1828 / 170 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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ist Ihnen der Sieg geworden”“ „Meine Herren, ich sehe Ih⸗ nen alle dreist ins Angesicht und erkläre, daß die Gewalthaber keinem unter Ihnen den Sieg haben geben wollen; sie haben ihn blos der Vernunft und der Gerechtigkeit zuerkannt. (Lau⸗ ter Beifall)! Und wehe denen, die sich zu diesen nicht halten. Der vorige Redner hat behauptet, daß ee Minister durch die neuli⸗ chen Verordnungen einen großen Schlag gethan haͤtten; aber die Minister haben keinen Schlag thun wollen, sie haben nur eine heilige Pflicht erfuͤllt; sie haben dem Throne die Rath⸗ schlaͤge gegeben, die sie ihm schuldig waren, sie haben Nie⸗ manden angegriffen, Niemanden proscribirt; sie haben bloß die Verpflichtung erfuͤllt, die der Koͤnig gegen ganz Frank⸗ reich uͤbernommen hatte; sie sind zur gesetzlichen Ordnung zuruͤckgekehrt. Der vorige Redner beschuldigt uns, daß wir den Buchstaben und den Geist der Charte verletzt haͤtten; aber wir kennen so gut, wie er die Charte; sie verlangt Ach⸗ tung vor jeder Religion, aber sie will nicht, daß man die Gesetze uͤbertrete. Die Roͤmisch⸗katholisch⸗apostolische Reli⸗ gion ist und bleibt die Religion des Staats; aber eben so wenig, wie die Gerichtshoͤfe es leiden wuͤrden, daß man un⸗ ter dem Vorwande der Gesetze sich uͤber die Religion erhoͤbe, eben so wenig wird die Regierung es dulden, daß man un⸗ ter dem Vorwande der Rellgion sich uͤber die Gesetze erhebe. Und, weil man uns denn doch hat Rathschläge ertheilen wollen, so wir frei, daß wir das Schwierige unse⸗ rer Lage vollkommen erkennen, (Hoͤrt!) daß wir recht gut wissen, welche Schlingen man uns taͤglich zu legen sucht; aber wir werden alle Schwierigkeiten bestegen, denn wir haben starke und mäͤchtige Stuͤtzen, die Macht des Koͤnigs, die oͤffentliche Meinung und unser Gewissen, welches uns sagt, daß es fuͤr unsere Amts⸗Verrichtungen nur einen Weg gieße⸗ den Weg der Rechtlichkeit. Unser Auftrag ist, die Vorrechte des Thrones zu bewahren; aber unsinnige Stimmen beschul⸗ digen uns, daß wir der Freiheit Fesseln anlegen, andere, daß wir die Revolution beabsichtigen uünd daß wir uns von einem Zugestaͤndnisse zum andern verleiten lassen. Was will

man denn aber mit dem Worte „Zugestäͤndniß“, uͤberhaupt

sagen? Etwa die Handlung eines Koͤnigs, welcher solche Verfuͤgungen erlaͤßt, die den gesetzlichen Freiheiten guͤnstig sind; von solchen Zugestaͤndnissen haben die Koͤnige von Frankreich allerdings manche Beweise gegeben. Versteht man darunter aber die Aufgebung irgend eines der Krone wich⸗ tigen Vorrechts, so thut man uns sehr Unrecht, denn zu einem solchen Zugestaͤndnisse wird ein Minister des Koͤnigs niemals seine Zustimmung geben. Und darum noch einmal, m. H., durch die beiden mehrerwaͤhnten Verordnungen haben wir nur die Macht des Monarchen befestigen und die gesetzliche Ordnung aufrecht erhalten wollen. Als wir zu dieser Maaßregel rie⸗ then, befrugen wir, ohne irgend den Partheigeist zu beruͤck⸗ sichtigen, bloß unser Gewissen, und dieses sagte uns, daß es vor allem unsere Pflicht sei, die Verfassung aufrecht zu erhalten; und daß wir uns niemals davon entfernen werden, dafuͤr buͤrgt Ihnen unser Eid. Der vorige Redner behaup⸗ tet, wir haͤtten die Gesetze verletzt. Waͤre dies der Fall, so muͤßten Sie uns in Anklagestand versetzen, denn Minister, welche die Gesetze uͤbertreten, muͤssen stets angeklagt werden. Wir haben aber die Gesetze nicht verletzt, sondern sind viel⸗ mehr unter die Herrschaft derselben zurüuͤckgekehrt.“ Ein rau⸗ schender Beifall fast aus allen Theilen des Saales und der Tribunen folgte auf diese Rede. Nachdem Hr. v. Sainte⸗Ma⸗ rie zu Gunsten der Jesuiten aufgetreten war und somit die gedachten beiden Verordnungen bitter getadelt hatte, bestleg der Minister der geistl. Angelegenheiten die Tribune, um die Versammlung vor allem darauf aufmerksam zu ma⸗ chen, wie Unrecht man habe, wenn man daraus, daß den Jesuiten einige geistliche Schulen entzogen worden saaer⸗ gleich auf deren gaͤnzliche Proscription aus Frankreich schlie⸗ zen wolle; hiervon sei gar keine Rede; auch halte er 89 uͤberzeugt, daß die durch die betreffenden Verordnungen auf⸗ geregten Gemüther sich nach einer reiflicheren Ueberlegung leicht besaͤnftigen, so wie andrerseits, daß die Resultate der, von den Ministern vorgeschlagenen Maaßregel dieselben hin⸗ laänglich rechtfertigen wuͤrden. Noch ließen sich der Baron v. Montbel und Herr Dupin der Aeltere uͤber dlesen Gegenstand vernehmen, worauf die oben erwaͤhnten Antraͤge des Berichterstatters mit starker Stimmen⸗Mehrheit ange⸗ nommen wurden. Die Versammlung ging erst um 6 Uhr auseinander.

Paris, 23. Juni. Der gestrige Moniteur enthaͤlt eine

Verordnung vom 15ten d. M. wonach das Departements⸗ Wahl⸗Collegium des Pas de Calais auf den 29. Juli in Arras zusammen berufen wird, um an die Stelle des, mit Tode abgegangenen Grafen von Bryas einen andern De⸗ putirten zu waͤhlen.

Der Hauptgegner des, in der obigen Sitzung der Pairs⸗ Kammer discutirten zwoͤlften Artikels des Wahllisten⸗Gesetz⸗ Entwurfes war, wie man versichert, der Graf v. Peyronnet. Dieser Pair hat, nachdem er sich der Tribune bemäͤchtigt hatte, sie fast bis an das Ende der Sitzung, die erst zu sehr vorgeruͤckter Stunde geschlossen wurde, behauptet.

Der Graf Alexander von Laborde ist an die Stelle des Ministers des Innern, Vicomte von Martignac, zum Mit⸗ gliede der Ober⸗Commission fuͤr die Marine⸗Invaliden⸗An⸗ stalt, ernannt worden.

Großbritanien und Irland.

London, 21. Juni. In einer der letzten Sitzungen des Unterhauses hat Hr. O'Cave angekuͤndigt, er werde am 30. Juni die Motion aufstellen: „daß alle innerhalb der Graͤnzen der Britischen nach dem 1. Jan. 1830 gebornen Sclavenkinder frei sein sollen.“

Die Times bemerkt, die Anstellung des Lord Francis Gower, als Staats⸗Secretair fuͤr Irland, muüͤsse als ein gluͤckliches Zeichen der Absichten des Herzogs von Welling⸗ ton im Betreff jenes Landes angesehen werden. Wie man sagt, hat der Herzog von Wellington die Absicht, der star⸗ ken Bevoͤlkerung der niedern Klassen in Irland durch eine, unsern Armen⸗Gesetzen analoge Maaßregel zu Huͤlfe zu kommen.

Am vergangenen Montage feierten der Herzog und die Herzogin von St. Albans auf ihrem Landgute die Wieder⸗ kehr des Tages ihrer Vermählung. Mehrere Mitglieder der Koͤniglichen Familie waren bei dieser Festlichkeit zugegen. Die Times macht bei dieser Gelegenheit einige bittere Be⸗ merkungen uͤber die niedrige Herkunft der Herzogin und meint, das gluͤckliche Ehepaar haͤtte dieses Fe in aller Stille und nicht mit solchem Gepraͤnge begehen Ffnen

Eben dieses Blatt macht 2 die Maaßregeln aufmerksam, welche in Betreff Indiens befolgt werden muͤßten, sobald das Monopol der Öst⸗Indischen Compagnie, welches sie ein barbarisches und unpolitisches System nennt, aufgehöoͤrt ha⸗ ben wuͤrde. Sodann geht sie auf die Verhandlungen des Unterhauses uͤber diesen Gegenstand uͤber und faͤhrt dem⸗ naͤchst in folgender Art fort: „Gewiß sind unzählige Pri⸗ vat⸗Bedruͤckungen von den Unterthanen der Ostindischen Compagnie stillschweigend hingenommen worden, aus Furcht, daß, so bald eine Wunde vernarbt sein moͤchte, die Geißel bald tausend andern schlagen wuͤrde, und so ist eine uner⸗ meßliche Anzahl von unbestraften Ungerechtigkeiten den Au⸗ gen der Englaͤnder entgangen. Ein Beispiel davon ist je⸗ doch zu merkwuͤrdig, als daß wir es unberuͤhrt uͤbergehen sollten: der Fall ist der der Mandatarien eines eingebornen Banquiers, Namens Gopaul Doss; Oude, eine Britische Provinz, unter einem nahmhaften eingebornen Herrscher, var der Schauplatz der Handlung, oder der Reihe von Handlungen, uͤber welche geklagt wird; das begangene Un⸗ recht war ein Treubruch, der den Verlust von mehr als 200,000 Pfd. auf Seiten des Klaͤgers herbei fuͤhrte; und die Herren von Leadenhall street, waren, rehangest ihrer Beamten, die angegebenen Urheber des Unrechts! Noch ist auf keine Wiedererstattung des Geldes verfuͤgt worden. Dies ist nur eins von den vielen Beispielen unserer Staats⸗ Politik; aber der Tag der Rechenschaft kommt rasch uͤber die ehrenwerthen Monopolisten, und wir hoffen, daß man ihnen die Rechnung bis auf Heller und Pfennig abfordern wird.

Es wird in einigen Ministerial⸗Blaͤttern versichert, daß der Plan zur Errichtung einer zweiten hoͤheren Unterrichts⸗ Anstalt in London, welche dem Vernehmen nach außschließ⸗ lich der Erziehung von Mitgliedern der Englischen Kirche gewidmet sein soll, vom Herzoge von Wellington beschuͤtzt werde. Das Projekt wuͤrde nicht zu tadeln lein (sagt der Globe) wenn die Erfinder desselben nicht augenscheinlich zeigten, daß die Absicht, in der sie es gruͤnden, der schon be⸗ stehenden Universitaͤt feindlich ist, weil diese Anstalt den Studenten alle Religionsmeinungen die Thuͤren oͤffnet, in⸗ dem sie deren theologischen Unterricht ihren Eltern und den Lehrern der verschiedenen Sekten uͤberläßt. In einer solchen Absicht gegruͤndet ist der Plan sehr verwerflich, und ein Minister der die Inconvenienzen in Bezug auf religiöͤse Streitigkeiten fuͤhlt und den Wunsch naͤhrt, denselben ein Ende zu machen, sollte sich nicht darauf einlassen. In der Londoner Universitaͤt ist nicht allein kein Anschein von Feindseligkeit gegen die bestehende Kirche, sondern wenn irgend eine Gefahr ist daß sie von einer strengen Unpar⸗ theilichkeit abweicht; so ist es in entgegengesetzter Richtung. Alle Geistlichen welche Professoren sind und es giebt deren

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