1828 / 279 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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angefertigt; jeder Beamte, der seinem Eide, seinem Gott und seinem Koͤnige treu geblieben ist, muß sich, wenn er Mor⸗ gens den Courrier francçais, das Journal du Commerce oder den Constitutionnel in die Hand nimmt, darauf gefaßt ma⸗ chhen, seinen Namen unter den Proscribirten zu finden. Nur Geduld! Noch Besseres, der 18. Fructidor, steht uns be⸗ vor und gaͤhrt bereits in dem Inneren unser Angeber. Alles dies erinnert lebhaft an die ehemaligen Vehmgerichte in West⸗ phalens Waͤldern, nur mit dem Unterschiede, daß unsere Rich⸗ ter sich nicht einmal die Muͤhe geben, die Angeschuldigten vor sich zu laden; den Koͤnigl. Almanach in der Hand, be⸗ zeichnen unwuͤrdige Anonyme einen Namen in den oͤffentli⸗ . chen Blaͤttern, und fortan ist es Niemandem mehr erlaubt, vppon einem solchen Urtheile zu appelliren. Verdienst und Ta⸗ lente werden zu unverzeihlichen Verbrechen, sobald sie sich hinter den Namen eines Villeèlleisten verbergen. Leute, die

3 sich nicht gern aus ihrem Schlafe wecken lassen, werden Euch

sagen, dies Alles geschehe nur in der Absicht, die Angestell⸗ G ten zu verjagen und ihren Platz einzunehmen. Mit nichten! Bluarrdres Meinung ist noch in frischem Andenken; „in der Reevolution“ sagte derselbe, „muß man Alles, was man be⸗ stohlen hat, dem Tode weihen.“ Eben so denken auch un⸗ ssere heutigen Feinde; wenn sie nur erst die Pläͤtze haben, mit den bisherigen Inhabern derselben werden sie schon fer⸗ tig werden; wer die Treue und Ehre verfolgt, kann in sei⸗ nmnem Laufe nicht inne halten. Die Beispiele eines Straf⸗ ford, Fapras, Elio gehoͤren der Geschichte an. Jeder mag sich daraus ein Beispiel nehmen, was man von der Zukunft zu erwarten hat, wenn Maͤnner dafuͤr angeschuldigt und be⸗ straft werden, daß sie den Gesetzen des Landes und den Be⸗ fehlen des Koͤnigs gehorsam gewesen sind.“ s Der Messager des Chambres spricht sich dagegen heute üuüber die Opposttions⸗Blaͤtter in folgender Art aus: „Die Par⸗ tthei, welche Frankreich mit seinem Geschrei ermuͤdet, giebt ssich nicht einmal mehr die Muͤhe, ihre wahren Absichten zu verbergen. Die verfassungsmaͤßige Regierung, wie solche 2 8 durch die Charte gegruͤndet worden ist, wird jetzt laut von ͤ als eine kostspielige Absurditaͤt bezeichnet. Man kann nicht offener seyn. Das Land weiß jetzt wenigstens, 8 woran es sich zu halten hat. Die Preßfreiheit hat den un⸗ keermeßlichen Vorzug, daß sie die Meinungen dazu verleitet, sich uͤber kurz oder lang selbst zu verrathen. So außeror⸗ ddentlich es daher war, gewisse Männer die Gesetzlosigkeit ddes oͤffentlichen Unterrichts vertheidigen und das System der Mponopole bekaͤmpfen zu sehen, ebenso natuͤrlich ist es jetzt, daß dieselben Maͤnner gegen die verfassungsmäßige Regierung laauftreten; sie verlaͤugnen dabei ihre Natur nicht. Die kleine Aunzahl von Pairs und Deputirten, welche den Grundsaͤtzen Zweier wuͤthenden Journale bisher noch einige Aufmerksam⸗ keAeit und einiges Interesse gewidmet hatten, muͤssen doch nun klar erkennen, mit was fuͤr Leuten sie gemeinschaftliche Sache gemacht haben. Jetzt ist von keiner Opposttion gegen ein⸗ zelne Maaßregeln eines voruͤbergehenden Ministeriums mehr die Reede; nein, es handelt sich um einen foͤrmlichen Widerstand gegen Institutionen, welche von unseren Koͤnigen ausgegangen sind, und ddie das Land gleichsam als sein Erbtheil betrachtet. Der Kampf wird von nun an offen und auf einem genau abge⸗ steckten Terrain gefuͤhrt werden. Alle Freunde der verfas⸗ sungsmäͤßigen Regierung, welche die Charte nicht als abge⸗

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schhmackt und unseren Sitten widerstrebend betrachten, alle 8 —* iejenigen, die Frankreich fuͤr friedlich und gluͤcklich in der Liebe zu seinem angestammten Herrscher und den Volksfrei⸗ heeiten halten, werden sich unter ein gemeinsames Panier Freihen. Alle Diejenigen dagegen (und wir hoffen, daß ihre Zahl nur beschraͤnkt seyn werde) die unsere Gesellschaft als eeine Art von Bagno, unsere Sitten als ungesellig, unsere Reggierung als eine Anomalie, die Charte als ein todberei⸗ rtendes Gift betrachten, und die sonach Frankreichs einziges —Heeeil in einer Politik suchen, derjenigen völlig entgegengesetzt, ddie bisher des Landes Stolz und Kraft ausmachte; alle —ddiese werden, jenen gegenuͤber, eine Stellung annehmen und

Grundsätze ergreifen, die man heutiges Tages zu gut kennt, aals daß man sich noch von denselben taͤuschen lassen koͤnnte. Es werden hinfuͤhro nicht mehr, weder auf der Rednerbuͤhne 8 in den oͤffentlichen Blaͤttern, Maͤnner auftreten, welche b sich nur als Verfechter der Freiheit zeigen, wo von den Je⸗

snmiten die Rede ist, im Uebrigen aber sich in Klagen und Seufzen uͤber die unseligen Folgen eines von unseren Koͤni⸗

ggen beschwornen Systems ergehen; vor Allem aber werden

bei den Wahlen nicht mehr Candidaten haben, die sich

oͤffentlich für die Charte bekennen, waͤhrend sie einer Parthei 8 angehöͤren, r. dieselbe als ein allgemeines Truͤbsal dar⸗ 11 stellt. Dies ist schon ein unermeßlicher Vortheil.“

* Dasselbe Blatt (der Meffager des Chambres) bemerkt,

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daß das Journal du Commerce in einen groben Irrthum hinsichtlich der Ausgaben fuͤr 88½ Verproviantirung der Er⸗ peditions⸗Armee in Morea verfallen sey; das Heu näͤmlich, welches den Truppen nachgeschickt werde, koste keinesweges 4 Fr. 30 Cent. die 5 Kilogramme, wie das gedachte Blatt sol⸗ ches behaupte, sondern nur, mit Einschluß der Fracht nach Morea etwa den dritten Theil jenes Betrages, also 1 Fr. 43 Cent. die 5 Kilogramme *).

Mehrere oͤffentliche Blaͤtter hatten bei der Meldung von der Ankunft eines jungen Afrikanischen Prinzen in Havre, die Umstaͤnde, welche denselben an Frankreichs Kuͤsten gefuͤhrt haben, entstellt. Der Messager des Chambres berichtigt dieselben in folgender Art: Ein junger Neger, der Sohn des Haͤuptlings einer Voͤlkerschaft an der westlichen Kuͤste von Afrika, war mit mehreren andern Schwarzen in die Haͤnde eines Sclavenhaͤndlers gerathen, dessen Schiff im vori⸗ gen Jahre durch das Franz. Geschwader in jenen Gegenden auf⸗ gebracht worden war. Da die Regierung es fuͤr angemessen hielt, den jungen Menschen seiner Familie zuruͤckzugeben, so wurde er von Cayenne nach Guadeloupe gefuͤhrt, von wo er kuͤrzlich in Havre eingetroffen ist. Es sind jetzt Befehle er⸗ theilt worden, ihn mit der ersten Gelegenheit nach dem Sen⸗ negal zu schaffen.

Der Graf von Mallarme, welcher in diesem Augenblicke wegen Unterschlagung von Briefen in Untersuchung ist, wurde im Jahr 1803 mit einem Gehalt von nur 900 Fr. bei der

ost angestellt. Durch allmaͤlige Zulagen wuchs dasselbe im

ahre 1810 bis auf 1800 Fr. an, und im Jahre 1815 wurde Hr. von Mallarme zum Bureau⸗Chef mit 3400 Fr. Gehalt ernannt, das er bis in die neueste Zeit bezog. Alle Perso⸗ nen, denen bisher Geldbriefe verloren gegangen sind, werden jetzt zu ihrer Vernehmung vorgeladen. Der Constitution⸗ nel erwaͤhnt, bei Mittheilung der Nachricht von der Ver⸗ haftung des Hrn. von Mallarme, mehrerer Umstaͤnde, wobei er augenscheinlich die Absicht verräth, den Ober⸗Post⸗Direc⸗ tor, Marquis von Vaulchier, mit in die Sache hineinzuzie⸗ hen; man fuͤrchte, meint er, einen Eclat, und sinne sonach bereits auf Mittel, demselben vorzubeugen. (2)

Mehrere Professoren an der Universität, welche unter dem vorigen Ministerium entfernt worden waren, sind in der letzteren Zeit au feine ehrenvolle Weise in ihr mt wieder eingesetzt worden, unter andern der bekannte Hr. Damiron, Verfasser mehrerer vortrefflicher philosophischer Abhandlun⸗ gen; Herr Artaud, der Uebersetzer des Euripides, und Herr Liez, ein geschaͤtzter Schulgelehrter.

In Lyon hat am 1. d. M. die feierliche Einweihung der neu erbauten Bruͤcke Karls X., welche an jenem Tage zum ersten Male dem Publikum geoöͤffnet wurde, statt gefun⸗ den. Der Groß⸗Vicar und Delegirte des Erzbischofs, Herr Cattet, hielt bei dieser Gelegenheit eine Rede, welche auf die versammelte Menge einen tiefen Eindruck machte.

Aus Toulon meldet man unterm 3. d. M.: „Die Brigg „Rusé“ ist heute nach Morea, so wie die Goe⸗ letts „la Torche“ und die Brigg „la Capricieuse“ nach Marseille unter Segel gegangen, die beiden letztern um von dort aus Waaren⸗Transporte resp. nach Morea und nach Aegypten zu escortiren. Der Oberst Fabvier hat heute seine Quarantaine beendigt und wird noch diesen Abend die Reise nach Paris antreten.“

Auf den Schiffswerften zu Bayonne herrscht große Thä⸗ tigkeit; sieben Fahrzeuge, worunter eine Corvette von 800 Tonnen, sind im Bau begriffen.

Der Bischof von Hermopolis ist von einer Reise nach dem Departement des Aveyron vorgestern wieder hieher zu⸗ ruͤckgekehrt.

Herr Brunel, der bekannte Baumeister des Tunnels in London, befindet sich gegenwaͤrtig in seiner Vaterstadt Rouen.

Ein Schreiben aus Turin vom 25sten v. M. meldet fol⸗ gende Begebenheit: In der auf einer großen Wiese liegenden. Kirche des Dorfes Roncole, bei Busello (in Piemont), wurde am 14ten v. M. grade das Fest der Jungfrau Maria gefei⸗ ert, als gegen 3 Uhr Nachmittags in dem Augenblicke, wo die Vesper begann, ein heftiges Gewitter aufstieg; der Blitz schlug in den Chor ein, und toͤdtete vier Priester und zwei Landleute. Der 60 Jahr alte Erzpriester von Trescarolo, blieb dort in der Stellung eines nachdenkenden Menschen sitzen; neben ihm am Boden fand man den Erzpriester von Semoriva ohne aͤußere Beschaͤdigung, und einen Schneider von 36 Jahren. An der Chorthüͤre wurde ein anderes In⸗ dividuum gefunden, welches das Ansgh eines ruhig Schla⸗ fenden hatte. An der rechten Altarseite lag der Erzpriester

*) Hiernach wuͤrde der Centner etwa auf 4 Rthlr. Preuß⸗ Courant zu stehen kommen.

8. 1. 2 n 9 GFe h Ea .

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