1828 / 240 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Warschau, 2. September. An Stelle des mit Tode abgegangenen Staatsraths von Kaltnowskt, ist der Sena⸗ teur Wojewode von Misczyvüski zum Praͤsidenten der General⸗Direction fuͤr das landschaftliche Creditwesen er⸗ nannt worden.

Den 27. v. M. starb hier nach mehrwoͤchentlichem Krankenlager der General⸗Lieutenant Albrecht, Comman⸗ deur der hier befindlichen Division der Kaiserl. Russischen Garde⸗Cavallerie.

Seit den letzten acht Wochen regnet es fast täglich in den Wojewodschaften Masovlen und Plock.

Unsere Pfandbriefe stehen jetzt 86 ½

Der Korzee Getreide gilt jetzt hier 12 Fl, Weizen 24 Fl., Gerste 8 ½⅞ Fl., Hafer 6 Fl

Deutschland.

Die Karlsruher Zeitung (vom 2. Septr.) enthaͤlt Fol⸗ endes:

* Heidelberg, 30 Aug. Es wird den Freunden unse⸗ rer Universitaͤt gewiß erwuͤnscht seyn, aus den reinsten Quel⸗ len folgende Nachrichten uͤber die hier kuͤrzlich statt gehabten Vorfälle zu erhalten.

Unter dem besondern Schutz Sr. K. H. des Großher⸗ zogs wurde hier im letzten Jahre auf dem Paradeplatze ein präͤchtiges Gebaͤude zum Zweck eines Museums fuͤr alle ge⸗ bildeten Einwohner errichtet. Die nach sorgfaͤltiger Pruͤfung entworfenen Gesetze des Instituts wollten in einigen Punk⸗ ten einem Theil der Studirenden nicht gefallen, aber andere fanden dagegen nichts zu erinnern, und so ließen sich gleich etwa 70 Studirende als Mitglieder einschreiben. Statt nun Jedem seine Freiheit zu lassen, kam ein Theil der Unzufrie⸗ deuen auf den unglücklichen Gedanken, das Museum müsse in Beziehung auf die Akademiker ganz allgemein in Verruf gethan werden. Als man erfuhr, daß zu diesem Zwecke eif⸗ rig gearbeitet werde, so thaten einzelne Lehrer die geeigneten Schritte, um ein solches Beginnen zu verhuͤten. Ein Mit⸗ lied des Senats, dem das moralische Vertrauen der Bes⸗ , nie fehlte, suchte es den Studirenden, welche unter ihren Comilitionen in wohlbekanntem Ansehen standen, auf alle Art begreiflich zu machen, daß ein solcher Verruf die strengsten Vorschriften der akademischen Gesetze gegen sich habe, daß die Badner lebenslaͤnglich unglücklich werden köͤnnten, wenn man sie zum Beitritt nothige, daß die groͤb⸗ lichsten Zänkereien entstehen koͤnnten, wenn die Akademiker, welche bereits in das Museum eingetreten waren, sich nicht wollten zum Austritt zwingen lassen, und daß der Senat einem solchen Unfug durchaus nicht ruhig zusehen duüͤrfte, besonders jetzt nicht, da am nahe bevorstehenden bdenee. des Regen⸗ ren das Museum feterlich eingeweiht werden solle. Allein bald ging die Nachricht ein, daß die nach und nach im Dunkeln wieder eingeschlichene Burschenschaft den Verruf in gröͤßter Eile förmlich ausgesprochen habe, und daß mit aller Macht dahin gearbeitet werde, alle andere Partheley zum Beitritt zu vermögen, und selbst die Landes⸗Kinder in die Sache mit hinein zu ziehen. So wurden denn schnelle und kraͤf⸗ tige Maaßregeln des Senats unvermeidlich. Daher war von demselden am 13ren d. M. beschlossen, gleich mit Anbruch des folgenden Tages die Mitglieder der Burschenschaft we⸗ gen des ausgesprochenen Verrufs in Untersuchung zu neh⸗ men, und sich ihrer (wie man es in ähnlichen und viel min⸗ der bedeutenden Fällen immer gethan hat) so zu bemaͤchtigen, daß keine Verabredungen üͤber das, was man aussagen wolle, statt finden könnten, und damit Niemand zu Hause verfehlt werden möͤge.

Am 14ten Morgens um ꝛ¹ auf 4 Uhr erhielten nun die Pedellen den Auftrag, Einigen Stuben⸗Arrest anzusagen, und Andere zum Verhör auf das Carcer zu bringen. Die Untersuchung begann sogleich, und wuͤrde an demselben Tag

ewesen seyn, wenn dem Gesetz Gehorsam geleistet worden Allein kurze Zeit nach der Arretirung rann⸗ ten einige Rädelsfuͤhrer mit einem lauten „Bursche heraus!“ durch die Stadt, zogen von allen Seiten Studirende an

und rüͤckten mit diesen lärmend vor das akade⸗ mische Gebaäͤude, wo sich der Senat schnell versam⸗ meit hatte, und vor den Augen der Tumultuanten am offenen Fenster stand. Statt, wenn Grund zur VBe⸗ schwerde gewesen wäre, an den Prorektor zu wenden, wurde sogar die zweimalige Aufforderung des Se⸗ nats, man zur aͤndigung Deputirte an den Senat schicken solle, gänzlich verachtet, und dann sofort im Ange⸗

cht des Senats unter lautem Geschrei mit Sröͤcken und auf die Thür des academischen Nebengebaͤudes

ein gewaltsamer gemacht, so daß der Oberpedell, um hoöperes bie Incarcerirten frei geben

. 2 * 8 mußte. Wie dies geschehen war, erfolgte sofort der Auszug nach der Seite von Schwezingen. Die Mehrsten gingen mit, weil es nun einmal der soge nannte Comment so wollte, ohne zu wissen, warum. Um sie hierbei zu halten, sannen Manche auch auf Luͤgen, und so war denn nebenbei laut verbreitet: Man habe Studenten bei Nacht aus dem Bett reißen lassen, man habe sie in ein Loch eingesperrt, wo man nicht aufrecht stehen koͤnne, und man habe ihnen nicht ein⸗ mal einen Stuhl gegeben, waͤhrend doch gerade der, welcher besondere Mißhandlungen erlitten haben sollte, Morgens am hellen Tage zuerst auf dem academischen Gebaͤude ein⸗ gefuͤhrt war. Als nun der Zug in Schwezingen angelangt war, sahen die Unruhigen ein, daß der Badische Boden nicht sicher fuͤr sie sey, und daß man uüber der Graͤnze vor⸗ laͤufig mehr Freiheit habe. Plötzlich erfolgte nun von meh⸗ reren Seiten der Ruf: es kommen Dragoner, um auf uns einzuhauen! und so rannte denn Alles in wilder Eil nach Ketsch (einem Dorf am Rhein), wo sich die Fluͤchtigen so⸗ fort nach Rheinbalern uͤbersetzen ließen.

Mit diesem angeblich drohenden Einhauen verhielt es sich nun so. Gleich nachdem die obigen Excesse stattgehabt

hatten, hielt es der Senat fuͤr seine heiligste Pflicht, sich

zum Schutz der Stadt vorlaͤufig 100 Dragoner von Mann⸗ heim zu erbitten. Man wußte ja damals nicht, wo die Tu⸗ multuanten bleiben, und ob sie nicht gar in der Nacht zu⸗ ruͤckkehren wuͤrden. Waͤre das Letzte geschehen, so ließ sich von den durch Machinationen erhitzten Koͤpfen das Aergste erwarten. Jene 100 Dragoner ruͤckten nun aber aus Mann⸗ heim (3 Stunden unterhalb Ketsch) erst Nachmittags um halb 3 Uhr aus, nachdem die ausgewanderten Studenten bereits bei Kersch den Rhein passirt hatten, und sie gingen nicht gegen die Ausgewanderten, sondern hieher, wo sie still einzogen, kein Thor und keine Wache besetzten, und groͤß⸗ tentheils am anderen Morgen entlassen wurden, nachdem die Hauptgefahr nicht mehr befuͤrchtet zu werden brauchte. is man hier mit Sicherheit erfuhr, daß die Ausgewan⸗ derten sich in Frankenthal vorlaͤufig gesetzt haͤtten, und daß viele, bloß durch Irrwahn verfuͤhrt, den Theilnehmer mach⸗ ten, so ward ein Mitglied des Senats vom Curatorio beauf⸗ tragt, nach Frankenthal zu reisen, und die jungen Maͤnner zur Vernunft zu ermahnen. Dies geschah am 16ten, aber ohne allen Erfolg. Dem Abgeordneten wurde vielmehr eine mit zahlreichen Unterschriften versehene Vorstellung überge⸗ ben, welche mit einer drohenden Klausel schloß, und worin von dem Senat voͤllige Straflosigkeit und ungesäumte Ent⸗ fernung alles Militairs aus Heldelberg verlangt war. Da⸗ bei war muͤndlich erklart, daß der gegen das Museum aus⸗ gesprochene Verruf nicht zuruͤckgenommen werden koͤnne.

Ein am 18ten durch den Universitäts⸗Amtmann gemach⸗ ter ähnlicher Versuch fand gleichfalls kein Gehoͤr, obgleich das Museum, um einem groͤßeren Ungluͤck fuͤr die Stadt vorzubeugen, in manchen Puntten nachgegeben hatte, und daher auch gleich aus dem Verruf gethan war; der Trotz gegen den Senat dauerte sort, und darauf war in aller Eile am 18ten nach 6 Uhr Abends gegen die Academie ein Ver⸗ ruf ausgesprochen, jedoch nicht durch gehoͤriges Votiren der Einzelnen, sondern in der Art, daß die gefürchteten Raͤdels⸗ fuͤhrer den Verruf aussprachen, die Andersdenkenden zum Vor⸗ treten aufforderten, und so der Beschluß durch zein äͤngst⸗ liches Schweigen gefaßt war, weil der Einzelne füͤr sich von allen Seiten Gefahren sah.

Noch in derselben Nacht und an den nächsten Ta⸗ gen kehrten Viele von Frankenthal zuruͤck. Als hier die wahre Lage der Sache bekannt war, so erfolgte all⸗ gemein Schaam, Reue und Unwillen im hoͤchsten Grade. Eine Menge der edelsten jungen Maͤnner erklärte den Ver⸗ ruf laut fuͤr entehrend, fuͤr null und nichtig durch Täͤuschung veranlaßt, selbst allem (schon an sich mißbraͤuchlichem) Her⸗ kommen zuwider, und dabel kamen noch die aͤrgerlichsten Dinge zur Sprache, z. B. daß unter der obenerwaͤhnten Vorstellung an den Senat erdichtete Unterschristen abwesen⸗ der Akademiker seyen, und daß die gedachte drohende Klausel gegen den Beschluß der Versammlung hinterruͤckisch hinzuge⸗ uͤgt sey. Alles was in dieser Hinsicht vorgehracht war, ist sorgfaͤltig zu den Acten genommen, auch erfolgten daneben noch foͤrmliche Erklaͤrungen nach Studenten,Gebrauch, deren Werth jeder Unparthelische mit Freude an sen muß, so wie der gluͤckliche Umstand, daß die Landeskinder, als treue Unterthanen, an der Verrufs⸗Erklärung keinen Theil genom⸗ men haben, und sich dadurch nicht beugen ließen.

Die Untersuchung hat inzwischen ununterbrochen ihren Fortgang gehabt.

Noch zur Zelt ist uͤber keinen Einzelnen entschieden, und bloß einige Sicherheits, Maaßregeln wurden guroffen, um