1935 / 28 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 Feb 1935 18:00:01 GMT) scan diff

Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 28 vom 2. Februar 1935. S. 2

über den Normalsätzen erhöhte Tilgung auch dann er⸗ forderlich, wenn der unmittelbare wirtschaftliche Nutzen des Darlehens gering ist. Derartige Darlehen sollen die Gemeinden überhaupt nur dann aufnehmen, wenn sie nach ihrer gesamten Finanzlage zu einer schnellen Tilgung in der Lage sind. Soweit die Gemeinden nach den oben erwähnten Grundsätzen verpflichtet sind, Darlehen intern zu tilgen, ist es von ausschlaggebender d, ,. daß sie die zu diesem Zweck angesammelten Tilgungsbeträge aus— schließlich für die Rückzahlung bereithalten. Deshalb schließt 8 S0 Abs. 3 die Verwendung derartiger Tilgungs⸗ rücklagen für andere Zwecke grundsätzlich aus.

Zu 8 81: Die Vorgänge der Vergangenheit haben gezeigt, daß die Aufnahme sogenannter Kassenkredite für die Gemein⸗ den besondere Gefahren in sich tragen kann. Das Gesetz geht deshalb grundsätzlich davon aus, daß jede Gemeinde in erster Linie bestrebt sein muß, einen Kreditbedarf zur Ueberbrückung des Auseinanderfallens von Einnahmen und Ausgaben im ordentlichen Haushaltsplan aus eigenen Mitteln, der soge⸗

nannten Betriebsrücklage, zu decken (ogl. 5 81 Abs. 23. Ist dies

nicht möglich, so läßt es die Aufnahme von Kassenkrediten zu, jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen:

1. Es ist bei der Notwendigkeit des reibungslosen Ablaufs der gemeindlichen Kassenführung nicht möglich, jeden Kassenkredit einer Gemeinde der besonderen Genehmigung zu unterwerfen. Auf der anderen Seite kann aber auf eine Beaufsichtigung der Kassenkreditgebarung der Ge⸗ meinden nicht vbllig verzichtet werden. Deshalb schreibt §s 81 Abs. 1 vor, daß Kassenkredite nur auf Grund einer Ermächtigung in der Haushaltssatzung aufgenommen werden dürfen und daß der dafür in der Haushaltssatzung vorgesehene Höchstbetrag der aufsichtlichen Genehmigung bedarf. Die Aufnahme von Kassenkrediten jeder Art außerhalb einer solchen Ermächtigung ist danach in Zu⸗ kunft unwirksam. Entsprechend der Rechtsnatur der Haushaltssatzung als einer Jahressatzung sieht 8 81 darüber hinaus vor, daß mit Ablauf des Rechnungsjahres die Ermächtigung zur Aufnhme weiterer Kassenkredite vorbehaltlich der Ausnahmefälle des 5 87 endet. Dabei sind am Schluß des Rechnungsjahres noch nicht zurück— gezahlte Kaffenkredite in den für das neue Rechnungsjahr zu genehmigenden Höchstbetrag einzurechnen.

Nach der materiellen Seite hin bestimmt 8 81 eine Häöchst⸗ grenze, bis zu der Kassenkredite aufgenommen werden dürfen. Er geht dabei davon aus, daß Kassenkredite ihrer Natur nach stets in einem angemessenen Verhältnis zu den Einnahmen des ordentlichen Haushaltsplans, aus denen sie später wieder abgedeckt werden, stehen müssen. Die im Gesetz für die Aufnahme von Kassenkrediten vor⸗ gesehene Höchstgrenze (ein Sechstel des haushaltsmäßigen ordentlichen Einnahmesolls ist insbesondere bei größeren Gemeinden sehr hoch. Nur in Ausnahme⸗ sällen darf deshalb die Aufsichtsbehörde bei der Genehmi⸗ gung des Gefamtbetrages eine Ueberschreitung dieses Höchstsatzes zulassen.

Hinfichtlich der Rückzahlungsdauer schreibt das Gesetz vor, daß jeder Kassenkredit aus Einnahmen des ordentlichen Haus⸗ haltsplans des laufenden Rechnungsjahres oder sonst inner— halb von neun Monaten abzudecken ist. Von besonderer Be⸗ deutung ist ferner, daß die Verwendung von Kassenkrediten für Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplans in jedem Falle ausgeschlossen wird. Diese Vorschrift findet ohne weiteres ihre Begründung in den Folgen, die sich aus der Finanzgebarung mancher Gemeinden in früheren Jahren er⸗ geben haben.

4. Abschnitt. Haushalt.

Zu 8 82: Der § 82 bestimmt die Dauer der gemeind⸗ lichen Haushalts- und Rechnungsperiode. In Verbindung mit den Vorschriften der S5 S3, 95 ergibt er, daß jede Gemeinde für einen bestimmten Zeitraum, das Rechnungs⸗ jahr, die Einnahmen und Ausgaben in einem Haushaltsplan zu veranschlagen hat und daß nach Ablauf des Rechnungs⸗ jahres über diese Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen ist.

S 82 verzichtet darauf, selbständig für die Gemeinden das Rechnungsjahr zu bestimmen. Aus zwingenden Gründen ein⸗ heitlicher Finanzgebarung des Reichs und der Gemeinden schreibt er vielniehr vor, daß das Rechnungsjahr der Ge⸗ meinde sich jeweils mit dem Rechnungsjahr des Staates (Reiches) deckt. Dieses ist zur Zeit in 8 2 RHS. dahin be⸗ grenzt, daß es mit dem 1. April beginnt und mit dem 51. März schließt. Sollte der Staat diese Festlegung einmal ändern, fo hat das die Aenderung des gemeindlichen Rech⸗ nungsjahres ohne weiteres im Gefolge.

Durch die Vorschrift des 5 82 werden länger dauernde, insbesondere mehrjährige Haushalts- und Rechnungsperioden, soweit sie landesrechtlich für bestimmte Gemeinden noch zu⸗ gelassen sind, beseitigt. Das ist gerechtfertigt, weil sich die Einnahmen und Ausgaben für einen längeren m als ein Rechnungsjahr nicht hinreichend übersehen lassen.

Zu 83: Die Uebernahme des Rechtsinstituts der Haus⸗ haltssatzung in die Deutsche Gemeindeordnung trägt dem grundlegenden Strukturwandel Rechnung, den si auch hin⸗ sichtlich des sogenannten Haushalts- und Steuerbewilligungs⸗ rechts herbeiführt. Nach den früheren Gemeindeordnungen gehörten diese Rechte zu den hervorragendsten Befugnissen der gemeindlichen Vertretungskörperschaften. Diese ermächtigten durch ihre Beschlüsse den Leiter der Gemeinde zur Bewirkung bestimmter Ausgaben im Rahmen der Ansätze und Zweck— bestimmungen des Haushaltsplanes und zur Erhebung be⸗ Him mtr Einnahmen. Eine Ueberschreitung der durch diese Beschlüsse gesteckten Grenzen war dem Leiter der Gemeinde grundsätzlich verwehrt.

Nach der Neuordnung der Gemeindeverfassung gibt es in Zukunft eine Vertretungskörperschaft nicht mehr. Vielmehr liegt nunmehr die gesamte Verwaltung, d. h. sowohl die Ent⸗ schließung als auch der Vollzug beim Bürgermeister. Daraus ergibt i, daß er den Haushaltsplan feststellt und zugleich ausführt. Ohne besondere Vorsorge würde der Haushalts⸗

lan damit bestenfalls zu einem bloßen Wirtschaftsplan herab inken, den der Buͤrgermeister ebenso, wie er ihn feststellt, auch jederzeit ohne weitere Bindungen ändern könnte. In einem . . würden für eine stetige, geordnete und spar⸗ ame Wirtschaftsführung ganz erhebliche Gefahren liegen.

Aus diesem Grunde kleidet 8 83 die ,, des Haus⸗ haltsplanes in die Form einer Satzung, die damit die wesent⸗

lich gleiche Funktion übernimmt wie der frühere Haushalts⸗ und Steuerbewilligungsbeschluß. Diese Haushaltssatzung kommt in einem bestimmten formalen Verfahren zustande (S5 84, S6); ihre Aenderung ist nur in dem gleichen Verfahren, durch Festsetzung einer Nachtragssatzung, zulässig (6 83). Der in diesem Verfähren im Rahmen der Haushaltssatzung fest⸗ gestellte Haushaltsplan bildet die Grundlage für die Verwal⸗ tung aller Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde. Der Bürgermeister hat die Verwaltung nach diesem Plane zu führen (G S9) und darf die durch den Plan gezogenen Grenzen nur im Rahmen der Vorschrift des 5 91 und bis zu dem in F 88 bestimmten Höchstmaß überschreiten.

Durch diese Vorschriften wird erreicht, daß das Wesen des Haushaltsplanes als einer die Wirtschaftsführung des Bürgermeisters bindend bestimmenden Norm auch in Zukunft aufrechterhalten bleibt.

Darin erschöpft sich die rechtliche Bedeutung der Haus— haltssatzung aber nicht. In ihr werden mit dem Haushalts⸗ plan weitere Entschließungen des Bürgermeisters von

finanzieller Bedeutung zu einem organischen Ganzen ver⸗

bunden. Damit soll erreicht werden, daß in Zukunft mit der Feststellung des Haushaltsplanes zugleich über die Deckung der vorgesehenen Ausgaben Entscheidung getroffen wird (6 83 Nr. 27), daß Kassenkredite entsprechend ihrem Wesen nur in engster Anlehnung und voller Anpassung an die Ein⸗ nahmeseite des ordentlichen Haushaltsplanes aufgenommen werden (6 83 Nr. 3), und daß der Darlehensbedarf des außer⸗ ordentlichen Haushaltsplanes von vornherein planmäßig auf die Gesamtfinanzlage der Gemeinde abgestellt wird (6 83 Nr. . Diese organische Verbindung verpflichtet den Bürger⸗ meister, die nach 5 83 Nr. 1—4 zu fassenden Entschließungen im Rahmen einer einzigen Satzung zu vereinigen; sie schließt aus, daß in Zukunft Realsteuern, Kassenkredite und Dar⸗ lehen außerhalb der durch die Haushaltssatzung gegebenen Ermächtigungen erhoben bzw. aufgenommen werden können.

Zu z 84: Bei der Bedeutung der Haushaltssatzung für das Gemeindeleben muß unter allen Umständen angestrebt werden, daß diese Satzung rechtzeitig vor Beginn des Rech⸗ nungsjahres vorliegt. Der 5 84 verpflichtet deshalb den Bürgermeister, die Vorbereitung der Satzung so zeitig in An⸗ griff zu nehmen, daß sie dementsprechend rechtzeitig festgestellt und öffentlich bekanntgemacht werden kann. Er muß danach dafür Sorge tragen, daß die Verhandlungen mit den Ge— meinderäten und seine endgültige Entschließung spätestens einen Monat vor Beginn des Rechnungsjahres erledigt sind. Andernfalls ist die Aufsichtsbehörde zum Eingreifen berechtigt.

Zu 8 85:

1. Der 8 85 Abs. 1 enthält zwei für das Haushaltsrecht besonders wesentliche Vorschriften. Er legt den Grund⸗ satz der Vollständigkeit des Haushaltsplanes und den für jede auf die Dauer gesunde Finanzwirtschaft unerläß— lichen Grundsatz des Haushaltsausgleichs gesetzlich fest. a) Zweck des Haushaltsplanes ist, ein völlig umfassendes

Bild der Jahresfinanzwirtschaft der Gemeinde zu geben. Dazu gehört in erster Linie, daß alle voraus⸗ sehbaren Einnahmen und Ausgaben nach zu⸗ verlässiger Schätzung in dem Gesamtwerk des Haus⸗ haltsplanes vereinigt werden (Grundsatz der Voll⸗ ständigkeit des Haushaltsplanes). Durch die Vor— schrift des Z 85 wird so die Bewirtschaftung irgend⸗ welcher Einnahmen und Ausgaben außerhalb des Haushaltsplanes, auch im Rahmen etwaiger Sonder⸗ haushaltspläne, grundsätzlich ausgeschlossen (Grund⸗ fatz der sachlichen Einheit des Haushaltsplanes).

P) Der finanzpolitische Zweck des Haushaltsplanes liegt darin, daß in ihm dle Ausgaben, die durch Verfol⸗ gung bestimmter kommunalpolitischer Ziele ent⸗ ö und die zur Verfügung stehenden Deckungs⸗ mittel zum Ausgleich gebracht werden müssen. Ohne ausgeglichene Haushaltspläne ist eine gesunde Finanzwirtschaft öffentlicher Körperschaften, wie eine nicht weit zurückliegende Vergangenheit lehrt, undenkbar. Deshalb stellt 5 85 Abs. 1 mit Recht den Grundsatz auf, daß die Ausgaben unter Ein⸗ beziehung von Fehlbeträgen aus Vorjahren mit den Einnahnien auszugleichen sind. Das Gesetz stellt da⸗ mit mit vollem Bewußtsein und mit voller Ein⸗ deutigkeit fest, daß in der Gemeinde für finanz⸗ politische Experimente irgendwelcher Art auf Kosten des Haushaltsausgleichs kein Raum ist. Verletzen die Gemeinden diese Vorschrift, so ist es unter allen Umständen Sache der Aufsichtsbehörde, diesem ein⸗ deutigen Willen des Gesetzes Geltung und Anerken⸗ nung zu schaffen.

2. Die Vorschrift des 5 85 Abs. 2 bestätigt das Steuer- und Abgabeerhebungsrecht der Gemeinden, dessen nähere Regelung im übrigen einem Reichsgemeindeabgaben⸗

üg vorbehalten bleibt. Sie stellt jedoch bereits im

Anschluß an den früheren Rechtszustand fest, daß eine Be⸗

lastung der Einwohner mit Steuern und Abgaben nur

dann zulässig ist, wenn sonstige Einnahmen, z. B. aus

Steuerüberweisungen, Vermögen, privatrechtlichen Ent⸗

gelten uswt, zur Deckung der Ausgaben nicht ver⸗

fügbar sind.

Zu § 86:

1. Aus 8 84 ergibt sich, daß jede Haushaltssatzung der Auf⸗ sichtsbehörde spätestens einen Monat vor Beginn des Rechnungsjahres vorzulegen ist. Diese Vorlage dient in erster Linie der Unterrichtung der Staatsaufsicht über die Finanzverhältnisse der Genieinden im Aufsichtsbezirk; stellt die Aufsichtsbehörde in den n nn, Ver⸗ stöße gegen zwingende Vorschriften und Grundsätze des formellen und materiellen Haushaltsrechts fest, so hat sie hiergegen nach den Vorschriften über die Staatsaufsicht einzuschreiten.

In 886 ist demgegenüber die Frage beantwortet, in⸗ wieweit die Haushaltssatzungen der y ,, der Aufsichtsbehörde bedürfen. Die Vorschrift geht dabei von dem Grundfatz der Genehmigungsfreiheit dieser Satzungen aus, da ein Anlaß, die Aufsichtsbehörde über die nach §z 584 gegebene Informationsmöglichkeit hinaus in das Feststellungsverfahren einzuschalten, dann nicht vorliegt, wenn nicht einer der in 5 86 Abs. 1 genannten Tat⸗ bestände gegeben ist. Dagegen ist ein Genehmigungsvor⸗ behalt dann geboten, wenn

a) die Höhe der Steuersätze der sogenannten Jahres⸗ steuern' gesetzlich vorgesehene Grenzen überschreitet,

1

wenn also die Finanzwirtschaft der Gemeinde dia Leistungskraft der Einwohner über bestimmte Sätze und Maßstäbe hinaus in Anspruch nimmt,

b) die Gemeinde Kassenkredite aufnehmen will, da nach den Erfahrungen der Vergangenheit eine strenge Ueberwachung solcher Kreditaufnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit zu den Einnahmen des ordent⸗

lichen Haushaltsplanes unabweisbar ist,

c) Darlehensaufnahmen im außerordentlichen Haus⸗ haltsplan vorgesehen sind, da jede weitere Verschul⸗ dung der Gemeinden sorgsamster Prüfung bedarf.

2. An der Haushaltssatzung ist die Einwohnerschaft als Trägerin der Gemeindelasten in hervorragendem Maße interessiert. Deshalb schreibt 8 86 Abs. 2 die öffentliche Bekanntmachung der Haüshaltssatzung vor. Erst mit dieser Veröffentlichung wird die Haushaltssatzung rechtsgültig und damit vollziehbar. Zeitlich darf die Bekanntmachun bei Genehmigungspflicht der Satzung nach § 86 Abs. ö erst nach Ausspruch der Genehmigung, im übrigen erst angemessene Zeit nach Vorlage der Satzung an die Auf⸗ sichtsbehörde erfolgen.

.Die Haushaltssatzung gibt in der Form, wie sie nach S Ss Abf. 2 veröffentlich! wird, nur einen Ueberblick über gewisse Endzahlen des Haushaltsplanes, über die Steuer⸗ sätze, den summenmäßigen Höchstbetrag der Kassenkredite und den Gesamtdarlehensbetrag im außerordentlichen Haushaltsplan. Das Gesamtzahlenwerk des Haushalts⸗ planes ist in der Veröffentlichung nicht enthalten. Es entspricht jedoch einem anzuerkennenden Bedürfnis nach Publizität der Gemeindefinanzwirtschaft, wenn den kom⸗ munalpolitisch interessierten Einwohnern auch die Mög⸗ lichkeit eines Einblicks in den Haushaltsplan gegeben wird. Deshalb schreibt 5 86 Abs. 3 vor, daß der Haus— haltsplan gleichzeitig mit der Bekanntmachung der Haus—⸗ haltssatzung eine Woche lang öffentlich auszulegen ist.

Bemerkt wird hierbei, daß eine Auslegung des Ent⸗ wurfs des Haushaltsplanes, wie sie nach früherem Recht in manchen Landesteilen vorgesehen war, nicht mehr statt⸗ 6, Diese landesrechtlichen Vorschriften haben in der

ergangenheit ihre Zielsetzung kaum erreicht; von der Einsichtnahme in den Entwurf wurde nur ein uner⸗ wartet geringer Gebrauch gemacht.

Zu S 87): Wenn auch § 86 bestrebt ist, die rechtzeitige Fest⸗ stellung der Haushaltssatzung zu sichern, werden sich immer wieder Fälle ergeben, in denen bei Beginn des Rechnungs⸗ jahres eine rechtsgültige Satzung noch nicht vorliegt. Hinzu⸗ weisen ist hier z. B. auf die Fälle, in denen eine Genehmigung nicht erteilt wird (6 86). Es ist selbstverständlich, daß auch in diesen Fällen bis zum späteren Zustandekommen der Satzung die Gemeindewirtschaft möglichst reibungslos weitergeführt werden muß. In der Finanzwissenschaft und der Finanzwirt⸗ schaft haben sich für diese . bestimmte Grundsätze aus⸗ gebildet, die die Wirtschaft der Gemeinde in diesem Zeitraum regeln. Die Vorschrift des 8] schließt sich diesen Grundsätzen an und trifft Vorschriften für die Ausgabe⸗ und Einnahme⸗ . für die Aufnahme von Kassenkrediten und von Dar⸗ lehen bis zum Zustandekommen der Haushaltssatzung. Einer besonderen Begründung bedürfen diese Vorschriften nicht.

Zu 58 88:

.Es ist bereits in der Begründung zu § 83 ausgeführt, daß die in der Haushaltssatzung getroffenen Festsetzungen den Bürgermeister binden. Diese Bindung wirkt sich nach zwei Richtungen aus: er darf auf der einen Seite die in der Haushaltssatzung getroffenen Festsetzungen grundsätzlich nicht überschreiten; er . andererseits diese Festsetzungen nicht beliebig ändern. Nun kann sich allerdings auch eine gewissenhaft aufgestellte Haushalts- satzung im Laufe des Rechnungsjahres als unzureichend erweifen, wenn sich etwa die wirtschaftlichen Verhältnisse oder auch bestimmte gesetzliche Grundlagen ändern. In olchen Fällen wird eine Aenderung der Haushalts- atzung oft unabweisbar sein. Diese Aenderung kann der Leiter der Gemeinde um des bindenden Charakters der Haushaltssatzung willen jedoch nicht durch einfache Entschließung, sondern immer nur durch Erlaß einer Nachtragssatzung herbeiführen, die nach den gleichen . We griffen zustande kommt wie die Haus⸗ altssatzung selbst.

8 88 Abs. 2 spricht für bestimmte Fälle die für den

Bürgermeister bindende Verpflichtung zum Erlaß einer

Nachtragssatzung aus.

a) Auf die Bedeutung eines ausgeglichenen Haushalts planes für eine gesunde und geordnete Finanzwirt⸗ schaft ist bereits in der Begründung zu § S5 hin⸗ gewiesen. Es kommt nun nicht nur darauf an, einen ausgeglichenen Haushaltsplan au fgzustellen; . wichtig ist es, daß der Ausgleich im Laufe des Rechnungsjahres aufrechterhalten bleibt. Es ist

deshalb vornehmste Pflicht des Bürgermeisters, die

Haushaltswirtschaft, insbesondere die

wirtschaft, so zu gestalten, daß jeder Fehlbetrag ver⸗

mieden wird. Ist dies auch bei Ausnutzung aller

Sparmöglichkeiten nicht zu erreichen, s;o muß der

Bürgermeister eine Nachtragssatzung erlassen, wenn

hierdurch z. B. im Wege der Erhöhung von Ein⸗

nahmen ein Ausgleich herbeigeführt werden kann.

Grundgedanke diefer Regelung ist, daß es finanz⸗

wirtschaftlich stets vorzuziehen ist, Fehlbeträge

überhaupt nicht entstehen zu lassen, als ihre Deckung der Sorge späterer Jahre vorzubehalten.

b) Der § 9 hält die Möglichkeit überplanmäßiger und außerplanmäßiger Ausgaben im ordentlichen Hgus— haltsplan unter bestimmten Voraussetzungen offen. Eine unbeschränkte Zulassung derartiger Haushalts⸗ überschreitungen wurde jedoch die vom Gesetz ge⸗ wollte Bindung des Bürgermeisters an die Fest⸗ setzungen der Haushaltssatzun weitgehend gegen⸗ standstos machen. Deshalb sieht 8 88 Abs. 2 Nr. 2 bor, daß eine Nachtragssatzung auch dann aufgestellt werden muß, wenn über⸗ oder außerplanmäßige Ausgaben in erheblichem Umfange zu leisten sind. Wann dies der Fall ist, ist Tatfrage.

Zu 89:

1. 5 89 bringt die zentrale Bedeutung der Haushaltssatzung und insbesondere des Haushaltsplanes für die Ver— waltung aller Einnahmen und Ausgaben zum Ausdruck. Wie nach 5 85 Abs. 1 der Haushaltsplan alle voraus—⸗

Ausgaben⸗

Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 28 vom 2. Februar 1935. S.

ehbaren Einnahmen und Ausgaben des Rechnungs⸗ jahres enthalten muß, so ist auch im Laufe des Rechnungsjahres keine Einnahme oder Ausgabe denk⸗ bar, die nicht im Rahmen der Haushaltssatzung abge⸗ wickelt werden müßte. Die Vorschrift entspricht dem⸗ nach dem Bedürfnis einer jederzeit klaren Finanz gebarung und der Unterbindung jeder Verschleierung (z. B. schwarze Fonds usw..

„Schon aus der rechtlichen Bedeutung der Haushalts⸗ satzung ergibt sich die Bindung des Bürgermeisters an die Zweckbestimmungen und e,, des Haus halts⸗ planes. 5 89 spricht diese Verpflichtung nochmals be⸗ sonders aus. Darüber hinaus stellt er im Einklang mit Wissenschaft und Rechtsentwicklung klar, daß die Aus⸗ gabenseite des Haushaltsplanes für den Bürgermeister nur eine Ermächtigung darstellt. Der Bürgermeister wird danach durch den Haushaltsplan zur Leistung von Ausgaben zu den im Haushaltsplan bezeichneten Zwecken und bis zur dort vorgesehenen Höhe nur ermächtigt, nicht auch verpflichtet. Er darf von dieser Ermächtigung zeitlich und sachlich nur insoweit Gebrauch machen, als dies mit den Grundsätzen wirtschaftlicher und sparsamer Verwaltung in Einklang steht. Verletzt er diese Grund⸗ sätze, so kann dies bei Vorliegen der Voraussetzungen des Sz 92 seine persönliche Haftung zur Folge haben.

Zu 8 90: Es hat in der Vergangenheit nicht un— wesentlich zu den finanziellen Schwierigkeiten mancher Ge⸗ meinden beigetragen, daß sie in Verkennung der Grundsätze einer vorsichtigen Finanzpolitik in weitem Umfange Vor— haben des außerordentlichen Haushaltsplanes aus lau⸗ fenden Einnahmen oder aus Kassenkrediten vorfinanziert haben in der Erwartung, diese Vorgriffe später durch Auf⸗ nahme von Darlehen abdecken zu können. In zahlreichen

ällen hat sich diese Erwartung nicht erfüllt und damit die

olgen herbeigeführt, die zum Teil noch heute die Finanz— gebarung mancher Gemeinden aufs schwerste belasten. Es war deshalb geboten, eine solche mißbräuchliche Verwendung von Mitteln des ordentlichen Haushaltsplanes und von Kassenkrediten für Zwecke des außerordentlichen Haushalts- planes in Zukunft ausdrücklich zu verbieten. Es ist nunmehr den Gemeinden durch die Vorschrift des § 90 allgemein untersagt, Vorhaben, deren Kosten aus Mitteln des außer— ordentlichen Haushaltsplanes ganz oder teilweise zu decken sind, in Angriff zu nehmen, bevor die dafür vorgesehenen Einnahmen eingegangen sind oder bevor der rechtzeitige Ein— gang dieser Einnahmen rechtlich und tatsächlich gesichert ist.

Dabei wird zur Klarstellung darauf hingewiesen, daß sich dieses Verbot nicht nur auf solche Vorhaben erstreckt, die im außerordentlichen Haushaltsplan vorgesehen sind, sondern auf jedes Vorhaben, das seiner Natur nach aus Mitteln des außerordentlichen Haushaltsplanes ganz oder teilweise zu decken ist.

Zu § 91:

Es ist bereits in der Begründung zu 5 88 angedeutet, daß der Haushaltsplan das Ergebnis einer Schätzung ist und sich dementsprechend im Laufe des Rechnungsjahres in seinen Ansätzen und Zweckbestimmungen als unzu⸗ reichend erweisen kann. Die Gemeinde muß deshalb jedenfalls in gewissem Umfange die Möglichkeit haben, in solchen besonderen Fällen von den Festsetzungen des Haushaltsplanes abzuweichen. Deshalb läßt 8 91 Abs. 1 die Leistung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Ausgaben, die zum ordentlichen Haushaltsplan gehören,

insoweit zu, als sie nicht erheblichen Umfang annehmen

vgl. Z 88). Es ist aber mit einer geordneten Finanz böielme . ; e ,, ,. wel. r fd ͤ 9 ö . (G8 105) vor und enthält selbst nur wenige grundsätzliche Vor—⸗

wirtschaft nicht vereinbar, wenn jeder mit der Ausfüh⸗ rung des Haushaltsplanes befaßte Beamte oder Ange⸗ stellle derartige Ueberschreitungen selbständig verfügen kann. Deshalb bindet 5 91 Abs. 1 jede Haushaltsüber⸗ schreitung an die ausdrückliche vorherige Zustimmung des Bürgermeisters oder des von ihm besonders ermäch⸗ tigten Beigeordneten, die eine solche Zustimmung nur bei unabweisbarem Bedürfnis erteilen dürfen ((igl. §z 33 RHO.). Praktisch wird dabei diese Ermächtigung neben dem allgemeinen Vertreter ausschließlich dem Stadtkämmerer zu geben sein, der allein einen hinreichen⸗ den Ueberblick über die gesamte Finanzlage der Gemeinde hat. Eine weitere Sicherung gegen ein Uebermaß von Haushaltsüberschreitungen liegt auch darin, daß der §55 Abs. 1 Nr. 13 grundsätzlich die vorherige Beratung über⸗ und außerplanmäßiger Ausgaben mit den Gemeinde⸗ räten vorschreibt.

In ihrem rechtlichen Gehalt hat die Vorschrift des 8§8 91 Abs. 1 nur interne haushaltsrechtliche Bedeutung. Ausgaben, die unter Außerachtlassung dieser Vorschrift 3 werden, sind demnach zivilrechtlich gültig.

Wegen der Haftung von Gemeindebeamten und An— gestellten, die ohne Zustimmung gemäß § 91 Abs. 1 den Haushaltsplan überschreiten, wird auf 5 93 Bezug ge⸗— nommen.

. Besondere Vorsichtsmaßnahmen sind bei Haushaltsüber⸗— schreitungen geboten, die zum außerordentlichen Haus— haltsplan gehören. Hier liegen nach allen Erfahrungen ganz erhebliche Gefahrenmomente für die Gemeinden. Im übrigen greifen derartige Ausgaben sehr leicht auch späteren Entschließungen der Aufsichts behörde, z. B. über die Genehmigung eines durch die Ueberschreitung ein— tretenden Darlehnsbedarf, vor. Aus diesen Gründen verbietet 5 91 Abs. 2 Ueberschreitungen des außerordent⸗ lichen Haushaltsplanes durch über- und außerplanmäßige Ausgaben ausnahmslos. Es ist in jedem Falle eine Nachtragssatzung erforderlich. Die Gemeinden sollen nr gerade auf dem Gebiet, das zur Verschuldung ührt, zur absoluten Planmäßigkeit in der Haushalts— führung gezwungen werden.

Hinsichtlich der Rechtswirkung einer Uebertretung dieser Vorschrift wird auf das zu Abs. 1 Gesagte ver— wiesen; es gilt entsprechend.

„Es genügt praktisch nicht, Haushaltsüberschreitungen im eigentlichen Sinne den strengen Vorschriften des § 91 zu unterstellen. Die die Mehrausgabe herbeiführende Zahlungsanweisung folgt häufig mehr oder weniger wangsläufig aus den vorhergegangenen Schritten der

erwaltung. Was deshalb für die Anweisung der eine , , n,, , darstellenden Zahlung gilt, muß entsprechend auch auf die Anordnung von er h n Anwendung finden, durch die später über⸗ oder außerplan⸗ mäßige Ausgaben notwendig entstehen müssen. Sind

derartige Maßnahmen erst einmal getroffen, so ist die Gemeinde regelmäßig nicht mehr in der Lage, sich den Folgen, insbesondere etwaigen Rechtsansprüchen auf Leistung, zu entziehen. Es muß deshalb auch hier ge⸗ fordert werden, daß, soweit ausreichende Mittel für der⸗ artige Maznahmen im Haushaltsplan nicht zur Ver— ir stehen, die für Haushaltsüberschreitungen be⸗ tehenden Bindungen entsprechend gelten. Diesen Ge— danken verwirklicht 5 91 Abs. 3. Die Auswirkungen solcher Anordnungen können den ordentlichen, aber auch den außerordentlichen Haushaltsplan berühren. Je nachdem gilt deshalb für solche Anordnungen die Vor— schrift des Abs. 1 oder des Abs. 2.

Zu 8 92: Wenn der 92 neben den Haftungsvorschriften

des Reichsbeamtengesetzes eine besondere Haftungsbestimmung bei Verstößen gegen die Vorschriften des 4. Abschnitts vor—⸗ sieht, so waren hierfür zwei Erwägungen maßgebend:

1. Eine unbedingte Beachtung der für eine gesunde Finanz⸗ gebarung unerläßlichen Vorschriften dieses Abschnitts erfordert es, daß den mit der Ausführung des Haus⸗ haltsplanes befaßten Beamten und Angestellten ihre persönliche Verantwortlichkeit stets vor Augen steht.

Mit der Ausführung des gemeindlichen Haushalts— planes sind nach den praktischen Gegebenheiten in weitem Umfange auch Angestellte befaßt (3. B. Werksdirektoren usw.). Für diese gelten die Vorschriften des Reichs⸗ beamtengesetzes überhaupt nicht, so daß sich insoweit eine besondere Vorschrift von selbst gebot.

Zu S 93: Die Vorschrift des § 93 entspricht im wesent⸗ lichen der des 5 33 Abs. 3 RHO. und der des § 140 des Preuß. Gemeindefinanzgesetzes. Sie stellt gegenüber der des F 92 eine Sondervorschrift dar, die deshalb erforderlich ist, weil es in jeder öffentlichen Finanzwirtschaft Fälle gibt, die eine unbedingte Beachtung bestimmter Vorschriften des Ge⸗ setzes nicht zulassen.

Nach der Vorschrift des 5 91 dürfen über- und außer— planmäßige Ausgaben des ordentlichen Haushalts grundsätz⸗ lich nur mit Zustimmung des Bürgermeisters oder des von

ihm ermächtigten Beigeordneten, solche Ausgaben, die zum.

außerordentlichen Haushaltsplan gehören, nur auf Grund einer Nachtragshaushaltssatzung geleistet werden. Ent⸗ sprechendes gilt für Maßnahmen, durch die Verbindlichkeiten entstehen können, für die Mittel im Haushaltsplan nicht hin⸗ reichend vorgesehen sind. Ein Beamter oder Angestellter, der ohne eine Zustimmung des Bürgermeisters oder des von ihm ermächtigten Beigeordneten derartige Zahlungen leistet oder Maßnahmen trifft, würde demnach bei Vorliegen des subjek⸗ tiven Tatbestandes nach 5 92 in jedem Falle haften. Eine solche Haftung wäre jedoch in den Notfällen, die 3 83 auf⸗ zählt, unbillig. In solchen Fällen schließt deshalb die ge⸗ nannte Vorschrift die Haftung der gemeindlichen Beamten

und Angestellten für Haushaltsüberschreitungen usw. ohne ausdrückliche Zustimmung des Bürgermeisters oder des

zuständigen Beigeordneten aus, falls der Beamte oder Ange⸗ ftellte den Erfordernissen des 8 93 nachkommt. Auf der anderen Seite schärft er die strenge Haftung ein durch die Aufstellung dieser Erfordernisse.

5. Abschnitt. Kassen⸗, Rechnungs⸗ und Prüfungswesen.

Zu 8 94: Das Gesetz sieht davon ab, das Gebiet des ge⸗ meindlichen Kassenwesens eingehend zu regeln. Es behält vielmehr eine solche Regelung der Durchführungsverordnung

schriften über die Gestaltung des gemeindlichen. Kassenwesens.

1. Für die Frage, wer die Kassengeschäfte in der Gemeinde führen soll, geht das Gesetz davon aus, daß es sich im Inte resse K Sorgfalt der Kassenführung empfiehlt, die Kassengeschäfte in die Hand eines beson⸗ deren Kassenverwalters zu legen.

894 21 Q betont die Grundsätze der Einheitskasse für alle Kassengeschäfte und der zentralen Bewirtschaftung aller gemeindlichen Geldmittel. Sie dienen einer zweck⸗ mäßigen und wirtschaftlichen gemeindlichen Kassenver⸗ waltung.

Der organisatorische Grundsatz der Einheitskasse soll in der Gemeinde seine Verwirklichung durch die Ein⸗ richtung einer Hauptkasse und durch . Beseiti⸗ gung selbständiger Einzelkassen finden. Der Grundsatz der zentralen Bewirtschaftung der gemeindlichen Geld⸗ mittel bildet das kassenwirtschaftliche Seitenstück zu dem organisatorischen Grundsatz der Einheitskasse. Danach sollen nach Möglichkeit alle Einnahmen und Ausgaben, auch soweit sie bei Nebenkassen und Zahlstellen anfallen, in die Bücher und Rechnungen der ö über⸗ gehen. Nur hierdurch kann ein hinreichender Ueberblick über den Zahlungs und Kassenstand und eine hin⸗ reichende e rn an aller Gelder zum Ausgleich der ö auf sämilichen Gebieten gewährleistet werden.

Zu g 95: Das formelle und inhaltliche Gegenstück zum Haushaltsplan ist die Haushaltsr 6 die der Bürger⸗ meister über die Einnahmen und din en des Rechnungs⸗ jahres im ersten Viertel des neuen Rechnungsjahres zu legen hat. Sie ist der Rechenschaftsbericht über das Ergebnis der . und bildet damit die Grundlage für die Rechnungsprüfung und Entlastung.

Ebenso wie der Haushaltsplan alle voraussehbaren Ein⸗ nahmen und Ausgaben des Rechnungsjahres enthalten muß, muß auch die Rechnung ein vollständiges Bild aller tat⸗ ächlich geleisteten Ausgaben und erhobenen Einnahmen geben. Eine Abwicklung von Ausgaben und Einnahmen außerhalb der Rechnung gibt es grundsätzlich nicht.

Es ist selbstverständlich, daß nach Uebertragung der Rechnungsprüfung auf eine überörtliche Stelle und der Ent⸗ lastung auf die . eine möglichste Einheitlichkeit des gemeindlichen Rechnungswesens unabweisbar ist.

Zu § 96:

1. Es ist vielfach als ein Mangel des Preußischen Ge⸗ meindefinanzgesetzes empfunden worden, daß es in Durchführung des Grundsatzes ausschließlicher Verant⸗ wortlichkeit des Bürgermeisters nach oben eine Beteili⸗ ung der Gemeinderäte bei der Rechnungslegung und

. nicht vorsah. Eine solche Regelung birgt die Gefahr in sich, daß das Interesse der Gemeinde⸗

räte an ihrer Arbeit erlahmt, wenn sie über die Ab⸗ wicklung des Haushaltsplans, bei dessen Zustandekommen sie beratend mitwirken, nicht ausreichend unterrichtet werden. . Auf der anderen Seite kann es nach der Konstruk⸗ tion der Deutschen Gemeindeordnung eine Entlastung des Bürgermeisters durch die Gemeinderäte nicht geben. Dagegen ist es zweckmäßig, sie bei der Rechnungsprüfung beratend einzuschalten. Bei der Bedeutung der Rech nungslegung sieht das Gesetz im übrigen die Möglichkei besonderer schriftlicher Aeußerung der Gemeinderäte vor. „In größeren Gemeinden bietet die zutreffende Beurtei⸗ lung des meist sehr umfangreichen Rechnungswerkes erhebliche Schwierigkeiten. Eine fruchtbare Beratung durch die Gemeinderäte ist deshalb davon abhängig, daß ihnen gewisse Unterlagen für ihre Meinungsbildung . Unter diesen Unterlagen ist vor allem er Prüfungsbericht des örtlichen Rechnungsprüfungs— amts von Bedeutung. Es ist deshalb in 5 96 Abs. 2 vor⸗ gesehen, daß der Bürgermeister in Gemeinden, in denen ein derartiges Amt besteht, zunächst diesem die Rechnung zuleitet. Erst nach Prüfung der Rechnung durch das Prüfungsamt werden die Gemeinderäte mit ihr befaßt.

Zu § 97. Die Einrichtung örtlicher Prüfungsämter, ihre Stellung und ihre sonstigen Aufgaben sind in den 85 100 bis 1092 geregelt. Auf die Begründung zu diesen Vorschriften darf im einzelnen Bezug genommen werden.

§z 97 nimmt die Aufgaben vorweg, die dem Rechnungs— prüfungsamte bei der Prüfung der Rechnung obliegen. Diese Aufgaben sind unter folgenden Gesichtspunkten bedeutsam:

1. In großen Gemeinden ist eine fachlich geeignete Stelle mit dem nötigen Ueberblick unentbehrlich, die durch ihre ständige Beobachtung der Haushaltsentwicklung und durch die Prüfung der Rechnung dem Bürgermeister die Ge⸗ währ gibt, daß auch die nachgeordneten Dienststellen in der Gemeinde nach den Vorschriften des Gesetzes ver— fahren.

„Die in § 103 vorgesehene überörtliche Prüfung läßt sich in großen Gemeinden nur dann durchführen, wenn ihr eine örtliche Stelle weitgehend vorarbeitet. Es ist für eine überörtliche Prüfungseinrichtung in aller Regel unmöglich, sich in einer großen Verwaltung jede Rech⸗ nungszahl und jeden Beleg anzusehen.

Demgemäß überträgt 5 97 dem örtlichen Rechnungs— prüfungsamt die Prüfung der Rechnung mit allen ihren Unterlagen. Dabei hat sich diese Prüfung sowohl auf die Einhaltung des Haushaltsplanes (Etatkontrolle), auf die förmliche, rechnerische und sachliche Richtigkeit der Belege und auf die Innehaltung sonstiger Vorschriften zu erstrecken.

Zu § 98:

1. Das Rechnungsprüfungsamt hat die ihm nach § 9; zu⸗ stehenden Aufgaben in eigener Verantwortung und in voller Unabhängigkeit zu erledigen. Da seine Kritik sich gegen Maßnahmen des Bürgermeisters oder der ihm nachgeordneten Beamten und Angestellten richtet, ist es jedoch geboten, vor Niederlegung des Prüfungsergeb— nisses in einem Prüfungsbericht dem Bürgermeister Gelegenheit zur Klärung zu geben. Dabei ist ausdrück⸗ lich darauf hinzuweisen, daß die Stellungnahme des Bürgermeisters den Leiter des Rechnungsprüfungsamts nicht bindet, daß vielmehr das Rechnungsprüfungsamt in eigener pflichtgemäßer Entschließung darüber befindet, ob es eine Erinnerung aufrechterhalten und demgemäß in den Prüfungsbericht aufnehmen will.

„Der Prüfungsbericht des Rechnungsprüfungsamts faßt das Prüfungsergebnis zusammen. Er hat einen doppelten Zweck: Er kann den Gemeinderäten als Material für ihre Beratung zugeleitet werden (6 96); er wird mit der Rechnung der Aussichtsbehörde zugeleitet (G6 99).

Zu 8g 99: Es ist bereits in der Begründung zu § 96 darauf hingewiesen worden, daß eine Entlastung des Bürger⸗— meisters durch die Gemeinderäte nicht mehr in Betracht kom— men kann; da es andererseits der Uebung in Reich und Län⸗ dern entspricht, durch eine förmliche Maßnahme einen Schlußstrich unter die Wirtschaft des abgelaufenen Rechnungs— jahres zu setzen, empfiehlt sich auch für die Gemeinden die Beibehaltung des Rechtsinstituts der Entlastung, die nach der überörtlichen Prüfung (5 1093) künftig von der Aufsichts— behörde ausgesprochen wird. Die Entlastung bedeutet den Ausspruch der Aufsichts behörde, daß auf Grund ihrer Prxü⸗— fung und des bei der Prüfung vorgelegten Materials Ein= wendungen gegen die Haushaltsführung des Bürgermeisters nicht zu erheben sind. Daraus ergibt sich ohne weiteres, daß die Entlastung ein späteres Eingreifen der Aufsichtsbehörde bei Bekanntwerden neuer Tatsachen ebensowenig ausschließt wie zivil⸗, straf⸗ und dienststrafrechtliche Maßnahmen gegen die verantwortlichen Beamten.

Entsprechend der besonderen Bedeutung der Entlastung wird sie in Zukunft durch förmlichen Beschluß der Aufsichts⸗ behörde ausgesprochen, der dem Bürgermeister übermittelt und von ihm mit dem Ergebnis der Prüfung auch den Gemeinde⸗ räten zugeleitet wird.

Zu g 100: Die Errichtung besonderer Rechnungsprüfungs⸗ ämter zur Erledigung namentlich der in 5 97; bezeichneten Aufgaben hat sich in den größeren Gemeinden des Reichs im wesentlichen ohne besondere gesetzliche Vorschriften vollzogen. Der ihr zugrunde liegende Gedanke ist so wertvoll, daß auch die Deutsche Gemeindeordnung diese Einrichtung übernimmt. Worin der besondere Wert dieser Aemter besteht, ist bereits in der Begründung zu 5 9]; ausgeführt.

Bei der Entscheidung der Frage, in welchen Gemeinden solche Aemter zwingend vorzuschreiben und in welchen sie heisulessen sind, war davon auszugehen, daß in Stadtkreisen erartige Aemter zur Durchführung einer ordnungsmäßigen Finanzwirtschaft unentbehrlich sind. Stadtkreise sind auch ohne weiteres in der Lage, derartige Aemter mit geeignetem Personal zu besetzen. Demgegenüber besteht . andere, ins⸗ besondere kleinere Gemeinden, weder ein gleiches sachliches Bedürfnis noch die gleiche Möglichkeit personeller Ausstattung. Insoweit ist es im e n ,, Tatfrage, ob kleinere Ge⸗ meinden ein derartiges Amt einrichten sollen. Richtung⸗ ebende Gesichtspunkte 6 sind einerseits das sachliche Bedürfnis, andererseits die Verhältnismäßigkeit der Kosten zu dem Umfange der Verwaltung und dem durch die Einrich⸗ tung eines solchen Amtes erzielbaren Verwaltungserfolg.