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nnge des Herrn Dupin anschloß. Es bestanden sonach in
Betreff der literarischen und juristischen Zeitungen dreierlei verschiedene Meinungen: entweder, sie der hoͤchsten Cautions⸗
Summe von 6000 Fr. Renten zu unterwerfen (Vorschlag dder Regierung), oder diese Summe zu Gunsten jener Zei⸗ tungen zu ermäͤßigen, oder gar keine Caution von ihnen zu
verlangen. In die zweite Klasse gehoͤrte ein Amendement des Herrn Jars, von allen dergleichen Blaͤttern nur den dritten Theil der von politischen Zeitungen zu leistenden Cautions⸗Summe zu fordern. Dieser Vorschlag wurde aber verworfen. Ueber den oben erwaͤhnten Antrag des Hrn. Dupin mußte, da zwei Abstimmungs⸗Versuche durch Auf⸗ stehen und Sitzenbleiben zweifelhaft blieben, mittelst Kugel⸗ Wahl abgestimmt werden, worauf derselbe mit einer Mehr⸗ heit von 9 Stimmen 8e gegen 183) ebenfalls verwor⸗ fen wurde. Dieses Resultat erregte einige ÜSensation. Jetzt kam die Reihe an das obige Amendement des Grafen von Sesmaisons, die Caution fuͤr die mehrerwaͤhnten Blaͤtter auf die Haͤlfte auch uͤber dieses mußte durch KugelWahl abgestimmt werden; dasselbe wurde aber mit einer Mehrheit von 11 Stimmen (190 gegen 179) gleich⸗ falls verworfen. Ein anderer Paragraph des zweiten Ar⸗ tikels bestimmt, daß alle Zeitschriften, die monatlich hoͤchstens nur einmal erscheinen, so wie die Tages⸗Blaͤtter, welche bloße Ankuͤndigungen enthalten, von jeder Caution befreit sein sollen. Hier hatte Hr. Thénard verlangt, daß 1) auch alle Kunst⸗ und wissenschaftlichen Blaͤtter, so wie 2) alle in fremden Sprachen herausgegebenen Zeitschriften gleichfalls von der Cautions⸗Leistung befreit werden, und mehrere andere Deputirte hatten dabei noch verschiedene Unter⸗Amendements gemacht. Hr. Thénard hielt einen langen Vortrag zur Un⸗ terstuͤtzung seines Antrages. Er meinte, daß die wissenschaft⸗ lichen Blaͤtter seit den letzten 40 Jahren in Frankreich be⸗ deutend zugenommen haͤtten; es gaͤbe deren gegenwaͤrtig 120, die meistens zweimal im Monate, einige aber auch einen Tag um den andern oder gar taͤglich erschienen; hieraus
inge klar hervor, daß man sich heutiges Tages mehr wie ee suche. Das Genie, fuͤgte derselbe hinzu, ließe sich nicht vererben, da es eine Gabe des Himmels waͤre, wohl aber der Unterricht; man muͤßte alse die Verbreitung desselben durch gute literarische und wissenschaftliche Werke möͤglichst zu be⸗ guͤnstigen suchen; die Verfasser des vorliegenden Gesetz⸗Ent⸗ wurfes haͤtten dieses auch wohl gefuͤhlt, und daher im 3ten Artikel festgesetzt, daß der Koͤnig, auf den Antrag einer der vier Akademien, ein, den Kuͤnsten und Wissenschaften aus⸗ schließlich gewidmetes Journal, sobald dasselbe woͤchentlich nur einmal erschiene, von jeder Cautions⸗Leistung frei zu sprechen; hiernach koͤnnte allerdings sein Antrag als uͤber⸗ fluͤssig erscheinen; man muͤßte indessen die 2 vor⸗ aussetzen, daß an die Stelle eines nationalen Ministeriums ein partheiisches traͤte, in welchem Falle ein Schriftsteller noch so viel Talent und Faͤhigkeiten wuͤrde besitzen koͤnnen, ohne der Cautions⸗Leistung uͤberhoben zu sein, wenn anders er sich nicht zu der von der Verwaltung beguͤnstigten Parthei be⸗ kennte; im Uebrigen, so enthielte der obige 3te Artikel eine Art von Privilegium, indem man danach dem einen Schriftsteller wuͤrde bewilligen koͤnnen, was man dem andern versagte, und die Willkuͤhr daher zur einzigen Richtschnur dienen wuͤrde. Durch alle diese Gruͤnde, schloß der Redner, halte er sein Amendement fuͤr hinlaͤnglich gerechtfertigt und stimme dage⸗ gen fuͤr die Verwerfung des ganzen dritten Artikels. Der Graf von Laborde verlangte, daß die von der Akademie der schoͤnen Kuͤnste und Wissenschaften herauszugebenden Blaͤtter nicht die einzigen beguͤnstigten wären. „Ich gehoͤre,“ aͤäußerte derselbe, „zu einer minder glaͤnzenden, aber auch minder kampflustigen Akademie, zu der der Inschriften und schoͤnen Wissenschaften; sie ist die einzige, die ein wissenschaft⸗ liches Blatt (das Journal de Savans) herausgiebt, dessen Kosten der Großstegelbewahrer bestreitet, und welches zu Abonnenten nur Diejenigen hat, denen man es unentgeltlich zuschickt. (Allgemeines Gelaͤchter) Ein solches Journal ver⸗ dient wohl eine Ausnahme.“ Der Vicomte v. Laboulaye lobte die Absichten des Hrn. Thénard, glaubte aber, daß die den Kuͤnsten und Wissenschaften zu gewährende Aufmunte⸗ rung von dem Koͤnige, als dem ersten und vornehmsten Be⸗ schuͤtzer derselben, ausgehen muͤsse, und daß sonach der dritte Artikel in dieser Beziehung Alles enthalte, was man billiger Weise verlangen koͤnne. Der See⸗Minister bestieg die Rednerbuͤhne, um die Behauptung zu widerlegen, daß das Ministerium durch den 3ten Artikel gewissermaaßen ein Privilegium habe einfuͤhren und sich eine Art von Cen⸗ sur habe sichern wollen; dieser Artikel beabsichtige allein den Kuͤnsten und Wissenschaften einen angemessenen Schutz angedeihen zu lassen, und niemals werde das Ministerium
seine Einwilligung zur Herausgabe eines literarischen Blat⸗ tes, auf den Antrag einer der vier Akademien, verweigern; Hr. Thénard habe behauptet, daß die Ernennung eines an⸗ tinationalen Ministeriums andere Grundsaͤtze herbeifuͤhren koͤnnte; ein solches Ministerium wuͤrde aber nur mit einer ebenfalls antinationalen Majoritaͤt bestehen koͤnnen; und traͤte dieser Fall jemals ein, so wuͤrde es der Kammer auch freistehen, die bestehenden Gesetze zu aͤndern, und alle gegen⸗ waͤrtigen Vorsichtsmaaßregeln wuͤrden sonach als uͤberfluͤssig erscheinen. Nach dieser Auseinandersetzung wurde uͤber den obigen 1sten Theil des Amendements des Hrn. Thénard ab⸗ gestimmt, und derselbe mit einem unerheblichen Unter⸗Amende⸗ ment des Grafen v. Laborde angenommen. In Betreff des 2ten⸗ Theils desselben, die Zeitungen in fremden Sprachen betreffend, hatte der Baron v. Schonon verlangt, daß man die Exemp⸗ tion auch auf die Zeitungen in todten Sprachen ausdehne. Dieser Vorschlag wurde zuvoͤrderst angenommen. Der Großsiegelbewahrer machte indessen die Bemerkung, daß man das Amendement des Hrn. Thénard anders ab⸗ fassen muͤsse, da Frankreich Departements habe, in welchen Deutsch gesprochen werde, und wo man mithin die Deutsche Sprache nicht als eine fremde betrachten koͤnne; dagegen machte der See⸗Minister die Versammlung darauf auf⸗ merksam, wie sie einerseits kein Privilegium begruͤnden wolle, und andererseits doch dadurch, daß sie einer Zeitung das Recht einraͤume, in fremder Sprache ohne Cautions⸗Leistung u erscheinen, ganz eigentlich ein solches Ptivilegium einführe. uletzt brachte Hr. Dupin der Aeltere eine andere Abfassung des Thénardschen Amendements in Antrag, wonach jedes nichtpolitische Blatt, welches in einer andern, als der Fran⸗ zosischen Sprache erscheint, von der Cautions⸗Leistung dis⸗ pensirt sein soll, und diese Abfassung wurde endlich ange⸗ nommen. Es bleibt jetzt von dem 2ten Artikel nur noch⸗ ein Paragraph zur Berathung uͤbrig, woruͤber die Discus⸗ sion am folgenden Tage beginnen sollte.
Paris, 11. Juni. Die Gazette de France enthält abermals einen gegen das Ministerium gerichteten Artikel, worin dasselbe der Schwaͤche und Ohnmacht beschuldigt wird, und an dessen Schluß es heißt: „Wir werden nie aufhoͤren⸗ den furchtsamen Rathgebern des Koͤnigs zu wiederholen; durch Eure Schwachheit werdet Ihr den Ereignissen, fuͤr die Ihr besorgt seid, nicht vorbeugen. Wenn Ihr den Libe⸗ ralismus fuͤrchtet, so bekaͤmpft ihn; durch Zugestaͤndnisse werdet Ihr, statt ihn zu besaͤnftigen, ihn nur aufmuntern, und ihm neue Kräͤfte leihen; laßt Ihr ihn fortbestehen, so⸗ wird er Euch verschlingen. Der Krieg mit der Revolution. allein kann das Leben der Monarchie sichern.“
Das Journal du Commerce vom gten d. M. war auf der Post angehalten worden, und zwar, wie dieses Blatt nunmehr erklaͤrt, aus folgenden Gruͤnden: dasselbe enthielt einen Artikel uͤber das neuerdings in der Kammer zur Sprache gebrachte Monogram J. IH. §., welches, so hieß es darin, von Einigen durch Jesus hominum Salvator (Jesus Hei⸗ land der Menschen) von Andern durch Jesu humilis Societas (die demuͤthige Gesellschaft Jesu) ausgelegt wurde. Da in dem betreffenden Satze das Wort berüchtigt zweimal
sehr nahe hinter einander vorkam, so wollte der Corrector
es das zweitemal durch die Worte: allzu beruͤhmt ersetzen; statt aber das Wort beruͤchtigt wegzustreichen, strich er aus Versehen das in der Spalte unmittelbar daruͤber befindliche Wort Menschen aus, so daß es nun statt „Jesus, Heiland der Menschen“ „Jesus allzu beruͤhmter Heiland“ hieß. „Wir wuͤrden,“ sagt das Journal du Commerce, „in keine so weitlaͤuftige Eroͤrterung dieses Versehens eingegangen sein, wenn die Behoͤrde nicht eine so große Wichtigkeit auf ein an sich unbedeutendes Ereigniß gelegt haͤtte. Wir erfahren auf indirectem Wege, daß unser Zeitungs⸗Blatt auf der Post an⸗ gehalten worden ist; diese Maaßregel ist uns nicht notificirt worden, und wir wissen nicht, mit welchem Rechte die Ver⸗ waltung sich erlauben konnte, uͤber unser Eigenthum zu ver⸗ fuͤgen, ohne uns auch nur davon zu benachrichtigen. Die Gazetts de France denuncirt uns heute Abend dem öoͤffent⸗ lichen Ministerium mit einem Gefuͤhle des Unwillens und des Abscheus. Zeitungsschreiber, welche taͤglich dergleichen Versehen begehen koͤnnen, sollten die ersten sein, die uns rechtfertigten, und Niemand, der nur einigermaaßen mit dem Zeitungsdrucke vertraut ist, wird ein durchaus zufälliges Er⸗ eigniß uns als ein Sacrilegium anrechnen wollen. Wir rchten nicht, daß unsere Leser uns verkennen werden; sie wissen, daß wir unsere Meinungen frei und offen darle⸗ gen, aber daß wir ehrwuͤrdige Gegenstaͤnde auch mit Ehr⸗ furcht behandeln. Wenn wir uns üͤber Sachen der Religion auslassen, so pflegen wir unsere Sprache dem Ernste des
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