung. Ihm muß des⸗ halb auf dem personellen Gebiet auch der Gemeindeverwal⸗ tung entscheidender Einfluß insbesondere hinsichtlich der . Eignung der zu berufenden Persönlichkeiten ustehen. ach diesen , , ,, ist in ) 41 das Berufungs⸗ verfahren für alle Bürgermeister und Beigeordneten, sowohl
für die hauptamtlichen wie für die ehrenamtlichen, einheit⸗ lich geregelt. Dabei ist im einzelnen auf zwei Be sonderheiten hinzuweisen.
1. Die Berufung der bestgeeigneten Versönlichkeit in die Stelle des Bürgermeisters oder Beigeordneten ist nur dann gewährleistet, wenn die Bewerbung um derartige Stellen einem möglichst weiten Personenkreis offensteht. Deshalb schreibt 5 41 Abs. 1 zwingend die öffentliche Ausschreibung der Stellen hauptamtlicher Bürgermeister und Beigeordneten vor und gestattet Ausnahmen nach Abs. 4 nur bei besonderer Zulassung durch die zuständige Behörde. Derartige Ausnahmen können z. B. im Falle der Wiederberufung in Betracht kommen.
Für ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete hat die Ausschreibung regelmäßig keine Bedeutung. Es ist deshalb in Abs. 4 vorgesehen, daß derartige Stellen nicht ausgeschrieben zu werden brauchen.
„Die Beigeordneten sind die nächsten Mitarbeiter des Bürgermeisters. Daraus rechtfertigt sich, daß ihm auf die Berufung dieser Beamten Einfluß gegeben wird. S 41 Abs. JL letzter Satz sieht deshalb vor, daß dem Bürger⸗ . Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wexden muß.
Zu § 42: Eine Reihe früherer Gemeindeordnungen schloß bestimmte Personenkreise von der Bekleidung des Amtes eines Bürgermeisters oder Beigeordneten oder von der Inne⸗ habung eines Gemeindevertretermandates aus. Für diese Regelung war der Gedanke maßgebend, daß Inhaber be⸗ stimmter Wirkungskreise nicht in vollem Umfange die Gewähr für eine wirklich unabhängige, nur auf das Interesse der Gemeinde ausgerichtete Amtsführung oder Mandatsausübung bieten, und daß sie bei Bekleidung eines solchen Amtes oder bei Ausübung eines derartigen Mandates mit hoher Wahr⸗ scheinlichkeit in unerwünschte Interessenkonflikte geraten.
Wenn schon es heute in der Hand der zur Berufung zu⸗ ständigen Behörde liegt, derartige Personenkreise von der Berufung auszuschließen, erscheint es doch zweckmäßig, diese Frage gesetzlich ausdrücklich zu regeln. Diese Regelung trifft 8 42.
1. Der Ausschluß der in 5 42 Abs. 1 Nr. 1 genannten be⸗ soldeten Beamten rechtfertigt sich, abgesehen von dem allgemeinen Gesichtspunkt, daß sie ihre volle Arbeitskraft ihren Dienstherren zur Verfügung zu stellen verpflichtet sind, teilweise aus der Eigenart ihrer Stellung (z. B. Beamte der Aufsichtsbehörde, Beamte der eigenen Ge⸗ meinde), teils deshalb, weil die Interessen, die sie auf Grund ihrer hauptamtlichen Tätigkeit zu wahren haben, sehr leicht mit den Interessen der Gemeinde in Wider⸗ spruch treten können. Dabei wird zur Klarstellung darauf hingewiesen, daß Voraussetzung des Ausschlusses stets die Innehabung eines besoldeten Amtes ist; Beamte, die lediglich Gebühren beziehen, wie z. B. Notare, sind dem⸗ gemäß nicht ausgeschlossen.
„Die in den Nummern 2 und 3 genannten Angestellten und Arbeiter sind wegen ihres engen Verhältnisses zur
Gemeinde von der Berufung ausgeschlossen.
Zwischen den Krankenkassen und den Gemeinden bestehen namentlich auf dem Gebiete des Fürsorgewesens enge Zusammenhänge und gewisse Interessengegensätze. Aus diesen Gründen war auch der Ausschluß der Angestellten öffentlicher Krankenkassen geboten.
„Der Ausschluß der Geistlichen entspricht der Entwicklung der rechtlichen Beziehungen zwischen Staat und Kirche—
— Einer ausnahmslosen Durchführung dieser Grundsätze
stehen jedoch nach zwei Richtungen hin Bedenken entgegen: 1. Die in § 45 vorgesehene Einrichtung des Probejahres wird insbesondere Beamte, die bereits im öffentlichen Dienst fest angestellt sind, sehr oft davon abhalten, einer Berufung in das Amt eines hauptamtlichen Bürger⸗ meisters oder Beigeordneten zu folgen, wenn sie gezwungen sind, vor Ausspruch der Berufung aus ihrem bisherigen Amte auszuscheiden. Deshalb läßt 42 Abs. 2 Satz 1 die Berufung der in Nr. 1 bis 4 genannten Beamten, Ange⸗ stellten und Arbeiter zum hauptamtlichen Bürgermeister und Beigeordneten dann zu, wenn diese Personen bis zur Unwiderruflichkeit ihrer Berufung, also regelmäßig für die Dauer eines Jahres, beurlaubt sind.
„Namentlich in kleinen Gemeinden, die eine typische Be⸗ völkerungszusammensetzung haben (3. B. Eisenbahner— gemeinden), wird in Ermangelung sonstiger geeigneter Personen mitunter das Bedürfnis bestehen, zur Ver⸗ waltung ehrenamtlicher Beigeordnetenstellen auch auf den in Abs. 1 Nr. J bis 4 genannten Personenkreis zurückzu⸗ greifen. Diese Möglichkeit eröffnet 5 42 Abs. 3 Satz 2 mit besonderer Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
Zu § 43:
„Sz 43 entspricht dem selbstverständlichen Erfordernis einer sauberen Gemeindeverwaltung. Es muß in Zukunft nach den Erfahrungen vergangener Jahre auch nur der An⸗ schein einer Vetternwirtschaft in den Gemeinden unter allen Umständen vermieden werden. Deshalb dürfen nach 5. 43 Bürgermeister und Beigeordnete miteinander nicht bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sein. Nur in Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern wird sich dieser Grundsatz bei den dort mitunter weitgehenden Verwandtschaftsverhältnissen und bei der natürlichen Beschränktheit des für die Be⸗ setzung leitender Gemeindeämter in Betracht kommenden Personenkreises nicht immer durchführen lassen. Deshalb sieht Abs. J Satz? für diese Gemeinden eine Ausnahme⸗ möglichkeit mit besonderer Genehmigung der Aufsichts⸗ behörde vor.
2. Treten Verwandtschafts⸗ oder Schwägerschaftsverhältnisse der obengenannten Art erst im Laufe der Amtszeit ein, p muß zur Erreichung des vorhin bezeichneten Zieles dafür Sorge getragen werden, daß eine der beteiligten Personen alsbald ausscheidet. Die nähere Regelung trifft insoweit 5 43 Abs. 2. Dabei bleibt die Frage, . An⸗ sprüche einem hauptamtlichen Beamten im Falle seines Ausscheidens zustehen, der Regelung im Wege der Durch⸗ führungsverordnung vorbehalten.
Zu § 44: „Sz 44 übernimmt die der Entwicklung des Gemeindever⸗
fassungsrechts entsprechende Berufung der Bürgermeister und Beigeordneten auf bestimmte Amtszeit. Diese Rege⸗
lung geht von dem zutreffenden Gedanken aus, daß eine
stets lebensvolle Gemeindeverwaltung dadurch am besten gewährleistet wird, wenn sie nach bestimmten Zeit⸗ abschnitten durch den Wechsel der leitenden Gemeinde⸗ beamten neue Impulse erhält. Hinzu kommt, daß gerade diese Regelung hervorragend geeignet ist, bei entsprechen⸗ der Befähigung den Aufstieg leitender Gemeinde beamten aus kleineren Gemeinden in große Gemeinden zu fördern. Bei einer zeitlichen Beschräͤnkung der Amtszeit dieser Beamten ist es guf der anderen Seite selbstverständlich erforderlich, VoLVsorge zu treffen, daß die Stetigkeit der Gemeindeverwaltung nicht durch allzu häufigen Wechsel leidet. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hält die Festsetzung einer grundsätzlich zwölfjährigen Amtszeit für hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete die richtige Mitte. Demgegenüber mußte für die ehrenamt⸗ lichen Bürgermeister und Beigeordneten ein anderer Maßstab angelegt werden. Auch für ehrenamtlich ver⸗ waltete Gemeinden kann auf eine gewisse Stetigkeit der Gemeindeverwaltung nicht verzichtet werden. Auf der anderen Seite bedeutet aber die ehrenamtliche Wahr⸗ nehmung eines solchen Amtes eine so weitgehende Be⸗ lastung des einzelnen, daß insoweit die Festlegung einer sechsjährigen Amtszeit zutreffend erschien.
„Nach Ablauf der Amtszeit scheiden Bürgermeister und Beigeordnete grundsätzlich aus ihrem Amte aus und erhalten, soweit sie hauptamtlich tätig waren, das ihnen nach der Beamtengesetzgebung zustehende Ruhegehalt. Diese grundsätzliche Regelung erfährt jedoch durch die Vorschrift des 44 nach zwei Richtungen hin Ausnahmen: a) Ist die Wiederberufung eines hauptamtlichen
Bürgermeisters oder Veigéeordneten zu gleichen Be⸗ dingungen, insbesondere zu gleichen Bezügen, in Aussicht genommen, so muß er der Berufung auf jeweils zwölf weitere Jahre Folge leisten; andern—⸗ falls geht er seiner Rechte aus der bisherigen An⸗ stellung verlustig. Diese Regelung ist deshalb erforderlich, weil es nich verantwortet werden kann, daß Beamte lediglich auf Grund ihrer eigenen Ent⸗ schließung mitunter im besten Mannesalter mit relativ hohen Bezügen in den Ruhestand treten. Ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete sind verpflichtet, auch über den Ablauf ihrer Amtszeit hinaus das Amt bis zum Amtsantritt des Nach⸗ folgers fortzuführen. Diese Vorschrift ist im Interesse eines reibungslosen Fortgangs der Verwaltung erforderlich.
3. Die Vorschrift des 5 44 Abs. 2 stellt insoweit eine Neue⸗ rung dar, als sie nach Lage des Einzelfalles und nach näherer Bestimmung in der Hauptsatzung zuläßt, daß hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete nach Ab⸗ lauf mindestens einer zwölfjährigen Amtszeit auf Lebens⸗ zeit wiederberufen werden. Dadurch soll den Gemeinden ermöglicht werden, Beamte, die in ihrer bisherigen Amtsführung ganz besondere Eignung erwiesen haben, endgültig an die Gemeinde zu binden.
Zu § 45: Die Vorschrift des 5 45 übernimmt aus dem Preußischen Gemeindeverfassungsgesetz die Einrichtung des sogenannten Probejahres. Danach kann die zuständige Be⸗ hörde unter Mitwirkung der in Abs. 1 Satz 2 genannten Stellen die Berufung zum Bürgermeister oder Beigegrdneten bis zum Schluß des ersten Amtsjahres jederzeit zurücknehmen. Diese Regelung entspricht der Erfahrung, daß bei der Be⸗ deutung der Stellen der Bürgermeister und Beigeordneten für Gemeinde, Volk und Staat unbedingte Vorsorge dagegen getroffen werden muß, daß nicht solche Persönlichkeiten auf zwölf Jahre in diese wichtigen Aemter gelangen, die hierfür nicht in vollem Umfange geeignet sind. Dabei liegt es in der besonderen Eigenart dieser Stellen, daß sich die Eignung einer Persönlichkeit nicht ohne weiteres aus einer bestimmten Vorbildung oder aus der bisherigen Tätigkeit ergibt, daß sie sich vielmehr regelmäßig erst bei der Amtsführung in einer derartigen Stelle erweist.
Bei dieser Regelung ist auf der anderen Seite nicht ver⸗ kannt worden, daß die Einrichtung des Probejahres die Stel⸗ lung der Bürgermeister und Beigeordneten im ersten Amts⸗ jahre unsicher gestaltet. Dieser Nachteil muß aber gegenüber dem obengenannten Ziel der Sicherung bester Besetzung dieser Stellen in Kauf genommen werden. Er wird im uͤbrigen durch zwei besondere Vorschriften erheblich herabgemindert:
L. Nach 5 45 Abs. 2 kann die zuständige Behörde schon vor
Ablauf des ersten Amtsjahres auf die Zurücknahme der
Berufung verzichten. Steht danach schon nach einer ge⸗
wissen Zeit auf Grund der bisherigen Amtsführung die
Eignung eines Bürgermeisters oder Beigeordneten für
dieses Amt außer jedem Zweifel, so kann das Probejahr
abgekürzt werden. Dabei wird darauf hingewiesen, daß die Gemeindeordnung abweichend von der Regelung des
Preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes diese Möglichkeit
nicht auf frühere Beamte des Reichs, eines Landes, einer
Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes beschränkt,
sondern für jeden zum Bürgermeister und Beigeord⸗
neten Berufenen offenhält.
Auf Grund des 5 45 Abs. 3 wird der Reichsminister des
Innern die rechtlichen Folgen im Falle der Zurücknahme
der Berufung bei hauptamtlichen Bürgermeistern und
Beigeordneten regeln. Dabei ist in Aussicht genommen,
k. Personen, die vor ihrer Berufung nicht im
Beamtenverhältnis gestanden haben, ein Uebergangsgeld
zu geben. Personen, die vor ihrer Berufung als Beamte
im Dienst des Staates (des Reiches einschließlich der
Länder), einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes
standen, sollen grundsätzlich in ihr früheres Dienstver⸗
hältnis zurückübernommen werden. Dabei wird auch die
Rechtsstellung dieser Personen für den Fall geregelt
werden, daß ihre Rückübernahme nicht sofort möglich ist
oder daß sie aus Gründen, die auch sonst der Ernennung eines Beamten entgegenstehen, nicht in Betracht kommt.
Zu 5§ 46: Daß die Bürgermeister und Beigeordneten vor ihrem Amtsantritt zu vereidigen sind, entspricht den all⸗ gemeinen Grundsätzen des Beamtenrechts. Die Vereidigung nimmt bei dem Bürgermeister die Aufsichtsbehörde, bei den Beigeordneten der Bürgermeister vor; dabei ist Gelegenheit egeben, entsprechend der , der Neuberufung eines eitenden Gemeindebeamten, mit dieser Vereidigung eine feierliche Einführung in öffentlicher Sitzung der Gemeinde⸗ räte zu verbinden.
Zu 5 47: 5 47 ermöglicht die Beibehaltung altüberkom⸗ menen Brauchtums in manchen Gemeinden und die Einfüh⸗