1828 / 200 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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sachen, welche in die Klasse des Verraths und der Erpressung gehoͤren, zusammengestellt und gepruüͤft, und es ist uns nicht schwer gewesen, hinsichtlich derselben die ministerielle Verant⸗

wortlichkeit festzustellen. Es ist in dieser Bezichung wesent⸗ lich, die Ausuͤbung der unautastbaren Königlichen Präroga⸗ tive von den Rathschlaͤgen der verantwortlichen Minister zu unterscheiden. Zwei Thatsachen werden diesen Unterschied deutlich zeigen. Dem Koͤnige gebuͤhrt das Recht, die Na⸗ tional⸗Garde aufzuloͤsen; er loͤset sie auf; war diese Aufloͤ⸗ sung aber unverdient, ist sie dem Interesse des Landes und des Thrones zuwider, so sind die Minister, die den Rath dazu gegeben haben, dafuͤr verantwortlich, und koͤnnen an⸗ geklagt werden, ohne daß dadurch die Koͤnigl. Prärogative irgend beeinträchtigt wird. Die National⸗Garde bleibt auf⸗ geloͤst, bis daß es dem Koͤnigelgefällt, sie wieder herzustellen, aber die Minister koͤnnen in Anklagestand versetzt werden, weil sie in dem Interesse ihrer eigenen Macht, und auf die Ge⸗ fahr, den Thron zu erschuͤttern, einen schädlichen Rath er⸗ theilt haben. Jetzt das zweite Beispiel. Die unbeschraͤnkte Ernennung von Pairs gebuͤhrt dem Koͤnige. Minsster aber, welche, in der Absicht, ein dem Wohl des Landes entgegen⸗ esetztes System zu befolgen, sich eine Majoritaͤt bilden wol⸗ en, ertheilen dem Monarchen, den sie hintergehen, einen verderblichen Rathschlag, und destimmen ihn zu einer gefaͤhr⸗ lichen Pairs Ernennung. Der Koöͤnig bedient sich seines unbestreitbaren Rechts und ernennt die Pairs, welche ihren Sitz in der Kammer nehmen, und alle ihnen zustehende Funktionen verrichten. Die Minister aber, welche die Ver⸗ ordnungen contrasignirt haben, bleiben für die Absicht, den Zweck und die Folgen des von ihnen ertheilten Rathschlages verantwortlich.“ Nach diesem Eingange ging der Vericht⸗ erstatter tiefer in die Sache ein, und unterrichtete die Ver⸗ sammlung von den Maaßregeln, welche die Commission er⸗ griffen hat, um sich das erforderliche Licht zu verschaf⸗ ken; namentlich fuͤhrte er alle die Punkte an, woruͤber die Commission von den Ministern Erkundigungen ver⸗ langt, von dem Großstegelbewahrer aber unterm 3ten d. M. im Namen saͤmmtlicher Minister zur Antwort erhalten hatte, daß sie es dem Dienste des Koͤnigs fuͤr angemessen befunden hätten, zuvoͤrderst zu untersuchen, ob es ihre Pflicht sey, die von ihnen gewünschten Mittheilungen zu machen; nachdem solches aber geschehen, hatten sie (die Minister) in Betracht der gegenwaͤrtigen Lage der gedachten Angelegenheit geglaubt, daß zu einer Eroͤörterung und Löͤsung dieser wichtigen Frage kein Anlaß vorhanden sey, und daß diesemnach die Minister die verlangten Actenstuͤcke nicht aushaͤndigen koͤnnten. „So⸗ wohl Sie als 81 Herren Collegen“, sagt der Graf Por⸗ talis am Schlusse dieses an den Präsidenten der Commission gerichteten Schreibens, „werden einen Entschluß zu wuͤrdi⸗ gen wissen, welcher uns von den triftigsten Gruͤnden einge⸗ geben wird.“ Der Berichterstatter bemerkte, wie die Com⸗ mission durch ihre Forderung die Graͤnzen ihres Auftrages nicht uͤberschritten gehabt habe, und wie sie sich daher wohl habe schmeicheln duͤrfen, daß die Minister derselben genuͤgen wuͤrden; wie sie indessen andererseits auch erkannt habe, daß bei einer Gelegenheit, welche die groͤßte Vorsicht gebot, die Mi⸗ nister wohl glauben konnten, daß die Commisston nicht hin⸗ länglich bevollmaͤchtigt sey, um schon jetzt die Aunliefe⸗ rung der gedachten Artenstücke verlangen zu koͤnnen. Unter diesen Umstänben sey der Commisston nichts weiter uͤbrig geblieben, als ihre eigent Ueberzeugung und allgemein bekannte Thatsachen, so wie die authentischen Actenstuücke, die sich bereits in ihren Handen befunden, zu Rathe zu ziehen, und die Majorität derselben habe danach erkannt: daß es in Frankreich Jesuiten gebe, die den Gesetzen zuwider von dem vorigen Ministerium als Corporation geduldet und geschuͤtzt worden seyen; bdaß in den Jahren 1824 und 1827 eine ge⸗ wisse Anzahl von Wahlen verfoͤlscht worden sey; daß keine dringende Umstande die Wiederherstellung der Censur in jenen beiden Jahren geboten haben; daß tadelnswuüͤrdige und willkuͤhrliche Absetzungen statt gefunden haben; daß in dem Kriege mit Spanien das Staats⸗Vermoöͤgen verschleudert worden sey; daß die Ernennung der 76 Fanes im Jahre 1827 dem Interesse der Krone und des Landes zuwider ge⸗ wesen sey; daß das Betragen der Verwaltung bei den No⸗ vember⸗ Unruhen Tadet verdiene; daß mehrere Bewohner von Martinique willkuͤhrlich verhaftet und nach dem negal deportirt worden seyen; daß gewisse Rechte und Benefizien, die dem Staate gebüͤhren, an die Karthauser von Grenoble und die Trappisten von Meilleraie abgetreten worden seyen. Der Anklage⸗Punkte sind im Ganzen 16. Was den Punkt der Aufloͤsung der Pariser National⸗Garde betrifft, so bemerkte der Berichterstatter, daß die Commission den Marschall Herzog von Reggio, die General⸗Lleutenants

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2 1b Grafen Excelmans, Coutard und von Bourmont, die zwölf ehemaligen Obersten der gedachten Garde, so wie mehrere andere Personen vor sich geladen habe. Von allen Vorge⸗ ladenen waͤren aber nur die Grafen von Bourmont und Excelmans, so wie sechs ehemalige Obersten der National⸗ Garde und der Haupt⸗Redacteur des Moniteurs erschienen, deren Aussagen die Commission für Pflicht halte der Kam⸗ mer mitzutheilen.“ Nach dieser ausfuͤhrlichen Mittheilung ging der Berichterstatter nochmals die saäͤmmtlichen Anklage⸗ Punkte, wofuͤr die Commission sich durch Seümmmen⸗Mehe⸗ heit entschieden hat, durch, indem er bei jedem derselben die Meinung der einzelnen Mitglieder der Commission anführte, und schloß dierau in folgender Art: „Die Frage, ob dem edace der Charte gemaͤß, in der Aufloͤsung der Pariser National⸗Garde oder in dem dazu ertheilten Rathe Verrath oder Erpressung liege, hat die Majoritaͤt Ihrer Commission verneinend entschieden; und was die Wahl⸗Verfaͤlschungen, die willkuͤhrlichen Absetzungen, die Verhaftungen der Einwohner von Martinique und die den Karthaͤusern und Trappisten gemachten Zugestaͤndnisse betrifft, so hat uͤber die Frage, ob Verrath oder Erpressung im Spiele sey, keine Ma⸗ jorität statt gesunden, da sich die Stimmen zwischen der Negative, der Affirmative, und dem Verlangen nach aus⸗ fuͤhrlicheren Crkundigungen, theilten. Um zu einem Beschlusse zu gelangen, wurde daher den Commissions⸗Mitgliedern fol⸗ gende erste Frage gestellt: Soll der Kammer vorgeschlagen werden, daß sie erklaͤre, es sey Grund zur Anklage vorhan⸗ den? Drei Mitglieder antworteten: Nein; zweis Nein, mit Vordehalt des Tadels; und Viere: Ja, mit Vorbe⸗ halt der Einleitung eines Prozesses. Hierauf wurde folgende zweite Frage gestellt: Soll der Kammer vorgeschla⸗ gen werden, daß sie erklaͤre, es sey Grund zur Einleitung eines Prozesses vorhanden? Vier Mitglieder antworteten: Ja; Eins: Ja, aber ohne Tadel; Dreie: Nein; und Eins: Nein, weil ich glaube, daß die Kammer Klai⸗

erin ist und nicht instruiren kann. Unter diesen Umstaͤnden, meine Herren, schlagen wir Ihnen eine weitere Instruction des Prozesses vor; wir glauben, daß diese in Ihren Befugnissen, ja, daß sie in Ihren Pflichten liegt, und daß Sie in Ermangelu liche Bestimmungen selbst die Formen jener Instructlon fe ssen. Bei dem uns anver⸗ trauten neuen und schwierigen Geschäfte, wo kein Gesetz uns zur Richtschnur dienen konnte, haben wir nur ein Ziel vor Au⸗ gen gehabt, näͤmlsch die Ausmitrelung des Wahren und Ge⸗ rechten, und wir haben dieses Ziel lediglich durch rechtmaͤßige Mittel erreichen wollen. Wie Sie daher auch, m. H., un⸗ ser Gutachten aufnehmen moͤgen, so hoffen wir, daß sie uns jenes Zeugniß nicht versagen werden; wir schlagen Ihnen vor, zu erklaͤren: daß, die angetragene Beschuldi⸗ gung des Verraths und der Erpressung gegen die Mitglieder des vorigen Ministeriums, Grund zur Einleitung eines Prozesses vorhanden sei.

Nach Beendigung dieses Berichts, der bis gegen 4 Uhr dauerte, und von der Versammlung mit der größten Auf⸗ merksamkeit vernommen wurde, verlangte der Baron von Montbel von der rechten Seite, daß die Discussion uͤber die Proposition gleich nach der Beendigung der Verathun⸗ gen uͤber das Ausgabe Budget beginne, und begruͤndete die⸗ sen Antrag durch die Wich 22 des Gegenstandes, und durch die von jeher gemachte Ersahrung, daß nach Votirung des gesammten Budgets, die Kammer in der Regel nur noch sehr unvollzählsg sei; die Rechtlichkeit und Uigkeit derelben aber erheische, sich nicht füͤr eine Vertagun zu entscheiden, wodurch Argwohn und Besorgnisse ne tönnten. Als üͤber den Antrag abgestimmt wurde, ward derselbe von der linken Seite, dem sinken Centrum und ei⸗ nem Theile des rechten Centrums verworfen, und dagegen mittelst derselben Majorität die Eröffnung der Discussion bis nach dem gesammten Budget verlegt; nur etwa 70 bis 80 Mitglieder der aͤußersten rechten Seite stimmten dage⸗

gen. Für das Gutachten der Commission hatten jange vor der Sitzung 46 Deputirte, und 22 —₰ selbe 17 utirte einschreiben lassen. Die Sitzung

war ungeführ eine halbe Stunde lang dur meine Unterhaltung uüͤber den eben stand unterbrochen; nachdem es dem Praͤsidenten enblich elungen war, die Ruhe wiederherzustellen, wurden die erathungen über die einzelnen Sectionen des Budgets des Kriegs⸗Ministeriums fortgesetzt und, nachdem die erale Lafont, Tirlet und Demargay sich darüber hatten ver⸗ nehmen lassen, folgende Artikel angenommen: An Besoldun⸗ gen für den besonderen Generalstab der Artillerie 2,351,309 Fr.; desgleichen fuͤr den Generalstab des Ingenieur⸗Wesens 2,091,031 Fr.; desgleichen fuͤr die Ingenscurs⸗Geographen