Der See⸗Minister bemerkte, daß das Budget der Marine im Jahre 1820, nach Abzug von 6 Millionen fuͤr die Colo⸗ nieen, 59 Millionen betragen habe, wofür 76 Schiffe im Meere gehalten worden seien; in den Jahren 1827 und 1828 aber habe sich dasselbe nur auf 57 Millionen belaufen, wofuͤr sein Vorgaͤnger am Schlusse des vorigen Jahres 128 Schiffe segelfertig gehalten, und diese Zahl, bei den da⸗ maligen politischen Conjuncturen, spaͤter sogar bis auf 178 gebracht habe; dies sei aber auch der Grund, warum das Marine⸗Ministerium jetzt ein Deficit von mindestens 12 Mil⸗ lionen habe; rechne man dazu noch 12 Millionen, die das⸗ selbe fuͤr außerordentliche Ausgaben im Laufe dieses Jahres noch gebrauchen werde, so wuͤrden von den, von Herrn Du⸗ pin bewilligten 30 Millionen nur gar wenlg uͤbrig bleiben. „Ich hoffe sonach“ schloß der Minister, „daß Sie auf un⸗ sere Forderung unbedingt eingehen werden; muͤssen wir Ih⸗ nen denn bestaͤndig wiederholen, daß wir ehrliche Leute sind? Man fragt nach der Farbe des jetzigen Ministeriums, und wel⸗ chen Weg dasselbe einschlagen werde. Die Farbe des Mini⸗ steriums ist und wird immer die weiße, sein Weg stets der esetzliche sein; und es sollte uns freuen, wenn wir auf dem⸗ falben mit all den Maͤnnern zusammenträaͤfen, die den Koͤnig lieben und aufrichtige Freunde unserer Verfassung sind.“ Der Graf Alexander von Laborde widersetzte sich eben⸗ falls dem Antrage des Hrn. Dupin. „Wenn“ sagte er, „wir bei dieser Gelegenheit nur das Vertrauen, welches die Minister uns einfloͤßen, so wie die Lage Frankreichs befragen wollten, so wuͤrden wir die verlangten Gelder gar nicht be⸗ willigen; aber hoͤhere Betrachtungen stellen sich uns dar; es handelt sich nicht nur darum, daß Griechenland frei sei, es muß auch maͤchtig sein und sich nicht bloß von seinen alten Unterdruͤckern, sondern auch von seinen neuen Freunden un⸗ abhängig machen (Sensatton). Zur Erreichung dieses großen Zweckes ist es aber nothwendig, daß Frankreich sofort seine Land⸗ und See⸗Macht vermehre und eine Stellung annehme, die ihm erlaube, sich seine Buͤndnisse nach Belieben zu waͤhlen, vor Allem aber an den Verpflichtungen festzuhalten, die es mit der Gerechtigkeit und Menschlichkeit eingegangen ist. Ein Koͤnig von Frankreich war es, welcher der neuen Welt die Freiheit bereitete, und ein Koͤnig von Frankreich ist es, der sie jetzt der alten Welt geben will. Ich stimme fuͤr die Bewilligung der ganzen Summe. Der Kriegs⸗Minister machte nachträglich noch einige Bemerkungen uͤber die Staͤmme der Regimenter und uͤber das Mißverhältniß zwischen den Offizieren und Unteroffizieren, und erklaͤrte sich zu allen Auf⸗ schluͤssen bereit, welche die Kammer etwa von ihm verlangen moͤchte. g von Lorgeril trat gegen das Amendement des Hrn. Dupin auf, da dasselbe den ganzen Gesetz⸗Ent⸗ wurf uͤber den Haufen stoße. Nachdem noch der Finanz⸗ Minister sich diesem Amendement ebenfalls widersetzt hatte, wurde dasselbe mit großer Stimmen⸗Mehrheit verworfen. Hr. Laffitte entwickelte demnäͤchst einen andern Vorschlag folgenden Inhalts: „Dem Finanz⸗Minister wird ein Cre⸗ dit eroͤffnet, von dem er in Schatzkammer⸗Scheinen Ge⸗ brauch machen kann. Die Art und Weise der Consolidirung dieses Credits in Renten wird in dem Gesetze fuͤr die Mit⸗ tel und Wege festgesetzt werden.“ Hr. Pas de Beaulieu ver⸗ warf diesen Vorschlag, da durch ihn der ganze Gesetz⸗Ent⸗ wurf veraͤndert werde, derselbe aber zur Aufrechthaltung der Wuͤrde Frankreichs, die, seiner Meinung nach, in letzterer Zeit zuweilen gefaͤhrdet worden, nothwendig sei; und stimmte fuͤr die Bewilligung der verlangten 80 Millionen, in der Hoffnung, daß die Minister die Wohlfahrt, das Gluͤck und den Ruhm Frankreichs hinfuͤhro nicht aus den Augen lassen, vorzuͤglich aber sich den Jesulten, jenen ewigen Feinden der Koͤnige und Voͤlker, kraͤftigst widersetzen wuͤrden. Hr. Du⸗ pin der Aeltere glaubte ebenfalls, daß der Vorschlag des Hrn. Laffitte durchaus nicht zu beruͤcksichtigen sei und stimmte r die unbedingte Bewilligung der Anleihe. Der Finanz⸗ Minister gab hierauf einige neue Aufschluͤsse, um zu be⸗ weisen, daß die von ihm in Vorschlag gebrachte Art der An⸗ leihe in sprocentigen Renten die zweckmäßigste sei. Die Fortsetzung der Discussion wurde auf den folgenden Tag verlegt.
Paris, 21. Mai. In Ajazzio ist der General⸗Major Tiburtius Sebastiani, ein Bruder des General⸗Lieutenants dieses Namens, zu einem der beiden Deputirten von Corsika ernannt worden.
Man versichert, sagt die Gazette de France, daß in dem Cabinette eines gewissen Ministeriums insgehelm eine Ver⸗ ordnung gegen die kleinen Seminarien vorbereitet werde, und daß man sich zugleich mit einer Verfuͤgung beschaͤftige, wodurch auch die allmaͤhlige Desorganisation der großen Seminarien herbeigefuͤhrt werden wuͤrde. .
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hrer als der Erfinder des wechselseitigen Unterrichts,
Dasselbe Blatt will wissen, daß alle Mitglieder der Deputirten⸗Kammer, die sich zur liberalen Parthei beken⸗ nen, am verflossenen Sonntage in der Straße Richelieu, so⸗ wohl uͤber die Bedingungen, die sie dem Ministerium aufle⸗ gen wollen, als uͤber den Entschluß berathschlagt haben, im Falle wo dieselben nicht angenommen werden sollten, das Budget zu verweigern. Diese Bedingungon waͤren danach: ¹) die Wiederherstellung der Pariser National⸗Garde; 2) die Abschaffung der Siebenjaͤhrigkeit und des doppelten Votums; 3) die Absetzung aller General⸗Direktoren, Staatsraͤthe, Praͤfekten, Unter⸗Praͤfekten, Procuratoren, Friedens⸗Richter Maires ꝛc. und deren Ersetzung durch Maͤnner von der liberalen Parthei; 4) die Vertreibung der Jesuiten; und 5) die Auflosung der Kammer. „Diese Vorschlaͤge,“ sagt ferner die Gazette, „sind mit vieler Heftigkeit von einer großen Anzahl von Deputirten, na⸗ mentlich voͤn den neugewaͤhlten unterstuͤtzt worden. Da indessen mehrere andere die Bemerkung machten, daß es unpolitisch sein moͤchte, jene fuͤnf Zugestaͤndnisse auf einmal zu verlan⸗ gen, so wollte man sich vorlaͤufig darauf beschraͤnken, die Absetzung der royalistischen Beamten und eine Verordnun zu fordern, wodurch die kleinen geistlichen Schulen der Auß sicht der Bischoͤfe entzogen wuͤrden. Nachdem man sich hie⸗ ruͤber verstaͤndigt, hatte man nichts Eiligeres zu thun, als so⸗ gleich fuͤnf Commissarien zu ernennen, die sich uͤber diese bei⸗ den Gegenstände mit den Ministern besprechen sollen; die Wahl siel auf die Herren Benjamin Constant, Gautier, von Preissac, Cas. Périer und Sebastiani, naͤmlich drei Prote⸗ stanten und zwei Minister in spe. Aus den obigen Be⸗ dingungen, woran die Liberalen die Bewilligung des Bud⸗ gets knuͤpfen, geht recht eigentlich der Geist hervor, welcher diese Parthei beseelt.“ Was an diesen Behauptungen wahr ist, muß die Folge lehren. 8
Der Messager des Chambres enthaͤlt in einem selner neuesten Blätter, in Verfolg des fruͤhern (in Nr. 123 der Staats⸗Zeitung, mitgetheilten) Artikels uͤber die Elementar⸗ Schulen Folgendes:
„Es giebt Leute in Frankreich, welche die Methode des wechselseitigen Unterrichts fuͤr eine Ketzerei halten, und wie⸗ der andere die den gleichzeitigen oder den der frères ignorantins als ein Werkzeug der Contre⸗Revolution betrachten. Das Ungereimte in diesen Ansichten liegt in den Extremen; denn wenn man der Sache auf den Grund geht, so wird man finden, daß beide Theile eine verborgene Veranlassung zu ihren An⸗ 55 haben, die man aus ihrem Dunkel hervorzuheben be⸗ müͤht sein muß. Ist aber einmal das Schreckbild den Augen aller Welt bloßgestellt, so wird jeder seinen vormaligen Irr⸗ thum selbst belaͤcheln. Was den glelchzeitigen Unter⸗ richt oder die Unterrichts⸗Weise jener frères ignorantins be⸗ trifft, so wurde derselbe von dem rechtschaffenen Abbé de la⸗ Salle, dessen Tugenden und außerordentliche Menschenliebe bekannt sind, erfunden und eingefuͤhrt. Vor Anwendung der Pestalozzischen Methode, die in unsern Schulen leider zu wenig dekannt ist, und der Bell⸗ und Lancasterschen die wie man sehen wird, eine ganz Franzoͤsische Erfindung ist, war⸗ — des Abbé das Beste, was man von der Art in Europa
atte.
sicht der Jesuiten stehenden Bruͤder sich in der Bretagne ver⸗
breiteten, man bald weder zu Brest, nach zu St. Malo einen
Seemann mehr finden wuͤrde. So offenbar in dieser Be⸗ eine Uebertreibung lag, so war doch auch ein ahrheit darin enthalten, diese naͤmlich, daß, wenn die Kin⸗ der zu lange in den Schulen aufgehalten wuͤrden, das See⸗ wesen darunter leiden muͤßte. Dasselbe findet auch in den Fabrikorten statt, und man muß von zwei Fällen nur den Einen wollen: entweder muß das Kind arbeiten und weder lesen noch schreiben lernen, oder es muß beides sehr schnell erlernen. Es ist folglich klar, daß der wechselseitige Unter
richt sowohl fuͤr Seestaͤdte, als fuͤr Fabrikorte, vorzuͤgliche
Brauchbarkeit hat. Wozu sollen also die geg schuldigungen dienen, die sich die Anhaͤnger dieser Methoden in Beziehung auf politischen Einfluß machen? In Zeiten des Aufruhrs moͤgen sie allerdings abgegeben haben; heute aber stehen wir im Jahre 1828. Forscht man jedoch insbesondere nach den Gruͤnden der Ver⸗
dammung die man auf den wechselseitigen Unterricht haͤuft, 1
so kann eine kurze Notiz von den Schicksalen dieser Methode das ganze Raͤthsel loͤsen. Einige Jahre vor 1789 lebte ein alter Ludwigs⸗Ritter, der sehr viel Menschenllebe besaß und sein ehrwuͤrdiges Alter durch die Sorge, die er der Erziehung der Armen seines Dorfes widmete, aufzuheitern suchte. Lud⸗ wig XVI. unterstützte dessen kleine Schule durch undekannte⸗ Wohlthaten, und dieser gute Ludwigs⸗Ritter war —
Unmittelbar vor der Aufhebung des Jesuiten⸗Ordens schrieb Herr von Chalotais, daß, wenn die unter der Auf⸗
eine brauchbare Waffe