1828 / 166 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

die Gerichtshoͤfe,

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peinlichen Gesetzbuches vorhergesehenen Fällen koͤnnen abgesehen von den Bestimmungen des Art.

10 des Gesetzes vom 9. Junt 1819, nach Maaßgabe der Schwere des Vergehens, die Suspendirung des Journals

der Zeitschrift fuͤr eine Zeit verfuͤgen, welche nicht laͤn⸗

ger als zwei Monate, und nicht geringer als 10 Tage sein

darf. Waͤhrend dieser Zeit bleibt die Caukion bel der Con⸗

signations⸗Kasse in Verwahrsam, und darf keine andere Be⸗ stimmung erhalten.“ Der 16te Artikel wurde mit einem Zusatz⸗Paragraph der Commission ohne eine erhebliche Disenssion in folgender Abfassung angenommen: 32 5

Art. 15. In Prozessen, welche ehrenruͤhrige Verlaͤum⸗ dungen zum Gegenstande haben, duͤrfen, sobald die Gerichts⸗ hoͤfe, dem Inhalte des 64sten Artikels der Charte gemäaͤß, verordnen, daß die Verhandlung bei verschlossenen Thuͤren Statt finden solle, die Journale bei 2000 Fr. Strafe, weder die Thatsachen der Verlaͤumdung bekannt machen, noch einen Auszug der Promemorias oder sonstigen Schriften geben, worin dieselben enthalten sind. In allen Civil, und Crimi⸗ nal⸗Prozessen, die bei verschlossenen Thuͤren gefuͤhrt werden, duͤrfen sie (die Zeitungen) bei gleicher Strafe nur den Ur⸗ theilsspruch publiciren.594

Der 17te Artikel erlitt eine unbedeutende Aenderung durch die Annahme eines Amendements des Hru. Jacquinot de Pampelune; Folgendes ist sein Inhalt:

„Art. 17. Wenn, nach dem letzten Paragraphen des Artikels 23. des Gesetzes vom 17. Mai 1819, die Gerichts⸗ höͤfe, in Betreff der dem Prozesse fremden verlaͤumderischen Thatsachen, dem oͤffentlichen Ministerium oder den Civil⸗ Partheien eine Einschreitung vorbehalten haben, so duͤrfen die Zeitungen, bei derselben Strafe, weder jene Thatsachen bekannt machen, noch einen Auszug aus den Beschwerde⸗ Schriften geben, worin dieselben enthalten sind.“ Bevor die Kammer sich hierauf mit dem 18ten und wahrscheinlich letzten Artikel des Gesetzes beschaͤftigte, be⸗ merkte der Praͤsident, daß zu dem 17ten noch verschlebene zusatz⸗Bestimmungen in Antrag gebracht worden seien. In er ersten verlangte der Vicomte von Laboulaye, daß die eitungen gehalten sein sollten, die Reden der Deputlrten, bald diese es verlangen, ausfuͤhrlich, jedoch gegen Entrichtung der Insertions⸗Gebuͤhren, aufzunehmen. „Oftmals,“ aͤußerte derselbe, „berathschlagen wir unter dem groͤßten Geraͤusch, und ich haͤtte ihnen, wie z. B. eben jetzt, die schoͤnsten Dinge von der Welt sagen koͤnnen, ohne daß Sie ein Wort davon verstanden haͤtten.“ (Waͤhrend des halbstuͤndigen Vortrags des Redners hatte naͤmlich, wie bei langweiligen Schauspie⸗ len, eine allgemeine Conversation statt gefunden.) Hr Peton zußerte scherzhafterweise, daß er dem Antrage des Hrn. v. Labonlaye beitrete, unter der Bedingung, daß die Depu⸗ tirten die doppelte Gebuͤhren⸗Taxe entrichteten. Der Vor⸗ schlag wurde natuͤrlich verworfen. Jetzt kam die Reihe an den schon seit lange vorbereiteten Antrag, die Preß⸗Ver⸗ gehen auf's neue den Geschwornen⸗Gerichten zu uͤberweisen; derselbe ruͤhrt von den Herren Devaux, Méchin, v. Cormenin und v. Correlles her. Letzterer entwickelte die Proposition und fuͤhrte zu Gunsten derselben alle die Gruͤnde an, welche in der Deputirten⸗Kammer schon so oft dafür geltend gemacht worden sind, und die sich saͤmmtlich auf die einfache Behaup⸗ rung zuruͤckfuͤhren lassen, daß eine strenge Unpartheilichkeit nur von den Geschwornen⸗Gerichten zu erwarten sei. Hr. Amat widersetzte sich dem Antrage schon deshalb, weil in die⸗ sem Augenblicke nicht von der Presse im Allgemeinen, sondern nur von der periodischen Presse die Rede sei; im Uebrigen, so sei die Jury, ihrem Wesen nach, nur dazu berufen, uͤber Lhanfchen zu entscheiden, und daher zu Erkenntnissen in Angelegenheiten der Presse, wo es immer mehr oder weniger auf die Aus⸗ tegung einer Absicht ankomme, nicht geeignet. Hr. v. Cor⸗ menin stellte einige sehr lichtvolle und ausfuͤhrliche Betrach⸗ tungen uͤber diesen Gegenstand an. Er machte zuvörderst darauf aufmerksam, wie die Preß⸗Vergehen fruͤher mit zu den Verbrechen gerechnet und mit Leibesstrafen belegt worden waͤren. Jene Vergehen gehoͤrten nach dem gemeinen Rechte ohne allen Zweifel vor die Geschwornen⸗Gerichte, und daß man sie den Zuchtpolizei⸗Gerichten uͤberwiesen habe, wäre Lem eigentlich eine Ausnahme von der Regel; die Preß⸗

ergehen waͤren Meinungs⸗Vergehen, wie die Geschwornen Meinungs⸗Maͤnner wären; unter allen Vergehen waͤren un⸗ bestreithar die der Presse die eigenwilligsten, unbestimmtesten und verschiedenartigsten, und es waͤre sonach wesentlich, daß ste auch durch Maͤnner entschieden wuͤrden, die ihnen gli⸗ chen, und die, wie jene, wechselten; die Richter entschieden immer nur nach dem Buchstaben des Gesetzes, die Geschwor⸗ nen nach dem Geiste deffelben; man habe behauptet, daß die

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hungen der Faction so lange strebten. Die

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Jury in Frankreich noch nicht, wie in England, naturalisirt sei: hieraus gehe aber noch keinesweges hervor, daß die 2g tung dem Lande nicht zusage; „und wie koͤnnte“, fragte der Redner, „dieselbe sich auch bei uns einbuͤrgern, wenn wir sie nicht allgemein annehmen?“ Herr von Cormenin widersetzte sich hierauf dem fruͤher gemachten Vorschlage, fuͤr die Preß⸗Vergehen eine besondere Jury niederzusetzen. Er untersuchte hlerauf die Gesetze üͤber die Geschwornen⸗Gerichte, so wie die Art der Anfertigung der Geschwornen⸗Listen; seine Rede schien einen großen Eindruck auf die Versammlung zu machen und wurde mit vlelem Beifalle aufgenommen. Am folgenden Tage sollte die Disenssion uͤber diesen Gegenstand fortgesetzt werden. Zuglelch kuͤndigte der Praͤsident der Ver⸗ sammlung an, daß Herr Gautier an diesem Tage den Com⸗ missions⸗Bericht uͤber das Ausgabe⸗Budget abstatten werde.

Paris, 19. Juni. Der Herzog von Caraman ist vor⸗ gestern nach Wien abgereist, um sich bei Sr. Maj. dem Kai⸗ jer zu beurlauben. Man versichert indessen, daß er bis zur Ankunft seines Nachfolgers, des Herzogs von Laval⸗Mont⸗ morency, dessen Abreise nahe bevorsteht, in Wien verblelben. werde.

Die öffentlichen Blaͤtter enthalten einen Tagesbefehl, worin der dienstthuende Major⸗Général, Marschall Macdo⸗ nald, den Truppen, uͤber welche Sr. Maj. am verflossenen Sonnabend Heerschau gehalten haben, im Namen des Koͤ⸗ nigs Hoͤchstdessen Zufriedenheit uͤber ihre vortreffliche Hal⸗ tung zu erkennen giebt.

In der obigen Sitzung der Pairs⸗Kammer hat der Mi⸗ nister des Innern, wie der Messager des Chambres behaup⸗ tet, die fuͤr die Deputirten und die Waͤhler beleidigenden Betrachtungen, welche der Marquis von Forbin des Issarts Tages zuvor uüͤber den Wahllisten⸗Gesetz⸗Entwurf angestellt hatte, siegreich widerlegt.

Die hiesigen Zeitungen sprechen sich heute, wie zu er⸗ warten war, sehr lebhaft uͤber die, in Betreff der Secun⸗ dair⸗Schulen ergangenen beiden Koöniglichen Verordnungen aus, welche den einen eben so viel Unmuth als den andern Freude verursacht haben, von einigen liberalen Blaͤttern aber, als eine unzureichende Maaßregel, mit zlemlicher Gleichguͤl⸗ tigkeit betrachtet werden. Es duͤrfte nicht uninteressant sein, diese verschiedenartigen Ansichten kurz zusammenzufassen. „Die von uns gestern mitgetheilten Verordnungen“ (sagt die Gaz. de Fr. Leroͤffnen die religtoͤse Verfolgung, nach welcher die Bemif⸗ hungen Familienvaͤter, welche ihre Soͤhne in den 7 oder 8 unterdruͤckten Seminarien erziehen ließen, moͤgen eilen, sie von dort abzuholen, die Lehrer, de⸗ nen sie sie anvertraut hatten, sind prosertbirt! Freiheit und Toleranz sind in der Charte, wenn der Royalismus trium⸗ phirt, unter dem Liberalismus heißen diese beiden Worte: Monopol, Unterdruͤckung und Verfolgung. Väter, die ihr eure Kinder durch Diener eurer Religiön erziehen lassen woll⸗ tet, ihr koͤnnt es jetzt nur, indem ihr sie uͤber die Graͤnze schickt; oder ihr muͤßt sie dem Universitäts⸗Monopol uͤberge⸗ ben; so will es die Freiheit! Ihr hieltet darauf, daß eure Kinder in der Religion des Staats erzogen wuüͤrden, und hofftet, es zu koͤnnen, als ihr die Lemk eh⸗ die Moscheen, die Synagogen in der Hauptstadt geöffnet sahet. Ihr waret im Irrthum. Weil euer Glaube der des Staats und des größten Theils der Franzosen ist, ist den Priestern, denen ihr die Erziehung eurer Kinder anvertraut habt, nicht erlaubt, mit dieser fortzufahren, wenn sie nicht einen Schwur uͤber ihren Glauben ablegen! Was wolltet ihr? Herr Benj. Con⸗ stant hat es so gewollt, er gehoͤrt einer andern Religion an, als ihr, er zieht die verheiratheten Professoren den Celibatalrs vor, er ist Feind aller Monopole; aber er schuͤtzt trefflich die Freiheiten euxer Kirche, und ihr koͤnnt keinen bessern Ordner eures Glaubens und des Erziehungs⸗Systems eurer Kinder wählen. Die Verordnungen, mit denen man seit funfzehn

Tagen die Freunde des Königthums und der Religion bedrohte, stehen endlich im Moniteur; so triumphirt die Revolution! mit tiefer Bexruͤbniß schreiben wir diese Zeilen⸗ Alle Verantwortlichkeit dieser Maaßregeln fällt auf die Mi⸗ nister, die sie unterzeichnet haben. Diese Verantwortlichkeit ist schwer r Beide, sie ist es doppelt fuͤr den einen, dessen geheiligter Charakter allein eine erhabene Hand gegen das Wohl der Staats⸗Religion sicher machen konnte: ein Bischof schlug dem Koͤnige vor, üͤber die Interessen der Bischöfe zu bestimmen, wie konnte Mißtrauen in der Seele der Christen entstehen? der Geist der Revolution hat diese Veordnungen entrissen, man erkennt ihn an den beiden Hauptzuͤgen, die sie charakterisiren: der Zerstoͤrungsgeist und die Tyrannei.“ Noch heftiger äͤußert sich die Quotidienne in einem Ar⸗

tikel, den sie „Verfolgung der katholischen Kirche“ über⸗ schreibt. „Endlich“ (ruft sie aus) „ist das Gewebe so vieler

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