1828 / 171 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Frankrelch. b St. Cloud, 22. Juni. Hente Vormittag empfingen Se. Maj. den Praͤsidenten und das Buͤreau der Deputir⸗ ten⸗Kammer, welche die Ehre hatten, Hoͤchstdenselben den von dieser Kammer, in der Sitzung vom 20sten angenommenen Gesetz⸗Entwurf uͤber die periodische Presse zu uͤberreichen. Um 1 Uhr hielt der Koͤnig einen Minister⸗Rath, welchem auch der Dauphin beiwohnte.

Paris, 24. Juni. Das Gerüccht erhaͤlt sich, daß der hiesige Englische Botschafter Lord Granville seine Entlassung nachgesucht habe und daß Sir Charles Stuart, jetzt Lord Stuart von Rothsay, welcher schon fruͤher am hiesigen Hofe als Englischer Botschafter lange Zeit beglaubigt war, an dessen Stelle wieder hierher kommen werde. 8

„Man meldet uns in diesem Augenblicke,“ sagt die Ga⸗ zette de France, „daß der Aufstand in Porto gedämpft ist. Der Infant Dom Miguel brauchte sich den Empoͤrern nur Zzu zeigen, um sie zu bewegen, die Waffen niederzulegen.““ Die Gazette giebt diese unwahrscheinliche Nachricht mit dem Bemerken, daß ihr dortiger Correspondent daruͤber schweige, und daß sie sich mithin fuͤr die Wahrheit derselben nicht ver⸗ öo· uͤrgen koͤnne. Die Quotidienne erzaͤhlt, daß, seitdem der

Infant⸗Regent die, seit dem Jahre 1820 beurlaubten Sol⸗ 8* daten fuͤr die Dauer der gegenwaͤrtigen Krisis einberufen habe, der Zulauf so groß sei, als ob es einem abermaligen Feldzug gegen Buongparte gelte, und daß alle Regimenter bereits uͤbercomplett seien. Der Constitutionnel seinerseits will wissen, daß die Nachricht von der Abreise Dom Mi⸗ guel's von Lissabon nach Elvas bereits in Paris eingetroffen sei, und zieht daraus den Schluß, daß der Infant mit dem Plane umgehe, eine Zuflucht auf Spanischem Gebiete zu uchen.

8 Der Constitutionnel sagt: „Nachrichten von der hoͤch⸗ sten Wichtigkeit haben sich diesen Morgen (22sten) unter Leu⸗ ten verbreitet, welche gewoͤhnlich am besten unterrichtet sind. Man versichert, daß in Neapel eine Verschwoͤrung ausge⸗ brochen, aber im Keime erstickt worden sei, und daß man einige dreißig darin verwickelte Personen verhaftet habe.“(2)

Dem Journal du Commerce zufolge soll sich in Betreff der Portugiesischen Angelegenheiten eine Meinungs⸗Verschie⸗ ddenheit unter den Spanischen Ministern offenbart haben.

Hr. Calomarde verlangte, daß man die in Spanien befind⸗ lichen Portugiesischen Fluͤchelinge nach ihrer Heimath ent⸗ lasse; einige seiner Collegen widersetzten sich aber diesem An⸗

trage aus Furcht, sich gegen England zu compromittiren.

200 Personen, worunter mehrere Professoren, Gelehrte und Physiologen, welche zu diesem Behufe von dem Physiker Hen. Robertson besonders eingeladen waren, ein Versuch gemacht worden, wie viel Hitze der Mensch wohl zu ertra⸗ gen vermag. Ein Spanier, Namens Martinez, gebuͤrtig aus ndalusien, 43 Jahr alt, gab sich zu diesem Versuche her. .Es wurde ein cylinderfoͤrmiger und oben gewöͤlbter Ofen vpier Stunden lang stark geheizt. Gegen 8 Uhr kroch der Spanier mit weiten rothen Beinkleidern von Meltong und einem dichten wollenen Mantel angethan, den Kopf mit einem großen Hute bedeckt, in diesen Ofen, wo er bei einer Hitze von 50 bis 60 Graden, 14 Minuten lang auf einer Fuß⸗ bank sitzen blieb und ein Spanisches Lied sang, waäͤhrend zu seiner Seeite ein Huhn auf einem Kohlenbecken kochte. Als er den Ofen voerließ, gab sein Puls 134 Schlaͤge in der Minute, waͤh⸗ rend er deren vorher nur 72 gegeben hatte. Der Ofen wurde hierauf aufs Neue geheizt, worauf der Spanier um 8 ¾ Uhr seinen vorigen Platz darin wieder einnahm, das Huhn aß, und eine Flasche Wein auf das Wohl der Zuschauer trank. Als er den Ofen verließ gab sein Puls 176 Schläͤge in der 8 Minute, und das Thermometer zeigte eine Haee von 110 Grad Reaumur. Fuͤr den dritten und letzten Versuch wurde der Spanier auf ein mit e Lichten umgebenes, Brett gelegt, und so in den Gfen geschoben, dessen Thuͤr diesmal verschlossen wurde; er befand sich bereits fuͤnf Minu⸗ een darin, als man auf den einstimmigen Wunsch der Zu⸗ schauer das Ofenloch wieder öͤffnete. Ein stinkender und er⸗ stickender Dunst, welcher von den erloschenen und geschmol⸗ zenen Talglichten herruͤhrte, quoll sofort aus demselben her⸗ vor. Der Spanier wurde nichts desto weniger bei vollem Bewußtsein und unter dem lauten Beifall der Anwesenden herausgezogen; sein Puls schlug jetzt 200 mal in einer Mi⸗ nnute; er warf sich sofort in ein kaltes Bad und war in we⸗ nigen Minuten wieder voͤllig munter. Man erwartet, daß ddie Gelehrten ihre Beobachtungen uͤber diesen außerordent⸗ lichen Versuch, dessen Gegenstand war, den Waͤrmegrad zu ermitteln, welchen der menschliche Koͤrper ohne Lebens⸗ 8 gefahr ertragen koͤnne, dem Publikum mittheilen werden.

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Vor einigen Tagen ist hier in Gegenwart von etwa⸗

taͤglich; Ihre Koͤnigl. Hoheiten der dee-hea-

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Großbritanien und Irland.

London, 21. Juni. Se. Maj. haben Herrn Barnard Esg. fuͤr seine ausgezeichneten Verdienste das Großkreutz des Guelph⸗Ordens zu verleihen geruht.

Das Dublin⸗Register meldet, daß der von Hrn. Aenecas Macdonnell gemachte Vorschlag, die katholische Association solle bei der gegenwaͤrtigen Aufregung der Gemuͤther ihre Versammlungen bis zu einer entfernten Periode aussetzen, von derselben angenommen, und die Zeit der naͤchsten Zu⸗ sammenkunft auf den 16. November festgesetzt worden ist.

Ein vor Kurzem aus New⸗York hier angelangter Kauf⸗ mann versichert, daß die Silber⸗Ausfuhr von dort nach Eng⸗ land die Disconto's der Banken zu einer solchen Reduction getrieben hat, daß die Maͤkler 1 ½⅞ pCt. fuͤr den Monat, oder 18 pCt. fuͤr das Jahr, fuͤr die besten Wechsel fordern. Der

Druck ist so groß, daß, als die Bank der Vereinigten Staa⸗ 3

ten vor Kurzem eine große Ladung von Dollars an das

Haus Baring verschiffen wollte, dies bei Nacht geschehen

mußte, um unruhige Auftritte zu vermeiden. Deutscchlhand.

Dresden, 25. Juni. Se. Koͤnigl. Majestaͤt haben bei Gelegenheit des diesjährigen Ordens⸗Tages nachbemerkte Decorationen des Civil⸗Verdienstordens ertheilt:

Das Großkreuz: dem Großherzoglich Weimarschen Wirklichen Geheimen Staats⸗Minister, Kammerherrn und Ordens⸗Kanzler, Dr. Carl Wilhelm Freiherrn von Fritsch und dem K. K. Hesterreichischen Wirklichen Geheimen Rathe und praͤsidirenden Gesandten am Deutschen Bundestage, Joa⸗ chim Eduard Frhrn. v. Muͤnch⸗Bellinghausen; Das Com⸗ thurkreuz: dem K. K. Oesterreichischen Wirklichen of⸗ rathe und Kaͤmmerer, Friedrich Freiherrn Kreß von ahar stein; dem Koͤniglichen Beichtvater Dr. Ignatius Kunitz und dem Sesge Weimarschen Geheimen Rathe, Dr. Christian Wilhelm Schweizer. Ferner haben 9 Verleihun⸗ gen des Ritterkreuzes und eine der goldenen Medallle Statt gefunden.

Muͤnchen, 23. Juni. Se. Maj. der Koͤnig haben zur Beseitigung aller Anstaͤnde, welche seither uͤber die Frage⸗ welchen Militalr⸗Beamten, im Falle Allerhoͤchstdieselben ihnen 8 üaen Wice. Decoration des Lrenc oder der ten⸗Denkmuͤnze gebuͤhre, zu beschließ daß eben die Ausscheidung; 1n hkeelcl⸗hen, zeruice diener besteht, eben so bei den Militair⸗Beamten eintrete, sonach Jenen, welche Raths⸗Charakter haben, das Ordens⸗ —⸗4 den Uebrigen aber die Ehren⸗Denkmuͤnze verliehen werde. 1

Pyrmont, 22. Juni. Die Kurgäste mehren sich hier

und die

Erb⸗Großherzogin von Meklenburg⸗Schwerin sind heute hler

eingetroffen. Die Herzogin von Dessau, so wie auch der

Herzog und die Herzogin von Lucca werden in diesen Ta⸗

gen erwartet. Portugal.

Das Journal des Débats giebt im neuesten Blatte die (wie gestern erwaͤhnt worden) versprochenen ausfuͤhrlicheren Mittheilungen seiner Correspondenz⸗Nachrichten aus Lissabon vom 7. Juni. Wir theilen daraus Folgendes mit:

Unsere Fentig⸗ Zeitung enthaͤlt mehrere Decrete, welche sich auf die Errichtung von Bataillonen Koͤnigl. Freiwilligen in Staͤdten beziehen, die groͤßtentheils der Regentschaft von Porto gehorchen. Die Avant⸗Garde der großen Armee Dom Miguel's, unter den Befehlen der Generale Gaspard Teixera und Grafen Mezquitela, ist bei Amarante in die Flucht geschlagen und genoͤthigt worden sich nach Cartaro zuruͤckzuziehen. Diese Generale hatten, wie es scheint, den Plan, den General Saraybia zu zwingen, sich nach Colmbra hin auszudehnen, um dadurch seine Avant⸗Garde abzuschnei⸗ den. Dieses Manoeuvre wurde durch General Saraybia ver⸗ eitelt, der durch einen schnellen Gegenmarsch den Feind zwang, sich nach Amarante hin zuruͤckzuwenden, wo er sie erreichte und gaͤnzlich schlug. Diese militairischen Manoeudres haben den Marsch der constitutionnellen Armee nach Lissabon auf⸗ gehalten. Dom Miguel wird den 9ten Abends oder späͤ⸗ testens den 10ten, an der Spitze des 4ten Cavallerie⸗, des 19ten Linien⸗Regiments und eines Bataillons vom 1ten Re⸗ gimente hier abgehen. Der scheinbare Zweck dieser Reise ist die Vereinigung mit der Armee, die wahrhafte Absicht Dom Miguel'’s ist die Flucht. Unter den Partheigaͤngern Dom Miguel s befinden sich einige Maͤnner von Geist, wenn gleich in sehr kleiner Zahl. Diese, bereits vor dem 3. Mai von den einmuͤthigen Maaßregeln der freinden Hoͤfe unterrichtet, faßten ernstliche Besorgnisse, und sahen die spaͤter in vorgefallenen Ereignisse voraus. Bei dieser Lage der Dinge sahen sie sich nach einem Zufluchtsorte um, von dem aus sie eine

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