1828 / 172 p. 7 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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wußte zwar, daß waͤhrend des Aufenthalts der Goelette zu Nodon keine Spur von Pest sich daselbst gezeigt hatte; daß die Gefangnen dei ihrer Einschiffung alle gesund waren, und daß sie seit ihrer Ruͤckkehr nach Griechenland 14 Tage lang, ohne den mindesten Unfall, allenthalben frei umher gegangen waren; endlich daß auch auf dem Veneto, der uͤber 60 die⸗ ser Gefangnen an Bord genommen hatte, nicht das leiseste Symptom einer ansteckenden Krankheit bemerkt wurde; aber der Steuermann hatte kurz vor seinem Tode erzaͤhlt, er habe sich waͤhrend seines Aufenthalts in Modon, gegen den Be⸗ fehl des Veneto, nicht mit den Tuͤrken zusammen zu kom⸗ men, verleiten lassen, mit einem Albaneser zu zechen, und einen Shawl von ihm zu kaufen, den er, aus Furcht bestoh⸗ len zu werden, die ganze Zeit, so lange er sich am Vord der Goelette befand, versteckt gehalten habe, ohne das Packet zu öͤffnen; als er aber bei der Ruͤckkehr nach Hause den Shawl seiner Frau gezeigt habe, sei er ploͤtzlich von einem heftigen Kopfweh befallen worden. Der von dem Praͤ⸗ sidenten, als sich diese Nachricht in Aegina verbreitet hatte, nach Hydra geschickte Arzt zog hieraus den voreiligen Schluß, daß der Shawl verpestet sein muͤsse, und erstat⸗ tete vom panischen Schrecken ergriffen, ohne naͤhere Unter⸗ suchung, einen hoͤchst allarmirenden Bericht. Der Praͤsident erklärte auf der Stelle Hydra und Spezzia in Quaran⸗ taine, und hob alle Communicationen zu Lande und zur See in ganz Griechenland auf, An dem Tage, wo diese Anord⸗ nung hier (in Aegina) bekannt gemacht ward, wurde die Kirche daseldst geschlossen, alle Arbeiten hoͤrten auf, alle an⸗ kommenden Schiffe wurden zuruͤckgewiesen, und den Einwoh⸗ nern befohlen, ohne dringende Ursache ihre Haͤuser nicht zu verlassen. In derselben Nacht (vom 4. auf den 5. Mai) erschien ploͤtzlich eine Abthellung des Fabvierschen Corps auf der Insel, stellte in allen Straßen der Stadt Posten aus, und errichtete eine Hauptwache auf dem Platze. Dieser Zu⸗ stand der Dinge dauerte bis zum 12ten, wo die allgemeinen Klagen der Einwohner, und die einstimmige Erklaͤrung der Aerzte, daß nicht nur keine Spur von Pest auf der ganzen Insel zu finden sei, sondern vielmehr der vollkommenste Ge⸗ sundheits⸗Zustand herrsche, die Local⸗Regierung noͤthigten, die Insel für rein zu erklaͤren. Der Praͤsident, Graf Capo⸗ distrias, welcher einige Tage vor Hydra und Spezzia zuge⸗ bracht hatte, wo der Russische Vice⸗Admiral Graf Heyden am Bord des Azoff zu ihm gestoßen war, kehrte am 11ten nach der Rhede von Aegina zurück, und stieg gestern, den ben, ans Land. Die Russischen Linien⸗Schiffe Azoff und Alexander⸗Newosky und das Englische Linien⸗Schiff Warspite hatten ihn auf dieser Fahrt begleitet. eeute ist auch eine övS Fregatte auf dieser Rhede vor Anker gegangen Waͤhrend obiger Gestalt mehrere Tage lang, aus Vorsicht gegen die Verbreitung der Pest, alle Verbindung zwischen den verschiedenen Districten und Dorfschaften abgeschnltten war, wurde auf Befehl des Praͤsidenten eine Maaßregel ausgefuͤhrt, die zwar dem Geiste der Nation sehr zuwider ist, deren Nothwendigkeit jedoch die Regierung schon lange lebhaft gefühlt hatte: es wurde naͤmlich allenthalben zur Entwaft⸗ nung des Volkes geschritten, und Jedermann, mit Aus⸗ nahme des im Solde des Staats stehenden Militairs, ver⸗ boten, kuͤnftighin Waffen zu fuͤhren. Diese Maaßregel wurde auch in Aegina vollzogen. Zu gleicher Zeit war laͤngst den Kuͤsten des Griechischen Continents und ber Insein eine Quarantaine⸗Linie aufgestellt worden, „um,“ wie sich hier eins der Mitglieder des Panhellenion'’s aus⸗ druͤckte, „Griechenland in den Kreis des civilisirten Europa uE“

In Betreff der innern Organisation des Lande der letzteren Zeit verschiedene Ferfügungen eh nhe,n- Durch ein Decret vom 25sten v. M. wird der Griechische Staat in dreizehn Departements (Twjncra), steben in Mo⸗ rea und sechs auf den Inseln eingetheilt. Die außerordent⸗ lichen Commissaire (Berazros* Eafroνι) in den sieben De⸗ partements der Morea sind ernannt und zum Theil bereits i Functionen getreten. In ihren Instructionen vom 28sten April wird ihnen eine Elementar-⸗Arbeit aufgetragen, welche Grundlage des Administrations⸗Gebaͤudes dienen soll.

den Commissairen ist darin vorgeschrieben, fur Zaͤhlung der Einwohner zu schreiten, Listen, worin die Grundbesitzer, die Landbauer, die Schaͤfer, die Handwerker, die Seeleute und die Handelsleute besonders clässificirt sind, zu entwer⸗ fen, nachzuforschen, ob Geburts⸗ oder Sterbe⸗ Register vorhanden sind, den Zustand und die Beduͤrfnisse des Volkes zu erheben, über die Wahl der Dimogeronten (Volks⸗Aeltesten), welche die Municipalitaͤten der Flecken, Gemeinden und Districte bilden, zu wachen die Kirchen, die Klöͤster und uͤberhaupt den Clerus zu beaufsichtigen,

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die Schulen zu untersuchen, und fuͤr den

richt, welche einzufuͤhren, ihre Aufmerksamkeit auf

Verbesserungen zu richten, welche bei Erhebung der Staats

Einkuͤnfte, sowohl zu Gunsten des Volkes, als zum des Schatzes Statt finden koͤnnen, auf das sorgfaͤltigste

den National⸗Guͤtern (welche großentheils entweder von Priva⸗ 8

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ten oder von den vorigen Regierungen usurpirt worden sind) nach⸗ 22

zufragen, gemeinschaftlich mit den Dimogeronten Streithaͤndel 2 e 1 Jedem dieser Commissaire sind einige Soldaten beigegeben (in Allem

zu schlichten, und endlich die Polizei zu organisiren. 200 Mann unter dem Capitain Makrijannl) und die Miliz des Departements oder die bewaffnete Macht, welche die Regierung fuͤr dienlich erachten duͤrfte, ist seinen Befehlen untergeben. Fuͤr die sechs Insel⸗Departements sind die außer⸗ ordentlichen Commissaire noch nicht ernannt.

Wahl der Dimogeronten fest, und bestimmt ihre Attribute.

In den Finanzen ist noch wenig geordnet. Die Staats⸗ Einkuͤnfte beruhen; 1) Auf den Zehnten, 2) auf den Abga⸗ ben von Manufacturen, 3) auf den Zoͤllen, 4) auf einigen

vom 28sten April setzt die Zahl und die Art und Weise der

Accisen und Taxen (diese vier Zweige sind verpachtet), 5) auf

den Prisen, 6) auf den freiwilligen Contributionen, 7) auf der

National⸗Bank. Der Praͤsident hat die unter der vorigen Regie⸗ rung fuͤr dieses Jahr abgeschlossenen Pacht⸗Contracte annullirt, wodurch 50,000 harte Thaler mehr in den Schatz geflossen sind.

Uebrigens sind es bisher bloß die Inseln, die etwas abwerfen; * Ibrahim⸗Pascha's Anwesenheit in Morea ist ein Hinderniß, daß

die Zehnten der dort angebauten Laͤndereien nicht verpachtet werden koͤnnen, weil die Pachtlustigen, so lange Ibrahim festen Fuß auf der Halbinsel hat, in bestaͤndiger Besorgniß schweben, daß die Aegyptier die Erndte abholen duͤrften.) Die Kosten der unmittelbaren Erhebung verzehren beinahe den ganzen Ertrag. Die Prisen in den fruͤheren Jahren leider eine nur zu ergiebige Quelle sind zum Gluͤck fuͤr die Europaͤische Handels⸗Schifffahrt, jetzt von geringem Be⸗ lang. An freiwilligen Beitraͤgen ist seit Errichtung der Na⸗ tional⸗Bank, welche Zinsen fuͤr die Einlage verspricht, na⸗ mentlich aus dem Peloponnes, fast gar nichts eingegangen. In die Bank sind bisher nahe an 100,000 Colonnale einge⸗ legt worden. Die in der hiesigen Zeitung enthaltenen Listen der Contribuenten sind nicht genau, weil manche wirklich ein⸗ gelegte Summen fehlen, und dagegen andere aufgefuͤhrt werden, welche bloß Schuldforderungen an die Regierung sind, die ihr von den Glaͤubigern gewissermaßen geschenkt worden, in der Hoffnung, wenigstens die Zinsen dafuͤr zu erhalten.

Die richterliche Gewalt ist noch nicht constituirt. Es giebt weder Tribunale (außer dem Prisen⸗Gericht) noch Rich⸗ ter, noch eine oͤffentliche Macht, um die Vollziehung der Gesetze zu sichern; ja es giebt eigentlich gar keine Gesetze, die eine feste Norm zur Entscheidung in Civil⸗Rechts⸗Strei⸗ tigkeiten enthalten. schiedenen Voͤlkerschaften Griechenlands, die sehr von einan⸗ der abweichen, dienen allein zur Richtschnur in solchen Faͤllen. Das Roͤmische Recht, welches vor der Revolution von den Bischoͤfen und Primaten zur Grundlage ihrer Entscheidungen genommen wurde, ist beinahe ganz in Abnahme gerathen. Nicht besser sieht es mit der Criminal⸗Gesetzgebung aus. Einige Praͤvaricatoren, Seeraͤuber, Falschmuͤnzer u. s. w. sind allerdings ins Gefaͤngniß gesteckt und irgend ein subal⸗ terner Raͤuber und Moͤrder bestraft worden; allein die Straf⸗ barsten, auf die Jedermann mit dem Finger zeigt, gehen frei

Die Sitten und Gewohnheiten der ver⸗

umher, weil man es ihrer Familien⸗Verbindungen wegen

nicht wagt, sie zur Verantwortung zu zlehen. Als correctio⸗ nelle Maͤcht besteht auch keine Paite Einige Aufsichts⸗ und Sanlkaͤts⸗Maaßregeln sind Alles, was in diesem Zweige bisher verfuͤgt worden ist.

Der Praͤsident thut nichts ohne die mittelbare oder un⸗

mittelbare, immer aber nur scheinbare, Mitwirkung des Panhel-l

lenions. Dieser oberste Rath wird von den Herren Mau⸗

*) Nachrichten aus Korfu vom 2. Juni zufolge war daselbst in den letzten Tagen 8 ein Tuͤrkisches Fahrzeug, mit ei⸗

nem Abgeordneten Ibrahim⸗Pascha's an Bord, unter Geleit eines Franzosischen Kriegsfahrzeuges, angelangt. Dieser Abge⸗ ordnete hatte eine Unterredung mit dem Lord⸗Ober⸗Commissair General Adam und dem General Guilleminot, worauf er wie⸗ der nach Navarin zuruͤckkehrte. Wie verlautet, soll Ibrahim⸗ Pascha angezeigt haben, daß er sich, wenn man fortfahre, ihm alle Zufuhr von Lebensmittein zur Seec abzuschneiden, genbthiget sehen werde, den Unterhalt fuͤr seine Truppen, durch Incursto⸗ nen ins Innere des Landes zu suchen eine Drohung, welche Ibrahim⸗Pascha schon fruͤher einmal nszesge ge hatte. (An⸗ merk des Oesterr. Beobachters. Vergl. die Außerordentliche

Beilage zu Nr. 167. der Staats⸗Zeitung)