1828 / 147 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

die Loyalität Spaniens, aͤußerte er, erheische, daß es nicht länger mit der Erfuͤllung seiner Verpflichtungen anstehe, so wie die Wuͤrde Frankreichs verlange, daß es eine Umgehung dieser Verpflichtungen nicht ferner gestatte. Am Schlusse seines Vortrages erklaͤrte der Redner, daß die Commission einstimmig auf die Bewilligung der verlangten Zuschuͤsse an⸗ trage. Hierauf begannen die Berathungen uͤber den Ge⸗ setz⸗Entwurf in Betreff der periodischen Presse. Saͤmmtliche Minister, mit Ausnahme des Grafen von la Ferronnays, waren zugegen. Hr. Kératry war der erste Redner, wel⸗ cher sich uͤber diesen Gegenstand vernehmen ließ. „Das gegen⸗ waͤrtige Ministerium,“ außerte derselbe, „erklaͤrt bei Vorlegung des Entwurfes, im Namen des Koͤnigs, daß es der Bewilligung des Zeitungs⸗Privilegiums, der Censur und den Tendenz Pro⸗ zessen entsage. Dies ist eine, des Monarchen wuͤrdige Wohlthat; und obgleich der aufgeklaͤrte Sinn civilisirter Voͤlker sie schon erheischt, obgleich sie in dem 8ten Artikel der Charte bereits ausdruͤcklich versprochen ist, so sind wir doch fern, diesem Acte Koͤniglicher Weisheit unsere Dankbarkeit zu versagen. Ungluͤcklicher Weise aber faͤhrt der neue Gesetz⸗Entwurf fort, die Presse mit Praͤventions⸗Maaßregeln zu bedruͤcken, und ihr nicht nur harte, sondern oft unausfuͤhrliche Bedin⸗ gungen aufzulegen. Ich werde den traurigen Vortheil ha⸗ ben, Ihnen, m. H., zu beweisen, daß dieser Entwurf die Organe der Oeffentlichkeit, welche bei unserer Regierungs⸗ form unumgänglich noͤthig ist, wesentlich beeintraͤchtigt. Dem Zeitungswesen verdanken wir die Absetzung des vorigen Mi⸗ nisteriums; wollten die oͤffentlichen Blaͤtter in Faͤllen schwei⸗ gen, wo die allgemeine Unzufriedenheit sich deutlich aus⸗ spricht, so wuͤrde die schlechteste Verwaltung sich bis ins Unendliche verlaͤngern, so wuͤrden die jetzigen Minister, so wenig als Sie selbst, m. H., in dieser Versammlung sitzen; so wuͤrde das vorige Ministerium und die vorige Kammer noch jetzt fortfahren, mit wohlerworbenen Rechten ihr Spiel zu treiben und dem allgemeinen Unwillen Trotz zu bieten. Moͤchte endlich die oͤffentliche Meinung der Krone treue Rath⸗ geber zugefuͤhrt haben! Was diese Kammer anbetrifft, so hat sie 86 durch ihre Handlungen bereits legitimirt; sie, das Resultat des gerechtesten Unwillens einer sieben Jahre lang bedruͤckten und erniedrigten Nation, fuͤhrt ihre Berathun⸗ gen mit Ruhe und Wuͤrde, spricht zu dem Koͤnige mit Ehr⸗ erbietung, bewilligt Anleihen, ohne deren eigentliche Bestim⸗ mung zu kennen, und giebt Gold fuͤr empfangene Beleidi⸗ gungen. In der That, m. H., das Unrecht der Jourma⸗ listen kann so groß nicht sein, wenn es zu solchen Resultaten fuͤhrt.“ Der Redner ging jetzt zu einer naͤhern Untersu⸗ chung des Gesetz⸗Entwurfes uͤber, und bedauerte es nament⸗ lich, daß derselbe noch nachtheiliger fuͤr die Volks⸗Freihei⸗ ten aus den Haͤnden der Commission hervor gegangen sei, als das Ministerium selbst ihn vorgelegt habe; die von den Zeitungen zu leistende Caution fand Hr. Kératry⸗ unstatthaft und trug mindestens auf eine Ermaͤßigung der⸗ selben an. Bei den laͤstigen Bestimmungen des Entwurfes, glaubte er, daß Niemand einem Societaͤts⸗Vertrage zur Gruͤndung eines Journals beitreten, noch daß irgend Je⸗ mand Fonds zu einem solchen Unternehmen hergeben wuͤrde. Nachdem der Redner jene verschiedenen, seiner Ansicht nach oftmals unausführbaren Bestimmungen einzeln untersucht hatte, schmeichelte er sich noch, daß die Minister alle die Nachtheile des Gesetzes vorher nicht hinlaͤnglich erkannt ha⸗ ben und daß sie daher jetzt, wo der Entwurf nichts weniger als ermaͤßigt waͤre, demselben ihren Schutz versagen wuͤrden; unmoͤglich, meinte er, koͤnnte der erste Entwurf zu dem Ge⸗ setze in dem Pallaste der Koͤnige entstanden, hoͤchstens koͤnnte er von den Feinden der Verfassung und der Monarchie (den Jesuiten) in denselben eingebracht worden sein; man habe behauptet, daß einige Mitglieder des Ministeriums sich an⸗ heischig gemacht haͤtten, den Entwurf, seinem ganzen Inhalte nach, zu unterstuͤtzen; dies sei aber nicht glaublich; nimmer⸗ mehr koͤnnten die Minister sich entschließen, die Verfassung durch Vernichtung ihrer Hauptstuͤtze, der Preßfreiheit, uͤber den Haufen zu stoßen; thaäͤten sie es aber dennoch, und boͤ⸗ ten sie um diesen Preis der Kammer Krieg oder Frieden, so wuͤrde sie jenen, so viel es ihr auch kosten moͤchte, vorzie⸗ hen und 8 Schmerze Schweigen gebieten, um das in seinen theuersten Interessen bedrohte Vaterland zu verthei⸗ digen. Der Vicomte von Conny trat zu Gunsten des Gesetz⸗Entwurfes auf, wobei er erklaͤrte, daß er die Motive zu demselben, die von dem Großsiegelbewahrer mit einem so ausgezeichneten Talente naͤher entwickelt worden seien, auf⸗ merksam gepruͤft habe; er glaubte inzwischen, daß die Re⸗ gierung besser gethan haben wuͤrde, sich das Recht, zur Be⸗

ruͤndung eines Journals ihre Zustimmung zu geben, vorzu⸗ Fehalten, da dasselbe mit der Autoritaͤt des Koͤnigs eng ver⸗

bunden sei; eben so schienen ihm die, in dem Entwurfe fest⸗ gesetzten Strafen unzulaͤnglich und er gab den Wunsch zu erkennen, daß auf gewisse Vergehen, z. B. Beleidigungen der Majestaͤt des Koͤnigs, die Strafe der Verbannung ge⸗ setzt worden waͤre. Hr. Cunin⸗Gridaine sprach ge⸗ gen das Gesetz; er erklaͤrte, daß er dasselbe selbst dann nicht annehmen wuͤrde, wenn die Charte nicht mehr existirte, viel weniger jetzt, wo das Ministerium wiederholt versichert haͤtte, daß nur sie ihm bei seinen Handlungen zur Richtschnur die⸗ nen sollte; die Charte aber lasse sich mit dergleichen jesuiti⸗ schen Einschraͤnkungen, wie der Entwurf sie enthalte, nicht pereinbaren; sie wisse nichts von einer bedingten Preß⸗ freiheit; eine jede solche Bedingung sei daher schon an und fuͤr sich eine Verletzung der Charte; die Preßfreiheit sei ein Gesetz und kein Zugestaändniß; zwar glaube er nicht, daß es ihm gelingen werde, den Ministern seine Ansichten beizubrin⸗ gen; wenn er daher ein schlechtes Gesetz verwerfe, so ge⸗ schehe es blos deshalb, weil dessen Annahme das Werk der Kam⸗ mer sein, und diese die ganze Schande davon tragen wuͤrde; die Preßfreiheit sei aber ein Gut, welches ganz Frankreich verlange. Herr Mäöchin erklaͤrte, daß er sich zu Gunsten des Gesetz⸗Entwurfes haͤtte einschreiben lassen, weil ihm die Ab⸗ schaffung der Censur und der Tendenz⸗Prozesse, so wie die vöͤllige Freigebung der Tages⸗Blaͤtter, anfangs als namhafte Vortheile erschienen waͤren; bei einer naͤheren Untersuchung. haͤtten sich ihm allerdings manche Zweifel aufgedraͤngt, allein bei dem Vertrauen, welches die Kammer und das Ministe⸗ rium ihm einfloͤßten, gaͤbe er der Hoffnung Raum, daß man in dem Entwurfe die moͤglichsten Verbesserungen vornehmen wuͤrde. In dieser Hinsicht gab der Redner namentlich den Wunsch zu erkennen, daß die Erkenntnisse uͤber Preßvergehen aufs Neue den Geschwornen⸗Gerichten uͤberwiesen werden

moͤchten. Hr. von Corcelles machte den Beschluß der

Sitzung mit einem weitlaͤuftigen Vortrage, worin er fuͤr die Verwerfung des Gesetz⸗Entwurfes stimmte. Er bemerkte, wie dieser Entwurf schon bei seinem ersten Entstehen ein wahrer Stein des Anstoßes fuͤr den aufgeklaͤrten Theil der Gesellschaft gewesen sei und jetzt, wo Diejenigen, welche uͤber die Vortheile des Gesetzes dessen Nachtheile uͤbersehen, mit Denjenigen, welche jene uͤber diese verkannt haͤtten, eng verbunden waͤren, ver⸗ langten Alle die Beibehaltung der bewilligten Verbesserun⸗ gen, aber Alle auch die Verwerfung derjenigen Punkte, die egen Verfassung und gesetzliche Freiheit anstießen; der Gesetz⸗ Farwur stehe aber schon dadurch mit der Charte in voͤlligem Widerspruche, daß diese die Bestrafung des begangenen Preß⸗Unfugs verfuͤge, jede vorbeugende Maaßregel aber verwerfe; als dergleichen vorbeugende Maaßregeln muͤsse man jedoch nothwendig die Cautions⸗Leistungen und die von den Geschaͤftsfuͤhrern verlangten Buͤrgschaften betrachten, wodurch die Censur auf eine tausendmal nachtheiligere Weise ersetzt werde. Der Redner beleuchtete hierauf hinter einan⸗ der alle einzelne Bestimmungen des Gesetzes, und stimmte zuletzt fuͤr dessen Verwerfung, insofern nicht den, von ihm bezeichneten Fehlern durch die Annahme verschiedener Ver⸗ besserungs⸗Vorschlaͤge, abgeholfen wuͤrde. Die Discussion. sollte am folgenden Tage fortgesetzt werden.

St. Cloud, den 290. Mai. Gestern Abend arbeiteten Se. Maj. mit dem Minister der auswaͤrtigen Angelegenhei⸗ ten. Heute Morgen ist der Dauphin nach Compidgne au 2 gegangen; S. K. H. werden morgen hier zuruͤck erwartet.

Paris, den 31. Mai. Das Bezirks⸗Wahl⸗Collegium zu Villefranche (Dept. des Aveyron) hat, an die Stelle des verstorbenen Hrn. Dubruel, den liberalen Candidaten Hrn. Humann zum Deputirten gewaͤhlt.

„Der auf den Vorschlag des Hrn. v. Conny gefaßte Beschluß der Deputirten⸗Kammer,“ sagt der Messager des Chambres, „ist, wie wir sehen, von der Pairs⸗Kammer ver⸗ worfen worden. Die Debatten uͤber diesen Seibstand, die ohne Zweifel zu unserer parlamentarischen Ausbildung noch⸗ mehr beitragen werden, haben drei Tage gewaͤhrt, und alle Redner haben dabei die wichtigsten administrativen und poli⸗ tischen Betrachtungen aufgestellt. Die schoͤne Rede des Be⸗ richterstatters, Baron's Pasquier, ist schon fruͤher von uns publicirt worden; heute theilen wir unseren Lesern die Rede eines edlen Pairs mit, dessen abweichende Meinung von der

des Berichterstatters die Frage noch von einer anderen Seite auf eine glänzende Weise beleuchtet hat.“ Hierauf folgt aus⸗ fuͤhrlich dle Rede des Grafen Molé in der Sitzung vom 28. d. M.

Der Constitutionnel will wissen, daß die Commission zur Untersuchung des Zustandes der kleinen Seminarien am 27sten d. M. endlich ihren Bericht an den Koͤnig dem Groß⸗