1828 / 171 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Anstrengungen verdoppelten, um die Pforte zur schnellen Abhuͤlfe der von Rußland aufgestellten Klagepunkte zu ver⸗ moͤgen. Allein die Pforte gefiel sich in den Bemuͤhungen der christlichen Maͤchte, und vernahm mit Ruhe alle Ver⸗ nunftgruͤnde, die zu ihrem Heile angefuͤhrt wurden, ohne sie nur einer ernstlichen Berathung zu wuͤrdigen. In der festen Ueberzeugung, daß der Augenblick gekommen sei, wo sie den Freund vom Feinde unterscheiden, und die maͤchtigsten christ⸗ lichen Nationen zu ihren Gunsten auftreten sehen werde, um Rußland von jeder Unternehmung abzuhalten, ließ sie in ihren Vertheidigungs⸗Anstalten eine Lauheit eintreten, die mit dem fruͤhern Aufwande nicht im Einklange stand; sie gab dadurch deutlich ihre Ueberzeugung zu verstehen, daß es sich weniger um die Sache des Ottomanischen Volkes, als um die des Europaͤlschen Gleichgewichts handle, und daß in diesem Falle die Integritaͤt des Tuͤrkischen Reiches als Axiom aufgestellt sei. Die Koͤnigliche Thronrede in England, die Conferenzen, welche in Korfu statt finden sollten, hatten vorzuͤglich dazu beigetragen, die Pforte zu verblenden. Die Erklärung des Oesterreichischen Cabjnets, daß es der Otto⸗ manischen Pforte seine moralische Unterstuͤtzung verweigern muͤsse, wenn der Divan sich nicht beeile, dem Kaiser von Rußland vollkommene Genugthuung zu leisten, die Ermah⸗ nungen des Preußischen Hofes, die Bemuüͤhungen des Nie⸗ derländischen Gesandten in Konstantinopel, die Pforte zur Nachgiebigkeit zu vermoͤgen, und dem Wunsche der Cabinette Englands und Frankreichs durch einen Act zu entsprechen, in welchem die Pforte den Hattischerif wiederrufte, den Trac⸗ tat von Akjerman zu erfuͤllen sich verpflichtete, und die Ver⸗ mittelung der Maͤchte annaͤhme, gaben zwar einen sprechen⸗ den Beweis, daß der Pforte keine andere Wahl uͤbrig blieb, als den Aufforderungen der Maͤchte Folge zu leisten, oder das Gluͤck der Waffen allein zu versuchen, und hätten wohl einen großen Eindruck auf den Divan machen sollen. In⸗ dessen konnten sie eben so wenig, als ein Schreiben des Gra⸗ fen Guilleminot aus Korfu an den Admiral Rigny, das ein Muster politischer Auffassungsgabe sein duͤrfte, und zur Kennt⸗ niß des Sultans gebracht wurde, die Pforte vermoͤgen, ihre Lage zu erkennen, und die Frage in ihrem ganzen Umfange zur Zufriedenheit der Maͤchte zu loͤsen. Brasilien.

Pariser Blaͤtter melden: die Briefe und Journale aus Rio⸗Janeiro, vom 20. April, enthalten lange Detatls uͤber die neulichen Vorfaͤlle in Rio und Bahla. In letzterer Stadt sind 1200 Neger⸗Sklaven aufgestanden und haben Schrecken unter allen Einwohnern verbreitet. Der Gouver⸗ neur von Bahia hat eiligst das Provinzial⸗ Neger⸗Regiment gegen sie geschickt, das mit solchem Ungestuͤme die Aufruͤh⸗ rer angriff, daß nur 200 entkommen sind; die andern 1000 sind mit dem Bajonnet niedergemacht worden. 8 ¹Die Unruhen in Rio wurden durch die Ankunft von 2000 Irlaͤndern verursacht, welche kuͤrzlich, mit Genehmi⸗ 8 ung der Regierung, angeworben worden sind. Diese Men⸗

sches, welche aus der verdorbensten Menschenklasse dem Zu⸗ fall nach zusammengerafft worden, haben sich Ausschweifun⸗ gen aller Art hingegeben. Durch Trunkenheit zur Wuth gereizt, liefen sie durch alle Straßen, beleidigten, schlugen, und pluͤnderten die Einwohner. Es mußten Natlonal⸗Truppen ge⸗ gen diese besoldeten Fremdlinge geschickt werden. Der englische Oberst, der in Brastlischen Deensten steht, u. mit ihrer Werbung 1 beauftragt war, ist von dem Kriegsminister abgesetzt worden. weell er seinen Auftrag schlecht ausgfuͤhrt hat. Nach einigen Tagen schien der Kaiser, auf Bitten des Grafen Rio⸗Pardo die Wiederanstellung des Obersten zu wuͤnschen, und befahl dem Kriegs⸗Minister, die Verordnung der Wiederanstellung auszufertigen. Dieser aber, welcher diese Genugthuung der ganzen Stadt Rio⸗ Janeiro, die durch diese Horde undisci⸗ plinirter Fremden in Verwirrung gesetzt war, schuldig zu sein glaubte, weigerte sich, die Verordnung zu unterzelchnen, und gab seine Entlassung beim Kaiser ein, der sie im ersten Augenblicke angenommen hatte. Als er aber sah, daß die andern Minister nicht nur das Benehmen des Kriegs⸗Mi⸗ nisters billigten, sondern auch auf ihre eigene Entlassung dran⸗ gen, und einen Minister nicht verlieren wollte, der das oͤffentliche und sein Vertrauen besitzt, nahm sein, dem Obersten, gegebe⸗ nes Versprechen zuruͤck, und bat den Minister, das Porte⸗ feuille wieder zu uͤbernehmen und nicht weiter an das Vor⸗ Pbhlers zu ee Dieses Benehmen 8. edro hat ihm in noch höherem Grade die Liebe aller Ein⸗ wohner erworben. e Seaee

Jagnd,, 8 Duͤsseldorf. Im Kreise Solingen wird für die Auf⸗ echthaltung der Schul⸗rdnung forrwäͤhrend mit gutem Er⸗

folge gewirkt. Damit die Duͤrftigen die Schul⸗Versaͤumnisse ihrer Kinder nicht mit dem Mangel an den noͤthigen Klei⸗ dungsstuͤcken entschuldigen koͤnnen, wird durch freiwillige Beitraͤge und Zuschuͤsse aus dem Schulgelde, welches auch diejenigen zu entrichten haben, von deren Kindern ohne ge⸗ hoͤrige Entschuldigung die Schule versaͤumt worden ist, fuͤr die Beschaffung der Kleidungsstuͤcke nach Moͤglichkeit gesorgt.

In der Buͤrgermeisterei Barmen, Kreis Elberfeld, sind die Schul⸗Localien der meisten Schul⸗Gemeinden jetzt in ei⸗ nem trefflichen Zustande. Die Kosten dazu sind theils durch Vermaͤchtnisse und Schenkungen, theils durch Sammlungen in den Schul⸗Bezirken und außerhalb derselben in der Sammt⸗ Gemeinde aufgebracht worden.

In den Jahren 1826 und 1827 wurden im hiesigen Regierungs⸗Bezirk neu erbaut: 56 Schulhaͤuser (80 evange⸗ lische und 26 katholische); 19 besondere Lehrerwohnungen (9 evangelische und 10 katholische); ferner sind 11 neue Schulklassen (6 evangelische und 5 katholische) eingerichtet worden.

Fuͤr Schulbauten resp. Reparaturen ist verwendet 2

a) fuͤr evangelische 52,892 Rthlr. 7 Sgr. 1 b) ² katholische 3

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48,630 2 b 3 Fuͤr Utensilien und Lehr⸗ 3 aeSe 1 825 Apparate: 8

a) fuͤr evangelische 6,161 FAmsFgFse

b)“ katholische 7,765 29 11

An Gehalts⸗Zuschuͤssen: 272729 ) fuͤr evangelische 44,025 S2 92

r2.b) katholische 38,8242 ⸗„ 7 . a,

Summa 198,301 Rthlr. 6 Sgr.

Magdeburg, 28. Juni. Zu dem diesjaͤhrigen hiesigen Wollmarkte, welcher am 24sten d. begonnen hat und am 27sten beendigt worden ist, sind nach den Angaben der Woll⸗ Producenten in den Thoren ungefähr 9500 Centner Wolle, mit⸗ hin 933 Centner mehr als im vorigen Jahre, eingegangen. Hier⸗ von sind bis zum 27sten Abends auf se⸗ mettcen azsen 8466 Centner abgewogen und praͤsumtive verkauft; was nicht verkauft worden, ist bei einigen hiesigen Handelshäusern zum Ver⸗ kauf niedergelegt. Aus dem Auslande, vorzuͤglich aus dem Hannoͤverschen, war eine nicht unbedeutende Parthie Wolle zu Markte gebracht; auch aus den entfernteren Theilen der Provinz war diesmal mehr Wolle hier als sonst, und es wuͤrde sonach eine groͤßere Quantitaͤt vorhanden gewesen sein, als auf einem der fruͤheren hiesigen Maͤrkte, wenn nicht schon vorher bedeutende Verkaͤufe Statt gefunden haͤtten. Da⸗ gegen wurden aber auch viele Woll⸗Produrenten, welche sonst den Markt besucht hatten, besonders aus dem Anhaltschen, vermißt. Kaͤufer hatten sich in groͤßerer Zahl, als je zu⸗ vor, eingefunden, jedoch mit wenig Kauflust, und viele reisten ab, ohne etwas gekauft zu haben. Eingegangene ungüͤnstige Nachrichten, namentlich von dem, in den Vereinigten Staa⸗ ten von Nord⸗Amerika gelegten Eingangs⸗Zoll auf Tuch, sol⸗ len hierbei von Einfluß gewesen sein. ichtsdestoweniger ist im Durchschnitt zu 15, 10 und 5 pEt. höͤher verkauft worden, als auf dem vorjährigen Markte; enige Verkaͤufer haben jedoch nur den vorjaͤhrigen Preis und selbst 10 und 5 pCt. weniger erhalten.

Posen. In den beiden Richtungen von Posen nach den Marken und nach Schlesien ist im Jahre 1827 mit An⸗ legung von Kunststraßen der Anfang gemacht. Fuͤr die Rich⸗ tung nach den Marken steht vortaͤufig der Punkt Pinne und fuͤr die Richtung nach Schlesien der Punkt Polnisch⸗Presse fest. In beiden gedachten Richtungen ist im vorigen Jahre das Planum vollendet worden und zwar, fuͤr die Sase na den Marken, auf der Strecke von Pinne bis Podrzavie nach Posen zu, mit 2527 Ruthen, fuͤr die Straße nach Schlesten auf der Strecke von Komornick his Posen mit 3000 Ruthen.

Vermischte Nachrichten.

In dem Masstuͤck des Asiatic Journal sinden sich „Be⸗ merkungen uͤber Herrn Milll;s Geschichte des Brittischen In⸗ diens“ welche indeß weit treffender als Bemerkungen gegen dieses Werk zu bezelchnen waͤren, da sie saͤmmtlich die Be⸗ hauptungen und Angaben desselben bestreiten und nur zum Zwecke haben: Herren Mill's Ansichten zu widerle⸗ gen Dieser behauptet nemlich, die Brittisch⸗Ostindische Compagnie verdanke, als eine Handels⸗Gesellschaft ihren ganzen Ursprung und ihr Bestehen einem gehaͤssigen und unpolitischen Monopol⸗Systeme, ihr Dasein habe den Han⸗

aͤltnissen der Britischen Nation bedeutend gescha⸗ E1 8 „.eIA .

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