1828 / 193 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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der obenerwaäͤhnte Antrag der Commission angenommen. Der General Demargahy hielt hierauf uüͤber die dem Acker⸗ bau bewilligte Unterstuͤtzung von 100,000 Fr. eine Rede, welcher jedoch die Versammlung nicht die mindeste Aufmerk⸗ samkeit widmete. Der Redner wurde daruͤber ungehalten und bemerkte, daß, wenn man ihn nicht hoͤren wolle, es eceben so gut sey, als ob der Präͤsident ihm das Wort ent⸗ z5ge. „Sprechen Sie mein Herr!“ außerte dieser hierauf,

die Kammer ist Ihnen Stillschweigen schuldig.“ Hr. De⸗ marcay sprach auch, aber die Unterhaltung war und blieb so allgemein, daß Niemand ihn verstehen konnte. „Ich kann diese Unruhe nicht begreifen,“ aͤußerte derselbe hierauf, „was ich sage, verdient doch gehoͤrt zu werden; da Sie mich aber nicht hoͤren wollen, so gehe ich ab und wundere mich.“ Noch ließen sich uͤber densetben Gegenstand die Herren von Tracy, Caumartin, v. Noailles, Etienne und Sap⸗ pey vernehmen, worauf folgende Summen bewilligt wur⸗ deen, als: fuͤr die Thier⸗Arzenei⸗Schulen zu Alfort und Lyon 212,000 Fr.; Unterstützung fuͤr den Ackerhau Lnach einem Abzuge von 15,000 Fr., den die Commission vorgeschlagen hatte) 85,000 Fr.; und füͤr, das Eichungs⸗Depar⸗ tement 600,000 Fr. Um 5 Uhr ging die Versammlung

Paris, 16. Jull. Der Messager des Chambres äußert 8 sich in Betreff der in der Pairs⸗Kammer gepflogenen Ver⸗ handlungen uͤber den Preßgesetz⸗Entwurf in folgender Art: Wenn dieser Entwurf einerseits heftige Gegner gefunden hat, die, um die Bestimmungen desselben zu bekaͤmpfen, sich gensoͤthigt sahen, gegen das Zeitalter zu eifern, worin sie doch selbst lehen, so hat derselbe andererseits sich des Beistandes und der Mitwirkung aller einsichtsvollen Politiker und na⸗ mentlich derjenigen Männer zu erfreuen gehaht, welche üͤber ddie Rechte der Krone und die Bedürfnisse der Gesellschaft Fgruͤndlich nachdenken. Die Redner, von denen der Entwurf gangegriffen worden ist, haben nicht gehörig uͤberlegt, daß

man in der erblichen Kammer durch ein einschmeichelndes Worrgepraͤnge die Gemuͤther nicht gewinnt, und daß es nicht hiinreicht, mit der Quotidienne zu dehaupten, daß das Jahr⸗ hlundert verderbt und die Revolution vor der Thure sey, um eine Ueberzeugung zu erwecken, die dazu geeignet waͤre,

die Lage Frankreichs und den Geint des angenommenen Ge⸗ setzes nach Gebuͤhr zu wuͤrdigen.“

14dten d. M. worin die Proposition des Herrn v. Salverte in Betreff der Wiederherstellung der Pariser National⸗Garde verworfen wurde, bemerken wir nachtraͤglich noch Folgendes. Es waren in dieser Sitzung über 350 Deputirte zuge⸗ 1 * gen. Hr. Salverte entwickelte seinen Vorschlag in einer Reeede, worin er große Vorsicht und Mählgung bewies, und dder die Versammlung ihre ganze Aufmerksamkeit widmete. Er erinnerte an den Ursprung der National⸗Garde und ge⸗ doachte der Dienste, die sie dem Lande erzelgt hat, so wie ihres Enthustasmus für den König noch am Tage vor ihrer Auf⸗ lösung; er behauptete, daß sie an dem Fehltritte, welcher thre

Entlassung herbeigefuͤhrt habe, gröͤßtentheils unschuldig sey, daß im Uebrigen aber der Ruf, wodurch man eine Verande⸗

rrung des Ministeriums verlangt habe, nichts als der Aus⸗ Fdrruck des Wunsches von ganz Frankreich bis zu dem Augen⸗

8 blicke gewesen sey, wo der König in seiner Weisheit densel⸗ deen erfuͤllt habe. In Betreff der Koͤnigl. Praͤrogative, wor⸗ Nauf der Minister des Innern sich berufe, bemerkte Hr. Sal⸗

verte, wie dieselbe allerdings heilig sey, da ohne sie die ver⸗ fassungsmaͤßige Monarchie nicht würde bestehen koͤnnen; wenn aober die Minister den Köͤnig hintergingen, so hätten die Kam⸗ mern und die Buͤrger das Recht, an den Monarchen, sobald der⸗ selbe besser berathen wäre, zu appelliren. Herr Salverte stellte bheerauf einige allgemeine Betrachtungen über die Nothwen⸗ 2 digkeit einer National⸗Garde zur Erhaltung der öffentli⸗ lichen Ruhe und Ordnung an, und berief sich zum Beweise aauf die Verschwoͤrung des Mallet, welcher nahe daran ge⸗ weesen ware, sich zum Herrn von Frankreich aufzuwerfen, wie er, ungeachtet der Soldaten Buonaparte’ s, eine kurze Zeit Herr von Paris gewesen wäre. Auch wuͤrde, fügte er hinzu, während der unruhigen Auftritte, welche im vorigen Jahre in der Straße St. Denys Statt gefunden, kein Blut geslossen seyn, wenn die National⸗Garde nicht aufgelöst ge⸗ wesen waͤre. Die vorigen Minister hätten sich diese straf⸗ bare Maaßregel zu Schulden kommen lassen und die treu⸗

sten Unterthanen des oͤnigs als dessen Feinde behandelt;

8 die wahren Feinde des Monarchen aber waͤren jene -34 Q sten welche unaufhörlich das Feuer der Zwietracht und des Bür⸗ gerkrieges anschuͤrten, und sich nichts desto weniger die Freunde der Monaxchie und der Religion zu nennen wagten. Gleich nach Hrn. v. Salverte bestieg der Graf v. 1a Bourdonnaye

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auseinander und bildete sich in einen geheimen Ausschuß.

ration, welche das Staatsgebände bis in seine Grundveste

Ueber die geheime Sitzung der Deputirten⸗Kammer vonz’

die Rednerbuͤhne, und zußerte sich etwa in folgender Art: „Niemand läßt mehr wie ich der Pariser National⸗Garde Gerechtigkeit widerfahren; Niemand ist mehr wie ich geneigt, ein Unrecht zu entschuldigen, welches sich nur ein kleiner Theil unter einer Masse achtungswerther Maͤnner hat zu Schulden kommen lassen; von beiden Dingen ist aber hier nicht die Rede; es handelt sich vielmehr um eine Adresse, worin man den Monarchen ersuchen will, die Verordnung, wodurch er die Pariser National⸗Garde entlassen hat, wieder zuruͤck zu nehmen.“ Der Redner beleuchtete hierauf die Frage, ob der Vorschlag zu einer solchen Adresse zu berüͤcksichtigen oder zu verwerfen sey. Er behauptete, daß der Koͤnig allein Richter üͤber die militatrische Diseiplin sey und daß die National⸗Garde sonach von ihm allein ihr Schicksal zu erwarten habe. Jebe

Dazwischenkunft eines Dritten sey in sofern gefährlich, als

sie die Macht des Koͤnigs zu schwaͤchen suche, und dies wüͤrde offenbar der Fall seyn, wenn die Kammern sich durch Adres⸗ sen zu Richtern von Thatsachen, welche die milltatrische Disciplin betrafen, aufwerfen wollten; man habe behauptet, daß, da die National⸗Garde ihre Existenz einem Decrete ver⸗ danke, welches Gesetzes⸗Kraft habe, dieselbe durch eine bloße Verordnung nicht habe aufgelöst werden können. Es sey indessen in dem vorliegenden Falle auch nicht die Rede von einer Entlassung der National⸗Garden des ganzen König⸗ reichs, sondern bloß von der der Hauptstadt fuͤr einen von derselben begangenen Subordinations⸗Fehler. „Verges⸗ sen wir ja nicht“, so schloß der Redner, „daß im Jahre 1789 an dem heutigen Tage und vielleicht in dieser naͤmlichen Stunde, eine Monarchie, die den Stürmen von vierzehn Jahrhunderten Trotz bot, vor der irregeleiteten öffentli⸗ chen Meinung zusammenstuͤrzte, und den gerechtesten der Koͤnige, so wie das oͤffentliche und Privat⸗Vermögen, die Denkmaͤler unseres Ruhmes wie der Religion unserer Väter, die Gene⸗

erschuͤttert, wie diejenige, welche dasselbe beschüͤtzt hatte, un⸗ ter seinen Truͤmmern begrub. Vierzig Jahre des Ungluͤcks und der ö sind seitdem 9 und jetzt, wo es nur von uns abhängt, die Monarchie auf den Grund unserer alten Dynastie und einer unseren gegenwärtigen Sitten und Beduͤrfnissen angemessenen Verfassung zu befe⸗ stigen, will ein unseliges Verhaͤngniß uns auf demselhen Wege, demselben Abgrunde wieder zuführen. Bedenken Sie ja wohl, m. H., bevor Sie die Ihnen gemachte Proposition in Erwaͤgung ziehen, daß wir heute den 14. Juli haben, und vergleichen Sie die Anstrengungen, die es gekostet hat, um eine 14hundertjährige Monarchle zu vernichten, mit den⸗ jenigen, die es kosten wuͤrde, um eine 14jährige umzustoßen.“ Nach dieser Rede bestieg Hr. Agler die Tribune und erklärte, in Beantwortung Desjenigen, was der vorige Redner über die Verbrechen der Revolution gesagt hatte, daß er der⸗ leichen traurige Bilder der Versammlung nicht vor die ugen fuͤhren, sondern vielmehr alle Deputirte zu Frlede und Einigkeit auffordern wolle. Die Proposition selbst anlan⸗ gend, glaubte er, daß der Augenblick, wo alle Herzen der en dem Koöͤnige fuͤr die Veränderung des Ministeriums noch dankbar nheccen⸗ ulcht dazu geeignet waͤre, von dem Monarchen neue Wohlthaten zu fordern; überdies aber ver⸗ lange es auch die Gerechtigkeit und Wuͤrde der Kammer, nicht einen Gegenstand zur Sprache zu bringen, welcher vielleicht einen EI1“ 7* die vorigen Minister abgeben wuͤrde. us diesem Grunde stimmte Hr. Agier fuͤr die Vortra⸗ gung der gedachten Proposttion. Dieser Antrag, soll in⸗ der Versammlung großen Tumult erregt e mehrere Deputirte, unter andern der Vicomte von Conny wollten zur Bekaͤmpfung desselben auftreten; sie kamen aber 5 zu Worte, da der Schluß der Discussion verlangt ward. Hierauf wurde der Vorschlag des Hrn. Agier verworfen, und die Proposition des Hrn. Salverte unter dem Rufe: Es lehe der Koͤnig; durch die vorlaäufige Frage (nach dem Journal des Débats mit großer Stimmen⸗Mehrheit, nach dem Constitutionnel aber nur mit einer Majoritaͤt von etwa 20 Stimmen) beseitlgt. .

Der Constitutionnel äͤußert am Schlusse eines Aufsahes, worin er das Resultat der ebenerwähnten Sitzung mittheilt: Alles was wir heute sagen können, sst, daß das Ministerium sich mit der Villeleschen Parthei völlig ausgesoͤhnt hat, und daß die linke Seite ihre natuͤrliche Rolle, nämlich die einer freien und entschiedenen Oppositlon gegen ein hin und schwankendes Ministerium, welches die Ungerechtigkeiten ner Vorgänger fortsetzt, zu den erledigten Stellen nichts als Congreganisten ernennt, ünd sich in einigen Tagen glüͤcklich schätzen wird, Hrn. v. la Bourdonnaye demuüͤthigst zu bitren, daß er sich an seine Spltze stellt, wieder üͤbernehinen wird und muß.“ 1