1828 / 123 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

naer, dem schwarzen Cabinette und der Verletzung des Brief⸗

Geheimnisses gehalten hat, von den gestrigen liberalen Blaͤt⸗ tern hart mitgenommen. „Wenn solche Grundsaͤtze“ meint der Courrier francçais „bei der Masse des Volkes Eingang faͤnden, so wuͤrden sich bald alle Bande der Gesellschaft loͤsen.“ Die von Herrn Vatismenil ausgegangene Verordnung in Betreff der Elementar⸗Schulen, hat mehreren Franzoͤsischen Zeitschriften Veranlassung zu Bemerkungen gegeben, die be⸗ sonders deshalb nicht ohne Interesse sind, weil sich aus ihnen sowohl der Zustand des Elementar⸗Schulwesens in Frankreich, als die Ansicht der Nation von diesem Theile des Unterrichts mit ziemlicher Deutlichkeit erkennen laͤßt.

Die Koͤnigl. Ordonnanz in Betreff der Primair, Schulen, sagt der Messager des Chambres, hat in einigen Journalen leidenschaftlichen Widerspruch gefunden, und eben deshalb be⸗ fremdet es uns nicht, in der Bestreitung derselben eine Ver⸗ einigung von Meinungen gefunden zu haben, die in andern Hin⸗ sichten einander schnurstracks entgegen. waͤren. Ein geistvoller Mann hat gesagt: in der Zeit, worin wir gegenwäaͤrtig leben, koͤnne

Niemand eine Nadel von ihrer Stelle nehmen, ohne den ganzen socialen Koͤrper tief zu verwunden. Das Bild ist kein erhabenes, aber es ist wahr und die Erscheinung selbst nur dadurch zu erklaͤren, daß Jeder zwischen der Vergangen⸗ heit, die nicht mehr zuruͤck kehren will, und einer Zukunft, die unsere feurige oder in Mißmuth, versenkte Einbildungs⸗ kraft nur mit Schreckbildern erfuͤllt waͤhnt, auch die Gegen⸗ wart verkennt, und in ihr nichts Festes, keine Gewaͤhr fuͤr die Zukunft erblickt. Zu andern Zeiten haͤtte von einer Verord⸗ nung, durch welche die Verfassung der kleinen Schulen ein⸗ gerichtet wird, kein Mensch Kenntniß genommen; heute ist ie der Gegenstand einer allgemeinen Aufmerksamkeit. Sie st, sprechen Einige, ein Angriff auf die Religion; nein, ent⸗ gegnen die Andern, sie verletzt die Gewissens⸗Freiheit. Wir wollen denen nicht antworten, die der Meinung sind, es sei das Projekt auf eine Unterjochung des kommenden Geschlechts be⸗ rechnet, nur sagen wollen wir, daß ja noch Niemand gefragt hat, was denn eine Elementar⸗Schule sei? 1817 wurde von Seiten der Universität eine in Beziehung auf den damaligen Zustand des oͤffentlichen Unterrichts hoͤchst wichtige Arbeit angeordnet. In Folge derselben fand man, daß eine Million Kinder die kleinen Schulen in Frankreich besuchte. Nimmt man nun an, daß die Bevöͤlkerung sich damals, wie jetzt, auf 30 Mll⸗ lionen belief, und daß der Schulbesuch sich im ganzen Reiche gleichmäßig verhielt, so muͤßte sich ein Verhältniß von 1-zu 30 ergeben. o ist es aber nicht; im Gegentheile fanden sich die abweichendsten Extreme und zwar in den oͤstlichen und westlichen unserer Provinzen. Denn im Elsaß war das Ver⸗ haͤltniß 1 zu 8, in Lothringen 1 zu 10, in der Bretagne aber 1 zu 500. Dauphiné und Languedoc standen in der Mitte mit 1 zu 80. Wer nun ein Vergnügen daran findet, aus diesen Angaben politische Beweise fuͤr oder wider ein System zu schoͤpfen, dem sei es vergöͤnnt, die obigen Resul⸗ tate fuͤr diesen Zweck zu benutzen. Doch machen wir ihm bemerklich, daß die Elsasser Geistlichkeit ganz vorzuͤglich zur Verbreitung des Elementar⸗Unterrichts beigetragen hat, denn sie hatte waͤhrend ihres Exils auf der andern Seite des Rheins Gelegenheit gefunden, zu bemerken, wie viele Auf⸗ merksamkeit von den freien Stäͤdten und den weltlichen eben sowohl, als den geistlichen Staaten Deutschlands dem Un⸗ terrichte der niedern Stande gewidmet wurde. Außerdem hatte man auf beiden Ufern des Flusses das Beispiel der protestantischen Bevöͤlkerung vor sich und um so leichter und williger erkannte nun die katholische Geistlichkeit ihre Pflichten.

In Deutschland ist uͤberhaupt, so wie in Holland, der Elementar⸗Unterricht auf dem Lande sehr weit vorgeschritten. Er umfaßt die Kunst zu lesen, zu schreiben, zu rechnen, selbst die Meßkunst, die Feldmeß⸗Kunst und der religioͤse Ge⸗ sang sind davon nicht ausgeschlossen. Sind wir wohl in

Frankreich eben so weit? Was den Elsaß und das andere Rheinufer betrifft, Ja! sonst aber muß man das nirgends

bei uns auf dem Lande suchen. Und was ist also eine mentar⸗Schule in Frankreich? Hier muß man vor allen Din⸗ een die Schulen in den Staͤdten aussondern, wo es schickte Lehrer immer allerlei glebt; geht man aber wirklich bis auf’s Land inab: was findet man So manche Schule, deren ant⸗ Dotation auf 30, bis 40 Fr. jährlich sich belaͤuft. Diejenigen, welche 100 Fr. ein⸗ bringen, sind schon herrlich ausgesteuert. Die Lehrer erhalten von den armen Kindern, welche während der sogenannten todten Jahreszeit lesen lernen, monatlich etwa 10 bls 15 Sous Faͤd man ist folglich von dem Plane Heinrichs des Aten noch weit entfernt, der es burchaus dahin bringen

woollte, daß ein jeder Schullehrer in den Land⸗Gemeinden des Reichs wenlgstens 150 Fr. Besoldung erhielte.

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Sobald nun die ganze Frage nicht laͤnger mehr vermit:. telst bloßer Theorieen, sondern durch Huͤlfe von Thatsachen, das heißt auf wahrhaft sachgemaͤße Weise entschieden werden soll, so wird man etwa 30,000 bis 35,000 Gemeinden fin⸗ den, bei denen die Schulen in dem Zustande, wie wir ihn geschildert haben, wirklich sind und doch haben wir noch gar nicht einmal von den Gebirgsgegenden gesprochen, wo die Bewohner der verschiedenen Orte durch Bergschluchten und Waldstroͤme von einander geschieden sind, und eben so wenig von den ganz ebenen Gegenden, wo⸗ die Doͤrfer von dem Haupt⸗ oder Kirch⸗Orte viel zu entfernt liegen, als daß die Kinder dahin in die Schule gehen koͤnnten. Und was ist davon die Folge? Die Lehrer sind genoͤthigt, einen Tag in der Woche per domos, was sie wissen oder nicht wissen, zu lehren und erhalten dafuͤr einige Lebensmittel oder ein gastliches Mahl. Der Verfolg des Aufsatzes beschaͤftigt sich mit Widerlegung der in andern Zeitschriften gegen den Gesetz⸗ Vorschlag aufgestellten Einwuͤrfe. Niemand, heißt es, werde den Gegenstand fuͤr einen Artikel gemeiner Industrie ansehen, bei dem es keiner Gewaͤhrleistung irgend einer Art beduͤrfe; durch die Verordnung vom Jahre 1824 haͤtten die Bischoͤfe die Ober⸗ Aufsicht uͤber den Unterricht gehabt; sie selbst aber haätten zum großen Theile, der vielen Schwierigkeiten wegen, welche sie darin gefunden, darauf Verzicht geleistet. Deshalb habe man wohl gethan, mit Benutzung der in den letzten vier Jahren gemachten Erfahrungen auf den Zustand vor 1824 zuruͤckzugehen; die Behauptung aber, daß in dem Vorschlag ein Attentat auf die Religion enthalten sei, duͤrfe Nieman⸗ den schrecken und sei in der That laͤcherlich. Von der Haupt⸗ stadt Frankreichs, aus gesehen koͤnne allerdings? Nanches nicht vollkommen passend erscheinen. Doͤrfer um Paris wuͤrden in einer Entfernung von hundert Stunden zu ansehnlichen Städten. Der wechselseitige Unterricht sei nuͤtzlich, sobald ein geschickter Lehrer ihn leite; ohne diesen werde wenig durch ihn geleistet. 1819 sei eine Schule dieser Art zu Dijon ein⸗ gerichtet worden und habe nur ein Chaos dargestellt. Des⸗ wegen muͤsse man auch hier klar zu sehen suchen und es sel nicht noͤthig, daß das Mißtrauen des Jahres 1827 sich auch auf das Jahr 1828 vererbe. 582

Das Bezirks⸗Wahl⸗Collegium zu Milhau (Aveyron) hat, an die Stelle des aus der Kammer ausgeschiedenen Hrn. Vernhette, den libe ralen Candidaten, Baron von Nogaret, mit 134 Stimmen unter 204 zum Deputirten gewahlt. Sein Mitbewerber, Hr. Clauzel de Conssergues, der sechs⸗ mal hinter einander für das Departement des Aveyron ge⸗ wählt worden war, hatte nur 64 Stimmen. Die n de France will wissen, daß der Vicomte von Chateaubriand zum Botschafter in Rom ernannt wer⸗ den wird. 1 Lord Londonderry ist, heit in Paris, am 3ten d. gekehrt. Ein neues Trauerspiel in 5 Akten und in Versen von errn Soumet: „Elisabeth von Frankreich“ ist kuͤrz⸗ lich mit Beifall auf dem Théatrefrangais gegeben worden; es 5. eine Nachahmung von Schlller’s Don Carlos. Das Stuck wuͤrde noch mehr gefallen haben, wenn es besser be⸗ setzt Pwesen waͤre. er Englische Schauspieler Kean ist kuͤrzlich hierselbst Rolle des Othello de⸗

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nach vierwöchentlicher Anwesen⸗ M. wieder nach England zuruͤck⸗

eingetroffen und wird morgen in der buͤtiren. Großbritanien und Irland.

London, 3. Mai. Der Standard entgegnet Folgen auf die durch einige Morgenblaͤtter uͤber die Veranlassu der Herreise des Herzogs von Cumberland und seines Soh⸗ nes ausgestreuten Geruͤchte: „Das Unterhaus hat (in der Session des Jahres 1825) im Namen des Engiische S ol⸗ kes, den Wunsch ausgesprochen, daß der Prinz C vorg, Sohn des Herzogs von Cumberland, zu einem * erzogen werden moͤchte; ein Wunsch, der, beiläusig gesagt, durch die nahe Stelle, welche Se. K. H. in der Thronfolge⸗Ordnung einnimmt, vollkommen gerechtkertigt ist⸗ Unter solchen Um⸗ staänden durfte man erwarten, daß die Ankunft dieses inter⸗ essanten jungen Prinzen, wodurch dem Verlangen der Volks⸗ Repraͤsentanten genuͤgt wurde, keineswegs unedle Beschul⸗ digungen und den Verdacht anderweitiger ehrgeiziger Pläͤne erregen wuͤrde. Zwar ist es nicht zu 8.5 daß 8* die Zutunft nichts wuͤnschenswerther als eine Verbindung der verschiedenen Anspruͤche an die Succession der Krone dieser Reiche waͤre; dagegen ist aber, nichts widersinniger, als der Ankunft des Prinzen Georg in dem von seinen Vorfahren. so lange und so gluͤcklich beherrschten Lande einen andern Grund, als den ausdruͤcklich ausgesprochenen Willen des Parlaments unterschieben zu wollen. Was des Vaters Wunsch

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