1828 / 122 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

aauf, daß er den Versicherungen des Finanz⸗Ministers Glau⸗ ben beimessen, und daß er mit ihm annehmen wolle, das schwarze Cabinet existire nicht mehr, wenn anders das⸗ selbe nicht den Nachforschungen des gedachten Ministers felbst entgehe; er glaube aber, daß es existirt habe; MNiiemand koͤnne dies besser wissen, als Hr. v. Vaulchier und er ersuche ihn daher, auf sein Ehrenwöoͤrt zu erklaͤren, ob dies der Fall sei oder nicht. Als der General⸗Post⸗Director schwieg, fuhr Hr. Dupont fort: die oͤffentliche Meinung wisse nunmehr, woran sie sich zu halten habe, und er verlange, daß b man die Bittschrift des Herrn Germain nicht blos dem Finanz⸗ Minister, sondern auch dem Großstegelbewahrer uͤberweise, da⸗ mit dieser eine gerichtliche Untersuchung veranlasse, woraus sich hinkaͤnglich ergeben werde, ob die angefuͤhrten Thatsachen ungegruͤndet oder ob einige von den Post⸗Beamten wirklich straffaͤllig seien. Jetzt bestieg Herr von Vaulchier die Rednerbuͤhne; aber es erhob sich sofort ein großer Theil der rechten Seite; man rief ihm zu, er solle nicht sprechen; er habe kein Recht dazu; ein General⸗Director brauche auf der⸗ gleichen Herausforderungen 1Ke 8 antworten. Hr. v. Pup⸗ maurin fuͤgte hinzu: daß es sich hier blos um eine Sache der Verwaltung handele, woruͤber er (Vaulchier) dem Koͤnige allein Rechenschaft schuldig sei. Als dieser demungeach⸗ tet auf der Rednerbuͤhne blieb, wandte sich Hr. v. Corcelles an die rechte Seite mit den Worten: „Lassen Sie ihn im⸗

nichts sein.“* Der Praͤsident stellte endlich die Ruhe mit der Be⸗ merkung wieder her: daß Niemand das Recht habe, ein Mitglied der Verwaltung auf die Rednerbuͤhne zu citiren, Ntemand aber auch ein solches Mitglied verhindern duͤrfe, die Rednerbuͤhne zu besteigen, Hr. von Vaulchier habe aber selbst das Wort verlangt. Dieser sprach hierauf folgende Worte mit beweg⸗ ter Stimme: „Die Kammer mag mit der Bittschrift machen, was sie will; dies geht mich nichts an; aber es geziemt we⸗ der mir noch Ihnen, daß ich hier die Rolle eines Fingeklag⸗ ten spiele; diese Tribune ist keine Gerichts⸗Bank. Man lade mich vor eine competente eben so großer Leichtigkeit als Offenheit uͤber den vorliegen⸗ den Gegenstand aͤußern. Dies ist die einzige Antwort, die hliicch meinem Herrn Collegen zu geben habe.“ Beifall zur Reechten und tronisches Laͤcheln zur Linken folgten auf diese Erklaͤrung. Als es hierauf zur Abstimmung kam, wurde die Tages⸗Ordnung verworfen, und die Bittschrift des Herrn Germain dem Finanz⸗Minister erele Ueber die Frage, ob dieselbe auch dem Großsiegelbewahrer mirzutheilen sei, mußte, nach zwei zweifelhaften 11“ Kugel⸗Wahl geschritten werden. Waͤhrend des Namen⸗Auf⸗ rufs herrschte eine große Bewegung im Saale, und mehrere Deputirte von der linken Seite entfernten sich ganz*). Das Ergebniß des Scrutiniums war, daß die Ueberweisung der gedachten Bittschrift an den Großsiegelbewahrer mit einer Mehrheit von 8 Stimmen (157 gegen 149) verworfen wurde. Die Bittschrift eines Herrn Boyard in Nanci, worin der⸗ selbe eine neue Departemental⸗ und Municipal⸗Organisation verlangte, wurde, nach dem Antrage des Bericht⸗Erstatters, dem RNachweis⸗Buͤreau zugestellt. Großes Gelaͤchter erregte der Vorschlag eines Herrn Deloncle, den Seeraͤubereien der Algierer dadurch ein Ende zu machen, daß man ihr Land eroberte und mit frei gegebenen Galeeren⸗Sclaven bevölkerte. Ueber eine andere Bittschrift, worin verlangt wurde, daß man den Schmähungen, die sich gewisse öffentliche Bläͤtter gegen die Religion erlaubten, Einhalt thue, hatte die Com⸗ mission die Tages⸗Ordnung vorgeschlagen. Hr. v. Counny verlangte dagegen, daß man dieselbe der mit der Pruͤfung des neuen Preß⸗Gesetz⸗Entwurfes beauftragten Commisston

üuͤberweise, da sich nicht laͤugnen lasse, daß seit einiger eit sowohl die Religion als ihre Diener, und gan besonders die frommen Missionarien, auf eine empoͤrende Weise ange⸗

riffen wuͤrden. Der Baron Méchin meinte bei dieser Ge⸗ egenheit, daß Hr. v. Conny kluͤger gethan haͤtte, uͤber die Missionarien gaͤnzlich zu schweigen; ihm (Meéchin) waͤren FTChatsachen bekannt, weiche hinlaͤnglich bewiesen, daß der Ei, fer dieser Herren der Religion 88 geschadet als gefrommt habe; es sei laͤcherlich, wenn man die Franzöͤstsche Nation vypor den Augen von ganz Europa stets als eine gottlose dar⸗

stelle, deren Mangel an Reltgion täglich zunehme; zu kei⸗ ner Zeit waͤren die Kirchen mehr besucht worden, als gerade jetzt; üͤbetall wuͤrden die Gotteshaͤuser wiederhergestellt oder

*) Dieser Umstand veranlaßte Hrn. B. Constant, sofort fol⸗ gende Proposittvn auf das Buͤreau niederzulegen: Ich schlage vor: dem Reglement die Bestimmung hinzuzufügen, daß die Ramen derjenigen Deputirten, die dei dem Aufrufe nicht ant⸗ vwegs Aein urtut ier füiu⸗ Unpellchteit 1ore Ad⸗

rechtfertigt, in dem Protololle vermer werden.

mer reden, meine Herren; was er sagen wird, wird so gut wie

ehörde, und ich werde mich mit

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neue gebaut, und die General⸗ und Municipal⸗Raͤthe vo⸗ tirten so bedeutende Summen fuͤr den Gottesdienst und die Geistlichkeit, daß man eher wuͤnschen muͤßte, sie maͤßigten ihren Eifer in dieser Beztehung. Man schritt gleichwohl über die obige Bittschrift zur Tagesordnung. Die Eingabe des Grafen v. Polignac zu Paris, worin derselhe das Ver⸗ bot der Einfuͤhrung fremder feiner Wollen verlangte, gab zu einer lebhaften Discusston s Hr. Gkrod erklaͤrte die darin angefuͤhrten Thatsachen fuͤr unrichtig, die gezogenen Folgerungen fuͤr irrthuͤmlich und die in Vorschlag gebrach⸗ ten Maaßregeln fuͤr gefaͤhrlich, sowohl fuͤr Frankreichs Ma⸗ nufacturen als fuͤr die Eigenthuͤmer von Schaafheerden. Nach einer weitlaͤuftigen Auseinandersetzung des Handels⸗Mi⸗ nisters, (deren Haupt⸗Inhalt wir morgen nachträͤglich lie⸗ fern werden) wurde die Eingabe des Grafen von Polignac-— dem Minister des Innern, dem Handels⸗Minister und dem Nachweis⸗Buͤreau uͤberwiesen.

Paris, 5. Mai. Der in Orleans zum Deputirten gewaͤhlte Herr v. Cormenin hatte vorher die Verpflichtung uͤbernommen, seine Stelle niederzulegen, wenn er ein besol⸗ detes Amt von der Regierung erhielte. „Dieser brave Mann,“ sagt der gestrige Constitutionnel, „hat das Ungluͤck gehabt, heute Abend von der Gazette de France gelobt zu werden. Einem guten Buͤrger muß es in der That recht verdrießlich sein, sich vor dergleichen Lobeserhebungen nicht. schuͤhen zu koͤnnen. Der Kümmer, den Hr. v. Cormenin daruͤber empfinden muß, wird ohne Zweifel seine Freude uͤber den von ihm errungenen Sieg truüͤben.“

Der Graf de Seze, welcher so eben einer kurzen Krank⸗ heit unterlegen hat, gehoͤrt zu Denen, deren Tod durch die Groͤße der Erinnerungen, die sie erwecken, eine allgemeine Trauer erregt. Der Name dieses beredten und muthigen Mannes blelbt auf immer mit dem Namen Ludwigs XVI. verknüpft und hat in der Geschichte einen Platz erworben, den die schoͤnsten Handlungen und die hoͤchste Anhaͤnglichkelt verschaffen. Der Graf de Seze, im Jahre 1750 zu Bor⸗-⸗ deaur geboren, zeigte glelch bei seinem Auftreten im Parla-⸗ mente dieser Stadt die Talente und den Muth, die ihn zu den Ehrenstellen gefuͤhrt haben. Der Erfolg, den er davon trug, war so glaͤnzend, daß selbst von Paris aus ihm leba⸗; hafte Aufforderungen gemacht wurden, sich dahin zu begeben. 1t De Ssze, welcher mit einem schon gefeierten Namen kam,— erlangte alsbald neuen Ruhm. Die Prozesse, die ihn sogleich .

unter die ersten Advocaten der Hauptstadt stellten, waren die der Töͤchter des Helvetius und des Barons von Besen⸗

val, den er von einer gegen ihn erhobenen Anklage befreite. De Seze, lebte, wie die Redner Roms, in der Mitte der Wissenschaften, im freundschaftlichen Umgange mit den be⸗ ruͤhmtesten Maͤnnern und in der hohen, seinen erfolgreichen Handlungen gewidmeten Achtung, als die Revolution aus⸗ brach, die ihm bald die herrlichste aller Anwaltschaften zufuͤhrte, und der Pflichten heiligste auferlegte. De Seze war dem hohen Berufe, der ihm durch den Prozeß Lud⸗ wig'’s XVI. zu Theil wurde, vollkommen gewachsen. De ungluͤckliche Monarch nahm seine Vertheidigung als eine ihm nothwendige Huͤlfe in Anspruch, und de Stze's Stimme ver⸗ band sich mit denen von Tronchet und Malesherbes, dem treuen Freunde seines Fuͤrsten und dessen Rathgeber bei al⸗ len seinen Wohlthaten. Das Testament des hingeopferten Monarchen und die Nachwelt haben ihm die gebuͤhrende An-⸗ erkennung gezollt. Seit dem großen oͤffentlichen Acte der Vertheidigung des Königs, lebte de Soze, nachdem er mit Muͤhe der Rache seiner Verfolger entgangen war, in der Eingezogenheit des Privatlebens und in der Ausuüͤbung sei⸗ nes Berufs als Sachwalter, Alle Reglerungen, die b b reich auf einander gefolgt sind, haben ihn unerschuͤtterlich in seinen Grundsaͤtzen, treu im Ungluͤcke und treu seinem Ruhme gefunden. Nur die Fiederherstellung der angestamm v nastie konnte ihm die Ehrenbezeugungen und gewaͤhren, die einem solchen Leben gebuͤhren. 1815 zum Praͤsidenten des Casfationshofes ernannt, wurde er bei der zweiten Ruͤckkehr des Koͤnigs Pair erhoben, in welcher Eigenschaft er oftmals das Wort ergriff und durch seine Reden, wie durch seine Einsichten und das Gewicht seines Namens, dem Throne neue Dienste leistete. Endlich wurde er, der stets auch mit Eifer den Wiflenschaften gehul⸗ digt harte, zum Mitgliede der Franzoͤsischen Akademte an Ducis's Stelle erwaͤhlt. Der Graf de Seze hinterläßt zwei Soͤhne und eine Tochter, welche mit dem General⸗Major Baron Rohault de Fleury vermählt ist. Von den Söͤhnen ist der aͤlteste, auf welchen der Grafen⸗Titel und die Palrs⸗ Wuͤrde übergehen, Kammer⸗Praͤsident am Köͤnigl. Gerkichts Hofe, und der juͤngere, Requetenmeister.

Als Nachfolger des Verstorbenen in seiner Eigenschaft

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