1828 / 153 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Briefe aus Lissabon vom 25. v. M

ausfuͤhrlich zu sein, um die von dem Minister beruͤhrten mannig⸗ achen un tpechst wichtigen Fragen gehoͤrig zu eroͤrtern. Vor Uem suchte er zu beweisen, daß dei dem schnellen Fortschreiten des menschlichen Wissens das tägliche Erscheinen literari⸗ scher Blätter eben so nothwendig sei, als das FPtssschen. Hierauf wollte er in den eigenen Worten des Herrn von Vatismenil die Bestätigung finden, daß die Geschwornen⸗ Gerichte allein im Stande waͤren, uͤber Preß⸗Vergehen zu urthellen, und gab zu verstehen, wie nunmehr die Kammer mit Gewißbeit auf den Beistand des Ministers des oͤffent⸗ lichen Unterrichts rechnen koͤnnte, sobald diese Frage zur Er⸗ örterung kommen wuͤrde. Die Behauptung des Großsiegel⸗ bewahrers anlangend, daß man die gesellschaftliche Ordnung und namentlich die Religion, vor jedem Angriffe schuͤtzen müsfe, fragte Hr. B. Constant; „Sind denn die Schrift⸗ steller die einzigen Feinde der gallikanischen Kirche, die wir alle lieben? (Wie? auch die Protestanten? rief hier eine Stimme zur Rechten); und muüͤßte man alsdann von den ambulirenden Priestern, die Frankreich nach allen Richtun⸗ gen durchstreifen und strafwuͤrdige Grundsäͤtze verkuͤn⸗ digen, nicht auch eine Caution verlangen? Ich fordre da⸗ her unsere Staatsmanner auf, sich minder kleinlich zu zei⸗ en, und auf die Cautionsleistungen gänzlich zu verzichten.“

ach dieser Rede, (es war schon 6 Uhr) wurde von mehre⸗ ren Stimmen der Schluß der Discussion verlangt. Diesem widersetzte sich der Marquis von Chauvelin und meinte, daß die Discussion zu wichtig sei, um so schnell abgebrochen zu werden. Eine Stimme zur Linken verlangte, daß man zie Fortsetzung der Discussion auf den folgenden Tag ver⸗ lege. „Wir Fleiben, rief man zur Rechten, wenn es noͤ⸗ thig ist, dis 8 Uhr hier.“ „Und wir bis Mitternacht“; erwiderte man zur Linken; „den Kronleuchter angezuͤndet!“ Der Tumult nahm mit jedem Augenblicke zu, bis daß der Mi⸗ nister des Innern mit der Erklärung hervortrat, daß man das Amendement des Herrn Devaux verwerfen koͤnne, ohne demjenigen des Herrn Dupin des Aeltern dadurch zu nahe zu treten, da dieses, bei Gelegenheit eines dritten, des Hrn.

henard, späterhin wieder aufgenommen werden koͤnne. Die linke Seite wollte es aber daruͤber nicht zur Abstimmung kommen lassen und Herr Mechin forderte den Praͤsidenten auf, die Sitzung aufzuheben. Dieser befragte hieruͤber die Versammlung; der Erfolg war aber zweifelhaft, weshalb die Discussion fortgesetzt wurde. Hr Mauguin bestieg die Rednerbuͤhne. Mehrere Deputirte der linken Seite wollten den Saal verlassen, wurden aber von ihren Collegen zuruͤck⸗ be ec. Auf der rechten Seite wurden dagegen die Rei⸗ en dichter und es herrschte in der ganzen Versammlung eine seltsame Bewegung, von der man bisher noch kein Bei⸗ spiel gesehen hatte; jede Parthei schien ihre Streitkraͤfte zu züͤhlen. Bei dieser Stimmung machte Hr. Mauguin die erbauliche Erklaͤrung, daß er sich genoͤthigt sehe, alle Ein⸗ wendungen gegen das Amendement ausfuͤhrlich zu untersuchen. „Untersuchen Sie —₰ 8. vrief man ihm von der rechten Seite entgegen, „wir bleiben bis morgen fruͤh hier.“ Bald aber wurde der Tumult so groß 4 daß der Redner inne halten mußte. Ein Mitglied der lin „— und ein anderes von der rechten wollten sich heimlich zu entfernen suchen, wurden aber von ihren Collegen bei den Rockschößen festgehalten Mittlerweile erinnerte Hr. Mauguin daran, daß von einem 5 schtigen Gegenstande die R un, daß von einem höͤchst wichtigen e Rede sei und daß er dar⸗ uͤber noch wenigstens bis halb 11 Uhr zu sprechen habe. Dies⸗ Erklarung schien endlich einigen Eindruck auf die vbnebei schon unschlüͤssige Versammlung zu machen. M 1 0 ch zu verstaͤndigen, und nach einer halben St uchte endlich ein Mitglied der linken Seite dem 5 unde konnte die tröstende Versicherung geben, daß man uͤb rn. Mauguin sei, die Fortsetzung der uͤbereingekommen

scussion auf den fol - zu verlegen. Als jetzt der Praͤsident daruͤber dg

erhob sich fuͤr die Vertagung zuer rechte Seite folgte dem Beispieif. 7 ing hierauf in großer Unordnung und unter dem B Ralh zufe der linken Seite, um 7 Uhr auseinander Sn

. -8 Cloud, den 4. Junk. Gestern ertheilte der Kos⸗ nig dem designirten Botschafter am Kaiserl. Oesterreichischen

ofe, Herzog von Laval⸗Montmorency, eine Privat⸗Audienz

bends arheiteten Se. Maj. mit dem Großsiegelbewahrer und dem Minister des Innern und heute Morgen mit dem Kriegs⸗Minister. Um 11 Uhr ist der Dauphin von Com⸗ pibgne hleher zuruͤckgekehrt. Die Herzogin von Berry wird sich 2. 88. —1 Rosni ——

76. Juni. Der Messager des Chambres ent⸗ hält Folgendes: „Man hat hier auf die herrschende es sind neue Un⸗

. er 3 Parthei verfolgte noch immer ber gihanhen,

ruhen ausgebrochen, und ein Decret Dom Miguels vom 23. berechtigt nicht zu der Hoffnung, daß die Rathgeber Sr. K. H. uͤber das wahre Interesse Portugals eines Bessern belehrt worden sind. Man glaubt noch immer, daß die Cortes von Lamego nur in der Absicht einberufen wor⸗ den sind, um den Regenten zum absoluten Koͤnig zu pro⸗ clamiren.“ 1 4 Die Quotidienne fährt dagegen fort die Ereignisse in Portugal mit Wohlgefallen zu betrachten: „Moliere“, sagt dieselbe in ihrem gestrigen Blatte, „hat einen Arzt wider Willen in Scene gesetzt; heute sehen wir auf der politischen Schaubuͤhne einen Koͤnig wider Willen. Dieser gezwungene Monarch ist Dom Pedro. Diejenigen, welche ihn wider seinen Willen zum Koͤnige machen, sind der Vicomte von Itabayana, ein Brasilianer; der Marquis von Rezende, ein Brasilianer und Portugiese; und der Marquis von Pal⸗ mella, welcher weder das eine noch das andere ist. Die Akademie der Kuͤnste und Wissenschaften zu Nouen hat, in Folge genauer Nachforschungen, den Geburtstag Corneille’s, statt auf den 9., auf den 6. Juni 1606 fest⸗ esetzt, und wird die an dem Hause des großen Dichters in Roue befindliche Inschrift hiernach unverzuͤglich geaͤndert werden. 84 Folgendes ist die Liste der Redner, die sich in der Pairs⸗ Kammer uͤber den Wahl⸗Listen⸗Gesetz⸗Entwurf vernehmen lassen werden. Fuͤr das Gesetz: Der Graf Lemercier, der Baron Mounier, und die Herzöge Decazes und von Choiseul; uͤber das Gesetz: Die Grafen Rougé, von St. Roman, von Tocqueville, v. Marcellus, v. Sesmaisons und der Marquis von Verac; gegen das Gesetz: der Mar⸗ quis von Forbin des Issarts, der Vicomte von Castelbajac, die Herren von Frenilly, von Villefranche und Dubouchage. Die Gazette de France macht ihre Leser darauf aufmerk⸗ sam, daß sich unter den Ersteren die Namen von Pairs be⸗ finden, die das demokratische Gesetz vom 5. Februar unter⸗ stuͤtzt, und daß dagegen die Letztern dieselben Pairs sind, die dieses Gesetz fruͤher angegriffen asselbe Blatt sagt: „Wir haben nie aufgehoͤrt zu be⸗ haupten, daß die Klagen der linken Seite uͤber das Preß⸗ Gesetz nicht aufrichtig siud. Heute verraͤth sich der Globe, indem er seinen Freunden zuruft: „Verbessert das Gesetz, wenn Ihr koͤnnt; wenn koͤn 1 wohl es zu verwerfen, denn es befreit uns wenigstens von der gegenwäaͤrtigen Gesetzgebung, und ist schon deshalb gut.“ Auch das Journal des Débats schließt einen aͤhnlichen Artikel mit den Worten: „Laßt uns das Gesetz verbessern, aber nicht es zuruͤckweisen. 2 Der Constitutionnel aͤußert sich üͤber die obige Sitzung der Deputirten⸗Kammer in fol ender Art: „Bis jetzt sind die Sitzungen der Kammer ruhig gewesen; die heutige war eine der stuͤrmischsten, die man je gesehen hat. Darf man sich daruͤber wundern? Seit einigen Tagen hat sich das Mi⸗ nisterium mit einer Parthei verbunden, die vom Anfange der Sitzungen an bis jetzt, ein finsteres Schweigen beobachtet hatte. Aber jene praͤchtige Lobrede auf die Jesuiten, jene gewaltige Bewunderung der Freunde des Herrn v. Villele, die in dem Augenblicke in eine Art von Begeisterung aus⸗ brachen, als Hr. v. Martignae sich zur rechten Seite zu schla⸗ gen schien, haben diese fuͤr die Freunde der verfassungs⸗ maͤßigen Monarchie betruͤbende Aufregung der Gemuͤther her⸗ beifuͤhren muͤssen; sie war um so natuͤrlicher, als die Consti⸗ tutionnellen, nachdem sie eben auf eine so edle Weise 80 Millio⸗ nen bewilligt hatten, als Dank fuͤr ihre Gesinnungen, aus dem Munde des Bischofs von Beauvais die Liebe des Ministe⸗ riums zu den Jesulten, und aus dem des Hrn. v. Martignac die Kriegs⸗Erkläͤrung gegen die Presse vernommen hatten. Von allen Bekenntnissen, welche die Minister von der Rednerbuͤhne herab gemacht haben, ist, man muß es laut estehen, keins ehrlicher und aufrichtiger gewesen, als das eierliche Lob der Tugend, Rechtschaffenheit und Uneigen⸗ nuͤtzigkeit der Jesuiten; man hoffte, daß die Deputirten von 1827 mit einem Ministerium gemeinschaftliche Sache machen wuͤrden, das sich Vieles erlaubt, was 2 Hr. v. Villele nie gewagt haͤtte. Heute hatte der gelehrte Hr. Devaux ein Amendement vorgeschlagen; der Minsster des Unterrichts wi⸗ derlegte ihn mit großer Schwäͤche; Hr. Dupin antwortete mit so viel Vernunft und Kraft, daß die bekanntesten An⸗ haͤnger des Ministeriums schwiegen. Der Großsiegelbewah⸗ rer suchte diesen Eindruck zu zerstoͤren und beide Minister wi⸗ dersprachen sich; mittlerweile war es spaͤt geworden, schon hatten sich 30 Deputirte der linken Seite, welche gerade die ersten und letzten auf ihrem Posten sein sollten, entfernt, so daß es beinahe der rechten Seite, die noch ganz gegen⸗ woͤrtig war, gelungen waͤre, ihre Meinung durchzusetzen;

Ihr es nicht koͤnnt, so huͤtet Euch